Urteil des HessVGH vom 17.11.2008
VGH Kassel: aufschiebende wirkung, unterzeichnung, stadt, wahlberechtigung, finanzen, vollzug, unterlassen, vorprüfung, anfang, auszahlung
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
8. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 B 1806/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 8b GemO HE
Erfolgreicher Bürgerentscheid; Auswirkungen auf
Ratsbeschluss; Streichung eines Teils der zur Abstimmung
gestellten Frage; Unterschriftenquorum
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des
Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 26. August 2008 - 3 L 1230/08.DA - geändert.
Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet,
vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des
Bürgerbegehrens bzw. bis zur erfolgten Durchführung des beantragten
Bürgerentscheids gegen den diesbezüglichen Beschluss der Gemeindevertretung
vom 25. Juli 2007 jegliche Zahlung von 60 % der nachgewiesenen Kosten für den
Neubau einer Sporthalle bis zu maximal 736.000,00 € an den SVG Nieder-
Liebersbach e. V. zu unterlassen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat 1/3 und die Antragsgegnerin hat 2/3 der erst- und
zweitinstanzlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen
Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf jeweils 2.500,00 € festgesetzt.
I.
Gründe
Der Antragsteller ist Mitunterzeichner eines Bürgerbegehrens und begehrt
vorliegend die vorläufige Unterlassung von Maßnahmen zum Vollzug der
angegriffenen Beschlüsse der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin bis zu
einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens.
Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin fasste am 25. Juli 2007 zwei
Beschlüsse, wonach zwei örtlichen Sportvereinen für bauliche Maßnahmen an
ihren Anlagen aus gemeindlichen Anspardarlehen zum einen Zuschüsse von
insgesamt 400.000,00 € für die Zufahrt und die Verlegung von Kunstrasen für den
Sportplatz „B“ gewährt und zum anderen für den Neubau einer Sporthalle 60 %
der nachgewiesenen Kosten bis zu maximal 736.000,00 € zur Verfügung gestellt
werden sollen. Gegen diese Beschlüsse richtet sich das Bürgerbegehren u.a. mit
der Begründung, dass die Anspardarlehen für die Errichtung einer zentralen Sport-
und Freizeitanlage „Aue B“ für alle Bürger und Vereine bestimmt seien. Die
Unterschriftenlisten enthielten Spalten für Name, Vorname, Straße, Ort
(vorgegeben: A-Stadt) und die eigenhändige Unterschrift.
Das Bürgerbegehren wurde mit den ausgefüllten Unterschriftenlisten am 4.
September 2007 beim Gemeindevorstand der Antragsgegnerin eingereicht, der
nach Abschluss der Vorprüfung das Bürgerbegehren mit Beschluss vom 4.
Oktober 2007 für zulassungsfähig erklärte, einen Wahlleiter und als Wahltermin
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Oktober 2007 für zulassungsfähig erklärte, einen Wahlleiter und als Wahltermin
den 27. Januar 2008 bestimmte.
Weil sie die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bezweifelt, hatte die
Gemeindevertretung schon vorher mit Beschlüssen vom 25. September 2007 u.a.
die Bildung einer paritätischen Prüfungskommission und die Herausgabe der
Original-Unterlagen an sich selbst beantragt. Nach Widerspruch der
Bürgermeisterin verlangte die Gemeindevertretung mit Beschluss vom 23.
Oktober 2007 die Herausgabe an den paritätischen Prüfungsausschuss, der
gleichzeitig Akteneinsichtsausschuss sei; den Beschluss beanstandete die
Bürgermeisterin ebenfalls.
Obwohl das Bürgerbegehren auf der Tagesordnung der Sitzung der
Gemeindevertretung vom 20. November 2007 stand, wurde über dessen
Zulässigkeit nicht entschieden, sondern die „Vorprüfung des Gemeindevorstands“
an den Prüfungs- und Akteneinsichtsausschuss verwiesen, der „Widerspruch“ der
Bürgermeisterin vom 29. Oktober 2007 zurückgewiesen und die Erhebung einer
Organklage gegen sie beschlossen; über die am 30. November 2007 beim
Verwaltungsgericht Darmstadt erhobene Klage - 3 E 1931/07 (1) - ist noch nicht
entschieden.
Der Antragsteller erbat als Bevollmächtigter der Vertrauenspersonen des
Bürgerbegehrens Ende März 2008 ein Einschreiten der
Kommunalaufsichtsbehörde, das diese Mitte April 2008 ablehnte. Die Zweifel an
der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens seien erwägenswert, die Baumaßnahme am
„B. ..... “ im Gange und das Bürgerbegehren könne eine einstweilige Sicherung
nach der VwGO beantragen. In ihrer Sitzung vom 6./8. Mai 2008 beauftragte die
Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Gemeindevorstand, beim
Hessischen Ministerium der Finanzen die bereits unter dem 15. Oktober 2007
beantragte Änderung des Verwendungszwecks des mit Bescheid vom 21. Januar
2003 für den Bau der Sport- und Freizeitanlage „Auf der Aue B“ bestimmten
Anspardarlehens in Höhe von 400.000,00 € für das Vorhaben „Sportplatz B. ..... “
(Kunstrasen und Zufahrt/Zuschüsse der Gemeinde) bis spätestens 10. Mai 2008
zu fordern. Der Baustand der Maßnahme mache eine Entscheidung bis spätestens
31. Mai 2008 unumgänglich. Nach Stellungnahme des ursprünglichen
Umwidmungsantrags vom 15. Oktober 2007 habe die Bürgermeisterin am 30.
Oktober 2007 auf einer Bürgerversammlung bekanntgegeben, dass der
ursprüngliche Verwendungszweck kurz- und mittelfristig nicht realisierbar sei, weil
die Gemeinde die benötigten Grundstücke nicht habe erwerben können. Nachdem
das Ministerium diesen Umwidmungsantrag im März 2008 mit der Begründung
abgelehnt habe, dass die Durchführung der Maßnahme „Sportplatz B. ..... “ wegen
der offenen Entscheidung über das Bürgerbegehren nicht abschließend sicher
gestellt sei, solle darauf hingewiesen werden, dass ein Bürgerbegehren keine
aufschiebende Wirkung habe. Diese Sportmaßnahme solle durchgeführt werden;
die Zufahrtstraße sei weitgehend fertig gestellt, mit dem Bau des
Kunstrasenplatzes solle in der spielfreien Zeit Anfang Juni 2008 begonnen werden.
Sollte das Ministerium die Umwidmung nicht termingemäß nach Wunsch der
Gemeindevertretung entscheiden und bei seiner bisherigen Meinung bleiben, solle
die Maßnahme durch eine haushaltsmäßige Mittelumschichtung ermöglicht
werden.
Mit Bescheid vom 30. Mai 2008 entsprach das Hessische Ministerium der Finanzen
dem Umwidmungsantrag. Die bereits zum 1. Januar 2007 zugeteilten Mittel
wurden mit Schreiben vom 4. Juli 2008 abgerufen und am 1. August 2008 an die
Antragsgegnerin überwiesen.
Nachdem die Vertrauenspersonen durch einen anderen
Verfahrensbevollmächtigten u.a. den Gemeindevorstand mit Telefax vom 28. Juli
2008 unter Fristsetzung auf den 8. August 2008 erfolglos aufgefordert hatten, ab
sofort sämtliche Maßnahmen zum Vollzug der beiden angegriffenen Beschlüsse
der Gemeindevertretung zu unterlassen, stellten zwei der Vertrauensleute durch
ihren Bevollmächtigten am 13. bzw. 14. August 2008 beim Verwaltungsgericht
Darmstadt zwei Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen, die auf eine
alsbaldige Entscheidung der Gemeindevertretung bzw. auf die vorläufige
Unterlassung der beschlossenen Zahlungen gerichtet waren.
Zur Begründung machten sie im Wesentlichen geltend, ihnen stehe aus § 8 b Abs.
4 Satz 2 HGO i.V.m. § 55 Abs. 1 Satz 2 (gemeint: Satz 3) KWG ein Anspruch auf
eine unverzügliche Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit
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eine unverzügliche Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit
des Bürgerbegehrens zu, die schon mehr als 11 Monaten ausstehe. Es bestehe
auch ein Anordnungsgrund, weil nach den besonderen Umständen des Falles zu
befürchten sei, dass die Entscheidung so lange hinausgezögert werde, bis die
angegriffenen Beschlüsse vom 25. Juli 2007 vollzogen seien und das
Bürgerbegehren folgenlos bleibe. Sie könnten deshalb auch nicht auf eine
Leistungsklage verwiesen werden.
Unter dem 19. August 2008 beantwortete der Gemeindevorstand eine gerichtliche
Anfrage per Telefax dahin, dass die am 15. August 2008, einem Freitag, erbetene
Zusage, bis zu einer Entscheidung über den Eilantrag keine vollendeten Tatsachen
zu schaffen, nicht erteilt werden könne, weil schon in den vergangenen Monaten
mit den Baumaßnahmen begonnen worden sei und auch Mittel geflossen seien; es
werde zugesagt, dass ab Eingang des Eilantrags bei der Antragsgegnerin bis auf
weiteres keine Zahlungen geleistet würden.
Nach einer später zu diesen Parallelverfahren von der Antragsgegnerin
eingereichten „Aufstellung der gezahlten Einzelpositionen Zuschuss an den VfL A-
Stadt“ waren bis einschließlich 7. April 2008 Mittel in Höhe von ca. 420.500,00 €
geflossen. Mit gerichtlicher Verfügung vom 20. August 2008 wies das
Verwaltungsgericht darauf hin, dass in den Unterschriftenlisten jeweils eine Spalte
für das Datum der Unterzeichnung des Bürgerbegehrens und für das
Geburtsdatum der Unterzeichner fehle, was die Unzulässigkeit des
Bürgerbegehrens zur Folge habe. Mit Schriftsatz vom 22. August 2008 teilte der
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin in diesen Parallelverfahren die
Umwidmung der Darlehensmittel von 400.000,00 € und weiter mit, dass eine
solche auch für die 800.000,00 € für die Sporthalle in Nieder-Liebesbach
beabsichtigt sei. Das Bürgerbegehren sei durch die Realisierung des ersten
Teilprojekts unzulässig geworden. Die Gemeinde könne nicht gezwungen werden,
einen kostenintensiven Bürgerentscheid durchzuführen, der insoweit keine Folgen
mehr haben könnte. Auch hinsichtlich des weiteren Zuschusses in Höhe von
736.000,00 € bestehe kein Anordnungsanspruch mehr. Das Bürgerbegehren
könne nicht in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil aufgeteilt werden, da
nach dem erkennbaren Willen der Unterzeichner eine einheitliche
Betrachtungsweise geboten sei. Diese wollten erkennbar eine spezielle Form der
Vereinsförderung verhindern und erreichen, dass eine zentrale Sport- und
Freizeitanlage für alle Bürger und Vereine eingerichtet werde. Diese grundsätzliche
Fragestellung sei bei einer Teilung des Bürgerbegehrens nicht mehr eindeutig mit
„ja“ oder „nein“ zu beantworten, weil ein Teilkomplex der Beschlussfassung der
Gemeindevertretung bereits realisiert sei. So sei nicht auszuschließen, dass unter
den jetzigen Gegebenheiten ein Teil der Unterzeichner/innen des Bürgerbegehrens
die spezielle Vereinsförderung im Sinne der verbleibenden Fragestellung mittragen
würde. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof habe mit Beschluss vom 5. Oktober
2007 schon festgestellt, dass eine teilweise Reduktion einer in der Fragestellung
formulierten Zielsetzung eines Bürgerbegehrens eine unzulässige inhaltliche
Änderung darstelle. Der Gemeinde könne auch nicht entgegen gehalten werden,
dass sie diese Veränderungen durch Vollziehung der Beschlüsse vom 25. Juli 2007
selbst herbeigeführt habe, denn das eingereichte Bürgerbegehren habe keine
aufschiebende Wirkung. Der Gemeindevorstand sei gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 2 HGO
sogar verpflichtet, Beschlüsse der Gemeindevertretung umzusetzen. Es habe
vielmehr der Bürgerinitiative bzw. den Antragstellern oblegen, hier rechtzeitig
durch Einlegung eines Eilantrages die Umsetzungsmaßnahmen zu einem früheren
Zeitpunkt zu stoppen. Dies bedeute in letzter Konsequenz, dass das Zuwarten der
Vertrauenspersonen bzw. der Antragsteller zur Vereitelung des Bürgerbegehrens
geführt habe. Ein Anordnungsgrund im Sinne der Antragsschrift sei somit nicht
gegeben.
Der Antragsteller hat als Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens am 22. August
2008 beim Verwaltungsgericht Darmstadt den Erlass einstweiliger Anordnungen
entsprechend den Parallelverfahren der Vertrauensleute des Bürgerbegehrens
beantragt, und zwar im vorliegenden Verfahren gerichtet auf die vorläufige
Untersagung der beschlossenen Zahlungen.
Zur Begründung hat er u.a. ergänzend geltend gemacht, Streitgegenstand sei
ausschließlich der Anspruch der Mitunterzeichner des Bürgerbegehrens aus § 8 b
Abs. 4 Satz 2 HGO, wonach die Gemeindevertretung über die Zulässigkeit des
Bürgerbegehrens zu entscheiden habe - nicht etwa das Verwaltungsgericht.
Abgesehen davon seien die Angaben des Geburtsdatums und des Tages der
Unterschriftsleistung nicht Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens,
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Unterschriftsleistung nicht Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens,
sondern lediglich Hilfsmittel zur Feststellung der materiellen
Unterschriftsberechtigung. Die einstweilige Anordnung richte sich auch nicht gegen
die Bauvorhaben der Vereine, sondern gegen die Auszahlung der gemeindlichen
Mittel und auch erforderlich, um den Eintritt „irreversibler Verhältnisse“ zu
verhindern.
Der Antragsteller hat vorliegend beantragt:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung
aufgegeben, vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die
Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen die Beschlüsse der Gemeindevertretung
A-Stadt vom 25.07.2007 jegliche Zahlung auf die beschlossenen verlorenen
Zuschüsse von 100.000,00 € für den Ausbau der Zufahrt zum B. ..... und von
300.000,00 € für die Verlegung eines Kunstrasens an die VfL A-Stadt sowie von 60
% der nachgewiesenen Kosten bis maximal 730.000,00 € an die SVG Nieder-
Liebersbach zu unterlassen,
hilfsweise,
der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung
aufgegeben, vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die
Zulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen die Beschlüsse der Gemeindevertretung
A-Stadt vom 25.07.2007 jede Maßnahme zum Vollzug dieser Beschlüsse zu
unterlassen.
Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes vorliegend mit Beschluss vom 26. August 2008 - 3 L 1230/08.DA -
mit im Wesentlichen folgender Begründung abgelehnt:
Der Antragsteller habe bereits keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es sei
nicht ersichtlich, weshalb in der für den 26. August 2008 geplanten Sitzung der
Gemeindevertretung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zur Vermeidung
erheblicher Nachteile entschieden werden müsse, nachdem der Antrag auf
Zulassung des Bürgerbehrens vor fast einem Jahr eingereicht worden sei. Es sei
auch kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil eine
Sicherungsanordnung generell die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens voraussetze.
Diese scheitere aber schon daran, dass sich auf den Unterschriftslisten kein
Datum der Unterschriftsleistung befinde, so dass nicht nachgeprüft werden könne,
ob die gesetzliche Voraussetzung des § 8 b Abs. 3 Satz 3 HGO eingehalten sei.
Die Angabe des Datums der Unterzeichnung des Bürgerbegehrens sei für dessen
Zulässigkeit zwingend erforderlich, weil die Wahlberechtigung der das
Bürgerbegehren unterzeichnenden Personen im Zeitpunkt der Unterzeichnung
gemäß § 8 b Abs. 3 Satz 3 HS 2 HGO gegeben sein müsse. Diese Voraussetzung
müsse überprüfbar sein, was nur dann der Fall sei, wenn auf der Unterschriftenliste
das Datum der Unterzeichnung angegeben sei. Das erleichtere nicht nur der
Gemeinde die Überprüfung der Wahlberechtigung im Zeitpunkt der
Unterschriftsleistung, damit wolle der Gesetzgeber auch verhindern, dass bereits
Unterstützungsunterschriften für das Bürgerbegehren „auf Vorrat“ gesammelt
würden, bevor überhaupt die Gemeindevertretung den Beschluss gefasst habe,
gegen den sich das Bürgerbegehren richte. Es liege allein im Risikobereich der
Unterstützer eines Bürgerbegehrens, die Voraussetzungen für die formelle und
materielle Zulässigkeit des Begehrens zu schaffen.
Gegen den ihm per Telefax am 26. August 2008 übermittelten Beschluss hat der
Antragsteller am gleichen Tage Beschwerde eingelegt. Mit am 29. September
2008 per Telefax übermittelten Schriftsatz gleichen Datums hat der Antragsteller
seinen Beschwerdeantrag wie folgt gefasst:
Der Antragsgegnerin wird unter Abänderung des Beschlusses des VG
Darmstadt vom 28.08.2008 (Az.: 3 L 1230/08.DA) im Wege der einstweiligen
Anordnung aufgegeben, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch
Bürgerentscheid über das Bürgerbegehren gegen die beiden Beschlüsse der
Gemeindevertretung der Antragsgegnerin vom 25.07.2007 jegliche Zahlungen auf
die beschlossenen verlorenen Zuschüsse von 100.000,00 € für den Ausbau der
Zufahrt zum B. ..... und von 300.000,00 € für die Verlegung des Kunstrasens an
den VfL A-Stadt e.V. sowie von 60 % der nachgewiesenen Kosten bis zu maximal
730.000,00 € an den SVG Nieder-Liebersbach e.V. zu unterlassen,
hilfsweise:
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Der Antragsgegnerin wird unter Abänderung des Beschlusses des VG
Darmstadt vom 28.08.2008 (Az.: 3 L 1230/08.DA) im Wege der einstweiligen
Anordnung aufgegeben, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung durch
Bürgerentscheid über das Bürgerbegehren gegen die beiden Beschlüsse der
Gemeindevertretung der Antragsgegnerin vom 25.07.2007 jegliche Maßnahmen
zum Vollzug dieser Beschlüsse zu unterlassen.
Zur Begründung macht er über eine ausführliche Schilderung des Sachverhalts
hinaus im Wesentlichen noch geltend, ein Anordnungsanspruch könne nicht mit
der Begründung verneint werden, das Bürgerbegehren sei unzulässig, weil auf den
Unterschriftslisten das Datum der Unterschriftsleistung fehle. Bei einem - wie hier -
kassatorischen Bürgerbegehren eröffne sich zwischen der Bekanntgabe des
angegriffenen Beschlusses der Gemeindevertretung und dem Ablauf von sechs
Wochen nach der Bekanntgabe ein Zeitfenster für die Feststellung der
Wahlberechtigung der Unterzeichner des Bürgerbegehrens und damit für das
materielle Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 8 b Abs. 3 HGO. Im
vorliegenden Fall stehe fest, dass 1003 Einwohner das Bürgerbegehren innerhalb
dieses Zeitfensters unterschrieben hätten und dass mindestens 959 von ihnen an
jedem einzelnen Tag des Zeitfensters wahlberechtigt gewesen seien; das
erforderliche Quorum habe aber lediglich 812 gültige Unterschriften betragen. Es
habe auch niemand behauptet, dass Unterzeichner des Bürgerbegehrens vor
Beginn dieses Zeitfensters oder nach Einreichung des Bürgerbegehrens beim
Gemeindevorstand unterschrieben haben. Es komme nicht darauf an, an welchem
Tag innerhalb des Zeitfensters die Unterzeichnung tatsächlich erfolgt sei, ob die
Unterschriftenlisten die Spalten „Geburtsdatum“ und/oder „Tag der
Unterzeichnung“ und/oder „Staatsangehörigkeit“ enthielten oder ob die Spalten
richtig ausgefüllt seien. All diese Erfordernisse seien nach dem Gesetz keine
Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein kassatorisches Bürgerbegehren.
Entscheidend sei nur, dass materiell die Wahlberechtigung der Unterzeichner in
diesem Zeitfenster vorgelegen habe. Wenn das Verwaltungsgericht
demgegenüber die Auffassung vertrete, Zulässigkeitsvoraussetzung für das
Bürgerbegehren sei, dass der Tag der Unterzeichnung angegeben werde, weil
„nur“ dann überprüft werden könne, ob der jeweilige Unterzeichner bei
Unterzeichnung wahlberechtigt gewesen sei, verwechsele es die Frage, welche
Voraussetzungen nach materiellem Recht vorliegen müssen, damit eine
Unterschrift gültig sei, mit der Frage, wie und auf welche Weise dies nachgeprüft
werden könne (und müsse). Der Tag der Unterzeichnung auf der
Unterschriftenliste stelle aber das einzige Kriterium dar, das tatsächlich nicht
nachgeprüft werden könne.
Er habe auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil durch die
Auszahlung der (kreditfinanzierten oder sonstigen) Steuergelder irreversible
Verhältnisse geschaffen werden könnten, obwohl bereits ein Bürgerbegehren
eingereicht worden sei, das alle Zulässigkeitsvoraussetzungen des Gesetzes
erfülle.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
und macht unter Bezug auf ihr Vorbringen in den Parallelverfahren u.a. geltend, im
Rahmen der Frage eines Anordnungsgrundes könne der Antragsgegnerin eine
bewusste Verzögerungstaktik nicht vorgeworfen werden. Der Antragsteller habe
fast ein Jahr verstreichen lassen, ehe er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung gestellt habe, zumal ein Bürgerbegehren keine aufschiebende Wirkung
habe. Die Regelung des § 8 b Abs. 4 Satz 2 HGO sehe auch keine bestimmte Frist
für die Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit des
Bürgerbegehrens vor. Die Bestimmungen der §§ 54, 55 KWG bezögen sich nur auf
die „Durchführung eines Bürgerentscheides“, nicht aber auf die vorliegende
Fallgestaltung. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liege zudem darin, dass
die zuständige Gemeindevertretung ihrerseits Zweifel an der Zulässigkeit des
Bürgerbegehrens hege und deshalb einen Prüfungsausschuss bzw. einen
Akteneinsichtsausschuss gebildet habe. Wegen der Beanstandung durch die
Bürgermeisterin habe dies zu einer erneuten Beschlussfassung in der Sitzung am
20. November 2007 geführt, mit der die Einleitung einer Organklage beschlossen
worden sei, die derzeit noch anhängig sei. Die Gemeindevertretung habe
erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens, nämlich dahin, ob
die erforderliche Anzahl an Unterschriften geleistet worden sei, ob die jeweiligen
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die erforderliche Anzahl an Unterschriften geleistet worden sei, ob die jeweiligen
Unterschriftsleistungen in Kenntnis des gesamten Textes des Bürgerbegehrens
erfolgt seien und ob der Zeitpunkt der Unterzeichnung bei den
Unterstützungsunterschriften angegeben worden sei. Dies solle in dem
Akteneinsichtsausschuss geklärt werden, dessen Einrichtung bis jetzt in
Anbetracht der Beanstandung der Bürgermeisterin noch ausstehe. Eine Prüfung
der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und die Festsetzung eines Termins für
einen Bürgerentscheid ohne eine entsprechende Vorprüfung durch diesen
Ausschuss sei von der Gemeindevertretung nicht beabsichtigt. In Anbetracht ihrer
Entscheidungskompetenz wolle sie zunächst die für sie unklaren Fragestellungen
einer hinreichenden Klärung zuführen. Dies sei angesichts der erheblichen
Wirkungen eines Bürgerentscheids gerechtfertigt, der die Wirkung einer
endgültigen Beschlussfassung der Gemeindevertretung habe. Es müsse ihr
möglich sein, eine entsprechende Prüfung vorzunehmen, zumal der angegriffene
Beschluss des Verwaltungsgerichts das Bürgerbegehren wegen der fehlenden
Angabe des Unterschriftsdatums für unzulässig erklärt habe.
Ein Anordnungsanspruch scheitere daran, dass die Gemeinde zwischenzeitlich in
Vollzug des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 25. Juli 2007 die
angeführten 400.000,00 € angewiesen habe, die zu einer Realisierung des
Kunstrasenplatzes geführt hätten. Dadurch habe sich das Bürgerbegehren
insoweit erledigt. Zur Begründung wiederholt sie insoweit ihr erstinstanzliches
Vorbringen aus dem Parallelverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens
wird auf den Inhalt der Streitakten im vorliegenden und in den Verfahren 8 B
1805/08, 8 B 1996/08 und 8 B 1997/08 und auf die Beiakte der Antragsgegnerin
verwiesen.
II.
Die gemäß § 147 VwGO form- und fristgerecht beim Beschwerdegericht eingelegte
Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts
Darmstadt vom 26. August 2008 - 3 L 1230/08.DA - ist auch fristgerecht
begründet worden. Der zunächst am 26. August 2008 „vorab per Telefax“
übermittelte Beschluss ist gemäß § 174 ZPO i.V.m. § 56 Abs. 2 VwGO ausweislich
des Empfangsbekenntnisses des Antragstellers am 1. September 2008 wirksam
zugestellt worden. Die damit in Lauf gesetzte Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1
VwGO war bei Eingang der per Telefax am gleichen Tage übermittelten
Beschwerdebegründung vom 29. September 2008 noch nicht abgelaufen. Die
Beschwerde hat aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg und
ist im Übrigen zurückzuweisen.
Das Bürgerbegehren und damit das im vorliegenden Beschwerdeverfahren
verfolgte Begehren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat sich durch die
bis Anfang August 2008 tatsächlich erfolgten Zahlungen der im ersten der
angegriffenen Beschlüsse der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin vom 25.
Juli 2007 vorgesehenen Zuschüsse in Höhe von insgesamt 400.000,00 € an den
VfL A-Stadt e. V. erledigt, so dass es insoweit einer Sicherung der Durchführung
des von den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens gem. § 8 b Abs. 1 HGO
beantragten Bürgerentscheids nicht mehr bedarf.
Das nach der Fragestellung und der Begründung des Bürgerbegehrens
unmittelbar angestrebte Ziel, durch Aufhebung dieser Beschlüsse der
Gemeindevertretung die Zahlung verlorener Zuschüsse zu verhindern, damit
diese gemeindlichen Mittel nicht für die Finanzierung von „Wunschmaßnahmen
zweier Vereine“, sondern letztlich entsprechend der ursprünglichen
Zweckbestimmung der sog. „Anspardarlehen“ für die Errichtung einer zentralen
gemeindlichen Sport- und Freizeitanlage für alle Bürger und Vereine im Gebiet
„Aue B“ eingesetzt werden, kann für den bereits für den Ausbau der Zufahrt zum
Sportplatz „B.“ und die Verlegung eines Kunstrasens ausgezahlten Zuschuss von
insgesamt 400.000,00 € an den VfL A-Stadt e. V. durch einen Bürgerentscheid
nicht mehr erreicht werden.
Ein erfolgreicher Bürgerentscheid könnte den der Zuschussgewährung zu Grunde
liegenden Beschluss der Gemeindevertretung nicht mehr rückwirkend aufheben
und dadurch eine Rückforderung im Wege eines öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs entsprechend §§ 812 ff. BGB ermöglichen, ganz abgesehen
von den Fragen des Wegfalls der Bereicherung und einer evtl. Bösgläubigkeit der
Empfänger und davon, dass die mit dem Bürgerbegehren zur Abstimmung
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Empfänger und davon, dass die mit dem Bürgerbegehren zur Abstimmung
gestellte Frage nicht auf eine Rückzahlung, sondern auf eine Nichtzahlung
gerichtet ist. Die Ermächtigung der Gemeindevertretung in § 50 Abs. 1 HGO, über
die Angelegenheiten der Gemeinde zu beschließen, beinhaltet die Befugnis für
eine zukunftsbezogene Gestaltung der Gemeindeangelegenheiten, nicht aber
dafür, in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen durch eine rückwirkende
Aufhebung gleichsam ungeschehen zu machen, so als wenn der Beschluss nie
gefasst worden wäre. Die Gemeindevertretung kann sich zwar erneut mit einer
bereits entschiedenen Angelegenheit befassen, ihren früher gefassten Beschluss
aber auf Grund anderer Umstände und/oder Wertungen nur für die Zukunft
beseitigen. Da ein Bürgerentscheid gem. § 8 b Abs. 7 Satz 1 HGO die Wirkung
eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung hat, kann er nicht
weitergehen als ein solcher Beschluss, so dass er auch bei einem kassatorischen
Bürgerbegehren allgemein keine rückwirkende Regelung treffen und den
angegriffenen Beschluss der Gemeindevertretung nur für die Zukunft beseitigen
kann. Anders als bei einer kommunalaufsichtlichen oder verwaltungsgerichtlichen
Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung, die die Übereinstimmung des
Verwaltungshandelns mit dem Gesetz erzwingen soll, zielt die Funktion eines
kassatorischen Bürgerbegehrens dahin, eine getroffene Entscheidung der
Gemeindevertretung auf Grund einer anderen politischen Willensbildung der
Bürgerschaft zu ändern. Das rechtfertigt aber - wie auch bei einem veränderten
politischen Willen der Gemeindevertretung selbst - nur eine
Gestaltungsmöglichkeit für die Zukunft (vgl. OVG NW, Urteil vom 4. April 2006 - 15
A 5081/05 - NVwZ-RR 2007 S. 625 ff. = juris Rdnrn. 44 ff.; VG Würzburg, Urteil vom
31. Januar 2007 - W 2 K 05.938 - juris Rdnrn. 34 ff.; im Ergebnis ebenso Hess. VGH,
Beschluss vom 5. Oktober 2007 - 8 TG 1562/07 - LKRZ 2008 S. 71 f. = juris Rdnr.
47).
Es kann bei der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen
Prüfung auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin die
dem beantragten Bürgerentscheid widersprechenden Zahlungen unter
Inkaufnahme von Schadensersatzforderungen oder sonstigen Nachteilen für die
Gemeinde rückgängig machen müsste, weil sie gezielt und missbräuchlich dem
Bürgerbegehren die Grundlage entzogen hätte.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs darf eine
Gemeinde zwar grundsätzlich nicht durch beschleunigte Durchsetzung ihrer
Interessen und Verzögerung des Verfahrens des Bürgerbegehrens Fakten
schaffen, die eine objektive Zwangslage zu ihren Gunsten herbeiführen oder dem
Bürgerbegehren die Grundlage entziehen, sie muss danach vielmehr grundsätzlich
das Recht ihrer Bürger auf Durchführung von Bürgerbegehren und
Bürgerentscheid beachten. Eine Gebietskörperschaft, die während des
Rechtsstreits um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens dem Begehren
widersprechende Entscheidungen treffe, handele grundsätzlich auf eigenes Risiko
mit der Folge, dass widersprechende Entscheidungen bei einem Erfolg des
Bürgerentscheids unter Inkaufnahme von Schadensersatzforderungen rückgängig
zu machen seien und deshalb der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und der
Durchführung des Bürgerentscheids nicht entgegen gehalten werden könnten (vgl.
Bay. VGH, Beschluss vom 7. Oktober 1997 - 4 ZE 97.2965 - BayVBl. 1998 S. 85,
Urteile vom 10. Dezember 1997 - 4 B 97.89 - 93 - BayVBl. 1998 S. 242 [244] und
vom 31. März 1999 - 4 B 98.2502 - BayVBl. 1999 S. 729 ff. = juris Rdnr. 47; vgl.
auch OVG Greifswald, Beschluss vom 24. Juli 1996 - 1 M 43/96 - NVwZ 1997 S. 306
ff. = DVBl. 1997 S. 1282 ff. = juris Rdnr. 46 f.). Im Rahmen des
Spannungsverhältnisses zwischen der hohen demokratischen Legitimation von
Bürgerbegehren/Bürgerentscheid einerseits und der im Verantwortungsbereich der
repräsentativ-demokratischen Gemeindeorgane liegenden Wahrung der
Funktionsfähigkeit und Effizienz des gemeindlichen Verwaltungshandelns
andererseits (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 8 TG 1067/04 - HSGZ
2004 S. 418 ff. = juris Rdnr. 46; vgl. auch OVG Sachs.-Anhalt, Urteil vom 19.
Oktober 2000 - A 2 S 298/99 - juris Rdnr. 67; Bay. VGH, Beschluss vom 7. Oktober
1997 a.a.O.) ist jedoch zu berücksichtigen, dass der hessische Landesgesetzgeber
nicht einmal einem für zulässig erklärten kassatorischen Bürgerbegehren eine
Sperrwirkung gegen die Umsetzung des angegriffenen Beschlusses der
Gemeindevertretung zuerkennt und es deshalb grundsätzlich bei der Pflicht des
Gemeindevorstands zu dessen Ausführung gem. § 66 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr.
2 HGO verbleibt und im Einzelfall im Rahmen der Abwägung auch sachliche Gründe
für ein zügiges Vorgehen sprechen können (vgl. Bay. VerfGH, Entscheidung vom
15. Juli 1999 - Vf. 103-VI-97- BayVBl. 1999 S. 624 ff. und Bay. VGH, Beschluss vom
7. Oktober 1997, a.a.O.), so dass es den Unterzeichnern und Vertrauenspersonen
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7. Oktober 1997, a.a.O.), so dass es den Unterzeichnern und Vertrauenspersonen
eines Bürgerbegehrens obliegt, rechtzeitig gegen einen Vollzug im Wege
einstweiligen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes vorzugehen.
Danach sind für die Annahme eines missbräuchlichen, zur Rückabwicklung
verpflichtenden Verhaltens der gemeindlichen Organe hohe Anforderungen zu
stellen, die hier nicht erfüllt sind.
Das vorliegend fragliche, nach dem Bewilligungsbescheid des Hessischen
Ministeriums der Finanzen vom 21. Januar 2003 für den Bau des Sport- und
Freizeitzentrums „Auf der Aue“ vorgesehene Anspardarlehen von 400.000,00 €
war bereits zum 1. Januar 2007 zugeteilt und zur Auszahlung fällig, als die
Gemeindevertretung der Antragsgegnerin am 25. Juli 2007 den hier angegriffenen
Beschluss fasste, es für die Baumaßnahmen des VfL A-Stadt e. V. am Sportplatz
B. zu verwenden. Das dagegen gerichtete, am 4. September 2007 beim
Gemeindevorstand eingereichte Bürgerbegehren ist zwar nach dessen Vorprüfung
mit Beschluss vom 4. Oktober 2007 als zulässig bewertet worden. Es konnte aber
zum damaligen Zeitpunkt trotzdem nicht als „ganz offenkundig zulässig“
angesehen werden, was nach einer Ansicht in der Rechtsprechung den Erlass einer
auf Untersagung der Vollziehung des angegriffenen Beschlusses der
Gemeindevertretung gerichteten einstweiligen Anordnung gerechtfertigt hätte (vgl.
OVG Sachs.-Anhalt, Urteil vom 19. Oktober 2000, a.a.O.). Die für die
Zulässigkeitsentscheidung gem. § 8 b Abs. 4 Satz 2 HGO allein zuständige
Gemeindevertretung hatte nämlich bereits im September 2007 einen
Prüfungsausschuss eingesetzt und die Herausgabe der Original-
Unterschriftenlisten verlangt, weil sie u.a. wegen der fehlenden Angaben über das
Geburtsdatum der Unterzeichner und des Tages der Unterzeichnung Zweifel an
der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens hat, die nicht von der Hand zu weisen sind,
wie der hier angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 26.
August 2004 und die dort zitierten Literaturstellen zeigen. Eine missbräuchliche
Verzögerungstaktik kann auch nicht in dem Herausgabeverlangen der
Gemeindevertretung gesehen werden, weil auch dies in der Literatur als berechtigt
angesehen wird (vgl. Bennemann, in Kommunalverfassungsrecht Hessen, Stand:
März 2008, Rdnr. 160 zu § 8 b HGO in Auseinandersetzung mit der Auffassung des
hessischen Datenschutzbeauftragen). Zu diesem Zeitpunkt hätten die
Vertrauensleute bzw. der Antragsteller als Unterzeichner des Bürgerbegehrens
durch einen Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung gem. § 123 Abs. 1 Satz
1 VwGO eine zumindest summarische gerichtliche Klärung der Zulässigkeit ihres
Bürgerbegehrens herbeiführen und damit versuchen können, die von ihnen
befürchtete Vollziehung des angefochtenen Beschlusses der Gemeindevertretung
zu verhindern. Nach der Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nämlich bereits wegen eines nur
beabsichtigten Bürgerbegehrens gegen einen Beschluss der Gemeindevertretung
zur Sicherung des Initiativrechts eines Gemeindebürgers schon vor Ablauf der
sechswöchigen Ausschlussfrist gem. § 8 b Abs. 3 Satz 1 HGO und erst recht nach
Einreichung des Bürgerbegehrens zur Sicherung des beantragten
Bürgerentscheids möglich, wenn das Bürgerbegehren nach summarischer Prüfung
zulässig ist (vgl. Hess. VGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 1993 - 6 TG 2221/93 -
ESVGH 44 S. 99 ff. = DÖV 1994 S. 270 f. = NVwZ 1994 S. 396 f. = juris Rdnr. 1 ff.,
vom 17. Mai 1995 - 6 TG 1554/95 - HSGZ 1996 S. 73 f. = NVwZ 1996 S. 721 f. =
juris Rdnrn. 3 ff., vom 16. Juli 1996 - 6 TG 2264/96 - ESVGH 46 S. 296 ff. = DVBl.
1997 S. 1280 f. = NVwZ 1997 S. 310 f. = juris Rdnr. 4 ff. und vom 30. September
2003 - ESVGH 54 S. 85 ff. = HSGZ 2004 S. 31 ff. = NVwZ-RR 2004 S. 281 ff. =
juris Rdnrn. 14 ff.). Hätte die Antragsgegnerin etwa ungeachtet eines solchen
einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 24. Juli
1996 a.a.O.) und möglicherweise sogar entgegen einer gerichtlichen Aufforderung,
bis zu einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung von
Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, den angegriffenen Beschluss der
Gemeindevertretung umgesetzt, hätte darin ein missbräuchlich effektiven
Rechtsschutz zuwiderlaufendes und zur Rückabwicklung verpflichtendes
gemeindliches Verhalten gesehen werden können. Ein solcher einstweiliger
Rechtsschutzantrag ist aber seinerzeit nicht gestellt worden, so dass der erstmals
unter dem 15. Oktober 2007 an das Hessische Ministerium der Finanzen gestellte
Antrag auf Veränderung des Verwendungszwecks des Anspardarlehens und die
Anfang November 2007 erfolgte erste Zahlung zu Gunsten der Baumaßnahme
des VfL A-Stadt e. V. nicht als missbräuchlich angesehen werden können, zumal
die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin in einer Bürgerversammlung am 30.
Oktober 2007 bekannt gegeben haben soll, dass das ursprünglich geplante
Vorhaben einer zentralen Sportanlage im Gebiet „Aue B“ kurz- und mittelfristig
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Vorhaben einer zentralen Sportanlage im Gebiet „Aue B“ kurz- und mittelfristig
nicht zu realisieren sei, weil die Gemeinde die benötigten Grundstücke nicht
erwerben könne. Nachdem das Hessische Ministerium der Finanzen den
gemeindlichen Umwidmungsantrag im März 2008 wegen des schwebenden
Verfahrens über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens abgelehnt, aber weder
dessen Vertrauensleute noch der Antragsteller als Unterzeichner einstweiligen
Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht, sondern lediglich erfolglos ein
kommunalaufsichtliches Einschreiten beantragt hatten, kann der Antragsgegnerin
nicht entgegen gehalten werden, dass sie im Mai 2008 - nach im Parallelverfahren
eingereichten Presseberichten wegen der Gefahr, dass die zinsgünstigen
Anspardarlehen bei nicht rechtzeitigem Abruf verfallen könnten - beim Hessischen
Ministerium der Finanzen unter Hinweis auf die fortgeschrittene Baumaßnahme
des VfL A-Stadt e. V., auf die fehlende aufschiebende Wirkung des
Bürgerbegehrens, auf die Zweifel an dessen Zulässigkeit und darauf, dass ein
einstweiliger Rechtsschutzantrag nicht vorliege, ihren Umwidmungsantrag
wiederholt und nach dessen Stattgabe mit Bescheid vom 30. Mai 2008 das
Darlehen im Juli 2008 abgerufen und zur Finanzierung der nunmehr bewilligten
Maßnahme verwandt hat. Noch bevor die Anträge der Vertrauensleute des
Bürgerbegehrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim
Verwaltungsgericht am 13./14. August 2008 gestellt worden sind, waren am 7.
August 2008 die letzten gemeindlichen Mittel aus dem Anspardarlehen von
400.000,00 € für die Baumaßnahme des VfL A-Stadt e. V. geflossen.
Das ist angesichts der fehlenden gesetzlichen Sperrwirkung eines eingereichten
Bürgerbegehrens und der Pflicht des Gemeindevorstands zur Vollziehung von
Beschlüssen der Gemeindevertretung nicht zu beanstanden und
angesichts der noch nicht erfolgten Zulassung und der Zweifel an der Zulässigkeit
des Bürgerbegehrens, angesichts des ministeriellen Umwidmungsbescheides und
der dafür vorgebrachten sachlichen Gründe sowie auch deshalb nicht
missbräuchlich, weil die Vertrauensleute und der Antragsteller als Unterzeichner
des Bürgerbegehrens seit dessen Einreichung am 4. September 2007 bis zur
endgültigen Auszahlung der streitigen Zuschüsse Anfang August 2008 fast ein Jahr
lang von der ihnen gegebenen Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes keinen
Gebrauch gemacht haben.
Das Bürgerbegehren und damit das vorliegende Beschwerdeverfahren sind
demgegenüber nicht gegenstandslos geworden, soweit es sich gegen den
Beschluss der Gemeindevertretung vom 25. Juli 2007 richtet, nach dem für den
Neubau einer Sporthalle dem SVG Nieder-Liebersbach e. V. 60 % der
nachgewiesenen Kosten bis zu maximal 736.000,00 € aus dem vorhandenen
Anspardarlehen zur Verfügung gestellt werden sollen.
Eine ministerielle Bewilligung der Änderung des ursprünglichen
Verwendungszwecks dieses Anspardarlehens und/oder eine Auszahlung dieser
Finanzierungsmittel für das Bauvorhaben der SVG Nieder-Liebersbach e. V. sind
weder vorgetragen noch ersichtlich.
Durch die Zahlung der in dem anderen Beschluss der Gemeindevertretung vom
25. Juli 2007 vorgesehenen Zuschüsse von 400.000,00 € für die Baumaßnahme
des VfL A-Stadt e. V. hat sich das Bürgerbegehren auch nicht insgesamt, sondern
nur teilweise in Bezug auf diesen ersten angegriffenen Beschluss erledigt. Die
Streichung des darauf bezogenen Teils der zur Abstimmung des beantragten
Bürgerentscheids gestellten Fragestellung ist zulässig, weil der verbleibende, auf
die Gewährung des Zuschusses von 736.000,00 € an den SVG Nieder-Liebersbach
e. V. für den Neubau der Sporthalle gerichtete Teil des Bürgerbegehrens auch
ohne den gestrichenen Teil für sich allein noch sinnvoll bleibt und dem
mutmaßlichen Willen der Unterzeichner des Bürgerbegehrens entspricht (vgl. Bay.
VGH, Urteile vom 22. Juni 2007 - 4 B 06.1224 - BayVBl. 2008 S. 241 ff. = juris
Rdnrn. 41 ff. und vom 16. März 2001 - 4 B 99.318 - GewArch 2001 S. 390 ff. =
BayVBl. 2001 S. 565 f. = juris Rdnrn. 29 f.). Anders als in dem vom Senat mit
Beschluss vom 5. Oktober 2007 (a.a.O. juris Rdnrn. 49 ff.) entschiedenen Fall stellt
die Streichung des gegenstandslos gewordenen Teils der Fragestellung des
vorliegenden Bürgerbegehrens keine unzulässige inhaltliche Veränderung im Sinne
einer relativierenden Abschwächung der zur Abstimmung gestellten Frage dar,
denn das Gesamtgefüge des mit dem Bürgerbegehren verfolgten Ziels wird
dadurch nicht quasi qualitativ verändert. Darin liegt vielmehr nur eine isolierte,
quasi quantitative Reduzierung des Begehrens um eine selbständige Teilfrage, die
das verfolgte Ziel des Begehrens inhaltlich unberührt lässt (vgl. etwa auch Bay.
VGH, Urteil vom 22. Juni 2007 a.a.O. juris Rdnr. 45 f.).
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Die Teilbarkeit der Fragestellung zeigt sich hier schon darin, dass sie sich gegen
zwei eigenständige Beschlüsse der Gemeindevertretung vom 25. Mai 2007 richtet,
die sich jeweils auf ein anderes Bauvorhaben eines anderen örtlichen Sportvereins
und auf deren Finanzierung aus offensichtlich unterschiedlichen Anspardarlehen,
die in der Fragestellung auch im Plural aufgeführt sind, bezieht, wie auch durch die
mit Bescheid des Hessischen Ministerium der Finanzen vom 30. Mai 2008 erfolgte
Umwidmung des Anspardarlehens mit der Vertragsnummer 7500019854 über
400.000,00 € und deren Verwendung allein für die Baumaßnahmen „B. ..... “ des
VfL A-Stadt e. V. deutlich macht. Zwar zielt das Bürgerbegehren letztlich darauf,
gemeindliche Mittel in Höhe von insgesamt 1.200.000,00 € nicht für die
Finanzierung von „Wunschmaßnahmen zweier Vereine“, sondern nur für die
Errichtung einer gemeindeeigenen zentralen Sport- und Kulturanlage im Gebiet
„Aue B“ zu verwenden und diese dadurch zu ermöglichen. Anders als etwa bei der
Zielsetzung eines Bürgerbegehrens, eine „gesamte“ genau beschriebene Fläche
als Grünfläche zu erhalten, die durch den wirksamen Verkauf von drei
Grundstücken aus dieser Fläche nicht mehr erreicht werden kann, weil die
Relativierung der Fragestellung auf den Erhalt der „größtmöglichen“ Fläche eine
unzulässige inhaltliche Veränderung wäre (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom
05.10.2007 a.a.O.), kann vorliegend das letztlich angestrebte Ziel der Verwendung
gemeindlicher Mittel von 1.200.000,00 € für die Errichtung einer gemeindeeigenen
zentralen Sport- und Kulturanlage trotz der bereits erfolgten Bezuschussung der
Baumaßnahmen „B. ..... “ mit verlorenen Zuschüssen von 400.000,00 € durch
Haushaltsumschichtungen nach wie vor noch erreicht werden, wie sie auch nach
den im Parallelverfahren eingereichten Pressemeldungen Anfang Mai 2008 von der
Gemeindevertretung erwogen und in deren Beschlussvorschlag B in der Sitzung
vom 6./8. Mai 2008 vorgesehen waren.
Die Beschwerde hat auch in diesem Umfang in der Sache Erfolg.
Die Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts beschränkt sich gemäß § 146
Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die frist- und formgerecht dargelegten Gründe des
Beschwerdeführers, so dass es im Beschwerdeverfahren einstweiligen
Rechtsschutzes im Ergebnis zu einer Amtsermittlung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO nur
insoweit kommt, wie die den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO
entsprechende Darlegung dazu Anlass gibt.
Die Beschwerdebegründung muss gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO neben einem
bestimmten Antrag die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern
oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung so
auseinandersetzen, dass tragende Erwägungen des Verwaltungsgerichts in
Anlehnung an die Darlegungsvoraussetzungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 i.V.m. §
124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage gestellt
werden, dass die Richtigkeit des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen
Beschlusses erfolgreich in Zweifel gezogen wird.
Das ist hier der Fall, denn der Einwand des Antragstellers, der Zulässigkeit des
vorliegenden kassatorischen Bürgerbegehrens stehe das Fehlen des Datums der
Unterschriftsleistungen auf den Unterschriftslisten nicht entgegen, weil die
Einhaltung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzung des § 8 b Abs. 3 Satz 3
HGO unabhängig von dieser Angabe feststehe, erscheint gerechtfertigt.
Die vom Verwaltungsgericht vertretene und in der Literatur geteilte Auffassung,
die Angabe des Datums der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens auf den
Unterschriftenlisten sei zwingend erforderlich und ihr Fehlen habe die
Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens zur Folge (vgl. Bennemann a.a.O. Rdnr. 75 zu
§ 8 b HGO; Foerstemann, Die Gemeindeorgane in Hessen, 6. Aufl. 2002, Rdnr. 20
zu § 65), findet im Gesetz keine Stütze und läuft durch eine Überbewertung
formeller Anforderungen dem gesetzgeberischen Anliegen zuwider, jedenfalls im
kommunalen Bereich die unmittelbare Bürgerbeteiligung zu stärken.
Ein gesetzliches Erfordernis, dass in dem beim Gemeindevorstand
einzureichenden Bürgerbegehren neben den in § 8 b Abs. 3 Satz 2 HGO
aufgeführten Angaben zu Fragestellung, Begründung, Kostendeckungsvorschlag
und Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens in den Unterschriftenlisten auch
der Zeitpunkt der Unterzeichnung genannt werden müsste, findet sich in § 8 b
HGO nicht. Der Gesetzgeber hat insbesondere entgegen einer Literaturmeinung
(vgl. Bennemann a.a.O.) mit seiner Novelle vom 8. Juni 1998 (GVBl. I S. 214 ff.) in
das Gesetz nicht das (formelle) Erfordernis der Angabe dieses Datums
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das Gesetz nicht das (formelle) Erfordernis der Angabe dieses Datums
aufgenommen, sondern in § 8 b Abs. 3 Satz 3 HS 2 HGO vielmehr materiell
geregelt, dass die Wahlberechtigung der Unterzeichner „im Zeitpunkt der
Unterzeichnung gegeben sein“ muss; nicht geregelt hat er allerdings, wie dies
erkennbar gemacht und nachgeprüft werden soll. Entgegen einer anderen vom
Verwaltungsgericht herangezogenen Literaturmeinung (vgl. Foerstemann a.a.O.)
ergibt sich ein solches zwingendes Formerfordernis auch nicht über eine
entsprechende Heranziehung der kommunalwahlrechtlichen Vorschriften, nach
denen die wahlberechtigten Unterstützer eines Wahlvorschlage gemäß § 23 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 der Kommunalwahlordnung (KWO) auf dem Formblatt u.a. den Tag der
Unterzeichnung angeben müssen und sie andernfalls gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2
des Hessischen Kommunalwahlgesetzes (KWG) als Unterstützer gestrichen
werden. Die Verweisung in § 8 b Abs. 8 HGO auf das Hessische
Kommunalwahlgesetz und die gemäß § 54 KWG entsprechende Anwendung der für
die der Gemeindevertretung maßgeblichen Vorschriften dieses Gesetzes, zu
denen die die regelnden § 23 KWO und § 15 KWG ohnehin nicht
gehören, beziehen sich nur auf die Durchführung eines nicht
aber auf dessen Beantragung im Wege eines Bürgerbegehrens, dessen
Zulässigkeitsvoraussetzungen in der Spezialvorschrift des § 8 b Abs. 1 bis 4 HGO
abschließend geregelt sind. Hinzu kommt, dass § 23 Abs. 1 und 3 KWO die
Verwendung amtlicher Formblätter nach einem Vordruckmuster voraussetzt, die
für Bürgerbegehren nicht vorgeschrieben und nicht verfügbar sind.
Die danach in der Hessischen Gemeindeordnung nicht im Einzelnen
vorgeschriebenen Angaben auf den Unterschriftenlisten (anders etwa in § 25 Abs.
4 Satz 2 GO NW) dienen dazu, dem Gemeindevorstand die ihm gemäß § 8 b Abs.
3 Satz 1 HGO obliegende Vorprüfung des Bürgerbegehrens insbesondere auch
hinsichtlich der Voraussetzungen des § 8 b Abs. 3 Satz 3 HGO, nämlich der
Unterzeichnung des Bürgerbegehrens durch die erforderliche Anzahl der im
Zeitpunkt der Unterzeichnung wahlberechtigten Gemeindeeinwohner, zu
ermöglichen bzw. zu erleichtern, wobei deren Identität und Wahlberechtigung in
der Regel dem Melderegister entnommen werden können. Wenn dies „ohne
weitere Nachforschungen bei der Gemeinde“ (vgl. Bennemann a.a.O.) mit
angemessenem Aufwand möglich ist, sind auch solche Unterschriften zu
berücksichtigen, bei denen einzelne der erforderlichen Angaben fehlen (vgl.
Hannappel/Meireis, Leitfaden Bürgerbegehren und Bürgerentscheid im Lande
Hessen, Ausgabe 2004, Rdnrn. 51 f.). Ein bloßer Verstoß gegen Formvorschriften
ist dann materiell unbeachtlich, weil andernfalls unter Verstoß gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz allein aus Gründen einer verfahrensmäßigen
Erleichterung der gemeindlichen Vorprüfung Anforderungen an die
Unterschriftsleistung und die damit einhergehenden Angaben gestellt würden, die
für die Erfüllung des vom Gesetz verfolgten Zwecks der Förderung unmittelbarer
Bürgerbeteiligung nicht mehr gerechtfertigt wären; wegen unvollständiger
Angaben verbleibende Zweifel müssen dabei aber zu Lasten der Unterzeichner
bzw. der Initiatoren des Bürgerbegehrens gehen (vgl. OVG Greifswald, Beschluss
vom 24. Juli 1996 a.a.O. juris Rdnr. 43; VG Berlin, Urteil vom 26. April 2007 - 2 A
20.07 - juris Rdnrn. 22 f.; Hannappel/Meireis a.a.O.).
Diese Grundsätze sind auch auf fehlende Angaben des Zeitpunkts der
Unterschriftsleistung anwendbar, wenn dieses Datum für das Vorliegen der
Unterzeichnungsberechtigung ohne Bedeutung ist (vgl. Hannappel/Meireis a.a.O.).
Die Annahme des hier angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses (vgl.
auch Bennemann a.a.O.), die Wahlberechtigung zum Zeitpunkt der
Unterschriftsleistung könne die Gemeinde nur prüfen, wenn dieser Zeitpunkt in
den Unterschriftslisten auch angegeben werde, ist nicht zutreffend, wie der
Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung ausführlich und überzeugend an
Hand des vorliegenden Falles dargestellt hat. Wenn der Gemeindevorstand - wie er
hier unwidersprochen vortragen hat und wie es sich bei summarischer Prüfung aus
der Beiakte zum Verfahren 8 B 1996/08 ergibt - an Hand seiner Meldeunterlagen
festgestellt hat, dass das Bürgerbegehren von einer gemäß § 8 b Abs. 3 Satz 3 HS
1 HGO ausreichenden Anzahl von Gemeindeeinwohner unterzeichnet worden ist,
die alle an jedem einzelnen Tag des „Zeitfensters“ zwischen der mündlichen
Bekanntgabe des angegriffenen Beschlusses in der Sitzung der
Gemeindevertretung (vgl. Hannappel/Meireis a.a.O. Rdnr. 40) und der Einreichung
des unterzeichneten Bürgerbegehrens innerhalb der sechswöchigen
Ausschlussfrist des § 8 b Abs. 3 Satz 1 HS 2 HGO wahlberechtigt waren, kann das
Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 8 b Abs. 3 Satz 3 HGO
unabhängig davon zweifelsfrei angenommen werden, ob der jeweilige Tag der
Unterzeichnung (richtig) angegeben oder feststellbar ist (ähnlich zu einer auf
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Unterzeichnung (richtig) angegeben oder feststellbar ist (ähnlich zu einer auf
diesen Zeitraum bezogenen Prüfung der Wahlberechtigung: VG Hamburg, Urteil
vom 18. April 2000 - 10 VG 283/2000 - juris Rdnr. 28).
Eine andere Beurteilung ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (vgl.
auch Bennemann a.a.O.) nicht etwa deshalb geboten, weil durch die Angabe des
Datums der Unterschriftsleistung eine unzulässige Unterschriftensammlung „auf
Vorrat“ gegen einen erst erwarteten Beschluss der Gemeindevertretung (vgl.
Hannappel/Meireis a.a.O. Rdnr. 40) zumindest erheblich erschwert würde. Die
angesichts der fehlenden Nachprüfbarkeit des angegebenen
Unterschriftszeitpunkts geringe Eignung, einen solchen eher fernliegenden
Versuch, die sechswöchige Ausschlussfrist zu unterlaufen, zu verhindern,
rechtfertigt es nicht, von dieser gesetzlich nicht ausdrücklich geforderten formelle
Angabe die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens abhängig zu machen. Zudem hat
der Antragsteller vorliegend überzeugend dargelegt, dass - wie bei kassatorischen
Bürgerbegehren wohl die Regel - die mit dem Sitzungsprotokoll (nahezu)
wortgleiche Wiedergabe der angegriffenen Beschlüsse der Gemeindevertretung in
dem hier den Unterschriftenlisten vorangestellten Text des Bürgerbegehrens eine
Unterschriftsleistung „auf Vorrat“ vor Erlass des Beschlusses praktisch
ausschließt.
Die obigen Ausführungen gelten ebenso für die von der Gemeindevertretung der
Antragsgegnerin aus der fehlenden Angabe der Geburtsdaten der Unterzeichner
hergeleiteten Zweifel an der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens; konkrete
Anhaltspunkte für den weiter angeführten Gesichtspunkt, dass die Unterschriften
ohne Kenntnis des gesamten Textes des Bürgerbegehrens geleistet worden sein
könnten, sind nicht vorgetragen und aus den vorgelegten Unterschriftenlisten
nicht ersichtlich oder plausibel, denn diese Listen befinden sich allesamt auf der
Rückseite eines Exemplars, das den vollständigen Text des Bürgerbegehrens und
der Begründung enthält.
Nach alledem ist der Beschwerde des Antragstellers in dem aus dem Tenor
ersichtlich Umfang mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Die zugleich die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1
und Abs. 3 GKG abändernde Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 i.V.m. §
53 Abs. 3 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt in Anlehnung an Nr. 22. 6
und Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der
Fassung 7/2004 (NVwZ 2004 S. 1327 und 1330) die Vorläufigkeit des vorliegenden
Verfahrens durch Halbierung des Auffangstreitwertes.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.