Urteil des HessVGH vom 12.02.1993

VGH Kassel: eingriff, ausgleichsabgabe, landschaft, tennishalle, wiederherstellung des ursprünglichen zustandes, leistungsfähigkeit, klima, grundstück, nachteilige veränderung, versiegelung

Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 UE 3399/90
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 Abs 2 BNatSchG, § 30
BauGB, § 34 BauGB, § 5
Abs 1 S 1 NatSchG HE, § 6
Abs 2 S 3 NatSchG HE
(Zur Bemessung einer Ausgleichsabgabe bei
unvermeidbaren Eingriffen in die Natur und zu ersparten
Rekultivierungskosten - hier: Abbruch von Bauteilen)
Leitsatz
1. Das Bauplanungsrecht trifft in §§ 30, 34 BauGB eine bodenrechtlich abschließende
Regelung.
2. Bauplanungsrechtliche Normen und die naturschutzrechtlichen über Eingriffe in Natur
und Landschaft gelten nebeneinander.
3. Die Eingriffsregelung nach §§ 5, 6, HENatG in Verbinbdung mit § 8 BNatSchG findet
auf Bauvorhaben im beplanten Bereich und im Innenbereich Anwendung.
4. Vorhaben, die bauplanungsrechtlich zulässig sind - und nicht etwa auf
naturschutzrechtlich besonders geschützten Flächen wie Naturschutz- oder
Landschaftsschutzgebieten verwirklicht werden sollen -, sind auch naturschutzrechtlich
im erforderlichen Umfang zu genehmigen.
5. Unvermeidbare Beeinträchtigungen müssen gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 HENatG in
Verbindung mit § 8 Abs. 2 BNatSchG in erster Linie ausgeglichen werden.
6. Kann - oder soll im Einzelfall aus bestimmten naturschutzrechtlichen Gründen - ein
Eingriff an Ort und Stelle mit verhältnis- mäßigem Aufwand nicht oder nicht vollständig
ausgeglichen werden, so ermächtigt § 8 Abs. 9 BNatSchG die Länder,
Ersatzmaßnahmen der Verursacher an anderer Stelle vorzusehen.
7. Generelle finanzverfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erhebung einer
Ausgleichsabgabe für nicht ausgleichbare Beeinträchtigungen von Natur und
Landschaft bestehen nicht.
8. Die konkrete inhaltliche Fassung der Ausgleichsabgabe nach § 6 Abs. 3
HENatG, wonach die Abgabe in Höhe der ersparten Rekultivierungskosten zu
leisten ist, führt jedenfalls bei rahmenrechtskonformer und
verfassungskonformer, insbesondere am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
orientierter Interpretation zu sachgerechten Ergebnissen. In der Gestalt dieser
Auslegung erscheint dem Senat die Zahlungspflicht gerade noch hinreichend
gesetzlich bestimmt.
9. Zu den ersparten Rekultivierungskosten bei Gebäuden (und anderen
oberirdischen Bauwerken) gehören maximal die Kosten, die - nach Entfernung der
Bauteile, die sich über dem Boden befinden -, zur Entfernung von Bauteilen im
Erdboden und zur landschaftsgerechten Herstellung oder Neugestaltung des
Landschaftsbildes erforderlich wären. Die Kosten für den Abbruch und die
Entfernung von Bauteilen, die sich über dem Erdboden befinden, können nicht zu
den ersparten Rekultivierungskosten zählen.
10. In Fällen, in denen ein Teil-Ausgleich der von einem Eingriff ausgehenden
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10. In Fällen, in denen ein Teil-Ausgleich der von einem Eingriff ausgehenden
Beeinträchtigungen möglich ist und durchgeführt wird, beträgt auch die
Ausgleichsabgabe nur einen Teil des Höchstbetrages, der ohne Ausgleich zu
zahlen wäre. Die ökologische Wirkung des (Teil-) Ausgleichs in Natur ist nach
einem auch für die Bewertung der Wirkung des Eingriffs in die Naturgüter
geltenden Maßstab zu beurteilen; eine solche Bewertung ist grundsätzlich
möglich; auch die Bodenversiegelung ist gegebenenfalls in die
Gesamtbetrachtung von Eingriffs - und Ausgleichswirkungen einzubeziehen.
11. Einzelfall, in dem die Behörde die der Klägerin auferlegte Ausgleichsabgabe
rechtlich einwandfrei bestimmt hat.
Tatbestand
Die Klägerin war Eigentümerin des Grundstücks in F. Flur 441 Nr. 352/57. Dieses
Grundstück wurde zusammen mit anderen Flurstücken jahrelang von der SG B.
unentgeltlich als Sportgelände genutzt. Die Beklagte war Eigentümerin des
unmittelbar angrenzenden Grundstücks Flur 441, Flurstücke 50, 51, 48/1 und 2/3.
Dieses Gelände der Beklagten wurde bis Anfang der 80er Jahre überwiegend als
Kleingartengelände genutzt. Für die Errichtung der Zäune, Hütten und die
Anlegung der Kleingärten selbst wurden keine bau- oder naturschutzrechtliche
Genehmigungen eingeholt oder erteilt. Ein Teil des Geländes, der nicht
kleingartenmäßig bearbeitet wurde, diente faktisch als Müllabladeplatz. Im Jahr
1982 traten die Beteiligten in Verhandlungen über die weitere Nutzung des der
Klägerin gehörenden Grundstücks mit dem Ziel, einerseits das Grundstück der
Klägerin weiterhin dem Sportverein SG B. zu überlassen, andererseits eine
Möglichkeit zu der von der Klägerin gewünschten Errichtung einer Dreifeld-
Tennishalle mit Hausmeisterwohnung zu finden. Am 30.03.1984 schlossen die
Beteiligten einen notariell beurkundeten Grundstückstauschvertrag. Die Klägerin
erhielt für ihr 3.017 qm großes Grundstück ein aus Teilflächen der oben
bezeichneten Flurstücke der Beklagten gebildetes Grundstück mit einer Fläche von
3.780 qm. Das städtische Grundstück wurde mit einem Quadratmeterpreis von
50,00 DM, das der Klägerin ursprünglich gehörende Sportplatzgelände mit einem
Quadratmeterpreis von 30,00 DM bewertet. Den Wertunterschied von insgesamt
97.490,00 DM zahlte die Klägerin an die Beklagte. Gemäß Nr. 2 des Vertrages
sollte dieser seine Geschäftsgrundlage verlieren, wenn der Bauantrag der Klägerin
betreffend die Errichtung der geplanten Tennishalle nicht oder nur wesentlich
verändert genehmigt würde.
Das von der Klägerin eingetauschte Grundstück liegt in einer Entfernung von ca.
127 m vom äußeren befestigten Fahrbahnrand der im Bau befindlichen
Bundesautobahn A 661, deren Planfeststellungsverfahren zum damaligen
Zeitpunkt abgeschlossen war.
Am 30.05.1984 erteilte die Bauaufsichtsbehörde der Beklagten der Klägerin die
Baugenehmigung Nr. B 82-02461 betreffend die Errichtung einer Tennishalle mit
Hausmeisterwohnung und Nebenräumen. Zugleich erteilte die Beklagte der
Klägerin Befreiungen von den Festsetzungen des übergeleiteten Fluchtlinienplanes
Nr. 815 wegen der teilweisen Überbauung geplanter öffentlicher Verkehrsfläche
sowie nicht überbaubarer Grundstücksfläche, Befreiung von § 7 Abs. 3 HBO
hinsichtlich der Unterschreitung der Bauwichbreite bis zu 1 m sowie hinsichtlich der
Errichtung der Terrasse um bis zu 2 m. Außerdem erteilte sie für die Herstellung
von 10 Kraftfahrzeugstellplätzen im Vorgartenbereich Befreiung von § 1 Nr. 1 der
Vorgartensatzung der Stadt F.. In der Baugenehmigung wurden Grundgebühren
(ohne Prüfgebühren) in Höhe von 13.711,50 DM, Befreiungsgebühren von
20.278,40 DM und Sondergebühren (Ausgleichsabgabe) von 22.255,70 DM
festgesetzt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch sowie den Widerspruch gegen
eine weitere, im Befreiungsbescheid festgesetzte Befreiungsgebühr wies die
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.1986 im wesentlichen zurück.
Hinsichtlich der Sondergebühr führte die Beklagte aus, die Erhebung einer
Ausgleichsabgabe rechtfertige sich auf der Grundlage des § 6 Abs. 3 i.V.m. § 6
Abs. 1 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG -. Nach § 6 Abs. 3 HENatG
müsse ein Eingriff vorliegen, der durch Auflagen nicht ausgeglichen werden könne;
ein solcher Eingriff sei gemäß § 5 Abs. 1 HENatG dann gegeben, wenn durch eine
Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen die Leistungsfähigkeit
des Naturhaushaltes, das Landschaftsbild, der Erholungswert oder das örtliche
Klima erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt werden könne. Veränderung in
diesem Sinne sei jede Handlung, die kausal auf die Grundfläche einwirke.
Entscheidend sei der Vergleich zwischen dem Zustand vor und nach der
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Entscheidend sei der Vergleich zwischen dem Zustand vor und nach der
Durchführung des Bauvorhabens. Die Errichtung der Tennishalle durch die Klägerin
auf dem vormals überwiegend kleingärtnerisch genutzten Grundstück führe zu
einer weitgehenden Bedeckung der Bodenfläche und damit gleichzeitig zu einer
Veränderung der Nutzungsart. Damit wirke die Klägerin auf die Leistungsfähigkeit
des Naturhaushaltes und auf das Landschaftsbild ein. Ausschlaggebend sei die
Umwandlung der bisherigen biologischen in eine bauliche Nutzung. Die Höhe der
Abgabe sei nach den ersparten Rekultivierungskosten zu berechnen.
Zugrundegelegt sei die von "Koch" entwickelte Methode. Danach sei das
Bauvorhaben in zwei Phasen aufgeteilt, nämlich die Geländevorbereitung und die
Bauphase. Die nach Beendigung der ersten Phase notwendigen Arbeiten zur
Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Grundstücks seien im
einzelnen aufgeschlüsselt und berechnet. Für die Anlieferung und den Einbau von
Füll- und Oberboden für Geländemodellierung sowie für Pflanzungen und Einsaat
würden 53.960,00 DM veranschlagt. Sodann sei unter Berücksichtigung der
Veränderungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, des
Landschaftsbildes, des Erholungswertes und des örtlichen Klimas jeweils eine
Schätzung vorgenommen worden, wieweit das Bauvorhaben der Klägerin noch in
die Landschaft eingreife. Die sich dabei durchschnittlich ergebende verbleibende
Veränderung von 41 % führe unter Zugrundelegung der fiktiven
Rekultivierungskosten zu der Ausgleichsabgabe von 22.124,-- DM. Entscheidend
sei nicht, daß die in Ansatz gebrachten Summen im einzelnen nachprüfbar seien,
vielmehr sei eine angemessene Leistung zu erbringen, die plausibel sei.
Die Klägerin hat am 03.09.1986 gegen die im Befreiungsbescheid und in der
Baugenehmigung der Beklagten vom 30.05.1984 festgesetzten Gebühren Klage
erhoben.
Hinsichtlich der Ausgleichsabgabe hat sie vorgetragen, die Beklagte habe zu
Unrecht einen Eingriff in Natur und Landschaft angenommen, der zu einer
erheblichen Beeinträchtigung von Grundflächen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1
HENatG führe. Bei Erwerb der getauschten Grundstücke durch die Klägerin hätten
sich diese in einem desolaten, durch Unrat, Müll und zerstörte Gartenhäuser
verunstalteten Zustand befunden. Ein nicht unerheblicher Teil des früheren
Kleingartenbereichs sei durch die Beklagte selbst im Rahmen des Ausbaus der B.
Straße zur Straßenverbreiterung in Anspruch genommen worden. Die Berechnung
der Ausgleichsabgabe sei im übrigen nicht nachvollziehbar, sondern willkürlich.
Soweit die Klägerin eine (fiktive) Rekultivierung durchführen müsse, bestünde diese
darin, in ausreichender Menge Müll zu besorgen und ihn auf den Grundstücken
abzuladen. Im übrigen müsse man nur der Natur ihren Lauf lassen. Das
Grundstück werde sich in wenigen Jahren in dem gleichen verwilderten Zustand
befinden wie zuvor.
Durch Urteil vom 22.06.1990 hat das Verwaltungsgericht der Klage u. a.
hinsichtlich der Sondergebühr stattgegeben und im wesentlichen ausgeführt, es
könne dahinstehen, ob die §§ 5, 6 HENatG grundsätzlich innerhalb des im
Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB überhaupt
anwendbar seien, da die Beklagte auch unter dieser Voraussetzung zu Unrecht
von einem genehmigungsbedürftigen Eingriff ausgegangen sei, der eine
Ausgleichsabgabe gemäß § 6 Abs. 3 HENatG auslöse. Keine der
Eingriffsdefinitionen gemäß § 5 Abs. 1.Satz 2 HENatG sei hier einschlägig. Die
tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 HENatG lägen
bereits deshalb nicht vor, weil die Klägerin keine öffentlich zugängliche Grünfläche,
sondern eine privat-kleingärtnerisch genutzte Fläche, die nur den Mitgliedern des
entsprechenden Vereins und ihren Besuchern zugänglich gewesen sei, bebaut
habe. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 HENatG greife deshalb nicht ein, weil die
Baumaßnahme und damit die Beseitigung der Bodenfläche nicht auf einer "nicht
bewirtschafteten Grundfläche" erfolgt sei. Der Begriff der "bewirtschafteten
Grundfläche" sei dahin zu verstehen, daß dies die Unterscheidung zu Brachland
darstellen solle. Da das Baugrundstück der Klägerin überwiegend kleingärtnerisch
genutzt worden sei, handele es sich um eine bewirtschaftete Grundfläche,
unabhängig davon, daß die Bewirtschaftung selbst ungenehmigt war und nach der
von der Beklagten vertretenen Auffassung selbst einen Eingriff im Sinne des § 5
HENatG dargestellt habe. Ein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 5
Abs. 1 Satz 1 HENatG könne in der bauaufsichtlich genehmigten Bebauung des
Grundstücks der Klägerin ebenfalls nicht gesehen werden. Nach dieser Vorschrift
seien Eingriffe in Natur und Landschaft, Veränderungen der Gestalt oder Nutzung
von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, des
Landschaftsbildes, den Erholungswert oder das örtliche Klima erheblich oder
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Landschaftsbildes, den Erholungswert oder das örtliche Klima erheblich oder
nachhaltig beeinträchtigen könnten. Die von der Klägerin vorgenommene
Veränderung der Gestalt und der Nutzung des fraglichen Grundstücks weise
keines der normierten Merkmale auf, welche der Veränderung die Qualität eines
Eingriffs im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 HENatG verliehen. Im Hinblick auf die
kleingärtnerische Nutzung und die im übrigen erfolgte Müllablagerung sei weder
ersichtlich noch dargelegt, daß die Errichtung einer Tennishalle das Landschaftsbild
und den Erholungswert des Grundstücks für die Allgemeinheit erheblich oder
nachhaltig hätte beeinträchtigen können. Die Beklagte habe nicht berücksichtigt,
daß die Tennishalle in einer Entfernung von ca. 127 m vom äußeren befestigen
Fahrbahnrand der A 661 errichtet würde. Diese unmittelbare Nähe zur
planfestgestellten Autobahntrasse schließe nach Überzeugung des Gerichts die
Annahme einer erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der
Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes durch die Errichtung der Tennishalle aus.
Vergleichbares gelte auch für die Auswirkungen auf das örtliche Klima. Die
Auswirkungen der Autobahntrasse und die Versiegelung des Bodens in Bereichen,
die zuvor mit Grünbewuchs versehene Freiflächen darstellten, seien mit Sicherheit
wesentlich nachhaltiger als die daneben errichtete Tennishalle in ihren
Auswirkungen sowohl auf das örtliche Klima als auch den Erholungswert der
Landschaft.
Erhebliche Bedenken bestünden auch daran, ob die Bestimmbarkeit der Höhe der
zu erhebenden Abgabe in Hessen rechtsstaatlichen Anforderungen entspreche.
Der Begriff "ersparte Rekultivierungskosten" sei für sich genommen ohne
Aussagewert, wie der vorliegende Rechtsstreit verdeutliche. Es sei der Behörde
überlassen zu prüfen, welchen Kultivierungszustand sie für die fiktive Rückführung
zugrundelege.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 05.09.1990 zugestellte Urteil am 07.09.1990
Berufung eingelegt.
Durch Beschluß vom 30.11.1990 hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof das
Berufungsverfahren abgetrennt, soweit sich die im Berufungsverfahren
weiterverfolgte Klage gegen die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe in der
Baugenehmigung vom 30.05.1984 richtet. Dieser abgetrennte Teil ist alleiniger
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Beklagte führt insoweit zur Begründung der Berufung aus, das
Verwaltungsgericht habe übersehen, daß die Regelungen des
Bundesnaturschutzgesetzes und des Hessischen Naturschutzgesetzes von der
gesetzgeberischen Vorstellung geprägt sei, daß zum besiedelten Bereich der
beplante Bereich im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sowie der unbeplante
Innenbereich im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zähle. Die Eingriffsregelung
des Hessischen Naturschutzgesetzes sei ein Beispiel dafür, wie der Gesetzgeber
Natur und Landschaft in allen Bereichen schützen wolle, und nicht nur im
unbesiedelten Außenbereich. So erwähne § 5 Abs. 1 Nr. 1 (zweiter Fall) Nr. 2 und
Nr. 3 HENatG ausdrücklich den Außenbereich unter Bezugnahme auf die Definition
des § 19 Abs. 1 Nr. 3 BauGB. Nr. 6 beziehe sich allein auf den besiedelten Bereich,
während sich die Fälle der Nr. 1 (erster Fall), Nr. 4, 5, 7 und 8 auf besiedelten und
unbesiedelten Bereich bezögen. Die baurechtliche Kommentierung gehe so
selbstverständlich von der Einbeziehung des Innenbereichs in die
naturschutzrechtliche Eingriffsregelung aus, daß sie dort stillschweigend
vorausgesetzt werde.
Der Bau der Tennishalle stelle einen Eingriff in die Natur und Landschaft im Sinne
des § 5 Abs. 1 HENatG dar, denn eine Fläche von 2.100 qm des Baugrundstücks
werde nachhaltig verändert. Der bisher unbefestigte Boden sei auf Dauer
versiegelt und dadurch endgültig der Versickerung von Regenwasser sowie jedem
pflanzlichen und tierischen Leben entzogen. Ebenso nachhaltig werde die
Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes beeinträchtigt. Unbefestigter Boden biete
Lebensraum für vielfältige Bodenfauna und -flora. ohne Regenwasserversickerung
verlören Mikroorganismen und Kleintiere ihre Lebensgrundlage. Der befestigte
Bereich sterbe biologisch ab. Die negativen Auswirkungen für den Wasserhaushalt
bei Versiegelung der Bodenoberfläche und Abnahme der
Niederschlagsversickerung seien bekannt. Das Brachland stelle auch bei wilder
Ablagerung ein Nischenbiotop für Tier- und Pflanzenarten dar, die in geordneten
und gepflegten Grünanlagen keinen Lebensraum fänden. Das Verwaltungsgericht
verkenne, daß nicht die unberührte Natur allein Gegenstand des Natur- und
Landschaftsschutzes sei, sondern alle in § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes -
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Landschaftsschutzes sei, sondern alle in § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes -
BNatSchG - aufgeführten Rechtsgüter. Veränderungen durch vorherige Nutzung
hinderten nicht, einen Eingriff in Natur und Landschaft gemäß § 5 Abs. 1 HENatG
anzunehmen, wenn die Auswirkungen auf Natur und Landschaft den
Eingriffstatbestand erfüllten. Die Schutzwürdigkeit der Landschaft werde auch nicht
dadurch in Frage gestellt, daß in der Nähe der Tennishalle eine Autobahn geplant
sei. Durch die Regelungen des § 5 Abs. 1 HENatG sei nicht nur die von
menschlichen Eingriffen unberührte Landschaft, sondern auch und gerade der
besiedelte Bereich geschützt. § 6 Abs. 3 HENatG sei eine allen rechtsstaatlichen
Anforderungen genügende Rechtsgrundlage für die Ausgleichsabgabe.
Insbesondere entspreche diese Vorschrift dem Bestimmtheitserfordernis nach Art.
20 Abs. 3 des Grundgesetzes. Da die Ausgleichsabgabe eine Sonderabgabe
eigener Art sei, dürften strenge Anforderungen, nach denen der Zahlungspflichtige
schon im Voraus den Zahlungsbetrag errechnen können müsse, nicht gestellt
werden. § 6 Abs. 3 HENatG regele den abgabepflichtigen Tatbestand, nämlich den
Eingriff in Natur und Landschaft. Weiter sei der Abgabepflichtige bestimmt.
Schließlich sei die Abgabenhöhe im Einzelfall objektiv und ohne Willkür ermittelbar
durch den Begriff der "Höhe der ersparten Rekultivierungskosten". Angesichts der
Eigenart der zu regelnden Materie sei es beim Rechtsbereich des Natur- und
Landschaftsschutzes nicht möglich, die Fülle der Eingriffs- und Ausgleichsvarianten
auch nur im Grundsatz in verständliche aus abstrakten Merkmalen bestehende
Tatbestände zu fassen. Wegen der Universalität des Eingriffsbegriffs sei weder der
Ausgleich näher präzisierbar noch der Ausgleichsbetrag auch nur in Fallgruppen
gesetzlich festsetzbar. Selbst wenn es Fallgruppierungen für bestimmte
Eingriffstypen gebe, so hänge der konkrete Eingriff immer in seinem Ausmaß von
den jeweiligen Gegebenheiten des Grundstücks ab, von dessen ökologischer
Qualität, der Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt, der Vitalität der Flora, von seiner
Standortbezogenheit, von der Eingebundenheit in die Landschaft und deren
Besonderheiten. Ebensowenig lasse sich der Ausgleichsbegriff vereinheitlichen
oder typisieren. Dies gelte noch mehr für das Maß des Ausgleichs. Entsprechend
der konkreten Grundstückssituation sei nur im Einzelfall bestimmbar, in welchem
Anteil der Ausgleich in natura zu schaffen sei. Eine abstrakte Regelung der Höhe
des Ausgleichsbetrages sei konkreter als in § 6 Abs. 3 HENatG gesetzlich nicht
formulierbar, weil abstrakt der Anteil des realen Ausgleichs nicht zu regeln sei.
Wegen der Eigenart des Naturschutzrechts reiche die vorhandene Vorschrift aus,
um die Rechtsmaterie angemessen und mit ausreichender Bestimmtheit zu
normieren. Die Höhe der Ausgleichsabgabe sei im Einzelfall eindeutig und ohne
Behördenwillkür bestimmbar. Damit seien die Kosten konkret ermittelbar. Das
Rückgängigmachen des Eingriffs sei im Einzelfall bis in die letzte Kleinmaßnahme
zu präzisieren. Ebenso seien diese Kosten anhand der Situation zum Zeitpunkt der
Erhebung der Ausgleichsabgabe vom Ansatz und der Höhe überprüfbar
festzusetzen.
Die streitige Abgabe sei in Einklang mit der gesetzlichen Ermächtigung festgesetzt
worden. In einem ersten Schritt sei ermittelt worden, welche Kosten im Falle einer
Wiederherstellung des Zustandes vor dem Eingriff entstanden wären. Der
errechnete Betrag von 53.960,00 DM sei insoweit zu vermindern, als durch
tatsächliche Maßnahmen des Bauherrn (Neupflanzungen,
Dachwasserversickerung usw.) der Eingriff abgemildert oder Ziele von Natur und
Landschaft gefördert worden seien. Die Bewertung der anrechenbaren Maßnahme
sei Schritt für Schritt für jedermann nachvollziehbar und an den Zielen des
Naturschutzgesetzes orientiert erfolgt. Die vier naturschutzrechtlichen Belange
des § 5 Abs. 1 HENatG Naturhaushalt, Landschaftsbild, Erholungswert und Klima
seien getrennt voneinander bezogen auf den beantragten Eingriff betrachtet
worden. Dabei sei die jeweilige negative Veränderung durch den Eingriff überprüft
und die Beeinträchtigung prozentual festgestellt worden. Durch das Gebäude,
Parkplätze und Zugänge seien insgesamt 2.575 qm von einer Gesamtfläche von
2.760 qm befestigt worden. Das seien etwa 68,5 % Befestigung. Unter
Berücksichtigung von Bepflanzungs- und Begrünungsauflagen sowie der früheren
spärlichen Gartenhütten sei durch die Versiegelung die Verschlechterung der
Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts mit 60 % anzusetzen. Das Baugrundstück
liege nicht in unbebauter Landschaft, sondern in der Umgebung von Straßen,
Gebäuden, Sportplätzen und Brachland. Die optische Beeinträchtigung durch die
voluminöse Halle sei allerdings beträchtlich und führe durch. die intensive
Überbauung zu einer Verschlechterung des Landschaftsbildes, die insgesamt mit
40 % zu bewerten sei. Bisher sei die Gartennutzung nur auf einen kleinen
Personenkreis beschränkt gewesen. Allerdings habe der Bereich eine Grüninsel für
die vorhandene Bebauung dargestellt. Die geringfügige Beeinträchtigung sei mit
15 % bewertet worden. Die endgültige Versiegelung von 68 % der
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15 % bewertet worden. Die endgültige Versiegelung von 68 % der
Grundstücksfläche verändere kleinräumig das Klima durch die fehlende
Abkühlungsmöglichkeit und den Wärmespeichereffekt des Baukörpers und der
Befestigungen. Diese nachteilige Veränderung müsse mit 50 % angenommen
werden. Insgesamt ergebe sich somit ein arithmetisches Mittel der nicht
ausgeglichenen Eingriffe von 41 %. Von den Gesamtrekultivierungskosten seien
daher lediglich 41 %, also 22.124,-- DM als Ausgleichsabgabe zu erheben. Diese
Gebührenfestsetzung stelle kein zufälliges Ergebnis dar, sondern beruhe auf
exakten Festsetzungskriterien, die im Einzelfall genau errechenbar seien.
Dem Ausgleichsbetrag sei noch die Verwaltungsgebühr der unteren
Naturschutzbehörde in Höhe von 131,70 DM hinzuzusetzen. Die Sonderabgabe in
Höhe von insgesamt 22.255,70 DM sei somit zu Recht erhoben worden.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils insoweit, als es die in der
Baugenehmigung der Beklagten vom 30. Mai 1984 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 1986 festgesetzte Sondergebühr aufgehoben
hat, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung hinsichtlich der Ausgleichsabgaben zurückzuweisen.
Sie führt aus, entgegen der Darstellung der Beklagten sei durch die Tennishalle
nicht ein Stück wertvolle Natur zerstört oder das Landschaftsbild auffällig
verschlechtert worden. Es sei unverständlich, wenn bei dem hier zu beurteilenden
Bauvorhaben Schlagworte wie "Lebensraum für vielfältige Bodenfauna und
Bodenflora", "Mikroorganismen und Kleintiere verlieren ihre Lebensgrundlage" zur
Begründung der Ausgleichsabgabe bemüht würden, während in unmittelbarer
Nachbarschaft des Bauvorhabens herrlich gepflegte Kleingärten von Bulldozern
gegen den massiven Widerstand der Bürger niedergewalzt würden, um der
Bundesautobahn A 661 Platz zu machen. Die gärtnerisch geschmackvoll
angelegten Außenanlagen der Tennishalle seien die letzten wenigen schönen
Farbtupfer am Rande einer ansonsten monotonen und ihres Pflanzenwuchses
beraubten Autobahntrasse. Die in der Ausgleichsberechnung angegebenen
Prozentsätze über die nachhaltige Veränderung der Leistungsfähigkeit des
Naturhaushaltes, des Landschaftsbildes, des Erholungswertes und des örtlichen
Klimas seien unrichtig und weit von der Wirklichkeit entfernt. Das Landschaftsbild
sei durch die Tennishalle nicht verschlechtert, sondern verbessert worden. Es sei
nicht nachvollziehbar, wie die Beklagte zu einer Veränderung des örtlichen Klimas
um 50 % gelange. Die gesamte Berechnungsmethode der Beklagten sei willkürlich
und nicht nachprüfbar.
Drei Bände das Verfahren betreffende Bau- und Widerspruchsakten der Beklagten
haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig (§§ 124, 125 VWGO) und begründet. Das
Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben; die Klage ist
unbegründet, denn die angegriffene Auflage ist rechtmäßig und verletzt die
Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Rechtmäßigkeit der auf § 6 Abs. 3 HENatG gestützten Auflage wird nicht
dadurch in Frage gestellt, daß in Gebieten mit Bebauungsplänen und innerhalb der
im Zusammenhang bebauten Ortsteile - wie möglicherweise hier - eine
abschließende Regelung über die Zulässigkeit des Vorhabens nach §§ 30, 34
BauGB vorliegt, die jede weitere Regelung, durch die zusätzliche Anforderungen an
die Bebaubarkeit der Flächen gestellt werden, ausschließt. Das Bauplanungsrecht
trifft in §§ 30, 34 BauGB eine bodenrechtlich abschließende Regelung (BVerwG,
Urteil vom 24.02.1978 - 4 C 12.76 - BVerwGE 55, 222 bis 280 und Urteil vom
12.06.1970 - IV C 77.68 - DVBl. 1970, 827 bis 829). Dieser Umstand steht der
naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung jedoch nicht entgegen. Zum einen
handelt es sich nicht lediglich um isoliert dastehendes Landesrecht, sondern um
die landesrechtliche Ausgestaltung des Bundesrahmenrechtes der
bundesnaturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, die nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts über den durch § 4 Satz 3 BNatSchG umschriebenen
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Bundesverwaltungsgerichts über den durch § 4 Satz 3 BNatSchG umschriebenen
Umfang hinaus auch in § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG "striktes Recht" enthält
(Beschluß vom 30.10.1992 - BVerwG 4 A 4.92 - UPR 1993, 62 - 65). Zum anderen
ist von entscheidender Bedeutung, daß die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
hinsichtlich ihrer kompetenzrechtlichen Qualität nicht als Bodenrecht, sondern als
Naturschutzrecht einzuordnen ist (hierzu und zum folgenden vgl. Kuchler,
Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung und Bauplanungsrecht 1989, S. 26 ff.).
Maßgeblich für die kompetenzrechtliche Einordnung ist nicht in erster Linie der
Gegenstand einer Norm, sondern ihr Zweck. Ungeachtet dessen, das die
naturschutzrechtliche Eingriffsregelung Auswirkungen auf Grund und Boden hat,
dient sie nicht wie das Bauplanungsrecht einer geordneten städtebaulichen
Entwicklung, sondern einem umfassenden Naturschutz. Der Umstand, daß das
Bauplanungsrecht seinerseits Belange des Naturschutzes und der
Landschaftspflege zur Geltung bringt, steht einer ergänzenden Regelung durch
weitergehende naturschutzrechtliche Normen grundsätzlich nicht entgegen. Das
Bauplanungsrecht des Baugesetzbuches legt sich selbst keine abschließende
Geltung bei im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung von Bauvorhaben, sondern
läßt - wie in § 29 Satz 4 BauGB ausdrücklich festgehalten ist - andere öffentlich-
rechtliche Vorschriften unberührt. Die Eingriffsregelung nach §§ 5, 6 HENatG i.V.m.
8 BNatSchG enthält hinsichtlich der betroffenen Fläche keine Begrenzung; sie gilt
nicht nur im Außenbereich, sondern auch im beplanten und unbeplanten
Innenbereich. Dem steht nicht entgegen, daß bauliche Anlagen im Innenbereich
unter den Regelbeispielen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 HENatG nicht
aufgeführt werden. Es handelt sich hierbei nämlich lediglich um diejenigen
Tatbestände, bei denen von einem Eingriff im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 HENatG
schon kraft gesetzlicher Fiktion auszugehen ist, so daß es einer Prüfung der
sachlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 HENatG nicht mehr bedarf. Die
gesetzliche Definition des Eingriffs in Natur und Landschaft in §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 6
Abs. 1 Satz 2 HENatG und § 8 Abs. 1 BNatSchG ist umfassend und beschränkt
sich vom Wortlaut her nicht auf den Außenbereich. In §§ 1 Abs. 1 Nr. 5, 3 Abs. 2
Satz 2 Nr. 3, 4 Abs. 2 und 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 bezieht das HENatG
Siedlungsbereiche in seinen Regelungsbereich ein. Aus der Regelung in § 8 Abs. 5
Satz 2 BNatSchG läßt sich ebenfalls entnehmen, daß die Eingriffsregelung auch im
beplanten Bereich gelten soll. Nach dieser Vorschrift brauchen Entscheidungen
über einen Eingriff, die aufgrund eines Bebauungsplanes getroffen werden, nicht
im Benehmen mit der Naturschutzbehörde zu erfolgen. Damit wird in § 8 Abs. 5
BNatSchG erkennbar vorausgesetzt, daß jedenfalls Eingriffe im Sinne dieser
Vorschrift auch im beplanten Bereich erfolgen können und daß die
Eingriffsregelung auch in diesem Bereich Geltung beansprucht.
Zwischen den genannten naturschutzrechtlichen Normen und den
bauplanungsrechtlichen besteht kein Rangverhältnis. Danach steht fest, daß für
Bauvorhaben im beplanten Bereich und im Innenbereich die Eingriffsregelung nach
§§ 5, 6 HENatG i.V.m. § 8 BNatSchG anzuwenden ist.
Ein Eingriff in Natur und Landschaft kann auch im beplanten Bereich nicht mit der
Erwägung verneint werden, durch das Bauplanungsrecht sei das Baugrundstück
aus der "Landschaft" ausgeschieden und zu Bauland geworden (so aber Bickel,
Hessisches Naturschutzgesetz, Kommentar 1981 Rdnr. 14 zu § 6; vgl. auch
BVerwG, Urteil vom 12.06.1970 - IV C 77.68 - DVBl. 1970 S. 827 bis 829
<828>). Der gesetzliche Begriff des Eingriffs in Natur und Landschaft stellt
nämlich auf tatsächliche Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von
Grundflächen sowie auf faktische Beeinträchtigungen ab und unterscheidet gerade
nicht nach dem normativen, bauplanungsrechtlichen Gebietscharakter der
Grundflächen. Auch dann, wenn der Bebauungsplan Bauvorhaben zuläßt, deren
Verwirklichung zu Eingriffen in Natur und Landschaft führt, entzieht er die so
beplanten Flächen nicht dem Naturhaushalt (und garantiert im übrigen auch nicht
die Umsetzung der im Plan vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen). Etwas anderes
könnte nur dann gelten, wenn der Bebauungsplan konkrete Festsetzungen enthält,
die bei ihrer Verwirklichung erkennbar zu einem Eingriff führen und keinen
Spielraum für eine Konfliktbewältigung in einem nachgeschalteten
Verwaltungsverfahren lassen (vgl. Hess. VGH, B. v. 05.07.1989 - 4 N 1064/88 -
ESVGH Bd. 40, 23 = NuR 1990, 468 = NVwZ-RR 1990, 297), oder wenn der
Bebauungsplan unmittelbar einen Eingriff zuläßt, ohne daß es noch einer
Genehmigung oder Erlaubnis bedarf (so OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
22.01.1992 - 10 C 10428/91 - BauR 1992 S. 365 bis 368). In diesen Fällen könnte
die Aufstellung des Bebauungsplanes selbst bereits als naturschutzrechtlicher
Eingriff angesehen werden. Die Verwirklichung seiner Festsetzungen wäre dann
nicht mehr als Eingriff einzustufen. Das hier streitige Bauvorhaben ist jedoch nicht
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nicht mehr als Eingriff einzustufen. Das hier streitige Bauvorhaben ist jedoch nicht
bereits durch den Fluchtlinienplan in allen Einzelheiten festgesetzt oder selbst
ermöglicht worden, sondern bedurfte einer Baugenehmigung, bei der zum Teil
sogar unter Befreiung von den Festsetzungen des Planes die planungsrechtlichen
Einzelheiten des Vorhabens einer näheren Prüfung unterzogen werden mußten.
Die Beklagte hat die Eingriffsregelung nach §§ 5, 6 HENatG i.V.m. § 8 BNatSchG im
vorliegenden Fall auch richtig angewendet. Entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts stellt die streitige Baumaßnahme trotz der Vorprägung des
Baugrundstücks einen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 5 Abs. 1
Satz 1 HENatG dar. Nach dieser Vorschrift sind Eingriffe in Natur und Landschaft
Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die
Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Landschaftsbild, den Erholungswert
oder das örtliche Klima erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können. Das
Verwaltungsgericht hat einen Eingriff im vorliegenden Fall im wesentlichen mit der
Erwägung verneint, wegen der kleingärtnerischen Nutzung, der zahlreichen
baulichen Anlagen und der Ablagerung von Abfall auf nicht kleingärtnerisch
genutzten Teilflächen seien Landschaftsbild und Erholungswert für die
Allgemeinheit durch die Errichtung der Tennishalle nicht beeinträchtigt; hinsichtlich
des Gesichtspunktes der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und der
Auswirkungen auf das örtliche Klima habe die Beklagte nicht dargelegt und auch
nicht berücksichtigt, daß die Tennishalle in einer Entfernung von ca. 127 m vom
äußeren befestigten Fahrbahnrand der A 661 errichtet worden sei.
Richtig an diesen Erwägungen ist, daß nicht jede Veränderung der Gestalt oder
Nutzung von Grundflächen als Eingriff zu klassifizieren ist, sondern nur eine solche,
die naturschutzrechtlich als Beeinträchtigung von Naturgütern einzustufen ist. Hier
ist ein Eingriff jedenfalls schon deshalb zu bejahen, weil die Versiegelung einer
Fläche von 2.100 qm durch den Bau der Tennishalle eine Beeinträchtigung der
Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes mit sich bringt. Auch dann, wenn die
Fläche wegen der zu erwartenden Schadstoffbelastung durch die geplante
Autobahn als Kleingartengelände nicht mehr nutzbar ist - wie das
Verwaltungsgericht ausführt -, könnte sie als unversiegeltes Brachland eine
wichtige Nischenfunktion ausfüllen. Zumindest hinsichtlich der
Regenwasserversickerung sowie der Bodenflora und -fauna führt die Versiegelung
einer Fläche von 2.100 qm zu einer erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigung
der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.
Solche Eingriffe sind naturschutzrechtlich genehmigungspflichtig. Vorhaben, die
baurechtlich zulässig sind - und nicht etwa auf naturschutzrechtlich besonders
geschützten Flächen wie Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebieten verwirklicht
werden sollen -, sind auch naturschutzrechtlich im erforderlichen Umfang zu
genehmigen. Die naturschutzrechtliche Genehmigung war im vorliegenden
Verfahren unproblematisch und wurde mit der Baugenehmigung erteilt, denn die
vom Bauvorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen waren unvermeidbar im
Sinne von § 8 Abs. 2 BNatSchG, das heißt sie wären nur bei einem vollständigen
Verzicht auf das baurechtlich zulässige Vorhaben zu vermeiden gewesen.
Die unvermeidbaren Beeinträchtigungen müssen gemäß § 6 Abs. 2 HENatG i.V.m.
§ 8 Abs. 2 BNatSchG in erster Linie ausgeglichen werden. Ausgeglichen ist ein
Eingriff gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 HENatG, wenn nach seiner Beendigung keine
erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushaltes zurückbleibt
und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet
ist. Ein unmittelbarer Ausgleich, insbesondere für die Bodenversiegelung durch
Überbauung und Oberflächenbefestigung ist nicht immer möglich und wird vom
Gesetz auch nicht gefordert. Es sind aber vielfältige Maßnahmen denkbar, die
nachteilige Wirkungen von Eingriffen in bestimmter Hinsicht kompensieren können,
z. B. intensivere Pflanzungen, Verbesserung eines Landschaftsbildes, Versickerung
statt Ableitung von Regenwasser und vieles andere mehr. Ob die positiven
Wirkungen von Ausgleichsmaßnahmen die negativen des Eingriffs vollständig
ausgleichen können, ist im Wege einer Gesamtbetrachtung aller maßgebenden
Einflüsse auf die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Landschaftsbild, den
Erholungswert und das örtliche Klima zu beurteilen. Im Rahmen des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind dabei auch aufwendige
Ausgleichsmaßnahmen geboten. Kann - oder soll im Einzelfall aus bestimmten
naturschutzrechtlichen Gründen - ein Eingriff an Ort und Stelle mit
verhältnismäßigem Aufwand nicht oder nicht vollständig ausgeglichen werden, so
ermächtigt § 8 Abs. 9 BNatSchG die Länder, Ersatzmaßnahmen der Verursacher
an anderer Stelle vorzusehen. Auf dieser Ermächtigungsgrundlage beruht § 6 Abs.
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an anderer Stelle vorzusehen. Auf dieser Ermächtigungsgrundlage beruht § 6 Abs.
3 HENatG, der vorschreibt, daß im Falle nicht (vollständig) ausgleichbarer oder
nach § 6 Abs. 2 Satz 4 HENatG nicht auszugleichender Eingriffe eine Abgabe zu
leisten ist, die zu Zwecken des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu
verwenden ist, die Ersatzmaßnahmen sollen in räumlichem Zusammenhang mit
dem Eingriff stehen. Diese Vorschrift, auf die die angefochtene Auflage gestützt
ist, ist ihrerseits mit höherrangigem Recht vereinbar.
Generelle finanzverfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erhebung einer
Ausgleichsabgabe für nicht ausgleichbare Beeinträchtigungen von Natur und
Landschaft bestehen nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat für die
naturschutzrechtliche Ausgleichsabgabe nach § 11 des Baden-Württembergischen
Naturschutzgesetzes entschieden, daß die Ausgleichsabgabe sowohl nach § 8
Abs. 9 BNatSchG gedeckt als auch im Hinblick auf die bundesstaatliche
Finanzverfassung (Art. 104 a ff. GG) unbedenklich sei (BVerwG, Urteil vom
20.01.1989 - 4 C 15.87 - DVBl. 1989, 658 bis 660 und Urteil vom 04.07.1986 - 4 C
50.83 - DVBl. 1986 S. 1009 bis 1011). Allerdings stoßen Sonderabgaben als
außersteuerliche Geldleistungen auf enge kompetenzrechtliche Grenzen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 02.12.1980 -BvF 3/77
- BVerfGE 55 S. 274 bis 329) darf das Aufkommen von Sonderabgaben nicht zur
Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet werden; eine
gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch
genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder
in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch
besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen
Gruppen abgrenzbar ist; ferner setzt die Erhebung einer Sonderabgabe eine
spezifische Beziehung (Sachnähe) zwischen dem Kreis der Abgabenpflichtigen und
dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus. Diese Voraussetzungen
sind hier erfüllt, denn zur naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe werden
diejenigen herangezogen, die nicht ausgleichbare Beeinträchtigungen durch
Eingriffe in Natur und Landschaft hervorrufen. Dem Zweck der Finanzierung von
Ersatzmaßnahmen steht diese Gruppe näher als die Allgemeinheit der
Abgabepflichtigen; denn die Ersatzmaßnahmen treten an die Stelle der
Ausgleichsmaßnahmen, deren Herstellung eigentlich Aufgabe der
Sonderabgabepflichtigen wäre. Das Gesetz sieht in § 6 Abs. 3 HENatG eine
zweckgebundene Verwendung der Ausgleichsabgabe vor. Bei der
naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe handelt es sich dem Charakter nach um
eine zulässige Ausgleichs-Finanzierungsabgabe im Sinne des Urteils des
Bundesverfassungsgerichts vom 06.11.1984 (- 2 BvL 19, 20/83, 2 BvR 363, 491/83
- BVerfGE 67 S. 256 bis 290), die den Vorteil, eine naturschutzrechtliche
Beeinträchtigung nicht ausgleichen zu können, abschöpfen soll.
Die konkrete inhaltliche Fassung der Ausgleichsabgabe nach § 6 Abs. 3 HENatG,
wonach die Abgabe in Höhe der ersparten Rekultivierungskosten zu leisten ist,
führt jedenfalls bei rahmenrechtskonformer und verfassungskonformer,
insbesondere am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierter Interpretation zu
sachgerechten Ergebnissen. in der Gestalt dieser Auslegung erscheint dem Senat
die Zahlungspflicht gerade noch hinreichend gesetzlich bestimmt.
Zunächst läßt sich feststellen, daß die Zahlungspflicht nach § 6 Abs. 3 HENatG bei
jeder Art von Eingriffen, also auch bei Eingriffen durch die Errichtung von Gebäuden
in Betracht kommt, und nicht nur in den Fällen, in denen wie etwa beim Abbau von
Bodenschätzen im Tagebau eine spätere Rekultivierung möglich und üblich ist.
Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 3 HENatG ist jede Form von
Eingriffen umfaßt; dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der
Gesamtkonzeption der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung,
die erkennbar einen möglichst umfassenden Schutz von Naturgütern anstrebt. Für
die Bestimmung des Betrages der Ausgleichsabgabe, die "in Höhe der ersparten
Rekultivierungskosten" zu leisten ist, ist es allerdings wichtig zu beachten, daß im
Falle eines Eingriffs in Natur und Landschaft durch Errichtung eines Gebäudes
(anders als beim Abbau von Bodenschätzen im Tagebau) Rekultivierungskosten
nicht wirklich erspart werden. Bei der Formulierung des Gesetzes hatte der
Gesetzgeber allerdings jene Fälle im Blick, in denen eine Rekultivierung generell
möglich wäre, wie der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung
(Hessischer Landtag, Drucksache 9/1565) zu entnehmen ist:
"Die Höhe der Rekultivierungsabgabe bei nicht rekultivierbaren Eingriffen bestimmt
sich grundsätzlich nach den Rekultivierungskosten ähnlicher, aber ausgleichbarer
Eingriffe, dabei ist von den Grundsätzen der Naturalrestitution auszugehen.
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Eingriffe, dabei ist von den Grundsätzen der Naturalrestitution auszugehen.
Bisweilen kann auf eine Neugestaltung verzichtet werden, um besondere Ziele des
Naturschutzes zu verwirklichen (z. B. Erhalt von Steilwänden in Steinbrüchen oder
beim Kiesabbau zur Schaffung von Nistplätzen bedrohter Vogelarten).
Insbesondere in diesem Fall, aber auch dann, wenn die Wiederherstellung der
Landschaft tatsächlich unmöglich ist, verhindert die Rekultivierungsabgabe
ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile und eine Gesetzesumgehung; auch dies
verdeutlicht die Notwendigkeit einer derartigen Lösung."
Der Gesetzgeber hätte mithin bei dem Begriff der Rekultivierung nicht etwa
abzubrechende Gebäude, sondern einen Steinbruch oder eine Kiesgrube vor
Augen. Diejenigen Nutzer eines Steinbruchs oder einer Kiesgrube, die so starke
Eingriffe vorgenommen haben, daß diese nicht mehr zu rekultivieren waren, und
diejenigen, auf deren Grundstücken sich wertvolle Pflanzen und Tierarten
angesiedelt haben, so daß eine Rekultivierung gar nicht mehr als wünschenswert
erscheint, sollten nach dem Willen des Gesetzgebers keinen wirtschaftlichen
Vorteil gegenüber denjenigen Steinbruch- oder Kiesgrubenbetreibern erhalten, die
Rekultivierungsmaßnahmen durchführen können und müssen - sie sollten eine
Abgabe in Höhe der ersparten Rekultivierungskosten erbringen. In diesen Fällen
stellt die Rekultivierung eine denkbare und darüber hinaus die nächstliegende
Form des Ausgleichs dar. Die Verknüpfung der Ausgleichsabgabe mit der Höhe der
Rekultivierungskosten stellt insoweit eine wichtige gesetzliche Konkretisierung dar,
als es nicht der Behörde überlassen bleibt, im Falle eines nicht ausgleichbaren
Eingriffs ein Programm denkbarer Ausgleichsmaßnahmen zu entwerfen, die fiktiv
einen vollständigen Ausgleich erbringen würden, und die geschätzten Kosten
dieser Maßnahmen dem Abgabepflichtigen aufzuerlegen. Die Höhe der ersparten
Rekultivierungskosten ist in den Fällen, in denen eine Rekultivierung abgesehen
von Besonderheiten des Einzelfalles generell möglich wäre, relativ einfach
bestimmbar. Aber auch in den Fällen, in denen der Eingriff durch die Errichtung
eines Gebäudes erfolgt, ist die Höhe der fiktiven Rekultivierungskosten noch
hinreichend bestimmt; sie liegt allerdings nicht ohne weiteres auf der Hand. Zu
den ersparten Rekultivierungskosten bei Gebäuden (und anderen oberirdischen
Bauwerken) gehören maximal die Kosten, die - nach Entfernung der Bauteile, die
sich über dem Boden befinden -, zur Entfernung von Bauteilen im Erdboden und
zur landschaftsgerechten Herstellung oder Neugestaltung des Landschaftsbildes
erforderlich wären. Die Kosten für den Abbruch und die Entfernung von Bauteilen,
die sich über dem Erdboden befinden, können nicht zu den ersparten
Rekultivierungskosten zählen. Denn zum einen stehen diese Kosten weder in
einem Sachzusammenhang zu der Erheblichkeit und Nachhaltigkeit der vom
Eingriff ausgehenden Beeinträchtigungen noch zu den Kosten der eigentlich
vorrangigen Ausgleichsmaßnahme. Eine Anknüpfung an die Abbruchkosten wäre
sachwidrig und willkürlich. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß die Kosten für die
Beseitigung eines Bauwerkes auf den Bauherrn oder seinen Rechtsnachfolger nach
endgültiger Beendigung der baulichen Nutzung irgendwann einmal zukommen
werden. Auch aus diesem Grund sind die Abriß und Beseitigungskosten der Teile
eines Bauwerkes, die sich über dem Boden befinden, nicht erspart. Eine
Rekultivierungspflicht kann erst dort ansetzen, wo die nach Bauordnungsrecht (§
83 HBO) zukünftig ohnehin bestehende Abbruch- und Beseitigungspflicht endet.
In den Fällen, in denen immerhin ein teilweiser Ausgleich der von einem Eingriff
ausgehenden Beeinträchtigungen möglich ist und durchgeführt wird, ist die
Ausgleichsabgabe nicht in voller Höhe zu zahlen. Für die Anrechnung der zum
teilweisen Ausgleich aufgebrachten Aufwendungen bieten sich nach dem Wortlaut
des § 6 Abs. 3 HENatG gedanklich zwei Wege an.
Die Formulierung, daß die Abgabe in Höhe der ersparten Rekultivierungskosten zu
leisten ist und der Gesetzeszweck der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils
sprechen dafür, die tatsächlich aufgebrachten Aufwendungen für
Ausgleichsmaßnahmen vom Höchstbetrag der Abgabe, der ohne
Ausgleichsmaßnahmen zu zahlen wäre, abzuziehen. Nur diesen Betrag hat der
Ausgleichspflichtige nämlich erspart, und er soll abgeschöpft werden. Diese
Methode hätte zugleich den praktischen Vorteil, daß die vorzunehmende
Berechnung relativ sicher und einfach vorgenommen werden könnte und daß sich
die Frage der Verhältnismäßigkeit auch bei sehr kostenintensiven, aber in ihrem
ökologischen Effekt beschränkten Ausgleichsmaßnahmen nur selten stellen dürfte.
Es erscheint dem Senat schließlich jedoch systemgerecht, die vorrangig an den
konkreten Möglichkeiten und am erzielbaren ökologischen Erfolg und im übrigen
am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Handlungspflicht zur
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am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgerichtete Handlungspflicht zur
Naturalrestitution oder -kompensation auch bezüglich ihrer finanziellen
Auswirkung, also der Höhe der notwendigen Aufwendungen, nicht mit der Pflicht
zur Zahlung eines Teilausgleichsbetrages nach einem anderen, für die große
Mehrzahl der Fälle pauschalierenden Maßstab zu verquicken. Deshalb ist die
ökologische Wirkung des (Teil-) Ausgleichs in Natur nach einem auch für die
Bewertung der Wirkung des Eingriffs in die Naturgüter geltenden Maßstab zu
beurteilen; eine solche Bewertung ist grundsätzlich möglich; auch die
Bodenversiegelung ist gegebenenfalls in die Gesamtbetrachtung von Eingriffs- und
Ausgleichswirkungen einzubeziehen. Der nicht ausgeglichene Teil des Eingriffs ist
der Restschaden. Für ihn ist eine Abgabe in Höhe eines seinem Umfang
entsprechendem Bruchteils oder Prozentsatzes vom Höchstbetrag der
Ausgleichsabgabe, der ohne Ausgleich zu zahlen wäre, zu entrichten.
Bei Anwendung des vorstehend entwickelten Maßstabes auf den vorliegenden Fall
ergibt sich, daß die angegriffene Auflage die Klägerin nicht in ihren Rechten
verletzt. Die Beklagte hat in Anlehnung an die Methode von Bickel (a.a.O. Rdnr. 17
zu § 6) zur Errechnung der Ausgleichsabgabe zutreffenderweise alle Kosten außer
Ansatz gelassen, die mit einem fiktiven Abriß der Tennishalle zusammenhängen,
indem sie den Eingriff in zwei Phasen, nämlich die Geländervorbereitung und die
Bauphase, aufgeteilt hat. Sie hat sodann alle Kosten ermittelt, die anfallen würden,
wenn nach Abschluß der Geländevorbereitung (Erdarbeiten, Baugrubenaushub)
eine Wiederherstellungsanordnung nach § 8 Abs. 1 HENatG erginge.
Sodann hat die Beklagte hinsichtlich der vier in § 5 Abs. 1 HENatG genannten
naturschutzrechtlichen Belange - Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes,
Landschaftsbild, Erholungswert, örtliches Klima - eine Gesamtbewertung
vorgenommen und festgestellt, in welchem Maß bezüglich jedes der genannten
Belange nach Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen noch eine negative
Veränderung gegenüber dem Zustand vor dem Eingriff verblieben ist. Die
Erwägungen, die die Beklagte im Rahmen dieser Bewertung angestellt und
schriftlich niedergelegt hat, erscheinen nachvollziehbar und plausibel. Dasselbe gilt
für die von der Beklagten im Ergebnis ermittelten Prozentsätze der verbleibenden
Veränderung. Die vor dem Eingriff vorhandene teilweise Verunstaltung des
Geländes durch wilde Abfallablagerung brauchte die Beklagte nicht zugunsten der
Klägerin zu würdigen, denn die Klägerin wäre als Grundeigentümerin ohnedies zur
geordneten Entsorgung der auf ihrem Grundstück abgelagerten Abfälle verpflichtet
gewesen. Abgesehen von allgemein gehaltener Kritik an dem gesamten
Bewertungsverfahren hat sich die Klägerin nicht mit den von der Beklagten konkret
ermittelten Werten auseinandergesetzt; insbesondere hat sie keine
Gesichtspunkte dargetan, aus denen sich ergeben könnte, daß die von der
Beklagten angestellten Erwägungen sachwidrig oder sonst fehlerhaft wären. Solche
Gesichtspunkte sind auch nicht ersichtlich. Es ist nicht zu beanstanden, daß die
Beklagte die bezüglich der vier naturschutzrechtlichen Belange gefundenen Werte
gleich gewichtet und den ökologischen Wert der von der Klägerin vorgenommenen
Ausgleichsmaßnahmen mit dem Durchschnitt der vier Teilwerte in Ansatz gebracht
hat. Mithin durfte die Beklagte von der Klägerin eine Ausgleichsabgabe in Höhe
von 41 % der ersparten Rekultivierungskosten 53.960,00 DM), also 22.124,-- DM
fordern.
Dafür, daß diese Belastung der Klägerin, die zu den Kosten der von ihr
durchgeführten Ausgleichsmaßnahmen in Höhe von 46.157,-- DM hinzukommt,
den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen würde, ist nichts vorgetragen worden
und erscheint angesichts der von der Klägerin im Jahr 1982 geschätzten
Rohbaukosten der Dreifeldtennishalle in Höhe von 600.000,-- DM auch
ausgeschlossen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11,
711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO
liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.
die obersten Bundesgerichte erfolgt.