Urteil des HessVGH vom 20.10.1987

VGH Kassel: wichtiger grund, ohne aussicht auf erfolg, biologie, ausbildung, diplom, verfügung, universität, anfang, wechsel, anerkennung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
9. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 UE 1352/87
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 7 Abs 3 BAföG vom
06.06.1983
(Ausbildungsförderung - wichtiger Grund für einen
Fachrichtungswechsel)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob für das Studium der Humanmedizin, das der
Kläger im Sommersemester 1986 aufgenommen hat, die
Förderungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 3 des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) gegeben sind.
Der im Jahre 1961 geborene Kläger legte im Jahre 1980 die Reifeprüfung ab und
leistete von Januar 1981 bis April 1982 den gesetzlichen Zivildienst. Vom
Sommersemester 1982 an bis zum Sommersemester 1984 bewarb er sich
regelmäßig bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen um einen
Studienplatz für das Fach Humanmedizin. Diese Bewerbungen hatten keinen
Erfolg. Zum Wintersemester 1984/85 nahm er an der Johann-Wolfgang-Goethe-
Universität in Frankfurt am Main ein Studium der Biologie (Diplom) auf. Er erhielt
für dieses Studium von dem Beklagten Förderungsleistungen nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz. Vom Sommersemester 1985 an bewarb der
Kläger sich erneut regelmäßig um einen Studienplatz für das Fach Humanmedizin.
Aufgrund dieser Bewerbungen wurde ihm zum Sommersemester 1986 ein
Studienplatz im Fach Humanmedizin an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität
in Frankfurt am Main zugewiesen. Das Hessische Landesprüfungsamt für
Heilberufe rechnete von dem drei Semester dauernden Studium der Biologie ein
Semester auf das Studium der Humanmedizin an.
Im März 1986 teilte der Kläger dem Beklagten, der dem Kläger für das Studium
der Biologie Förderungsleistungen bis Ende September 1986 bewilligt hatte, den
Studienfachwechsel mit und begründete den Wechsel wie folgt: Das Studium der
Biologie sei für ihn, der von Anfang an Medizin habe studieren wollen, lediglich eine
Notlösung gewesen. Im Verlauf des Biologiestudiums habe er feststellen müssen,
daß die Aufgaben eines Biologen mit seinen Wünschen und Vorstellungen
unvereinbar seien. Bei der wissenschaftlichen Arbeit fehle ihm der praktische
Bezug. Überdies widerstrebe es ihm, Tiere zu Versuchszwecken zu mißbrauchen.
Durch Bescheid vom 22. April 1986 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß das
Studium der Medizin dem Grunde nach nicht gefördert werden könne, weil der
Fachrichtungswechsel nicht aus wichtigem Grund (§ 7 Abs. 3 BAföG)
vorgenommen worden sei.
Den am 21. Mai 1986 eingegangenen Widerspruch des Klägers hiergegen wies der
Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1986 zurück: Die
Annahme eines wichtigen Grundes für den Fachrichtungswechsel sei
ausgeschlossen, wenn der Auszubildende nicht ohne Unterbrechung die ihm zur
Verfügung stehenden Bewerbungsmöglichkeiten genutzt habe. Der Kläger habe
sich zum Wintersemester 1984/85 nicht um einen Studienplatz für das Fach
Medizin, sondern um einen solchen für das Fach Biologie bemüht. Auf die fehlende
Eignung oder Neigung für das Biologiestudium könne der Kläger sich nicht berufen,
weil diese ihm bereits vor der Aufnahme des Biologiestudiums bekannt gewesen
sei. Er trage selbst vor, daß er von Anfang an Medizin habe studieren wollen.
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Am 16. Januar 1987 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Frankfurt am
Main erhoben und geltend gemacht, das Studium der Medizin müsse nach § 7
Abs. 3 BAföG gefördert werden. Er habe das Studium der Biologie erst
aufgenommen, nachdem er sich fünfmal erfolglos um einen Studienplatz für das
Fach Medizin beworben habe. Er habe geglaubt, daß das Biologiestudium seinen
Neigungen wegen seiner Nähe zur Medizin noch am ehesten entspreche. Hätte er
sich zum Wintersemester 1984/85 erneut um einen Studienplatz im Fach Medizin
beworben, so wäre ihm ein Studienplatz für das Fach seiner zweiten Präferenz
nicht zugewiesen worden. Es dürfe einem Auszubildenden, der sich fünfmal
vergeblich für einen Studienplatz im Fach Medizin beworben habe und nicht wisse,
ob er je einen Studienplatz in seinem Wunschfach erhalten werde, nicht zum
Nachteil gereichen, wenn er zwischenzeitlich nach Möglichkeiten suche, zumindest
ein Fach seiner zweiten Wahl studieren zu können, wobei es, für ihn unvermeidlich
sei, daß er dabei auf Bewerbungsmöglichkeiten für sein eigentliches
Wunschstudium verzichte. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG dürfe
für den Fachrichtungswechsel auch nicht deshalb verneint werden, weil das
Biologiestudium insgesamt drei Semester gedauert habe. In Anbetracht der
Anrechnung des Biologiestudiums mit einem Semester auf das Studium der
Medizin habe sich die Förderungsdauer in seinem Fall durch den
Fachrichtungswechsel nur um zwei Semester erhöht. Ein Parkstudium von zwei
Semestern, das nur wegen hochschulrechtlicher Zulassungsbeschränkungen
aufgenommen worden sei, müsse nach den vom Bundesverwaltungsgericht
aufgestellten Grundsätzen bei der Entscheidung über das Vorliegen eines
wichtigen Grundes noch als ein Studium von kürzerer Dauer angesehen werden.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 22. April 1986 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1986 aufzuheben und den Beklagten
zu verurteilen, ihm Ausbildungsförderung für das Studium der Medizin an der
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main vom 1. April 1986 an
nach den gesetzlichen Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetz zu
leisten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide berufen.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten durch Gerichtsbescheid vom 7. April
1987 - II/3 E 111/87 - verpflichtet, dem Kläger für sein Studium der Humanmedizin
an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main
Ausbildungsförderung zu gewähren.
In den Gründen seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger habe einen
Anspruch auf Förderung des Medizinstudiums nach § 7 Abs. 3 BAföG. Die
vorliegende Fallgestaltung entspreche derjenigen, die in dem Eilverfahren 9 TG
609/84 zu einer für den Antragsteller positiven Entscheidung durch den
Hessischen Verwaltungsgerichtshof geführt habe.
Gegen diesen dem Beklagten am 15. April 1987 zugestellten Gerichtsbescheid
richtet sich die am 12. Mai 1987 eingegangene Berufung des Beklagten.
Mit ihr macht der Beklagte geltend: Bei der Abwägung der öffentlichen Interessen
mit denjenigen des Klägers dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Kläger
durch das Studium der Biologie drei Semester lang einen anderen Bewerber an
der Aufnahme bzw. Weiterführung dieses Studiums gehindert habe. Überdies
müsse berücksichtigt werden, daß der Kläger außer der ihm gewährten
Ausbildungsförderung während des Biologiestudiums aufgrund seines Status als
Studierender Vergünstigungen - wie etwa geringe Krankenversicherungsbeiträge,
Fahrpreisermäßigungen im öffentlichen Personenverkehr - in Anspruch genommen
habe, die das öffentliche Interesse daran, daß das einmal begonnene
Biologiestudium nicht ergebnislos abgebrochen werde, im Vergleich zu dem
persönlichen Interesse des Klägers an einem Fachrichtungswechsel als gewichtiger
erscheinen ließen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
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den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 7.
April 1987 - II/3 E 111/87 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt:,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ergänzt sein Vorbringen dahin,
der Beklagte habe in einem gleichgelagerten Parallelfall, in dem der Auszubildende
ein dreisemestriges Parkstudium in dem zulassungsbeschränkten Fach
Psychologie durchgeführt habe, ehe er zum Studiengang Medizin wechselte,
Ausbildungsförderung auch nach dem Fachrichtungswechsel gewährt. Dies ergebe
sich aus den Akten des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main VII/3 E 2662/83.
Beide Beteiligte haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der den
Kläger betreffenden Förderungsakten des Beklagten und auf die zwischen den
Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die zum Gegenstand der
Beratung gemacht wurden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten, über die der Senat nach §§ 101 Abs. 2, 125
VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nicht begründet.
Der vom Kläger im Klageverfahren gestellte und im Berufungsverfahren
weiterverfolgte Antrag ist auslegungsbedürftig.
Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 22. April 1986, dessen Wirkungen der
Kläger beseitigt wissen will, enthält lediglich eine Vorabentscheidung im Sinne des
§ 46 Abs. 5 Nr. 3 BAföG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 -
BGBl. I S. 645). Darin hat der Beklagte zum Ausdruck gebracht, daß die
Förderungsvoraussetzungen für "eine andere Ausbildung" im Sinne des § 7 Abs. 3
BAföG nicht gegeben seien. Der Beklagte hat mit dem vorgenannten Bescheid
nicht über die dem Kläger für das Medizinstudium zustehenden
Förderungsleistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz entscheiden
wollen. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut des Bescheides vom 22. April 1986;
zum anderen daraus, daß der Beklagte dem Kläger vor der Erteilung des
Bescheides vom 22. April 1986 bereits Förderungsleistungen für das
Sommersemester 1986 bewilligt hatte und über einen Antrag des Klägers vom 4.
Juli 1986 auf Weitergewährung von Förderungsleistungen für das Wintersemester
1986/87 und für das Sommersemester 1987 durch einen besonderen Bescheid
vom 10. Juli 1986 (für den Kläger negativ) entschieden hat.
Der Kläger will mit seiner Klage die im Bescheid vom 22. April 1986 enthaltene
Vorabentscheidung korrigiert wissen. Der Beklagte soll das Studium der
Humanmedizin als förderungsfähige "andere Ausbildung" im Sinne des § 7 Abs. 3
BAföG anerkennen. Von dieser Vorabentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 5 Nr. 3
BAföG hängt nämlich der Anspruch des Klägers auf Förderungsleistungen für sein
gesamtes Studium der Humanmedizin ab.
Der Anspruch des Klägers auf eine für ihn positive Vorabentscheidung nach § 46
Abs. 5 Nr. 3 BAföG in Verbindung mit § 7 Abs. 3 BAföG ist begründet.
Nach § 46 Abs. 5 Nr. 3 BAföG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni
1983 (BGBl. I S. 645) hat das Amt für Ausbildungsförderung auf Antrag dem
Grunde nach vorab zu entscheiden, ob die Förderungsvoraussetzungen für eine
nach Fachrichtung und Ausbildungsstätte bestimmt bezeichnete "andere
Ausbildung" nach § 7 Abs. 3 BAföG vorliegen. Eine Änderung dieser Bestimmungen
durch das 8., 9. und 10. BAföG-Änderungsgesetz (BGBl. I 1984 S. 707, BGBl . I
1985 S. 1243 und BGBl. I 1986 S. 897) ist nicht erfolgt. Nach § 7 Abs. 3 BAföG hat
der Auszubildende, der die Fachrichtung seines Studiums gewechselt hat, einen
Anspruch auf Ausbildungsförderung nur dann, wenn der Fachrichtungswechsel aus
wichtigem Grund erfolgt ist.
Wie der Senat in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urteile
vom 9. Juni 1983 und 28. November 1985 - Buchholz, Sammel- und
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vom 9. Juni 1983 und 28. November 1985 - Buchholz, Sammel- und
Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 436.36
Nrn. 37 und 50 zu § 7 BAföG) bereits wiederholt entschieden hat, kann ein
wichtiger Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG auch für einen
Fachrichtungswechsel anerkannt werden, den der Auszubildende vornimmt, um
ein von Anfang an erstrebtes Studium durchzuführen, zu dem er wegen
hochschulrechtlicher Zulassungsbeschränkungen zunächst nicht zugelassen
worden ist (vgl. hierzu Urteile des erkennenden Senats vom 15. August 1986 - 9
UE 2154/84 - und vom 1. Juni 1987 - 9 UE 2279/85 -). Es kommt dabei - wie bei
jedem Fachrichtungswechsel - darauf an, ob dem Auszubildenden die Fortsetzung
der bisherigen Ausbildung nicht mehr zumutbar ist. Bei der Prüfung der
Zumutbarkeit sind die Interessen des Auszubildenden an dem Wechsel und die am
Ziel und Zweck der Ausbildungsförderung orientierten öffentlichen Interessen, die
gegen einen Fachrichtungswechsel sprechen, gegeneinander abzuwägen. Dabei
geht der Senat in Übereinstimmung mit dem Bundesverwaltungsgericht davon
aus, daß bei einem sogenannten Parkstudium von nur wenigen Semestern, das
wegen der Zulassungsbeschränkungen in dem Wunschstudium aufgenommen
worden ist, die öffentlichen Interessen, die für ein Verbleiben des Auszubildenden
in dem Parkstudium sprechen, in der Regel geringer zu bewerten sind als das
Interesse des Auszubildenden, sein Wunschstudium durchzuführen.
Voraussetzung für die Anerkennung eines wichtigen Grundes für den
Fachrichtungswechsel von einem Parkstudium in das Wunschstudium ist allerdings,
daß der Auszubildende die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten im
Auswahlverfahren zur Vergabe der Studienplätze wahrgenommen hat, zu seinem
Wunschstudium zugelassen zu werden und sich damit bemüht hat, die Dauer des
Parkstudiums so kurz wie möglich zu halten. Im Urteil vom 12. Dezember 1985 -
Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, 436.36 Nr. 53 zu § 7 BAföG - hat das
Bundesverwaltungsgericht entschieden, daß im Rahmen des § 7 Abs. 3 BAföG ein
Parkstudium von zwei Semestern noch als Studium von kürzerer Dauer anzusehen
sei, welches das Interesse des Auszubildenden an seiner Neigung entsprechenden
Ausbildung gewichtiger erscheinen lasse als das Interesse der Öffentlichkeit an
einer möglichst sparsamen Verwendung der zur Verfügung stehenden
Förderungsmittel. In gleichem Sinne hat der erkennende Senat in seinen
Beschlüssen vom 21. März und 3. Juli 1984 - 9 TG 203/83 und 9 TG 609/84 - sowie
in seinen Urteilen vom 15. August 1986 und 1. Juni 1987 - 9 UE 2154/84 und 9 UE
2279/85 entschieden (vgl. hierzu auch Rothe/Blanke,
Bundesausbildungsförderungsgesetz, Stand: Dezember 1984, Anmerkung 29.7
a.E. zu § 7, die als Parkstudium von kürzerer Dauer ein Studium von höchstens
drei Semestern ansehen).
Der Kläger hat das der Zulassung zum Medizinstudium vorausgegangene Studium
der Biologie als ein sogenanntes Parkstudium betrieben. Sein gesamtes
Vorbringen und die Tatsache, daß er sich vom Sommersemester 1982 bis zum
Sommersemester 1986 mit Ausnahme des Wintersemesters 1984/85, in dem er
das Biologiestudium aufgenommen hat, lückenlos um einen Studienplatz im Fach
Medizin beworben hat, beweisen, daß das Medizinstudium von Anfang an das
Studium seiner Neigung gewesen ist. Nur wegen der für das Fach Humanmedizin
bestehenden Zulassungsbeschränkungen hat er im Wintersemester 1984/85 ein
Studium der Biologie aufgenommen, in der Hoffnung, zu einem späteren
Zeitpunkt doch noch zu dem eigentlichen Wunschstudium zugelassen zu wenden.
Da ein Semester des Biologiestudiums auf das Medizinstudium angerechnet
worden ist, wird das öffentliche Interesse an einer möglichst sparsamen
Verwendung der zur Verfügung stehenden Förderungsmittel und daran, daß
Studienplätze nicht unnütz von Parkstudenten besetzt werden, nicht stärker
berührt, als bei solchen Studierenden, die den Fachrichtungswechsel nach zwei
Semestern vornehmen. Das vom Kläger betriebene Parkstudium der Biologie ist
daher als ein Studium von kürzerer Dauer anzusehen.
Der Anerkennung eines wichtigen Grundes im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG steht
hier auch nicht entgegen, daß der Kläger sich im Wintersemester 1984/85 nicht
um einen Studienplatz für das Fach Medizin bemüht und damit nicht alle ihm zur
Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, zu seinem Wunschstudium
zugelassen zu werden. Nachdem der Kläger sich fünf Semester lang vergeblich um
einen Studienplatz im Fach Humanmedizin beworben hatte, mußte er damit
rechnen, zu diesem Studium überhaupt nicht mehr zugelassen zu werden. Es ist
verständlich, wenn er sich in dieser Situation um einen Studienplatz in einem dem
Wunschstudium verwandten Studienfach bemühte und sich im Wintersemester
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Wunschstudium verwandten Studienfach bemühte und sich im Wintersemester
1984/85 ausschließlich um einen Studienplatz im Fach Biologie (Diplom) bei der
Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen bewarb. Hätte er sich bei der
Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen im Wintersemester1984/85 in
erster Linie um einen Studienplatz im Fach Humanmedizin und nur hilfsweise um
einen Studienplatz im Fach Biologie (Diplom) beworben, so hätte er praktisch
keine Chance gehabt, wenigsten seinen Studienplatz im Fach Biologie zu
erreichen. Mit einer positiven Entscheidung über die nur hilfsweise erfolgte
Bewerbung für ein Studienfach kann der Bewerber nur dann rechnen, wenn alle
anderen Bewerbern, die dieses Studienfach bei der Zentralstelle für die Vergabe
von Studienplätzen als Fach ihrer ersten Präferenz genannt haben, ein
Studienplatz zugewiesen werden konnte. Da es im Fach Biologie (Diplom) seit
Jahren mehr Bewerber als freie Studienplätze gibt, ist ein nur hilfsweise gestellter
Antrag auf Zulassung zu diesem Studiengang von vornherein ohne Aussicht auf
Erfolg. Bei der Abwägung der öffentlichen Interessen mit denjenigen des Klägers
kann es den Kläger aber nicht zum Nachteil gereichen, wenn er sich nach fünf
vergeblichen Bewerbungen um Zulassung zu seinem Wunschstudium mit Aussicht
auf Erfolg um Zulassung zu einem Studium seiner zweiten Präferenz bewerben
wollte und deshalb im Wintersemester 1984/85 von einer Bewerbung um einen
Studienplatz für das Fach Humanmedizin abgesehen hat.
Auch der Umstand, daß das Parkstudium des Klägers ebenso wie sein
Wunschstudium Zulassungsbeschränkungen unterlag, so daß er durch die
Inanspruchnahme eines Studienplatzes im Fach Biologie (Diplom) einen anderen
Bewerber verdrängt hat, ändert nichts daran, daß für den vorn ihm
vorgenommenen Fachrichtungswechsel ein wichtiger Grund im Sinne des § 7 Abs.
3 BAföG anzuerkennen ist. Neben der Zeitdauer des Parkstudiums verdient auf
der Seite der öffentlichen Interessen zwar auch die Frage Beachtung, ob der
Studierende während des Parkstudiums wegen der hochschulrechtlichen
Zulassungsbeschränkungen für das zunächst gewählte Parkstudium andere
Auszubildende von diesem Fach verdrängt hat. Andererseits muß aber zu Gunsten
des Auszubildenden ins Gewicht fallen, daß es verständlich ist, wenn er sich bei
fehlender Zulassung zu seinem eigentlichen Wunschstudium einem anderen Fach
zuwendet, das ihm nach seiner Eignung und Neigung noch akzeptabel erscheint.
Derjenige, der zu seinem Wunschstudium nicht zugelassen wird und deshalb ein
anderes Studienfach wählt, muß damit rechnen, das Studium seiner zweiten Wahl
zu Ende führen und sich einem Beruf zuwenden zu müssen, der durch das
Ausweichstudium eröffnet wird. Bei einer Abwägung der öffentlichen Interessen
daran, zulassungsbeschränkte Studienplätze möglichst denjenigen zukommen zu
lassen, die mit Hilfe dieses Studienplatzes einen berufsqualifizierenden Abschluß
erreichen wollen, mit den Interessen eines Auszubildenden daran, einen
Ausbildungsplatz zu erhalten, der möglichst weitgehend seinen Neigungen und
seiner Eignung entspricht, kann es jedenfalls bei einem Parkstudium von nur zwei
Semestern nicht zum Nachteil des Auszubildenden gereichen, wenn dieser
während des Parkstudiums einen Studienplatz besetzt hält, der
hochschulrechtlichen Zulassungsbeschränkungen unterliegt und um den sich
andere Studienbewerber vergeblich bemüht haben.
Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Studiums der Humanmedizin an
der Universität Frankfurt am Main als "andere Ausbildung" im Sinne des § 7 Abs. 3
BAföG sind nach allem gegeben. Dementsprechend ist der Beklagte verpflichtet,
eine für den Kläger günstige Vorabentscheidung im Sinne des § 46 Abs. 5 Nr. 3
BAföG zu treffen.
Entsprechend dem mit der Klage verfolgten Begehren des Klägers war das
erstinstanzliche Urteil zur Klarstellung neu zu fassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über dis vorläufige Vollstreckbarkeit der außergerichtlichen
Kosten beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO in
entsprechender Anwendung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung mehr hat. Nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.
März 1987 (Az.: 5 C 22.82) und vom 2. Juli 1987 (Az.: 5 C 17.85) ist umfassend
entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein wichtiger Grund für den Wechsel
aus einem zulassungsbeschränkten Parkstudium in ein ebenfalls
zulassungsbeschränktes Wunschstudium anerkannt werden kann.
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R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G
Die Nichtzulassung dar Revision kann durch Beschwerde innerhalb eines Monats
nach Zustellung dieser Entscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist
durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule
einzulegen. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von der
die Entscheidung abweicht, oder ein Verfahrensmangel bezeichnet werden, auf
dem das Urteil beruhen kann (vgl. § 132 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -
und § 18 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der
obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Juni 1968 - BGBl. I S. 661).
Die Revision ist auch ohne Zulassung statthaft, wenn einer der in § 133 VwGO
genannten Verfahrensmängel gerügt wird. In diesem Fall ist die Revision innerhalb
eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung durch einen Rechtsanwalt oder
einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule schriftlich einzulegen und
spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Die Revision muß die
angefochtene Entscheidung bezeichnen. Die Revisionsbegründung oder die
Revision muß einen bestimmten Antrag enthalten, ferner die verletzte Rechtsnorm
und die Tatsachen bezeichnen, die den gerügten Verfahrensmangel ergeben.
Beschwerde und Revision sind einzulegen bei dem
Hessischen Verwaltungsgerichtshof
Brüder-Grimm-Platz 1
3500 Kassel
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.