Urteil des HessVGH vom 29.11.2001
VGH Kassel: magistrat, wahlkampf, bad, ausübung der option, wähler, wahlergebnis, fraktion, öffentlich, eigenschaft, form
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
8. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 UE 3800/00
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 50 Nr 2 KomWG HE
(Erheblichkeit eines Fehlers bei der Wahl)
Tatbestand
Die Kläger, Bürger der Stadt Bad Homburg v.d.H., begehren die Ungültigerklärung
und Wiederholung der am 1./22. März 1998 erfolgten Direktwahl des Beigeladenen
zum Oberbürgermeister (OB) dieser Stadt.
Der Beigeladene war von der Beklagten, der Bad Homburger
Stadtverordnetenversammlung (StVV), im Juli 1997 zum hauptamtlichen
Stadtbaurat gewählt worden und hatte dieses Amt am 1. Oktober 1997
angetreten. Nachdem der damalige OB A. (CDU) im September 1997 nach vier
Amtsperioden seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur für die OB-Wahl 1998
erklärt hatte, war der Beigeladene im November 1997 vom CDU-Vorstand und im
Dezember 1997 vom CDU-Parteitag als OB-Kandidat nominiert und am 15. Januar
1998 von der CDU offiziell zur Wahl vorgeschlagen worden.
Im ersten Wahlgang am 1. März 1998 entfielen auf den Beigeladenen 8.246
Stimmen, auf die als unabhängige Kandidatin auftretende Vorsitzende der SPD-
Fraktion in der StVV, B. F., 6.556 Stimmen, auf den Vorsitzenden der Fraktion von
Bündnis 90/Die Grünen, N. K. 4.593 Stimmen und auf zwei weitere Bewerber 250
bzw. 770 Stimmen. Am 21. März 1998 veröffentlichte der Kandidat K. eine
Wahlempfehlung für den Beigeladenen. In der Stichwahl vom 22. März 1998
erhielten der Beigeladene 9.731 und B. F. 8.412 Stimmen. In seiner Sitzung vom
24. März 1998 stellte der Wahlausschuss unter dem Vorsitz des früheren OB A.
fest, dass sich bei der Prüfung der Wahlniederschriften keine Beanstandungen
ergeben hätten und der Beigeladene zum Oberbürgermeister der Stadt Bad
Homburg v.d.H. gewählt worden sei. Das Wahlergebnis wurde in der Frankfurter
Rundschau (FR) und der Taunus-Zeitung (TZ) am 27. März 1998 öffentlich bekannt
gemacht.
Im April 1998 erhoben die Kläger und drei Bürgerinnen Bad Homburgs v.d.H.
gemäß § 50 Nr. 2 des Hessischen Kommunalwahlgesetzes (KWG) Einsprüche
gegen diese Wahl, beantragten ihre Ungültigerklärung und Wiederholung im
ganzen Wahlkreis und begründeten dies unter Vorlage von Zeitungsausschnitten,
Wahlprospekten der CDU und des Beigeladenen sowie anderer Unterlagen im
Wesentlichen wie folgt:
Es seien mehrfache Verstöße gegen das Neutralitätsgebot mit der Folge einer
unzulässigen Einflussnahme auf die Bürgerentscheidung erfolgt. Der amtierende
OB A. habe sich in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister und
Gemeindewahlleiter nicht neutral verhalten, sondern den Beigeladenen durch
gemeinsame Auftritte bei verschiedenen Anlässen und durch Publikationen
unzulässig unterstützt. Auch der Beigeladene selbst habe sein Amt als
Stadtbaurat zu Wahlkampfzwecken missbraucht. Ein weiterer Verstoß gegen das
Neutralitätsgebot sei in der Behandlung des Komplexes F.-straße durch den
hauptamtlichen Magistrat, namentlich die Stadträte M. und G. sowie OB A. und
den Beigeladenen, zu sehen. Aus wahltaktischen Gründen sei dem Parlament und
der Öffentlichkeit gezielt verheimlicht worden, dass die Vergabe eines
Teilgrundstücks von 1.000 qm an den Unternehmer H. seit dem 27. Januar 1998
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Teilgrundstücks von 1.000 qm an den Unternehmer H. seit dem 27. Januar 1998
nicht mehr möglich gewesen sei. Hierüber sei das Parlament und die Öffentlichkeit
im Unklaren gelassen worden, damit der Wahlerfolg des Beigeladenen als CDU-
Kandidat nicht gefährdet werde. Die Stadtverordneten und ehrenamtlichen
Magistratsmitglieder seien bewusst durch die hauptamtlichen Magistratsmitglieder
im Unklaren über den wahren Sachverhalt gelassen worden, damit letztere nicht
eingestehen müssten, einen dilettantischen Vertrag abgeschlossen zu haben, aus
dem bezüglich des Verkaufs einer Teilfläche an die Firma H. keinerlei Rechte für die
Stadt hergeleitet werden könnten. Ohne die aufgeführte unzulässige Wahlwerbung
und bei Bekanntwerden des Sachverhalts zum Komplex F.-straße vor der OB-Wahl
hätte es zu einer anderen Wahlentscheidung kommen können, zumal die
Kandidatin B. F. nur knapp mit einer Differenz von ca. 1.300 Stimmen unterlegen
gewesen sei.
Der in den Einsprüchen angesprochene und dort in einer "Chronologie"
dargestellte Geschehensablauf zum "Komplex F.-straße" stellt sich im
Wesentlichen wie folgt dar:
Im Jahre 1990 kaufte die Fa. D.L. AG (DL) das 5.484 qm große
Betriebsgrundstück F.-straße 12 - 14 der Fa. J. unter Einschaltung der Stadt für
eine geplante Erweiterung ihrer Bürofläche. Sie verpflichtete sich in einem Vertrag
mit der Stadt vom 22. Februar 1991, das Bürogebäude binnen drei Jahren zu
errichten und andernfalls das Grundstück der Stadt anzubieten. Dabei wurde im
Hinblick auf die sicher erwartete Bebauung und auf drohende
Gewerbesteuerausfälle entgegen einem Beschluss der Beklagten vom 8.
November 1990 eine Erhöhung des Kaufpreises durch Zinsen vereinbart. Das
führte, nachdem die DL der Stadt im Juli 1995 wegen der Aufgabe der
Bebauungsabsicht ein Kaufangebot gemacht hatte, im Januar 1996 zu einer
Missbilligung der hauptamtlichen Wahlbeamten (u.a. OB A. und Rechtsdezernent
G.) durch die Beklagte wegen Missachtung des Parlaments. Mitte 1996 kam es zu
einer vergleichsweisen Regelung, zu deren Vollzug die Beklagte im Juli 1996 den
Magistrat zur Erarbeitung einer "Wohnkonzeption" beauftragte. Nach einer
Ausschreibung wurde Ende 1996 die F.I. Gesellschaft mbH (FI) als Investor für die
Wohnbebauung ausgewählt. In den Beratungen der politischen Gremien wurde
dann die Frage aufgeworfen, ob das Grundstück nicht für die Errichtung eines Öko-
Zentrums der in Bad Homburg v.d.H. ansässigen Fa. H. N. GmbH geeignet sei,
ersatzweise, ob dieser Fa. nicht ca. 1.000 qm als Erweiterungsfläche für ihr
angrenzendes Betriebsgrundstück abgetreten werden sollte. Mit Beschluss vom
21. November 1996 entschied sich die Beklagte für die Errichtung von Wohnungen.
Unter Federführung des Bürgermeisters (BM) und Stadtkämmerers M. wurden die
erforderlichen Verträge vorbereitet. Am 28. Mai 1997 wurden zwischen der DL und
der FI ein Grundstückskaufvertrag und zwischen der FI und der Stadt ein "Vertrag
über die Errichtung eines Wohnbauprojekts und dessen Vermietung" notariell
beurkundet; letzterer enthielt in § 2 folgende Regelung:
"FI verpflichtet sich bereits heute gegenüber der Stadt, der Firma H. N.
GmbH für eine im Einzelnen noch genau zu bestimmende Fläche von ca. 1.000 qm
entlang der gemeinsamen Grenze zum Betriebsgelände der Firma H. N. GmbH
(Flurstück .....) das Recht zur Erweiterung der Verwaltung sowie des
Ladengeschäftes der Firma H. N. GmbH einzuräumen, entweder durch Anmietung
oder Ankauf der Flächen. Diese Verpflichtung setzt jedoch voraus, daß aufgrund
der Nutzung der Teilfläche von ca. 1.000 qm keine nachteiligen Auswirkungen für
das von FI zu errichtende Wohnungsbauprojekt und dessen Nutzung entstehen.
Die Bedingungen des Kaufes bzw. der Anmietung sind noch gesondert
festzulegen.
Aus dieser Vereinbarung ist ausschließlich die Stadt berechtigt; die Firma
H. N. GmbH erwirkt insoweit kein eigenes Recht, Ansprüche gegen FI geltend zu
machen."
Nachdem die FI im Juni 1997 einen Bauantrag für öffentlich geförderte
Wohnungen gestellt hatte, fasste die Beklagte auf Grund eines
Dringlichkeitsantrags der CDU/FDP/FHW-Koalition am 6. November 1997 einen
Beschluss, wonach der Wohnungsbau weiter verfolgt und der Abschluss einer
Vereinbarung mit der FI zur Realisierung einer Wohnbebauung und eines
Kaufangebots an die Fa. H. N. GmbH von ca. 1.000 qm für eine
Betriebserweiterung - entsprechend der früheren Beschlussfassung vom 21.
November 1996 - herbeigeführt werden sollte.
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Mit Schreiben vom 13. November 1997 fragte der Beigeladene als Stadtrat bei
der Fa. H. an, ob sie am Erwerb einer Teilfläche von ca. 1.000 qm zu einem dem
Verkehrswert entsprechenden Preis von etwa 1.300,00 bis 1.600,00 DM/qm
interessiert sei. In ihrer Antwort vom 26. November 1997 versicherte die Fa. H.
verbindlich, dass sie an dem Erwerb eines Nachbargrundstücks in der
bezeichneten Größenordnung großes Interesse habe und dass der Preis von ca.
1.300,00 DM/qm durchaus akzeptabel sei. Ergänzend wies sie nochmals darauf
hin, dass sie auch weiterhin am Erwerb des Gesamtgrundstücks interessiert und
die Finanzierung des Objekts voll gesichert sei, und bat um weitere Gespräche.
Für eine Magistratssitzung am 5. Januar 1998 legte BM M. u.a. ein
Verkaufsangebot der FI zu Gunsten der Fa. H. über 1.000 qm zu einem Preis von
3.600,00 DM/qm mit einer Entscheidungsfrist bis zum 9. Januar 1998 vor. Der
Magistrat vertagte die Entscheidung auf den 26. Januar 1998 und erreichte bei der
FI eine Fristverlängerung bis zum 27. Januar 1998. In einer zwischenzeitlich in
Auftrag gegebenen externen juristischen Prüfung kam ein Rechtsanwaltsbüro aus
Frankfurt am Main in einer kurzgutachterlichen Stellungnahme vom 16./20. Januar
1998 zu dem Ergebnis, dass die in § 2 des Vertrages mit der FI vom 28. Mai 1997
getroffene Vereinbarung mangels einer bestimmten oder bestimmbaren
Preisabrede nicht die Voraussetzungen für einen wirksamen Vorvertrag erfülle und
die Stadt deshalb gegenüber der FI keinen Anspruch auf Abschluss eines Miet-
oder Kaufvertrages mit der Fa. H. habe.
In einer Sitzung der "Großen Koalitionsrunde" vom 22. Januar 1998, an der u.a.
für die CDU OB A., BM M. und der Beigeladene, für die FDP Stadtrechtsrat G. und
Vertreter der FHW teilnahmen, verteilte BM M. dieses Gutachten und erläuterte,
dass die vertraglich vereinbarte Option ohne rechtliche Wirkung und die Stadt auf
den guten Willen der FI angewiesen sei. Die FI sei bereit, der Option für 3.600,00
DM/qm zuzustimmen und habe hierfür eine Frist bis 3. Februar 1998 gesetzt,
ansonsten müsse gebaut werden. Nach Erörterungen wurde ausweislich des
gefertigten Protokolls "einstimmig beschlossen, die Angelegenheit bis nach der
Wahl zu vertagen".
Für die Magistratssitzung vom 26. Januar 1998 setzte OB A. den
Tagesordnungspunkt F.-straße, "rechtliche Würdigung der Forderung der FI", nicht
auf die Tagesordnung und gab auch dem Magistrat das Gutachten des
Rechtsanwaltsbüros nicht zur Kenntnis.
Nach einem am 27. Januar 1998 gefertigten Vermerk des BM M. habe sich in
der Großen Koalitionsrunde vom 22. Januar 1998 die Politik nicht dazu durchringen
können, eine eindeutige Aussage in Bezug auf die Ausübung der Option zu
machen. Es sei beschlossen worden, die Sache zunächst abzuwarten und auf
einen Zeitpunkt nach der OB-Wahl (01.03.1998) zu verschieben, obwohl allen
Beteiligten bewusst gewesen sei, dass die Optionsfrist am 3. Februar 1998 ablaufe
und damit eine rechtliche Handhabe der Stadt gegen die FI auf Abtretung einer
Teilfläche von 1.000 qm nicht mehr bestehe. Am 26. Januar 1998 habe er die
Angelegenheit nochmals mit dem Geschäftsführer der FI besprochen und sich mit
ihm darauf geeinigt, dass der Zuschlag an den Generalunternehmer bzw.
Bauunternehmer erfolgen solle, sobald die Optionsfrist am 3. Februar 1998
verstrichen sei. Er habe den Geschäftsführer gleichzeitig gebeten, aus politischen
Gründen mögliche offizielle Schreiben des Inhalts, dass die Realisierung des
Bauvorhabens nunmehr erfolge, bis nach der OB-Wahl zurückzustellen. Er habe
dies nach Möglichkeit zugesagt.
In der Sitzung vom 5. Februar 1998 beschloss die Beklagte auf Antrag der
SPD-Fraktion einstimmig mit einer Stimmenthaltung, dass der Magistrat
aufgefordert werde, "unverzüglich das Ergebnis seiner Gespräche mit der FI und
dem Unternehmer H. den städtischen Gremien zur Beratung vorzulegen". Dazu
erklärte die Fraktionsvorsitzende der CDU: "Sobald Ergebnisse vorliegen, werden
wir sie selbstverständlich zur Beratung in den Gremien haben".
Nach dem ersten Wahlgang der OB-Wahl vom 1. März 1998 erklärte der
Beigeladene als Stadtbaurat am 4. März 1998 in dem als Akteneinsichtsausschuss
tätigen Bauausschuss auf Nachfrage zu der Magistratsvorlage in Sachen F.-straße,
es seien noch Beratungen erforderlich. In den vorgelegten Verwaltungsvorgängen
fehlte der Vermerk des BM M. vom 27. Januar 1998. Am 6. Mai fand sich folgender
Vermerk des Abteilungsleiters G. vom 14. April 1998 unter dem Betreff
"Grundstück F.-straße" in den Akten:
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"Das für Amt 23 bestimmte Exemplar des Vermerks vom 27.01.98 wurde am
Tag des Eingangs bei 23 auf Verlangen an Frau B. zurückgegeben. Begründet
wurde dies mit einer Anweisung des OB, den Vermerk wegen seines brisanten
Inhalts zurückzuziehen."
Ob am 4. März 1998 auch das Schreiben des Beigeladenen an die Fa. H. vom
13. November 1997 und die gutachterliche Stellungnahme des
Rechtsanwaltsbüros vom 16./20. Januar 1998 in den Verwaltungsvorgängen
fehlten, ist zwischen den Parteien streitig geworden.
Nach der OB-Stichwahl am 22. März 1998 gab der Beigeladene als Stadtbaurat
dem Magistrat in einer Vorlage für die Sitzung vom 30. März 1998 die
Baugenehmigung für 79 Wohnungen auf dem Gelände F.-straße zur Kenntnis, in
der die Fa. H. nicht mehr vorkam. Auf Nachfrage der ehrenamtlichen Stadträte
von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erklärte BM M., es gäbe bezüglich der Fa. H.
keinen Beratungsbedarf mehr, weil die Erklärungsfrist seitens der Stadt gegenüber
der FI bereits am 27. Januar 1998 abgelaufen sei. Auf Nachfrage zitierte er aus
dem Protokoll der Großen Koalitionsrunde vom 22. Januar 1998. Der
Tagesordnungspunkt wurde daraufhin um eine Woche vertagt.
Am 6. April 1998 gab BM M. dem Magistrat zur Kenntnis, dass in Kürze die
Baugenehmigung erteilt und sich an der Beschlusslage vom 30. März 1998 nichts
ändern werde. Es wurde beschlossen, nochmals Verhandlungen mit der FI über
einen Verkauf von 1.000 qm an die Fa. H. aufzunehmen, wobei die Differenz
zwischen dem Verkehrswert und der FI-Forderung von der Stadt getragen werden
solle; diese Verhandlungen scheiterten noch am gleichen Tag.
Die Beklagte wies die Einsprüche gegen die OB-Direktwahl mit Beschluss vom 25.
Juni 1998 zurück und erklärte die Wahl des Beigeladenen zum Oberbürgermeister
der Stadt Bad Homburg v.d.H. für gültig. Dies gab OB A. als Gemeindewahlleiter
den Klägern mit Schreiben vom 30. Juni 1998 bekannt, das ihnen am 2. bzw. 7. Juli
1998 zugestellt wurde.
Am 3. August 1998 (Montag) haben die Kläger und die drei Einspruchsführerinnen
beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Wahlanfechtungsklagen erhoben. Zur
Begründung haben sie ergänzend zu ihrer Einspruchsbegründung u.a. noch
geltend gemacht: Der frühere OB A. habe insbesondere in seiner ihm kraft
Gesetzes zustehenden Funktion als Gemeindewahlleiter im Vorfeld der Wahl, für
deren korrekte Abwicklung er mitverantwortlich gewesen sei, gegen die daraus
herzuleitende strikte Neutralitätspflicht verstoßen. Er habe kraft seines Amtes und
der hierin erworbenen Popularität für den Beigeladenen unzulässige
Wahlbeeinflussung betrieben. Eine unzulässige Wahlbeeinflussung sei auch darin
zu sehen, dass Informationen um das Scheitern des Grundstücksgeschäftes F.-
straße in kollusivem Zusammenwirken von hauptamtlichem Magistrat und
Koalitionsfraktionen unterdrückt worden seien und die Öffentlichkeit getäuscht
worden sei, indem in öffentlichen Sitzungen städtischer Gremien unzutreffende
Tatsachen verbreitet worden seien, um zu verhindern, dass u.a. die anwesende
Presse über das Scheitern des Grundstücksgeschäfts berichtete oder die
Gegenkandidaten das Thema weiter vertieften. Der hauptamtliche Magistrat habe
selbst erkannt, dass diese Thematik für den Beigeladenen gefährlich wäre, zumal
man ihn als Stadtbaurat mit dem Vorgang in Verbindung bringen würde, wie sein
Schreiben vom 13. November 1997 an die Fa. H. auch belege. Da es sich bei dem
Komplex F.-straße um ein Wahlkampfthema gehandelt habe, sei auch ein Bezug
zur Wahl gegeben. Wäre das Scheitern des Grundstücksgeschäfts in der Sitzung
der Beklagten am 5. Februar 1998 bekanntgegeben worden, wäre der
Beigeladene, dem man dies als Stadtbaurat primär angelastet hätte, in
Erklärungsnotstand gekommen und wäre das Thema von den Oppositionsparteien
und der Presse aufgegriffen worden und hätte dem Wahlkampf eine neue Wendung
gegeben, die die Magistratsmehrheit habe unterbinden wollen.
Demgegenüber hat die Beklagte u.a. geltend gemacht, der frühere OB A. habe
nicht "in amtlicher Eigenschaft", sondern als Privatperson für den Beigeladenen
Wahlwerbung betrieben. Dass der Beigeladene selbst in seiner amtlichen
Eigenschaft als Stadtbaurat vor der Wahl öffentlich aufgetreten sei, könne ihm
nicht zum Vorwurf gemacht werden. Der Vorgang um den Komplex F.-straße habe
mit der OB-Wahl und dem Wahlverfahren keinen unmittelbaren Zusammenhang.
Zudem habe sich der Magistrat im Rahmen der ihm zustehenden
Entscheidungsspielräume gehalten, wie die Verfügung des Regierungspräsidiums
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Entscheidungsspielräume gehalten, wie die Verfügung des Regierungspräsidiums
Darmstadt vom 18. Juni 1998 zeige, mit der ein von der SPD-Fraktion beantragtes
kommunalaufsichtliches Tätigwerden und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens
wegen der fraglichen Vorgänge abgelehnt worden seien.
Mit Urteil vom 18. Juni 1999 - 7 E 2303/98 (2) - hat das Verwaltungsgericht
Frankfurt am Main die Klagen abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt: Es sei bei der OB-Direktwahl im März 1998 nicht zu
Unregelmäßigkeiten im Wahlverfahren gemäß § 50 Nr. 2 KWG gekommen, die auf
das Ergebnis von Einfluss gewesen sein können. Das gerügte Engagement des
damaligen OB A. halte sich seiner Form und seinem Inhalt nach innerhalb der
Grenzen einer zulässigen Betätigung. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass er
dabei nicht eindeutig als Parteipolitiker aufgetreten sei. Kein Bürger habe den
Eindruck gewinnen können, hier habe der Oberbürgermeister in amtlicher
Eigenschaft gehandelt. Es sei legitimes Ziel der CDU gewesen, die Popularität des
Amtsinhabers für den Wahlkampf des Beigeladenen zu nutzen. Er habe sich auch
als Wahlleiter nicht in unzulässiger Weise im Wahlkampf betätigt. Sein Wahlaufruf in
der Homburger Woche (HW) unter einer nicht geschlechtsneutralen Überschrift sei
unbedenklich. Auch das Wahlkampfengagement des Beigeladenen selbst stelle
keine unzulässige Wahlbeeinflussung dar.
Zwar sei mit dem Verhalten des Beigeladenen und anderer damaliger
Magistratsmitglieder im Zusammenhang mit dem Grundstück in der F.-straße
nach dem Eindruck des Gerichts wohl eine unzulässige
Wahlbeeinflussung beabsichtigt gewesen. Im Ergebnis sei darin aber deswegen
keine zur Aufhebung der Wahl führende unzulässige Wahlbeeinflussung zu sehen,
weil den Klägern die Darlegung nicht gelungen sei, dass dieser Vorgang geeignet
gewesen sei, die Wahl im Ergebnis entscheidend zu beeinflussen. Das erscheine
nämlich nur dann möglich, wenn ein korrektes Vorgehen des Beigeladenen und
der anderen involvierten Magistratsmitglieder dazu geführt hätte, die Wahlchancen
der anderen Bewerber dadurch zu erhöhen, dass der Beigeladene in Misskredit
geraten wäre. Das erscheine aber im Ergebnis nicht plausibel. Abgesehen davon,
dass die Kläger nichts dazu vorgetragen hätten, was dem Beigeladenen für den
Fall, dass die Vorgänge um das Grundstück F.straße schon vor den beiden
Wahldurchgängen der Öffentlichkeit bekanntgeworden wären, vorgeworfen worden
wäre, sehe das Gericht auch objektiv keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich das
Scheitern einer Option der Stadt Bad Homburg v.d.H. zugunsten der Fa. H. gegen
den Beigeladenen im Wahlkampf hätte verwenden lassen. Der Vertrag der Stadt
Bad Homburg v.d.H. mit dem Grundstückseigentümer, in dem, was im Wahlkampf
hätte vorgebracht werden können, in wohl unwirksamer Weise eine Option
vereinbart worden sei, stamme vom 28. Mai 1997 und sei somit zu einem
Zeitpunkt abgeschlossen worden, zu dem der Beigeladene, der erst im Juli 1997
zum Baustadtrat gewählt worden sei, noch keine kommunalpolitische
Verantwortung in Bad Homburg getragen habe. Wenn es aber danach für die
schließlich unterlegenen Kandidaten keine Möglichkeit gegeben hätte, dem
Beigeladenen eine schlechte Vertragsgestaltung und damit das Scheitern einer
Option für die Fa. H. zum Vorwurf zu machen, habe das Verschweigen der
gescheiterten bzw. nicht wahrgenommenen Option durch den Beigeladenen und
andere Magistratsmitglieder im Ergebnis die Wahl nicht entscheidend beeinflussen
können.
Zur Begründung der mit Beschluss des Senats vom 22. November 2000
zugelassenen Berufungen machen die Kläger u.a. noch geltend: Die Aktivitäten
des damaligen OB A. zur Unterstützung des Beigeladenen stellten entgegen der
Auffassung des Verwaltungsgerichts eine unzulässige Wahlbeeinflussung dar. Zwar
stehe auch Amtsinhabern das Recht auf Meinungsäußerung zu. Der damalige OB
A. habe aber kraft Gesetzes das Amt des Gemeindewahlleiters ausgeübt, das eine
besondere Neutralitätspflicht zur Folge habe. Diese ergebe sich auch aus dem
Rechts- und Regelungsgedanken des § 5 Abs. 2 KWG, wonach ein an der Wahl
teilnehmender Bewerber nicht Gemeindewahlleiter sein könne. Dadurch habe der
Gesetzgeber unter Berücksichtigung der daraus entstehenden Interessenkollision
zum Ausdruck gebracht, dass massive Wahlwerbung für sich oder die eigene Partei
oder Wählergruppe nicht mit dem Amt des Gemeindewahlleiters vereinbar sei.
Auch das Wahlkampfengagement des Beigeladenen selbst stelle eine unzulässige
Wahlbeeinflussung dar, weil er verstärkt Auftritte in der Öffentlichkeit in amtlicher
Eigenschaft wahrgenommen habe, um bekannt zu werden.
Schließlich stelle auch die Behandlung der Vorgänge um das Grundstück F.-straße
30 Schließlich stelle auch die Behandlung der Vorgänge um das Grundstück F.-straße
eine unzulässige Wahlbeeinflussung durch die Amts- und Mandatsträger der
Großen Koalitionsrunde dar. Die Grundstücksangelegenheit F.-straße sei stets
eines der hauptsächlichen Themen im Wahlkampf gewesen. Die Wahlbewerber F.
und K. hätten sich in der Öffentlichkeit für eine Realisierung des Öko-Zentrums der
Fa. H. engagiert, das auch in der Bevölkerung großen Anklang und Rückhalt
gefunden habe. Deshalb habe dieses Hauptwahlkampfthema einen direkten Bezug
zur OB-Wahl gehabt. Dadurch, dass die Große Koalitionsrunde am 22. Januar 1998
die von der FI zum 3. Februar 1998 gesetzte Frist habe verstreichen lassen, um die
Angelegenheit bis nach der OB-Wahl zu vertagen, habe festgestanden, dass das
Grundstücksgeschäft mit Ablauf dieser Frist endgültig gescheitert sei. Deshalb sei
für das Scheitern des Ankaufs der Grundstücksteilfläche zugunsten der Fa. H. nicht
die Unwirksamkeit des im Vertrag vom 28. Mai 1997 vereinbarten Optionsrechts,
sondern das Verstreichenlassen der auf den 3. Februar 1998 gesetzten Frist
ursächlich gewesen. Dieser entscheidende Umstand habe aber entgegen der
Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht vor der Amtszeit des Beigeladenen als
Stadtbaurat gelegen. In der Öffentlichkeit sei der Beigeladene neben Stadtrat G.
und BM M. als zuständiger Dezernent für diese Angelegenheit angesehen worden,
was auch sein Schreiben vom 13. November 1997 an die Fa. H. belege. Zudem
habe er selbst an der Großen Koalitionsrunde teilgenommen. Obwohl wegen des
endgültigen Scheiterns des Grundstückskaufs am 3. Februar 1998 und des
Wortlauts der in der Sitzung der Beklagten vom 5. Februar 1998 beschlossenen
Anfrage die Tatsachen über das Scheitern des Grundstücksgeschäftes
unverzüglich hätten offenbart werden müssen, hätten die hauptamtlichen
Magistratsmitglieder und der Beigeladene geschwiegen und durch falsche
Beantwortungen späterer Anfragen die näheren Umstände vertuscht und damit
die anderen Parteien angehörigen Stadtverordneten und Wahlbewerber und
letztlich die Öffentlichkeit getäuscht. Das Unterlassen der Informationserteilung
und das Verbreiten falscher Auskünfte komme hier auch einem positiven Tun
gleich, weil nach den kommunalrechtlichen Vorschriften und auf Grund des
Informationsgefälles zwischen der "Regierungskoalition" und den
Oppositionsparteien eine Rechtspflicht zur Offenbarung bestanden habe. Das
pflichtwidrige Verschweigen der Verhandlungsergebnisse und des Scheiterns des
Grundstücksgeschäfts auf Grund des Verstreichenlassens der gesetzten Frist habe
auch auf das Wahlergebnis von Einfluss sein können. Wenn sich die
Magistratsmitglieder der "Regierungskoalition" und die anderen Teilnehmer der
Großen Koalitionsrunde in der Sitzung der Beklagten vom 5. Februar 1998
ordnungsgemäß verhalten hätten, wäre zu diesem Zeitpunkt bekannt geworden,
dass u.a. der damalige OB A. (CDU), der BM M. (CDU), der Stadtrechtsrat G. (FDP)
und der Beigeladene in seiner Eigenschaft als Stadtbaurat (CDU) die
Entscheidungsfindung in einer wichtigen städtischen Angelegenheit verbindlich
vorbei an der für Außenrechtsakte zuständigen Verwaltungsbehörde, dem
Kollegialorgan Magistrat, und dem zuständigen Beschlussorgan, der StVV, im
Geheimzirkel der Koalitionsrunde herbeigeführt hatten, so dass es den anderen in
Magistrat und Stadtverordnetenversammlung vertretenen politischen Parteien und
Gruppierungen versagt gewesen sei, an der Entscheidungsfindung mitzuwirken.
Damit hätten die beteiligten Magistratsmitglieder eingestehen müssen, ihre
Amtspflichten aus parteipolitischen Erwägungen verletzt zu haben. Dieser Vorwurf
wäre ihnen von den Kandidaten F. und K. im Wahlkampf gemacht worden. Zudem
hätte ihnen im Wahlkampf vorgeworfen werden können, kein Interesse am Ausbau
von Arbeitsplätzen und der Erhaltung des Gewerbesteueraufkommens eines
ortsansässigen und ökologisch orientierten Versandhandels zu haben. Angesichts
der Verwurzelung des Themas F.-straße im Wahlkampf sei es naheliegend, dass
ein Bekanntwerden der Aktivitäten der Großen Koalitionsrunde vor den beiden
Wahlgängen nicht ohne erheblichen negativen Eindruck bei den Wählern geblieben
wäre. Dabei sei auch die spezielle Vorbildfunktion von Politikern zu berücksichtigen,
die sich um das wichtigste Amt einer Stadt bewerben, und deshalb ihre
Amtspflichten besonders genau zu beachten hätten. Die Anpreisungen des
damaligen OB A. im Wahlkampf, bei der Wahl des Beigeladenen gebe es einen
"sauberen Wechsel", und die eigenen Anpreisungen des Beigeladenen, er
übernehme Verantwortung für das Ganze und ermögliche einen Stafettenwechsel
mit A. auf der Basis gleicher Wertordnung, wären nicht mehr überzeugend
gewesen, wenn bekanntgeworden wäre, dass verbindliche Entscheidungen gegen
Investitionen eines ortsansässigen Unternehmers ohne demokratische
Legitimation in Geheimzirkeln gefällt und diese Vorgänge anschließend noch bis
nach der Wahl vertuscht worden seien. Schon die Annahme, dass der Beigeladene
dann nicht einmal die Stichwahl erreicht hätte, erschiene nicht ganz fernliegend.
Bei dem engen Stimmenverhältnis vor allem in der Stichwahl habe es aber
jedenfalls nur einer Verschiebung von 660 Stimmen vom Beigeladenen zur
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jedenfalls nur einer Verschiebung von 660 Stimmen vom Beigeladenen zur
Kandidatin F. bedurft, um einen anderen Wahlausgang herbeizuführen, was bei
einem Bekanntwerden dieser Vorgänge und damit einem Unterbleiben der
Wahlempfehlung des Bewerbers K. für den Beigeladenen gut hätte eintreten
können. Auch der Wahlbewerber K., der im ersten Wahlgang 4.593 Stimmen
erhalten habe, sei nämlich durch die Teilnehmer der Großen Koalitionsrunde und
insbesondere die hauptamtlichen Magistratsmitglieder getäuscht worden, da ihm
als Stadtverordneter und Verfechter des Öko-Zentrums der Fa. H. das Scheitern
des Grundstückskaufs verschwiegen und es ihm dadurch versagt worden sei, vor
Ablauf der letzten Optionsfrist an einer ordnungsgemäßen Entscheidungsfindung
der Organe der Stadt mitzuwirken. Vor der Stichwahl habe er den Beigeladenen als
fairen und integren Politiker angesehen und deshalb mit einer öffentlichen
Wahlempfehlung vom 21. März 1998 für ihn geworben. Dies wäre nicht geschehen,
wenn er rechtzeitig von den Vorgängen um die F.-straße gewusst hätte. So habe
Herr K. mit seiner Fraktion am 27. April 1998 eine schärfste Missbilligung des
Vorgehens des hauptamtlichen Magistrats sowie die Einleitung eines
Disziplinarverfahrens gegen OB A., BM M., Stadtrechtsrat G. und den
Beigeladenen beantragt, nachdem die Täuschungshandlungen des Magistrats
nach Abschluss der OB-Wahl bekanntgeworden seien. Bereits im Februar 1999
habe er öffentlich eingeräumt, sich mit der Wahlempfehlung zugunsten des
Beigeladenen geirrt zu haben, und in seiner Erklärung vom 31. Juli 1999 habe er
dargelegt, dass er bei Kenntnis über das bewusste Scheiternlassen des
Grundstücksgeschäftes F.-straße und über die Täuschung von
Stadtverordnetenversammlung, Öffentlichkeit und Ausschuss auf keinen Fall eine
Wahlempfehlung zugunsten des Beigeladenen abgegeben hätte.
Die Kläger beantragen,
die Oberbürgermeister-Direktwahl in der Stadt Bad Homburg v.d.H. vom 1./22.
März 1998 unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am
Main vom 18. Juni 1999 und des Beschlusses der Beklagten vom 25. Juni 1998 für
ungültig zu erklären und deren Wiederholung im gesamten Wahlkreis anzuordnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und macht zur Begründung über ihr bisheriges Vorbringen hinaus u.a. noch
geltend:
Das Vorbringen der Kläger sei widersprüchlich, weil sie in Bezug auf den Wahlkampf
einerseits ein Unterlassen des früheren OB A. und des Beigeladenen und
andererseits hinsichtlich des Komplexes F.-straße ein positives Tätigwerden des
gesamten Magistrats verlangten. Nach der kürzlich ergangenen Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 8. Februar 2001 könne die hier streitige OB-Wahl
nicht für ungültig erklärt werden, weil danach der Begriff der "Unregelmäßigkeiten
im Wahlverfahren" eng zu verstehen sei und an den Ursachenzusammenhang mit
der Wahlentscheidung erhöhte Anforderungen zu stellen seien. Danach setze die
Ungültigerklärung einer gesamten Wahl einen erheblichen Wahlfehler von solchem
Gewicht voraus, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten
Volksvertretung unerträglich erscheine. Diese Grundsätze seien auch für die
Direktwahlen von Bürgermeistern und Landräten in vollem Umfang anwendbar.
Abgesehen davon seien die gerügten "Unregelmäßigkeiten" keine solchen. Die
Eidesstattliche Versicherung des früheren Wahlkämpfers und jetzigen Stadtrats K.
sei irrelevant, weil es darin allenfalls um die Täuschung eines einzelnen Wählers
gehe. Herr K. habe zudem schon im Wahlkampf erklärt, dass er sich für den
Beigeladenen und gegen die Kandidatin F. einsetze, weil er letztere für nicht
kompetent halte. Auch die Vorwürfe zum Projekt F.-straße, das letztlich so wie von
der Beklagten beschlossen realisiert worden sei, seien unberechtigt. Das Projekt
habe keinen Kausalzusammenhang zu der OB-Wahl und sei für keine Partei ein
Wahlkampfthema gewesen, weil der Wohnungsbau nicht umstritten gewesen sei.
Das Verstreichenlassen der Frist für die Option zu Gunsten der Fa. H. sei sachlich
begründet gewesen. Nicht das Verstreichenlassen der Frist, sondern die von der FI
verlangten "Mondpreise" und der fehlende Rechtsanspruch der Stadt seien für das
Scheitern des Bauvorhabens der Fa. H. verantwortlich gewesen. Ein weiterer
Bericht über den Sachstand habe wegen Nachbareinwendungen, die die
Umsetzung des Projekts hätten gefährden können, nicht gegeben werden können.
Diese Vorgänge seien zudem als Inhalt der dem Akteneinsichtnahmeausschuss
vorgelegten städtischen Akten "F.-straße" den Stadtverordneten zugänglich
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vorgelegten städtischen Akten "F.-straße" den Stadtverordneten zugänglich
gewesen. Dies gelte auch für den ohnehin für amtliche Akten nicht vorgesehenen,
von BM M. nicht in amtlicher Eigenschaft, sondern als Mitglied der
Koalitionsmehrheit gefertigten Vermerk, weil er in Form eines Presseartikels in der
TZ vom 24. Januar 1998 bekannt gewesen sei. Warum die Große Koalitionsrunde
die Behandlung des Komplexes F.-straße auf einen Zeitpunkt nach der OB-Wahl
verschoben habe, sei ihr, der Beklagten, nicht bekannt. Dieses Thema habe im
Wahlkampf keine entscheidende Bedeutung für das Votum der Wähler gespielt.
Angebliche Erklärungen verschiedener Personen, wie etwa des BM M. oder des
Stadtrechtsrats G., müsse sie vorsorglich mit Nichtwissen bestreiten.
Der Beigeladene hat sich nicht geäußert, ist im Termin zur mündlichen
Verhandlung nicht erschienen und hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens
wird auf den Inhalt der Streitakten einschließlich Anlagen sowie der
Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe
Die mit Beschluss des Senats vom 22. November 2000 zugelassenen Berufungen
der Kläger sind auch im Übrigen zulässig, weil sie nach der am 30. November 2000
erfolgten Zustellung des Zulassungsbeschlusses innerhalb der Monatsfrist des §
124 a Abs. 3 Satz 1 VwGO mit am 2. Januar 2001 per Fax eingegangenem
Schriftsatz gleichen Datums hinreichend begründet worden sind. Der 30.
Dezember 2000 war ein Samstag, so dass die Monatsfrist gemäß § 57 Abs. 2
VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB erst am
Dienstag nach Neujahr, dem 2. Januar 2001, ablief.
Die Berufungen der Kläger sind auch begründet, denn das Verwaltungsgericht hat
ihre Wahlanfechtungsklagen zu Unrecht abgewiesen.
Die formalen Voraussetzungen der Wahlanfechtungsklagen sind gemäß § 41 und
§§ 49, 50 i.V.m. §§ 25 und 27 des Hessischen Kommunalwahlgesetzes vom 19.
Oktober 1992 (GVBl. I S. 582) in der im März 1998 gültigen, zuletzt durch Gesetz
vom 12. September 1995 (GVBl. I S. 462) geänderten Fassung - KWG - erfüllt. Die
Kläger haben als wahlberechtigte Einwohner von Bad Homburg v.d.H. am 9. und
14. April 1998 (Gründonnerstag und Dienstag nach Ostern) gemäß § 25 Abs. 1
i.V.m. § 49 Satz 3 KWG i.V.m. § 31 Abs. 3 Satz 1 HVwVfG rechtzeitig innerhalb der
Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der am 27. März 1998 erfolgten
Bekanntgabe des Ergebnisses der Stichwahl Einspruch erhoben und diesen
begründet, weil die Frist nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses gemäß § 31 Abs.
1 HVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB nicht bereits am 10. April
1998, dem Karfreitag, sondern erst am 14. April 1998 abgelaufen ist. Sie haben
nach der an sie am 2. bzw. 7. Juli 1998 erfolgten Zustellung des ihre Einsprüche
gemäß § 50 KWG zurückweisenden Beschlusses der Beklagten vom 25. Juni 1998
am 3. August 1998, einem Montag, gemäß § 27 Satz 2 KWG i.V.m. § 57 Abs. 2
VwGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB rechtzeitig
innerhalb der Monatsfrist des § 27 Satz 1 i.V.m. § 41 KWG Wahlanfechtungsklagen
beim VG Frankfurt am Main erhoben.
Die danach zulässigen Wahlanfechtungsklagen sind im Sinne des gestellten
Klageantrags begründet, denn bei der streitigen Oberbürgermeister(OB)-
Direktwahl sind im Prüfungsrahmen der fristgerecht und hinreichend substantiiert
vorgebrachten Einspruchsgründe Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren gemäß
§ 50 Nr. 2 KWG in Form der unzulässigen Wahlbeeinflussung vorgekommen, die auf
das Ergebnis von Einfluss gewesen sein können.
"Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren" im Sinne dieser Vorschrift liegen bei der
gebotenen verfassungskonformen weiten, über den bloßen formal-technischen
Ablauf der Wahl hinausgehenden Auslegung dieses allgemeinen
Wahlfehlertatbestandes auch dann vor, wenn gemeindliche Organe - wie hier von
den Klägern gerügt - unter Verletzung der ihnen im Kommunalwahlkampf
auferlegten Neutralitätspflicht zu Gunsten bestimmter Bewerber durch öffentliche
Auftritte, Anzeigen, Wahlaufrufe, gemeindliche Öffentlichkeitsarbeit oder sonstige
amtliche Verhaltensweisen unzulässige Wahlbeeinflussung begehen und dadurch
gegen den in § 1 Abs. 1 KWG in Übereinstimmung mit Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG
und Art. 138 HV zum Ausdruck gekommenen allgemeinen Grundsatz der freien
und gleichen Wahl durch parteiergreifende Einflussnahme auf die
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und gleichen Wahl durch parteiergreifende Einflussnahme auf die
Wählerwillensbildung und Verletzung der Chancengleichheit der Wahlbewerber
verstoßen (vgl. u.a. Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - 8 UE 4368/98 -
NVwZ 1999 S. 1365, juris; BVerwG, Beschluss vom 19. April 2001 - 8 B 33.01 -
NVwZ 2001 S. 928, juris).
Eine engere Auslegung dieses Begriffs ist entgegen der Auffassung der Beklagten
nicht deshalb geboten, weil das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 8.
Februar 2001 - 2 BvF 1/00 - (NJW 2001 S. 1048 ff., 1051 I.Sp. oben, juris) zur
Gültigkeit der Wahlprüfungsvorschriften der Hessischen Verfassung für die
Landtagswahl die in Art. 78 Abs. 2 der Verfassung des Landes Hessen - HV -
aufgeführten "Unregelmäßigkeiten im Wahlverfahren" in einem eher formal -
verfahrensrechtlichen Sinne als Verletzung von Wahlvorschriften verstanden hat,
die die Wahlvorbereitung, den Wahlakt und die Feststellung des Wahlergebnisses
betreffen. Diese Auslegung ist auf § 50 Nr. 2 KWG nicht übertragbar. Anders als
dort finden sich nämlich in Art. 78 Abs. 2 HV zwei allgemeine
Wahlfehlertatbestände. Bei dem einen handelt es sich um den Tatbestand der
"strafbaren oder gegen die guten Sitten verstoßenden Handlungen, die das
Wahlergebnis beeinflussen", der Prüfungsgegenstand dieser
bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung war und nach der dort gegebenen
Auslegung bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen gerade den in der
wahlprüfungsrechtlichen Spruchpraxis allgemein anerkannten Wahlfehler einer
parteiergreifenden amtlichen Einwirkung auf die Wählerwillensbildung im Vorfeld
einer Wahl zum Inhalt hat. Daneben stehen "Unregelmäßigkeiten im
Wahlverfahren" als gesonderter Tatbestand. In § 50 Nr. 2 KWG stellen dagegen
"Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren" den einzigen allgemeinen
Wahlfehlertatbestand dar. Bei einem im Sinne der obigen Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts eingeengten Verständnis dieses Begriffs im Rahmen
dieser Vorschrift des Hessischen Kommunalwahlgesetzes (vgl. auch § 26 Abs. 1
Nr. 2 KWG) müssten bei hessischen Kommunalwahlen Verstöße gegen die Freiheit
oder Gleichheit der Wahl durch unzulässige amtliche Wahlbeeinflussungen
außerhalb der durch Wahlvorschriften geregelten Wahlvorbereitung, des
eigentlichen Wahlvorgangs und der Feststellung des Wahlergebnisses unter
Verstoß gegen das Homogenitätsverbot des Art. 28 Abs. 1 GG als mögliche
Wahlfehler von vornherein außer Betracht bleiben. Von einem solchen
Begriffsverständnis ist der entscheidende Gerichtshof im Übrigen in
Übereinstimmung mit den in der wahlprüfungsrechtlichen Spruchpraxis allgemein
geteilten Rechtsüberzeugungen, auf die das Bundesverfassungsgericht in dem
amtlichen Leitsatz Nr. 1 seiner obigen Entscheidung ausdrücklich verweist, auch
bisher nie ausgegangen.
Zwar stellen nach der im Wesentlichen mit dem angefochtenen
verwaltungsgerichtlichen Urteil übereinstimmenden Auffassung des Senats weder
die gerügten Wahlkampfunterstützungshandlungen des damals amtierenden
Oberbürgermeisters und Wahlleiters A. für den Beigeladenen noch die ihm selbst
vorgehaltenen Handlungen unzulässige Wahlbeeinflussungen in diesem Sinne dar.
Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren gemäß § 50 Nr. 2 KWG in Form
unzulässiger Wahlbeeinflussung sind demgegenüber aber im Verhalten der
hauptamtlichen Magistratsmitglieder OB A., Bürgermeister (BM) M., Stadtrechtsrat
G. und des Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Komplex F.-straße zu
sehen. Diese Amtsträger haben in amtlicher Eigenschaft, d.h. in Ausübung ihrer
amtlichen Tätigkeit und unter Ausnutzung ihrer amtlichen Befugnisse oder
sonstiger ihnen nur auf Grund ihres Amtes zur Verfügung stehender Möglichkeiten,
in mehr als nur unerheblichem Maße und in einer mit ihrer pflichtgemäßen
Amtsausübung unvereinbaren Weise auf die Bildung des Wählerwillens zu Gunsten
des Beigeladenen im Vorfeld der OB-Wahl unzulässig Einfluss genommen bzw.
parteiergreifend eingewirkt und dadurch auch die Chancengleichheit der anderen
Wahlbewerber verletzt.
Die gerichtliche Prüfung musste sich nicht nur auf das konkret in dem
Einspruchsschreiben der Kläger und dessen Begründung vom 8./10. April 1998
enthaltene Vorbringen beschränken, sondern hatte auch einzelne im Verlauf des
weiteren Verfahrens ergänzend vorgebrachte Umstände, Vorwürfe oder
Unterlagen und Erklärungen einzubeziehen, wie etwa den Inhalt des Protokolls der
Großen Koalitionsrunde vom 22. Januar 1998, den Vermerk des BM M. vom 27.
Januar 1998 und die Erklärung des früheren Kandidaten K. vom 31. Juli 1999 zu
seiner Wahlempfehlung für den Beigeladenen, auch etwa weitere über den
Abschluss eines "dilettantischen Vertrages" hinausgehende denkbare
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Abschluss eines "dilettantischen Vertrages" hinausgehende denkbare
Wahlkampfvorwürfe, wie die Vereitelung der Betriebserweiterung der Fa. H. und
das sog. "demokratiefeindliche" Verhalten durch die endgültige Entscheidung im
"Geheimzirkel der Koalitionsrunde". Das sog. Anfechtungsprinzip soll nur die
Einbeziehung neuer, abgrenzbarer, eigenständiger Sachverhalte ausschließen, die
zur Überprüfung weiterer, bisher nicht geltend gemachter Wahlrechtsverstöße
führen würden, während es hier lediglich darum geht, die von vornherein
hinreichend geltend gemachte unzulässige Wahlbeeinflussung durch Vertuschung
der zum Scheitern der Grundstücksvergabe an die Fa. H. führenden Umstände,
deren Wahlkampfbezug und deren Kausalität für das Wahlergebnis durch weitere
Einzelheiten, Unterlagen und Überlegungen näher darzulegen. Im Rahmen des
Anfechtungsgegenstandes, der aufgrund einer verständigen Würdigung des
substantiiert erklärten Willens eines Einspruchsführers zu ermitteln ist, ist der
Tatbestand, auf den die Anfechtung gestützt wird, von Amts wegen zu erforschen
und sind alle auftauchenden rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1975 - 2 BvC 1/74 - BVerfGE 40 S. 11 <40>). Da die
Wahlprüfung dem aus dem Demokratieprinzip folgenden Gebot einer dem
Wählerwillen entsprechenden Mandatsverteilung und zugleich dem Recht der
Wahlberechtigten und Wahlbewerber auf Wahlgleichheit durch Gleichbewertung der
abgegebenen Stimmen und damit der Gewährleistung der gesetzmäßigen
Zusammensetzung eines Parlaments oder sonst gewählter Gremien dient, dürfen
die Anforderungen daran, was ein Einspruchsführer innerhalb der Einspruchsfrist
substantiiert vortragen muss, nicht überspannt und darf die Wahlprüfung nicht in
einer Weise beschränkt werden, dass sie diesen Zweck nicht erreichen kann; so
kann etwa bei einem Zählfehler in einem Wahlbezirk die für die Feststellung der
Erheblichkeit dieses Wahlfehlers erforderliche Nachzählung u.U. auch auf alle - und
damit vom Einspruch nicht direkt betroffene - Stimmbezirke erstreckt werden (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 1991 - 2 BvR 562/91 - NVwZ 1992 S. 257
f.).
Die oben aufgeführten hauptamtlichen Magistratsmitglieder haben nach der aus
dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten gewonnenen Überzeugung
des Senats unmittelbar vor und während der OB-Direktwahl vom 1./22. März 1998
in Ausübung ihrer Amtstätigkeit und unter Verletzung ihrer Amtspflichten die
Wählerwillensbildung hinsichtlich der Vorgänge um den Komplex F.straße zu
Gunsten des Beigeladenen und zu Lasten der anderen Bewerber, insbesondere
der Kandidaten F. und K., dadurch beeinflusst, dass sie das Rechtsanwalts-
Gutachten vom 16./20. Januar 1998 über die Unwirksamkeit der
Optionsvereinbarung in § 2 des Vertrages mit der FI vom 28. Mai 1997 und das
bewusste Verstreichenlassen der letztmalig von der FI auf den 3. Februar 1998
gesetzten Erklärungsfrist für die Ausübung der freiwillig eingeräumten Option auf
Grund des Beschlusses der Großen Koalitionsrunde vom 22. Januar 1998 durch die
folgenden Verhaltensweisen den oppositionellen Parteien, den anderen Bewerbern
und damit der Öffentlichkeit bis nach der OB-Wahl verheimlicht haben; nämlich
dadurch,
- dass OB A. entgegen dem Beschluss der Beklagten vom 6. November 1997,
wonach der Magistrat ein Kaufangebot der FI an die Fa. H. für deren
Betriebserweiterung herbeiführen sollte, und entgegen dem Magistratsbeschluss
vom 5. Januar 1998, wonach der Tagesordnungspunkt F.straße auf den 26. Januar
1998 vertagt worden war und zwischenzeitlich eine interne oder externe juristische
Prüfung erfolgen sollte, diesen Tagesordnungspunkt nicht auf die Tagesordnung
der Magistratssitzung vom 26. Januar 1998 gesetzt und das Rechtsanwalts-
Gutachten vom 16./20. Januar 1998 nicht dem gesamten Magistrat, also auch den
an der Großen Koalitionsrunde nicht beteiligten (ehrenamtlichen)
Magistratsmitgliedern, zur Kenntnis gegeben und sie auch nicht über die letztmalig
gesetzte Optionsfrist informiert hat,
- dass BM M. entsprechend seinem Vermerk vom 27. Januar 1998 - ebenfalls
entgegen diesen Beschlüssen der Beklagten und des Magistrats - als zuständiger
Dezernent schon am 26. Januar 1998 mit dem Geschäftsführer der FI die
Konsequenzen aus dem bevorstehenden Fristablauf am 3. Februar 1998
besprochen und ihn gebeten hat, mögliche offizielle Schreiben über die nunmehr
erfolgende Realisierung des Bauvorhabens aus "politischen Gründen ... bis nach
der OB-Wahl" zurückzustellen,
- dass in der Sitzung der Beklagten vom 5. Februar 1998 (also nach Ablauf der
Erklärungsfrist) trotz mehrfachen Drängens von SPD-Stadtverordneten um nähere
Information und trotz des einstimmig gefassten Beschlusses, wonach der
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Information und trotz des einstimmig gefassten Beschlusses, wonach der
Magistrat zur unverzüglichen Vorlage der Ergebnisse seiner Gespräche mit FI und
Fa. H. aufgefordert wurde, von Seiten der ausweislich der Sitzungsniederschrift
anwesenden Magistratsmitglieder OB A., BM M., Stadtrechtsrat G. und des
Beigeladenen nichts über das Rechtsanwalts-Gutachten, die Fristsetzung der FI
und deren Verstreichenlassen und damit nichts über das endgültige Scheitern des
Grundstücksgeschäfts berichtet worden ist, sondern sie im Gegenteil die -
ebenfalls an der Großen Koalitionsrunde beteiligte - CDU-Fraktionsvorsitzende
nach dem Wortlautprotokoll auf Anfrage des stellvertretenden SPD-
Fraktionsvorsitzenden unwidersprochen wörtlich erklären ließen: "Wie üblich, oder
zumindest wie heute schon des Öfteren, beantragen sie wieder eine
Selbstverständlichkeit. Herr S., wenn Ergebnisse vorliegen, werden sie
selbstverständlich zur Beratung in den Gremien haben,"
- dass der Beigeladene in der Sitzung des als Akteneinsichtsausschuss tätigen
Bauausschusses vom 4. März 1998 (also nach dem ersten Wahlgang vom 1. März
1998) auf Nachfrage hinsichtlich einer Magistratsvorlage in Sachen F.straße erklärt
hat, es seien noch Beratungen erforderlich, wovon der Senat angesichts der
Angaben der Kläger ausgeht, die schon in ihrer Einspruchsbegründung vom 10.
April 1998 enthalten waren, im Verfahren unter Zeugenbeweis gestellt worden und
konkret unbestritten geblieben sind und durch das bloße unsubstantiierte und
nicht auf diese Erklärung des Beigeladenen bezogene Bestreiten der Beklagten
mit Nichtwissen nicht in Zweifel gezogen werden, zumal in der fraglichen
Ausschusssitzung Stadtverordnete, also Mitglieder der Beklagten, anwesend
waren, die der Beklagten das für ein substantiiertes Bestreiten erforderliche
Wissen hätten verschaffen können,
und schließlich,
- dass in den in dieser Sitzung des Bauausschusses vorgelegten Akten der
ausdrücklich für Amt 23 und die dort geführten Akten bestimmte Vermerk des BM
M. vom 27. Januar 1998 unstreitig fehlte, weil er "wegen seines brisanten Inhalts
auf Anweisung des OB zurückgegeben" worden war, wie sich aus dem am 6. Mai
1998 in den Akten vorgefundenen Vermerk des Amtsleiters G. ergibt. Die jetzt im
Berufungsverfahren gegebene Begründung der Beklagten, der Vermerk des BM M.
sei nur deshalb aus den städtischen Akten entfernt worden, weil er von diesem
nicht in amtlicher Eigenschaft, sondern als Mitglied der Koalitionsmehrheit gefertigt
worden sei, wird durch die ausdrücklich beigefügte Zweckbestimmung, die BM M.
als für das Projekt F.straße federführender Dezernent seinem Vermerk gegeben
hat, und durch den später vorgefundenen Vermerk des Amtsleiters G. widerlegt.
Entgegen der nunmehr im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 3. November
2001 aufgestellten Behauptung der Beklagten waren die durch diese
Verhaltensweisen verheimlichten und insbesondere im Vermerk des BM M.
wiedergegebenen Umstände den Stadtverordneten der Oppositionsparteien und
der Öffentlichkeit nicht bereits auf Grund des zu den Akten genommenen
Presseartikels in der TZ vom 24. Januar 1998 bekannt. In diesem Pressebericht ist
nämlich weder erwähnt, dass nach dem Rechtsanwalts-Gutachten kein wirksam
vereinbartes Optionsrecht der Stadt bestand, es ist im Gegenteil von einer noch
nicht abgeschlossenen Prüfung der Juristen die Rede (so auch in einer
Presseerklärung der CDU in der TZ vom 18. Februar 1998), noch ist ersichtlich,
dass die FI freiwillig eine letztmalige Erklärungsfrist zum 3. Februar 1998 gesetzt
hatte, so dass die "Vertagung einer Entscheidung durch die Koalitionsrunde" in
Wirklichkeit eine Ablehnung der Optionsausübung darstellte. Es wird deshalb in
diesem Bericht der - falsche - Eindruck erweckt, die Frage des - jederzeit auf Grund
der vereinbarten Option erzwingbaren - Grundstückserwerbs der Fa. H. werde allein
wegen der Höhe des erforderlichen städtischen Zuschusses noch geprüft und
befinde sich quasi "in der Schwebe". Irreführend ist deshalb auch die dort
wiedergegebene Aussage der CDU-Fraktionsvorsitzenden zu Überlegungen
innerhalb der CDU, der Fa. H. die fragliche Grundstücksfläche nicht zur Verfügung
zu stellen, diese seien verfrüht und über diese Alternative habe die Koalition nicht
gesprochen, obwohl genau dies die durch die Entscheidung der Großen
Koalitionsrunde bewusst und gewollt herbeigeführte Folge war.
Auch die in diesem Schriftsatz weiter aufgestellte, den Angaben der Kläger
widersprechende Behauptung, in den dem Bauausschuss am 4. März 1998 zur
Einsichtnahme vorgelegten Akten seien - abgesehen von dem Vermerk des BM M.
- alle streitigen Unterlagen enthalten gewesen, ist nicht erheblich, weil dadurch die
Wirkung der vorangegangenen Verheimlichungshandlungen für den bereits am 1.
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Wirkung der vorangegangenen Verheimlichungshandlungen für den bereits am 1.
März 1998 erfolgten ersten Wahlgang ohnehin nicht, aber auch nicht für die
Stichwahl am 22. März 1998 beseitigt worden wäre. Dadurch, dass durch das
Einheften einzelner Unterlagen in eine umfangreiche Akte eine nachträgliche
Kenntnisnahme lediglich stillschweigend ermöglicht worden wäre, hätte die nach
dem ausdrücklichen Auskunftsbegehren der Beklagten vom 5. Februar 1998
eigentlich gebotene positive Mitteilung über das endgültige Scheitern des
Grundstücksgeschäfts durch Verstreichenlassen der Optionsfrist auf Grund der
Entscheidung der Großen Koalitionsrunde nicht ersetzt werden können. Zudem ist
dieser Umstand durch die Entfernung des Vermerks des BM M. weiter verdeckt
worden und hat der Beigeladene durch seine in dieser Sitzung abgegebene
Erklärung, es seien noch Beratungen erforderlich, wiederum den falschen Eindruck
erweckt, als sei zwischenzeitlich nichts Mitteilenswertes geschehen und die
Verhandlungen mit der FI und der Fa. H. noch in der Schwebe und in ihrem
Ergebnis offen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es für die Bewertung der oben
aufgeführten Verhaltensweisen der hauptamtlichen Magistratsmitglieder als
Wahlbeeinflussungshandlungen nicht von Bedeutung, dass sie sich jedenfalls zum
Teil als bloßes Unterlassen von Informationserteilungen darstellen. Die möglichen
Quellen, Erscheinungsformen und Zielrichtungen hoheitlich wahlbeeinflussenden
und chancenbeeinträchtigenden Handelns sind nicht auf bestimmte, gesetzlich
konkretisierte Maßnahmen, die ihrer Art nach einen unmittelbaren oder
mittelbaren Bezug zur Wahl haben, beschränkt (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Februar
2001 a.a.O. S. 1052; OVG NW, Urteil vom 19. August 1988 - 15 A 924/88 - NVwZ-
RR 1989 S. 149 f.). Voraussetzung für eine "unzulässige Wahlbeeinflussung" ist nur,
dass sie einer ordnungs- und pflichtgemäßen Amtsführung nicht entspricht und
inhaltlich geeignet ist, die Wählerwillensbildung parteiergreifend zu beeinflussen.
Einer darüber hinausgehenden besonderen Garantenpflicht bedarf es für den Fall
eines bloßen Unterlassens dagegen nicht, wie etwa auch die
bundesverfassungsgerichtliche Prüfung einer amtlichen Wahlbeeinflussung durch
die nicht rechtzeitige Vorlage eines Sachverständigenjahresgutachtens zur
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor einer Bundestagswahl durch die
Bundesregierung zeigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1975 a.a.O. S. 40).
Die Voraussetzung einer ordnungs- und pflichtwidrigen Amtsführung ist durch die
genannten Verhaltensweisen der hauptamtlichen Magistratsmitglieder im
Zusammenhang mit dem Komplex F.-straße erfüllt. Sie haben dadurch gegen ihre
sich aus § 50 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 3, § 66 Abs. 1 Nr. 2 und § 70 HGO
ergebenden Amtspflichten verstoßen, dass entgegen dem Beschluss der
Beklagten vom 6. November 1997 nach Vorliegen des Rechtsanwalts-Gutachtens
vom 16./20. Januar 1998 die Frage der fristgerechten Ausübung der von der FI bis
zum 3. Februar 1998 freiwillig angebotenen Option nicht wie vorgesehen in der
Magistratssitzung vom 26. Januar 1998 - und einer möglicherweise kurzfristig
anzusetzenden Sitzung der Beklagten - unter Offenlegung der maßgeblichen
Gesichtspunkte zur Entscheidung gestellt, sondern von OB A. von der
Tagesordnung genommen wurde, und dass die Beklagte über diese wichtige
Verwaltungsangelegenheit nicht einmal in ihrer Sitzung vom 5. Februar 1998 nach
Fristablauf und damit nach dem endgültigen Scheitern des Grundstücksgeschäfts
und entgegen der von ihr einstimmig in Beschlussform erfolgten Aufforderung zur
Informationserteilung und der sich spätestens daraus ergebenden konkretisierten
Offenbarungspflicht des Magistrats unterrichtet, sondern vielmehr auch danach ein
Bekanntwerden dieser Vorgänge verhindert wurde.
Dieses Verhalten kann entgegen dem Beklagtenvorbringen und entgegen der von
ihr in Bezug genommenen Auffassung des Regierungspräsidiums (RP) Darmstadt,
die dieses in seinem ein kommunalaufsichtliches und dienstrechtliches
Einschreiten ablehnenden Schreiben vom 18. Juni 1998 in Form eines "obiter
dictum" vertreten hat, nicht als sachlich geboten und deshalb als
ordnungsgemäße Amtsausübung angesehen werden.
Schon die Ausgangsüberlegung des RP, dass das Zustandekommen der
Vereinbarung eine "aus Sicht des Magistrats" unvertretbare Subventionierung des
Differenzbetrages zwischen der Kaufpreisforderung der FI und dem Angebot der
Fa. H. erfordert hätte und dass "der Magistrat" zudem nach Kenntnis des
Rechtsanwalts-Gutachtens vom 16. Januar 1998 und der fehlenden rechtlichen
Bindung der FI lediglich die Möglichkeit gesehen habe, im Falle von
Nachbareinwendungen oder sonstiger Verzögerung im anhängigen
Baugenehmigungsverfahren mit der FI in Nachverhandlungen zu treten, und diese
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Baugenehmigungsverfahren mit der FI in Nachverhandlungen zu treten, und diese
habe abwarten wollen und dass deshalb das Bearbeitungsverfahren noch nicht
abgeschlossen gewesen und die Behandlung der Angelegenheit "durch den
Magistrat" rechtlich nicht zu beanstanden sei, ist aus mehreren Gründen
unzutreffend. Dabei wird schon nicht berücksichtigt, dass die FI freiwillig eine
Optionsfrist bis zum 3. Februar 1998 eingeräumt hatte, die zum einen die
Handlungsalternative einer Annahme der Option unter Berücksichtigung des
ansonsten drohenden Arbeitsplatzverlustes und Gewerbesteuerausfalls bei
Abwanderung der Fa. H. unter Hinnahme der finanziellen Belastung der Stadt
eröffnete, wie sie dann nach der OB-Wahl am 6. April 1998 vom Magistrat -
allerdings zu spät - ergriffen wurde. Zum anderen führte das bewusste und
verheimlichte Verstreichenlassen dieser Frist zu einem endgültigen Scheitern der
Vertragsverhandlungen, weil die Möglichkeit von Nachverhandlungen nicht mehr
als eine vage, von konkreten Anhaltspunkten nicht veranlasste Hoffnung
darstellte. Danach war tatsächlich weder die fehlgeschlagene vertragliche
Vereinbarung eines Optionsrechts der Stadt noch die hohe Kaufpreisforderung der
FI, sondern das stillschweigende Verstreichenlassen der von ihr gesetzten
Optionsfrist für das Scheitern des Grundstücksgeschäfts entscheidend.
Das RP hat aber vor allem übersehen, dass das zuständige gemeindliche
Gremium in Form des Magistrats gar keine Gelegenheit erhielt, diese
Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen und eine Entscheidung zu treffen oder
der Beklagten vorzuschlagen, weil sich die Teilnehmer der Großen Koalitionsrunde
am 22. Januar 1998 bereits für die Vertagung der Angelegenheit bis nach der Wahl
und damit für das bewusste Verstreichenlassen der Frist entschieden hatten und
dies zunächst dadurch umgesetzt wurde, dass dieser Tagesordnungspunkt von OB
A. von der Magistratssitzung am 26. Januar 1998 abgesetzt und damit einer
öffentlich geführten Auseinandersetzung entzogen wurde. Da in dieser
Verfahrensweise und den nachfolgenden, der Verheimlichung dienenden
Verhaltensweisen die eigentlichen Pflichtverstöße liegen, ist es nicht erheblich, ob
sich für die von der Großen Koalitionsrunde letztlich herbeigeführte Entscheidung
gegen die Annahme der Option im nachhinein sachliche Gründe anführen lassen,
wie sie nunmehr auch von der Beklagten völlig unsubstantiiert behauptet werden.
Ein wesentlicher Pflichtverstoß der genannten hauptamtlichen Magistratsmitglieder
lag insbesondere in dem Verschweigen dieser Vorgänge nach Ablauf der
Optionsfrist in der Sitzung der Beklagten vom 5. Februar 1998, obwohl der
Magistrat mit einstimmig gefasstem Beschluss aufgefordert worden war,
"unverzüglich das Ergebnis seiner Gespräche mit der FI und dem Unternehmer H.
den städtischen Gremien zur Beratung vorzulegen". Die Annahme des RP, dieser
Beschluss habe seinem Wortlaut nach "keine Berichterstattungspflicht in der
Sitzung am 05. Februar 1998" beinhaltet, so dass der Magistrat ihm mit der
Vorlage vom 22. April 1998 nachgekommen sei, ist nicht nachvollziehbar, weil
"unverzüglich" vom Wortlaut her eindeutig ist und der Beschluss nur dahin
verstanden werden konnte, dass alle bis zum 5. Februar 1998 eingetretenen
relevanten Gesprächsergebnisse mitgeteilt werden mussten, was ohne
vernünftigen Zweifel eine Pflicht zur Berichterstattung über das endgültige
Scheitern der Verhandlungen durch den Ablauf der letztmalig freiwillig von der FI
gesetzten Optionsfrist begründete.
Ebenso unverständlich und in seiner Unbestimmtheit nicht nachvollziehbar ist die
weitere Behauptung der Beklagten, der Anforderung eines weiteren Berichts über
den Sachstand habe wegen projektgefährdender Nachbareinwendungen gegen
den Baugenehmigungsantrag vom 25. Juni 1997, die erst durch eine Vereinbarung
vom 12./17. Februar 1998 ausgeräumt worden seien, nicht nachgekommen
werden können; mit den in Bezug genommenen Ausführungen des RP hat dies
jedenfalls nichts zu tun, weil danach durch Nachbareinwendungen verursachte
Verzögerungen erhofft wurden, die eine Nachverhandlungsmöglichkeit eröffnet
hätten, was jedoch nicht eingetreten ist (vgl. Magistratsvorlage vom 23. April
1998). Was die von der Beklagten jetzt vorgebrachten Nachbareinwendungen mit
der Option für die Fa. H. zu tun und warum sie das Verheimlichen des
Verstreichenlassens der Optionsfrist erforderlich gemacht haben sollten, ist
unerfindlich. Der Senat hat schließlich in einem gegen den Beigeladenen in einem
anderen, späteren Verfahren ergangenen Beschluss vom 29. März 2000 - 8 TZ
815/00 - (NVwZ 2001 S. 345) u.a. ausgeführt: "Wenn der Vorsitzende des
Gemeindevorstands ein Gremium einrichtet, in dem Informations- und
Beratungsfunktionen wahrgenommen werden, die grundsätzlich der
Gemeindevertretung und ihren Ausschüssen vorbehalten sind, und dabei gezielt
eine Fraktion ausgeschlossen wird, so widerspricht dies den dargelegten
Mitwirkungsprinzipien. ... Eine Praxis, durch die einzelne Fraktionen gegen ihren
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Mitwirkungsprinzipien. ... Eine Praxis, durch die einzelne Fraktionen gegen ihren
Willen von frühzeitigen Informationen ausgeschlossen werden, widerspricht den
grundsätzlich bestehenden Mitwirkungsrechten der Stadtverordneten und der
Verfahrensweise, die durch Art. 28 GG sowie die Regelungen der Hessischen
Gemeindeordnung vorgegeben ist." Dies muss dann aber um so mehr gelten,
wenn es nicht nur um Informationen für die Vorbereitung von StVV-Sitzungen,
sondern um Informationen über die Ergebnisse einer
Grundstücksbeschaffungsmaßnahme geht, zu deren Durchführung der Magistrat
mit StVV-Beschluss beauftragt worden war. Die Verletzung der durch den
Beschluss der Beklagten vom 5. Februar 1998 konkretisierten Offenbarungspflicht
des Magistrats ist in der Folgezeit auch aufrechterhalten und durch weitere, oben
aufgeführte Verdeckungshandlungen ergänzt worden.
Diese in erster Linie gegen kommunalrechtliche Vorschriften über die Befugnisse
und Verpflichtungen des Oberbürgermeisters und des Magistrats auch gegenüber
der StVV verstoßenden Verhaltensweisen, die von den hauptamtlichen
Magistratsmitgliedern bis zur Stichwahl am 22. März 1998 mehrfach während des
sich insbesondere durch den Ablauf der Optionsfrist am 3. Februar 1998 und durch
den Beschluss der Beklagten vom 5. Februar 1998 tatsächlich und rechtlich
verändernden Geschehensablauf bis zum Abschluss der Wahl begangen wurden,
waren auch dazu bestimmt und geeignet, die Wahl unter Verletzung der
Chancengleichheit der anderen Bewerber zu Gunsten des Beigeladenen zu
beeinflussen und erhielten dadurch ihren vom Beklagten vermissten Wahlbezug.
Die verschiedenen pflichtwidrig unterdrückten Informationen über die Behandlung
der Grundstücksangelegenheit der Fa. H. im Zusammenhang mit dem Komplex
F.-straße wären nämlich ohne diese Pflichtverstöße auch den ehrenamtlichen
Magistratsmitgliedern und spätestens am 5. Februar 1998 den Stadtverordneten
der Oppositionsparteien, den anderen Wahlbewerbern und der Öffentlichkeit
bekannt geworden und hätten dann die Wahlchancen des Beigeladenen entgegen
der Auffassung des Verwaltungsgerichts beeinträchtigt.
Der Komplex F.-straße einschließlich des dort geplanten Vorhabens der Fa. H. in
Form eines Öko-Zentrums oder jedenfalls einer Betriebserweiterung war
insbesondere für die Kandidaten F. und K. ein wichtiges Wahlkampfthema. Dass
diese Angelegenheit die Öffentlichkeit interessierte, ergibt sich u.a. aus der
Berichterstattung der HW und der TZ vom 8. November 1997 über die beiden
Beschlüsse der Beklagten vom 16. Oktober und 6. November 1997 über den
Stopp und die Wiederaufnahme des Wohnungsbauprojekts, wobei
interessanterweise auch darüber berichtet wird, dass der FDP-Fraktionschef der
Kollegin F. vorgeworfen habe, sie wolle "das Thema wegen der OB-Wahl am Kochen
halten", und dass ein FHW-Politiker gesagt habe, er hoffe, "dass das Öko-Zentrum
nicht ganz begraben ist". Das öffentliche Interesse an einem Öko-Zentrum und an
der Erweiterung der Fa. H. wird auch deutlich in einem Artikel der FAZ vom 30.
Januar 1998 mit der Überschrift "Verlässt H. Bad Homburg ? Naturwarenhändler
erwartet Signal von der Stadt". Aus eingereichten Presseartikeln von
Januar/Februar 1998 ergibt sich dementsprechend u.a., dass die Kandidatin F. auf
öffentlich gestellte Fragen nach ihren Prioritäten im Falle ihrer Wahl zur
Oberbürgermeisterin mehrfach in erster Linie die Problematik um die Bebauung
der F.-straße und die damit verbundene Informationspolitik des Magistrats als ihre
zukünftige "Chefsache" bezeichnet hat. So hat auch der stellvertretende SPD-
Fraktionsvorsitzende S. in der Sitzung der Beklagten am 5. Februar 1998 u.a.
ausgeführt, dass das Thema F.-straße insbesondere hinsichtlich des mangelnden
Informationsflusses ein "Dauerbrenner" in der StVV, in der Presse und bei den
Bürgern der Stadt und in seiner Öffentlichkeitswirksamkeit "furchtbar sensibel" sei.
Dementsprechend wird im Wahlprogramm des Grünen-Kandidaten K. u.a. die
Ansiedlung eines bundesweit beachteten Öko-Zentrums gefordert und soll es nach
einem Bericht der FAZ vom 3. März 1993 nach dem ersten Wahlgang zu dem
Zerwürfnis zwischen den beiden Bewerbern K. und F. offenbar deshalb gekommen
sein, weil K. seiner Mitbewerberin vorgeworfen habe, sie sei für den schleppenden
Fortgang des Wohnungsbauprojekts an der F.-straße mitverantwortlich, wodurch
diese sich tief gekränkt gefühlt habe. Da Veröffentlichungen einerseits ein Indiz
dafür sind, welche Fragen die Öffentlichkeit und damit die Wähler interessieren,
und andererseits auch solches Interesse wecken, ist nach den dargestellten
Berichten mit den Klägern davon auszugehen, dass das Thema F.-straße ein
bedeutendes Wahlkampfthema war.
Es spricht deshalb entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts einiges
dafür, dass schon das Bekanntwerden des Rechtsanwalts-Gutachtens vom 16./20.
Januar 1998 über die Unwirksamkeit der Optionsvereinbarung in dem Vertrag mit
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Januar 1998 über die Unwirksamkeit der Optionsvereinbarung in dem Vertrag mit
der FI vom 28. Mai 1997 und die Kenntnis der dadurch verschlechterten
Verhandlungsposition der Stadt, der wegen des auf den Verkehrswert
beschränkten Angebots des Beigeladenen in seinem Schreiben an die Fa. H. vom
13. November 1997 und der auch hinsichtlich des Kaufpreises fehlenden
rechtlichen Bindung der FI für den Fall einer Annahme des Optionsangebotes eine
finanzielle Belastung von 2,3 Mill. DM drohte, die Wahlchancen des Beigeladenen
verschlechtert hätte, obwohl er bei Abschluss des Vertrages vom 28. Mai 1997
sein Amt als Stadtbaurat noch nicht angetreten hatte und deshalb eigentlich für
diesen - nach Auffassung der Kläger in ihrer Einspruchsbegründung -
"dilettantischen Vertrag" nicht hätte verantwortlich gemacht werden können. Es ist
nämlich zum einen zu berücksichtigen, dass der Beigeladene als Stadtbaurat in
der Öffentlichkeit - mit einer gewissen Berechtigung, wie sein Schreiben an die Fa.
H. vom 13. November 1997 zeigt - jedenfalls als einer der für das Projekt F.-straße
verantwortlichen Dezernenten angesehen wurde, wie sich aus dem Bericht in der
TZ vom 8. November 1997 ergibt, in dem er als zuständiger Dezernent vor
Stadtrechtsrat G. und BM M. genannt wird. Ob den Wählern bei oppositionellen
Vorwürfen gegen die dilettantische Behandlung dieser Angelegenheit durch die
zuständigen Magistratsmitglieder in der Wahlwerbung hätte plausibel gemacht
werden können, dass den Beigeladenen in seiner Person keine Verantwortung
treffe, weil er bei der vertraglichen Optionsvereinbarung im Mai 1997 noch nicht im
Amt gewesen sei, erscheint deshalb recht fraglich. Zum anderen ist zu
berücksichtigen, dass selbst bei einer OB-Wahl als einer Persönlichkeitswahl im
allgemeinen für die Wähler nicht allein die Person des jeweiligen Bewerbers,
sondern zumindest auch dessen Parteizugehörigkeit eine gewichtige Rolle spielt.
Dem ist hier durch die vorgelegte Wahlwerbung der CDU und des Beigeladenen
erkennbar auch Rechnung getragen worden und dies wird in dem bereits zitierten
Artikel der FAZ vom 3. März 1998 unter Auswertung der Ergebnisse des ersten
Wahlgangs der OB-Wahl im Vergleich mit den Kommunalwahl-Resultaten
ausdrücklich bestätigt, woraus sich ergebe, dass "sich das Wählerverhalten bei der
Direktwahl weitgehend an der Parteienpräferenz orientiere". Daraus folgt, dass ein
dem CDU-dominierten Magistrat öffentlich vorgehaltenes Fehlverhalten die
Wahlchancen des Beigeladenen schon im allgemeinen durchaus hätte
verschlechtern können. Hier kommt noch die besondere Situation des
Beigeladenen hinzu, der nicht ortsansässig war und erst im Juli 1997, also etwa ein
gutes halbes Jahr vor der OB-Wahl zum Stadtbaurat gewählt worden war, das Amt
im Oktober 1997, also nur gut vier Monate vor der Wahl angetreten hatte und erst
1997 aus Nordrhein-Westfalen noch ohne seine Familie in eine Dienstwohnung
nach Bad Homburg gezogen war und der als Neubürger und Neuling in der
Stadtverwaltung den Wählern mit Hilfe seiner Parteifreunde und insbesondere des
damaligen OB A. überhaupt erst bekanntgemacht werden musste. Sein politisches
Programm bestand zudem ausweislich seiner Wahlwerbung neben seiner
fachlichen Kompetenz und persönlichen und politischen Integrität im Wesentlichen
in der "gemeinsam mit der bürgerlichen Mehrheit" in StVV und Magistrat
beabsichtigten Fortführung der "guten kommunalpolitischen Ära" unter seinem
CDU-Vorgänger OB A.. Damit stand der Beigeladene weniger mit seiner Person als
solcher, als vielmehr in seiner Rolle als der von OB A. und seiner Partei geförderte
CDU-Nachfolgekandidat zur Wahl, wie gerade auch für ihn der Vergleich der
Wählerstimmen der OB- und der Kommunal-Wahl in diesem Presseartikel
verdeutlicht. Das lässt den Schluss zu, dass ein auf Unzulänglichkeiten dieser
früheren "Regierung" zielender Angriff der Opposition sich auf die Wahlchancen des
Beigeladenen als den CDU-Kandidaten negativ auswirken konnte, zumal es im
Zusammenhang mit dem Komplex F.straße beim Vertrag mit der DL vom 22.
Februar 1991 unter OB A. schon einmal zu einer von einem StVV-Beschluss
abweichenden Vertragsgestaltung gekommen war, die zu einer Missbilligung durch
die Beklagte und für die Stadt zu zusätzlichen Kosten geführt hatte, was nicht nur
in der vorliegenden Einspruchsbegründung der Kläger, sondern auch in der
öffentlichen Diskussion immer wieder angesprochen wurde (vgl. u.a. das Interview
mit der Kandidatin F. in der FR vom 31. Januar 1998).
Jedenfalls aber das Bekanntwerden des in der Sitzung der Beklagten vom 5.
Februar 1998 pflichtwidrig verschwiegenen und in der Folgezeit weiter
verheimlichten bewussten Verstreichenlassens der Optionsfrist auf Grund der
einstimmig unter persönlicher Beteiligung des Beigeladenen getroffenen
Entscheidung der Großen Koalitionsrunde und des dadurch herbeigeführten
endgültigen Scheiterns des Grundstücksgeschäfts der Fa. H. wäre geeignet
gewesen, die Wahlchancen des Beigeladenen zu verschlechtern. Dann hätte dem
Beigeladenen zum einen der sachlich-inhaltliche Vorwurf gemacht werden können,
an der Verhinderung der von allen Parteien - zumindest nach außen hin - und wohl
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an der Verhinderung der von allen Parteien - zumindest nach außen hin - und wohl
auch in der Öffentlichkeit befürworteten und zur Standortsicherung erwünschten
Förderung der Betriebserweiterung der Fa. H. widerspruchslos mitgewirkt zu
haben, obwohl er im Wahlkampf u.a. die Unterstützung ansässiger Betriebe
versprochen hatte. Zum anderen hätte ihm - angesichts seiner
Wahlkampfaussagen noch gravierender - vorgehalten werden können, daran
mitgewirkt zu haben, dass unter Verschweigen des RA-Gutachtens und unter
Umgehung der eigentlich dazu berufenden gemeindlichen Gremien, nämlich des
Magistrats und der StVV, und ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit den
Vertretern der zur Kontrolle der Regierungsmehrheit berufenen oppositionellen
Parteien eine für die wirtschaftliche Situation der Stadt wichtige Entscheidung
letztlich in einem der Öffentlichkeit entzogenen parteipolitischen Gremium
getroffen worden ist. Das hätte in Gegensatz zu seiner Selbstdarstellung im
Wahlkampf gesetzt werden können, wonach er u.a. Verantwortung für das Ganze
übernehmen, eine breite Diskussion über bedeutende Fragen zur Zukunft und der
Entwicklung Bad Homburgs auch und gerade mit den Bürgern fördern, auf
gemeinsame Arbeit setzen, den Bürgersinn fördern und Menschen und Meinungen
zusammenführen, mit der StVV und ihren Gremien gut zusammenwirken und sich
in diesen zur Entscheidung berufenen Gremien für die Belange der Bürger
einsetzen wolle. Dafür, dass gerade dieser Gesichtspunkt in den Wahlkampf
einbezogen worden wäre, spricht der Umstand, dass die Kandidatin F. nach
Presseberichten vom Januar/Februar 1998 in Wahlkampfveranstaltungen öffentlich
beklagt hat, dass Vorhaben wie die Bebauung der F.-straße unter Ausschluss der
Öffentlichkeit diskutiert würden und "so etwas aus politischen Koalitionsrunden
raus" müsse, und auch in der Sitzung der Beklagten vom 5. Februar 1998 insoweit
bemängelt hat, dass ihr die Fakten vorenthalten würden; wie auch ihr Parteikollege
S., der dort in seinem Redebeitrag dem FDP-Politiker H. vorgehalten hat, dass
dieser sicherlich alles verstehe, weil er ja auch in der Koalition sitze und sowieso
alles "brühwarm erzählt kriege". Damit wäre auch der von OB A. in der FR und der
TZ vom 6. Dezember 1997 gepriesene Vorteil des Beigeladenen verloren
gegangen, dass er "in keinen Klüngel eingebunden" sei und seine Konkurrentin F.
ihm "nichts schlechtes nachsagen" könne. Diese Vorwürfe hätten auch dem vom
Beigeladenen nach einem Kommentar der TZ vom 23. März 1998 im Wahlkampf
offensichtlich vermittelten Eindruck entgegengewirkt, wonach der Beigeladene von
einer "ungeheuer sympathischen Ausstrahlung, ... ehrlich und freundlich ... und ...
stets am Konsens interessiert" sei.
Diese Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren in Form unzulässiger
Wahlbeeinflussung waren gemäß § 50 Nr. 2 KWG auch erheblich, weil sie auf das
Ergebnis von Einfluss gewesen sein können.
Zur Auslegung des damit aufgestellten Kausalitätserfordernisses ist der vom
Bundesverfassungsgericht ursprünglich für die Wahlprüfung bei Bundestagswahlen
in ständiger Rechtsprechung entwickelte Erheblichkeitsgrundsatz, der vom
Landesgesetzgeber auch auf das Kommunalwahlrecht übertragen werden kann,
heranzuziehen, wonach nur solche Wahlfehler zu Eingriffen der
Wahlprüfungsinstanzen führen können, die auf die gesetzmäßige
Zusammensetzung der Volksvertretung, also auf die konkrete Mandatsverteilung,
von Einfluss sind oder sein können, wobei eine solche Möglichkeit nicht nur
theoretisch bestehen darf, sondern nach allgemeiner Lebenserfahrung konkret
und nicht ganz fernliegend sein muss (vgl. u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 12.
Dezember 1991 a.a.O. und vom 20. Oktober 1993 - 2 BvC 2/91 - NJW 1994 S. 922
ff. sowie BVerwG, Beschluss vom 17. März 1998 - 8 B 36.98 - Buchholz 415.1 Nr.
145). Danach ist auch angesichts des Wortlauts des § 50 Nr. 2 KWG eine
unzulässige Wahlbeeinflussung dann als ein erheblicher, zur Ungültigkeitserklärung
der Wahl führender Wahlfehlertatbestand anzusehen, wenn sie nicht nur bei
theoretisch-abstrakter, sondern bei einer an den konkreten Verhältnissen des
Wahlkampfes orientierten Betrachtung nach allgemeiner Lebenserfahrung für die
Wählerwillensbildung von solchem Gewicht war, dass unter Berücksichtigung der
Stimmenverhältnisse die nicht ganz fernliegende Möglichkeit eines Einflusses auf
das Wahlergebnis besteht.
Der demgegenüber von der Beklagten vertretenen Auffassung kann nicht gefolgt
werden, wonach vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 8. Februar
2001 (a.a.O.) nunmehr erhöhte Anforderungen an die Kausalität eines Wahlfehlers
für das Wahlergebnis gestellt werden müssten und die Ungültigerklärung einer
gesamten Wahl generell einen erheblichen Wahlfehler von solchem Gewicht
voraussetze, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung
unerträglich erschiene. Diese bundesverfassungsgerichtliche Auslegung des in Art.
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unerträglich erschiene. Diese bundesverfassungsgerichtliche Auslegung des in Art.
78 Abs. 2 HV für die hessische Landtagswahl aufgeführten Wahlfehlertatbestandes
der "gegen die guten Sitten verstoßenden Handlungen, die das Wahlergebnis
beeinflussen" und "im Falle der Erheblichkeit für den Ausgang der Wahl ... eine
Wahl ungültig" machen, können nicht verallgemeinernd auf die
kommunalwahlrechtliche Vorschrift des § 50 Nr. 2 KWG für die Prüfung der
Direktwahl von (Ober-)Bürgermeistern und Landräten übertragen werden. Der vom
Bundesverfassungsgericht entwickelte Erheblichkeitsgrundsatz beruht auf dem
aus dem Demokratiegebot hergeleiteten Rechtsgedanken, dass eine gewählte
Volksvertretung durch die Wahlprüfung in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben,
insbesondere der Gesetzgebung und der Kontrolle der - von ihr als
funktionsfähiges Organ erst hervorzubringenden - Regierung möglichst nicht
beeinträchtigt werden soll. Das sich daraus ergebende Erfordernis des
Bestandsschutzes schließt es im Hinblick auf die weitreichenden Auswirkungen
eines Eingriffs und die Aufwendigkeit von Wiederholungswahlen aus,
Wahlbeeinflussungen einfacher Art und ohne jedes Gewicht schlechthin zum
Wahlungültigkeitsgrund zu erheben. Voraussetzung für eine Ungültigkeitserklärung
ist danach vielmehr ein erheblicher Wahlfehlertatbestand. Je tiefer und weiter die
Wirkung eines wahlprüfungsrechtlichen Eingriffs in die Zusammensetzung einer
gewählten Volksvertretung reicht, desto schwerer muss der Wahlfehler wiegen, auf
den dieser Eingriff gestützt wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Februar 2001 a.a.O. S.
1051 f.; OVG Schleswig, Urteil vom 24. Juni 1993 - 2 K 4/93 - NVwZ 1994 S. 179 f.,
VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27. Januar 1997 - 1 S 1741/96 - ESVGH 47 S. 130
<134>). Das dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Februar 2001
zugrundeliegende Interesse an der Erhaltung des personellen Bestandes des für
die Landesgesetzgebung und die Wahl der Landesregierung und deren
parlamentarische Kontrolle zuständigen hessischen Landtages ist aber nicht
vergleichbar mit dem Interesse daran, dass ein gewählter (Ober-)Bürgermeister
oder Landrat in diesem Amt eines bloßen Exekutivorgans einer hessischen
Kommune verbleibt, denn seine bisherigen Amtshandlungen werden gemäß § 53
KWG durch die Ungültigkeitserklärung nicht berührt und er kann auch vom
Bürgermeister bzw. vom Ersten Beigeordneten jederzeit vertreten und nach einer
Neuwahl ohne großen Aufwand ersetzt werden. Dies hat der Landesgesetzgeber in
Ausübung der ihm bei der Umsetzung des Erheblichkeitsgrundsatzes zustehenden
Gestaltungsfreiheit auch in der Formulierung des § 50 Nr. 2 KWG dadurch zum
Ausdruck gebracht, dass es hier ausreicht, dass Wahlfehler für das Wahlergebnis
"von Einfluss gewesen sein können", während Art. 78 Abs. 2 HV verlangt, dass sie
für den Ausgang der Wahl erheblich sind und "das Wahlergebnis beeinflussen". Da
danach bei der Anwendung des § 50 Nr. 2 KWG dem Bestandserhaltungsinteresse
geringeres Gewicht zukommt als bei der Wahl des Hessischen Landtags, gewinnt
der entgegenstehende, ebenfalls aus dem Demokratiegebot hergeleitete
Rechtsgedanke größere Bedeutung, wonach es nämlich die demokratische
Legitimation des Gewählten erfordert, dass am Zustandekommen des
Wahlergebnisses keinerlei Zweifel bestehen bleiben dürfen (vgl. Bay. VGH, Urteile
vom 27. November 1991 - 4 B 91.573 - NVwZ 1992 S. 287 <289> und vom 29.
November 1995 - 4 B 95/605 - NVwZ-RR 1996 S. 680 f. sowie Bay. VerfGH,
Entscheidung vom 11. März 1994 - Vf. 22-VI-92 - NVwZ 1994 S. 993 <994 f.> zu
der vergleichbaren Formulierung in Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Bay.GemWahlG).
Diese Anforderungen an eine potentielle Kausalität sind hier nach Überzeugung
des Senats erfüllt, weil unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisses des
vorliegenden OB-Wahlkampfes und unter Einbeziehung der bereits oben
gemachten Ausführungen zur Chancenverschlechterung des Beigeladenen bei
Bekanntwerden der pflichtwidrig unterdrückten Informationen über die Behandlung
des Komplexes F.-straße nach allgemeiner Lebenserfahrung die Möglichkeit nicht
ganz fernliegend erscheint, dass der Beigeladene wenn schon nicht im ersten
Wahlgang, dann aber jedenfalls in der Stichwahl die Wahl hätten verlieren können.
Ob schon die Offenlegung der Unwirksamkeit des vereinbarten städtischen
Optionsrechts mit den deshalb drohenden finanziellen Belastungen der Stadt
diese Wirkung gehabt hätte, erscheint zwar eher zweifelhaft, jedenfalls aber hätte
das Bekanntwerden des bewussten und stillschweigenden Scheiternlassens der
Vertragsverhandlungen auf Grund der Entscheidung der Großen Koalitionsrunde
neben anderen naheliegenden Reaktionen der Wähler wohl wahrscheinlich dazu
geführt, dass dann der Grünen-Kandidat K. vor der Stichwahl keine
Wahlempfehlung für den Beigeladenen abgegeben hätte und dass ohne diese
mindestens die für einen Wahlsieg der Bewerberin F. zusätzlich erforderliche
Anzahl von 660 Wählern nicht für den Beigeladenen, sondern für sie gestimmt
hätte. Diese Annahme drängt sich auf, weil sich der Kandidat K. im Zuge der
politischen Auseinandersetzungen um die Errichtung eines sog. Ökozentrums
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politischen Auseinandersetzungen um die Errichtung eines sog. Ökozentrums
besonders stark dafür eingesetzt hatte, die Verwirklichung der von ihm begrüßten
unternehmerischen Ziele der Fa. H. zu fördern. Diese Auseinandersetzungen
hatten sich im Einzelnen wie folgt entwickelt:
Wie oben bereits angesprochen, ergab sich aus dem Wahlprogramm des
Kandidaten K. von Bündnis 90/Die Grünen und aus im Januar/Februar 1998
veröffentlichten Presseartikeln, dass für ihn die Wirtschaftsförderung allgemein und
insbesondere in Bezug auf innovative und ökologisch orientierte kleinere und
mittlere Unternehmen von vorrangiger Bedeutung war. Dementsprechend wollte
er "die Ansiedlung eines bundesweit beachteten 'Ökozentrums' forcieren", womit
er dieses Vorhaben der Fa. H. zu einem seiner Wahlkampfziele gemacht hatte,
und wollte zudem nach einem Wurfzettel den "Finanzwirrwarr mit Millionenverlusten
(z.B. Grundstücksdeal D.L.)", womit der Komplex F.-straße gemeint war,
beseitigen. Demgegenüber hatte sich die Beklagte in ihrer Sitzung vom 6.
November 1997 auf Antrag und mit den Stimmen der CDU-dominierten
Mehrheitsfraktionen von CDU, F.D.P. und FHW zwar wegen der inzwischen
bewilligten Landesförderung für die Fortführung des Wohnbauprojekts und damit
gegen das Öko-Zentrum entschieden, das allerdings von BM und Stadtkämmerer
M. als für die Wirtschaftsförderung zuständigem Dezernenten noch in der Großen
Koalitionsrunde vom 16. September 1997 und auch nach der Wahl entsprechend
einem Bericht der FR vom 9. April 1998 wie auch von der Fa. H. in ihrem späteren
Schreiben vom 26. November 1997 weiterhin bevorzugt worden war. Gegen ein
solches Dienstleistungszentrum an einem anderen Standort an der Peripherie der
Stadt sprach sich später auch OB A. nach einem Bericht der FAZ vom 30. Januar
1998 aus, weil dadurch möglicherweise der Einzelhandel in der Innenstadt
geschwächt werde. Aber entsprechend dem von den Mehrheitsfraktionen
getragenen Beschluss der Beklagten vom 6. November 1997, der Fa. H. eine
Teilfläche von 1.000 qm für eine Betriebserweiterung anzubieten, erklärte auch OB
A. nach diesem Pressebericht eine "Abrundung des bestehenden Betriebes" für
akzeptabel, so dass angenommen werden kann, dass jedenfalls diese
Kompromisslösung auch in den Mehrheitsfraktionen und bei ihren Wählern
befürwortet wurde, wofür zusätzlich die in der TZ vom 8. November 1997
wiedergegebene Äußerung des FHW-Politikers Dr. L. spricht, er hoffe, "dass das
Öko-Zentrum nicht ganz begraben ist". Entsprechend äußerte sich der FHW-
Fraktionsvorsitzende S. der Presse gegenüber nach der Wahl (vgl. TZ und FR vom
2. April 1998), indem er dem Magistrat vorwarf, auf den Beschluss der Beklagten
vom 6. November 1997 hin nicht ernsthaft über die Betriebserweiterung der Fa. H.
verhandelt, leichtfertig Verträge mit der DL und der FI geschlossen, dann zu einer
Verdrängung der Fa. H. führende Fakten geschaffen und sich insgesamt
"mittelstandsfeindlich" verhalten zu haben. Andererseits gab es nach dem Bericht
der TZ vom 24. Januar 1998 offensichtlich innerhalb der CDU sogar Überlegungen,
der Fa. H. das Teilgrundstück von 1.000 qm nicht zur Verfügung zu stellen. Dazu
erklärte die CDU-Fraktionsvorsitzende allerdings - wahrheitswidrig - gegenüber der
Presse: "Über diese Alternative hat die Koalition nicht gesprochen", was darauf
hindeuten könnte, dass diese Überlegungen in der Öffentlichkeit nicht populär
waren und deshalb nicht bekannt werden sollten. Eines der Hauptanliegen der
Kandidatin F. und der hinter ihr stehenden SPD-Fraktion in Bezug auf ihre
"Chefsache" F.-straße war - wie schon aus den oben dargestellten Presseberichten
von Januar/Februar 1998 und aus StVV-Protokollen ersichtlich ist - die ihrer Ansicht
nach unzureichende Informationserteilung durch den hauptamtlichen, CDU-
dominierten Magistrat. Das führte in der Sitzung der Beklagten vom 6. November
1997 sogar dazu, dass ihre Fraktion sich einer Beschlussfassung über die weitere
Fortführung des Projekts F.-straße ohne Kenntnis der erforderlichen Fakten
verweigerte und den Antrag stellte, den Magistrat aufzufordern, bis zur nächsten
StVV-Versammlung am 20. November 1997 einen detaillierten
Beschlussvorschlag vorzulegen, in dem alle Fakten und Daten aufgeführt sein
sollten, was mehrheitlich abgelehnt wurde. Dies mag oder könnte der Grund für die
ihr gegenüber später von dem Grünen-Kandidaten erhobenen Vorwürfe gewesen
sein, sie sei für den schleppenden Fortgang des Wohnbauprojekts an der F.-straße
mitverantwortlich.
Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass ein
Bekanntwerden des bewussten und stillschweigenden Verstreichenlassens der
letzten Optionsfrist auf Grund der Entscheidung der Großen Koalitionsrunde vom
22. Januar 1998 bei den beiden Hauptkonkurrenten des Beigeladenen, bei deren
Parteien und bei ihren Wählern zu heftigen Reaktionen geführt hätte; und zwar
sowohl wegen des Ergebnisses selbst wie auch wegen Art und Weise seines
Zustandekommens. Ein von Bündnis 90/Die Grünen favorisiertes Öko-Projekt war
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Zustandekommens. Ein von Bündnis 90/Die Grünen favorisiertes Öko-Projekt war
selbst in seiner ersatzweisen Form von den Amtsträgern der Mehrheitsfraktionen
zum Scheitern gebracht worden, und zwar stillschweigend und heimlich, ohne dass
- wie insbesondere von der SPD und ihrer Kandidatin immer wieder angemahnt -
die maßgeblichen Fakten und Entscheidungsgesichtspunkte für eine Diskussion in
den zuständigen gemeindlichen Gremien und in der Öffentlichkeit offengelegt
worden wären. Es wäre öffentlich geworden, dass gerade den in dieser
Angelegenheit besonders engagierten Kandidaten F. und K. und ihren Parteien die
Möglichkeit vorenthalten worden ist, sich selbst und die Öffentlichkeit an der
Auseinandersetzung über Für und Wieder dieses Projekts zu beteiligen. Es ist
wahrscheinlich, dass dies zu einer deutlichen Mobilisierung ihrer jeweiligen
Wählerschaft geführt hätte, denn bei einer Wahlbeteiligung von knapp über und
unter 50 % in beiden Wahlgängen waren noch erhebliche ungenutzte
Wählerpotentiale vorhanden. Es kann weiterhin davon ausgegangen werden, dass
ein Bekanntwerden dieser Umstände auch Wähler der Mehrheitsfraktionen gegen
den Beigeladenen beeinflusst hätten. Denn auch unter diesen gab es Befürworter
jedenfalls des ersatzweisen Vorhabens der Betriebserweiterung der Fa. H., wie die
oben wiedergegebenen Äußerungen der FHW-Politiker und das Stimmverhalten
der Mehrheitsfraktionen in den Sitzungen der Beklagten vom 6. November 1997
und 5. Februar 1998 zeigen. Es kann auch nicht unterstellt werden, dass die
gesetzwidrige Verfahrensweise der hauptamtlichen Magistratsmitglieder
einschließlich des Beigeladenen von den Wählern der Mehrheitsfraktionen billigend
und ohne Konsequenzen für ihr Wahlverhalten in Bezug auf den in das politische
Leben der Stadt erst neu eingeführten Beigeladenen zur Kenntnis genommen
worden wäre. Für diese Einschätzung spricht schließlich, dass es andernfalls für die
Teilnehmer der Großen Koalitionsrunde vom 22. Januar 1998 keinen Grund
gegeben hätte, sich einstimmig für ein Verheimlichen dieser Vorgänge gerade "bis
nach der Wahl" zu entscheiden. Für diesen zeitlichen Aufschub gibt es keinen aus
der Sache heraus verständlichen Anknüpfungspunkt und auch der Vertreter der
Beklagten war trotz ausdrücklichen Befragens seitens des Senats nicht in der
Lage, dafür eine sachliche Erklärung zu geben.
Allein diese Umstände sind schon geeignet, Zweifel zu begründen, ob der
Beigeladene bei Bekanntwerden dieser Vorgänge in der Sitzung der Beklagten am
5. Februar 1998 im ersten Wahlgang am 1. März 1998 trotz eines
Stimmenvorsprungs von 1.690 Stimmen der insgesamt abgegebenen 20.415
Stimmen die Stichwahl erreicht hätte, wenn auch andererseits zu berücksichtigen
ist, dass sich in diesem Wahlgang die Gegenstimmen im Wesentlichen noch auf
die beiden Hauptkonkurrenten F. und K. verteilt hätten.
Es kann aber jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden,
dass es bei Bekanntwerden des heimlichen Scheiternlassens der
Betriebserweiterung der Fa. H. nicht zu der vom Grünen-Kandidaten K. für den
Beigeladenen abgegebenen Wahlempfehlung für die Stichwahl am 22. März 1998
gekommen wäre. Zu Beginn des Wahlkampfes hatte es nämlich zwischen den
beiden Parteien seiner Hauptkonkurrenten, nämlich zwischen SPD und Bündnis
90/Die Grünen, nach dem Bericht der FAZ vom 3. März 1998 Gespräche gegeben,
in denen man übereingekommen war, auf gegenseitige Angriffe zu verzichten und
in denen die SPD zugesichert hatte, K. für den Fall zu unterstützen, dass er in die
Stichwahl kommen würde. Die SPD hatte zudem den Grünen "ohne
Gegenleistung" zu einem zweiten Sitz im ehrenamtlichen Magistrat verholfen. Die
Kandidatin F. erwartete danach, dass sowohl die grüne Partei als auch ihre Wähler
"eine Veränderung in dieser Stadt" anstrebten und ein Ende der CDU-Ära im
Rathaus wünschten und sich deshalb für sie aussprechen würden. Es spricht
einiges dafür, dass bei Bekanntwerden der oben dargestellten Vorgänge dies auch
tatsächlich eingetreten wäre. Aber selbst wenn man davon nicht ausgehen wollte,
wäre es angesichts aller oben geschilderten Umstände kaum vorstellbar, dass der
Kandidat K. gegen den massiven Widerstand seiner eigenen Partei und unter
Inkaufnahme erheblicher parteiinterner Spannungen, die dann zu einer
Nichtabgabe einer Wahlempfehlung der Grünen führten, eine persönliche und
selbst finanzierte Empfehlung an seine Wähler gegeben hätte, den Beigeladenen
in der Stichwahl zu wählen, weil er ihn als einen fairen und integren Politiker
kennengelernt habe, von dem er einen neuen offenen politischen Führungsstil und
eine Verbesserung des Klimas in den parlamentarischen Gremien der Stadt
erwartete. Diese Einschätzung des Beigeladenen durch den Kandidaten K. wäre
durch das Bekanntwerden des Verhaltens der hauptamtlichen
Magistratsmitglieder hinsichtlich der Betriebserweiterung der Fa. H. gründlich
erschüttert worden. Dies bestätigen zudem eindringlich und plausibel der nach der
Wahl an die Beklagte gerichtete Missbilligungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die
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Wahl an die Beklagte gerichtete Missbilligungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen vom 27. April 1998 und ihr Antrag auf Einleitung eines
Disziplinarverfahrens gegen die hauptamtlichen Magistratsmitglieder vom 3. Juni
1998 an das Regierungspräsidium Darmstadt, die Presseerklärung des Kandidaten
K. in der TZ vom 24. Februar 1999, in der er sich ausdrücklich für seine
Wahlempfehlung wegen seiner Fehleinschätzung des Beigeladenen entschuldigt,
und schließlich seine schriftliche Erklärung vom 31. Juli 1999, in der er ausdrücklich
erklärt, dass er auf keinen Fall eine Wahlempfehlung zu Gunsten des Beigeladenen
abgegeben hätte, wenn ihm die obigen Vorgänge bekannt gewesen wären.
Angesichts der Stimmenverhältnisse in der Stichwahl vom 22. März 1998 erscheint
unter Einbeziehung aller Umstände des vorliegenden Wahlkampfes nach
allgemeiner Lebenserfahrung die Möglichkeit eher naheliegend, keinesfalls aber
fernliegend, dass - abgesehen von den anderen oben dargestellten
Einflussmöglichkeiten des Bekanntwerdens der fraglichen Vorgänge auf die
Wählerwillensbildung - ohne die Wahlempfehlung des Grünen-Kandidaten K. für den
Beigeladenen insgesamt mindestens 660 Wähler zusätzlich nicht ihm, sondern der
Kandidatin F. ihre Stimmen gegeben und damit das Wahlergebnis verändert
hätten. Da der Kandidat K. nach dem Bericht der FAZ vom 3. März 1998 die
meisten seiner 4.593 Stimmen in seinem Wohnort K. bekommen hat, erscheint es
auch nach seiner dort wiedergegebenen Einschätzung naheliegend, dass diese
seiner Wahlempfehlung zu Gunsten des Beigeladenen als des CDU-Kandidaten
gefolgt sind und ohne seine Empfehlung nicht oder möglicherweise auch anders
gewählt hätten. Andererseits erscheint auch besonders unter Berücksichtigung der
weiter verringerten Wahlbeteiligung in der Stichwahl die Annahme plausibel, dass
viele Grünen-Wähler wegen des widersprüchlichen Verhaltens ihrer Partei und ihres
Kandidaten - wie möglicherweise auch die Wähler der anderen beiden
ausgeschiedenen Bewerber - der Stichwahl ferngeblieben sind und ohne
Wahlempfehlung des Kandidaten K. entsprechend ihrer grundsätzlichen Einstellung
und der im Vorfeld der Wahl stattgefundenen Gesprächen mit der SPD eher deren
Kandidatin F. unterstützt hätten. Eine exakte Prognose oder gar Ermittlung, welche
Wählerbewegungen im Einzelnen und in welchem konkreten Umfang stattgefunden
hätten, ist für die Annahme der in § 50 Nr. 2 KWG allein geforderten potentiellen
Kausalität weder möglich noch erforderlich, so dass sich eine Überprüfung der von
den Klägern in ihrer ergänzenden Berufungsbegründung zwar nachvollziehbar,
aber auch etwas spekulativ angestellten Berechnungen erübrigt. Ergänzend und
unter Außerachtlassung der Besonderheiten der jeweiligen Wahlverfahren kann
pauschalierend noch darauf verwiesen werden, dass in der obergerichtlichen
Rechtsprechung eine solche Kausalität auch schon bei weiter
auseinanderliegenden Stimmenanteilen bejaht worden ist, so in einem Fall, in dem
eine Zahl von 3.537 Wählern ohne eine amtliche Wahlwerbeanzeige hätten anders
entscheiden müssen (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 19. November 1995 a.a.O.), oder
in einem Fall, in dem ein Stimmenverhältnis von 67,5 % (875 Stimmen) zu 28,9 %
(375 Stimmen) bestand und eine amtliche Wahlempfehlung zu einem Wechsel von
251 Wählern geführt haben müsste (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17. Februar
1992 a.a.O.), während hier ein deutlich engeres Stimmenverhältnis von 53,635 %
zu 46,365 % bestand.
Die Kosten des gesamten Verfahrens sind der Beklagten gemäß § 154 Abs. 1
VwGO aufzuerlegen. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß
§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil
er sich mangels Antragstellung nicht am Kostenrisiko beteiligt hat. Die
Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und
über die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 VwGO
i.V.m. § 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht zuzulassen, weil der allein in Frage
kommende Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach Nr. 1 dieser
Vorschrift nicht gegeben ist, denn im vorliegenden Fall mussten nicht ungeklärte
und grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen entschieden, sondern die in der
wahlprüfungsrechtlichen Rechtsprechung übereinstimmend entwickelten
Grundsätze nur auf die komplexen Vorgänge des vorliegenden Wahlverfahrens
angewandt werden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.
die obersten Bundesgerichte erfolgt.