Urteil des HessVGH vom 18.02.2010

VGH Kassel: mitbestimmungsrecht, projekt, leistungsvereinbarung, konkretisierung, schule, hebung, erfüllung, kreis, hessen, beschränkung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
22. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
22 A 2457/08.PV
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 34 Abs 1 Nr 2 PersVG HE,
§ 99 S 3 SchulG HE 2005
(Mitbestimmung bei Zielvereinbarung mit Schulleitung)
Leitsatz
Die Einführung neuer Dienstpflichten von Lehrkräften durch die Schulverwaltung im
Rahmen der Weiterentwicklung des Schulwesens über die in § 99 S. 3 HSchG genannten
Bereiche hinaus ist jedenfalls dann, wenn sie mit erheblicher, nicht kompensierter
zeitlicher Mehrbelastung der betroffenen Lehrkräfte verbunden ist, keine
personalvertretungsrechtlich irrelevante Konkretisierung bestehender Dienstpflichten,
sondern bedarf der Mitwirkung der zuständigen Personalvertretung in den durch das
Personalvertretungsrecht vorgesehenen Formen durch die zuständige
Personalvertretung. Dies gilt auch für den Abschluss von Zielvereinbarungen, die sonst
erforderliche, mitwirkungsbedürftige Verwaltungsvorschriften gleichen Inhalts ersetzen
sollen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Fachkammer für
Personalvertretungssachen (Land) des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 11.
September 2008 – 23 K 396/08.DA.PV – teilweise abgeändert und festgestellt,
dass der Antragsteller beim Abschluss der Zielvereinbarungen zum Projekt
„SINUS“ als Mitbestimmungsorgan zu beteiligen war.
Die weitergehende Beschwerde des Antragstellers gegen diesen Beschluss wird
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des
Antragstellers bei der Anwendung der Steuerungsinstrumente „Leistungs- und
Zielvereinbarungen“ durch das Staatliche Schulamt für den Kreis B. gegenüber
Schulleiterinnen und Schulleitern der diesem Schulamt zugeordneten Schulen zur
Verbesserung der Leistungsfähigkeit der dort unterrichteten Schülerinnen und
Schüler.
Am 14. Februar 2007 ging beim Antragsteller ein Vordruck des Staatlichen
Schulamts für den Kreis B. für „Leistungsvereinbarungen zu den Strategischen
Zielen“ ein. Durch die darin formularmäßig vorgesehenen Vereinbarungen sollten
Schulleiterinnen und Schulleiter von Schulen dieser Landkreise die Aufgabe
übernehmen, an ihren Schulen näher zu bezeichnende „verbindliche strategische
Ziele“ umzusetzen, die auch in die jeweiligen Schulprogramme aufgenommen
werden sollten. Eine im Anhang beiliegende Prozessbeschreibung diene „als
Hilfestellung für die Vorgehensweise zur Erreichung der Strategischen Ziele“.
Die Formulierung von vier „Strategischen Zielen“ ist ein Ergebnis einer im März
2005 in K. durchgeführten Klausurtagung von Vertretern des Hessischen
Kultusministeriums (Staatssekretär als Gesamtverantwortlicher und die
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Kultusministeriums (Staatssekretär als Gesamtverantwortlicher und die
zielverantwortlichen Abteilungsleiter), den Leitern des Amtes für Lehrerbildung und
des Instituts für Qualitätsentwicklung sowie den Leiterinnen und Leitern der
Staatlichen Schulämter in Hessen. Nach der damals geschlossenen „Königsteiner
Vereinbarung zu den Strategischen Zielen“ soll die Vereinbarung ergänzt und
konkretisiert werden durch Ziel- und Leistungsvereinbarungen auf vier Ebenen. Auf
der ersten Ebene soll es zu Zielvereinbarungen zwischen Staatssekretär und
zielverantwortlichen Abteilungsleitern des Ministeriums kommen, auf den Ebenen
zwei und drei zu Leistungsvereinbarungen zwischen verschiedenen Amtsträgern
bis hin zum regionalen Projektleiter und auf der vierten Ebene zu
Leistungsvereinbarungen zwischen Schulamtsleiter/-innen und Schulleiterinnen
bzw. Schulleitern. Nach einer im Jahre 2008 auf der Internet-Startseite des
Hessischen Kultusministeriums veröffentlichten Beschreibung „gründet sich diese
Organisation auf eine neue Vereinbarungskultur, ist [an] einer klaren
Ergebnisverantwortung orientiert, lässt dabei der Eigenverantwortung genügend
Raum und bildet damit eine geeignete Grundlage für die Erreichung der vier
Strategischen Ziele“.
Am 5. Dezember 2007 ging beim Antragsteller ein Vordruck für
Zielvereinbarungen zwischen Schulen in den betroffenen Kreisen und dem
Staatlichen Schulamt des Kreises B. und des O. zum Projekt SINUS
(Kompetenzförderung – Bildungsstandards, Mathematik und Naturwissenschaften)
ein, in dem zunächst das Zustandekommen dieses Projekt dargestellt wird und
dann von beiden Seiten in Aussicht gestellte bzw. zugesicherte Leistungen
formuliert werden. U. a. enthält der Vordruck der von der Schulleitung und den
Schulprojektleitern zu unterzeichnenden Erklärung die Formulierung:
„Unsere Schule hat sichergestellt bzw. wird sicherstellen, dass …
- die Fachschaft bereit ist [,] die Projektarbeit an der Schule zu dokumentieren
und an Lehrerbefragungen teilzunehmen,
- die regelmäßige Teilnahme an Austauschtreffen mit den anderen Setschulen
gewährleistet ist und Ergebnisse zum Austausch bereitgestellt werden."
Wegen der Einzelheiten wird auf das Formular Bezug genommen.
Nachdem der Antragsteller bei dem Beteiligten mehrfach schriftlich unter
Berufung auf ein von ihm reklamiertes Mitbestimmungsrecht nach § 74 Abs. 1 Nr.
2 HPVG seine Beteiligung an beiden vorgesehenen Vereinbarungen gefordert
hatte und keine Beteiligung zu Stande gekommen war, beschloss er am 27.
Februar 2008 die Einleitung des personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahrens.
Mit am 20. März 2008 bei dem Verwaltungsgericht Darmstadt eingegangenem
Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. März 2008 hat der Antragsteller das
personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet.
Er hat beantragt,
1. festzustellen, dass der Antragsteller bei Dienst-, Ziel- oder
Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Staatlichen Schulamt für den Kreis B.
und den Schulleitungen mehrerer Schulen dieses Amtsbezirks vor deren
Anschluss über deren Inhalt insoweit mitzubestimmen hat, als die angestrebte
Regelung der jeweiligen Vereinbarung ohne eine Vereinbarung der Mitbestimmung
unterläge, und eine Mitbestimmung des Hauptpersonalrates der Lehrerinnen und
Lehrer nicht stattgefunden hat,
2. festzustellen, dass der Antragsteller hinsichtlich der Leistungsvereinbarung zu
den Strategischen Zielen sowie hinsichtlich der Zielvereinbarung zum Sinus-
Projekt im Wege der Mitbestimmung zu beteiligen war.
Der Beteiligte hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen
Die Fachkammer für Personalvertretungsrecht (Land) bei dem Verwaltungsgericht
Darmstadt hat die Anträge des Antragstellers mit Beschluss vom 11. September
2008 – 23 K 396/08.DA.PV –, der dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 22.
Oktober 2008 zugestellt worden ist, abgelehnt. Auf diesen Beschluss wird zur
Darstellung weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des erstinstanzlichen
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Darstellung weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des erstinstanzlichen
Verfahrens und des Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz Bezug
genommen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im
wesentlichen ausgeführt, sowohl bei der Leistungsvereinbarung zu den
Strategischen Zielen als auch bei der Zielvereinbarung zum SINUS-Projekt
handele es sich um Vorgänge, die auf landesweiten Vorgaben beruhten und von
dieser Ebene ausgehend in abgestuften Handlungen und Verantwortlichkeiten
umgesetzt würden. Deshalb sei für die personalvertretungsrechtliche Beteiligung
die Zuständigkeit der Stufenvertretung – gemeint ist wohl: des Hauptpersonalrats
der Lehrerinnen und Lehrer bei dem Hessischen Kultusministeriums – zuständig
Mit am 19. November 2008 beim Verwaltungsgericht Darmstadt eingegangenem
Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 17. November 2008 hat der Antragsteller
gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt, die er mit einem am 1. Dezember
2008 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Schriftsatz seines
Bevollmächtigten vom 28. November 2008 begründet hat.
Der Antragsteller vertritt die Auffassung, die in seinem Globalantrag zu 1.
bezeichneten Vereinbarungen seien „Steuerungsinstrumente“ und damit
Maßnahmen im Sinne des § 74 Abs. 1 HPVG, sofern sie nicht lediglich das
Einhalten bestehender Dienstpflichten sicherstellten und keine neuen
Dienstpflichten begründeten. Zu Unrecht und für den Antragsteller überraschend
habe ihm das Verwaltungsgericht schon die Antragsbefugnis für die gestellten
Anträge abgesprochen, obgleich bei der mündlichen Anhörung dieser Punkt nicht
Gesprächsgegenstand gewesen sei. Soweit das Verwaltungsgericht ein alleiniges
Beteiligungsrecht des Hauptpersonalrates der Lehrerinnen und Lehrer annehme,
könne dem nur insoweit zugestimmt werden, als die „Königsteiner Vereinbarung
zu den Strategischen Zielen“ landesweite Vorgaben enthalte, die von der
Landesebene ausgehend in abgestuften Handlungsformen und
Verantwortlichkeiten umgesetzt würden. Wie die „Königsteiner Vereinbarung“ und
das SINUS-Projekt auf den unteren Verwaltungsebenen umgesetzt würden, sei
indes der Eigenverantwortlichkeit der maßgebenden Verwaltungsebene
überlassen. Zur Umsetzung des SINUS-Projekts seien zwar allgemein
Zielvereinbarungen als Mittel der Umsetzung der Projektziele vorgesehen, die
regionalen schulamtsbezirksbezogenen konkreten Vereinbarungen würden aber
durch die Staatlichen Schulämter erstellt und abgeschlossen.
Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren keinen bestimmten Antrag gestellt,
der Beteiligte hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert. Beide
Beteiligte haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche
Anhörung erklärt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt
und begründet worden (§§ 111 Abs. 3 S. 1 HPVG, 66 Abs. 1 S. 1 bis 3, 87 Abs. 2 S.
1, 89 Abs. 2 ArbGG). Dass der Antragsteller in der zweiten Instanz keinen
besonderen Sachantrag gestellt, sondern nur auf seinen erstinstanzlichen Antrag
zu 1. Bezug genommen hat, ist unerheblich, da für das
personalvertretungsrechtliche Beschwerdeverfahren kein ausdrücklicher
Sachantrag vorgeschrieben ist und sich aus den Vorbringen in der
Beschwerdebegründung ergibt, dass der Antragsteller den erstinstanzlichen
Beschluss in vollem Umfang angreift und sein erstinstanzliches Begehren
weiterverfolgt.
Die Beschwerde ist aber nur insoweit begründet, als der Antragsteller seinen
erstinstanzlichen Antrag zu 2. hinsichtlich des Projekts SINUS weiterverfolgt. Im
übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
Allerdings kann dem Antragsteller nicht pauschal die Antragsbefugnis
abgesprochen werden, wie das Verwaltungsgericht gemeint hat. Dies gilt für den
Globalantrag zu 1. schon deswegen, weil sich der Antragsteller mit diesem Antrag
von den beiden konkreten Projekten, die zum Streit zwischen den Beteiligten
Anlass gegeben und zu dem Antrag zu 2. geführt haben, gelöst und die Frage der
Mitbestimmung des Gesamtpersonalrats bei künftigen Dienst-, Ziel- oder
Kooperationsvereinbarungen unabhängig vom jeweiligen
Vereinbarungsgegenstand zur gerichtlichen Überprüfung gestellt hat. Deswegen
kann bei diesem Antrag keine Rede davon sein, dass ein Mitbestimmungsrecht
schon wegen fehlender Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats als
Stufenvertretung im dreistufigen Verwaltungsaufbau (vgl. §§ 91 Abs. 3 und 4, 92
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Stufenvertretung im dreistufigen Verwaltungsaufbau (vgl. §§ 91 Abs. 3 und 4, 92
Abs. 1 HPVG) von vornherein ausgeschlossen werden kann. Denn es sind, wie
später noch darzustellen ist, Fälle denkbar und auch schon vorgekommen, bei
denen der Antragsteller an einer Leistungs- oder Zielvereinbarung des Beteiligten
im Wege der Mitbestimmung zu beteiligen ist bzw. war.
Die Ablehnung des Feststellungsantrags zu 1. als unzulässig erweist sich aber als
im Ergebnis richtig, weil dem Antragsteller das erforderliche Feststellungsinteresse
fehlt. Zwar besteht für sog. Globalanträge mitunter ein Feststellungsinteresse,
obwohl das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren nicht der Erstattung
von Gutachten zu abstrakten Rechtsfragen dient, deren tatsächliche Bedeutung
für die Beteiligten entfallen ist (BVerwG, Beschluss vom 17. September 1996 – 6 P
5.94 –, PersR 1997, 113 = ZBR 1997, 124 = juris Rdnr. 19). Da bei solchen
Verfahren jedoch der konkrete Fall, der den Streit über das Bestehen einer
personalvertretungsrechtlich festgelegten Pflicht ausgelöst hat, nicht Bestandteil
des Verfahrensgegenstands ist (BVerwG, Beschluss vom 18. März 1981 – 6 P
25.79 –, PersV 1982, 240 = juris Rdnr. 12), kann bei Erledigung einer
mitbestimmungspflichtigen Maßnahme unter Umständen auf entsprechenden
Antrag eine vom strittigen Vorgang losgelöste Feststellung zur dahinter stehenden
Rechtsfrage ergehen (BVerwG, Beschluss vom 2. Juni 1993 – 6 P 3.92 –, BVerwGE
1992, 295 = juris Rdnr. 16 S. 11.). Zur Zulässigkeit und Begründetheit von
Globalanträgen hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 3.
Dezember 2001 – 6 P 12.00 – (PersR 2002, 163 = ZBR 2002, 357 = juris Rdnrn.
41, 43) folgendes ausgeführt:
„ … Für den Antrag besteht das Interesse an alsbaldiger gerichtlicher
Feststellung entsprechend § 256 Abs. 1 ZPO. In der Senatsrechtsprechung wird
das Feststellungsinteresse für einen abstrakten Feststellungsantrag bejaht, mit
welchem der Personalrat ein Mitbestimmungsrecht für künftig absehbare
Vorgänge geltend macht, die mit demjenigen – inzwischen erledigten – Vorgang
vergleichbar sind, der Anlass für die Einleitung des personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahrens war (vgl. Beschluss vom 23. März 1999 – BVerwG 6 P 10.97 –
BVerwGE 108, 347, 354 m.w.N.). Das Feststellungsinteresse kann jedoch auch für
solche Anträge gegeben sein, die unabhängig von einem konkreten Streitfall
darauf gerichtet sind, das Mitbestimmungsrecht für eine bestimmte Gruppe von
Fällen in allgemein gültiger Weise zu klären. Für solche Anträge, die in der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter der Bezeichnung "Globalantrag"
behandelt werden, ist das Feststellungsinteresse des Personalrats jedenfalls dann
zu bejahen, wenn der Dienststellenleiter das Mitbestimmungsrecht in dem geltend
gemachten Umfang zunächst anerkannt und beachtet hat, später aber hiervon
abgerückt ist…“
„ … Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Begründet ist ein Globalantrag nur
dann, wenn für alle von ihm erfassten Fallgestaltungen das Mitbestimmungsrecht
zu bejahen ist. Das Gericht darf nicht dahin erkennen, dass die erstrebte
Feststellung unter einschränkenden Voraussetzungen gegeben ist, die nicht zum
Inhalt des Antrages erhoben worden sind; in einem solchen Fall würde nicht
weniger als beantragt zugesprochen werden, sondern etwas anderes (BAG,
Beschluss vom 10. Juni 1986 a.a.O.; Beschluss vom 3. Mai 1994 a.a.O. S. 377;
Beschluss vom 6. Dezember 1994 a.a.O. S. 383). Der vorliegende
Feststellungsantrag ist unbegründet, weil unter mindestens zwei rechtlichen
Gesichtspunkten Fallgestaltungen denkbar sind, in denen die Mitbestimmung der
Antragsteller … ausgeschlossen ist.“
So liegen die Dinge hier. Zwar hat der Antragsteller bei der Formulierung seines
Antrags zu 1. versucht, sein Begehren abstrakt auf die Fälle zu beschränken, in
denen weder die örtlichen Personalräte noch der Hauptpersonalrat der
Lehrerinnen und Lehrer als Mitbestimmungsorgane zuständig sind, indem er
einerseits die Einbeziehung mehrerer Schulen in die Vereinbarungen und
andererseits eine nicht durchgeführte Mitbestimmung des Hauptpersonalrats als
Voraussetzungen seines Beteiligungsrechts in den Antrag aufgenommen hat.
Nicht konkretisiert und wohl auch nicht konkretisierbar sind hingegen die
Gegenstände möglicher künftiger Leistung- und Zielvereinbarungen, so dass nicht
ausgeschlossen werden kann, ja höchstwahrscheinlich ist, dass darunter auch
solche Vereinbarungen sein können, für die ein Mitbestimmungsrecht von
Personalvertretungen überhaupt nicht begründet sein kann, weil offensichtlich kein
Mitbestimmungstatbestand vorliegt. Soweit der Antragsteller auf den in erster
Instanz gegebenen richterlichen Hinweis den Versuch unternommen hat, durch
eine „Beschränkung“ seines Globalantrags in abstrakter Form dieses Defizit zu
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eine „Beschränkung“ seines Globalantrags in abstrakter Form dieses Defizit zu
beseitigen, kann dies nicht akzeptiert werden. Denn auch die „Beschränkung“ des
ursprünglich angekündigten, auch sämtliche „Mitbestimmungstatbestände der §§
74 ff. HPVG“ einbeziehenden Antrags zu 1. ist zu unbestimmt, um das weiter
verfolgte Antragsbegehren hinreichend konkretisieren zu können. Um das
zulässigerweise weiter verfolgte Antragsbegehren ermitteln zu können, müsste der
Fachsenat im Rahmen eines Rechtsgutachtens alle Fallgestaltungen
„aussortieren“, bei denen kein Mitbestimmungsrecht bestehen würde. Ob dies
überhaupt möglich wäre, kann dahinstehen. Jedenfalls würde das den Rahmen
eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens sprengen, dessen
Aufgabe es gerade nicht ist, Rechtsgutachten zu möglichen künftigen, auch wenig
wahrscheinlichen Fallkonstellationen zu erstatten, worauf der Globalantrag zu 1.
letztlich hinauslaufen würde.
Zulässig ist hingegen der Feststellungsantrag zu 2., der sich auf konkrete
Maßnahmen des Staatlichen Schulamts, bei dem der Antragsteller gebildet ist,
bezieht und von dem er bei Maßnahmen zu beteiligen ist, die für die Beschäftigten
mehrerer Dienststellen von allgemeiner Bedeutung sind (§ 91 Abs. 3, Abs. 4 S. 1
HPVG). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann auch insoweit dem
Antragsteller die Antragsbefugnis nicht mit der Erwägung abgesprochen werden,
die betreffenden Leistungs- oder Zielvereinbarungen seien Teil von Konzepten, die
unmittelbar unter der Verantwortung des Kultusministeriums landesweit entwickelt
und gesteuert würden, so dass der Hauptpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer
zu beteiligen sei. Dabei hat das Verwaltungsgericht verkannt, dass ein den
betroffenen Lehrkräften gegenüber Rechtsfolgen auslösendes Verwaltungshandeln
bei beiden Projekten erst auf der Ebene der Staatlichen Schulämter erfolgt, die
zwar in die Behördenhierarchie eingebunden sind und auf höherer
Verwaltungsebene getroffene Vorentscheidungen umzusetzen haben, bei der
Umsetzung aber ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Handlungsspielraum
haben, wie das Kultusministerium nicht zuletzt in seinen Internetauftritten zu
beiden Projekten betont hat. Selbst bei der streitbefangenen Umsetzung der
„Königsteiner Vereinbarung zu den Strategischen Zielen“ lassen sich die
Auswirkungen für die betroffenen Lehrkräfte und das Vorliegen möglicher
Mitbestimmungstatbestände erst zuverlässig beurteilen, wenn durch die von den
Staatlichen Schulämtern mit den Schulleitungen zu treffenden Leistungs- oder
Zielvereinbarungen konkretisiert wird, was von den Lehrkräften erwartet wird.
Deshalb kann auch eine vorherige Beteiligung des Hauptpersonalrats der
Lehrerinnen und Lehrer zu vorgelagerten Entscheidungen auf der Ministerialebene
eine notwendige Beteiligung des Antragstellers zur realisierenden Umsetzung
solche Entscheidungen durch das Staatliche Schulamt nicht ersetzen.
Der Antragsteller hat für den Feststellungsantrag zu 2. auch das erforderliche
Feststellungsinteresse, weil Wiederholungsgefahr besteht (BVerwG, Beschluss vom
7. Juli 2008 – 6 P 13.07 -, BVerwGE 131, 267 = juris Rdnr. 12). Es ist nicht
ausgeschlossen, ja sogar wahrscheinlich, dass im Zuge beider Projekte weitere
Leistungs- und Zielvereinbarungen abgeschlossen werden sollen, sofern sich bei
der Umsetzung des Projekts weiterer Handlungsbedarf ergeben sollte. Dies ist zu
erwarten, weil der so genannte PISA-Prozess noch nicht abgeschlossen ist.
Unbegründet ist der Feststellungsantrag zu 2. allerdings insoweit, als er sich auf
die Leistungsvereinbarung zu den Strategischen Zielen bezieht. Insofern besteht
das vom Antragsteller reklamierte Mitbestimmungsrecht nach § 74 Abs. 1 Nr. 2
HPVG nicht, denn die vorgesehenen Vereinbarungen beinhalten keine
„Maßnahmen zur Hebung der Arbeitsleistung oder zur Erleichterung des
Arbeitsablaufs“. In Betracht kommt hier als Mitbestimmungstatbestand allenfalls
eine Hebung der Arbeitsleistung, die dadurch erfolgen kann, dass der Umfang der
zu leistenden Aufgaben quantitativ erweitert oder qualitativ durch ein höheres Maß
an Verantwortung für das Arbeitsergebnis gesteigert wird. Unter Umständen kann
auch eine rein zeitliche Ausdehnung der zu erbringenden Arbeitsleistungen deren
Umfang ausweiten und damit eine Hebung der Arbeitsleistung bewirken (vgl. von
Roetteken, in: Hessisches Bedienstetenrecht, HBR, Teilausgabe I
Personalvertretungsrecht, Bd. II, 7. Aufl., Stand: April 2007, Rdnr. 84 m.w.N.).
Die Leistungsvereinbarung zu den Strategischen Zielen beinhaltet derartige
Maßnahmen nicht und begründet auch unter Berücksichtigung der als
„Hilfestellung für die Vorgehensweise zur Erreichung der Strategischen Ziele“
beigefügten Prozessbeschreibung keine zusätzlichen Leistungsanforderungen an
die Lehrkräfte der betroffenen Schulen. Vielmehr verpflichtet sich nach dem
Wortlaut der Erklärung allein die Schulleiterin bzw. der Schulleiter, bestimmte
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Wortlaut der Erklärung allein die Schulleiterin bzw. der Schulleiter, bestimmte
strategische Ziele umzusetzen, ohne dass dies in der Vereinbarung näher
konkretisiert wird. Eine so weit gefassten „Leistungsvereinbarung“ bedürfte erst
der Konkretisierung der Umsetzungsentscheidungen durch die Schulleitung, um
überhaupt erkennbar zu machen, ob und ggf. welche Mitbestimmungstatbestände
tangiert werden. Sofern dies der Fall sein sollte, wären aber erst diese
Umsetzungsmaßnahmen der Schulleitung mitwirkungsbedürftig und wäre nicht die
Beteiligungszuständigkeit des Antragstellers gegeben, sondern diejenige der
örtlichen Personalräte, weil sich die Umsetzungsmaßnahmen der Schulleitungen
naturgemäß nur auf die jeweiligen Schulen beziehen können.
Dass nach dem Wortlaut der „Leistungsvereinbarungen zu den Strategischen
Zielen" die unterzeichnende Schulleiterin bzw. der unterzeichnende Schulleiter die
persönliche Verantwortung für die Umsetzung bestimmter Ziele übernimmt und
dadurch möglicherweise die schon aus der Leitungsfunktion folgenden Pflichten
erweitert werden, führt nicht zu einem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers,
wie es für die Einführung von Mitarbeitergesprächen mit Zielvereinbarungen
anerkannt ist (VGH Baden Württemberg, Beschluss vom 9. Mai 2000 – PL 15 S
2514/99 –, ESVGH 50, 261 = PersR 2000, 291 = juris). Denn mit den
„Leistungsvereinbarungen zu den Strategischen Zielen" wird die jeweilige
Schulleiterin bzw. der jeweilige Schulleiter – anders als bei den
Mitarbeitergesprächen mit Zielvereinbarungen – nicht als Individuum in die Pflicht
genommen, sondern als Funktionsträger im Sinne des § 88 HSchG und als
Repräsentanz der Schule (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.
Januar 2009 – PL 15 S 1/07 –, ESVGH 59, 175 = PersV 2009, 305 = juris Rdnrn. 23,
25).
Der Feststellungsantrag zu 2. des Antragstellers ist hingegen begründet, soweit er
sich auf die Zielvereinbarung zum Projekt SINUS bezieht. Denn diese
Zielvereinbarung begründet mit den in Teil I. der Gründe dieses Beschlusses
wörtlich wiedergegebenen Punkten (Dokumentation der Projektarbeit an der
Schule, Teilnahme an Lehrerbefragungen; regelmäßige Teilnahme an
Austauschtreffen mit den anderen Setschulen, Bereitstellung von Ergebnissen
zum Austausch) neue Dienstpflichten der betroffenen Lehrkräfte, die einer Hebung
der Arbeitsleistung dienen und daher der Mitbestimmung des Antragstellers
unterliegen (§§ 74 Abs. 1 Nr. 2, 91 Abs. 4 S. 1 HPVG). Indem die
Dienstvereinbarung Lehrkräfte zur Mitwirkung an diesen Aufgaben und
Veranstaltungen verpflichtet, schafft sie neue, bisher nicht bestehende
Dienstpflichten der Lehrkräfte und konkretisiert nicht lediglich bereits bestehende
Dienstpflichten im Rahmen der Weiterentwicklung des Schulwesens, an der die
Schulen insbesondere durch Aufgreifen pädagogischer Entwicklungen innerhalb
ihrer selbstständigen Gestaltungsmöglichkeiten von Unterricht, Erziehung und
Schulleben oder durch Schulversuche mitwirken (§ 99 S. 3 HSchG). Die durch die
Dienstvereinbarung auferlegte Mitwirkung an zeitaufwändigen Dokumentations-
und Evaluationsmaßnahmen in formalisierter Zusammenarbeit mit Lehrkräften
anderer Schulen führt absehbar zu erheblicher Mehrarbeit der betroffenen
Lehrkräfte, die im Unterschied zum Projekt Strategische Ziele nicht durch eine
nach § 8 Abs. 2 der Pflichtstundenverordnung vom 20. Juli 2006 (ABl. HKM S. 635)
mögliche Anrechnung auf die Pflichtstundenzahl oder die Zuweisung von
Stundendeputaten an die jeweiligen Schulen ausgeglichen werden soll. Damit
sprengt die Zielvereinbarung zum Projekt SINUS den Rahmen, innerhalb dessen
die Rechtsprechung eine ohne Beteiligung von Personalvertretungen mögliche
Konkretisierung und Präzisierung bereits bestehender Dienstpflichten öffentlich
Bediensteter, insbesondere von Lehrkräften, zulässt und fordert. Der VGH Baden-
Württemberg hat hierzu in seinem bereits zitierten Beschluss vom 27. Januar 2009
(a.a.O., juris Rdnr. 20) Folgendes ausgeführt:
„ … das enge Zusammenleben und Zusammenwirken in der Dienststelle
erfordert gewisse Verhaltensregeln, die das Miteinander der Beschäftigten und den
Gebrauch der ihnen zur Verfügung gestellten Sachen zum Gegenstand haben.
Deshalb schafft jede Regelung des Verhaltens der Beschäftigten eine bestimmte
Ordnung in der Dienststelle, wie umgekehrt jede Regelung der Ordnung in der
Dienststelle ein bestimmtes Verhalten der Beschäftigten verlangt (vgl. BVerwG,
Beschlüsse vom 11.03.1983 - 6 P 25.80 -, BVerwGE 67, 61, und vom 30.12.1987 -
6 P 20.82 -, PersV 1989, 71, 72). Die Mitbestimmungsvorschrift bezieht sich somit
insbesondere auf solche Maßnahmen, die das Verhalten der Beschäftigten bei
ihrer Tätigkeit oder ihr allgemeines Verhalten in der Dienststelle betreffen.
Anordnungen, die die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben der Beschäftigten
regeln, also mit ihrer Arbeitsleistung in unmittelbarem Zusammenhang stehen,
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regeln, also mit ihrer Arbeitsleistung in unmittelbarem Zusammenhang stehen,
oder diensttechnische Regelungen, die den Ablauf des Dienstes gestalten,
unterliegen dagegen nach Sinn und Zweck der personalvertretungsrechtlichen
Beteiligung nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung (vgl. BVerwG,
Beschlüsse vom 11.03.1983 und vom 30.12.1987, jeweils a.a.O.). Die Beteiligung
der Mitarbeiter über die von ihnen gewählte Vertretung an den sie berührenden
personellen und sozialen Fragen im Wege der Mitbestimmung findet dort ihre
Grenze, wo die Erfüllung der Aufgaben der Dienststelle - insbesondere die
Dienstausübung im eigentlichen Sinne - im Vordergrund steht (vgl. BVerwG,
Beschlüsse vom 19.06.1990 - 6 P 3.87 -, PersR 1990, 259, vom 06.02.1991 - 6 PB
6.90 -, PersR 1991, 138,139, und vom 07.07.1993 - 6 P 4.91 -, PersR 1993, 491).
Die Aufgaben der Dienststelle sind durch den Gesetzgeber, den von diesem
ermächtigten Verordnungsgeber oder durch Verwaltungsanordnung festgelegt und
stehen, auch hinsichtlich der Art und Weise ihrer Erledigung, nicht zur Disposition
von Stellen, die nicht der Volksvertretung für ihr Handeln verantwortlich sind (vgl.
BVerwG, Beschlüsse vom 11.03.1983 und vom 07.07.1993, jeweils a.a.O., sowie
vom 05.10.1989 - 6 P 7.88 -, PersR 1989, 364). Kann eine Regelung sowohl das
allgemeine Verhalten der Beschäftigten als auch die Erfüllung von dienstlichen
Aufgaben betreffen, ist die Zuordnung danach auszurichten, welcher Zweck der
Regelung unter Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten eindeutig im
Vordergrund steht. Mitbestimmungsfrei sind danach solche Regelungen, bei denen
die Diensterfüllung eindeutig im Vordergrund steht und bei denen Verhaltens- und
Ordnungsmaßnahmen sich nur als zwangsläufige Folge dieser Zielsetzung
darstellen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 05.10.1989 und vom 07.07.1993, jeweils
a.a.O., Senatsbeschluss vom 09.05.2000 - PL 15 S 2514/99 -, PersV 2000, 528 und
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.10.1999 - 1 A 5223/97.PVL -, PersR
2000, S. 112).“
Die Einführung neuer Dienstpflichten von Lehrkräften durch die Schulverwaltung im
Rahmen der Weiterbildung des Schulwesens über die in § 99 S. 3 HSchG
genannten Bereiche hinaus ist jedenfalls dann, wenn sie – wie hier zu erwarten –
mit erheblicher, nicht kompensierter zeitlicher Mehrbelastung der betroffenen
Lehrkräfte verbunden ist, keine personalvertretungsrechtlich irrelevante
Konkretisierung bestehender Dienstpflichten, sondern bedarf der Mitwirkung der
zuständigen Personalvertretung in den durch das Personalvertretungsrecht
vorgesehenen Formen durch die zuständige Personalvertretung. Dies gilt auch für
den Abschluss von Zielvereinbarungen, die sonst erforderliche,
mitwirkungsbedürftige Verwaltungsvorschriften gleichen Inhalts ersetzen sollen.
Die Rechtsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da
die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen ( § 111 Abs. 3 S. 1HPVG i.V.m. §§ 72,
92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.