Urteil des HessVGH vom 22.07.1999
VGH Kassel: juristische person, bebauungsplan, bauverbotszone, lärmschutzwand, amtliche tätigkeit, ausnahme, meinung, normenkontrolle, hessen, stadt
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 N 1598/93
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 47 Abs 2 S 1 Alt 2 VwGO,
§ 61 Nr 3 VwGO, § 61 Nr 1
VwGO, § 9 FStrG
(Normenkontrollantrag einer Behörde -
Beteiligungsfähigkeit; Errichtung von Hochbauten an einer
Bundesstraße - Bauverbotszone und Festsetzungen in
einem Bebauungsplan)
Tatbestand
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen den
Bebauungsplan mit integrierter Landschaftsplanung "Verlängerte W straße" der
Antragsgegnerin.
Das Plangebiet ist in dem Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin, genehmigt
vom Regierungspräsidium D am 22.02.1991, als Wohnbaufläche dargestellt.
Am 28.10.1988 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin
die Aufstellung des Bebauungsplans "Verlängerte W straße" und machte dies am
29.07.1989 bekannt.
Das Hessische Straßenbauamt H teilte mit Schreiben vom 06.09.1989 mit, es
bestünden gegen den vorgesehenen Bebauungsplan keine Bedenken, falls
folgende Forderungen erfüllt würden:
"1. Zufahrten an der freien Strecke der B 521 dürfen nicht angelegt werden.
Der Plan ist durch eine entsprechende Signatur zu ergänzen.
2. Die textlichen Festsetzungen sind um folgende Forderung der Hessischen
Straßenbauverwaltung zu ergänzen: Gegen den Straßenbaulastträger der
Bundesstraße bestehen keine Ansprüche auf Lärmschutz. Geeignete
Maßnahmen sind vom Planaufsteller oder vom Bauherren durchzuführen."
Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin beschloss am
11.01.1990, der ersten Forderung der Hessischen Straßenbauverwaltung
stattzugeben. Hinsichtlich der 2. Forderung fasste sie den Beschluss, ein
Lärmschutzgutachten einzuholen.
Am 29.06.1990 beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Offenlegung des
Bebauungsplanentwurfs mit Begründung und machte dies am 31.07.1990
bekannt.
Unter dem 09.11.1990 erstattete die Ingenieurgesellschaft für Verkehr und
Stadtplanung mbH eine "Schalltechnische Untersuchung für das Baugebiet an der
B 521".
Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass das Baugebiet durch einen
Lärmschirm geschützt werden müsse und schlugen vor, eine 3,5 m hohe und 224
m lange Lärmschutzwand im Anschluss an eine bereits vorhandene
Lärmschutzwand zu errichten. Ferner wurde vorgeschlagen, für das 1.
Obergeschoss der Wohnhäuser im geplanten Baugebiet zusätzlich passiven
Lärmschutz (zur Abschirmung von ca. 3 dB(A)) vorzusehen.
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Am 25.07.1991 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin
die eingeschränkte erneute Offenlegung des Bebauungsplanes, der die Ergebnisse
des vorgenannten Gutachtens berücksichtigte.
Mit Schreiben vom 14.04.1992 erklärte das Hessische Straßenbauamt H, dass
keine Bedenken gegen den beabsichtigten Bebauungsplan bestünden, falls
folgende Forderungen erfüllt würden:
"a) die in dem o. a. Bebauungsplan eingetragene Baugrenze unterschreitet
die Anbauverbotszone von 20 m erheblich. Ich bitte dies zu korrigieren.
b) Innerhalb der Bauverbotszone dürfen bestimmte bauliche Anlagen (z. B.
Lärmschutzwand) nur mit Zustimmung der Hessischen
Straßenbauverwaltung erstellt werden. Wenn dafür die Inanspruchnahme
bundeseigener Grundstücke erforderlich wird, ist mit dem Hessischen
Straßenbauamt H eine Sondernutzung zu vereinbaren.
c) Der am nördlichen Randbereich des Baugebietes geplante Lärmschirm
entlang der B 521 soll nach lärmtechnischen Erfordernissen bemessen und
basierend auf den vom Bundesminister für Verkehr eingeführten
"Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90)" sowie
"Richtzeichnungen für Lärmschirme außerhalb von Kunstbauten" im
Bebauungsplan dargestellt werden.
d) Zu ihrer weiteren Verwendung im Hinblick auf den geplanten Lärmschirm
möchte ich Ihnen gerne die Verkehrszahlen der Straßenverkehrszählung
1990 zukommen lassen. Demnach beträgt das durchschnittliche tägliche
Verkehrsaufkommen auf der B 521 ca. 8.860 Kfz/d. Darüber hinaus ist die
Beurteilung der Lärmsituation auf die künftige Verkehrsbelastung
(Prognose Horizont 2005) abzustimmen. Nach meiner Einschätzung wird
bis zum Jahr 2005 mit einem weiteren Verkehrszuwachs von rund 25 % zu
rechnen sein.
e) Ferner möchte ich darauf hinweisen, dass die Kosten für den geplanten
aktiven Lärmschutz (Lärmschutzwand) sowie passiven Lärmschutz
(Lärmschutzfenster) zu Lasten der Stadt ... erfolgen müssen."
Daraufhin beantragte der Magistrat der Antragsgegnerin beim Hessischen
Landesamt für Straßenbau über das Hessische Straßenbauamt H die Zulassung
einer Ausnahme von den Festsetzungen des § 9 Abs. 1 des
Bundesfernstraßengesetzes mit einer Verringerung der Bauverbotszone von 20 m
auf 10 m. Zur Begründung führte er aus, durch die beantragte Reduzierung der
Bauverbotszone könnten 3 Bauplätze gewonnen werden. Diese würden durch die
geplante Lärmschutzwand ausreichend von der B 251 abgeschirmt. Eine denkbare
Änderung der Trassenführung der B 251 könne ohnehin allenfalls nach Norden,
also weg vom Baugebiet erfolgen.
Mit Schreiben vom 02.06.1992 legte das Hessischen Straßenbauamt H diesen
Antrag dem Hessischen Landesamt für Straßenbau vor und führte u. a. aus, die
Einhaltung einer 20 m breiten Anbauverbotszone sei aus städtebaulichen Gründen
zwingend erforderlich. Die Stadt ... habe mit gleichem Datum Abgabenachricht
erhalten.
Am 17.06.1992 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin
über die Anregungen und Bedenken u. a. des Hessischen Straßenbauamtes und
führte im Wesentlichen aus, wegen der vorgesehenen Errichtung einer
Lärmschutzwand könne die gesetzlich vorgeschriebene Bauverbotszone
unterschritten werden. Bei Einhaltung der 20 m breiten Zone würden 3 Bauplätze
des relativ kleinen Baugebietes entfallen. Deshalb werde der Antrag des
Magistrats auf Verringerung der Bauverbotszone von 20 m auf 10 m unterstützt.
Die Kosten für die Lärmschutzwand würden von der Stadt ... und dem Besitzer der
nördlich gelegenen Bauflächen getragen. Die passiven Lärmschutzmaßnahmen
müssten von den künftigen Bauherren selbst vorgenommen und getragen werden.
In derselben Sitzung am 17.06.1992 beschloss die Stadtverordnetenversammlung
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In derselben Sitzung am 17.06.1992 beschloss die Stadtverordnetenversammlung
den Bebauungsplan als Satzung.
Die Antragsgegnerin zeigte den Bebauungsplan durch Schreiben vom selben
Tage, eingegangen am 21.07.1992 beim Regierungspräsidium D, an.
Mit Schreiben vom 03.08.1992 teilte das Hessische Straßenbauamt Hanau der
Antragsgegnerin mit, das Hessische Landesamt für Straßenbau habe die im
Vorlagebericht vom 02.06.1992 geäußerte Auffassung bestätigt. Im
Geltungsbereich des Bebauungsplans "Verlängerte W straße" sei daher die
gesetzliche Bauverbotszone grundsätzlich einzuhalten.
Mit Schreiben vom 04.09.1992 teilte das Regierungspräsidium D der
Antragsgegnerin mit, nach dem am 24.08.1992 vollendeten Fristablauf gemäß §
11 Abs. 3 Satz 1 BauGB i.V.m. § 2 Abs. 6 WoBauErlG dürfe der Bebauungsplan in
Kraft gesetzt werden.
Am 18.09.1992 machte die Antragsgegnerin die Durchführung des
Anzeigeverfahrens öffentlich bekannt.
Der Bebauungsplan setzt ein ca. 17.000 qm großes allgemeines Wohngebiet fest,
das im Norden auf einer Strecke von ca. 100 m an die B 521 und im Süden sowie
im Westen an die Feldflur angrenzt. Im Osten schließt das Baugebiet an die
Ortslage des Stadtteils E an. Von dort wird das Baugebiet auch erschlossen. Eine
Zufahrt zur B 521 ist ausgeschlossen. Die nördliche Baugrenze der
Wohnbauflächen im Plangebiet hält zur Straßenbegrenzungslinie der B 251 einen
Abstand von 10 m ein. Der Bebauungsplan stellt weiterhin die im Lärmgutachten
geforderte 224 m lange Lärmschutzwand dar. Diese ist inzwischen errichtet. Zwei
unmittelbar südlich von der Lärmschutzwand gelegene Baugrundstücke sind noch
unbebaut.
Am 07.07.1993 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag
gestellt. Er führt aus, der Bebauungsplan sei nichtig, weil er gegen den Bescheid
des Straßenbauamtes H vom 02.06.1992 verstoße. Die Voraussetzungen für die
Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 9 Abs. 8 FStrG lägen nicht vor.
Die Einhaltung des absoluten Bauverbotes entspreche dem Trennungsgrundsatz.
wonach Freiflächen mit unterschiedlicher Nutzung einander so zuzuordnen seien,
dass schädliche Umweltauswirkungen auf die zum Aufenthalt von Menschen
bestimmten Flächen so weit wie möglich zu vermeiden seien. Dies gelte
insbesondere für die Belastung durch Abgasimmissionen als auch durch
Lärmimmissionen. Insoweit trage der angefochtene Bebauungsplan dem
Gesichtspunkt der Konfliktbewältigung nicht in ausreichendem Maße Rechnung. Bei
der Vorschrift des § 9 Abs. 1 FStrG handele es sich um einen sogenannten
externen Planungsleitsatz, der für die Antragsgegnerin strikt bindend sei. Er sei
einer Abwägung durch die Antragsgegnerin nicht zugänglich.
Mit Schriftsatz vom 23.12.1998 hat der Antragsteller ergänzend vorgetragen, der
Verkehr auf der B 251 im hier interessierenden Abschnitt werde bis zum Jahr 2010
erheblich stärker zunehmen als bisher angenommen. Daher sei der Grundsatz der
Problembewältigung von dem angefochtenen Bebauungsplan in keiner Weise
ausreichend berücksichtigt worden. Im angefochtenen Bebauungsplan sei nicht
dargelegt, aus welchem Grund eine Ausnahme von dem gesetzlichen Anbauverbot
in Betracht komme.
Der Antragsteller beantragt,
den Bebauungsplan "Verlängerte W straße" der Stadt N im Stadtteil E vom
18.09.1992 für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Normenkontrolle abzulehnen.
Sie führt aus, das vom Antragsteller herangezogene Anbauverbot gemäß § 9 Abs.
1 FStrG gelte nicht für Bauvorhaben, die den Festsetzungen eines
Bebauungsplans entsprächen, der mindestens die Begrenzung der
Verkehrsflächen enthalte und unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast
zustande gekommen sei. Alle maßgeblichen Kriterien dieser Regelung seien erfüllt;
insbesondere sei der Bebauungsplan "unter Mitwirkung des Trägers der
Straßenbaulast zustande gekommen". Mitwirkung im Sinne des Gesetzes bedeute
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Straßenbaulast zustande gekommen". Mitwirkung im Sinne des Gesetzes bedeute
keinesfalls die Unterwerfung der kommunalverantworteten Bauleitplanung unter
die Meinung oder die Wünsche eines Fachplanungsträgers. Zwar sei es der
Gemeinde im Rahmen ihrer Planungshoheit nicht möglich, durch konträre
Bauleitplanung eine Fernstraßenplanung zu unterlaufen. Unterhalb dieser Schwelle
könne die Gemeinde aber den fachplanerischen Vorgaben gegenüber ihre
Planungshoheit ins Spiel bringen und Flächenanforderungen der Fachplanung im
Rahmen der Abwägung öffentlicher und privater Belange untereinander und
miteinander berücksichtigen oder auch sie gegenüber anderen Belangen
zurücksetzen. Bei der Vorschrift des § 9 Abs. 1 FStrG handele es sich daher
keineswegs um einen "sogenannten externen Planungsleitsatz", der für die
Antragsgegnerin strikt bindend wäre. Die hier gefundene planerische Entscheidung
sei richtig und rechtmäßig. Eine gegebenenfalls in Erwägung zu ziehende
Verbreiterung der Bundesstraße in Richtung auf das streitige Baugebiet und damit
zwangsläufig im weiteren Verlauf auf die bestehende Ortslage des Stadtteils ... hin
vorzunehmen, scheide von vornherein aus, weil eine erforderliche Verbreiterung
der Fahrbahn sowohl von der Topographie her als auch von der Verfügbarkeit des
Grundes und Bodens nach der freien Feldgemarkung hin ohne erkennbare
technische oder rechtliche Schwierigkeiten möglich wäre und sich daher anböte.
Angesichts der Rechtsfolge des § 9 Abs. 7 FStrG komme es auf den
(überflüssigerweise) gestellten Antrag auf Zulassung einer Ausnahme von den
Festsetzungen des § 9 Abs. 1 FStrG und die daraufhin ergangene Entscheidung
nicht an.
Die den einschlägigen Bebauungsplan sowie den Flächennutzungsplan der
Antragsgegnerin betreffenden Verwaltungsvorgänge (1 Ordner und 1 Hefter)
liegen vor und waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, da eine mündliche Verhandlung nicht
erforderlich ist (§ 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Normenkontrollantrag ist nur teilweise zulässig. Er ist allerdings
uneingeschränkt statthaft. Der Antragsteller wendet sich im Wege der
Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan und damit gegen eine im Rang
unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, deren Gültigkeit von dem
Hessischen Verwaltungsgerichtshof nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden
kann.
Die Beteiligungsfähigkeit des Antragstellers ergibt sich aus § 61 Nr. 1 VwGO. Dies
gilt auch, soweit der Antragsteller das Behördenprivileg des § 47 Abs. 2 Satz 1 2.
Alt. VwGO wahrnimmt, da Hessen von der Möglichkeit des § 61 Nr. 3 keinen
Gebrauch gemacht hat und § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Antragsbefugnis regelt,
nicht jedoch bundesrechtlich die Beteiligungsfähigkeit gemäß § 61 VwGO erweitert.
Die gelegentlich in der Literatur vertretene Meinung, aus der Antragsbefugnis
gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. VwGO ergebe sich zugleich die
Beteiligungsfähigkeit der Behörde (Staudacher, Verwaltungsgerichtliche
Normenkontrolle und In-Sich-Prozess, JZ 1985, 969 (970) und Gerhardt in
Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar,
Loseblattausgabe Stand: September 1998, Rdnr. 82 zu § 47 unter Hinweis auf die
angeblich herrschende Praxis; diese hat jedoch in der veröffentlichten
Rechtsprechung keinen Niederschlag gefunden), wird nirgends näher begründet
und widerspricht der Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, die die
Beteiligtenfähigkeit in § 61 VwGO abschließend geregelt hat. Nach § 61 Nr. 3 VwGO
sind Behörden nur dann beteiligungsfähig, wenn das Landesrecht dies bestimmt.
Der Antragsteller ist als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht
antragsbefugt. Der beschließende Senat hat bisher die Auffassung vertreten, dass
auch auf Normenkontrollanträge, die bis zum 31.12.1996 gestellt worden sind, §
47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der seit dem 01.01.1997 geltenden Fassung
anzuwenden sei, weil mangels einer ausdrücklichen Übergangsregelung eine
Änderung des Verfahrensrechts nach den allgemeinen Grundsätzen des
intertemporären Prozessrechts grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten
erfasse. Aus dem Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit, der sich aus den
Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes herleite, ergebe
sich allerdings die Einschränkung, dass derjenige, der in zulässiger Weise ein
Rechtsmittel eingelegt habe, eine verfahrensrechtliche Position erlangt habe, die
vergleichbar schutzwürdig sei wie die Stellung des Inhabers eines materiellen
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vergleichbar schutzwürdig sei wie die Stellung des Inhabers eines materiellen
Rechtes. Die Frage, ob der Grundsatz der Rechtsmittelsicherheit in diesem Sinne
auch auf Normenkontrollverfahren als Rechtsschutzmöglichkeit eigener Art
anwendbar sei und es verbiete, nach altem Recht zulässig gewesene
Normenkontrollanträge nach neuem Recht als unzulässig zu behandeln, konnte
der Senat -- im konkreten Fall -- zunächst offenlassen. Nach der jüngsten
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt die Neufassung der
Antragsbefugnis in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der Fassung der 6. VwGOÄndG vom
01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) nicht für Normenkontrollanträge, die vor dem
01.01.1997 gestellt worden sind (BVerwG, Urteil vom 12.03.1998 -- 4 CN 12.97 --
BauR 1998, 637), mit der Begründung, § 47 Abs. 2 VwGO in der bis zum
31.12.1996 geltenden Fassung -- a.F. -- habe eine Verfahrensposition eingeräumt,
die nachträglich nicht ohne weiteres habe beseitigt werden können. Der Senat ist
dieser Rechtsprechung mit der Maßgabe gefolgt, dass er offengelassen hat, ob für
vor dem 01.01.1997 gestellte Normenkontrollanträge im Ergebnis eine
Meistbegünstigung Platz greift, d. h. zugunsten des jeweiligen Antragstellers die
alte und/oder neue Fassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Anwendung kommt
(Beschluss des Senats vom 03.07.1998 -- 4 N 972/92 --). Diese Frage kann auch
im vorliegenden Fall offenbleiben, denn der Antragsteller ist weder nach neuem
noch nach altem Recht als juristische Person des öffentlichen Rechtes
antragsbefugt.
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. kann den Antrag jede natürliche oder
juristische Person, die durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen
Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat, sowie jede Behörde
stellen.
Soweit der Antragsteller -- das Land Hessen -- als Gebietskörperschaft des
öffentlichen Rechtes und damit als juristische Person die Feststellung der
Nichtigkeit des Bebauungsplans begehrt, bestehen bereits grundsätzliche
Bedenken gegen das Vorliegen eines die Antragsbefugnis begründenden Nachteils
im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO a.F. So hat der Senat in seiner
Entscheidung vom 04.01.1994 (-- 4 N 1793/93 --, HessVGRspr. 1994, S. 57 -- 60)
ausdrücklich offengelassen, ob die abwägungsfehlerhafte Behandlung öffentlicher
Belange, die eine juristische Person des öffentlichen Rechts Kraft ihrer
Gesetzgebungs- und/oder -- Verwaltungs-kompetenzen zu wahren hat, einen
Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO darstellen kann. Auch der
vorliegende Fall bietet keine Veranlassung, diese offene Frage abschließend zu
klären, denn es steht fest, dass öffentliche Belange, deren Wahrung dem Land
Hessen anvertraut ist, durch den streitigen Bebauungsplan nicht verletzt werden.
Dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs durch die Festsetzungen
des Bebauungsplans bzw. durch deren Ausnutzung beeinträchtigt werden könnten,
macht der Antragsteller selbst nicht geltend und erscheint auch als
ausgeschlossen, weil das geplante Baugebiet keine unmittelbaren Zufahrten zur B
251 besitzt. Negative optische Auswirkungen des Baugebietes auf den
Straßenverkehr auf B 251 sind ebenfalls auszuschließen. Eine etwa ins Auge
gefasste Verbreiterung der B 251 kommt im Hinblick auf die sich an das Baugebiet
östlich anschließende Ortslage des Stadtteils ... ohnehin nur in nördlicher Richtung,
also auf der dem Baugebiet abgewandten Seite, in Betracht. Hierauf hat die
Antragsgegnerin bereits mehrfach unwidersprochen hingewiesen.
Soweit der Antragsteller geltend macht, die Festsetzung überbaubarer
Grundstücksfläche innerhalb eines Streifens von 20 m, gemessen vom äußeren
Rand der befestigten Fahrbahn der B 251 widerspreche der Regelung des § 9 Abs.
1 Nr. 1 FStrG und beeinträchtige durch Lärm und Abgase die Gesundheit der
künftigen Anwohner, ist der rechtliche Ansatzpunkt des Antragstellers
unzutreffend. Die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG, wonach Hochbauten jeder
Art in einer Entfernung bis zu 20 m bei Bundesstraßen außerhalb der zur
Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten
jeweils gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn längs der
Bundesfernstraßen nicht errichtet werden dürfen, wird durch den streitigen
Bebauungsplan nicht in Frage gestellt. Der Umstand, dass in einem
Bebauungsplan überbaubare Grundstücksflächen dargestellt werden, bedeutet
nämlich nicht, dass damit andere (nicht bodenrechtliche) Rechtsvorschriften, die
einer Bebauung entgegenstehen, außer Kraft gesetzt würden. Vielmehr kann eine
im Bebauungsplan als überbaubare Grundstücksfläche festgesetzte Fläche nicht
bebaut werden, wenn etwa ein bauordnungsrechtlich gebotener Grenzabstand
oder ein Waldabstand zu wahren ist. Nichts anderes gilt für den Abstand nach § 9
Abs. 1 Nr. 1 FStrG. Hierauf hat das Hessische Straßenbauamt Hanau die
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Abs. 1 Nr. 1 FStrG. Hierauf hat das Hessische Straßenbauamt Hanau die
Antragsgegnerin mit Schreiben vom 03.08.1992 zutreffend hingewiesen.
Die Regelung des § 9 Abs. 1 FStrG gilt gemäß § 9 Abs. 7 FStrG nicht, soweit das
Bauvorhaben den Festsetzungen eines Bebauungsplans entspricht, der
mindestens die Begrenzung der Verkehrsflächen sowie an diesen gelegene
überbaubare Grundstücksflächen enthält und unter Mitwirkung des Trägers der
Straßenbaulast zustandegekommen ist. Der streitige Bebauungsplan ist jedoch
nicht unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast im Sinne des § 9 Abs. 7
FStrG zustandegekommen. Zwar hat die Antragsgegnerin das Hessische
Straßenbauamt Hanau gemäß § 4 BauGB bei der Aufstellung des Bebauungsplans
beteiligt. Sie hat aber den abschließend mit Schreiben vom 14.04.1992
geäußerten Bedenken des Hessischen Straßenbauamtes Hanau ausdrücklich
nicht Rechnung getragen. Entgegen der Meinung des Bevollmächtigten der
Antragsgegnerin stellt die mithin lediglich formale Beteiligung des Trägers der
Straßenbaulast gemäß § 4 BauGB keine Mitwirkung im Sinne von § 9 Abs. 7 FStrG
dar. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die bloße Beteiligung gemäß § 4 BauGB
bereits genügt, um das Tatbestandsmerkmal der Mitwirkung im Sinne von § 9 Abs.
7 FStrG zu erfüllen, so hätte es der besonderen Hervorhebung der erforderlichen
Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast nicht bedurft, da die einfache
Beteiligung ohnehin nach § 4 BauGB zu erfolgen hat. Schon der Wortlaut des § 9
Abs. 7 FStrG ergibt also, dass unter Mitwirkung mehr zu verstehen ist, als die
bloße Beteiligung nach § 4 BauGB. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der
Vorschrift. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll die Mitwirkung des Trägers der
Straßenbaulast bei der Aufstellung des Bebauungsplans dazu dienen,
sicherzustellen, dass das gesetzliche Bauverbot durch eine vorhersehbare
Konflikte einvernehmlich regelnde gemeindliche Norm ersetzt wird. Dies setzt
jedoch voraus, dass der Träger der Straßenbaulast die Festsetzungen des
Bebauungsplans in der Sache beeinflusst und dem vom Plangeber gefundenen
Ergebnis zumindest nicht widerspricht (Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995,
S. 822; Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Komm., Loseblattausgabe
Stand: Januar 1999, Rdnr. 153 zu Art. 23 m.w.N.; weitergehend
Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, Komm., 5. Aufl. 1998,
Rdnr. 14 zu § 9, die eine Mitwirkung im Sinne dieser Vorschrift erst für gegeben
halten, wenn der Träger der Straßenbaulast ausdrücklich zu den Festsetzungen
des Bebauungsplans seine Zustimmung erteilt hat). Da die Antragsgegnerin keine
einvernehmliche Lösung mit dem Träger der Straßenbaulast gefunden und dieser
der vorgesehenen und dann auch festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche
im Abstand von nur 10 m zur B 251 ausdrücklich widersprochen hat, ist der
Bebauungsplan nicht unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast
zustandegekommen. Danach steht fest, dass der streitige Bebauungsplan die
Voraussetzungen des § 9 Abs. 7 FStrG nicht erfüllt und dass das Bauverbot des §
9 Abs. 1 FStrG in einem Streifen von 20 m entlang der B 251 im Geltungsbereich
des Bebauungsplans unverändert gilt. Der Bebauungsplan erweckt auch nicht den
Rechtsschein, als werde das Bauverbot des § 9 Abs. 1 FStrG durch die Festsetzung
überbaubarer Grundstücksfläche aufgehoben; aufgrund der Regelungen des § 9
FStrG ist nämlich vorausgesetzt, dass es sowohl Bebauungspläne gibt, in deren
Geltungsbereich § 9 Abs. 1 FStrG gilt, als auch solche Bebauungspläne, in deren
Geltungsbereich diese Vorschrift nicht gilt, soweit das Bauvorhaben den
Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht. Einen irreführenden Hinweis,
wonach § 9 Abs. 1 FStrG im Plangebiet -- etwa im Hinblick auf § 9 Abs. 7 FStrG --
nicht gelte, enthält der Bebauungsplan nicht. Da der Bebauungsplan mithin das
gesetzliche Anbauverbot völlig unberührt lässt und der Antragsteller eine
Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs im Übrigen
nicht geltend macht, ist von vornherein ausgeschlossen, dass der Antragsteller
durch den streitigen Bebauungsplan oder seine Anwendung einen Nachteil im
Sinne von § 47 Abs. 2 VwGO a.F. erleiden könnte.
Aus demselben Grund ist auch eine mögliche Rechtsverletzung im Sinne von § 47
Abs. 2 VwGO n.F. von vornherein ausgeschlossen.
Danach steht fest, dass der Antragsteller als juristische Person des öffentlichen
Rechtes nicht antragsbefugt ist.
Der Antragsteller war und ist aber antragsbefugt, soweit er das Behördenprivileg
des § 47 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. VwGO a.F. und n.F. in Anspruch nimmt. Die
Antragsbefugnis einer Behörde nach § 47 Abs. 2 Satz 1 2. Alternative VwGO steht
in Hessen, das von der Möglichkeit des § 61 Nr. 3 VwGO keinen Gebrauch gemacht
hat, nach § 61 Nr. 1 VwGO der Körperschaft des öffentlichen Rechts zu, der die
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hat, nach § 61 Nr. 1 VwGO der Körperschaft des öffentlichen Rechts zu, der die
Behörde angehört, für Landesbehörden also dem Land (Hess. VGH, Beschluss
vom 04.01.1994 -- 4 N 1793.93 -- HessVGRspr. 1994, S. 57 -- 60). Nach dieser
Vorschrift kann jede Behörde einen Normenkontrollantrag stellen, ohne dass sie
(nach alter Rechtslage) einen Nachteil oder (nach neuer Rechtslage) eine mögliche
Rechtsverletzung darlegen müsste. In Rechtsprechung und Literatur besteht
Einigkeit, dass die Zulässigkeit eines behördlichen Normenkontrollantrages aber
nur dann gegeben ist, wenn die Behörde ein aus ihrer Aufgabenstellung
resultierendes Interesse an der Überprüfung der objektiven Rechtslage besitzt (z.
B. Kopp/Schenke, VwGO, Komm., 11. Aufl. 1998, Rdnr. 71 zu § 47 m.w.N.). Es
handelt sich dabei um eine spezielle Ausformung des allgemeinen
Rechtsschutzbedürfnisses, das als allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung
für alle Verfahrensarten und für jeden Rechtsschutzsuchenden gilt (Kopp/Schenke,
a.a.O. Rdnr. 30 f vor § 40; Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 12.
Aufl. 1997 Rdnrn. 23, 24 zu § 47; BVerwG, Beschluss vom 11.08.1989 -- 4 NB
23.89 --, NVwZ 1990, S. 57 f.; Beschluss vom 15.03.1989 -- 4 NB 10.88 -- NVwZ
1989 S. 654 f.; Bay. VGH, Urteil vom 01.04.1982 -- Nr. 15 N 81 A. 1679 -- BayVBl.
1982, S. 654 -- 656 und Urteil vom 16.11.1992 -- 14 N 91.2258 -- BayVBl. 1993,
626; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.02.1987 -- 5 S 2472/86 -- ESVGH 38, 76 f.,
Dürr, Die Antragsbefugnis bei der Normenkontrolle von Bebauungsplänen, 1987,
S. 113; Gerhardt in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., Rdnr. 78 zu § 47
gelangt zu einer gleichartigen Einschränkung auf der Grundlage einer
"teleologischen Reduktion" der vom Gesetz uneingeschränkt gewährten
Antragsbefugnis). In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings noch nicht
abschließend geklärt, in welchen Fällen ein berechtigtes Interesse einer Behörde
an der Klärung der objektiven Rechtslage zu bejahen ist. Zweifelsfrei ist ein solches
Klarstellungsinteresse gegeben, wenn die Behörde die von ihr in Zweifel gezogene
Norm anzuwenden hat. Da die Sachurteilsvoraussetzung des allgemeinen
Rechtsschutzinteresses lediglich das Ziel hat, Prozesse zu verhindern, die für den
Kläger oder Antragsteller keinen Vorteil erbringen, also nutzlos sind, und da die
den Behörden eingeräumte Antragsbefugnis die Möglichkeit einer verbindlichen
gerichtlichen Überprüfung der objektiven Rechtslage eröffnen soll, ist ein
berechtigtes Klarstellungsinteresse auch dann zu bejahen, wenn die Behörde in
Rechtsstreitigkeiten verwickelt werden kann, in denen es auf die Gültigkeit der
Rechtsvorschrift ankommt. Dies ist nicht nur dann möglich, wenn die Behörde die
streitige Norm zu vollziehen hat, sondern auch dann, wenn sie die Norm bei der
Wahrnehmung ihrer Aufgaben unmittelbar zu beachten hat. Eine Beschränkung
der behördlichen Normenkontrollanträge auf Fälle, in denen die Behörde die Norm
selbst zu vollziehen hat, würde daher auch solche Prozesse ausschließen, in denen
die Behörde ein auf ihr Aufgabengebiet bezogenes Interesse an der Klärung der
Rechtslage besitzt (so aber VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.10.1993 -- 3 S 335/92 -
- VBlBW 1994 S. 353). Eine solche Beschränkung wird aber durch die
Sachurteilsvoraussetzung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses nicht
gerechtfertigt und besitzt daher keine rechtliche Grundlage (im Ergebnis ebenso
Dürr, a.a.O., S. 114; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O.; Kopp/Schenke,
a.a.O., Rdnr. 71 zu § 47 BVerwG, Beschluss vom 11.08.1989 -- 4 NB 23/89 -- a.a.O.
und Bay. VGH, Urteil vom 16.11.1992 -- 14 N 91.2258 -- a.a.O; Redeker/von
Oertzen, a.a.O,. Rdnr. 34 zu § 47). Im Hinblick darauf, dass die im streitigen
Bebauungsplan festgesetzte nördliche Baugrenze nur einen Abstand von 10 m zur
B 251 wahrt, muss der Antragsteller damit rechnen, dass entweder bei ihm
Anträge auf Zulassung einer Ausnahme nach § 9 Abs. 8 FStrG vom Verbot nach §
9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG gestellt werden oder dass in Verkennung der Rechtslage
sowohl Bauherren als auch die Bauaufsichtsbehörde davon ausgehen, das
Bauverbot des § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG gelte im Hinblick auf § 9 Abs. 7 FStrG im
Geltungsbereich des streitigen Bebauungsplanes nicht. In beiden Fällen ist nicht
auszuschließen, dass der Antragsteller in Rechtsstreitigkeiten verwickelt wird, wenn
er sich auf den auch im vorliegenden Prozess vertretenen Standpunkt stellt, der
streitige Bebauungsplan sei nichtig. Danach steht fest, dass der Antragsteller im
vorliegenden Fall das erforderliche Rechtsschutzinteresse besitzt, soweit der
streitige Bebauungsplan innerhalb der Bauverbotszone gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1
FStrG überbaubare Grundstücksfläche festsetzt. Außerhalb der Bauverbotszone
gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG entfaltet der Bebauungsplan keine unmittelbaren
Auswirkungen auf die amtliche Tätigkeit des Antragstellers. Insoweit fehlt dem
Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzinteresse für seinen
Normenkontrollantrag. Insoweit ist der Normenkontrollantrag unzulässig.
Soweit der Normenkontrollantrag zulässig ist, ist er aber nicht begründet.
Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ist vom Antragsteller nicht
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Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ist vom Antragsteller nicht
geltend gemacht worden und nach Lage der Akten nicht gegeben.
Die Meinung des Antragstellers, der Bebauungsplan sei nichtig, weil er gegen den
Bescheid des Straßenbauamtes vom 02.06.1992 verstoße, ist aus mehreren
Gründen unzutreffend. Zunächst ist darauf hinzuweisen dass das Schreiben des
Straßenbauamtes Hanau vom 02.06.1992 gar kein an die Antragsgegnerin
gerichteter Bescheid, sondern lediglich ein Vorlagebericht an den Antragsteller ist.
Die Antragsgegnerin hat lediglich eine hierauf bezogene Abgabenachricht
erhalten. Es fehlt also bereits an einer verbindlichen Regelung. Weiterhin kann eine
Ausnahmegenehmigung nach § 9 Abs. 8 FStrG ohnehin nur Bauvorhaben, nicht
aber Bebauungspläne betreffen.
Die Meinung des Antragstellers, § 9 Abs. 1 FStrG enthalte einen externen
Planungsgrundsatz, der einer Abwägung nicht zugänglich sei, ist schon deshalb
unzutreffend, weil in § 9 Abs. 7 FStrG geradezu vorausgesetzt wird, dass es
Bebauungspläne geben kann, die die Vorgaben von § 9 Abs. 1 FStrG nicht
einhalten.
Im Übrigen setzt der streitige Bebauungsplan -- wie oben ausgeführt -- das
Bauverbot des § 9 Abs. 1 FStrG gar nicht außer Kraft, da der Bebauungsplan nicht
unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast im Sinne von § 9 Abs. 7 FStrG
zustandegekommen ist.
Die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass
dieser keinen konkreten Hinweis darauf enthält, dass innerhalb der
Bauverbotszone gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG die im Bebauungsplan festgesetzte
überbaubare Grundstücksfläche nicht bzw. nicht ohne vorherige
Ausnahmegenehmigung nach § 9 Abs. 8 FStrG bebaut werden darf. Eine
Rechtspflicht zur Aufnahme eines solchen Hinweises in den Bebauungsplan
besteht nicht. Im Interesse möglicher Bauinteressenten und zur Rechtsklarheit
wäre ein solcher nachrichtlicher Hinweis allerdings wünschenswert.
Entgegen der Meinung des Antragstellers ist der Bebauungsplan auch im Übrigen
nicht abwägungsfehlerhaft. Er genügt den Anforderungen, die sich aus dem
Abwägungsgebot ergeben. Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB
verpflichtet den Träger der Bauleitplanung dazu, dass 1. eine Abwägung überhaupt
stattfindet, 2. in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der
Dinge in sie eingestellt werden muss, 3. weder die Bedeutung der betroffenen
öffentlichen und privaten Belange verkannt wird, noch 4. der Ausgleich zwischen
ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner
Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das
Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene
Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung
des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen
Belangs entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder
Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der
Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum
Ausdruck bringt, wie und in welcher Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich
fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der höheren
Verwaltungsbehörde wie der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 12.02.1969 -- IV C 105.66 -- BRS 22 Nr. 4).
Ein Abwägungsausfall kommt nach der Sachlage nicht in Betracht. Aus den
Aufstellungsunterlagen ergibt sich, dass auch kein Abwägungsdefizit vorliegt. Die
Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin hat sich ausführlich mit der
konkreten örtlichen Situation auseinandergesetzt und auf der Basis eines zuvor
eingeholten schalltechnischen Gutachtens entschieden.
Die Antragsgegnerin hat auch in die Abwägung an Belangen eingestellt, was nach
Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Sie hat die im Zeitpunkt der
Planaufstellung vom Träger der Straßenbaulast gegebenen Verkehrsprognosen
ihrer Entscheidung zugrundegelegt. Der Antragsteller hat nichts vorgetragen,
woraus sich entnehmen ließe, dass das schalltechnische Gutachten, das die
Antragsgegnerin ihrer Planung zugrundegelegt hat, falsch wäre oder von der
Antragsgegnerin falsch umgesetzt worden wäre. Die Antragstellerin hat auch nicht
vorgetragen, dass die festgesetzte und inzwischen errichtete Lärmschutzwand
nicht zur Abschirmung der hier streitigen Bebauung von den Einwirkungen der B
251 genügt.
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Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Planungsentscheidung auch weder die
Bedeutung der betroffenen Belange verkannt noch den Ausgleich zwischen den
widerstreitenden Belangen in unvertretbarer Weise vorgenommen. Die
Festsetzung überbaubarer Grundstücksfläche im Bereich des gesetzlichen
Bauverbots gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG ist nicht sinnlos. Da gemäß § 9 Abs. 8
FStrG die Möglichkeit der Zulassung von Ausnahmen von dem gesetzlichen
Bauverbot besteht, ist nicht ausgeschlossen, dass der Geländestreifen, der mehr
als 10 m, aber weniger als 20 m Abstand zur Fahrbahnbegrenzung der B 251
einhält, -- nach Zulassung einer Ausnahme durch den Antragsteller -- bebaut
werden darf. Im Hinblick darauf, dass durch die Errichtung des Lärmschutzwalles
den Belangen des Lärmschutzes ausreichend Rechnung getragen sein dürfte,
dass eine Straßenerweiterung in Richtung auf das Baugebiet nach Lage der Akten
ausgeschlossen erscheint und Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des
Straßenverkehrs durch eine Wohnbebauung jenseits des Lärmschutzwalles nicht
berührt werden, können die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme
zumindest für eine Teilfläche gegeben sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes
-- GKG -; der Senat bewertet das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung
des Bebauungsplans "Verlängerte W straße" mit dem Auffangstreitwert in der im
Zeitpunkt der Antragstellung maßgebenden Höhe.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.