Urteil des HessVGH vom 18.03.1997

VGH Kassel: betriebsleiter, geschäftsführer, meisterprüfung, präsenz, betriebsstätte, kopie, vergütung, inhaber, anhörung, scheingeschäft

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
11. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 UE 190/97
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 7 Abs 4 S 1 HwO
(Löschung aus der Handwerksrolle: Anforderungen an den
Betriebsleiter einer juristischen Person hinsichtlich
Präsenzpflicht und Handlungsbefugnis)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Löschungsankündigung der
Beklagten vom 15. November 1991.
Die Klägerin ist seit 24. April 1987 als Dachdeckerbetrieb in der Handwerksrolle
eingetragen. Eingetragener Betriebsleiter war zunächst der Dachdeckermeister.
Nachdem dieser im Jahre 1990 bei Kontrollen nicht an der Betriebsstätte der
Klägerin und auch nicht an deren Baustellen angetroffen worden war, kündigte die
Beklagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 15. November
1991 die Löschung aus der Handwerksrolle an, weil festgestellt worden sei, daß
Herr so gut wie überhaupt nicht als Betriebsleiter für die Klägerin tätig werde, so
daß die Voraussetzungen für die Eintragung nach § 7 Abs. 4 Handwerksordnung
nicht mehr erfüllt seien.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 3. Dezember
1991, bei der Beklagten am 5. Dezember 1991 eingegangen, Widerspruch ein mit
der Begründung, Herr habe einige persönliche Probleme, so daß es
möglicherweise deswegen zu Kontaktschwierigkeiten mit der Beklagten
gekommen sei. Im übrigen unterziehe sich der Geschäftsführer der Klägerin
inzwischen der Meisterprüfung, deren letzter Teil voraussichtlich im laufenden Jahr
(1991) abgeschlossen werde. Der Widerspruch wurde, nachdem der
Geschäftsführer der Klägerin die Meisterprüfung im Dachdeckerhandwerk endgültig
nicht bestanden hatte, mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 24. Juli 1992
zurückgewiesen. Auf den Widerspruchsbescheid wird zur Darstellung weiterer
Einzelheiten Bezug genommen.
Am 18. August 1992 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Darmstadt
gegen diesen Bescheid Klage erhoben, die sie mit Schriftsatz vom 25. November
1992 mit der Behauptung begründet hat, sie beschäftige als neuen Betriebsleiter
einen Handwerksmeister, den Zeugen. Zur Glaubhaftmachung dieser Behauptung
hat die Klägerin die Kopie eines "Arbeitsvertrags für Angestellte" (Bl. 11 ff. GA)
vorgelegt. Aus der Kopie ergibt sich, daß Herr, der als selbständiger
Dachdeckermeister einen eigenen Handwerksbetrieb in betreibt, als technischer
Betriebsleiter tätig sein (§ 1 des Arbeitsvertrags) und dafür ein Netto-Gehalt von
insgesamt 1.600,-- DM monatlich (§ 2 des Arbeitsvertrags) erhalten soll. Wegen
weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegte Kopie des Arbeitsvertrags Bezug
genommen. Die Beklagte hat behauptet, Herr betreibe seinen Betrieb in
allernächster Nachbarschaft, wobei der Baustellen- und Tätigkeitsbereich der
Klägerin demjenigen des Dachdeckermeisters entspreche, der im übrigen nicht
ständig in seinem Einzelunternehmen beschäftigt sei.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15. November 1991 und deren
Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 1992 aufzuheben.
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Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und hat die Auffassung vertreten, der Zeuge könne als selbständiger
Dachdeckermeister nicht zugleich Betriebsleiter der Klägerin sein, da es sich bei
deren Gewerbe um ein Gefahrenhandwerk handele und ständige Präsenz des
Betriebsleiters gewährleistet sein müsse.
Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat nach Anhörung der Beteiligten zur
Entscheidungsform mit Gerichtsbescheid vom 18. November 1996 die Klage
abgewiesen und zur Begründung folgendes ausgeführt: Die Beklagte habe der
Klägerin die Löschung ihrer Eintragung in die Handwerksrolle zu Recht
angekündigt, weil sie keinen Betriebsleiter beschäftige, der die Anforderungen des
§ 7 Abs. 4 Handwerksordnung erfülle. Zwar sei davon auszugehen, daß Herr in
ausreichendem Maße im Betrieb der Klägerin präsent sein könne, da er als
Selbständiger nicht an eine bestimmte Arbeitszeit gebunden und angesichts der
Nähe seiner Betriebsstätte auch jederzeit abrufbar sei, wenn auf den Baustellen
oder im Betrieb der Klägerin überraschend ein Meister benötigt werde. Jedoch
wecke die von der Klägerin mit Herrn vereinbarte geringe Vergütung, die deutlich
hinter den Mindestsätzen des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages für
das Dachdeckerhandwerk aus dem Jahre 1994 zurückbleibe, durchgreifende
Zweifel an der Ernsthaftigkeit der zwischen ihm und der Klägerin getroffenen
Vereinbarung. Selbst wenn es sich nicht um ein reines Scheingeschäft handeln
sollte, ergebe sich jedenfalls aus dem geringen Entgelt für die Tätigkeit des
Zeugen, daß dieser nicht mit mehr als der Hälfte der tariflichen Arbeitszeit für die
Klägerin tätig sein könne, was bei einem Betriebsleiter in einem
Gefahrenhandwerk, wie es das Dachdeckerhandwerk sei, nicht verantwortet
werden könne.
Gegen diesen ihrem Bevollmächtigten am 3. Dezember 1996 zugestellten
Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 2. Januar 1997 Berufung einlegen lassen.
Zur Begründung konkretisiert sie ihre erstinstanzlichen Behauptungen zur Präsenz
des Zeugen an ihrer Betriebsstätte und ihren Baustellen. Wegen der Einzelheiten
wird auf den Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 21. Februar 1997
verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Darmstadt
vom 18. November 1996 - 3 E 1673/92 (3) - den Bescheid der Beklagten vom 15.
November 1991 und deren Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 1992 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und vertieft zur Begründung ihre in erster Instanz vertretenen Rechtsansichten.
Der Senat hat durch den Berichterstatter als beauftragten Richter Beweis erhoben
über Art und Umfang der Tätigkeit des Dachdeckermeisters in seinem eigenen
Meisterbetrieb einerseits und als Betriebsleiter im Unternehmen der Klägerin
andererseits sowie zu den hierzu seitens der Klägerin aufgestellten Behauptungen
durch Vernehmung des Herrn als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des Termins zur Beweisaufnahme vor
dem Berichterstatter am 11. März 1997 Bezug genommen.
Dem Senat liegen die die streitbefangene Löschungsankündigung betreffenden
Akten der Beklagten (ein Hefter) vor. Sie sind zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht worden. Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung
wird zur Darstellung weiterer Einzelheiten, insbesondere wegen eines in der
mündlichen Verhandlung gestellten und abgelehnten Beweisantrags der Klägerin,
verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 84
Abs. 2 Nr. 1, 124 a. F. VwGO i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 des Sechsten Gesetzes zur
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Abs. 2 Nr. 1, 124 a. F. VwGO i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 des Sechsten Gesetzes zur
Änderung der VwGO und anderer Gesetze vom 1. November 1996, BGBl. I S.
1627).
Sie ist jedoch nicht begründet, denn das Verwaltungsgericht hat die Klage im
Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin unter Berücksichtigung der Verhältnisse im
Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. BVerwG, Beschluß vom
26. November 1982 - 5 B 9.81 -, Buchholz 451.45 § 13 HwO Nr. 1) zu Recht die
Löschung der Eintragung in die Handwerksrolle gemäß § 13 Abs. 3 des Gesetzes
zur Ordnung des Handwerks - Handwerksordnung - vom 28. Dezember 1965
(BGBl. I S. 2) angekündigt, da die Klägerin weder zum Zeitpunkt der Ankündigung
noch heute die Anforderungen für ihre Eintragung in Handwerksrolle nach § 7 Abs.
4 Satz 1 Handwerksordnung erfüllt. Denn sie hatte damals und hat heute keinen
Betriebsleiter, der den Voraussetzungen des § 7 Abs. 1, 2, 3 oder 7
Handwerksordnung genügt.
Daß der zum Zeitpunkt der Löschungsankündigung als Betriebsleiter der Klägerin
angemeldete Dachdeckermeister keinen bestimmenden Einfluß auf den
Handwerksbetrieb der Klägerin genommen hat, steht außer Frage.
Auch der im Laufe des Rechtsstreits als Betriebsleiter der Klägerin angemeldete
Zeuge erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Handwerksordnung,
weil er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht als Betriebsleiter anzusehen
ist. Er ist nämlich nach seiner vertraglichen Stellung zur Klägerin rechtlich nicht in
der Lage, bestimmenden Einfluß auf deren handwerklichen Betrieb zu nehmen
(vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. April 1991 - 1 C 50/88 -, BVerwGE 88, 122).
Der Zeuge unterhält zur Klägerin keine vertraglichen Beziehungen, die ihm die
Position eines Betriebsleiters im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 Handwerksordnung
vermitteln. Insbesondere ist er nicht Arbeitnehmer der Klägerin. Denn der
zwischen ihm und der Klägerin geschlossene "Arbeitsvertrag für Angestellte vom 1.
November 1992" (Kopie Bl. 11 f. GA) ist als Scheingeschäft nichtig (§ 117 Abs. 1
BGB), weil die in der Vertragsurkunde enthaltenen Erklärungen im gegenseitigen
Einverständnis nur zum Schein abgegeben worden sind. Dies ergibt sich allerdings
entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht allein aus dem auffällig
niedrigen Arbeitsentgelt von monatlich netto 1.600,-- DM, das laut
Vertragsurkunde zwischen dem Zeugen H. und der Klägerin vereinbart worden
sein soll. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16.
April 1991, a.a.O.), führt die Vereinbarung einer auffallend geringen Vergütung
nicht zwangsläufig zu dem Schluß, daß die Bestellung als Betriebsleiter nur zum
Schein erfolgt oder sittenwidrig und deswegen nichtig ist (§§ 117 Abs. 1, 138 BGB).
Die im Berufungsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme hat indessen ergeben,
daß der angeblich geschlossene Arbeitsvertrag nicht nur in bezug auf die darin
vorgesehene Vergütung, sondern auch in anderen Punkten nie vollzogen worden
ist. Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem
Zeugen war auch nicht beabsichtigt. Insbesondere war der Zeuge nach seinen
Bekundungen nie an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, obgleich in dem zur
Beurkundung des angeblich geschlossenen Arbeitsvertrags verwendeten Formular
auf tarifliche Arbeitszeitabkommen Bezug genommen wird. Der Zeuge hat
bekundet, daß er nicht täglich, sondern in der Regel an drei Tagen in der Woche
das Betriebsgrundstück oder Baustellen der Klägerin aufsuche und sich dort jeweils
etwa zwei bis drei Stunden aufhalte. Es ist schon zweifelhaft, ob bei derart geringer
Präsenz der vom Gesetzgeber vorausgesetzte bestimmende Einfluß als
Betriebsleiter überhaupt ausgeübt werden kann, zumal es sich bei dem
Dachdeckerhandwerk zweifellos um ein sogenanntes gefahrgeneigtes Handwerk
handelt (vgl. zum Begriff des Gefahrenhandwerks VG Saarlouis, Urteil vom 19.
Januar 1982 - 5 K 1258/80 -, GewArch 1982, 306; Bayerischer VGH, Urteil vom 6.
September 1982 - 22 CS 82 A. 1473 -, GewArch 1983, 91 = NVwZ 1983, 691; OVG
Lüneburg, Urteil vom 18. Mai 1992 - 8 L 1455/91 -, GewArch 1993, 382).
Abgesehen von der geringen Präsenz des Klägers an der Betriebsstätte bzw. an
Baustellen der Klägerin bietet vor allem die Art der zwischen der Klägerin und dem
Zeugen bestehenden Geschäftsbeziehungen keine hinreichende Gewähr für einen
bestimmenden Einfluß des Zeugen auf den Handwerksbetrieb der Klägerin.
Aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Zeugen ist der Senat davon
überzeugt, daß der Geschäftsführer der Klägerin nicht nur deren kaufmännischer
Leiter ist, sondern auch deren Handwerksbetrieb verantwortlich leitet, wobei ihm
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Leiter ist, sondern auch deren Handwerksbetrieb verantwortlich leitet, wobei ihm
der Zeuge in bestimmten Teilbereichen behilflich ist, jedoch ohne dadurch die
Funktion des Betriebsleiters übernommen zu haben. Insbesondere sind weder der
Geschäftsführer der Klägerin, soweit dieser handwerklich tätig ist, noch die übrigen
handwerklichen Mitarbeiter der Klägerin einem Weisungsrecht des Zeugen
unterworfen, wie dieses bei einem Betriebsleiter typisch und notwendig ist. Das
arbeitsrechtliche Direktionsrecht gegenüber den nicht selbständig tätigen
Mitarbeitern der Klägerin übt - auch soweit es den Handwerksbetrieb betrifft - nicht
der Zeuge, sondern der Geschäftsführer der Klägerin aus. Dies ergibt sich zur
Überzeugung des Senats aus der Aussage des Zeugen teile morgens die
Beschäftigten ein. Auch soweit der Zeuge im Handwerksbetrieb der Klägerin
mitarbeitet, hat er nicht die Autorität und Durchsetzungsmacht, die die Position
eines handwerklichen Betriebsleiters auszeichnet. Der Zeuge hat ausgesagt, daß
bei Meinungsverschiedenheiten mit Herrn zu fachlichen Fragen, insbesondere zu
Kalkulationen, "im wesentlichen" das getan werde, was er, der Zeuge, vorschlage.
In diesem Zusammenhang hat der Zeuge betont, daß Herr ja die fachliche
Meisterprüfung bestanden habe, sogar zum Teil bessere Leistungen erbracht habe
als er selbst. Daraus ergibt sich ein stilles Einvernehmen zwischen dem Zeugen
und dem Geschäftsführer der Klägerin, daß es einer echten Betriebsleitung durch
einen Handwerksmeister im Betrieb der Klägerin gar nicht bedürfe, weil der
Geschäftsführer der Klägerin selbst die notwendigen fachlichen Kenntnisse habe.
All diese Bekundungen des Zeugen, an dessen Glaubwürdigkeit kein Zweifel
besteht, sprechen eher für das Bestehen eines Kooperationsvertrags mit
gesellschaftsrechtlicher Note, wie sie typischerweise zwischen selbständigen
Bauunternehmern im Rahmen sogenannter Arbeitsgemeinschaften - seien sie
projektbezogen oder genereller Natur - abgeschlossen werden. Ob diesen
geschäftlichen Beziehungen zwischen der Klägerin und dem Zeugen tatsächlich
ein rechtlicher Bindungswillen zugrundeliegt oder ob es sich dabei um ein
Gefälligkeitsverhältnis handelt, kann dahinstehen. Der Zeuge hat zu den Gründen
für die Zusammenarbeit mit der Klägerin gemeinsame Erfahrungen aus der
Meisterprüfung erwähnt, die ihn zur Unterstützung des seiner Ansicht nach bei der
Meisterprüfung benachteiligten Geschäftsführers der Klägerin bewogen hätten. Er
sei mit Rücksicht auf diese besonderen Beziehungen auch bereit, im Falle eines
Scheiterns der Klägerin im vorliegenden Klageverfahren mit ihr zusammen einen
Handwerksbetrieb unter seiner Leitung zu bilden. Der Zeuge hat bei seiner
Vernehmung zu erkennen gegeben, daß er den Geschäftsführer der Klägerin trotz
dessen Scheiterns in der Meisterprüfung für ausreichend qualifiziert halte, den
Betrieb selbständig zu leiten. Denn dessen Scheitern in der Meisterprüfung sei
lediglich auf unzureichende Leistungen im Prüfungsfach Kalkulation zurückzuführen
gewesen; in diesem Fach sei es bei der Prüfung zu Unregelmäßigkeiten
gekommen, die nicht dem Inhaber der Klägerin anzulasten seien.
Die Einschätzung des Senats wird dadurch maßgebend erhärtet, daß der Zeuge
Inhaber eines eigenen Handwerksbetriebs ist, der doppelt so viele Arbeitnehmer
beschäftigt wie die Klägerin. Zwar kann grundsätzlich der Inhaber eines eigenen
Handwerksbetriebs zugleich Betriebsleiter im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1
Handwerksordnung in einem fremden Betrieb sein (BVerwG, Urteil vom 22.
November 1994 - 1 C 22/93 -, Buchholz 451.45 § 6 HwO Nr. 4 = DVBl. 1995, 796),
jedoch ist dann im Einzelfall zu prüfen, ob der als Betriebsleiter in Betracht
kommende Handwerker zur fachlichen Führung beider Betriebe in der Lage ist. Der
Zeuge hat bei seiner Vernehmung zwar bekundet, daß er sowohl seinen eigenen
Dachdeckerbetrieb als auch denjenigen der Klägerin verantwortlich zu führen
imstande sei, zumal er selbst in seinem Betrieb einen weiteren Meister
beschäftige. Jedoch ergibt seine eigene Schilderung der rechtlichen Beziehungen
zur Klägerin eher das Bild einer losen Kooperation zwischen zwei
Handwerksbetrieben mit dem Ziel wechselseitiger Mehrung der Umsätze. Der
Zeuge hat geschildert, daß zwischen der Klägerin und ihm wechselseitig Aufträge
ausgetauscht oder zum Teil gemeinsam erledigt würden. Die wechselseitig
erbrachten Arbeitsleistungen würden dann am Jahresende abgerechnet, wobei die
Arbeitsleistungen des Inhabers der Klägerin gleich hoch bewertet würden wie
diejenigen des Zeugen. Die Arbeit für die Mitarbeiter der Klägerin teile deren
Geschäftsführer ein, der auch den Schriftverkehr erledigt.
Nach alldem steht zur Überzeugung des Senats fest, daß der Zeuge nicht die
Funktion eines handwerklichen Betriebsleiters bei der Klägerin innehat. Da schon
die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme eines bestimmenden Einflusses
des Zeugen auf den Handwerksbetrieb der Klägerin fehlen, bedurfte es keines
Eingehens auf die weitergehenden Behauptungen, die von der Klägerin mit dem in
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Eingehens auf die weitergehenden Behauptungen, die von der Klägerin mit dem in
der mündlichen Verhandlung gestellten und abgelehnten Beweisantrag
vorgetragen und unter Beweis gestellt worden sind. Welche Betriebsleitertätigkeit
zur ordnungsgemäßen Erfüllung der handwerklichen Aufgaben ausreicht, ist im
übrigen eine Rechtsfrage, die keinem Beweis zugänglich ist. Der Senat hatte
deshalb auch keine Veranlassung, von Amts wegen über die bereits durchgeführte
Beweisaufnahme hinaus den Sachverhalt aufzuklären.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil ihr
Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Der Klägerin ist die Abwendungsbefugnis in bezug auf die Vollstreckung der
Beklagten aus dem nur wegen der Kosten vorläufig vollstreckbaren Urteil
vorzubehalten (§§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO).
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe fehlen (§ 132 Abs. 2
VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.