Urteil des HessVGH vom 05.05.1987

VGH Kassel: rechtsmittelbelehrung, neubau, klagefrist, subjektives recht, anfechtungsklage, gestaltung, mangel, stadt, option, hessen

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
2. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 UE 471/86
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 17 FStrG, § 18 FStrG
Leitsatz
1. Zur fernstraßenrechtlichen Planfeststellung (hier: der Ortsumgehung Mühltal- Nieder-
Ramstadt im Zuge der Bundesstraße 426).
2. Die einem Planfeststellungsbeschluß beigefügte Rechtsmittelbelehrung ist unrichtig
im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO, wenn a) sie einen Hinweis auf den Beginn der Klagefrist
bei Geltung der Zustellungsfiktion des § 18 a Abs. 4 Satz 3 FStrG enthält, ohne
hinreichend deutlich zu machen, in welchen Fällen die Klagefrist mit der (individuellen)
Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses und in welchen Fällen mit dem Ende der
Auslegungsfrist beginnt, oder b) ein Zusatz beigefügt ist, daß "die Klage wegen
entschädigungs- oder sonstiger bürgerlich-rechtlicher Ansprüche nicht zulässig" sei.
3. Zur Abschnittsbildung im Planfeststellungsverfahren (insoweit Parallelverfahren zu 2
UE 465/86).
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Plans für den Neubau der
Umgehung des Ortsteils Nieder-Ramstadt der Gemeinde Mühltal im Zuge der
Bundesstraße (B) 426 (im folgenden: Umgehung Nieder-Ramstadt).
Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs ("X...hof"), mit dem er
1965 in den Außenbereich der Stadt Ober-Ramstadt ausgesiedelt ist. Die
Betriebsfläche beträgt nach seinen Angaben insgesamt 110 ha; davon befinden
sich ca. 35 ha in seinem Miteigentum. Teilflächen seines Grundeigentums von
insgesamt ca. 2 ha sollen für den Neubau der Umgehung Ober-Ramstadt in
Anspruch genommen werden, die Gegenstand des zwischen den Beteiligten unter
dem Aktenzeichen 2 UE 465/86 anhängigen Verfahrens ist.
Für die streitgegenständliche Ortsumgehung Nieder-Ramstadt wird eine Teilfläche
von insgesamt knapp 1.000 qm der im Miteigentum des Klägers stehenden
Flurstücke ... und ... der Flur ... in der Gemarkung Nieder-Ramstadt beansprucht
(vgl. lfd. Nrn. 160 und 168 des Grunderwerbsplans und des
Grunderwerbsverzeichnisses).
Nach den Planunterlagen soll die Umgehung Nieder-Ramstadt südwestlich des
Ortsteils Nieder-Ramstadt von der derzeitigen B 426 (etwa in Höhe der
Papiermühle) nach Osten abzweigen, nach einer Verbindung mit der Kreisstraße
(K) 138 nach Norden abschwenken und über die Bergkuppe "Finstere Hölle" in
einem weiten Bogen an die Umgehung Ober-Ramstadt herangeführt werden. Die
vorgesehene planfreie Verknotung der beiden Umgehungsstraßen in Form eines
unsymmetrischen halben Kleeblatts (Knotenpunkt Ober-Ramstadt/West) wird nicht
mehr von dem streitgegenständlichen Plan erfaßt, sondern ist Teil des parallel
durchgeführten Planfeststellungsverfahrens für den Neubau der Umgehung Ober-
Ramstadt. Die Umgehung Nieder-Ramstadt soll in dem Bereich zwischen dem
Anschluß der K 138 und dem Knotenpunkt Ober-Ramstadt/West mit einem
Querschnitt von 12 m (RQ 12) ausgebaut werden; in den Steigungsstrecken (mit
einer Längsneigung von ca. 6 %) sind beidseitig Zusatzfahrstreifen (Kriechspuren)
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einer Längsneigung von ca. 6 %) sind beidseitig Zusatzfahrstreifen (Kriechspuren)
geplant.
Die Planunterlagen lagen unter anderem in den Rathäusern der Gemeinde Mühltal
(vom 27. Februar bis 28. März 1980 einschließlich) und der Stadt Ober-Ramstadt
(vom 1. März bis 1 April 1980 einschließlich) zu jedermanns Einsicht aus, nachdem
Ort und Zeit der Auslegung sowie Hinweise auf das Anhörungsverfahren am 20.
Februar 1980 in dem "Darmstädter Echo" und dem "Darmstädter Tagblatt" sowie
am 22. Februar 1980 in den "Odenwälder Nachrichten" (in Ober-Ramstadt)
bekanntgemacht worden waren.
Der Kläger wandte mit Schreiben vom 13. April 1980 gegen das Vorhaben ein: Die
Inanspruchnahme seiner Grundstücke führe zu unwirtschaftlichen Restflächen. Die
Trasse zerschneide seine Betriebsfläche und erschwere den Zugang zu einem Teil
seiner Grundstücke. Sein Hof sei nur noch unter Umwegen zu erreichen. Der tiefe
Einschnitt in das Gelände wirke sich nachteilig auf den Wasserhaushalt und damit
auf die Vegetation der angrenzenden Grundstücke aus. Die Verriegelung des
Faulbachtales führe zu negativen Veränderungen des Kleinklimas.
In dem von dem Regierungspräsidenten in Darmstadt als Anhörungsbehörde in
der Zeit vom 4. bis 6. November 1981 durchgeführten Erörterungstermin machte
der Kläger insbesondere geltend, die ursprünglich von dem Straßenbauamt
Darmstadt verfolgte Stettbachlinie sei der jetzt geplanten Trasse in jeder Hinsicht
überlegen.
Mit Beschluß vom 29. August 1983 stellte der Hessische Minister für Wirtschaft und
Technik den Plan für die Umgehung Nieder-Ramstadt unter Zurückweisung der
Einwendungen des Klägers mit Änderungen und Ergänzungen fest. Zur
Begründung führte er im wesentlichen aus: Das Planvorhaben bilde zusammen mit
der Ortsumgehung Ober-Ramstadt eine planerische Einheit. Die Notwendigkeit der
Umgehung Nieder-Ramstadt ergebe sich aus den unzureichenden
Verkehrsverhältnissen in der geschlossenen Ortslage, die eine unerträgliche
Beeinträchtigung der Anlieger bewirkten. Der Ausbauquerschnitt der jeweiligen
Streckenabschnitte ergebe sich aus der erwarteten Verkehrsbelastung von 8.000
bis 11.000 Kfz/24 h. Andere Trassen als die festgestellte Linienführung seien nicht
vertretbar, weil zwar der Eingriff in die Natur und Landschaft minimiert werden
könnte, aber die Baugebiete, insbesondere auf dem Lohberg, stärkeren
Immissionsbelastungen ausgesetzt seien. Eine Verschiebung der Trasse nach
Westen wirke sich auch nachteilig auf die Umgehung Ober-Ramstadt aus. Gegen
eine Führung der Strecke in einem Tunnel sprächen wirtschaftliche Erwägungen.
Soweit der Kläger eine Zerschneidung landwirtschaftlicher Flächen rüge, werde auf
das vorgesehene Flurbereinigungsverfahren verwiesen.
Dem Planfeststellungsbeschluß ist folgende Rechtsmittelbelehrung beigefügt:
Gegen die vorstehende Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach
Zustellung an die Beteiligten, bzw. soweit der Beschluß gegenüber Betroffenen
durch ortsübliche Bekanntgabe und Auslegung des festgestellten Planes in den
beteiligten Gemeinden als zugestellt gilt, innerhalb eines Monats nach dem Ende
der Auslegungsfrist Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht in Darmstadt,
Neckarstraße 3, erhoben werden.
Die Klage ist beim Gericht schriftlich zu erheben. Sie kann auch zur Niederschrift
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. Die Klage muß den
Kläger, den Beklagten (das ist. das Land Hessen, gesetzlich vertreten durch den
Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Minister für Wirtschaft und
Technik) und den Streitgegenstand bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag
enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen
angegeben werden.
Mit der Klage können Ansprüche wegen Inanspruchnahme des Eigentums und
anderer Rechte nur insoweit geltend gemacht werden, als nach § 19 Abs. 2 FStrG
der Umfang der zulässigen Enteignung festgelegt wird. Im übrigen ist die Klage
wegen Entschädigungs- und sonstiger bürgerlich-rechtlicher Ansprüche nicht
zulässig.
Unter demselben Datum - 29. August 1983 - stellte der Hessische Minister für
Wirtschaft und Technik auch den Plan für die Umgehung Ober-Ramstadt fest.
Gegen den ihm am 20. September 1983 zugestellten (Bl. 102 der Gerichtsakten 2
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Gegen den ihm am 20. September 1983 zugestellten (Bl. 102 der Gerichtsakten 2
UE 465/86) Planfeststellungsbeschluß für die Umgehung Nieder-Ramstadt hat der
Kläger am 4. November 1983 bei dem Verwaltungsgericht Darmstadt Klage
erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Klage sei rechtzeitig bei Gericht
eingegangen, weil die dem Planfeststellungsbeschluß beigefügte
Rechtsmittelbelehrung in mehrfacher Hinsicht unrichtig sei; die verschiedenen
Zustellungsmöglichkeiten seien irreführend miteinander vermengt sowie
unvollständig und begrifflich unscharf dargestellt worden, die
Rechtsmittelbelehrung beschränke sich zu Unrecht auf die Klageart
"Anfechtungsklage" und der Hinweis, Entschädigungsansprüche könnten nicht
geltend gemacht werden, widerspreche dem materiellen Planfeststellungsrecht.
Der Plan sei nicht in Ober-Ramstadt ausgelegt worden. Für das Vorhaben bestehe
keine Planrechtfertigung; es liege keine Verkehrsuntersuchung vor, die die
Notwendigkeit des Vorhabens insbesondere hinsichtlich der Dimensionierung und
konkreten Linienführung rechtfertige. Die Planungsvorgaben des
Straßenbauamtes würden vielmehr durch die in der Verkehrsuntersuchung Mühltal
dargelegten Erkenntnisse der Ingenieursozietät BGS widerlegt. Das Vorhaben
führe zu erheblichen Eingriffen in seinen landwirtschaftlichen Betrieb. Insoweit
seien nicht nur die Flächenverluste, sondern auch die Zerschneidungsschäden und
sonstigen betrieblichen Nachteile - wie z.B. Umwege - zu berücksichtigen. Obwohl
eine Gefahr für seine wirtschaftliche Existenz bestehe, sei die
Planfeststellungsbehörde bei der Abwägung nicht nachvollziehbar auf seine
privaten Belange eingegangen. Deshalb verstoße der Plan gegen den Grundsatz
der Problembewältigung, zumal eine Unternehmensflurbereinigung nicht zugesagt,
sondern nur unverbindlich in Aussicht gestellt worden sei. Er befürchte, daß durch
die Umgehung Nieder-Ramstadt seine in der Gemarkung Ober-Ramstadt
gelegenen Grundstücke durch das Zuführen von Oberflächenwasser und durch
Veränderungen des Grundwasserspiegels beeinträchtigt würden. Da dem östlichen
Abschnitt der Umgehung Nieder-Ramstadt eine Zwangspunktfunktion hinsichtlich
der Verknotung der beiden Umgehungsstraßen zukomme, habe die Planung nicht
in zwei selbständige Planfeststellungsverfahren aufgeteilt werden dürfen. Im
Hinblick auf die vorgreifliche Wirkung der Umgehung Nieder-Ramstadt auf die
Inanspruchnahme seiner in Ober-Ramstadt gelegenen Grundstücke begehre er die
Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für die Umgehung Nieder-Ramstadt,
soweit er den an die Umgehung Ober-Ramstadt heranreichenden Abschnitt der
Umgehung Nieder-Ramstadt festlege.
Der Kläger hat beantragt,
den Planfeststellungsbeschluß des Hessischen Ministers für Wirtschaft und
Technik vom 29. August 1983 aufzuheben.
Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen: Die Klage sei verfristet. Die dem angefochtenen
Planfeststellungsbeschluß beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung leide jedenfalls nicht
unter einem wesentlichen Mangel. Die Beigeladene hat sich den Ausführungen des
Beklagten angeschlossen.
Durch Urteil vom 28. November 1985 hat das Verwaltungsgericht den
angefochtenen Planfeststellungsbeschluß aufgehoben, soweit er die Trasse
zwischen Baustation 5582.60 (Anschluß K 138) und Baustation 7800.00 (Ende des
Planfeststellungsabschnitts) festlegt. Zur Begründung hat es im wesentlichen
ausgeführt: Die Klage sei rechtzeitig erhoben. Die Rechtsmittelbelehrung sei
jedenfalls deshalb unrichtig, weil sie den Kläger nur auf die Möglichkeit der
Anfechtungsklage hinweise, obwohl auch eine Verpflichtungsklage zulässig sei. Der
Antrag des Klägers sei dahingehend auszulegen, daß er eine Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses begehre, soweit er den östlich des Anschlusses der K
138 geplanten Teil der Umgehung Nieder-Ramstadt festlege. In diesem Umfang
sei die Klage auch begründet, weil die Planfeststellungsbehörde die für und gegen
das Vorhaben streitenden Belange fehlerhaft abgewogen habe. Die Planung für
den Knotenpunkt Ober-Ramstadt/West und damit auch die Trassierung des
östlichen Abschnitts der Umgehung Nieder-Ramstadt beruhe unter anderem auf
der Vorgabe, zu einem späteren Zeitpunkt eine Nordumgehung des Ortsteils
Traisa verwirklichen zu können. Die dann erforderliche Überquerung der Bahnlinie
schaffe Zwangspunkte hinsichtlich der Gradiente der Umgehungen Ober-Ramstadt
und Nieder-Ramstadt. Selbst wenn diese Option für eine Nordumgehung Traisa
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und Nieder-Ramstadt. Selbst wenn diese Option für eine Nordumgehung Traisa
durch die Absenkung der Gradiente der Umgehung Ober-Ramstadt aufgegeben
worden sei, habe die Planfeststellungsbehörde in eine erneute umfassende
Abwägung eintreten müssen, weil dieser Gesichtspunkt von maßgeblichem
Gewicht bei der Einschätzung der abwägungserheblichen Belange sei. Es sei aber
nicht zu erkennen, daß die Planfeststellungsbehörde nach der Aufgabe der Option
für eine Nordumgehung Traisa den Plan nochmals in jeglicher Hinsicht vollständig
überprüft habe. Auf eine solche Überprüfung habe der Kläger auf Grund seiner
grundstücksmäßigen Betroffenheit einen Anspruch.
Gegen das ihnen am 3. Februar 1986 zugestellte Urteil haben der Beklagte am 14.
Februar 1986 und die Beigeladene am 3. März 1986 Berufung eingelegt.
Der Beklagte trägt vor: Auch wenn die dem Planfeststellungsbeschluß beigefügte
Rechtsmittelbelehrung deshalb unvollständig sei, weil sie nur auf die Möglichkeit
der Anfechtungsklage hinweise, erschwere dieser Mangel nicht die
Rechtsverfolgung. Darüber hinaus habe der Kläger schon im Anhörungsverfahren
deutlich gemacht, daß ihm nicht an einer Planergänzung, sondern nur an einer
Planaufhebung gelegen sei, was er durch den später gestellten Aufhebungsantrag
bestätigt habe. Für den Kläger sei somit eine Verpflichtungsklage von vornherein
nicht in Betracht gekommen. Im übrigen sei die Klage auch nicht begründet.
Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sei allein die planerische
Abwägungsentscheidung, die in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluß
zum Ausdruck komme. Dieser Abwägung aber habe nicht mehr die sog. Option für
eine Nordumgehung Traisa zugrunde gelegen. Denn gegenüber dem
ursprünglichen Plan sei in dem Planfeststellungsbeschluß die Gradiente im Bereich
des Knotenpunktes Ober-Ramstadt/West um bis zu 4 m abgesenkt: worden.
Die Beigeladene schließt. sich dem Vorbringen des Beklagten an und macht
weiterhin geltend: Die Klage sei wegen Fristversäumnis unzulässig. Der Bau der
Umgehung Nieder-Ramstadt sei dringend erforderlich. Die derzeitige enge
Ortsdurchfahrt sei nicht geeignet, den Verkehr mit. einem hohen Anteil des
Schwerlastverkehrs zu bewältigen. Da in Teilbereichen keine Gehwege vorhanden
seien, bestehe eine ständige akute Gefährdung der Fußgänger. Darüber hinaus
seien die Anlieger unerträglichen Lärm- und Abgasimmissionen ausgesetzt.
Wegen der dichten Bebauung komme ein Ausbau der Ortsdurchfahrt nicht in
Betracht. Gegenwärtig bestünden zwar keine konkreten Planungsabsichten für den
Ortsteil Nieder-Ramstadt, nach dem Bau der Umgehungsstraße solle jedoch eine
Stadtkernsanierung unter Erhaltung der alten Bausubstanz durchgeführt werden.
Konkrete Planungen könnten allerdings erst erarbeitet werden, wenn der Plan für
den Neubau der Umgehungsstraße Bestandskraft erlangt habe. Das
Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, daß nach Aufgabe der Option für
eine Nordumgehung Traisa eine neue Interessenabwägung habe stattfinden
müssen. Vielmehr beruhe die Abwägungsentscheidung gerade auf dieser
Planungsvorgabe. Für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses sei
unerheblich, daß früher eventuell andere Planungsabsichten bestanden hätten.
Denn die Entwurfsausarbeitung und das Anhörungsverfahren dienten lediglich der
Vorbereitung der abschließenden Entscheidung der Planfeststellungsbehörde.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf sein bisheriges Vorbringen und erwidert ergänzend: Die
Rechtsmittelbelehrung sei unrichtig und generell geeignet, einen rechtsunkundigen
Bürger von der Erhebung der Klage abzuhalten; unerheblich sei, ob er selbst
falsche Vorstellungen über seine Rechtsschutzmöglichkeiten gehabt habe. Die
Berufung der Beigeladenen sei unzulässig. Sie werde durch die Entscheidung nicht
in eigenen Rechten verletzt und habe insbesondere keinen Rechtsanspruch auf
Planfeststellung.
Die Gerichtsakten, die das zwischen den Beteiligten anhängige Eilverfahren (2 TH
473/86) und das Planfeststellungsverfahren für die Umgehung Ober-Ramstadt (2
UE 465/86) betreffen, sowie die nachfolgend aufgelisteten Beiakten sind
beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten wird zur Ergänzung des Tatbestandes
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Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten wird zur Ergänzung des Tatbestandes
Bezug genommen.
1) Ordner mit:
a) Planfeststellungsbeschluß für den Neubau der Ortsumgehung Ober-Ramstadt
vom 29.08.1983
b) Planunterlagen zu 1a) Nr. 1 bis Nr. 9a) (vorgelegt in dem Verfahren VG
Darmstadt II/2 E 2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom 20.08.1984, Bl. 19)
2) Ordner Planunterlagen zu 1a) Nr. 10 bis Nr. 17 a (II/2 E2137/83, Schriftsatz des
Beklagten vom 20.08.1984, Bl. 19)
3) Ordner mit:
a) Verfahrensakten betreffend die Planfeststellung für den Neubau der
Ortsumgehung Ober-Ramstadt
b) Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Verbände
c) Stellungnahmen des Straßenbauamtes zu den Einwendungen
d) Untersuchung der Variantenlösung des Regierungspräsidenten in Darmstadt.
(Dez. VII 54) e) Einwendungen und Alternativplanung BFO
f) Stellungnahmen der Bürgergruppe für den Bau der Umgehungsstraße (II/2 E
2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom 20.08.1984, Bl. 19)
4) Ordner Verkehrsuntersuchung Ober-Ramstadt, September 1984, mit 27
Anlagen (II/2 E 2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom 14.11.1985, Bl. 137)
5) Ordner (Verkehrsuntersuchung 1979) mit:
a) Computer-Ausdruck Kennzeichen-Datei
b) Zählstellenplan
c) Strombelastungsplan - Verfolgungszählung in Ober-Ramstadt -
d) Strombelastungsplan - Verkehrsbelastung für die Umgehung Ober-Ramstadt -
e) Computer-Ausdruck der Auswertung der Kennzeichenerfassung mit Programm
KENERFAS
f) Computer-Ausdruck der Auswertung der Kennzeichenerfassung mit Programm
KENKORR - Lauf 3.4 -
g) Computer-Ausdruck der Auswertung der Kennzeichenerfassung mit Programm
KENKORR - Lauf 3.5 - (II/2 E 2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom 14.11.1985,
81. 137 - Anlagen 1 bis 7 -)
6) Hefter schalltechnische Untersuchungen zur Umgehung Ober-Ramstadt (II/2 E
2159/83, mündliche Verhandlung am 28.11.1985, Bl. 50)
7) Broschüre "Auswirkungen von Ortsumgehungen", Heft 48 der Schriftenreihe
Unfall- und Sicherheitsforschung Straßenverkehr, 1984 (II/2 E 1932/83, mündliche
Verhandlung am 27.11.1985, Bl. 120)
8) Meteorologisches Gutachten zu dem geplanten Bau der Ortsumgehungen
Mühltal und Ober-Ramstadt des Deutschen Wetterdienstes vom Juni 1983 (II/2 E
2173/83, Schreiben vom 25.04.1986, Bl. 241)
9) Hefter Fotodokumentation Ortsdurchfahrt Ober-Ramstadt, Darmstädter Straße
(II/2 E 2173/83, Schriftsatz der Beigeladenen vom 09.05.1986. Bl. 243)
10) Mappe Fotodokumentation Ortsdurchfahrt Ober-Ramstadt sowie Strecke
zwischen Ober-Ramstadt und Mühltal-Nieder-Ramstadt, 1980 (II/2 F 2173/83,
Schriftsatz der Beigeladenen vom 09.05.1986, Bl. 243)
11) Ordner mit Planunterlagen für den Neubau der Ortsumgehung Mühltal- Nieder-
Ramstadt, Nr. 1 bis Nr. 8 (II/2 E 1932/83, Schriftsatz des Beklagten vom
27.02.1984, Bl. 18)
12) Ordner mit Planunterlagen für den Neubau der Ortsumgehung Mühltal- Nieder-
Ramstadt, Nr. 9 bis Nr. 25a (II/2 E 1932/83, Schriftsatz des Beklagten vom
27.02.1984, Bl. 18)
13) Ordner Verwaltungsvorgänge betreffend die Planfeststellung für den Neubau
der Ortsumgehung Mühltal-Nieder-Ramstadt, Bl. 1 bis 269 (II/2 E 1932/83,
Schriftsatz des Beklagten vom 27.02.1984, Bl. 18)
14) Ordner mit:
a) Hefter allgemeine Erhebungen für den Bau der Ortsumgehung Mühltal-Nieder-
Ramstadt (Nachweis Querschnitt/Verkehrsqualität)
b) Hefter schalltechnische Untersuchungen zur Umgehung Mühltal- Nieder-
Ramstadt
c) Hefter Alternativplanung der Interessengemeinschaft Umgehungsstraße Ober-
Ramstadt (Ingenieurbüro Lomb)
d) Hefter Stellungnahmen der Straßenbauverwaltung zu der Alternativplanung
(einschließlich Ergebnis der Verkehrszählung vom 26.08.1982)
e) Hefter Tunnelvariante (Umgehungen Ober-Ramstadt und Mühltal- Nieder-
Ramstadt)
f) Meteorologisches Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom Juni 1983
g) Vorläufige meteorologische Stellungnahme des Deutschen Wetterdienstes vom
Juli 1982 (II/2 E 1932/83, Schriftsatz des Beklagten vom 27.02.1984, Bl. 18)
Juli 1982 (II/2 E 1932/83, Schriftsatz des Beklagten vom 27.02.1984, Bl. 18)
15) Verfahrensakten betreffend die Anordnung der sofortigen Vollziehung des
Planfeststellungsbeschlusses für den Neubau der Ortsumgehung Ober-Ramstadt,
Bl. 1 bis 31 nebst Anlagen (II/2 H 153/85, Schriftsatz des Beklagten vom
25.02.1985, Bl. 10)
16) Anhörungsakten des Regierungspräsidenten in Darmstadt betreffend das
Planfeststellungsverfahren für den Neubau der Ortsumgehung Ober-Ramstadt (II/2
E 2173/85, Schreiben RP Darmstadt vom 15.10.1986, Bl. 323)
17) Anhörungsakten des Regierungspräsidenten in Darmstadt betreffend das
Planfeststellungsverfahren für den Neubau der Ortsumgehung Mühltal- Nieder-
Ramstadt (II/2 E 2173/85, Schreiben RP Darmstadt vom 15.10.1986, Bl. 323)
18) Gerichtsakten Verwaltungsgericht Darmstadt II/2 E 91/85 (BUND ./. Land
Hessen) betreffend die Ortsumgehung Nieder-Ramstadt (II/2 E 1932/83,
Anschreiben vom 24.10.1986, Bl. 248)
19) Hauptsatzung der Stadt Ober-Ramstadt vom 16.09.1977 (II/2 E 2137/83,
Schriftsatz der Beigeladenen vom 12.11.1986, Bl. 300)
20) Generalverkehrsplan Ober-Ramstadt, August 1971 (II/2 E 2137/83, Schriftsatz
der Beigeladenen vom 12.11.1986, Bl. 300)
21) Verkehrsuntersuchung Mühltal der Ingenieursozietät BGS, Dezember 1982 (II/2
E 92/85, Schriftsatz der Beigeladenen vom 20.11.1986, Bl. 115)
22) Übersichtslagepläne zu der Alternativplanung des Ingenieurbüros Lomb
a) Variante 1
b) Variante 2 (II/2 E 2173/83, mündliche Verhandlung am 28.11.1985, Bl. 154)
23) Stellungnahme Dr. Ing. Köhler - Ingenieursozietät BGS - zu dem Ausbau der
Umgehung Ober-Ramstadt, November 1986 (II/2 E 2137/83, Schriftsatz des
Klägers vom 23.12.1986, Bl. 314 - zweifach - )
24) Entwurf des Bebauungsplans Hammergasse (11/2 E 2173/83, Schriftsatz der
Beigeladenen vom 09.01.1987, Bl. 342)
25) Landschaftsschutzverordnung Bergstraße-Odenwald riebst Karte (II/2 E
1932/83, Schreiben BFN Darmstadt vom 19.01.1987, Bl. 279)
26) Auswertung der Kennzeichenverfolgungszählung 1979, Hessisches Landesamt
für Straßenbau, Januar 1986 (II/2 E 1932/83, Schriftsatz des Beklagten vom
03.02.1987, Bl. 285)
27) Stellungnahme zum Generalverkehrsplan Darmstadt, Hessisches Landesamt
für Straßenbau, April 1981 (II/2 E 1932/83, Schriftsatz des Beklagten vom
03.02.1987, Bl. 285)
28) Ergebnis der Verkehrszählung vom 26.08.1982 und Auswertung der
Dauerzählstelle von Januar bis Juli 1983 (II/2 E 1932/83, Schriftsatz des Beklagten
vom 03.02.1987, Bl. 285)
29) Schalltechnische Untersuchung B 426 - Umgehung Ober-Ramstadt,
Hessisches Straßenbauamt Darmstadt vom 08.02.1982 (II/2 E 1932/83, Schriftsatz
des Beklagten vom 03.02.1987, Bl. 285)
30) Hefter Unfallstatistik, Hessisches Straßenbauamt Darmstadt, Oktober 1984
(II/2 E 1932/83, Schriftsatz des Beklagten vom 03.02.1987, Bl. 285)
31) Generalverkehrsplan Darmstadt
a) Individualverkehr, Analyse, 1977
b) Individualverkehr, Prognose, Planungsmaßnahmen, 1979
c) Kurzfassung 1979 (II/2 E 1932/83, Schriftsatz des Beklagten vom 03.02.1987, Bl.
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32) Immissionsgutachten B 42 (Eltville-Walluf) der Hessischen Landesanstalt für
Umwelt vom 23.05.1979 (II/2 E 2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom
03.02.1987, Bl. 337)
33) Broschüre Straßenverkehrszählung 1980, Verkehrsmengen in
Ortsdurchfahrten, Band 9 (II/2 E 2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom
03.02.1987, Bl. 337)
34) Hefter mit Auswertungen der automatischen Dauerzählstelle, Jahresganglinien
1983, 1984, 1985 (II/2 E 2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom 03.02.1987, Bl.
337)
35) Hefter mit Auswertungen der automatischen Dauerzählstelle, 1983 bis 1986
(II/2 E 2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom 03.02.1987, Bl. 337)
36) Hefter RAS - LG 1 bis 3 (II/2 E 2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom
03.02.1987, Bl. 337)
37) Stellungnahme zu dem Straßenbauvorhaben Umgehungen Ober-
Ramstadt/Mühltal der Beratenden Ingenieure Prof. K. Schaechterle und G.
Holdschuer vom Dezember 1985 (II/2 E 2137/83, Schriftsatz des Beklagten vom
03.02.1987, Bl. 337)
38) Verkehrsmengenkarte Land Hessen, 1980 (II/2 E 2137/83, Schriftsatz des
Beklagten vom 03.02.1987, Bl. 337)
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Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das
Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Der
Planfeststellungsbeschluß des Hessischen Ministers für Wirtschaft und Technik
vom 29. August 1983 wurde dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde
(Bl. 102 der Gerichtsakten 2 UE 465/86) durch Übergabe an seine Ehefrau am 20.
September 1983 zugestellt, die Klage ist am 4. November 1983 bei Gericht
eingegangen. Zwar muß die Anfechtungsklage nach § 74 Abs. 1 VwGO,
grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Zustellung des Verwaltungsaktes
erhoben werden, was hier nicht geschehen ist. Die Klagefrist verlängert sich nach §
58 Abs. 2 Satz 1 VwGO, jedoch auf ein Jahr, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung
unterblieben oder unrichtig erteilt ist. Diese Voraussetzung liegt. hier vor; die dem
Planfeststellungsbeschluß vom 29. August 1983 beigefügte Rechtsmittelbelehrung
ist unrichtig im Sinne dieser Bestimmung:
Der Hinweis im ersten Satz der Rechtsbehelfsbelehrung, daß die Klagefrist mit
dem Ende der Auslegungsfrist beginnt, "soweit. der Beschluß gegenüber
Betroffenen durch ortsübliche Bekanntgabe und Auslegung des festgestellten
Plans in den beteiligten Gemeinden als zugestellt gilt", stellt einen irreführenden
Zusatz dar, der generell geeignet ist, den Zugang zu dem Gericht zu erschweren.
Nach § 18 a Abs. 4 Satz 1 des Bundesfernstraßengesetzes in der Fassung vom 1.
Oktober 1974 (BGBl. I S. 2413), in dem hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt
geändert durch Gesetz vom 1. Juni 1980 (BGBl. I S. 649), - FStrG - ist der
Planfeststellungsbeschluß unter anderen denjenigen Beteiligten zuzustellen, die -
wie der Kläger - Einwendungen gegen den Plan erhoben haben. Daneben ist eine
Ausfertigung des Planfeststellungsbeschlusses mit einer Rechtsbehelfsbelehrung
in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen, Ort und Zeit der
Auslegung sind ortsüblich bekanntzumachen (§ 18 a Abs. 4 Satz 2 FStrG). Mit dem
Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluß gegenüber den übrigen Betroffenen -
also denjenigen, die keine Einwendungen erhoben haben - als zugestellt, worauf in
der ortsüblichen Bekanntmachung hinzuweisen ist (§ 18 a Abs. 4 Satz 3 FStrG).
Die Frist für die Anfechtung eines fernstraßenrechtlichen
Planfeststellungsbeschlusses beginnt also für diejenigen Beteiligten, über deren
Einwendungen entschieden wird, mit der (individuellen) Zustellung, für die übrigen
Betroffenen kraft der Zustellungsfiktion des § 18 a Abs. 4 Satz 3 FStrG mit dem
Ende der Auslegungsfrist. Der Senat kann auf sich beruhen lassen, ob der Hinweis
auf den Beginn der Klagefrist bei fingierter Zustellung, die nur die "übrigen
Betroffenen" im Sinne des § 18 a Abs. 4 Satz 3 FStrG berührt, überhaupt in die
dem Planfeststellungsbeschluß beizufügende Rechtsmittelbelehrung aufzunehmen
ist oder ob sich die Planfeststellungsbehörde auf den gesetzlich gebotenen
Hinweis auf die Zustellungsfiktion in der ortsüblichen Bekanntmachung (§ 18 a
Abs. 4 Satz 3, zweiter Halbsatz FStrG) zu beschränken hat. Denn wenn sie schon
in der Rechtsmittelbelehrung auf die Regelung des § 18 a Abs. 4 Satz 3 FStrG
hinweist, muß die Belehrung so klar gefaßt sein, daß ihr ein rechtsunkundiger
Bürger unmißverständlich entnehmen kann, ob die Klage in seinem Falle mit der
(individuellen) Zustellung des Beschlusses oder dem Ende der Auslegungsfrist
beginnt. Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche
Rechtsbehelfsbelehrung nicht gerecht. Sie deutet zwar die unterschiedlichen
Fallgruppen des § 18 a Abs. 4 FStrG und die daraus resultierenden Konsequenzen
für den Beginn der Klagefrist an, läßt aber nicht hinreichend deutlich erkennen, in
welchen Fällen die Klagefrist mit der Zustellung des Beschlusses und in welchen
Fällen mit dem Ende der Auslegungsfrist beginnt. Denn die aufgezeigten
Fallkonstellationen werden nicht eindeutig bestimmten Personengruppen
zugeordnet. Von einem Adressaten, der nicht mit den Bestimmungen des § 18 a
Abs. 4 FStrG vertraut ist, kann der erste Satz der dem Beschluß vom 29. August
1983 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung auch so verstanden werden, daß die
Klagefrist stets mit dem Ende der Auslegungsfrist beginnt, wenn die
Planunterlagen überhaupt ausgelegt worden sind. Selbst wenn die
Rechtsmittelbelehrung nur so verstanden werden könnte, daß die Klagefrist für die
"Beteiligten" mit der individuellen Zustellung des Beschlusses und für die
"Betroffenen" mit dem Ende der Auslegungsfrist beginnt, genügte das nicht den
oben dargestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße
Rechtsmittelbelehrung, weil einem rechtsunkundigen Planbetroffenen die
juristische Bedeutung dieser Begriffe nicht geläufig sein muß. Er kann nicht wissen,
daß "Beteiligte" nach der in § 18 a Abs. 4 Satz 1 FStrG gebrauchten, aber in die
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daß "Beteiligte" nach der in § 18 a Abs. 4 Satz 1 FStrG gebrauchten, aber in die
Rechtsmittelbelehrung nicht übernommenen Begriffsbestimmung diejenigen
Planbetroffenen sind, über deren Einwendungen im Planfeststellungsbeschluß
entschieden wird, und mit "Betroffenen" die "übrigen Betroffenen" im Sinne des §
18 a Abs. 4 Satz 3 FStrG, also alle Personen gemeint sind, deren Rechtsposition
durch das Vorhaben berührt wird, ohne Einwendungen gegen den Plan erhoben zu
haben.
Dem kann der Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 21. Januar 1972,
NJW 72, 1435) eine Rechtsmittelbelehrung nicht allen tatsächlichen und rechtlichen
Gegebenheiten Rechnung tragen müsse und dem Adressaten nicht jede eigene
Überlegung erspart bleibe, vielmehr auch zuzumuten sei, unter Umständen
Erkundigungen einzuholen. Denn nach der Funktion der Rechtsmittelbelehrung,
den Betroffenen über seine Rechtsschutzmöglichkeiten aufzuklären, kann sich eine
eventuelle Mitwirkungspflicht des Planbetroffenen nicht - wie hier - auf die
Aufklärung komplizierter rechtlicher Zusammenhänge erstrecken.
Darüber hinaus ist auch der zweite Absatz der Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig
und generell geeignet, den Rechtsschutz zu erschweren. Das gilt insbesondere für
den Hinweis, daß "die Klage wegen Entschädigungs- und sonstiger bürgerlich-
rechtlicher Ansprüche nicht zulässig" sei. Es ist schon zweifelhaft, ob Darlegungen
über die Erheblichkeit möglicher Klagegründe Gegenstand einer
ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung sind, weil diese über die zulässigen
Rechtsbehelfe unterrichten, aber keine Aussagen über die Erfolgsaussichten
einzelner Klagegründe enthalten soll. Wenn aber solche Hinweise in die
Rechtsmittelbelehrung aufgenommen werden, müssen sie richtig und vollständig
sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 1966, BVerwGE 25, 191, 193; Kopp,
VwGO, 7. Aufl., Rdnr. 15 zu § 58). Das ist hier nicht der Fall.
Entschädigungsansprüche können jedenfalls im weitesten Sinne insoweit
Gegenstand einer auf Aufhebung oder Ergänzung eines
Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klage sein, als grundsätzlich im
Planfeststellungsverfahren zu klären ist, ob die von dem Vorhaben ausgehenden
Beeinträchtigungen für einen Planbetroffenen enteignende Wirkung entfalten, so
daß unter Umständen bereits im Planfeststellungsbeschluß dem Grunde nach
über Entschädigungsfragen entschieden wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar
1981 -4 C 4.78 -, BVerwGE 61, 295, 300 ff.). Vor allem aber können
Entschädigungsansprüche im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG Gegenstand
einer verwaltungsgerichtlichen Klage sein. Die Planfeststellungsbehörde hat im
Planfeststellungsverfahren darüber zu befinden, ob und gegebenenfalls in welcher
Höhe der Straßenbaulastträger eine Entschädigung im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz
2 FStrG zu gewähren hat; der Ausspruch über die Höhe kann sich allerdings auf die
Bestimmung der für die Berechnung der Entschädigung maßgeblichen Faktoren
beschränken (BVerwG, Urteil vom 22. März 1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166.
174 f.). Der Einwand des Beklagten, der letzte Satz der Rechtsmittelbelehrung
beziehe sich nur auf die Höhe der zu leistenden Entschädigung und diese sei nicht
Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, ist daher sachlich
unzutreffend; im übrigen läßt sich der Rechtsmittelbelehrung auch nicht mit
hinreichender Sicherheit entnehmen, daß sich dieser Satz nur auf die Höhe eines
eventuellen Entschädigungsanspruchs bezieht. Der letzte Absatz der
Rechtsmittelbelehrung enthält daher einen unrichtigen Hinweis auf eine
Einschränkung der möglichen Klagegründe, der zudem - entgegen der
Rechtsmittelbelehrung -nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der
Klage betrifft. Dieser Hinweis ist generell geeignet, einen Planbetroffenen von der
Erhebung einer zulässigen Klage abzuhalten.
Schließlich ist die Rechtsmittelbelehrung auch insoweit fehlerhaft, als sie nur auf
die Anfechtungsklage hinweist, obwohl auch andere Klagearten; insbesondere die
Verpflichtungsklage auf Ergänzung eines Planfeststellungsbeschlusses, in Betracht
kommen. Ob allerdings dieser Mangel geeignet ist, die Klageerhebung zu
erschweren, erscheint. zweifelhaft, kann hier aber im Hinblick auf die anderen
wesentlichen Mängel der Rechtsmittelbelehrung dahingestellt bleiben.
Die somit zulässige Klage ist auch begründet.
Das Verwaltungsgericht. geht zu Recht davon aus, daß der Kläger nur eine
Teilaufhebung des Planfeststellungsbeschlusses des Hessischen Ministers für
Wirtschaft und Technik vom 29. August 1983 begehrt. Denn er hat in seiner
Klagebegründungsschrift vom 12. Dezember 1983 (Bl. 25 ff. der Gerichtsakten 2
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Klagebegründungsschrift vom 12. Dezember 1983 (Bl. 25 ff. der Gerichtsakten 2
UE 465/86) deutlich zum Ausdruck gebracht, daß er den Planfeststellungsbeschluß
für die Umgehung Nieder-Ramstadt nur insoweit angreife, als er die Trasse
zwischen der Anschlußstelle K 138 und dem Knotenpunkt Ober-Ramstadt/West
erfaßt. Dahingehend ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem
Verwaltungsgericht gestellte Antrag auszulegen, obwohl er seinem Wortlaut nach
keine entsprechende Einschränkung enthält (vgl. § 88 VwGO).
In formeller Hinsicht unterliegt der Planfeststellungsbeschluß vom 29. August 1983
keinen Bedenken, die seine Aufhebung rechtfertigten. Entgegen dem Vorbringen
des Klägers lagen die Planunterlagen nach vorheriger ortsüblicher
Bekanntmachung von Ort und Zeit der Auslegung auch im Rathaus der Stadt
Ober-Ramstadt zur Einsichtnahme aus (vgl. Beiakten Nr. 13, 81. 120 f.). Im
übrigen hat sich der Kläger mit seinem Einwendungsschreiben vom 13. April 1980
und in dem Erörterungstermin ausführlich zu dem Vorhaben geäußert, so daß
seine Rechte auf Beteiligung am Planfeststellungsverfahren nach Maßgabe des §
18 Abs. 3 bis 6 FStrG gewahrt sind.
Materielle Ermächtigung für die Planfeststellung ist § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG. Nach
dieser Bestimmung dürfen Bundesfernstraßen nur gebaut oder geändert werden,
wenn der Plan vorher festgestellt ist. Zentrales Element dieser Ermächtigung ist
die Einräumung einer planerischen Gestaltungsfreiheit.. Diese erstreckt sich
umfassend auf alle planerischen Gesichtspunkte, die zur bestmöglichen
Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe und zugleich auch
zur Bewältigung der von dem Vorhaben in seiner räumlichen Umgebung
aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind. Allerdings bedeutet planerische
Gestaltungsfreiheit nicht eine schrankenlose Planungsbefugnis. Dem Wesen
rechtsstaatlicher Planung entspricht es vielmehr, daß jede hoheitliche Planung
rechtlichen Bindungen unterworfen ist, deren Einhaltung im Streitfalle der Kontrolle
der Verwaltungsgerichts unterliegt. Solche rechtlichen Bindungen ergeben sich aus
den besonderen Regelungen des jeweils zur Planung ermächtigenden Gesetzes
und aus allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen, insbesondere aus dem
Erfordernis einer auch gegenüber Art. 14 Abs. 3 GG standhaltenden
Planrechtfertigung, aus den Bindungen an gesetzliche Planungsleitsätze und aus
den Anforderungen des Abwägungsgebots (ständige Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, vgl. zum Beispiel Urteile vom 7. Juli 1978, BVerwGE
56, 110, 116 f., und 12. Juli 1985, BVerwGE 72, 15, 20 f.).
Entgegen dem Vorbringen des Klägers genügt der Plan für den Neubau der
Umgehung Nieder-Ramstadt dem Erfordernis einer hinreichenden
Planrechtfertigung. Der Grundsatz der Planrechtfertigung beruht auf der
Erkenntnis, daß eine hoheitliche Fachplanung ihre Rechtfertigung nicht bereits in
sich selbst trägt, sondern gemessen an den Zielen des jeweils zugrundeliegenden
Fachplanungsgesetzes erforderlich sein und - angesichts der
enteignungsrechtlichen Vorwirkung der Planfeststellung (vgl. § 19 FStrG) - vor Art.
14 Abs. 3 GG standhalten muß. Erforderlich in diesem Sinne ist ein Planvorhaben
nicht erst, wenn es unausweichlich, sondern wenn es "vernünftigerweise geboten"
ist (ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. Urteile vom 7. Juli 1978, BVerwGE
56, 110, 119, vom 22. März 1985, BVerwGE 71, 166, 168 f., und vom 6. Dezember
1985, BVerwGE 72, 282, 285).
Diesen Anforderungen genügt der Plan für die Ortsumgehung Nieder-Ramstadt.
Die Planfeststellungsbehörde geht zu Recht davon aus, daß die gegenwärtigen
Straßenverhältnisse in Nieder-Ramstadt unzureichend sind. Im Bereich der
Ortsdurchfahrt weist die B 426 teilweise nur eine Breite von 5 m auf; in mehreren
Abschnitten sind keine Gehwege vorhanden. Unter diesen Voraussetzungen ist die
Ortsdurchfahrt im Zuge der B 426 nicht geeignet, den durch den Ortsteil.
fließenden Verkehr zu bewältigen, ohne die Verkehrsteilnehmer und die Einwohner
zu gefährden oder unzumutbar zu beeinträchtigen. Die derzeitige
Verkehrsbelastung führt nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten
und der Beigeladenen zu Verkehrsstauungen und zahlreichen Unfällen. Im
besonderen Maße ist der Fußgängerverkehr gefährdet, weil Gehwege teils
überhaupt nicht vorhanden, teils in einer unzureichenden Breite ausgebaut sind.
Durch die von dem Straßenverkehr ausgehenden Immissionen werden die Anlieger
in erheblichem Umfang beeinträchtigt. Wegen der engen Bebauung können die
Verkehrsprobleme auch nicht durch einen Ausbau der Ortsdurchfahrt behoben
werden. Diese Einschätzung wird durch die Analyse des bestehenden Zustandes in
der Verkehrsuntersuchung Mühltal der Ingenieursozietät BGS vom Dezember
1982 (Beiakten Nr. 21) bestätigt (vgl. insbesondere S. 11 und 41 ff. sowie die
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1982 (Beiakten Nr. 21) bestätigt (vgl. insbesondere S. 11 und 41 ff. sowie die
Abbildungen 6, 7, und 20 der Verkehrsuntersuchung). Die Notwendigkeit einer
Ortsumgehung wird von dem Kläger auch selbst nicht in Abrede gestellt. Die
Frage, ob das Vorhaben - wie der Kläger meint - überdimensioniert ist, stellt sich
nicht bei der Überprüfung der Planrechtfertigung, sondern der Abwägung der für
und gegen das Vorhaben sprechenden Belange (ständige Rechtsprechung des
BVerwG, z. B. Urteile vom 30. Mai 1984, BVerwGE 69, 256, 271, vom 22. März
1985, BVerwGE 71, 166, 167, und vom 17. Januar 1986, NVwZ 86, 471, 472; ferner
Beschlüsse vom 11. September 1984 - 4 C 26.84 - und 19. September 1985 - 4 B
86.85 -). Denn die Frage, in welcher Gestaltung und Ausdehnung ein Vorhaben
verwirklicht werden soll, ist wesentlicher Bestandteil des Planungsermessens.
Diese Entscheidung unterliegt nicht einer strikten gesetzlichen Bindung, sondern
der Ermessenskontrolle.
Da der Neubau einer Umgehungsstraße schon deshalb geboten ist, weil die
Ortsdurchfahrt im Zuge der B 426 die gegenwärtigen Verkehrsprobleme nicht zu
bewältigen vermag, bedarf es zur Feststellung der Planrechtfertigung entgegen
des Vorbringens des Klägers keiner prognostischen Verkehrsuntersuchung (vgl.
hierzu eingehend Senatsurteil vom 5. Mai 1987 in dem Verfahren 2 UE 465/86, das
zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ergangen ist).
Der Planfeststellungsbeschluß vom 29. August 1983 für den Neubau der
Umgehung Nieder-Ramstadt genügt aber nicht den Anforderungen, die sich aus
dem Abwägungsgebot ergeben. Das den Abwägungsvorgang und das
Abwägungsergebnis umfassende Abwägungsgebot ist darauf gerichtet, daß die
von der Planung berührten öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander
und untereinander gerecht abgewogen werden. Für den Bereich der
fernstraßenrechtlichen Planfeststellung ist das in § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG
ausdrücklich normiert. Ist eine Planung diesen Anforderungen entsprechend
inhaltlich in sich abgewogen, so kann ihr nicht mit Erfolg entgegengehalten
werden, daß sich die Planfeststellungsbehörde bei der Verfolgung ihres
Planungszieles in der Kollision verschiedener gegenläufiger Interessen für die
Bevorzugung der einen und damit notwendig für die Zurückstellung anderer
Belange entscheidet. Die darin liegende bewertende Gewichtung der von der
Planung betroffenen öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr ein
wesentliches und für die Ausführung der Planaufgabe unerläßliches Element der
planerischen Gestaltungsfreiheit, das als solches der verwaltungsgerichtlichen
Kontrolle entzogen ist (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1979, BVerwGE 59, 253,
257). Dementsprechend ist das Abwägungsgebot nur dann verletzt, wenn in die
Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach der Lage der Dinge in sie
eingestellt werden muß, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange
verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten
Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit
einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urteil vom 22. März 1985 - 4 C
15.83 -, BVerwGE 71, 167, 171).
Hier wird der angefochtene Planfeststellungsbeschluß vom 29. August. 1983 schon
unter dem Gesichtspunkt der Abschnittsbildung nicht den Anforderungen gerecht,
die sich aus dem Abwägungsgebot ergeben. Denn der Plan für die Umgehung
Nieder-Ramstadt hätte - hinsichtlich des hier allein streitigen Abschnitts östlich des
Anschlusses der K 138 - nicht festgestellt werden dürfen, ohne zugleich ihre
Anbindung an die Umgehung Ober-Ramstadt zu regeln. Mit der Festlegung der
Trasse für den östlichen Abschnitt der Umgehung Nieder-Ramstadt hat die
Planfeststellungsbehörde das Problem der Verknotung der beiden
Umgehungsstraßen in der streitgegenständlichen Planung aufgeworfen, aber nicht
bewältigt, sondern einem anderen, rechtlich selbständigen
Planfeststellungsverfahren überlassen. Die Verweisung auf einen gleichzeitig
festgestellten Plan für den Nachbarabschnitt genügt nicht dem Gebot der
einheitlichen Entscheidung über ineinandergreifende Planbereiche. Das ergibt sich
im einzelnen aus folgenden Erwägungen:
Es bestehen keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, daß der Plan für ein
größeres Projekt stufen- oder abschnittsweise festgestellt wird. Kann über einen
seinem Wesen nach abtrennbaren Teil eines Fernstraßenvorhabens nicht
abschließend entschieden werden, ist die Planfeststellungsbehörde nach § 18 a
Abs. 3 FStrG berechtigt, diese Regelung einer späteren Entscheidung
vorzubehalten. Dementsprechend kann auch die Planung eines Verkehrsweges in
mehrere Planfeststellungsabschnitte aufgeteilt werden, zumal bei großen
Projekten nur so die - auch im Interesse der Planbetroffenen erforderliche -
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Projekten nur so die - auch im Interesse der Planbetroffenen erforderliche -
Überschaubarkeit der Planfeststellung gewährleistet ist. (vgl. BVerwG, Beschluß
vom 1. September 1965, Buchholz 442.01, Nr. 1 zu § 28 PBefG, und Urteil vom 26.
Juni 1981, BVerwGE 62, 342, 351 ff.). Andererseits birgt die Teilung von
Planentscheidungen die Gefahr in sich, daß durch die Verwirklichung
bestandskräftiger Teilentscheidungen trassierungstechnische Zwangspunkte für
spätere Abschnitte gesetzt werden, die zwangsläufig private Belange Betroffener
tangieren, aber einer gerichtlichen Überprüfung entzogen sind. Das gilt um so
mehr, als Zwangspunkte, die durch bestandskräftig festgestellte und verwirklichte
Streckenteile eines einheitlichen Straßenzuges geschaffen worden sind, in
Ansehung des noch umstrittenen Abschnitts nicht nur einen erheblichen Belang im
Rahmen der Abwägung der für und gegen das Vorhaben streitenden Interessen
darstellen, sondern nach der neueren Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts sogar geeignet: sind, die Rechtfertigung des
Planvorhabens zu begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985,
BVerwGE 72, 282, 288).
Um möglichen Rechtsbeeinträchtigungen durch die stufenweise Planfeststellung
wirksam begegnen zu können, wird zum einen - in formeller Hinsicht - dem
potentiell Planbetroffenen die Befugnis eingeräumt, den Planfeststellungsbeschluß
für den ihn noch nicht unmittelbar tangierenden Abschnitt des Vorhabens mit der
Begründung anzufechten, die Fortführung der Planung durch weitere
Planfeststellungsverfahren führe zwangsläufig zu einer Verletzung seiner
subjektiven Rechte (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1981, a.a.O., S. 354). Zum
anderen unterliegt die Abschnittsbildung selbst der richterlichen Kontrolle (vgl.
BVerwG, Beschluß vom 22. März 1973, DÖV 73, 785; Urteil vom 9. März 1979,
BVerwGE 57, 297, 301 f., und Urteil vom 11. November 1983, DÖV 84, 426, 427).
Bereits mit der Aufteilung eines Plangebietes in mehrere
Planfeststellungsabschnitte übt der Planungsträger sein Gestaltungsermessen
aus, das den Anforderungen des Abwägungsgebots Rechnung tragen muß. Ein
wesentlicher Bestandteil der Abwägung ist die Konfliktbewältigung. Nach dem für
jede hoheitliche Planung geltenden Grundsatz der Problembewältigung "sind alle
planerischen Gesichtspunkte in die Abwägung einzubeziehen, die zur möglichst.
optimalen Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe, aber
auch zur Bewältigung der von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung
erst aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind" (BVerwG, Urteil vom 9. März
1979, BVerwGE 57, 297, 300). An diesen Kriterien ist die Abschnittsbildung zu
messen: Sie darf nicht dazu führen, daß Teilaspekte einer nur einheitlich zu
lösenden Planungsaufgabe aus dem Planfeststellungsverfahren ausgeklammert
werden und damit letztlich unbewältigt bleiben. Ein Verstoß gegen das
Abwägungsgebot ist insbesondere dann anzunehmen, wenn "durch eine Bildung
zu kurzer Abschnitte ein für einen größeren Bereich möglicher und bei gerechter
Abwägung gebotener Interessenausgleich verhindert wird" (BVerwG, Urteil vom 26.
Juni 1981, a.a.O., S. 354).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien stellt sich die hier getroffene Aufteilung des
Planbereiches in zwei Planfeststellungsabschnitte als abwägungsfehlerhaft dar.
Das folgt allerdings nicht schon daraus, daß der durch den streitgegenständlichen
Beschluß festgestellte Plan für die Umgehung Nieder-Ramstadt ohne eine
Verwirklichung der Anschlußplanung für den Neubau der Umgehung Ober-
Ramstadt keine eigene Verkehrsfunktion erfüllt. Das wäre unter dem
Gesichtspunkt der Abschnittsbildung nicht zu beanstanden, wenn die Lage und
Gestaltung des Knotenpunktes Ober-Ramstadt/West unproblematisch wäre, d.h.
wenn insoweit Alternativlösungen nicht aufgezeigt worden oder von vornherein als
abwegig einzuordnen wären. Das ist hier aber nicht der Fall. In dem
Planfeststellungsverfahren für die Umgehung Ober-Ramstadt ist vorgeschlagen
worden, die Umgehung Nieder-Ramstadt westlich des festgestellten
Knotenpunktes Ober-Ramstadt/West anzubinden, um vor allem das
Verknotungsbauwerk besser in die Landschaft einfügen zu können (vgl. die
Alternativplanung des Regierungspräsidenten in Darmstadt als Behörde der
Regionalplanung und die im Auftrag der Interessengemeinschaft Umgehung Ober-
Ramstadt erstellte Planung des Ingenieurbüros Lomb mit zwei Varianten). Mit
diesen Planungsalternativen hat sich die Planfeststellungsbehörde in dem die
Umgehung Ober-Ramstadt betreffender) Planfeststellungsbeschluß vom 29.
August 1983 ausführlich auseinandergesetzt (S. 20 ff.). Andererseits sind auch
hinsichtlich der Trassierung des östlichen Abschnitts der Umgehung Nieder-
Ramstadt schon während der Entwurfserarbeitung, aber auch im
Anhörungsverfahren mehrere Alternativlösungen vorgetragen worden. Die
Planfeststellungsbehörde hat diese Varianten in die Abwägung einbezogen und der
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Planfeststellungsbehörde hat diese Varianten in die Abwägung einbezogen und der
Entwurfstrasse letztlich den Vorrang gegenüber den anderen Vorschlägen,
insbesondere der sogenannten Stettbachlinie, eingeräumt (vgl.
Planfeststellungsbeschluß, S. 15 ff.). Da die Trassierung des östlichen Abschnitts
der Umgehung Nieder-Ramstadt von der Lage und Gestaltung des Knotens Ober-
Ramstadt/West abhängt und umgekehrt die Feststellung des
Verknotungsbauwerks weitgehend die Linienführung der Umgehung Nieder-
Ramstadt (östlich des Anschlusses der K 138) determiniert, hätten die für und
gegen die verschiedenen Varianten der Trassierung der Umgehung Nieder-
Ramstadt sprechenden Belange einerseits und die für die Gestaltung des
Knotenpunktes Ober-Ramstadt/West maßgeblichen Gesichtspunkte andererseits in
einer einheitlichen Ermessensentscheidung gegeneinander und untereinander
abgewogen werden müssen. Das gilt um so mehr, als gerade die Gestaltung des
Knotenpunktes Ober-Ramstadt/West zu den problematischsten Aspekten des
gesamten Projekts zu rechnen ist, weil durch die das Geländeniveau weit
überragenden Dämme Belange des Landschaftsschutzes deutlich tangiert werden.
Auf der anderen Seite sind Belange, die für die hier getroffene Abschnittsbildung
sprechen, nicht in die Abwägung eingestellt worden und auch nicht ersichtlich. Da
der von der Planung der Umgehung Ober-Ramstadt erfaßte Straßenzug der B 426
und B 449 nur ca. 3,5 km lang ist, standen einer Einbeziehung der Umgehung
Nieder-Ramstadt mit einer Länge von insgesamt 4,6 km - oder zumindest des
problematischen Abschnitts östlich der K 138 (knapp 3 km) - keine
Praktikabilitätserwägungen entgegen. Vielmehr sind die Querverweisungen in den
Beschlüssen der Überschaubarkeit der Planung eher abträglich als dienlich. Die
Aufspaltung des Gesamtprojekts in zwei selbständige Planfeststellungsverfahren
läßt sich auch nicht auf Dringlichkeitserwägungen stützen, weil die Beschlüsse am
selben Tage gefaßt. worden sind.
Die Planfeststellungsbehörde geht auch selbst davon aus, daß die beiden
Planbereiche in einem untrennbaren Regelungszusammenhang stehen. Denn sich
bezeichnet die beiden Projekte selbst als planerische Einheit (vgl. S. 13 des
streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses und S. 17 des die Umgehung
Ober-Ramstadt betreffenden Planfeststellungsbeschlusses) und bezieht sich zur
Begründung der Planfeststellungsbeschlüsse auf ihre Ausführungen in dem jeweils
anderen Verfahren. Sie ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dem Gebot der
einheitlichen Planentscheidung dadurch ausreichend Rechnung zu tragen, daß sie
die Pläne für die beiden Umgehungsstraßen am selben Tage feststellt. Damit hat
sie zwar einen faktischen, aber nicht den notwendigen rechtlichen
Regelungszusammenhang zwischen den beiden Plänen hergestellt. Da hier zwei
eigenständige Regelungen getroffen worden sind, muß jeder Plan - unabhängig
von dem Bestand des anderen Planes - aus sich heraus verständlich und
vollständig sein. Das ist aber nicht der Fall. Solange der Plan für die Umgehung
Ober-Ramstadt nicht unanfechtbar ist, muß bei der Prüfung des vorliegenden
Planes davon ausgegangen werden, daß die Frage der Anbindung der Umgehung
Nieder-Ramstadt an die Umgehung Ober-Ramstadt nicht gelöst und damit die
durch die Planung aufgeworfene Problematik der Verknüpfung der beiden
Umgehungsstraßen unbewältigt geblieben ist.
Nach allem greifen die beiden Projekte derart ineinander, daß der Plan für den
östlichen Abschnitt der Umgehung Nieder-Ramstadt und der Plan für deren
Verknotung mit der Umgehung Ober-Ramstadt durch einen einheitlichen,
umfassenden Beschluß hätten festgestellt werden müssen. Diesen Gesichtspunkt
hat die Planfeststellungsbehörde jedenfalls nicht mit dem ihm objektiv
zukommenden - rechtlichen - Gewicht in die Abwägung eingestellt, so daß der
angefochtene Planfeststellungsbeschluß insoweit auf einem Abwägungsfehler
beruht und rechtswidrig ist.
Dieser Mangel führt zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses in dem
beantragten Umfang, weil der Kläger durch die fehlerhafte Abschnittsbildung in
seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, Das Grundeigentum des
Klägers wird für die Errichtung sowohl der Umgehung Nieder-Ramstadt als auch
des Verknotungsbauwerks Ober-Ramstadt/West beansprucht. Da bei einer
gemeinsamen - fehlerfreien - Entscheidung über die Trassierung des östlichen
Abschnitts der Umgehung Nieder-Ramstadt und der Verknotung der beiden
Umgehungen möglicherweise eine andere Linienführung und Anbindung an die
Umgehung Ober-Ramstadt gewählt wird, könnte eine umfassendere als die hier
vorgenommene Abwägung dazu führen, daß das Grundeigentum des Klägers nicht
oder in geringerem Maße für das Vorhaben benötigt wird. Die Aufhebung darf sich
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oder in geringerem Maße für das Vorhaben benötigt wird. Die Aufhebung darf sich
nicht: auf denjenigen Teil des Planfeststellungsbeschlusses beschränken, der die
Inanspruchnahme der unmittelbar für den Bau der Umgehung Nieder-Ramstadt
beanspruchten Grundstücke des Klägers zuläßt. Denn der Eingriff in das
Grundeigentum ergibt sich, nicht nur aus der aktuellen Inanspruchnahme, sondern
auch daraus, daß durch die von der gerichtlichen Aufhebung nicht erfaßten
Planteile Zwangspunkte gesetzt werden, die sich bei der Planergänzung zum
Nachteil des Klägers auswirken können (vgl. Paetow, DVBl. 85, 369, 375). Da der
streitgegenständliche Abschnitt der Umgehung Nieder-Ramstadt die Lage des
Knotenpunktes Ober-Ramstadt/West maßgeblich vorbestimmt und für dessen
Errichtung wiederum klägerisches Grundeigentum in erheblichem Umfang benötigt
wird, ist die Trassierung des östlichen Abschnitts der Umgehung Nieder-Ramstadt
ursächlich für die Inanspruchnahme der in der Gemarkung Ober-Ramstadt
gelegenen Grundstücke des Klägers.
Darüber hinaus hat sich die fehlerhafte Abschnittsbildung im vorliegenden
Verfahren auch nachteilig auf die materielle Bewertung der klägerischen Belange
im Rahmen der planerischen Abwägung ausgewirkt. Denn die Planungsbehörde
hat in beiden Planfeststellungsbeschlüssen - jedenfalls erkennbar - nur diejenigen
Interessen des Klägers berücksichtigt, die durch die Inanspruchnahme seines
Grundeigentums in dem jeweiligen Abschnitt berührt werden. Der
Zwangspunktfunktion der beiden Pläne für das jeweils andere Projekt wäre aber
nur dann ausreichend Rechnung getragen worden, wenn bei der Entscheidung
über die Trassierung und Verknotung der beiden Umgehungsstraßen - also in
beiden Planfeststellungsbeschlüssen - berücksichtigt worden wäre, in welchem
Maße der Kläger als Grundstückseigentümer und als Inhaber eines
landwirtschaftlichen Betriebes durch das Gesamtprojekt insgesamt beeinträchtigt
wird.
Nach allem hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen
Planfeststellungsbeschluß zu Recht aufgehoben, soweit er den Planbereich von der
Anschlußstelle K 138 bis zum östlichen Ende des Planfeststellungsabschnitts
erfaßt, so daß die Berufung des Beklagten unbegründet ist.
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig (§§ 66, 124 und 125 VwGO, Die für die
Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderliche Beschwer ist hinsichtlich eines
Beigeladenen nur gegeben, wenn die. in dem angefochtenen Urteil vertretene, für
ihn nachteilige Rechtsauffassung des Gerichts zu einer Beeinträchtigung seiner
eigenen subjektiven Rechte führen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1984,
BVerwGE 69, 256, 258 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hier gegeben, weil die
Beigeladene geltend machen kann, durch die Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses vom 29. August 1983 in ihrer Planungshoheit
tangiert zu werden. Sie hat unwidersprochen vorgetragen, daß die
Verkehrsverhältnisse im Ortskern von Nieder-Ramstadt zu einem ständigen
Substanzverlust an Wohn- und Geschäftsräumen sowie zu einer nachteiligen
Strukturveränderung führe. Daher sei eine Ortskernsanierung unter Erhaltung der
alten Bausubstanz dringend erforderlich. Die Ausarbeitung konkreter Planungen
sei aber wirtschaftlich erst dann sinnvoll, wenn der Plan für die Umgehungsstraße
bestandskräftig festgestellt worden sei. Erst dann könnten auch Verhandlungen
mit den betroffenen Grundstückseigentümern aufgenommen werden. Daraus
ergibt sich nach Auffassung des erkennenden Senats, daß mit der Feststellung
des Plans für den Bau der Umgehungsstraße erst die Voraussetzungen für eine
konkrete Stadtentwicklungsplanung geschaffen werden, so daß der Beigeladenen
mit der Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ein ganz
wesentlicher Gegenstand ihrer Planungshoheit entzogen wird (vgl. BVerwG. Urteil
vom 11. April 1986, NJW 86, 2447). Der Kläger trägt zwar zu Recht vor, daß es kein
subjektives Recht auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gibt (vgl. zur
Bauleitplanung BVerwG, Urteil vom 3. August 1984, NVwZ 83, 92), daran scheitert
aber nicht die Zulässigkeit der Berufung der Beigeladenen. Denn sie macht keinen
Anspruch auf Erlaß eines Planfeststellungsbeschlusses geltend, sondern verteidigt
bereits einen erlassenen - und ihre Rechtsposition als Trägerin der Planungshoheit
begünstigenden - Planfeststellungsbeschluß. Die somit: zulässige Berufung der
Beigeladenen ist jedoch nicht begründet. Insoweit gilt das zur Berufung des
Beklagten Gesagte entsprechend.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.
Die Vollstreckbarkeitserklärung beruht auf § 167 VwGO, i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und
711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO, liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.