Urteil des HessVGH vom 30.11.1990
VGH Kassel: eidesstattliche erklärung, lebensgemeinschaft, aufenthaltserlaubnis, bad, scheinehe, getrennt leben, wider besseres wissen, nichteinhaltung der frist, druck, öffentliche sicherheit
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UE 1963/90
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 6 Abs 2 GG, § 10 Abs 1
Nr 11 AuslG
(Zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung beim Vorliegen einer
Scheinehe)
Tatbestand
Der 1955 geborene pakistanische Kläger reiste am 25. August 1975 in die
Bundesrepublik ein. Sein Asylantrag vom 8. September 1975 blieb unter voller
Ausschöpfung des Rechtszuges erfolglos. Während des Asylverfahrens erhielt der
Kläger befristete Duldungen, zuletzt bis zum 7. Juni 1980. Am 31. März 1980 erhob
der Kläger Verfassungsbeschwerde und versuchte erfolglos im Wege gerichtlichen
Eilrechtsschutzes weitere Duldung bis zur Entscheidung über diese
Verfassungsbeschwerde zu erlangen. Einen daraufhin gestellten Antrag auf
Wiederaufnahme des Asylverfahrens vom 8. Oktober 1980 nahm der Kläger am
22. Januar 1981 zurück, nachdem er am 7. Januar 1981 die deutsche
Staatsangehörige in Mannheim-Rheinau geheiratet hatte. Daraufhin erhielt er auf
seinen Antrag vom 9. Januar 1981 unter dem 14. Januar 1981 eine bis zum 7.
Januar 1983 befristete Aufenthaltserlaubnis. Als Zweck des Aufenthaltes war in
dem Antrag die Verheiratung mit einer Deutschen angegeben. Diese
Aufenthaltserlaubnis wurde zunächst auf Antrag vom 27. Dezember 1982 bis zum
28. Februar 1983 verlängert.
Während der Kläger seit dem 22. September 1980 polizeilich unter der Anschrift
Frankfurt, gemeldet war, verlegte er am 16. Januar 1981 seinen Wohnsitz nach
Offenbach, M.-straße ... . Am 10. Februar 1982 meldete er sich für Bad Homburg,
an, wo seine Ehefrau bereits seit längerer Zeit wohnhaft war.
Am 7. Februar 1983 meldete sich der Kläger mit einem auch von seiner Ehefrau
unterzeichneten Formular als "getrennt lebend" nach Frankfurt ab, wobei als Tag
des Auszugs für die bisherige Wohnung in Bad Homburg der 30. Januar 1981
angegeben war.
In seinem Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 22. Februar 1983
gab der Kläger als Wohnort wiederum Bad Homburg, an. Zugleich legte er ein
Schreiben seiner Ehefrau vom selben Tag vor, in welchem diese bestätigte, daß sie
seit dem 14. Februar 1983 wieder mit ihrem Ehemann in Bad Homburg in
ehelicher Gemeinschaft lebe. Zuvor hatte er mit Schreiben seines
Bevollmächtigten vom 17. Februar 1983 gegenüber der Ausländerbehörde der
Stadt Bad Homburg erläutert, zwischen den Eheleuten sei es "zu
Mißverständnissen in der Ehe gekommen", was auch zur Folge gehabt habe, daß
er sich nach Frankfurt abgemeldet habe. Daraufhin verlängerte die
Ausländerbehörde der Stadt Bad Homburg die Aufenthaltserlaubnis bis zum 28.
Februar 1984.
Am 4. Mai 1983 erklärte die Ehefrau des Klägers anläßlich einer Vorsprache bei der
Ausländerbehörde und dem Einwohnermeldeamt in Bad Homburg, sie habe "im
März 1983" ihre Erklärung in der Abmeldung vom 7. Februar 1983 "dauernd
getrennt lebend" wider besseres Wissen widerrufen, um ihrem Mann die erneute
Anmeldung in Bad Homburg und die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu
ermöglichen. In Wahrheit habe von Anfang an keine eheliche Lebensgemeinschaft
bestanden. Sie habe ihren Mann einen Monat vor der Eheschließung
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bestanden. Sie habe ihren Mann einen Monat vor der Eheschließung
kennengelernt, auf die der Kläger gedrängt habe, ohne zu offenbaren, daß er eine
erfolglose Asylbewerbung hinter sich gehabt habe. Die inzwischen erfolgte
Trennung sei nur zwecks Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für ihren Ehemann
aufgehoben worden. Der Ehemann halte sich zur Zeit auch nicht in Bad Homburg
auf, sondern sei unter der Anschrift in Offenbach zu erreichen.
Unter dem 8. Juni 1983 erklärte der Bevollmächtigte des Klägers, die Eheleute
wollen zunächst getrennt leben, um auszuprobieren, ob die Ehe Bestand haben
könne woraufhin sich der Kläger erneut unter der Anschrift in Frankfurt und am 4.
August 1983 unter der Anschrift in Frankfurt anmeldete.
Am 14. September 1983 wies die Ausländerbehörde der Stadt Frankfurt den
Kläger darauf hin, daß beabsichtigt sei, einen erneuten Antrag auf Verlängerung
der Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft mit
seiner Ehefrau nicht wieder aufgenommen würde. Daraufhin meldete sich die
Ehefrau ebenfalls mit der Anschrift Frankfurt, an. Unter dem 9. November 1983
äußerte der Kläger gegenüber der Ausländerbehörde, seine Ehefrau habe die
eheliche Lebensgemeinschaft mit ihm aufgenommen.
Bei polizeilichen Ermittlungen wegen Verdachts des Einschleusens von
pakistanischen Asylbewerbern und des Vermittelns von Scheinehen wurde der
Kläger am 30. November 1983 in seiner Wohnung in der ...-straße für die ein
weiterer pakistanischer Staatsangehöriger angemeldet war und in der sich
mehrere pakistanische Staatsangehörige aufhielten, überprüft. Seine Ehefrau war
zu dem Zeitpunkt nicht anwesend. Als die Ermittlungsgruppe des Ordnungsamtes
sie am selben Tag in ihrer Wohnung in Bad Homburg aufsuchte, gab sie an, sie
wohne nicht mit ihrem Ehemann zusammen und erhalte zur Zeit 500,00 DM
monatlich von ihm. Im Zuge dieser Ermittlungen sagte die ebenfalls mit einem
pakistanischen Staatsangehörigen verheiratete ... am 29. November 1983 aus,
ihre ehemalige Freundin habe ihre Heirat für 3.000,00 DM vermittelt und habe
ebenfalls einen Inder zum Schein geheiratet.
Unter dem 22. Dezember 1983 beantragte der Kläger die unbefristete
Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und sprach deshalb am 9. Januar 1984
mit seiner Ehefrau bei der Ausländerbehörde in Frankfurt vor. Dabei gab die
Ehefrau an, sie lebe seit September 1983 wieder mit dem Kläger zusammen in
Frankfurt. Ihre Zweitwohnung in Bad Homburg wolle sie vorläufig beibehalten. Bei
ihrer Mutter, die ebenfalls in Bad Homburg wohne, halte sich auch ihr erstes, 6
Jahre altes Kind auf. Ein am 8. Dezember 1982 geborenes zweites Kind habe sie
gleich nach der Geburt aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen zur
Adoption freigegeben. Daß sie zeitweise von ihrem Ehemann getrennt gelebt
habe, sei durch private Streitigkeiten veranlaßt worden.
Nachdem die Ausländerbehörde dem Kläger im Rahmen der Anhörung unter dem
1. Februar 1984 mitgeteilt hatte, daß eine Ablehnung des Antrages auf Erteilung
einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis mangels Bestehens einer nach Art. 6 GG
schätzenswerten Ehe beabsichtigt sei, sprach die Ehefrau des Klägers am 27.
Februar 1984 nochmals bei der Ausländerbehörde vor und erklärte wiederum, auf
jeden Fall mit ihrem Ehemann zusammenleben zu wollen. Ihre früheren
gegenteiligen Aussagen bei der Ausländerbehörde in Bad Homburg seien nervlich
bedingt gewesen. Sie verneinte die Frage, ob sie von ihrem Ehemann unter Druck
gesetzt werde. - Nach dieser Vorsprache legte die Sachbearbeiterin in einem
Aktenvermerk nieder, die Ehefrau des Klägers habe "wiederum" ein "blaues Auge"
gehabt; bei jeder Vorsprache trage sie Mißhandlungsmerkmale. Im Zuge weiterer
Ermittlungen des Ordnungsamtes wurde die Ehefrau im Februar 1984 bei zwei
Überprüfungen in der Wohnung angetroffen. Die ermittelnden Beamten äußerten
jedoch den Verdacht, daß sie nicht freiwillig bei ihrem Ehemann wohne, weil jedes
Mal deutliche Spuren von Mißhandlungen erkennbar gewesen seien (Kratzspuren
im Gesicht und blau geschlagenes Auge).
Am 27. April 1984 erhielt der Kläger nochmals eine auf ein Jahr befristete
Aufenthaltserlaubnis unter Zubilligung der Gelegenheit, in dieser Zeit die
Bedenken hinsichtlich des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft
auszuräumen. Auf seinen Antrag vom 23. Januar 1985 erhielt er am 22. Februar
1985 dann eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, wobei er schriftlich darüber
belehrt wurde, daß die Erteilung nur aufgrund der bestehenden Ehe und
Lebensgemeinschaft mit der deutschen Ehefrau erfolge und daß der Kläger für den
Fall der Trennung mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu rechnen habe.
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Anläßlich einer weiteren Vorsprache bei der Ausländerbehörde am 17. April 1985
erklärte die Ehefrau des Klägers, sie habe die Ehe aus finanziellen Gründen gegen
Barzahlung in Höhe von 5.000,00 DM geschlossen. Die Eheschließung sei zufällig
zustande gekommen. Sie habe gerade ihre Lohnsteuerkarte verkauft gehabt, als
sie eine Frau angesprochen und gefragt habe, ob sie schnell 5.000,00 DM
verdienen wolle. Die Frau habe dann die Eheschließung organisiert. Sie sei offiziell
bei ihrem Ehemann angemeldet worden, habe aber bis vor ca. 1 1/2 Jahren nicht
mit ihm zusammengelebt. Ihr Ehemann sei ferner nicht der Vater des am 8.
Dezember 1982 geborenen Kindes gewesen, auch wenn er es als sein Kind
anerkannt habe. Erst nach dem Schreiben der Ausländerbehörde vom 14.
September 1983 sei sie auf Aufforderung ihres Ehemannes wieder zu ihm nach
Frankfurt gezogen, um ihm die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zu ermöglichen.
Er habe auf dem Zusammenwohnen bestanden, weil die Ermittlungsgruppe
mehrfach kontrolliert habe. Er habe ihr dafür Geld gegeben; so habe sie nach
Erhalt der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis 200,00 DM erhalten. Sobald sie in die
gemeinsame Wohnung eingezogen sei, habe er sie mißhandelt und aus allen
möglichen Gründen geschlagen. Seit etwa 7 Monaten lebe er bei einer Freundin in
der ...-straße in Offenbach. Sie sehe ihre Ehe als endgültig gescheitert an und
wolle, sobald sie eine eigene Wohnung habe, die Scheidung einreichen. Die
Ehefrau legte bei dieser Gelegenheit ein ärztliches Attest vom 22. April 1985 vor,
wonach ihr am 9. März, 3. April, 27. Juli, 21. August, 31. August, 18. September
1984, 12. März und 29. März 1985 nach multiplen Schlägen ihres Ehemannes u.a.
folgende Verletzungen zugefügt wurden:
Multiple Hämatome im Gesicht, an der Schulter, multiple Prellungen,
Schürfwunden, Nasenbeinfraktur quer und längs, Prellung rechter Oberschenkel,
20 cm langes Hämatom am rechten Unterschenkel, 10 cm Hämatom linke
Gesichtsseite, Prellung und Hämatom linker Unterschenkel.
Nachdem die Ausländerakte daraufhin an die Stadt Offenbach abgegeben worden
war, teilte die dortige Ausländerbehörde dem Kläger unter dem 19. Juni 1985 mit,
seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland sei geplant, da er seit ca. 9
Monaten von seiner Ehefrau getrennt lebe und er gegen Zahlung von 5.000,00 DM
eine Scheinehe geschlossen habe. Daraufhin ließ der Kläger am 20. Juni 1985
durch seinen Bevollmächtigten mitteilen, er und seine Ehefrau lebten gemeinsam
in Offenbach, ...-straße und seien dort gemeldet. Demgegenüber sprach die
Ehefrau am 3. Juli 1985 bei der Ausländerbehörde Offenbach vor und erklärte, ihr
Ehemann halte sich tatsächlich nicht in der gemeinsamen Wohnung auf, die
anders lautenden Angaben beim Rechtsanwalt habe sie nur aus Angst vor ihrem
Ehemann gemacht. Sie beabsichtige nach wie vor, die Scheidung einzureichen.
Unter dem 9. Juli 1985 teilte der Bevollmächtigte erneut einen Widerruf der
früheren Angaben durch die Ehefrau des Klägers mit.
Mit der den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildenden Verfügung vom
17. September 1985 wies die Ausländerbehörde der beklagten Stadt Offenbach
den Kläger gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 11 AuslG für 10 Jahre aus der Bundesrepublik
aus, ordnete die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an, forderte den Kläger
auf, das Bundesgebiet innerhalb eines Monats nach Zustellung zu verlassen und
drohte ihm für den Fall der Nichteinhaltung der Frist die Abschiebung an. Zur
Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger habe durch sein Gesamtverhalten
zu erkennen gegeben, daß er nicht gewillt sei, sich an die bestehende
Rechtsordnung zu halten. Außerdem müsse generalpräventiv auf die anderen
Ausländer eingewirkt werden, um ihnen zu demonstrieren, daß die Aushöhlung der
bestehenden Rechtsordnung nicht hingenommen werde. Der Kläger habe in
Wirklichkeit keine ihrem Sinngehalt entsprechende Ehe geführt. Die Ermittlungen
hätten ergeben, daß die Ehefrau nur gelegentlich bei dem Kläger angemeldet
gewesen sei, damit ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt oder verlängert werde,
daß sie nach ihren eigenen Angaben aber nie mit ihm in einer Wohnung
zusammengelebt habe und ferner die Ehe nur aus finanziellen Gründen zum
Schein gegen Zahlung von 5.000,00 DM eingegangen sei. Eine solche Ehe löse
aber keine Schutzwirkung nach Art. 6 GG aus. Der Kläger habe damit einen
Ausweisungstatbestand gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 11 AuslG erfüllt. Darüber hinaus sei
er zweimal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis rechtskräftig verurteilt worden. Der
Sofortvollzug werde angeordnet, weil die Ehefrau sich angesichts der
vorausgegangenen Mißhandlungen vom Kläger bedroht fühle. Dieser Verdacht sei
auch begründet, da der Kläger sieben mal bei der Polizei wegen Gewalttätigkeiten
wie gefährliche Körperverletzung usw. in Erscheinung getreten sei, zuletzt am 19.
Juli 1985 gegen seine Ehefrau. Da er seinen bisherigen Aufenthalt durch Stellen
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Juli 1985 gegen seine Ehefrau. Da er seinen bisherigen Aufenthalt durch Stellen
eines Asylantrages und Eingehen einer Scheinehe erzwungen habe, könne er sich
auch nicht auf einen durch langjährigen Aufenthalt erworbenen Vertrauensschutz
berufen.
In dem am 4. Oktober 1985 erhobenen Widerspruch vom 25. September 1985
bestritt der Kläger, seine Ehefrau bedroht oder ihr Zahlungen zur Erlangung der
Aufenthaltserlaubnis geleistet zu haben. Die falschen Anschuldigungen der
Ehefrau beruhten möglicherweise auf einer Medikamentenabhängigkeit.
Bei einer erneuten Vorsprache bei der Ausländerbehörde am 5. November 1985
gab die Ehefrau des Klägers zwar an, ihren Mann nur "wegen den Papieren"
geheiratet zu haben und auch von ihm geschlagen worden zu sein, sie äußerte
aber ferner, sie hänge an dem Mann und wolle an der Ehe festhalten.
Am 20. Dezember 1935 stellte sie beim Familiengericht Offenbach
Scheidungsantrag, worin sie angab, seit 1 1/2 Jahren von ihrem Ehemann getrennt
zu leben und bei gleichwohl stattfindenden Begegnungen in der ehelichen
Wohnung regelmäßig mißhandelt worden zu sein.
Im Verfahren über einen Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der
aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 4. Oktober 1985 legte der Kläger
eine eidesstattliche Erklärung seiner Ehefrau vom 7. Oktober 1985 vor, wonach sie
an der Ehe festhalten wolle.
Am 10. Februar 1987 stellte die Ausländerbehörde im Ermittlungswege fest, daß
der Kläger und seine Ehefrau mittlerweile in der ...-straße in verschiedenen
Appartements wohnten.
Vor der Widerspruchsbehörde gab die Ehefrau des Klägers im Beisein ihres
Bevollmächtigten am 18. September 1987 an, sie sehe ihren Ehemann höchst
selten und werde von ihm nicht mehr bedroht oder in irgendeiner Weise gedrängt.
Sie bestätigte erneut, von einer Frau, und zwar der Schwester ihres Freundes,
namens Kitty, im Frankfurter Bahnhofsviertel für die Eheschließung, die dann auch
von der Frau vermittelt und vorbereitet worden sei, 5.000,00 DM angeboten und
erhalten zu haben, wobei ihr Ehemann die 5.000,00 DM für Sie und weitere
1.000,00 DM für die Vermittlung an Kitty gezahlt habe. Nach der Eheschließung,
die nur den Zweck gehabt habe, ihrem Ehemann ein Aufenthaltsrecht zu
verschaffen, hätten sie von Anfang an getrennt gelebt, sie in Bad Homburg, ihr
Ehemann in der ...-straße und später in Frankfurt-Oberrad. Dort habe sie auch für
einige Monate gelebt, wobei es oft Streitigkeiten gegeben habe. Ihr Ehemann habe
schon damals eine andere Freundin gehabt. Auch Kitty habe im gleichen Haus
gewohnt. In die Wohnung sei oft die Polizei wegen falscher Pässe und
Rauschgifthandel gekommen, auch die Ausländerbehörde. In der Wohnung hätten
noch mehrere pakistanische Staatsangehörige gewohnt. Nach etwa einem halben
Jahr sei sie ohne ihren Ehemann nach Offenbach verzogen. Ihr Ehemann sei für
diese Wohnung lediglich angemeldet gewesen und habe dort verschiedene Sachen
deponiert. Ihre Aussagen bei der Anhörung vom 17. April 1985 entsprächen voll
der Wahrheit. Der spätere Widerruf und die widersprüchlichen Angaben in
wechselnden Zeitabständen seien darauf zurückzuführen, daß ihr Mann ab und zu
vorbeigekommen sei und ihr Geld gegeben habe. Sie habe manchmal gedacht:
"Ausgewiesen werden muß er ja nicht unbedingt". Sie sei damals wirtschaftlich von
ihm abhängig gewesen. Gegenwärtig lebe sie von Sozialhilfe und habe keinen
Kontakt mehr zu ihm.
Mit Bescheid vom 25. September 1987 wies der Regierungspräsident in Darmstadt
den Widerspruch des Klägers und seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
unter Abänderung der Ausreisefrist auf 6 Wochen nach Zustellung des Bescheides
zurück, wobei die Widerspruchsbehörde u.a. auch aufgrund der Äußerungen der
Ehefrau des Klägers bei der Anhörung am 18. September 1987 davon ausging,
daß die Eheschließung zu dem alleinigen Zweck erfolgt sei, dem Kläger ein
weiteres Aufenthaltsrecht zu gewähren. Der Kläger versuche offenbar mit allen
Mitteln, einen Daueraufenthalt in der Bundesrepublik zu begründen, und schrecke
auch vor Gewalttätigkeiten gegenüber seiner Ehefrau nicht zurück. Seine
Ausweisung sei daher aus spezial- und generalpräventiven Gründen geboten. Er
könne sich auch trotz des langen Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht auf einen
Vertrauensschutz berufen. Während der Dauer des Asylverfahrens sei sein
zukünftiger Aufenthalt ungewiß gewesen; für die Zeit nach der Eheschließung
entfalle jeder Vertrauensschutz wegen der Scheinehe. Auch die Aufnahme einer
unselbständigen Erwerbstätigkeit sei ihm nur im Hinblick auf die Eheschließung mit
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unselbständigen Erwerbstätigkeit sei ihm nur im Hinblick auf die Eheschließung mit
einer deutschen Staatsangehörigen erteilt worden. Schließlich erscheine auch eine
Wiedereingliederung in seiner Heimat zumutbar, da er seine wichtigsten
Entwicklungsjahre dort verbracht habe und keine wesentlichen Bindungen im
Bundesgebiet habe. Das Ehescheidungsverfahren könne er auch durch
Bevollmächtigte betreiben lassen.
Am 7. Oktober 1987 hat der Kläger Klage erhoben.
Er hat behauptet, er und seine Frau hätten keine Scheinehe geschlossen, sondern
eine eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen, die nur kurzfristig Ende
1982/Anfang 1983 aufgrund eines Mißverständnisses unterbrochen worden sei.
Seine Ehefrau habe sich danach in Bad Homburg bei ihrer Mutter aufgehalten, die
das nicht aus der Ehe stammende Kind der Ehefrau betreut habe. Ein Zuzug des
Klägers in die Wohnung der Schwiegermutter sei schwierig gewesen. Danach
hätten die Eheleute wieder zusammengelebt und seien gemeinsam für die
Wohnung ...-straße gemeldet gewesen. Am 22. Mai 1985 hätten sie gemeinsame
Wohnräume in der ...-straße in Offenbach angemietet und darin auch gemeinsam
gelebt. Daß die Ehe vollzogen worden sei, ergebe sich auch aus der unstreitigen
Tatsache, daß aus der Beziehung ein Kind hervorgegangen sei. Die Angaben der
Ehefrau, eine Lebensgemeinschaft habe nicht stattgefunden, widerspreche auch
ihrer eigenen Darstellung vom 17. Mai 1985, man habe lediglich zeitweise
zusammengelebt und es sei nunmehr eine endgültige Trennung beabsichtigt. Der
Behauptung der Scheinehe widerspreche auch der Vortrag der Ehefrau im
Scheidungsverfahren, der Ehemann hatte im April oder Mai 1984 eine Freundin
kennengelernt und danach hätten sie getrennt gelebt. Für den Kläger spreche
ferner die eidesstattliche Erklärung der Ehefrau vom 7. Oktober 1985 im ersten
Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt, wonach diese seinerzeit an
der Ehe habe festhalten wollen. Auch im Rahmen des familienrechtlichen
Verfahrens habe die Ehefrau 1986 die behauptete eineinhalbjährige Trennungszeit
nicht glaubhaft machen können, weshalb ihr Antrag auf Bewilligung von
Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen worden sei. Später habe sie in jenem Verfahren
erklärt, man lebe seit 12. Dezember 1985 getrennt, denn damals habe sie das
Wohnungstürschloß ausgetauscht. Da die Ehefrau im Scheidungsverfahren
Unterhaltsansprüche habe durchsetzen wollen, sei sie selbst nicht von einer
Scheinehe ausgegangen. Die widersprüchlichen Angaben der Ehefrau seien auf
äußerst starke Gemütsschwankungen zurückzuführen, was mit ihrem
gesundheitlichen Zustand zu tun habe. Unter dem 22. November 1987 habe ihr
ein Neurologe und Psychiater im Ehescheidungsverfahren Angst- und
Depressionszustände attestiert. Ferner widerspreche sich die Behörde selbst,
wenn sie in dem genannten Eilverfahren vortrage, der Kläger sei aus Eifersucht auf
einen Besucher der Eheleute L. und dessen Freundin losgegangen. Wenn er auf
einen Besucher eifersüchtig gewesen sei, so spreche das im Gegenteil dafür, daß
gerade keine Scheinehe, sondern eine echte Beziehung bestanden habe. Wenn
die Behörde erkläre, die Ehefrau habe die eidesstattliche Erklärung vom 7. Oktober
1985 nur deshalb abgegeben, weil sie von ihrem Ehemann abhängig gewesen sei,
so bedeute das doch, daß der Kläger für ihren Lebensunterhalt aufgekommen sei.
Schließlich hätten sich die Beziehungen des Klägers in seinem gesamten Umfeld,
sowohl privater als auch beruflicher Art, und sein ausländerrechtlicher Status nach
der sehr langen Aufenthaltsdauer derart verfestigt, daß eine Abschiebung nicht in
Betracht komme. Da die erhobenen Vorwürfe unzutreffend seien, liege gerade
keine Belangbeeinträchtigung der Bundesrepublik vor. Im Falle der Ausweisung
werde seine Ehefrau endgültig der Sozialhilfe anheimfallen.
Der Kläger hat beantragt,
die Verfügung der Beklagten vom 17. September 1985 sowie den
Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 25.
September 1987 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Bescheide
ergänzend vorgetragen, der Kläger könne sich nicht auf den Schutz des Art. 6 GG
berufen, denn seine Ehe sei von Beginn an als Scheinehe eingegangen worden,
wie sich aus Erläuterungen der Ehefrau vor den Behörden am 4. Mai 1983, 17. April
1985 und 18. September 1987 ergebe. Die wechselnden Behauptungen der
Ehefrau bezüglich des Vorliegens einer Scheinehe oder einer ehelichen
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Ehefrau bezüglich des Vorliegens einer Scheinehe oder einer ehelichen
Lebensgemeinschaft seien darauf zurückzuführen, daß die Ehefrau von dem
Kläger erheblich unter Druck gesetzt worden sei und dieser auch vor körperlichen
Mißhandlungen nicht zurückgeschreckt sei. Zwar werde nicht bestritten, daß die
Eheleute teilweise unter derselben Adresse gemeldet gewesen und die Ehefrau
auch in der gemeinsamen Wohnung angetroffen worden sei. Der gemeinsame
Aufenthalt bedeute aber nicht die Begründung der ehelichen Lebensgemeinschaft,
sondern habe nur stattgefunden, weil der Kläger seine Ehefrau zu Zeiten
finanzieller Probleme durch Geldgeschenke zu einem Zusammenzug habe
veranlassen können oder weil er massive Drohungen und körperliche
Mißhandlungen eingesetzt habe, um das Bestehen einer ehelichen
Lebensgemeinschaft im Falle der Überprüfung durch die Ermittlungsgruppe der
Ausländerbehörde beweisen zu können. Das am 8. Dezember 1982 geborene Kind
sei nach den von ihren Eltern bestätigten Aussagen der Ehefrau nicht das Kind des
Klägers, auch wenn es mangels Ehelichkeitsanfechtung gemäß § 1591 Abs. 2 BGB
als eheliches Kind gelte. Im übrigen könne der Kläger auch wegen des
Scheidungsverfahrens keinen Anspruch aus Art. 6 GG herleiten. Die privaten
Belange des Klägers seien bei den Behördenentscheidungen ausreichend
berücksichtigt worden.
Die Ehe des Klägers ist am 24. Juni 1988 geschieden worden. In dem
Scheidungsurteil ist ausgeführt, daß die Parteien seit Dezember 1985 getrennt
leben.
Das Verwaltungsgericht hat aufgrund des Beschlusses vom 31. Oktober 1989 über
die Behauptung der Beklagten Beweis erhoben, die Ehe des Klägers mit seiner
geschiedenen Frau sei nur aus aufenthaltsrechtlichen Gründen geschlossen
worden, und eine eheliche Lebensgemeinschaft habe von Anfang an nicht
bestanden, durch Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin. Wegen des Ergebnisses
der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 21. Februar 1990 verwiesen.
Alsdann hat das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 23. April 1990
abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Zu Recht habe die Beklagte die Ausweisung auf § 10 Abs. 1 Nr. 11 AuslG gestützt.
Die Ausweisung sei erforderlich gewesen, um einer künftigen Störung der
öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Kläger vorzubeugen. Die Behörden
seien zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger zur Erlangung
aufenthaltsrechtlicher Vorteile eine sog. Scheinehe, die nicht unter dem Schutz
des Art. 6 GG stehe, mit einer deutschen Staatsangehörigen geschlossen habe
(ebenso OVG Münster, InfAuslR 1982 S. 62, Kanein Rdnr. 82 zu § 10 AuslG, Huber,
Ausländer- und Asylrecht, Rdnr. 296). Eine "Scheinehe" liege immer dann vor,
wenn die Ehepartner ohne die Absicht der Aufnahme der ehelichen
Lebensgemeinschaft in bewußtem und gewollten Zusammenspiel das
Rechtsinstitut der Ehe mißbrauchten, um dem ausländischen Ehepartner ein sonst
nicht zu erlangendes Aufenthaltsrecht zu verschaffen. In der Eingehung einer
solchen Scheinehe liege ein erheblicher Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit
und Ordnung und somit eine wesentliche Belangbeeinträchtigung im Sinne von §
10 Abs. 1 Nr. 11 AuslG.
Daß es sich bei der - inzwischen geschiedenen - Ehe des Klägers entsprechend der
Annahme der Verwaltungsbehörden um eine solche Scheinehe gehandelt habe,
stehe aufgrund des Akteninhalts und der durchgeführten Beweisaufnahme fest.
Zwar habe die Ehefrau des Klägers außerordentlich widersprüchliche Angaben über
das Vorliegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Kläger gemacht, das
sei aber dadurch bedingt, daß der Kläger seine Ehefrau immer wieder, auch teils
durch körperliche Mißhandlung, teils durch Geldzuwendungen, bestimmt habe, vor
den Ausländerbehörden zu seinen Gunsten auszusagen, um eine Erteilung oder
Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für ihn zu erreichen. Die Äußerungen der
Ehefrau des Klägers hätten, wenn sie ohne ihren Ehemann aus freien Stücken vor
einer Behörde erschienen sei, der Wahrheit entsprochen; in den anderen Fällen
nicht. Dann habe sie subjektiv jeweils so stark unter dem Druck des Klägers
gestanden, daß sie anderslautende Erklärungen abgegeben habe. Dies gelte auch
für ihre Zeugenaussage im vorliegenden Rechtsstreit, die "unglaubwürdig" sei.
Wenngleich die Zeugin bereits bei der Anhörung vor der Widerspruchsbehörde am
18. September 1987 erklärt habe, sich schon seit einiger Zeit vom Kläger nicht
mehr bedroht oder bedrängt zu fühlen, so könne das Gegenteil nach dem
persönlichen Eindruck der Zeugin während der Beweisaufnahme nicht
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persönlichen Eindruck der Zeugin während der Beweisaufnahme nicht
ausgeschlossen werden, zumal die geschiedenen Eheleute noch immer im selben
Gebäude wohnten. Auffallend sei bei Vorhalt früherer gegenteiliger Aussagen ihre
stereotype, wie für diese Gelegenheit auswendig gelernte Antwort gewesen, sie
habe seinerzeit "aus Wut" über ihren Ehemann gehandelt, dessen Freundin habe
sie "genervt" bzw. ihre damaligen anderslautenden Angaben seien "nervlich und
seelisch bedingt" gewesen. Die bei der Beweisaufnahme spontan erfolgte
formelhafte Bemerkung, sie habe ihren Mann "aus Liebe" geheiratet, stehe in
Widerspruch zu mehreren früheren Äußerungen, die sich durch Detailangaben
über die Umstände der Eheschließung hervorgehoben hätten und teilweise von
anderen Personen bestätigt worden seien.
Über die tatsächlichen Umstände der Eheschließung habe sich die Ehefrau des
Klägers erstmals bei ihrer Vorsprache vor der Ausländerbehörde in Bad Homburg
in Abwesenheit ihres Ehemannes am 4. Mai 1983 geäußert. Damals habe sie,
später weiter präzisiert und bestätigt, glaubwürdig mitgeteilt, sie habe ihren
Ehemann einen Monat vor der Eheschließung kennengelernt und dieser habe auf
die Heirat gedrängt. Es habe von Anfang an keine eheliche Lebensgemeinschaft
bestanden. Diese Aussage stimme mit dem objektiven Datenbefund überein.
Im Zuge anderer Ermittlungen habe die ebenfalls mit einem pakistanischen
Staatsangehörigen verheiratete Ingeborg M. am 23. November 1983 ausgesagt,
ihre eigene zum Schein geschlossene Ehe sei von der Zeugin vermittelt worden,
die ebenfalls zum Schein einen "Inder" geheiratet habe. Die Zeugin könne
mangels irgendeinen Motivs von Frau ... für unrichtige Angaben nicht glaubhaft
bestreiten, diese zu kennen.
Am 17. April 1985 habe die Zeugin - bei der Ausländerbehörde - wiederum allein
auftretend - erklärt, sie habe die Ehe mit dem Kläger aus finanziellen Gründen, und
zwar gegen Barzahlung von 5.000,00 DM geschlossen. Bei dieser Gelegenheit
habe die Zeugin weitere Details bekanntgegeben, die für den Wahrheitsgehalt
dieser Aussage sprächen und die sie bei ihrer Anhörung vor der
Widerspruchsbehörde am 18. September 1987, in Abwesenheit ihres Ehemannes,
bestätigt habe, insbesondere, daß die Ehevermittlerin "Kitty" heiße und daß sie von
Anfang an von ihrem Ehemann getrennt gelebt habe. Die ganze Sache sei nur
arrangiert worden, damit ihr Ehemann sich weiterhin im Bundesgebiet aufhalten
dürfe.
Die Zeugin könne nicht bestreiten, "Kitty" zu kennen, denn in ihrem
Ehescheidungsverfahren habe sie diese als Zeugin dafür benannt, daß die
Eheleute seit April oder Mai 1984 getrennt gelebt hätten.
Weiterhin stehe fest, daß es trotz des möglicherweise zeitweiligen
Zusammenlebens der Eheleute in einer gemeinsamen Wohnung in der Folgezeit
nicht zu einer echten ehelichen Lebensgemeinschaft auf freiwilliger Basis
gekommen sei. Auch insoweit habe die Zeugin einander völlig widersprechende
Angaben gemacht. Den in den Behördenakten befindlichen vielen polizeilichen An-,
Ab- und Ummeldungen komme nur bedingter Beweiswert dafür zu, wo sich die
dort genannten Personen tatsächlich aufgehalten hätten. Auffällig sei, daß nach
der Eheschließung Ummeldungen ebenso wie Angaben der Ehefrau über ihr
eheliches Zusammenleben immer dann erfolgt seien, wenn es um eine
Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Klägers gegangen sei. Während der
Kläger bei seinen Anträgen auf Verlängerung der bis 7. Januar 1983 gültigen
Aufenthaltserlaubnis vom 27. Dezember 1982 und vom 22. Februar 1983 und
ebenso in einer Aufenthaltsanzeige vom 21. März 1983 als Wohnort noch Bad
Homburg angegeben habe, enthalte die in der Akte (Bl. 199) befindliche, von ihm
und seiner Ehefrau unterzeichnete Abmeldung vom 7. Februar 1983 für den Kläger
die Bemerkung "getrennt lebend", sowie die Angabe, künftige Wohnung sei
Frankfurt, T.-straße ... (durchgestrichen: Offenbach, ...-straße), ferner als Datum
des Auszugs die Angabe des 30. Januar 1981. Auf Bl. 200 R der Behördenakte I
befinde sich außerdem ein Vermerk der Meldebehörde über einen Zuzug des
Klägers am 21. Februar 1983. Auch der Bevollmächtigte des Klägers habe unter
dem 17. Februar 1983 gegenüber der Stadt Bad Homburg eingeräumt, der Kläger
sei für die Anschrift in Frankfurt gemeldet, wobei im Briefkopf als Anschrift in
Offenbach angegeben gewesen sei (Bl. 208 der Behördenakte). Demgegenüber
habe die Ehefrau unter dem 22. Februar 1983 bestätigt, seit dem 14. Februar
1983 "wieder" mit ihrem Ehemann in Bad Homburg in ehelicher Gemeinschaft zu
leben. Diese Bestätigung sei offenbar nach Intervention des
Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 17. Februar 1983 erfolgt, nachdem die
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Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 17. Februar 1983 erfolgt, nachdem die
Ausländerbehörde der Stadt Bad Homburg zu erkennen gegeben habe, daß die im
Hinblick auf die eheliche Lebensgemeinschaft erteilte Aufenthaltserlaubnis nicht
verlängert werden könne. Nach daraufhin erteilter Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis bis zum 28. Februar 1984 habe die Ehefrau bei ihrer offenbar
freiwilligen Vorsprache am 4. Mai 1983 beim Einwohnermeldeamt und bei der
Ausländerbehörde in Bad Homburg darum gebeten, ihren Ehemann wiederum
polizeilich abzumelden. Sie habe erklärt, sie habe ihre frühere Erklärung über
"dauernd getrennt lebend" wider besseres Wissen widerrufen, um ihrem Ehemann
die fällige Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu ermöglichen. Ihr Ehemann
halte sich in der ...-straße in Offenbach auf. Dieses ersichtlich unbeeinflußte
Vorbringen der Ehefrau entspreche der Wahrheit. Unter dem 8. Juni 1983 hätten
die Eheleute L. dann durch den Prozeßbevollmächtigten des Klägers auch
gegenüber der Ausländerbehörde erklären lassen, sie wollten zunächst getrennt
leben, "um auszuprobieren, ob die Ehe Bestand haben" könne. Der Kläger habe
sich wiederum in Frankfurt, und ab 4. August 1983 für die Adresse ... angemeldet.
Das alles sei aber kein Beweis dafür, daß die Eheleute jeweils tatsächlich eine
eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen hätten. Vielmehr treffe das Gegenteil
zu: Bei der polizeilichen Überprüfung des Klägers in der ehelichen Wohnung am 20.
November 1983 sei zwar der Kläger angetroffen worden, nicht aber seine Ehefrau.
Statt dessen hätten sich zudem Zeitpunkt in der Wohnung zwei weitere
pakistanische Staatsangehörige aufgehalten, von denen einer ebenfalls unter
dieser Anschrift polizeilich gemeldet gewesen sei. Am selben Tag habe die in ihrer
Wohnung in Bad Homburg überprüfte Ehefrau des Klägers gegenüber den
Beamten der Ermittlungsgruppe angegeben, nicht mit ihrem Ehemann zusammen
zu wohnen.
Aus der Tatsache, daß die Ehefrau des Klägers am 8. Dezember 1982 ein als
ehelich geltendes Kind zur Welt gebracht habe, welches unmittelbar nach der
Geburt zur Adoption freigegeben worden sei, könne nicht auf das Bestehen einer
ehelichen Lebensgemeinschaft geschlossen werden, zumal die Ehefrau am 17.
April 1985 selbst behauptet habe, der Kläger sei nicht der Vater dieses Kindes. Der
Kläger habe im Interesse seines Aufenthaltsrechtes gute Gründe gehabt, die
Ehelichkeit dieses Kindes nicht anzufechten.
Das Vorbringen des Klägers, es sei nur zu einer kurzfristigen Trennung der
Eheleute 1982/Anfang 1983 gekommen, werde durch den Akteninhalt widerlegt.
Der nur kurzfristige Bezug von Sozialhilfe durch die Ehefrau, welche im übrigen von
ihrem Ehemann unterstützt worden sei, belege ebenfalls nicht das Vorliegen einer
ehelichen Lebensgemeinschaft, da der Kläger daran interessiert gewesen sei, ein
Getrenntleben vor den Behörden zu verbergen. Es sei widerlegt, daß seine Ehefrau
1983 in Bad Homburg bei ihrer Mutter gewohnt habe und er deswegen nicht zu
seiner Frau habe ziehen können. Während nämlich die Eltern der klägerischen
Ehefrau in der in Bad Homburg gewohnt hätten (Bl. 171 Behördenakte), habe die
Ehefrau selbst ununterbrochen in der ...-straße gewohnt.
Auch in der Folgezeit sei es nicht zu einer echten, auf freiwilliger Basis beruhenden
ehelichen Lebensgemeinschaft zwischen den Eheleuten, sondern nur zu einem
vorübergehenden äußerlichen Zusammenleben gekommen. Der Kläger habe
seine Ehefrau dazu im Hinblick auf die erneut anstehende Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis unter Anwendung körperlicher Gewalt gezwungen. Kurz vor
Ablauf der Aufenthaltserlaubnis habe der Kläger mit seiner Ehefrau am 9. Januar
1984 bei der Ausländerbehörde vorgesprochen. Die Ehefrau habe erklärt, sie
wohne seit September 1983 wieder mit ihrem Ehemann zusammen in der ...-
straße wolle aber ihre zweite Wohnung in Bad Homburg beibehalten. Am 1.
Februar 1984 habe die Ausländerbehörde ihre Absicht geäußert, die unbefristete
Aufenthaltserlaubnis mangels Vorliegens einer schätzenswerten Ehe versagen zu
wollen. Darauf sei die Ehefrau am 27. Februar 1984 erneut bei der
Ausländerbehörde erschienen und habe bekräftigt, auf jeden Fall mit dem Kläger
zusammen leben zu wollen. Dabei habe sie ausgeführt, ihre gegenteiligen
Aussagen vor der Ausländerbehörde in Bad Homburg seien "nervlich bedingt"
gewesen. Dieses habe aber wieder nicht der Wahrheit entsprochen. Vielmehr sei
die Ehefrau zu dieser Aussage von dem Kläger mit physischer Gewalt gezwungen
worden. Nach einem Aktenvermerk der Ausländerbehörde vom selben Tag habe
die Ehefrau "wiederum" - ähnlich den Mißhandlungsmerkmalen bei jeder
Vorsprache - ein "blaues Auge" gehabt, was auf Mißhandlungen durch ihren
Ehemann deute. Das werde durch einen Vermerk der Ermittlungsgruppe bestätigt,
die bei zwei Überprüfungen in der Wohnung im Februar 1984 die Ehefrau des
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die bei zwei Überprüfungen in der Wohnung im Februar 1984 die Ehefrau des
Klägers zwar dort angetroffen, aber jedesmal deutliche Spuren von Mißhandlungen
(Kratzspuren im Gesicht und ein blau geschlagenes Auge) an ihr erkannt habe,
was auf zwangsweisen Aufenthalt in der Wohnung deute. Dieser Verdacht werde
durch das ärztliche Attest vom 22. April 1985 (Bl. 306 Behördenakte bestätigt, in
welchem die behandelnde Ärztin der Zeugin in der Zeit zwischen 9. April 1984 und
29. März 1985 bei acht Behandlungen vielfältige Verletzungen nach multiplen
Schlägen ihres Ehemannes wie Hämatome an verschiedenen Körperstellen, auch
im Gesicht, eine doppelte Nasenbeinfraktur sowie Prellungen an verschiedenen
Körperteilen bescheinigt habe.
Die auf Seite 4 der Klageschrift erwähnte Eifersuchtsszene sei kein Beweis für eine
"echte Beziehung" zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau. Der Vorfall habe sich
am 28. September 1984 nicht in der ehelichen Wohnung, sondern in der Wohnung
der Frau offenbar der Freundin des Klägers, in Offenbach, zugetragen, die die
Ehefrau wiederholt als tatsächlichen Aufenthaltsort des Klägers angegeben habe.
Der Kläger sei - möglicherweise aus Eifersucht - mit einem abgebrochenen
Flaschenhals auf einen Besucher seiner Freundin losgegangen.
Die Mißhandlungen der Zeugin und der Druck, in der gemeinsamen Wohnung zu
leben, hätten sich offenbar bis zur Erreichung des klägerischen Ziels, der
Erlangung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, hingezogen. Erst nach Eintritt
dieses Umstands am 22. Februar 1985 habe die Ehefrau wieder eine Vorsprache
bei der Ausländerbehörde wagen können. Am 17. April 1985 habe sie außer den
tatsächlichen Umständen der Eheschließung dargetan, daß sie vor ca. 1 1/2 Jahren
zu ihrem Ehemann nach Frankfurt gezogen sei, als ihr Mann ein entsprechendes
Schreiben der Ausländerbehörde erhalten habe, weil er ihr Geld gegeben habe,
damit sie die Ehe mit ihm fortführe und damit sie ihm wieder die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis ermöglichen sollte. So habe er ihr auch nach Erhalt der
unbefristeten Aufenthaltserlaubnis 200,00 DM gegeben. Er habe auch deshalb auf
dem Zusammenziehen bestanden, weil die Ermittlungsgruppe mehrfach die
Wohnung kontrolliert habe. Nach dem Einzug sei sie aus allen möglichen Gründen
geschlagen und mißhandelt worden. Daß sie auch zu dieser Zeit doch unter
erheblichem Druck gestanden und große Angst vor den Schlägen gehabt habe,
ergebe sich aus ihrer Aussage, sie glaube, er würde sie umbringen, wenn er wußte,
daß sie bei der Behörde diese Angaben mache. Die Ehefrau habe ferner bei dieser
Gelegenheit geäußert, sie suche eine andere Wohnung und werde dann umgehend
die Scheidung einreichen. Wenn die Ehefrau damals außerdem mitgeteilt habe,
während der Zeit des Zusammenlebens ein Kind von dem Kläger erwartet und
dann abtreiben gelassen zu haben, so sei dies wegen der erfolgten Mißhandlungen
durch den Kläger kein Hinweis auf das Vorliegen einer echten ehelichen
Lebensgemeinschaft.
Auch nach diesen Verlautbarungen habe die Ehefrau des Klägers offenbar
weiterhin Grund gehabt, die Gewalttätigkeiten ihres Ehemannes zu fürchten,
obwohl sie nach ihren Angaben vor der Ausländerbehörde im April oder Mai 1985
in ihre jetzige Wohnung in Offenbach verzogen sei, während sich ihr Ehemann bei
seiner Freundin in der ...-straße in Offenbach aufgehalten habe.
Unmittelbar nach Ankündigung der Ausländerbehörde der Beklagten unter dem
19. Juni 1985, wegen vorliegender Scheinehe und erfolgter Trennung der Eheleute
die Ausweisung des Klägers zu beabsichtigen, habe dieser über den
Prozeßbevollmächtigten mitteilen lassen, er lebe mit seiner Ehefrau gemeinsam in
der ...-straße. Auch dies sei jedoch eine Schutzbehauptung gewesen, denn die
Ehefrau habe bereits wenige Tage danach bei der Ausländerbehörde richtig
gestellt, ihr Ehemann halte sich nicht in der Wohnung auf, die Angaben beim
Rechtsanwalt habe sie nur aus Angst vor ihrem Ehemann gemacht. Dies werde
dadurch plausibel, daß der Ehemann offenbar zu diesem Zeitpunkt über ihre
Wohnungsschlüssel verfügt, also Zutritt zur Wohnung gehabt habe.
Nach Würdigung des Akteninhaltes und des Eindrucks, den die Zeugin bei der
Beweisaufnahme gemacht habe, könne auch nicht der Behauptung des Klägers
gefolgt werden, eine Medikamentenabhängigkeit seiner Ehefrau führe
möglicherweise zu Gefühlsschwankungen und falschen Anschuldigungen; vielmehr
halte es die Kammer für erwiesen, daß der Kläger es verstanden habe, seine
Ehefrau mit körperlichen Mißhandlungen, finanziellen Zuwendungen oder auf
andere Weise zeitweise so unter Druck zu setzen, daß sie freiwillig vor Behörden
später aus Angst widerrufen habe. Dabei möge es durchaus zutreffen, daß die
Angst vor dem Kläger sie zu verstärktem Medikamentengebrauch verleitet habe.
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In gleicher Weise sei auch ihre Aussage bei der Ausländerbehörde am 5.
November 1985 zu würdigen, sie "hänge trotz allem an ihrem Mann". Denn die
Bediensteten hätten auch bei der Gelegenheit den Eindruck gehabt, sie stehe
unter starkem Druck und sei völlig verängstigt. In diese Zeit falle auch die im
verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren V/1 H 1875/85 und im Scheidungsverfahren
vorgelegte eidesstattliche Erklärung der Ehefrau vom 7. Oktober 1985, sie wolle an
der Ehe festhalten. Die Ehefrau habe im Scheidungsrechtsstreit selbst
vorgetragen, daß sie von ihrem Ehemann auch zur Abgabe dieser eidesstattlichen
Erklärung gezwungen worden sei, um ihn vor der drohenden Ausweisung zu
bewahren. Der Inhalt der eidesstattlichen Erklärung entspreche nicht der Wahrheit.
Denn die Ehefrau des Klägers habe schon kurz darauf, am 20. Dezember 1985,
ihre früher geäußerte Absicht wahrgemacht und den Scheidungsantrag gestellt.
Ebenso habe die Ehefrau anläßlich der Anhörung bei der Widerspruchsbehörde am
18. September 1987 bestätigt, daß sie in der Wohnung in Offenbach, ...-straße
immer allein gewohnt habe, ihr Ehemann dort nur angemeldet gewesen sei und
verschiedene Gegenstände deponiert habe. Die Widersprüche in ihren früheren
Angaben habe sie nun mit der früheren wirtschaftlichen Abhängigkeit von ihrem
Ehemann erklärt. Ihr Ehemann sei ab und zu noch vorbeigekommen und habe ihr
Geld gegeben, mithin keine regelmäßigen Unterhaltsleistungen erbracht. Sie habe
früher schon zeitweise und seit der endgültigen Trennung ständig Sozialhilfe
bezogen. Geldbeträge habe sie von ihrem Ehemann nur unregelmäßig und
insbesondere deswegen erhalten, um sie zu ihm günstigen Aussagen vor der
Ausländerbehörde zu bewegen.
Aus dem Scheidungsurteil vom 24. Juni 1988 könne nichts für eine tatsächlich
bestehende eheliche Lebensgemeinschaft entnommen werden. Erstens sei für es
der Parteienvortrag maßgeblich gewesen; zweitens knüpfe der
Versorgungsausgleich lediglich an den formellen Bestand der Ehe an.
Nach alledem habe die Behörde die Ausweisung zutreffend auf spezial- und
generalpräventive Erwägungen gestützt. Die auf 10 Jahre begrenzte Ausweisung
entspreche auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Der Kläger könne sich nicht auf einen Vertrauensschutztatbestand berufen. Zwar
halte er sich schon seit 1975 im Bundesgebiet auf. Eine Verfestigung seines
aufenthaltsrechtlichen Status sei dadurch aber nicht eingetreten. Während der
Dauer des Asylverfahrens sei sein Aufenthalt lediglich geduldet gewesen; für die
Zeit nach der Eheschließung entfalle ein Vertrauensschutz von vornherein
deswegen, weil der Kläger das Institut der Ehe durch das Eingehen einer Scheinehe
mißbraucht habe.
Es sei nicht zu beanstanden, daß die Behörde nicht zugunsten des Klägers
berücksichtigt habe, daß er eine bis 24. März 1991 gültige Arbeitserlaubnis
besitze. Denn die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit sei ihm
ebenfalls nur im Hinblick auf die Eheschließung mit einer deutschen
Staatsangehörigen erlaubt worden.
Zutreffend weise die Behörde schließlich darauf hin, daß es dem Kläger, der mit 20
Jahren in die Bundesrepublik eingereist sei und somit seine wesentlichen
Entwicklungsjahre in seinem Heimatland verbracht habe, zuzumuten sei, dorthin
zurückzukehren und sich wieder in die dortigen Verhältnisse einzugliedern, da er
ohnehin nicht über schützenswerte Bindungen in der Bundesrepublik verfüge.
Die dem Kläger gesetzte Ausreisefrist von 6 Wochen erscheine auch angemessen,
um seine persönlichen Angelegenheiten wie Wohnungsauflösung und Aufgabe des
Arbeitsverhältnisses zu regeln. Da er gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 AuslG zur
unverzüglichen Ausreise verpflichtet sei, aufgrund seines bisherigen Verhaltens
aber seine freiwillige Ausreise nicht gesichert erscheine, sei auch die mit der
Ausweisung verbundene Androhung der Abschiebung gemäß § 13 Abs. i Satz 2
AuslG nicht zu beanstanden.
Gegen dieses seinen Prozeßbevollmächtigten am 2. Juli 1990 zugestellte Urteil hat
der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom gleichen Tage am 4. Juli
1990 Berufung eingelegt. Er trägt vor, das Verwaltungsgericht nehme zu Unrecht
das Vorliegen einer Scheinehe an. Die Zeugin sei permanent psychischen
Spannungen unterworfen gewesen und wohl in der Beurteilung ihrer gesamten
Lebenslage "indifferent". Das mache ihre Ehe mit dem Kläger indes noch nicht zur
Scheinehe.
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Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils nach dem erstinstanzlichen
Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die nach ihrer Auffassung zutreffenden Gründe des
erstinstanzlichen Urteils.
Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakten Bezug
genommen.
Dem Senat liegen vor und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gemacht worden: 2 Bände Akten der Ausländerbehörde der Beklagten betreffend
den Kläger, ferner 2 Bände Akten des Verwaltungsgerichts Darmstadt betreffend
die dort anhängig gewesenen Verfahren 5/1 H 1875/85 und 5/1 H 2278/87 des
Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt worden.
Die Berufung ist nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht brauchte der zulässigen Klage nicht stattzugeben.
Zunächst besteht kein Zweifel daran, daß die streitbefangene
Ausweisungsverfügung vom 17. September 1985, die zugleich eine
Abschiebungsandrohung enthielt, zu Recht auf § 10 Abs. 1 Nr. 11 AuslG gestützt
werden konnte, da der Ausländerbehörde der Nachweis gelungen ist, daß zwischen
dem Kläger und seiner inzwischen von ihm geschiedenen Frau nur eine Scheinehe
bestanden hat. An dieser Rechtslage hat sich bis zum für die gerichtliche
Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nichts
geändert. Unter einer Scheinehe ist eine solche Ehe zu verstehen, die lediglich zu
aufenthaltsrechtlichen Zwecken geschlossen wird und eine eheliche
Lebensgemeinschaft nicht bezweckt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1982 - 1 C
241.79 -, EZAR 125 Nr. 3 = Buchholz 402.24 § 15 AuslG Nr. 5). Es entspricht
überwiegender, vom Senat geteilter Auffassung, daß der Gesetzgeber mit dem
Ausweisungsgrund der unwahren Angaben - normiert als Ausweisungstatbestand
in § 10 Abs. 1 Nr. 7 AuslG - dem Versuch entgegenwirken wollte, mit bestimmten
Mitteln das geltende Aufenthaltsrecht zu unterlaufen. Für den ungleich
schwerwiegenderen Mißbrauch des Rechtsinstituts der Ehe kann nach
überwiegender Meinung des Schrifttums und der Rechtsprechung nichts anderes
gelten (vgl. z.B. Hailbronner, Ausländerrecht, 2. Aufl., Rz. 347 und 614, ferner OVG
Bremen, Beschluß vom 10. Juni 1988 - 1 B 40/88 -, InfAuslR 1988, 281 <>). Das
öffentliche Interesse daran, daß der Ausländer, der sich hier aufhalten will, die
Vorschriften des Aufenthaltsrechts einhält, ist ein erheblicher Belang der
Bundesrepublik Deutschland, der dann schwerwiegend beeinträchtigt wird, wenn
der Ausländer sich die Möglichkeit eines hiesigen Aufenthalts dadurch verschafft,
daß er die maßgebenden Einreise- und Aufenthaltsvorschriften umgeht. Das gilt
insbesondere für die Fälle, in welchen Ausländer deutsche Staatsangehörige zu
dem Zwecke heiraten, sich ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, welches ihnen
anders weder zustünde noch im Ermessenswege gewährt würde (so VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 26. März 1984 - 13 S 2912/83 -, ESVGH 34, 219 ff.
<220>). Dieses Staatsinteresse ist unter anderem durch die Möglichkeit einer
Ausweisung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 11 AuslG gesichert (so VGH Baden-
Württemberg, a.a.O., Seite 221; vgl. ferner OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom
15. Dezember 1981 - 4 A 2349/79 -, InfAuslR 1982, 62).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der Ausländerbehörde der
Beklagten im vorliegenden Fall die Möglichkeit zur Ausweisung des Klägers
eröffnet. Denn der Kläger hat - wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt
hat - die Ehe mit der inzwischen von ihm geschiedenen Zeugin nur zu dem Zweck
geschlossen, um sich die ihm nach endgültiger Ablehnung seines Asylbegehrens
nicht mehr auf legalem Wege zu erlangende Aufenthaltserlaubnis zu erschleichen
und durch Aufrechterhaltung des dadurch entstehenden Anscheins, es werde eine
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und durch Aufrechterhaltung des dadurch entstehenden Anscheins, es werde eine
- wirklich nicht vorhandene - eheliche Lebensgemeinschaft praktiziert, das
Fortbestehen eines Erlaubnisgrundes vorzuspiegeln. Zwar hat die zu dieser Frage
vernommene frühere Ehefrau des Klägers (i.f. Zeugin) in der Vernehmung vor dem
Verwaltungsgericht das Vorliegen einer Scheinehe in Abrede zu stellen versucht.
Insofern ist der Zeugenbeweis gescheitert, wie das Verwaltungsgericht in
eingehender Begründung, auf die gemäß Art. 2 § 6 EntlG Bezug genommen wird,
mindestens implizit dargelegt hat. Dies führt jedoch nicht zur Unerweislichkeit der
für den behördlichen Standpunkt günstigen Auffassung des Vorliegens einer
Scheinehe zwischen dem Kläger und der Zeugin, damit auch nicht zu einem Erfolg
der Klage. Vielmehr ist der Beweis für eine Scheinehe zwischen dem Kläger und
der Zeugin zur Überzeugung des Senats als auf andere Weise gerührt anzusehen.
Die sich aus den Akten der Ausländerbehörde ergebenden Indizien in Gestalt
protokollierter Erklärungen der Zeugin und in Gestalt der dokumentarisch
festgehaltenen behördlichen Maßnahmen und Erkenntnisse der mit der
Bearbeitung der ausländerrechtlichen Angelegenheiten des Klägers befaßten
Behördenbediensteten lassen, wie das Verwaltungsgericht überzeugend dargetan
hat, ohne daß dies hier einer Wiederholung bedürfte (Art. 2 § 6 EntlG) keinen
anderen Schluß zu, als daß es selbst in Ansehung des Umstandes, daß die Zeugin
während ihrer Ehe mit dem Kläger zwei Kinder geboren hat, zwischen ihr und dem
Kläger in keiner Phase ihrer Beziehungen zu einer dem Wesen der Ehe
entsprechenden Lebensgemeinschaft gekommen ist.
Auch das Berufungsvorbringen des Klägers bietet keinen Anlaß zu weiteren
Ermittlungen oder gar zu einer Korrektur der getroffenen Beurteilung. Daß die
Zeugin permanent psychischen Spannungen unterworfen gewesen und "wohl" in
der Beurteilung ihrer gesamten Lebenslage gleichgültig und teilnahmslos
("indifferent") sei, ändert nichts daran, daß sie in den von ihr zu verschiedenen
Zeitpunkten gegebenen Schilderungen des Wesens ihres Verhältnisses zu dem
Kläger jeweils unzweifelhaft in sich schlüssige Darstellungen und Bewertungen
gegeben hat. Daß diese Beurteilungen unterschiedlich ausgefallen sind, ist der
jeweiligen Bewußtseinslage der Zeugin zuzurechnen, ändert an der Tatsache der
jeweiligen Bewertung aber nichts. Diese Bekundungen führen mit den aus den
Akten sich im übrigen ergebenden objektiven Sachverhalten in einer vom
Verwaltungsgericht auf plausible Weise vollzogenen Zusammenschau der vielen
einzelnen Momente zu dem Bild, das sich - was immer der Kläger für
Vorstellungen über den Wesensgehalt einer Ehe gehabt haben mag - jedenfalls
nicht zu dem objektiven Befund zusammenfügt, der eine auf gewaltloser freiwilliger
Entscheidung beider Partner beruhende, vom Grundton gegenseitiger Achtung
und wechselseitigen Vertrauens geprägte, auf Dauer ausgerichtete
Lebensgemeinschaft erkennen ließe. Daß die vom Kläger behaupteten, ohne
weiteres nachzuvollziehenden psychischen Spannungen, welchen die Zeugin in der
Vergangenheit unterworfen war, überhaupt erst ihre Ursache in dem eindrucksvoll
dokumentierten wechselvollen Verhalten des Klägers gegenüber seiner Frau
haben, liegt bei dem sich anhand des dichten Netzes der behördlichen Unterlagen
darbietenden objektiven Sachbefund zweifelsfrei auf der Hand. Das um so mehr,
als sich jedenfalls zur Zeit der Ehe die Zeugin - abgesehen von ihrem
einigermaßen entwickelten Gewinnstreben - als eine charakterlich wenig
eigenständige Persönlichkeit erwiesen hat, der im Wechselspiel der Beziehungen
zum Kläger schon durch das eigene labile Verhalten schwerlich die Möglichkeit
gegeben war, die Besonderheiten einer ehelichen Lebensgemeinschaft zu
erfahren, was indes Grundvoraussetzung für das Entstehen einer solchen und erst
recht für ihre Bestätigung durch Zeugenaussage wäre. Der Senat beachtet in
diesen Zusammenhang besonders, daß der klägerische Druck nicht vermocht hat,
die Zeugin gar zum Leugnen der Mißhandlungen durch den Kläger zu bewegen.
Sie hat vielmehr vor Gericht, als sie entgegen früherer Bekundungen das
Vorhandensein von tatsächlichen Elementen der Scheinehe leugnete, nicht in
Abrede gestellt, vom Kläger geschlagen worden zu sein. Sie hat diesen
Mißhandlungen lediglich eine Entschuldigung gegeben, die mehr als alles andere
den ehewidrigen Druck des Klägers auf die Zeugin belegt, denn die Klägerin sah
sich vor Gericht zu der selbsterniedrigenden Äußerung veranlaßt, wenn sie ihr
Mann geschlagen habe, so müsse sie dazu sagen, daß sie auch jemanden zum
Durchdrehen bringen könne. Sie könne ihren Mund nicht halten. Damit ist zur
Überzeugung des Senats die Beweisführung des Verwaltungsgerichts zum bloßen
Gefälligkeitscharakter derjenigen Äußerungen der Zeugin erhärtet, die dem Kläger
- im Hinblick auf von ihm erwartet günstige oder ihm drohende nachteilige
Entscheidungen der Ausländerbehörde zu seiner Aufenthaltsbefugnis ein
Verhalten attestierten, das einer ehelichen Lebensgemeinschaft entsprach.
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Der Senat vermochte davon abzusehen, die Zeugenvernehmung der Vorinstanz
zu wiederholen. Dies hätte allenfalls geschehen müssen, wenn hierfür besondere
Umstände vorgelegen hätten. Das wäre dann der Fall gewesen, wenn der Senat
die Glaubwürdigkeit der Zeugin anders als in der Vorinstanz hätte würdigen wollen
oder sich in der Berufungsinstanz das ausgeführte erstinstanzliche Beweisthema
geändert hätte (vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 10. September 1979 - BVerwG 3
CB 117.79 -, Buchholz a.a.O.). Solche besonderen Lagen sind hier jedoch nicht
gegeben. Insbesondere vermag sich der Senat sehr wohl ein Bild in bezug auf die
Glaubwürdigkeit der Zeugin zu machen. Dies fällt nicht zu ihren Gunsten aus, es
deckt sich vielmehr mit den im erstinstanzlichen Urteil dargelegten Erkenntnissen
des Verwaltungsgerichts, auf die gemäß Art. 2 § 6 EntlG Bezug genommen wird.
Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend die nach alledem über § 10 Abs. 1 Nr.
11 AuslG eröffnet gewesene Ausweisungsbefugnis als ermessensfehlerfrei
ausgeübt angesehen. Der Senat vermag insoweit auf die Begründung des
erstinstanzlichen Urteils Bezug zu nehmen, um auf diese Weise Wiederholungen
zu vermeiden (Art. 2 § 6 EntlG). Letzteres gilt auch bezüglich der Ausführungen
des Verwaltungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der in der streitigen Verfügung
enthaltenen Abschiebungsandrohung. Nach alledem ist die Berufung mit der sich
aus § 154 Abs. 2 ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die
Abwendungsbefugnis ergeben sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, weil die dafür erforderlichen
Gründe nicht gegeben sind (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.