Urteil des HessVGH vom 05.08.1987
VGH Kassel: satzung, grundstück, handel und gewerbe, stand der technik, volumen, bad, industrie, nachrichten, handwerk, zahl
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 N 538/85
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 5 Abs 1 GemO HE, § 19
Abs 1 GemO HE, § 10 Abs
3 KAG HE, § 2 Abs 1 S 1
AbfG HE vom 11.12.1985, §
2 Abs 2 AbfG HE
(Müllabfuhr-Gebührensatzung: Festlegung normierter
Müllbehältervolumen; Beachtung des Grundsatzes der
Abgabengleichheit; fehlender Anreiz zur Müllvermeidung)
Gründe
I.
Die Gemeindevertretung der Gemeinde Birstein beschloß in ihren Sitzungen am 6.
März und 24. April 1980 eine "Satzung über die Müllabfuhr in der Gemeinde
Birstein" (im folgenden: MAbfS), die am 28. April 1980 durch den
Gemeindevorstand ausgefertigt und in den Birsteiner Nachrichten Nr. 19 vom 9.
Mai 1980 amtlich bekannt gemacht worden ist. Diese Satzung, die gemäß ihrem §
23 am 1. Januar 1981 in Kraft trat, enthält unter anderem folgende Regelungen:
§ 13
"Müllbehälter, Müllbehältervolumen
(1) Für die Beseitigung der Abfälle sind die in Abs. 2 aufgeführten Behälter
zugelassen. Die Gemeinde Birstein bietet 50 Liter und 120 Liter Müllbehälter zum
Verkauf an. Alle übrigen Behälter sind im Handel zu beziehen, die Normung (nach
DIN) für die jeweilige Größe der Behälter ist hierfür jedoch Voraussetzung. Auch die
50 und 120 Liter Normbehälter können im Handel bezogen werden. ..
(2) Zugelassen sind Müllbehälter mit folgendem Fassungsvermögen:
a) 50-Liter-Mülltonne
b) 110-/120-Liter-Mülltonne
(3) Der Grundstückseigentümer hat je auf dem Grundstück wohnenden
Einwohner wöchentlich Müllbehälter mit folgendem Mindestfassungsvermögen
bereitzustellen:
1 bis 5 Einwohner = 50 Liter
6 bis 10 = 100
11 bis 12 = 120
Für jeden weiteren Einwohner erhöht sich die Mindestmenge um 10 Liter.
(4) Für Betriebe und ähnliche Einrichtungen werden Einwohnergleichwerte
festgesetzt (§ 16). Je Einwohnergleichwert ist wöchentlich ein Gefäßraum von 15
Liter zur Müllabfuhr zu bevorhalten. ..
§ 14
Gebührenpflicht
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(1) Die Gemeinde erhebt für das Einsammeln sowie für das Befördern - sofern
der Gemeinde die Beförderung übertragen wurde (§ 1 Abs. 2 Satz 4 HAbfG) - der
Abfälle Gebühren, ..
§ 15
Bemessungsgrundlagen für die Gebühren
Bemessungsgrundlage für die Berechnung von Gebühren ist die Anzahl und
Größe der Behälter. Die Anzahl und Größe der Behälter richtet sich nach § 13 Abs.
3
§ 16
Einwohnergleichwerte
(1) Für die Festlegung von Einwohnergleichwerten gilt folgende Regelung:
1. ..
2. ..
3. ..
4. Betriebe in Industrie, Handwerk, Handel, Gewerbe (auch Restaurants und
Gaststätten ohne Übernachtungsmöglichkeiten), Geldinstitute, freiberufliche
Unternehmungen mit eigenen Geschäfts- bzw. Büroräumen, Verwaltungen 1
Einwohnergleichwert = 3 Beschäftigte;
5. - 7. ..
(2) ..
(3) Für Schwimmbäder, Campingplätze, Kinderspielplätze, Friedhöfe, für
Bürger- und Dorfgemeinschaftshäuser ohne ständige Bewirtschaftung sowie
Einrichtungen, für die Abs. 1 keine Regelung enthält, setzt der Gemeindevorstand
am tatsächlichen Müllaufkommen orientierte Einwohnergleichwerte fest.
(4) ..
§ 17
Benutzungsgebühr
(1) ..
(2) Für die Müllbehälter nach § 13 Abs. 2 werden von den Gebührenpflichtigen
folgende Gebühren erhoben:
a) Mülltonne 50 Liter 6,70 DM monatlich
b) Mülltonne 110/120 Liter 13,40 DM monatlich
..
Mit Inkrafttreten dieser Satzung trat gemäß § 23 Abs. 2 MAbfS die
Müllabfuhrsatzung der Antragsgegnerin vom 23. November 1979 außer Kraft, in
der noch keine Regelung über das vorzuhaltende Mindestvolumen der Müllgefäße
je Person und Grundstück enthalten war. Geregelt war nur, daß die "erforderlichen
Müllgefäße" zu verwenden seien. Die Gebühr richtete sich nach dem Volumen der
tatsächlich verwendeten Müllbehälter.
Auf dem Grundstück des Antragstellers wohnen insgesamt sieben Personen. Unter
Geltung der alten Satzung hatte der Antragsteller ein 50-Liter-Müllgefäß
angeschafft. Aufgrund der neuen Satzung schaffte er ein weiteres 50-Liter-
Müllgefäß an.
Mit Schriftsatz vom 23. März 1985 hat der auf dem Grundstück des Antragstellers
lebende Herr Manfred G. - jetzt Bevollmächtigter des Antragstellers - mit
folgenden Gründen einen Antrag auf Normenkontrolle gestellt:
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Er sei zwar nicht Eigentümer des Grundstücks B.-gasse 9, jedoch sei ihm in einem
Übergabevertrag ein Wohnrecht auf diesem Grundstück eingeräumt worden.
Deshalb sei er im Hinblick auf das Rechtsschutzinteresse für das
Normenkontrollverfahren dem Grundstückseigentümer gleichzustellen.
Er sei zwar nicht gegen eine geordnete Müllbeseitigung; die erste Mülltonne sei in
seiner Gemeinde auf seine Initiative hin im Jahre 1959 aufgestellt worden. Die
Pflicht zur Vorhaltung eines bestimmten personenbezogenen Mülltonnenvolumens
nach § 13 Abs. 3 MAbfS sei jedoch unverhältnismäßig, da in dem ländlich
strukturierten Gebiet bei weitem nicht so viel Müll je Einwohner anfalle wie
Mülltonnenvolumen vorzuhalten sei. In den größtenteils landwirtschaftlich
genutzten Haushalten werde ein Großteil des Abfalls über Misthaufen und
Säueimer entsorgt. Für Glas habe die Gemeinde spezielle Müllcontainer
aufgestellt. Wenn das Müllaufkommen dennoch gestiegen sei, so liege das nicht
an den einzelnen Haushaltungen, sondern an der Zahl der Neusiedlungen und an
"dem außer Mode gekommenen Obst- und Gemüsegarten". Die generelle
Festlegung von Mülltonnenvolumen pro Kopf fördere nicht die Bereitschaft zur
Sparsamkeit und zum Wiederverwerten von Abfällen. Dies sei volkswirtschaftlich
nicht vertretbar. Es sollte jedem Haushalt überlassen bleiben, wieviel
Mülltonnenvolumen er je nach seinem Bedarf vorhalten wolle. Es sei auch zu
rügen, daß Kunststoffabfälle nicht getrennt eingesammelt und wiederverwertet
würden. Weiterhin sei es rechtsfehlerhaft, daß in der Kerngemeinde Birstein noch
alte 35-Liter-Tonnen in Benutzung seien und von Haushalten mit einer bis zwei
Personen verwendet würden. Im Interesse der Gleichbehandlung müsse diese
Möglichkeit für alle Ortsteile geschaffen werden. Schließlich bringt er noch vor, daß
die Erhöhungen der Deponiekosten nicht zu einer Erhöhung der Müllabfuhrgebühr
geführt hätten. Die Gebühr werde auch zu Unrecht eingezogen, weil eine
entsprechende Leistung der Gemeinde nicht in Anspruch genommen werde. Es
bestehe der Eindruck, die Gemeinde habe sich durch die Regelung eine
gewinnbringende Einnahmequelle erschlossen.
Herr Manfred G. hat beantragt,
die Satzung über die Müllabfuhr in der Gemeinde Birstein vom 28. April
1980 für ungültig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie beruft sich darauf, daß nach wissenschaftlichen Untersuchungen von einer
wöchentlich anfallenden Müllmenge pro Person von durchschnittlich 30 bis 35
Litern auszugehen sei. Diese Untersuchungen seien zwar in städtischen
Ballungsgebieten durchgeführt worden. Die Antragsgegnerin habe den ländlichen
Charakter ihrer Gemeinde aber dadurch berücksichtigt, daß sie von einem
Müllanfall von 10 Liter pro Person in ihrem Gemeindegebiet ausgegangen sei. Eine
geregelte Getrenntsammlung von Abfällen finde in ihrem Gemeindegebiet derzeit
noch nicht statt. Es gäbe in den Ortsteilen vereinzelt Altglasbehälter, wobei die
Bürger dort ihr Altglas beseitigen könnten. Altpapier werde dreimal im Jahr mittels
der Aufstellung eines Altpapiercontainers an einem zentralen Ort in jedem Ortsteil
eingesammelt. Diese Altpapiersammlung sei im Jahre 1987 noch nicht
durchgeführt worden, da der Erlös aus dem Altpapier so stark gesunken sei, daß
diese Einsammlung zu einer starken Kostenbelastung der Antragsgegnerin geführt
habe. Der Main-Kinzig-Kreis führe im übrigen auf freiwilliger Basis dreimal im Jahr
eine Einsammlung von Sondermüll-Kleinmengen durch. Im übrigen sei in dem
gegebenen Umfang das Einsammeln von Abfällen, die nicht wiederverwertet
werden könnten, erforderlich.
Mit Schreiben vom 12. Juni 1985 hat der Vorsitzende des Senats Herrn Manfred G.
darauf hingewiesen, daß sein Antrag mangels eines eigenen
Rechtsschutzinteresses unzulässig sein dürfte. Darauf hat dieser eine
Prozeßvollmacht des Antragstellers vorgelegt und erklärt, von Anfang an als
dessen Bevollmächtigter gehandelt zu haben. Die Antragsgegnerin hat dagegen
die Ansicht vertreten, es handele sich um eine Klageänderung, der sie nicht
zustimme.
Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten
Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Akten zu dem Verfahren G. ./. Gemeinde
Birstein Az: V N 3/81 Bezug genommen.
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II.
Der Antrag ist zurückzuweisen.
A.
Er ist zulässig.
1. Die subjektive Antragsänderung ist in analoger Anwendung des § 91 Abs. 1
VwGO als zulässig anzusehen. Sie ist mit Schriftsatz des Herrn Manfred G. vom
15. Juni 1985 und der diesem Schreiben beigefügten Prozeßvollmacht erfolgt. Zwar
hat die Antragsgegnerin dieser Antragsänderung nicht zugestimmt. Der Senat hält
sie aber für sachdienlich, weil andernfalls damit zu rechnen ist, daß der
Antragsteller einen neuen Normenkontrollantrag stellt.
2. Der Normenkontrollantrag bezieht sich bei verständiger Würdigung des
Vorbringens des Antragstellers entgegen seinem Wortlaut nicht auf die gesamte
Satzung der Antragsgegnerin. Die Müllabfuhrsatzung besteht aus einer Anzahl
einzelner Normen, die nicht alle in einem untrennbaren Zusammenhang stehen.
Soweit getrennte Regelungskomplexe unterscheidbar sind, muß für jeden von
ihnen gesondert geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 VwGO
erfüllt sind, wonach eine natürliche Person einen Normenkontrollantrag nur stellen
kann, wenn sie durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil
erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat. Nachteil in diesem Sinne ist jede
Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen (BVerwG, Beschl. v. 14. Juli.
1978 - 7 N 1/78 -, BVerwGE 56, 177 = DÖV 78, 924 = DVBl. 78, 963 = HSGZ 80,
184 = KKZ 79, 11 = MDR 79, 254 = NJW 78, 2522 = ZKF 80, 189). Einen solchen
Nachteil könnte der Antragsteller nur geltend machen, 1.) insofern er aufgrund der
Satzung dem Anschluß- und Benutzungszwang (§ 4 Abs. 1 und 2 MAbfS)
unterworfen ist, 2.) insofern er verpflichtet ist, eine weitere Mülltonne auf seinem
Grundstück bereitzuhalten (§§ 12 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1 MAbfS), 3.) insoweit als
er der Gebührenpflicht unterliegt. (§ 14 Abs. 2 MAbfS) und 4.) insoweit als er
Gebühren in bestimmter Höhe zahlen muß (§ 17 Abs. 2 MAbfS).
Gegen den Anschluß- und Benutzungszwang als solchen wendet sich der
Antragsteller jedoch nicht. Sein Schriftsatz vom 18. Mai 1985 ist vielmehr
dahingehend zu verstehen, daß sich der Antragsteller ausdrücklich mit der durch
die Satzung geordneten Müllbeseitigung einverstanden erklärt, wozu auch der
Anschluß- und Benutzungszwang gehört. Der Antragsteller beruft sich also nicht
auf einen Nachteil, der ihm allein schon dadurch erwächst, daß er dem Anschluß-
und Benutzungszwang unterliegt.
Der Antragsteller wendet sich auch erkennbar nicht dagegen, daß er als Entgelt für
die Abholung des von ihm in die Mülltonnen verfüllten Abfalls eine Gebühr zahlen
muß. Er räumt ein, (in geringem Umfang) die gemeindliche Müllabfuhr in Anspruch
zu nehmen und dafür als Grundstückseigentümer gebührenpflichtig zu sein. Aus
seinem Vortrag ergibt sich somit, daß er sich gegen die Gebührenpflicht dem
Grunde nach nicht wenden will, weil er sie für rechtmäßig hält.
Der Antragsteller wendet sich also nur dagegen, daß er gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1,
Abs. 2 HAbfS verpflichtet ist, eine weitere Mülltonne vorzuhalten. Außerdem macht
er geltend, eine Gebühr zahlen zu müssen, die der Höhe nach außer Verhältnis zu
dem Umfang der tatsächlichen Inanspruchnahme liege. Insoweit rügt er eine
Verletzung des Äquivalenzprinzips und des Kostendeckungsprinzips.
B.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
1. Formelle Bedenken gegen die Müllabfuhrsatzung bestehen nicht. Sie wurde von
der Gemeindevertretung der Gemeinde Birstein am 24. April 1980 beschlossen,
vom Bürgermeister unter dem 28. April 1980 fehlerfrei ausgefertigt und gemäß § 9
Abs. 1 der Hauptsatzung der Gemeinde Birstein vom 22. Dezember 1978
(Birsteiner Nachrichten Nr. 51/57/1978) amtlich bekannt gemacht.
2. Die Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 a), Abs. 3 der Satzung, wonach der
Antragsteller Mülltonnen bestimmter Größe auf seinem Grundstück aufstellen
muß, ist rechtmäßig.
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Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Abfallgesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985 (GVBl. 1986 I Seite 18) - HAbfG -, der
dem zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der MAbfS geltenden § 1 Abs. 1 Satz 1
HAbfG in der Fassung vom 16. Januar 1978 (GVBl. I Seite 397) entspricht, haben
die Gemeinden die auf ihrem Gebiet anfallenden Abfälle einzusammeln. Bei dieser
Vorschrift handelt es sich um eine Aufgabennorm und nicht um eine
Handlungsnorm. Dies bedeutet, daß es im Ermessen der Gemeinde steht, wie sie
diese Aufgabe erfüllt. Nach § 2 Abs. 6 HAbfG (in der Fassung vom 11. Dezember
1985) ist sie ermächtigt, durch Satzung festzulegen, wie ihr die Abfälle zu
überlassen sind. Diese Vorschrift gilt zwar erst seit 1985. Aber auch zuvor war die
Gemeinde jedenfalls aufgrund des § 5 Abs. 1 der Hessischen Gemeindeordnung
ermächtigt, eine entsprechende satzungsrechtliche Regelung zu treffen. Danach
darf die Gemeinde nämlich die örtlichen Angelegenheiten durch Satzung regeln.
Dazu gehören sowohl. die Angelegenheiten, die ihr durch Gesetz übertragen sind,
sofern sie in eigener Verantwortung erledigt werden (Schlempp, Kommentar zur
HGO, Lieferung 9.81 § 5 Abschn. IX), als auch Selbstverwaltungsangelegenheiten.
Die Regelung der Mülltonnengröße fällt unter beiden Gesichtspunkten in die
Kompetenz der Gemeinde, denn sie gehört nicht nur in den Bereich der gesetzlich
übertragenen Aufgabe der Abfalleinsammlung, sondern auch in den Bereich der
Gestaltung der öffentlichen Einrichtung "Müllabfuhr", die die Gemeinde als
Selbstverwaltungsangelegenheit betreibt (§ 19 Abs. 1 HGO).
Dabei hat die Gemeinde einen (orts-) gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum,
der sich rechtlicher Kontrolle entzieht. Nur die äußeren Grenzen der
gesetzgeberischen Freiheit sind gerichtlich nachprüfbar. Diese sind durch den
Inhalt und Zweck des die Aufgaben übertragenden Gesetzes sowie durch das
Verbot der Willkür bestimmt. Das Gericht kann nicht nachprüfen, ob die von dem
Satzungsgeber gewählte Regelung die zweckmäßigste und vernünftigste ist. In
Bereichen, in denen Regelungsalternativen denkbar sind, die nicht eindeutig als
ungerecht eingestuft werden können, ist auch nicht nachprüfbar, ob der
Satzungsgeber die gerechteste Lösung gefunden hat (so ständige
Rechtsprechung des BVerwG, u.a. Urt. v. 8. November 1968 - VII C 99.67 -,
BVerwGE 31. 33).
Die Antragsgegnerin hat mit der Zulassung der in § 13 Abs. 2 MAbfS aufgeführten
Gefäßgrößen, soweit sie für das Grundstück des Antragstellers der Personenzahl
nach in Betracht kommt, die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens nicht
überschritten.
Der Umstand, daß die Antragsgegnerin überhaupt nur normierte Müllbehälter
zuläßt, ist sachlich gerechtfertigt. Die Zulassung ausschließlich normierter
Gefäßtypen ermöglicht es, die Abfallbehälter auf die Lademöglichkeiten der
Müllfahrzeuge optimal abzustimmen.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, daß das vorzuhaltende Volumen
genau seinem individuellen Bedarf angepaßt ist. Abgesehen davon, daß dieser
sich ändern kann, wäre es mit einem unverhältnismäßigen Kostenaufwand
verbunden, ihn bei allen Anschlußpflichtigen zu ermitteln. Selbst wenn dies auf der
Basis von Selbsteinschätzungen geschähe, wäre ein Kontrollsystem nötig, das
kaum realisierbar, sicher aber zu kostenaufwendig wäre.
Es bestehen auch keine Bedenken, wenn die vorgeschriebenen Müllbehälter vom
Volumen her größer sein sollten, als es dem tatsächlichen Durchschnittsbedarf
entspricht. Dadurch wird vermieden, daß der Müll in Zeiten vorübergehend
größeren Müllaufkommens in die Mülltonnen gepreßt wird, was die Entleerung
erschwert. Zugleich wird ermöglicht, daß die Tonnen auch einen Teil des
(kleineren) Sperrmülls aufnehmen können. Es wäre nicht sachgerecht, das
vorzuhaltende Volumen an einem regelmäßigen Durchschnittsbedarf zu
orientieren. Dies würde nämlich die Gefahr in sich bergen, daß in Zeiten erhöhten
Müllanfalls jener Abfall, der in den Tonnen keinen Platz mehr findet, auf andere,
und zwar rechtswidrige Weise beseitigt wird. Es ist dem Ortsgesetzgeber nicht
verwehrt, ein Müllbehältervolumen vorzuschreiben, das einen Anreiz für das
Entstehen "wilder Müllkippen" schon dadurch unterbindet, daß anfallender Müll
durch die bereitstehenden Müllbehälter schneller und bequemer beseitigt werden
kann. Die Vorschrift des § 13 Abs. 2 MAbfS, Tonnen bestimmter Größe auf dem
Grundstück vorzuhalten und zu benutzen, vermag keine geschützten
Rechtspositionen der Grundstückseigentümer zu verletzen.
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Der Senat setzt, indem er das nach der Satzung vorzuhaltende Behältervolumen
für rechtlich unbedenklich hält, seine bisherige Rechtsprechung hierzu fort (vgl.
Beschluß des Senats vom 19. März 1987 - 5 N 2/83 -) und folgt der herrschenden
Meinung der Rechtsprechung (BayVerfGH, Entscheidung vom 22. Oktober 1984 -
Vf. 6- VII - 84, BayVBl. 85, 78; BayVGH, Urteil vom 28. April 1982 - 4 N 171/79 -,
NVwZ 83, 423; VGH Bad.-Württ., Beschluß vom 24. Februar 1976 - X 1863/75 -,
ESVGH 26, 51, 57; OVG Bremen, Beschluß vom 18. Juli 1985 - 1 B 15/85, ZKF 85,
253; OVG Münster, Urteil vom 14. Juni 1982 - 2 A 2312/81 -, RdL 82, 275; VG
Darmstadt, Beschluß vom 10. Januar 1983 - IV 2 H 2293/82 -, HSGZ 83, 159; VG
Kassel Urteil vom 9. Juli 1985 - VI/2 F 902/83 -, HSGZ 85, 394).
3. Der Antrag ist auch nicht begründet, soweit er sich gegen die
Gebührenstaffelung in § 17 Abs. 2 MAbfS richtet.
Nach § 10 Abs. 3 des hessischen Gesetzes über kommunale Abgaben vom 17.
März 1970 (GVBl. I S. 225; - KAG -) ist die Gebühr nach Art und Umfang der
Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen. Die Gebühr muß dem
Äquivalenzprinzip entsprechen, d.h. es darf zwischen erbrachter Leistung und
Gebühr kein Mißverhältnis bestehen (BVerwG, Urteil vom 14.April 1967 - IV C
179.65 -, BVerwGE 26, 305, 308). Die Gebühr muß weiterhin dem Prinzip der
Abgabengleichheit entsprechen, d.h. bei gleicher Inanspruchnahme müssen etwa
gleich hohe Gebühren, bei unterschiedlicher Inanspruchnahme unterschiedliche
Gebühren entstehen (BVerwG, Urteil vom 8. November 1968 - VII C 99.67 -,
BVerwGE 31, 33, 34). Wenn aber die Variationsbreite der tatsächlichen
Inanspruchnahme sehr groß ist, darf der abgabenrechtliche Grundsatz der
Typengerechtigkeit Anwendung finden, demzufolge typische Lebenssachverhalte
zum Anknüpfungspunkt der Gebührenregelung gemacht werden und diese auch
dann gelten, wenn der Einzelfall von diesem Typus abweicht (BVerwG, Beschluß
vom 19. September 1983 - 8 N 1.83 -, KStZ 84, 9). Läßt sich das Maß der
tatsächlichen oder typischen Inanspruchnahme nur unter unverhältnismäßigem
Aufwand messen, so kann sich die Gebührenregelung an einem
Wahrscheinlichkeitsmaßstab statt an einem Wirklichkeitsmaßstab orientieren
(Hess. VGH, Urteil vom 17. Dezember 1980 - V OE 129/78 -, HSGZ 81, 283). Als
zulässige Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe sind der sog. Personenmaßstab (VGH
Bad.-Württ., Urteil vom 25. März 1982 - 2 S 1378/81 -, NVwZ 83, 489 = VBlBW 83,
178 = KStZ 82, 213 = ZKF 83, 35) sowie auch der sog. Gefäßmaßstab (Hess.
VGH, Urteil vom 27. Mai 1964 - OS II 33/63 -, KStZ 65, 11, 13; BayVGH, Urteil vom
6. Juni 1984 - Nr. 4 B 81 A. 2310 -, BayVBl. 85, 17) anerkannt.
Die Antragsgegnerin hat einen Maßstab gewählt, der sich unmittelbar an der
Anzahl und dem Volumen der Müllbehälter orientiert (§ 15 MAbfS), wobei das
Volumen sich an einem Regelbedarf von 10 Litern je Einwohner auszurichten hat (§
13 Abs. 3 MAbfS).
Dieser Regelbedarf ist rechtlich nicht zu beanstanden. In den Jahren 1974/75
durchgeführte Messungen in Letmathe (berichtet bei Dietz, KStZ 80, 202) haben
ergeben, daß der durchschnittliche Pro-Kopf-Bedarf je Woche 35 bis 45 Liter
beträgt. Das in der Abfallsatzung der Antragsgegnerin festgesetzte Regelvolumen
von nur 10 Litern liegt wesentlich unter diesen Werten. Der Satzungsgeber hat
damit den Besonderheiten der ländlichen Gemeinde in einer Weise Rechnung
getragen, die keinen Rechtsfehler erkennen läßt.
Im einzelnen zeigt die Gebührenstaffelung folgendes Bild: Bei Grundstücken mit
bis zu fünf Personen weist der Tarif eine starke Degression auf (eine Person: 6,70
DM je Person; zwei. Personen: 3,35 DM je Person; drei Personen: 2,23 DM je
Person; vier Personen: 1,67 DM je Person; fünf Personen: 1,34 DM je Person). Beim
Sprung von fünf auf sechs Personen zeigt sich dagegen eine relativ starke
Progression (sechs Personen: 2,23 DM je Person). Diese Progression ist dadurch
bedingt, daß ab der sechsten Person statt eines 50-Liter-Gefäßes zwei 50-Liter-
Gefäße benutzt werden müssen. Vergleicht man die Gebührenhöhe pro Person bei
Grundstücken mit drei und mehr Personen, so zeigt sich, daß die Degression
eigentlich nur bei Grundstücken bis zu zwei Personen wirksam wird, während die
Gebühr bei höherer Personenzahl innerhalb einer Schwankungsbreite von 1,12 DM
proportional ansteigt (z.B. sechs Personen: 2,23 DM je Person; neun Personen
1,48 DM je Person; zwölf Personen: 1,11 DM je Person; der mittlere Wert liegt etwa
bei 1,38 DM pro Person).
Soweit die Gebühr ab der sechsten Person etwa proportional zur Personenzahl auf
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Soweit die Gebühr ab der sechsten Person etwa proportional zur Personenzahl auf
dem Grundstück ansteigt, ist das nach jenen empirischen Untersuchungen
sachgerecht, die 1974/75 in Letmathe durchgeführt wurden (Dietz, KStZ 80, 201
ff.). Dabei ergab sich, daß im Mittel die Abfallmenge aber einer Personenzahl von
mehr als fünf Personen je Grundstück und unabhängig von der Zahl der Haushalte
linear zunimmt, während die Abfallmenge für Grundstücke mit bis zu fünf Personen
relativ konstant bleibt. Dem entspricht die annähernd lineare Gebührenerhöhung
in der Satzung der Antragsgegnerin bei mehr als fünf Personen je Grundstück und
die starke Degression bei Grundstücken mit bis zu fünf Personen. Dieser Maßstab
orientiert sich an dem vorliegenden empirischen Wissen über den wirklichen
Müllanfall. Er ist, weil diese Erhebungen statistischer Art sind und deshalb nicht den
Einzelfall berücksichtigen, gleichwohl ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Da er aber
unter statistischen Gesichtspunkten auf jeden Fall sehr dicht an der Wirklichkeit
liegt, bestehen gegen ihn keinesfalls rechtliche Bedenken.
Das Prinzip der linearen Steigerung wird allerdings in einigen Fällen dann verletzt,
wenn eine nicht durch fünf teilbare Anzahl von Personen auf dem Grundstück
wohnt. So müssen z.B. auch sieben Personen Gebühren für das Volumen
bezahlen, das für zehn Personen voll benötigt wird. Die damit verbundene
Ungleichbehandlung ließe sich nur um den Preis eines noch differenzierteren
Angebots an Mülltonnen oder eines vom Volumen unabhängigen
Gebührenmaßstabes vermeiden, dessen Handhabung zwangsläufig mit einem
größeren Verwaltungsaufwand und damit auch mit höheren Kosten verbunden
wäre; dies müsste sich wieder auf die Gebührenhöhe auswirken und hätte damit
auch für die nach der vorliegenden Regelung Benachteiligten einen größeren
Nachteil zur Folge, als es die bestehende Benachteiligung, die sich im Bereich
weniger Pfennige bewegt, für sie hat.
Der Orientierung an der statistischen Abfallmenge je Einwohner entspricht es
auch, daß bei Grundstücken bis zu fünf Personen die Gebührenhöhe je Grundstück
gleichbleibt. Denn nach den empirischen Untersuchungen ist - wie gesagt - bei
Grundstücken bis zu fünf Personen die Abfallmenge relativ konstant. Das
bedeutet, daß für fünf Personen die Gebühr insgesamt genauso hoch sein kann
wie für vier, drei, zwei oder eine Person. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-
Württemberg hält diese empirischen Ergebnisse für so zwingend, daß sie beim
Personenmaßstab stets zu berücksichtigen seien (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.
März 1979 - II 2316/77 -, KStZ 79, 155; bestätigt mit. Urt. v. 25. März 1982 - 2 S
1378/81 -, KStZ 82, 213 = ESVGH 32, 238 Nr. 105 ). Selbst wenn man die
empirischen Untersuchungen von Letmathe nicht für verallgemeinerungsfähig hält
(gewisse Zweifel äußerte insoweit Bay.VGH, Urt. v. 30. November 1983 - Nr. 4 B 81
A 1904, BayVBl. 84, 496), so ist doch nicht zu beanstanden, daß Gemeinden sich
daran orientieren, solange keine neueren Untersuchungen vorliegen. Die
Alternative wäre nur entweder ein weniger fundierter Maßstab, der an die Stelle
bisher nicht widerlegter wissenschaftlicher Forschungsergebnisse die bloße
Spekulation setzt, oder aber die Pflicht für jede Gemeinde, vor Erlaß einer MAbfS
eigene auf ihr Gemeindegebiet bezogene Forschungen zu veranstalten. Letzteres
ist sehr aufwendig und teuer; es erscheint auch nicht erforderlich, denn es sind
bisher keine Gründe vorgetragen worden, weshalb die vorliegenden
Forschungsergebnisse nicht verallgemeinerungsfähig sein sollten (vgl. auch
Beschluß des Senats vom 19. März 1987 - 5 N 2./83 -).
Die Gebührenregelung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie auch die Kosten
der Sperrmüllabfuhr mit umfaßt, obwohl deren Inanspruchnahme dem Maß nach
nicht der der gewöhnlichen Hausmüllabfuhr korrespondieren muß. Zum einen
gleicht sich auf Dauer gesehen die unterschiedliche Inanspruchnahme der
Sperrmüllabfuhr wieder aus. Zum anderen würde sich die Vergünstigung derer, die
auch auf Dauer die Sperrmüllabfuhr nicht oder unterdurchschnittlich oft in
Anspruch nehmen, - wollte man dies gebührenrechtlich berücksichtigen -, allenfalls
im Bereich weniger Pfennige bewegen. Das damit erreichte Mehr an Gerechtigkeit
stände in keinem Verhältnis zu dem wesentlich höheren Verwaltungsaufwand, der
mit einem speziellen Sperrmülltarif verbunden wäre.
Der Senat hat auch Anlaß gesehen, die Gebührenregelung für Betriebe und
ähnliche Einrichtungen (§§ 16, 13 Abs. 4 MAbfS) zu überprüfen, weil eine etwaige
relative Bevorzugung dieser Einrichtungen bei der Gebührengestaltung
notwendigerweise mit einer entsprechenden Benachteiligung der anderen
Gebührenpflichtigen verbunden ist.
Während der Maßstab für die Zuteilung von Müllbehältern bei Personen
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Während der Maßstab für die Zuteilung von Müllbehältern bei Personen
("Einwohnern") deren angenommener durchschnittlicher Bedarf ist, sieht die
MAbfS der Antragsgegnerin vor, daß das den Betrieben zuzuordnende Volumen
sich an sogenannten Einwohnergleichwerten, die im einzelnen in § 16 Abs. 1 MAbfS
normiert sind, zum Teil am tatsächlichen Bedarf zu orientieren hat (§ 16 Abs. 3
MAbfS).
Soweit Einwohnergleichwerte festgesetzt werden, handelt es sich um eine
Übertragung des in § 13 Abs. 3 MAbfS zum Ausdruck kommenden Gedankens,
daß für jeden Einwohner ein bestimmtes Regelvolumen zugrundezulegen ist. Für
Personen ist das statistische Regelvolumen empirisch ermittelbar. Für Betriebe
liegen aber noch keine empirischen Daten vor, die einen
Wahrscheinlichkeitsmaßstab begründen können. Die Festlegung von
Einwohnergleichwerten für Betriebe in Industrie, Handwerk, Handel und Gewerbe in
§ 16 Abs. 1 Nr. 4 MAbfS erscheint deshalb nicht gänzlich bedenkenfrei. Indessen
vermag, sich der Senat nicht vorzustellen, daß es im Gebiet der Antragsgegnerin
Betriebe gibt, die ein höheres Aufkommen an Abfällen nach § 2 Abs. 2 a und c
(hier: Kategorie I) MAbfS haben, als ihnen nach der Satzungsregelung an
Tonnenvolumen zur Verfügung steht. Eher denkbar ist der Fall, daß ein Betrieb ein
größeres Volumen vorhalten (und die entsprechende Gebühr zahlen) muß, als es
seinem Bedarf entspricht. Das aber kann sich für den Antragsteller nur günstig
auswirken.
Die Gebührenregelung des § 17 Abs. 2 MAbfS verstößt auch nicht gegen § 2 Abs. 9
Satz 2 HAbfG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985
(GVBl. 1986 I Seite 18), das am 7. November 1985 in Kraft getreten ist. Danach
sind bei der Bemessung der Abgaben Anreize zur Vermeidung und stofflichen
Verwertung von Abfällen zu schaffen, insbesondere sollen die zu erhebenden
Gebühren in der Regel linear zum vorgehaltenen Behältervolumen für die nicht
stofflich verwertbaren Abfälle gestaffelt erhoben werden.
Die Gebührendegression bei Grundstücken bis zu fünf Personen in der Satzung der
Antragsgegnerin widerspricht dieser Bestimmung nicht. Das Gebot (Sollvorschrift)
der linearen Staffelung der Gebühr soll Mengenrabatte ausschließen. Die in der
Abfallsatzung der Antragsgegnerin vorgesehene Degression stellt aber keinen
Mengenrabatt dar, sondern einen "Personenrabatt". Sie entspricht, der
statistischen Tatsache, daß hier die Gesamtheit nicht mehr Müll verbraucht, als
jeder einzelne oder ein Teil von ihr verbrauchen würde. Allerdings ist die
vorgesehene Degression auch kein Anreiz zur Abfallvermeidung. Sie entspricht nur
dem statistischen Ergebnis, daß fünf Personen nicht mehr Müll verbrauchen als
z.B. zwei Personen.
Einen Anreiz zur Müllvermeidung (Muß-Vorschrift) enthält die Satzung nicht. Im
Gegenteil begünstigt der am Behältervolumen orientierte Maßstab, der in
manchen Fällen zu Zahlungspflichten für Überkapazitäten führt, eher eine wenig
umweltbewußte, nicht auf Wiederverwertung bedachte Verschwendung von
Rohstoffen (Bauer/Hub, Kommunale Abgaben in Bayern, 1983, S. 333 Fn 133).
Gleichwohl berührt dies die Gültigkeit der Bestimmung zum heutigen Zeitpunkt
nicht.
Zum einen ist zu bedenken, daß - wie oben ausgeführt - die Gestellung größerer
Müllgefäße den Anreiz, diese überhaupt zu benutzen und den Inhalt nicht zu
pressen, erhöhen wird. Die Bereitschaft, sich der öffentlichen
Müllentsorgungseinrichtungen zu bedienen, ist. aber ein legitimes Ziel der
Satzung. Zum anderen wollte der Gesetzgeber, wie die amtliche Begründung zu §
2 Abs. 9 HAbfG (= § 1 Abs. 8 des Regierungsentwurfs - LT Drs. 11/3597 vom 22.
April 1985 Seite 17) erkennen läßt, das Schaffen von Anreizen zur Müllvermeidung
auf den Fall der Getrenntsammlung von Abfällen bezogen wissen ("Bei der
Getrenntsammlung von Abfällen kommt es für die Gebührenregelung darauf an,
Anreize dafür zu schaffen, daß ..."). Die Getrenntsammlung zum Zwecke der
Abfallverwertung ist das Ziel des HAbfG. Nach § 2 Abs. 2 HAbfG haben die
Gemeinden die angefallenen Abfälle nach verwertbaren und zu beseitigenden
Stoffen getrennt einzusammeln, soweit - § 3 Abs. 1 HAbfG - nach dem Stand der
Technik geeignete Verfahren zur Verfügung stehen und die Kosten nicht außer
Verhältnis zu den hieraus entstehenden Vorteilen für das Wohl der Allgemeinheit
stehen. Das Fehlen eines Anreizes zur Müllvermeidung kann also eine
Gebührenregelung nur dann gesetzwidrig machen, wenn eine Getrenntsammlung
stattfindet. Das ist jedoch für das Gebiet der Antragsgegnerin noch nicht der Fall.
Zwar kann das bloße Unterlassen der regelmäßigen Getrenntsammlung allein die
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Zwar kann das bloße Unterlassen der regelmäßigen Getrenntsammlung allein die
Gemeinde noch nicht der Pflicht entheben, gebührenrechtliche Anreize für die
Abfallvermeidung zu schaffen, wenn die Gemeinde zugleich verpflichtet ist,
Getrenntsammlungen zu betreiben, wie dies in § 2 Abs. 2 HAbfG vorgeschrieben
ist. Denn es kann nicht angehen, daß die Gemeinde ihren Bürgern, die im HAbfG
für dieses Verhalten vorgesehene "Belohnung" deshalb verweigern kann, weil sie
selbst das Gesetz verletzt, indem sie keine Getrenntsammlung und
Wiederverwertung durchführt oder durchführen läßt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann
sich das Fehlen von Anreizen zur Abfallvermeidung in der Gebührenregelung
jedoch noch nicht auf die Gültigkeit der Abfallsatzung auswirken. Denn § 2 Abs. 2
Satz 1 und 2 und § 3 Abs. 1 HAbfG sind noch nicht in Kraft getreten. Sie treten
gemäß Art. 4 Abs. 1 des 4. Änderungsgesetzes vom 31. Oktober 1985 erst 2 Jahre
nach der Verkündigung im Gesetzblatt vom 6. November 1985 (also am 7.
November 1987) in Kraft.
4. Der von dem Antragsteller behauptete Umstand, daß in der Kerngemeinde
Birstein noch alte 35-Liter-Tonnen in Benutzung seien, vermag, seine Richtigkeit
unterstellt, die teilweise Ungültigkeit der MAbfS nicht zu begründen.
Möglicherweise handelt es sich hier um einen Zustand, der dem Satzungsrecht
widerspricht. Die Gültigkeit der Satzung bleibt davon aber unberührt.
5. Soweit der Antragsteller darauf hinweist, daß die Erhöhung der Deponiekosten
nicht zu einer Erhöhung der Müllabfuhrgebühr geführt hätte, vermag der Senat
nicht zu sehen, inwieweit dies zu einem Nachteil für den Antragsteller führen kann.
6. Die Gebührenregelung verletzt auch nicht das Kostendeckungsprinzip. Die
Antragsgegnerin hat durch Vorlage einer Bescheinigung der Gemeindekasse vom
5. Juni 1987, die das Rechnungsjahr 1986 betrifft, sowie von Auszügen aus den
Haushaltsplänen der Gemeinde Birstein für die Jahre 1983 bis 1986 nachgewiesen,
daß die insgesamt vereinnahmten Müllabfuhrgebühren die entstandenen Kosten in
den Jahren 1982 bis 1986 nicht einmal gedeckt haben, so daß von einer
Überdeckung nicht die Rede sein kann.
Da der Senat somit nichts feststellen konnte, was der Gültigkeit der angegriffenen
Satzung entgegenstehen könnte, mußte der Normenkontrollantrag erfolglos
bleiben.
Die Kosten des Verfahrens waren nach § 154 Abs. 1 VwGO dem Antragsteller
aufzuerlegen, weil er unterlegen ist.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.