Urteil des HessVGH vom 06.08.2009
VGH Kassel: zivilprozessrecht, quelle, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, versicherungsrecht, rechtsmittelbelehrung, ergänzung, vereidigung, dokumentation, verfahrensmangel
1
2
3
Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
1. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 E 2206/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 105 VwGO, § 164 ZPO, §
146 Abs 1 VwGO
(Unanfechtbarkeit der Ablehnung einer
Protokollberichtigung)
Leitsatz
Die Ablehnung der Protokollberichtigung kann nicht mit der Beschwerde angefochten
werden (wie BVerwG, Beschlüsse vom 14.07.1981 - 6 CB 77.79 - und vom 14.08.1980 -
6 CB 72.80 - sowie Hess. VGH, Beschluss vom 27.02.2006 - 8 TJ 3203/05 -).
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel
vom 6. Juli 2009 - 1 K 691/08.KS - wird verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde ist entgegen der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen
Beschlusses bereits unzulässig.
Zunächst spricht sehr viel dafür, dass Beschlüsse über die Berichtigung oder
Ergänzung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung keine
Entscheidungen im Sinne des § 146 Abs. 1 VwGO sind, denen gegenüber der
Beschwerdeweg eröffnet ist. Es dürfte sich bei dem Beschluss über die
Protokollberichtigung um eine Entscheidung besonderer Art handeln, was sich
bereits darin zeigt, dass sie nicht von den Richtern der erstinstanzlich zuständigen
Kammer, sondern allein von dem mit der Protokollführung betrauten Richter sowie
dem ggf. hinzugezogenen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterschrieben
wird (vgl. hierzu § 164 Abs. 3 Satz 2 ZPO sowie die entsprechende Kommentierung
bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., Rdnr. 6 zu § 164).
Für die Unanfechtbarkeit des Beschlusses über die Protokollberichtigung spricht
ferner, dass die inhaltliche Richtigkeit des Protokolls sich der Erkenntnis der
"Beschwerderichter" entzieht. Vielmehr kommt es allein auf das
Erinnerungsvermögen und die Wahrnehmung des "Ausgangsrichters" an. Die
Mitglieder des Beschwerdegerichts haben an der fraglichen Sitzung nicht
teilgenommen und die Vorgänge nicht selbst miterlebt, so dass sie eine inhaltliche
Überprüfung nicht vornehmen können (vgl. hierzu ausführlich:
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Rdnr. 14 zu § 164 sowie
Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., Rdnr. 12 zu § 105). Dementsprechend ist
nach überwiegender Auffassung der die Protokollberichtigung ablehnende
Beschluss des Verwaltungsgerichts unanfechtbar (BVerwG, Beschlüsse vom
14.08.1980 - 6 CB 72.80 - DÖV 1981, 180 und vom 14.07.1981 - 6 CB 77.79 - DÖV
1981, 840; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 18.09.1996 - 5 S 2545/96 -
NVwZ-RR 1997, 671 und vom 23.07.2002 - 8 S 1500/02 - NVwZ-RR 2003, 318;
Hess. VGH, Beschluss vom 27.02.2006 - 8 TJ 3206/05 - NVwZ-RR 2006, 849 = DÖV
2006, 1055; jeweils m. w. N.). Von den Befürwortern der Beschwerdemöglichkeit
wird zwar darauf abgestellt, dass § 146 Abs. 1 VwGO den Beteiligten jedenfalls
4
5
6
7
wird zwar darauf abgestellt, dass § 146 Abs. 1 VwGO den Beteiligten jedenfalls
dem Grunde nach die Beschwerdemöglichkeit einräume, weil sie durch Gesetz
nicht ausgeschlossen sei (so Bay. VGH, Beschluss vom 04.12.2002 - 2 C 02.2096 -
juris, m. w. N., sowie Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., Rdnr. 9 zu § 105 VwGO). Auch
nach dieser Auffassung kann jedoch die inhaltliche Richtigkeit des Protokolls nicht
beurteilt werden, sondern das Beschwerdegericht ist darauf beschränkt zu prüfen,
ob der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts an einem wesentlichen
Verfahrensmangel leidet, insbesondere ob er von den gemäß § 105 VwGO i. V. m.
§ 164 Abs. 3 Satz 2 ZPO berufenen Personen unterschrieben wurde. Diese nur
beschränkte Überprüfungsmöglichkeit führt dazu, dass im Beschwerdeverfahren
dem regelmäßigen Anliegen der Antragsteller und Beschwerdeführer, eine
inhaltliche Veränderung des Protokolls zu erreichen, kein Erfolg beschieden sein
kann, so dass auch nach Überzeugung des erkennenden Senats mehr dafür
spricht, die Beschwerde von vornherein als unstatthaft einzustufen. Die
Beschwerde des Klägers ist demnach als unzulässig zu verwerfen.
Selbst wenn man mit dem Bayrischen Verwaltungsgerichtshof eine auf die
Formalien begrenzte Überprüfung des Protokollberichtigungsbeschlusses für
zulässig erachtet, könnte der Kläger mit seiner Beschwerde keinen Erfolg haben.
Denn er will sowohl hinsichtlich des Zeitpunktes der Vereidigung der
ehrenamtlichen Richter als auch hinsichtlich des von ihm erwähnten
Beweisantrages eine inhaltliche Änderung des Verhandlungsprotokolls erreichen,
die der Beurteilung des Beschwerdegerichts entzogen ist. Dementsprechend
müsste die Beschwerde auch bei weiter Auslegung der Zulässigkeit
zurückgewiesen werden.
Nach § 154 Abs. 2 VwGO hat der Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu
tragen.
Die Festsetzung des Streitwertes ist entbehrlich, da nur eine Festgebühr in Höhe
von 50,00 € anfällt (Ziffer 5502 der Anlage 1 zum GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.