Urteil des HessVGH vom 19.09.1991
VGH Kassel: vorbehalt des gesetzes, volkszählung, vzg, zahl, verwaltungsakt, form, hauptwohnung, daten, gemeindeordnung, bad
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
6. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 UE 2588/89
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 28 Abs 2 GG, § 1 Abs 2
S 2 VoZählG 1987, § 15
Abs 2 S 2 VoZählG 1987
Volkszählung - zur Feststellung der Einwohnerzahl durch
Verwaltungsakt
Leitsatz
Die aufgrund der Volkszählung 1987 ermittelte amtliche Einwohnerzahl der Gemeinden
konnte nach dem Volkszählungsgesetz 1987 durch Verwaltungsakt festgestellt werden.
Tatbestand
Die Parteien streiten wegen der von der Beklagten aufgrund der Volkszählung
1987 festgestellten Einwohnerzahl der Klägerin.
Nach Auswertung der Erhebungsunterlagen zur Volkszählung 1987 stellte das
Hessische Statistische Landesamt mit Bescheid vom 1. September 1988 fest, daß
die Klägerin zum Stichtag 25. Mai 1987 8.575 Einwohner mit alleiniger bzw.
Hauptwohnung gehabt habe. Diese festgestellte Einwohnerzahl sei Grundlage für
die Bevölkerungsfortschreibung (§ 5 des Gesetzes über die Statistik der
Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes vom 14.
März 1980, BGBl. I S. 308) und für die maßgebliche Einwohnerzahl nach § 148 der
Hessischen Gemeindeordnung (HGO). Die Feststellung der amtlichen
Einwohnerzahl erging gemäß § 15 Abs. 2 Volkszählungsgesetz vom 8. November
1985, BGBl. I S. 2078 ff. (VZG 1987).
Die Klägerin legte mit Schreiben vom 9. September 1988 gegen den
Feststellungsbescheid Widerspruch ein und begründete diesen in einem weiteren
Schreiben vom 20. Oktober 1988 im wesentlichen wie folgt: Die festgestellte Zahl
von 8.575 Einwohnern mit alleiniger bzw. Hauptwohnung in Bad Sooden-Allendorf
entspreche nicht der tatsächlichen Einwohnerzahl. Wenn man nämlich zu der
festgestellten Zahl von 8.575 Einwohnern die von dem Beklagten ermittelte Zahl
von 544 Personen mit Nebenwohnung hinzurechne, komme man auf eine
Gesamteinwohnerzahl von 9.119 Einwohnern. Der Beklagte selbst habe aber zum
31. Dezember 1986 eine Einwohnerzahl von 9.625 mitgeteilt. Daraus ergebe sich,
daß 506 Einwohner bei der Durchführung der Volkszählung nicht erfaßt worden
seien. Nach der eigenen Fortschreibung der Klägerin vom 30. Juni 1987 habe sich
eine Einwohnerzahl (einschließlich der Nebenwohnsitze) von 9.786 ergeben. Beim
KGRZ Kassel seien am 16. Juni 1987 9.762 Einwohner gespeichert gewesen.
Einen weiteren Anhaltspunkt für die Unrichtigkeit der festgestellten Einwohnerzahl
sah die Klägerin in der Zahl von 7.134 Wahlberechtigten, wie sie bei der
Landtagswahl vom 5. April 1987 maßgebend gewesen sei. Ziehe man diese Zahl
von der festgestellten Einwohnerzahl von 8.575 ab, so verbleibe für die
nichtwahlberechtigten Einwohner unter 18 Jahren nur ein Rest von 1.441. Diese
Zahl erscheine ihr, der Klägerin, zu gering und nicht den Tatsachen entsprechend.
Im Zuge des Widerspruchsverfahrens wurden die von der Erhebungsstelle der
Klägerin für die Volkszählung gelieferten Unterlagen von dem Hessischen
Statistischen Landesamt - im Beisein von Vertretern der Klägerin - nochmals
überprüft, ohne daß hierbei Unrichtigkeiten zu Tage traten. Daraufhin wies das
Hessische Statistische Landesamt den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom
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Hessische Statistische Landesamt den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom
15. November 1988 zurück. Die Überprüfung habe ergeben, daß die Feststellung
der amtlichen Einwohnerzahl rechtmäßig ergangen sei. Laut Gemeindeliste seien
von der Klägerin 9.080 Belege von Einwohnern der Stadt abgeliefert worden.
Maschinell gelesen worden (weil wirklich vorhanden) seien 9.119 Belege, davon
8.575 Belege von Einwohnern mit alleiniger bzw. Hauptwohnung in Bad Sooden-
Allendorf. Auch die nochmalige Überprüfung habe ergeben, daß die
Erhebungsstelle der Klägerin alle Gemeindeteile und Straßen ordnungsgemäß
erfaßt habe. Es sei auch keineswegs überraschend, daß die Feststellung aufgrund
der Volkszählung 1987 häufig nicht mit den Feststellungen der Meldeämter, der
kommunalen Gebietsrechenzentren und der auf der Volkszählung 1970
basierenden Fortschreibungen übereinstimme. Hierin liege gerade die
Notwendigkeit einer erneuten Volkszählung, deren Hauptzweck die Feststellung
der aktuellen Einwohnerzahl sei. Das Verbot eines Melderegisterabgleichs mache
es unmöglich, die Abweichungen im Einzelfall aufzuklären. Diese für die einzelne
Gemeinde manchmal unbefriedigende Situation beschränke eine Überprüfung der
Feststellung allein auf die Unterlagen aus der Volkszählung. Die dementsprechend
eingeschränkte Nachprüfbarkeit ergebe sich aus den verfassungsrechtlichen
Vorgaben und könne daher weder im Rahmen eines Widerspruchs- noch eines
Verwaltungsstreitverfahrens erweitert werden. Auch bei der Frage 6 des
Personenbogens (Haupt- bzw. Nebenwohnsitz) könne die Feststellung nur
aufgrund der im jeweiligen Bogen enthaltenen Angaben erfolgen. Falls hier im
Einzelfall von Auskunftspflichtigen falsche Antworten gegeben worden seien, seien
diese durch Rückfrage der örtlichen Erhebungsstelle zu klären gewesen.
Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 1988 - eingegangen beim Verwaltungsgericht
Kassel am 9. Dezember 1988 - hat die Klägerin Klage erhoben und diese wie folgt
begründet:
Mit dem Bescheid vom 1. September 1988 sei festgestellt worden, daß zum
Stichtag 25. Mai 1987 die Klägerin 8.575 Einwohner mit alleiniger bzw.
Hauptwohnung gehabt habe. Nach der von ihr selbst geführten Einwohnerstatistik
habe sie zum gleichen Zeitpunkt 9.625 Einwohner gehabt, so daß sich eine
Abweichung von 1.046 Einwohnern ergebe. Die vom Statistischen Landesamt
festgestellten Einwohnerzahlen seien als Bemessungsgrundlage für den
kommunalen Finanzausgleich zugrundegelegt worden, was für die Klägerin
erhebliche finanzielle Einbußen zur Folge habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Hessischen Statistischen Landesamtes vom 1. September
1988 sowie den Widerspruchsbescheid desselben vom 15. November 1988
aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin treffe die volle
Verantwortung für die Durchführung der Volkszählung im Bereich der Gemeinde.
Ihr hätten die Unterlagen aus dem Meldeamt zur Verfügung gestanden, sie habe
die Qualität der Erhebungsstelle durch Auswahl und Anleitung der Mitarbeiter
beeinflussen können. Nach der Zusammenstellung und vor der Abgabe der
Unterlagen an das Statistische Landesamt habe die Klägerin feststellen können,
wo die Differenz zu der bisherigen Fortschreibung aufgetreten und wie diese evtl.
zu erklären sei. Das Statistische Landesamt habe seine Feststellung nur aufgrund
der von der Erhebungsstelle gelieferten Unterlagen treffen können. Auch die im
Rahmen des Widerspruchsverfahrens durchgeführte Überprüfung habe die
Richtigkeit der ersten Auszählung ergeben.
Die mit Bescheid vom 1. September 1988 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 15. November 1988 getroffene Feststellung sei nur
auf eine Bestimmung des statistischen Ergebnisses der Volkszählung 1987
gerichtet. Sie entwickle keine unmittelbare Rechtswirkung wie die Feststellung nach
§ 148 HGO, sondern bilde die - rechnerische - Grundlage für die weitere
Fortschreibung. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Feststellung nach
§ 15 Abs. 2 VZG und den Zuweisungen im Rahmen des kommunalen
Finanzausgleichs bestehe nicht.
Durch Urteil vom 12. Juli 1989 hat das Verwaltungsgericht Kassel der Klage
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Durch Urteil vom 12. Juli 1989 hat das Verwaltungsgericht Kassel der Klage
stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat
das Gericht ausgeführt:
Der Bescheid des Hessischen Statistischen Landsamtes vom 1. September 1988
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. November 1988 sei
rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Für den Bescheid, mit dem
das Hessische Statistische Landesamt gegenüber der Klägerin die aufgrund der
Volkszählung 1987 festgestellte Einwohnerzahl bindend habe festlegen wollen,
fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Die Erforderlichkeit einer derartigen
Ermächtigungsgrundlage für einen Verwaltungsakt, der in die Rechtsstellung eines
Rechtssubjektes eingreife, ergebe sich aus dem sogenannten Grundsatz vom
Vorbehalt des Gesetzes. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz verlange bei
Eingriffen in die Rechte natürlicher oder juristischer Personen, daß die Eingriffe
durch oder aufgrund eines formellen Gesetzes erfolgten. Für die Feststellung des
Volkszählungsergebnisses enthalte das Gesetz über eine Volks-, Berufs-,
Gebäude-, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung (VZG 1987) vom 8. November
1985 (BGBl. I S. 2078) keine gesetzliche Grundlage. Der Beklagte berufe sich
insofern zu Unrecht auf § 15 Abs. 2 Satz 1 VZG 1987. In dem Wortlaut dieser
Bestimmung sei eine gesetzliche Regelung für den Erlaß eines Bescheides
gegenüber einzelnen Gemeinden, in dem ihre durch die Volkszählung erbrachte
Bevölkerungszahl festgestellt werde, nicht zu erkennen. § 15 Abs. 2 Satz 1 VZG
1987 enthalte offensichtlich nur eine Regelung des Vernichtungszeitpunktes für die
Erhebungsvordrucke einschließlich der Hilfsmerkmale. Dabei solle der späteste
Vernichtungszeitpunkt "zwei Wochen nach Feststellung der amtlichen
Bevölkerungszahl des Landes" liegen. Dieser Zeitpunkt solle dabei nicht den
Regelzeitpunkt der Vernichtung, sondern den spätesten Zeitpunkt kennzeichnen.
Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 1987 (- 1
BvR 970/87-, NJW 1987, S. 2805 f.) seien die Statistischen Landesämter gehalten,
für jede der Erhebungsunterlagen den jeweils frühest möglichen Zeitpunkt zu
ermitteln und sie zu diesem Zeitpunkt zu vernichten oder zu löschen. Wie die
Feststellung der amtlichen Bevölkerungszahl des Landes erfolgen solle, regele §
15 Abs. 2 VZG 1987 dagegen nicht. Auch wenn der Beklagte im Verfahren
vorgebracht habe, das Landesergebnis setze sich aus den Ergebnissen der
einzelnen Gemeinden zusammen, so möge dies zwar stimmen, eine
Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß von entsprechenden feststellenden
Bescheiden gegenüber den Gemeinden folge daraus jedoch nicht. Eine sachliche
Notwendigkeit, daß die Feststellung durch Bescheid zu erfolgen habe, sei ebenfalls
nicht zu erkennen.
Auch die vom Beklagten angeführte Begründung des Volkszählungsgesetzes 1987
in den Drucksachen von Bundestag und Bundesrat ändere an diesem Ergebnis
nichts. Dort sei ausgeführt, "die amtliche Bevölkerungszahl liege erst dann vor,
wenn der Bescheid bestandskräftig, d. h. durch Rechtsbehelfe nicht mehr
angreifbar" sei (Bundestagsdrs. 10/2814, S. 25; Bundesratsdrs . 553/84, S. 70 n.).
Zwar sei nicht genau ersichtlich, welcher "Bescheid" dabei gemeint sei. Selbst
wenn man aber davon ausgehe, hiermit seien die vom Hessischen Statistischen
Landesamt an die Gemeinden versandten Bescheide gemeint, ergebe auch dies
keine ausreichende gesetzliche Grundlage. Denn die Auslegung eines
Rechtssatzes - hier des § 15 Abs. 2 Satz 1 VZG 1987 - könne nur dort anknüpfen,
wo innerhalb der gesetzlichen Norm Ansatzpunkte für eine Auslegung bestünden.
Habe der Gesetzgeber aber erkennbar etwas anderes geregelt - wie im
vorliegenden Fall den Zeitpunkt der Vernichtung der Erhebungsunterlagen - so
könne nicht eine weitere, zusätzliche Regelung im Wege der "Auslegung"
hinzugefügt werden. Ein solches Vorgehen sprenge die Grenzen der Auslegung
und schaffe einen gesetzlich nicht festgelegten neuen Rechtssatz. Da es insofern
bereits an einer gesetzlichen Grundlage für den von der Klägerin angefochtenen
Bescheid des Hessischen Statistischen Landesamts fehle, komme es für die
Entscheidung nicht mehr auf die Einwendungen der Klägerin gegen das
Zählergebnis an.
Gegen das ihm am 27. Juli 1989 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 16. August
1989 Berufung eingelegt und diese wie folgt begründet:
Der Klage fehle bereits das Rechtsschutzinteresse, weil sich die Klägerin
entsprechend ihrem Schriftsatz vom 22. Mai 1989 in erster Linie gegen den
"ursächlichen Zusammenhang zwischen Volkszählungsergebnis und kommunalem
Finanzausgleich" wende. Die Klage sei aber auch sachlich nicht begründet, weil die
angefochtene Feststellung auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage
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angefochtene Feststellung auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage
beruhe. Die diesbezüglichen Ausführungen des Gerichts erster Instanz gingen fehl.
Die Feststellung der Einwohnerzahl gegenüber der betroffenen Gemeinde enthalte
ein final regelndes Element, ihre Auswirkungen auf den Bereich der kommunalen
Selbstverwaltung seien beträchtlich, so daß der Gesetzgeber ganz
selbstverständlich von einer Bekanntgabe durch Verwaltungsakt ausgegangen sei.
Nur in dieser Form sei auch die notwendige Berücksichtigung der gemeindlichen
Interessen zu erreichen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu der
(fehlenden) Ermächtigungsgrundlage stünden im Widerspruch zu Rechtsprechung
und Literatur, wobei die Frage offenbleiben könne, ob feststellende
Verwaltungsakte überhaupt einer gesetzlichen Grundlage bedürften. Eine solche
ergebe sich hier eindeutig aus § 1 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 15 Abs. 2 VZG
1987. Dabei müsse die amtliche Begründung des Gesetzes im Interesse einer
verfassungsgemäßen Anwendung der Norm berücksichtigt werden. Es sei äußerst
bedenklich, den erkennbaren Willen des Gesetzgebers zu übergehen, nur weil
subjektiv in der Norm kein Auslegungsbedarf gesehen werde. Die juristische
Vorgeschichte des § 15 VZG 1987 mit den Folgerungen für die Gemeinde und für
den Abschluß des Zählvorganges sei in dem erstinstanzlichen Urteil überhaupt
nicht gewürdigt worden. Damit stehe das Urteil auch in Widerspruch zu der
Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (NJW 1986, S. 1121), der zufolge es
einer ausdrücklichen Grundlage für den Erlaß eines Verwaltungsaktes nicht
bedürfe, wenn ihr Vorhandensein im Wege der Auslegung ermittelt werden könne.
Der Beklagte hat weiter vorgetragen, daß die durch den angefochtenen Bescheid
vom 1. September 1988 festgestellte Einwohnerzahl zugleich die Bezugszahl für
die aktuelle Fortschreibung darstelle. Eine nachträgliche Einwirkungsmöglichkeit
auf das Volkszählungsergebnis im Rahmen der Fortschreibung oder eines
entsprechenden Verfahrens nach § 148 HGO bestehe nicht. Die Fortschreibung
erfolge im wesentlichen aufgrund der Angaben der Meldeämter und
Standesämter, die wiederum auch vom gesetzmäßigen Verhalten der Einwohner
abhängig seien. Gerade um die sich im Laufe der Zeit summierenden Fehler
dieses Verfahrens zu korrigieren, würden in gewissen Abständen die
Volkszählungen durchgeführt. Dabei komme es dann zum Wegfall sogenannter
"Karteileichen", der in Hessen in einzelnen Fällen eine Größenordnung von 8.000
bis 15.000 Einwohnern, das seien Verluste bis zu 14 %, erreicht habe. Zu
berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang der beträchtliche Zeitabstand zu
der vorausgegangenen Volkszählung 1970. Der Grund für die Abweichung könne
im vorliegenden Fall auch in den Kurheimen und Ferienwohnungen zu suchen sein.
Der Beklagte weist außerdem noch einmal auf die Überprüfung der die
Volkszählung betreffenden Unterlagen im Rahmen des Widerspruchsverfahrens
hin. Um dem Spannungsverhältnis zwischen frühzeitiger Anonymisierung der
Daten und Darlegungslast gegenüber der Gemeinde sachgerecht Rechnung zu
tragen, habe man in einer Art "Beweissicherungsverfahren" die von der Klägerin
zugesandten Volkszählungsunterlagen - in Anwesenheit von Vertretern der
Klägerin - erneut überprüft. Diese Überprüfung, quasi ein halber
Melderegisterabgleich, habe die Richtigkeit sowohl der Erfassungsarbeit seitens
der Erhebungsstelle als auch der Festsetzung durch das Hessische Statistische
Landesamt ergeben.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 12. Juli 1989 aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verweist auf ihr Vorbringen erster Instanz und ist im übrigen der
Auffassung, daß die Ausführungen des Beklagten in der Berufungsbegründung die
zutreffende rechtliche Beurteilung, die das Verwaltungsgericht vorgenommen
habe, nicht in Frage stellen könnten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze, die erstinstanzliche Entscheidung und die vorgelegten
Verwaltungsvorgänge (2 Hefter), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft sowie form-
und fristgerecht eingelegt (§ 124 VwGO). Die Berufung ist auch begründet, weil das
Verwaltungsgericht der Klage zu Unrecht stattgegeben hat.
Die Klage ist allerdings als Anfechtungsklage zulässig. Bei dem Bescheid, mit dem
das Hessische Statistische Landesamt die amtliche Einwohnerzahl als Ergebnis
der Volkszählung 1987 gegenüber der Klägerin festgestellt hat, handelt es sich um
einen Verwaltungsakt. Dies ergibt sich schon daraus, daß das Landesamt sein
Schreiben vom 1. September 1988 nicht als einfache Mitteilung, sondern als
verbindliche Feststellung ausgestaltet und diesen Charakter noch dadurch
unterstrichen hat, daß es dem Schreiben eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt
hat.
Der Klägerin und Berufungsbeklagten fehlt es auch nicht am notwendigen
Rechtsschutzbedürfnis für ihre Klage. Sie hat ein rechtliches Interesse daran, sich
gegen das Volkszählungsergebnis zu wenden, nach welchem ihre Einwohnerzahl
auf 8.575 festgesetzt ist, während sie selbst nach ihrer damaligen
Einwohnerstatistik von einer Einwohnerzahl von 9.625 (einschließlich der
Nebenwohnsitze) ausgeht. Auch wenn sich die von der Klägerin befürchteten
negativen Folgen für ihre finanzielle Ausstattung nicht unmittelbar aus der
festgestellten Einwohnerzahl ergeben, so bildet diese doch die rechnerische
Grundlage für die zukünftigen Bevölkerungsfortschreibungen sowohl nach § 5 des
Gesetzes über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des
Bevölkerungsstandes vom 14. März 1980 (BGBl. I, S. 309) als auch nach § 148
HGO. Eine strikte Trennung zwischen der Festsetzung der Bezugszahl nach dem
Ergebnis der Volkszählung 1987 und der Feststellung der Fortschreibungszahl
nach § 148 HGO läßt sich im Hinblick auf die rechtliche Bewertung ihrer
Auswirkungen deshalb nicht vornehmen. Zwar ergeben sich aus dem statistischen
Ergebnis der Volkszählung selbst keine unmittelbaren Rechtsfolgen; diese
erwachsen vielmehr erst aus der Fortschreibung und Feststellung der
Bevölkerungszahl der Gemeinden durch das Hessische Statistische Landesamt
(Grundsatz der Maßgeblichkeit der Stichtagseinwohnerzahl für das jeweils folgende
Haushaltsjahr; vgl. Schlempp, Komm. zur Hessischen Gemeindeordnung, Stand:
März 1990, Erl. I zu § 148 HGO). Das Volkszählungsergebnis wirkt sich aber
mittelbar auf die von der Einwohnerzahl abhängige Rechtsstellung der Gemeinde
aus, weil es die Grundlage der jeweiligen Fortschreibung bildet. So lassen sich
letztlich eine ganze Reihe von Rechtsfolgen, die nach bundes- oder
landesgesetzlichen Vorschriften an die Einwohnerzahl der Gemeinde anknüpfen,
auf das Ergebnis der letzten Volkszählung zurückführen. Als Beispiele seien neben
der in § 148 HGO ausdrücklich genannten Zahl der Gemeindevertreter (vgl. § 38
HGO) verschiedene gesetzliche Zuständigkeiten, die Höhe von Amtsbezügen und
von finanziellen Zuweisungen des Landes genannt (vgl. dazu Schneider/Jordan,
Hessische Gemeindeordnung, Komm., Stand: Februar 1989, Erl. 1 zu § 148).
Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg. Denn der Bescheid des Hessischen
Statistischen Landesamtes vom 1. September 1988 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 15. November 1988 ist rechtmäßig.
Der angefochtene Bescheid durfte nach dem Volkszählungsgesetz erlassen
werden.
Dem Verwaltungsgericht ist darin zu folgen, daß der als Verwaltungsakt erlassene
Feststellungsbescheid über die durch die Volkszählung ermittelte Einwohnerzahl
einer Ermächtigungsgrundlage bedarf. Dies folgt aus dem Grundsatz vom
Vorbehalt des Gesetzes, nach welchem Eingriffe in die Rechte natürlicher oder
juristischer Personen nur durch oder aufgrund eines formellen Gesetzes erfolgen
dürfen. Dieser Grundsatz wird - wie bereits das Verwaltungsgericht dargelegt hat -
verfassungsrechtlich auf unterschiedliche Grundlagen gestützt, so etwa auf Art. 20
Abs. 3 GG in Verbindung mit den Grundrechten oder auf
Verfassungsgewohnheitsrecht (vgl. Schnapp, in: von Münch (Hrsg.), Grundgesetz,
Komm., Bd. 1, 3. Aufl. 1985, Art. 20, Rdnrn. 38, 43). Was die Klägerin betrifft, so
ergibt sich der Vorbehalt des Gesetzes in Bezug auf Eingriffe in den
Selbstverwaltungsbereich einer Gemeinde aus Art. 28 Abs. 2 GG.
Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes gilt auch für sogenannte feststellende
Verwaltungsakte, soweit diesen eine belastende Wirkung zukommt (vgl. BVerwG,
Urteil vom 29. November 1985 - 8 C 105/83 -, NJW 1986, S. 1120). Was die
Feststellung der Einwohnerzahl als Ergebnis der Volkszählung 1987 betrifft, so
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Feststellung der Einwohnerzahl als Ergebnis der Volkszählung 1987 betrifft, so
ergibt sich die belastende Wirkung hier daraus, daß die durch die Volkszählung
ermittelte Einwohnerzahl niedriger ist als die bisherige statistisch maßgebliche
Einwohnerzahl und daß nunmehr die gemäß § 15 Abs. 2 VZG festgestellte
amtliche Einwohnerzahl - wie bereits oben näher dargelegt - die Grundlage für alle
zukünftigen Feststellungen und Fortschreibungen bildet. Einem feststellenden
Verwaltungsakt kommt auch nicht dadurch eine überwiegend begünstigende
Wirkung zu, daß, wie gelegentlich vertreten wird, durch ihn der Weg zu einer
richterlichen Überprüfung eröffnet wird und hierin für den Adressaten
möglicherweise ein Vorteil liegt oder zumindest ein denkbarer Grund für sein
Einverständnis zum Erlaß des Verwaltungsaktes. Eine Beschwer wird dadurch nicht
ausgeschlossen.
Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zu folgen, daß der Bescheid des
Hessischen Statistischen Landesamtes in den durch Art. 28 Abs. 2 GG
garantierten Bereich der Selbstverwaltung eingreift. Denn die Festsetzung der
Einwohnerzahl - zugleich Grundlage der Fortschreibung - ist für die Größe des
Trägers der Selbstverwaltungsgarantie sowie den Umfang seiner Aufgaben und
Befugnisse von Bedeutung. An die Bevölkerungszahl knüpfen sich, wie bereits
oben näher dargelegt, Folgen auf verschiedenen Gebieten, die wiederum alle einen
Bezug zur örtlichen Gemeinschaft haben. Durch die bestandskräftige Feststellung
der Bevölkerungszahl werden der Klägerin auch für diese Bereiche Einwendungen
gegen das Volkszählungsergebnis abgeschnitten.
Die danach für die Feststellung der Einwohnerzahl der Klägerin durch das
Hessische Statistische Landesamt notwendige Ermächtigungsgrundlage läßt sich
dem Volkszählungsgesetz entnehmen. Sie findet sich ausdrücklich weder in der
gesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 2 VZG noch an anderer Stelle, ist aber im
Wege der Auslegung aus verschiedenen Normen des Volkszählungsgesetzes zu
ermitteln. So bestimmt § 15 Abs. 2 VZG zwar in erster Linie den Zeitpunkt der
Vernichtung der Volkszählungsunterlagen. Darüber hinaus kommt dort, ebenso
wie in Abs. 3 und in Abs. 6 Satz 2, aber auch eindeutig zum Ausdruck, daß eine
Feststellung der amtlichen Bevölkerungszahl des Landes getroffen wird. Aus § 1
Abs. 2 Satz 2 VZG wiederum ergibt sich, daß diese Feststellung sich auch auf die
amtliche Bevölkerungszahl der Gemeinden bezieht und daß sie von dem jeweiligen
Statistischen Landesamt getroffen wird. Auch in § 15 Abs. 6 Satz 1 VZG wird
davon ausgegangen, daß die statistischen Ämter der Länder "die amtliche
Bevölkerungszahl der Gemeinden" festzusetzen haben. Dem Hessischen
Statistischen Landesamt stand demnach in materiell-rechtlicher Hinsicht
unzweifelhaft die Befugnis zu, die amtliche Einwohnerzahl der Gemeinden nach der
Volkszählung 1987 festzustellen.
Diese (materiell-rechtliche) Feststellungsbefugnis erstreckte sich auch auf die
Form des Verwaltungshandelns. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Im Volkszählungsgesetz 1987 ist, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt
hat, keine ausdrückliche Regelung darüber getroffen worden, daß die Feststellung
der amtlichen Gemeindeeinwohnerzahl gerade durch einen Bescheid
(Verwaltungsakt) gegenüber der betroffenen Gemeinde zu erfolgen hat. Ob eine
solche Regelung unter dem Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes
erforderlich ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (vgl.
Sachs, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, Komm., 3. Aufl.
1990, § 44 Rdnr. 27 m. w. N.). Ob die Befugnis, in der Form des Verwaltungsaktes
zu handeln, der Hoheitsverwaltung gewissermaßen "immanent" ist bzw. zu deren
"Hausgut" zählt (vgl. Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, B. Aufl. 1989, § 42 Rdnr.
10 m. w. N.; im Ergebnis auch Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 1990, § 10
Rdnr. 5) oder ob der Vorbehalt des Gesetzes auch für die Handlungsform des
Verwaltungsaktes gilt (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Leonhardt, a.a.O., § 44 Rdnr.
27 am Ende; Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 8. Aufl.
1986, Rdnr. 75), kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, da sich eine
Ermächtigung zu der gewählten Handlungsform im Wege der Auslegung aus dem
Volkszählungsgesetz entnehmen läßt.
Bei einer am Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ausgerichteten Auslegung
ergibt sich, daß die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl für Bund, Länder und
Gemeinden ein zentraler und zugleich auch legitimer Zweck der Volkszählung war
(vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983, BVerfGE 65, 1, 52 ff. = NJW 1984, S.
49; VGH Mannheim, Beschluß vom 7. Dezember 1987, NJW 1988, S. 988, 989).
Dieser Zweck kann aber nur dann erreicht werden, wenn die aus den Daten
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Dieser Zweck kann aber nur dann erreicht werden, wenn die aus den Daten
gewonnenen Feststellungen richtig sind bzw. einen hohen Grad an Genauigkeit
aufweisen. Der Gesetzgeber hat deshalb zahlreiche Prüfungsmechanismen
vorgesehen, mit deren Hilfe auftretende Fehler erkannt und bereinigt werden
können. Als einen solchen Mechanismus wollte der Gesetzgeber sich dabei auch
die Kontrolle der richtigen Einwohnerzahl durch die jeweilige Gemeinde zunutze
machen, die schon aus eigenem Interesse darauf bedacht sein mußte, auf
mögliche Fehlerquellen hinzuweisen und Unrichtigkeiten aufzudecken. Der
Intention des Gesetzgebers, dieses Element zu nutzen und gleichzeitig den
Erfordernissen der frühzeitigen Anonymisierung und Vernichtung der
Erhebungsunterlagen gerecht zu werden, entspricht am ehesten eine Festsetzung
der Gemeindeeinwohnerzahl durch eine Regelung, die in Bestandskraft erwächst.
Es ist daher davon auszugehen, daß der Gesetzgeber im VZG 1987 - auch ohne
ausdrückliche Normierung - die Feststellung der Gemeindeeinwohnerzahl in der
Form des Verwaltungsaktes zugrundegelegt und darin eine Regelung im Interesse
der Gemeinden gesehen hat, die es diesen erlaubt, für sie nachteilige Fehler oder
Unrichtigkeiten notfalls in einem verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit klären zu
lassen (vgl. auch VGH Mannheim, a.a.O., S. 989; Meissner, NVwZ 1989, S. 1 <8>).
Diese Auslegung findet eine weitere Stütze in der Begründung des
Volkszählungsgesetzes, wo im Zusammenhang mit § 15 VZG davon die Rede ist,
daß die amtliche Bevölkerungszahl erst dann vorliegt, "wenn der Bescheid
bestandskräftig, d. h. durch Rechtsbehelfe nicht mehr angreifbar ist"
(Bundestagsdrucks. 10/2814, S. 25 = Bundesratsdrucks. 553/84, S. 25). Hieraus
wird ebenfalls deutlich, daß der Gesetzgeber von einer Feststellung der
Bevölkerungszahl durch Verwaltungsakt ausgegangen ist. Während also
statistische Ergebnisse grundsätzlich im Wege des schlicht hoheitlichen Handelns
festgestellt werden, sollte der Feststellung der Bevölkerungszahlen der Gemeinden
auf der Grundlage der Volkszählung 1987 Verwaltungsaktqualität zukommen
(ebenso Dorer/ Mainusch/Tubies, Bundesstatistikgesetz, Komm. 1988, Rdnr. 6 zu §
3).
Auch was die im Bescheid vom 1. September 1988 festgestellte Einwohnerzahl
betrifft, ist der Senat zu der Auffassung gelangt, daß das Ergebnis der
Volkszählung nach den in diesem Gesetz festgelegten Regeln und nach den
Gesetzen der Statistik durch das Hessische Statistische Landesamt korrekt
festgestellt worden ist. Dabei ist der Senat davon ausgegangen, daß der
Überprüfung objektiver Unrichtigkeiten der Ergebnisse der Volkszählung
verfassungsrechtliche Grenzen gezogen sind. Aus dem Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung ergibt sich ein Verbot des
Melderegisterabgleichs und damit eine Schranke für jene Richtigkeitsgewähr des
statistischen Ergebnisses, die nur aufgrund einer solchen Überprüfung gegeben
werden könnte (vgl. zum Verbot des Melderegisterabgleichs BVerfG, a.a.O., S. 63
ff.).
Was die tatsächlich festgestellte Einwohnerzahl betrifft, so hat die Klägerin nichts
substantiiert dazu vorgetragen, daß die Volkszählung in ihrem Gemeindegebiet
und die Feststellung des Ergebnisses fehlerhaft erfolgt sei. Sie hat insbesondere
nicht in konkreter Weise dargetan, daß und in welchem Umfang Einwohner bei der
Durchführung der Volkszählung nicht erfaßt worden sind oder daß eine der
Differenz von 506 entsprechende Zahl von Einwohnern die Auskunft verweigert
hat. Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung der genauen
Bevölkerungszahl können aber nur solche Unrichtigkeiten sein, die mit einer
erneuten Überprüfung der Volkszählungsunterlagen feststellbar sind. Dies kann
dadurch geschehen, daß die Erhebungsunterlagen insgesamt noch einmal
gelesen, die Regionallisten erneut erfaßt und die maschinellen Arbeitsgänge
wiederholt werden (vgl. VGH Mannheim, a.a.O., S. 989). Für die Wahrheitsfindung
bedarf es dabei nicht unbedingt einer Vorlage dieser Unterlagen im gerichtlichen
Verfahren, sondern das Ergebnis einer erneuten Überprüfung der festgestellten
Bevölkerungszahl kann auch mit einer amtlichen Auskunft in das Verfahren
eingeführt werden, bei der dem im § 16 BStatG normierten Statistikgeheimnis
Rechnung getragen wird (vgl. VGH Mannheim, a.a.O., S. 989).
Die von der Klägerin angestellten Erwägungen zum Verhältnis zwischen der Zahl
der Wahlberechtigten für die Landtagswahl 1987 und der Einwohnerzahl vermögen
nicht zu überzeugen. Die Zahl der Wahlberechtigten wird auf der Grundlage der
bisherigen Bevölkerungsfortschreibung festgestellt. Um deren Unrichtigkeiten geht
es aber gerade bei der Volkszählung.
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Auch bei der im Zuge des Widerspruchsverfahrens durchgeführten Überprüfung
der Volkszählungsunterlagen, die nach Abschluß der Erhebung von der Klägerin
übersandt worden waren, sind keine Unrichtigkeiten zu Tage getreten. Bei dieser
Überprüfung in Gegenwart von Vertretern der Klägerin hat ein Abgleich zwischen
den Listen, die auf der Grundlage der Daten der Meldebehörde erstellt worden
sind, und den von den Zählern und Erhebungsstellen gefertigten Listen
stattgefunden. Diese Überprüfung hat die Richtigkeit der Feststellung des
Beklagten bestätigt (vgl. Aktenvermerk des Hessischen Statistischen
Landesamtes, Außenstelle Korbach, vom 14. November 1988).
Die bloße Behauptung der Klägerin, die fortgeschriebenen Melderegisterzahlen
gäben die richtige Einwohnerzahl wieder, vermag nicht zu überzeugen. Wie
allgemein bekannt ist, entstehen bei der Fortschreibung der Bevölkerungszahl
statistische Fehler, die sich im Laufe der Zeit summieren. Eine Primärerhebung,
wie sie die Volkszählung 1987 darstellt, versucht gerade, diese Fehler in
bestimmten zeitlichen Abständen zu beseitigen. Es liegt daher in der Natur der
Sache, daß Differenzen in der Einwohnerzahl auftreten.
Nach alledem ist der Berufung des Beklagten stattzugeben und die Klage als
unbegründet abzuweisen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens gemäß § 154
Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des
Urteils beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.