Urteil des HessVGH vom 13.01.2011

VGH Kassel: bebauungsplan, offene bauweise, abstimmung, gemeinde, versorgung, grundstück, stadt, markt, beweisantrag, warenhaus

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 A 1987/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 12 Abs 1
EGRL82/96SevesoIIUmsG
SH, Art 267 AEUV, § 15
BauGB, § 10 Abs 1 BauGB,
§ 14 BauGB
Optimierungsgebot in Gemengelagen
Leitsatz
1. Tritt durch die Überplanung eines an Wohngebiete angrenzenden Industriegebiets
erneut als Industriegebiet eine Verschlechterung oder Verschlimmerung im Sinne von
Art.12 Abs. 1 der Seveso II Richtlinie nicht ein und hat die Planaufstellerin die
bestehende Konfliktlage mit in die Abwägung eingestellt, kann es abwägungsfehlerfrei
sein, die vorhandene Gemengelage auch weiter fort- und festzuschreiben.
2. Eine en bloc Abstimmung auch über einen Bebauungsplan als Satzung gemeinsam
mit Tagesordnungspunkten, die damit in keinem Zusammenhang stehen, stellt sich
zumindest dann nicht als abwägungsfehlerhaft dar, wenn der Beschluss, bestimmte
Tagungsordnungspunkte im en bloc Verfahren zu behandeln, einstimmig gefasst
worden ist.
3. Lehnt die Baugenehmigungsbehörde zunächst den Erlass eines Bauvorbescheides
ab und erlässt sodann im Widerspruchsverfahren einen Zurückstellungsbescheid nach §
15 BauGB, wird der ablehnende Bescheid durch den Zurückstellungsbescheid ersetzt.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt
am Main vom 19. Mai 2009 - 8 K 2581/05.F - aufgehoben. Die Klage der Klägerin
auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides über die planungsrechtliche
Zulässigkeit der Errichtung eines SB-Warenhauses mit Stellplätzen auf dem
Grundstück Wächtersbacher Straße … in Frankfurt am Main nach Maßgabe ihrer
Bauvoranfrage vom 5. April 2004 wird abgelehnt.
Auf den Hilfsantrag zu 1. der Klägerin wird festgestellt, dass sie in dem Zeitraum
vom 14. November 2008 bis zum 22. Dezember 2008 einen Anspruch auf positive
Bescheidung ihrer Bauvoranfrage hatte, soweit diese sich auf die
planungsrechtliche Zulässigkeit und die gesicherte verkehrliche Erschließung
bezieht. Im Übrigen wird der Hilfsantrag zu 1. der Klägerin abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 3/4, die Beklagte 1/4 zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Kostenschuldner darf die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung in Höhe
der jeweils festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige
Kostengläubiger Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines
positiven Bauvorbescheides für die Errichtung eines SB-Warenhauses auf dem
Grundstück Wächtersbacher Straße … in Frankfurt am Main, Gemarkung D.,
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Grundstück Wächtersbacher Straße … in Frankfurt am Main, Gemarkung D.,
Fechenheim, Flur …, Flurstücke …/316, …/321 und …/323.
Mit bei der Beklagten am 5. April 2004 eingegangener Bauvoranfrage beantragte
die Klägerin, die Eigentümerin der oben genannten Liegenschaft ist, die Klärung
folgender Fragen:
1. - 4. Ist ein SB-Warenhaus mit 5.450 qm Verkaufsfläche zuzüglich 250 qm
Verkaufsfläche für Verkaufs- und Dienstleistungskonzessionäre nach Maßgabe der
Pläne vom 23. Februar 2004 auf dem Grundstück Wächtersbacher Straße …
planungsrechtlich nach der Art (Frage 1), dem Maß (Frage 2), der baulichen
Nutzung, der überbaubaren Grundstücksfläche (Frage 3) sowie der Bauweise
(Frage 4) zulässig?
5. Ist die Erschließung eines SB-Warenhauses mit 5.450 qm Verkaufsfläche
zuzüglich 250 qm Verkaufsfläche für Verkaufs- und Dienstleistungskonzessionäre
entsprechend den Plänen vom 23. Februar 2004 gesichert?
6. Sind die Bestimmungen über die Abstandsflächen beim Neubau des SB-
Warenhauses mit Stellplätzen nach Maßgabe der Pläne vom 23. Februar 2004
gewahrt?
7. Sind für den Neubau des oben beschriebenen SB-Warenhauses mit 368
Stellplätzen die notwendigen Stellplätze nach § 44 HBO nachgewiesen?
Der unter Nummer 7 gestellte Fragenkomplex wurde von der Klägerin im Rahmen
des Widerspruchsverfahrens zurückgenommen.
Das Grundstück befand sich zum Zeitpunkt der Antragstellung und Bescheidung
der Bauvoranfrage durch die Beklagte im Geltungsbereich des rechtskräftigen
Bebauungsplans NO 43 d Nr. 1 vom 8. Februar 1974, der in dem maßgeblichen
Bereich ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 festgesetzt hatte. Die
festgesetzte Grundflächenzahl betrug 0,7, die Baumassenzahl 9,0.
Mit Bescheid vom 28. Juli 2004 lehnte die Beklagte die Erteilung eines positiven
Bauvorbescheides ab, da das beantragte Vorhaben unzulässig sei. Dabei führte
sie im Wesentlichen aus, das Vorhaben, das an den Maßstäben der
Baunutzungsverordnung 1968 zu messen sei, widerspreche der Art der baulichen
Nutzung. In Industriegebieten nach den §§ 9 Abs. 2, 11 Abs. 3 BauNVO 1968 seien
Einkaufszentren und Verbrauchermärkte nicht zulässig, die nach Lage, Umfang
und Zweckbestimmung vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienten.
Das beantragte Vorhaben widerspreche nach seiner Zweckbestimmung der
planerischen und tatsächlichen Eigenart des Baugebietes. Der Nachweis der
Bauherrschaft, das SB-Warenhaus solle nicht vorwiegend der übergemeindlichen
Versorgung dienen, sei unzureichend. Auch könne auf Grund der eingereichten
Unterlagen nicht beurteilt werden, ob sich das Vorhaben nach dem Maß der
Nutzung einfüge, da sich die Berechnung des Maßes der baulichen Nutzung auf
den Gebäudebestand sämtlicher betroffener Flurstücke beziehen müsse, eine
Betrachtung ausschließlich der neu zu bildenden Parzelle sei nicht ausreichend.
Für das beantragte Vorhaben sei zudem die gesicherte Erschließung nicht
nachgewiesen, da es sich um eine Einrichtung mit weit über das Plangebiet
hinausreichendem Versorgungsanspruch handele. Der Nachweis, dass die
Kapazität des vorhandenen Straßennetzes für den vorhabenbezogenen
Erschließungsbedarf ausreiche, sei nicht erbracht worden. Ein derartiger Nachweis
sei jedoch notwendig, da das Vorhaben das vorgesehene Maß an
Erschließungsverkehr überschreite. Die Bilanzierung des Stellplatzbedarfes sei
ebenfalls nicht ausreichend. Auch werde die offene Bauweise, die mangels
Festsetzungen im Bebauungsplan anzulegen sei, nicht eingehalten. Zulässig seien
danach Bauwerke mit einer Länge von höchstens 50 m. Das beantragte Bauwerk
überschreite mit einer Gesamtlänge von 148,08 m die zulässige Länge bei weitem.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung des angefochtenen
Bescheides verwiesen.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. August 2004, bei der
Beklagten eingegangen am 9. August 2004 Widerspruch ein, den sie mit
Schriftsatz vom 4. Februar 2005 näher begründete. Am 12. August 2005 hat die
Klägerin (Untätigkeits-) Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
erhoben. Am 29. September 2005 leitete die Beklagte den Widerspruch vom 5.
August 2004 an das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt weiter und stellte
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August 2004 an das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt weiter und stellte
mit Bescheid vom 9. November 2005, zugestellt am 14. November 2005, die
Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 15 Abs. 1 BauGB
zurück. Hiergegen legte die Klägerin unter dem 17. November 2005 Widerspruch
ein. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2005 ordnete die Beklagte die sofortige
Vollziehung des Zurückstellungsbescheides an. Ebenfalls am 15. Dezember 2005
beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten eine
Veränderungssperre für zwei Jahre, die am 27. Dezember 2005, veröffentlicht und
mit Beschluss vom 04.10.2007, um ein Jahr verlängert wurde. Unter dem 27.
Januar 2006 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass der
Zurückstellungsbescheid vom 9. November 2005 durch das Inkrafttreten der
Veränderungssperre gegenstandslos geworden sei und somit aufgehoben werde.
Bereits unter dem 15. Juli 2004 hatte die Stadtverordnetenversammlung der
Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 849 beschlossen, dessen
erklärtes Ziel es ist, unter Beibehaltung der Industriegebietsfestsetzungen im
bisherigen Umfang die weitere Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe
durch Anwendung der Baunutzungsverordnung 1990 in dem dort vorgesehenen
Umfang zu beschränken. Nach Öffentlichkeitsbeteiligung und Beteiligung der
Träger öffentlicher Belange hat die Stadtverordnetenversammlung der Beklagten
den Bebauungsplan Nr. 849 am 11. Dezember 2008 beschlossen und am 23.
Dezember 2008 öffentlich bekannt gemacht.
Zur Klagebegründung hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, sie halte das
beabsichtigte Bauvorhaben auf der Basis der früheren Bebauungspläne für
zulässig, insbesondere könne aufgrund der geographischen Lage des Vorhaben,
des Bevölkerungspotentials der umliegenden Stadtteile sowie der
Verkaufsflächengröße ausgeschlossen werden, dass das SB-Warenhaus
vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen werde. Bei einer
maßgeblichen Grundstücksfläche von 63.807 qm ergebe sich eine GRZ von 0,38,
so dass die zulässige GRZ 0,7 nicht erreicht werde. Dies gelte auch für die BMZ,
die mit 3,01 nicht annähernd die festgesetzte BMZ von 9,0 erreiche. Die
Berechnungen für GRZ und BMZ habe sie mit der Widerspruchsbegründung vom
3. Februar 2005 nachgereicht. Das Vorhaben sei auch hinsichtlich der Bauweise
planungsrechtlich zulässig, es sei nicht zutreffend, dass mangels Festsetzungen
im Bebauungsplan eine offene Bauweise anzunehmen sei. Vielmehr richtet sich
die Zulässigkeit nach § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB. Danach halte
sich das Vorhaben innerhalb des durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen
Rahmens. Auch die (wegemäßige) Erschließung sei gewährleistet, da jedenfalls
außerhalb von Spitzenzeiten die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ohne
zusätzliche Erschließungsmaßnahmen gewährleistet sei. Ausweislich des mit
Schriftsatz vom 8. November 2007 eingereichten Markt- und
Verträglichkeitsgutachtens der CIMA GmbH vom September 2007 stehe fest, dass
das Vorhaben nicht vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung diene, der
außergemeindliche Umsatzanteil werde deutlich weniger als 20 % betragen. Das
ebenfalls mit Schriftsatz vom 8. November 2007 eingereichte Gutachten der BS
Ingenieure (Bl. 243 ff. GA) belege, dass die verkehrliche Erschließung des
Vorhabens gesichert sei. Auch § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO stehe dem Vorhaben
nicht entgegen, da sich weder im Bebauungsplan selbst noch in dessen
Begründung eine besondere Prägung des Baugebietes, die die Zulässigkeit
großflächiger Einzelhandelsbetriebe ausschließe, wiederfinde. Der Bebauungsplan
Nr. 849 vom 23. Dezember 2008 könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten
werden, da er unwirksam sei. Er sei aufgrund einer en-bloc-Abstimmung in der
Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden, was einen Abwägungsfehler
darstelle. Auch liege ein Verstoß gegen § 50 BImSchG und Art. 12 Seveso II
Richtlinie vor. Es werde nämlich gegen das Trennungsgebot verstoßen, da der Plan
unmittelbar an das im Westen sich anschließende reine Wohngebiet und das sich
im Norden anschließende allgemeine Wohngebiet ohne Einhaltung eines
Schutzabstandes ein (uneingeschränktes) Industriegebiet festsetze. Auch habe
die Beklagte den Umfang und die Reichweite des Bestandsschutzes hinsichtlich
mehrerer großflächiger Einzelhandelsbetriebe, die im Plangebiet bereits
existierten, verkannt. Das Abwägungsmaterial sei daher unvollständig
zusammengestellt worden. Schließlich fehle es in Bezug auf die ausgewiesenen
Verkehrsflächen an der städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3
BauGB. Die benannten Mängel seien gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB
beachtlich.
Die Klägerin hat beantragt,
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1. der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28. Juli 2004 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin einen positiven Bauvorbescheid über
die planungsrechtliche Zulässigkeit für die Errichtung eines SB-Warenhauses mit
Stellplätzen auf dem Grundstück Wächtersbacher Straße … in Frankfurt am Main
nach Maßgabe der Bauvoranfrage der Klägerin vom 5. April 2004 zu erteilen.
Hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass der Klägerin vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr.
849 in der Zeit vom 28. Juli 2007 ab dem individuellen Außerkrafttreten der
Veränderungssperre aufgrund Anrechnung faktischer Zurückstellungszeiten bis
23. Dezember 2008 und in der Zeit bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre
Nr. 125 am 27. Dezember 2005 ein Anspruch auf Erteilung eines positiven
Bauvorbescheids über die planungsrechtliche Zulässigkeit für die Errichtung eines
SB-Warenhauses mit Stellplätzen auf dem Grundstück Wächtersbacher Straße …
in Frankfurt am Main nach Maßgabe der Bauvoranfrage der Klägerin vom 5. April
2004 zustand.
Weiter hilfsweise:
Es wird festgestellt, dass der Klägerin bis zur Zustellung des
Zurückstellungsbescheides der Beklagten vom 9. November 2005 ein Anspruch
auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheids über die planungsrechtliche
Zulässigkeit für die Errichtung eines SB-Warenhauses mit Stellplätzen auf dem
Grundstück Wächtersbacher Straße … in Frankfurt am Main nach Maßgabe der
Bauvoranfrage der Klägerin vom 5. April 2004 zustand.
2. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig
erklärt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid
sei rechtmäßig, da das beabsichtigte Vorhaben auf der Basis der beiden früheren
Bebauungspläne unzulässig gewesen sei und ihm heute der rechtswirksame
Bebauungsplan Nr. 849 und vor dessen Inkrafttreten die von ihr beschlossenen
Veränderungssperren entgegenstünden. Für die Beurteilung der
übergemeindlichen Versorgungsfunktion im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO 1968
habe es einer sachverständigen Analyse der Marktverhältnisse in der
Standortgemeinde bedurft, worauf die Klägerin in dem angefochtenen Bescheid
und ausdrücklich nochmals im Schriftsatz vom 12. September 2007 (Bl. 93 ff. GA)
hingewiesen worden sei. Eine derartige Analyse der Marktverhältnisse, wie von der
Rechtsprechung gefordert, habe die Klägerin mit der Bauvoranfrage nicht
vorgelegt. Die als „Kerneinzugsbereich“ von der Klägerin genannten Stadtteile
seien bereits sehr gut durch die bestehende Einzelhandelsstruktur versorgt. Das
Vorhaben verstoße gegen § 15 BauNVO, da durch die Ansiedlung eines weiteren
SB-Warenhauses erhebliche bodenrechtliche Spannungen sowie ein
Umnutzungsdruck im Baugebiet entstehen werde, ein Umkippen des gesamten
Gebietscharakters wäre die städtebaulich unerwünschte Folge. Das Vorhaben
verursache zudem ein hohes Verkehrsaufkommen, das andere Grundstücke
erheblich behindere und Wohngrundstücke durch Immissionen beeinträchtige. Es
sei zu befürchten, dass der zusätzlich erzeugte Verkehr im angrenzenden
hochbelasteten Straßennetz nicht oder nur mit zusätzlichen Maßnahmen
leistungsfähig abwickelbar sei. Entsprechende rechnerische Nachweise und
planerische Aussagen zur verkehrlichen Anbindung seien von der Klägerin im
Zeitpunkt der Antragstellung nicht erstellt worden. Vielmehr seien Marktgutachten
und Verkehrsgutachten erst mit Schriftsatz vom 8. November 2007 eingereicht
worden. Der Bebauungsplan Nr. 849 sei wirksam, die
Stadtverordnetenversammlung der Beklagten habe sich mit allen von der Klägerin
aufgeführten baurechtlichen Mängelbereichen intensiv befasst und habe diese
abgewogen. Eine en-bloc-Abstimmung sei nach den Vorschriften der HGO und der
darauf beruhenden Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung zulässig
und nicht zu beanstanden. Der Bebauungsplan verstoße auch nicht gegen die
Abwägungsgrundsätze, die aus § 50 BImSchG und Art. 12 der Seveso II Richtlinie
folgten. Die Klägerin verkenne, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner
Rechtsprechung zwischen der Überplanung von Freiflächen und der Überplanung
von Gemengelagen differenziere. Vorliegend sei von einer historisch gewachsenen
und zudem bereits überplant gewesenen Gemengelage auszugehen. Das
Abwägungsgebot erfordere es nicht, alle denkbaren Nutzungskonflikte schon bei
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Abwägungsgebot erfordere es nicht, alle denkbaren Nutzungskonflikte schon bei
der Aufstellung des Bebauungsplans durch planerische Festsetzungen zu lösen.
Sie könnten noch während des Vollzugs des Bebauungsplans, insbesondere auch
mit Hilfe von § 15 Abs. 1 BauNVO gelöst werden. Hinsichtlich des
Bestandsschutzes sowie Fragen der Erforderlichkeit könne auf die Begründung des
Bebauungsplans Nr. 849 verwiesen werden.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. Mai 2009 der Klage im Hauptantrag
stattgegeben. Der Erteilung eines positiven Bauvorbescheids könne der
Bebauungsplan Nr. 849 nicht entgegengehalten werden, da dieser dem aus § 50
Abs. 1 BImSchG folgenden Trennungsgebot nicht gerecht werde und daher
unwirksam sei. Auf der Basis der Bebauungspläne NO 43 d Nr. 1 und NO 23 b Nr. 1
sei das Vorhaben zulässig, da mit den von der Klägerin mittlerweile vorgelegten
Gutachten der CIMA GmbH vom September 2007 und der Verkehrsuntersuchung
der BS Ingenieure/Ludwigsburg vom Oktober 2007 davon auszugehen sei, dass
sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung als zulässig darstelle und
die Erschließung gesichert sei. Dies habe auch hinsichtlich des Maßes der
baulichen Nutzung, der überbaubaren Grundstücksfläche sowie der Bauweise zu
gelten. Auch ein Verstoß gegen § 15 Baunutzungsverordnung sei zu verneinen.
Gegen das am 4. Juni 2009 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt
am Main hat die Beklagte unter dem 24. Juni 2009 die von dem Verwaltungsgericht
zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie mit Schriftsatz vom
22.Juli 2009, bei Gericht eingegangen am 27. Juli 2009 (Bl. 600 ff. GA) im
Wesentlichen vor, der Bebauungsplan Nr. 849 sei entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts wirksam, insbesondere verstoße er nicht gegen das aus § 50
BImSchG folgende Trennungsgebot. Das Verwaltungsgericht habe nicht im
erforderlichen Maße berücksichtigt, dass es sich bei dem Plangebiet um einen
innerstädtischen Bereich mit historisch gewachsener Nutzungsstruktur handele.
Ziel des Bebauungsplans sei es insbesondere gewesen, in den Industriegebieten
südlich und nördlich der Wächtersbacher Straße im Stadtteil Fechenheim die
planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Ausschluss von großflächigen
Einzelhandelsbetrieben zu schaffen, die sich nach Art, Lage und Umfang negativ
auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auswirken könnten. Abgeleitet aus
dem „Gewerbeflächenentwicklungsprogramm“ vom 13. April 2004 sei ein weiteres
Ziel des Bebauungsplans, die vorhandenen Industriegebiete im Bereich der
Wächtersbacher Straße überwiegend für „klassische“ Gewerbenutzungen zu
sichern. Das zurzeit noch bestehende Angebot an relativ günstigen
Gewerbeflächen solle – insbesondere für kleinere und mittlere Betriebe – erhalten
und stabilisiert werden. Auch solle die historisch gewachsene Nachbarschaft von
Gewerbe und Industrienutzungen zu den angrenzenden Wohngebieten, die in der
Vergangenheit dazu geführt hätten, dass Industrienutzungen mit einem hohen
Störgrad im Genehmigungsverfahren entsprechende Auflagen erhalten hätten,
erhalten bleiben. Bei der Überplanung von Gemengelagen oder von Gebieten mit
mehr oder weniger engem Nebeneinander von unterschiedlichen Nutzungsarten
beanspruche § 50 BImSchG keine strikte Geltung. So nachdrücklich
wünschenswert eine Trennung von Wohn- und Industriegebieten auch immer sein
möge, handele es sich bei dem Gebot ihrer Trennung jedenfalls um nicht mehr als
einen ausnahmefähigen Grundsatz. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei den
Stadtverordneten im Detail die tatsächliche Situation vor Ort bewusst gewesen,
auch hinsichtlich des im Plangebiet vorhandenen Störfallbetriebes (Bl. 609 GA). Im
Übrigen vertieft die Beklagte ihre erstinstanzlichen Ausführungen.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom
19. Mai 2009 – 8 K 2581/05.F – die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und formuliert die hilfsweise gestellten
Klageanträge nunmehr wie folgt:
Es wird festgestellt, dass der Klägerin im Zeitraum vom 5. April 2004 bis 27.
Dezember 2005 und vom 28. Juli 2007 bis 23. Dezember 2008 ein Anspruch auf
Erteilung eines positiven Bauvorbescheides über die planungsrechtliche
Zulässigkeit des Vorhabens der Klägerin aus der Bauvoranfrage vom 5. April 2004
zur Art der baulichen Nutzung und zur gesicherten verkehrlichen Erschließung
zustand.
Weiterhin hilfsweise,
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Weiterhin hilfsweise,
dass die Ablehnungsentscheidung vom 28. Juli 2004 rechtswidrig gewesen ist.
Sie hält das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main für zutreffend und
vertieft ihren Vortrag insbesondere hinsichtlich der Wirksamkeit des
Bebauungsplans Nr. 849. Hinsichtlich der Vereinbarkeit der Planungsentscheidung
der Beklagten mit den Vorgaben der Seveso II Richtlinie sei eine
Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere auch
hinsichtlich der von Seiten der Klägerin angeregten Vorlage an den Gerichtshof der
Europäischen Union sowie der hilfsweise gestellten Beweisanträge wird auf die
Sitzungsniederschrift sowie die in den Gerichtsakten befindlichen Schriftstücke und
den Verwaltungsvorgang der Beklagten (1 Ordner Bebauungsplan Nr. 849, die
Kopie des Bebauungsplanes NO. 43 d Nr. 1 vom 08.02.1974, 1 Hefter
Verfahrensakten V-24-15-3 und 1 Heft Gewerbeflächenkataster der Stadt Frankfurt
am Main) Bezug genommen. Die Unterlagen sind insgesamt zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gemacht worden. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die
gewechselten Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf positive Bescheidung der von ihr am 5. April
2004 gestellten Bauvoranfrage zur Errichtung eines SB-Warenhauses mit
Stellplätzen in Frankfurt, Wächtersbacher Straße …, Fechenheim, Flur 5, Flurstücke
32/316, 32/321 und 32/323. Die Ablehnung der Bauvoranfrage mit Bescheid vom
28. Juli 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 5 VwGO).
Der Erteilung eines positiven Bauvorbescheids steht im maßgeblichen Zeitpunkt
der gerichtlichen Entscheidung der am 23. Dezember 2008 in Kraft getretene
Bebauungsplan Nr. 849 – Industriegebiete südlich und nördlich der
Wächtersbacher Straße – entgegen.
Der Bebauungsplan setzt das bereits zuvor als Industriegebiet überplante
Plangebiet erneut als Industriegebiet fest mit der Folge, dass nunmehr die
Baunutzungsverordnung 1990 zur Anwendung kommt. Nach deren § 11 Abs. 3
sind
1. Einkaufszentren,
2. großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die
Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die
städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3. sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte
Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nr. 2 bezeichneten
Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig.
Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nr. 2 und 3 sind insbesondere schädliche
Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundesimmissionsschutzgesetzes
sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die
Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten
Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder
in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den
Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz
1 Nr. 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1.200 qm
überschreitet, es sei denn es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die oben
beschriebenen Auswirkungen bereits bei einer geringeren Geschossfläche erreicht
oder bei einer größeren Geschossfläche nicht erreicht werden.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Einzelhandelsbetriebe im Sinne des §
11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO in der Regel großflächig sind, wenn sie eine
Verkaufsfläche von 800 qm überschreiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4
C 14.04 - juris; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar, Bd. V, Stand Januar 2009, §
11 BauNVO Rdnr. 53 c). Anhaltspunkte dafür, dass das von der Klägerin
beantragte SB-Warenhaus mit einer Verkaufsfläche von 5.450 qm Verkaufsfläche
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beantragte SB-Warenhaus mit einer Verkaufsfläche von 5.450 qm Verkaufsfläche
sowie 250 qm Verkaufsfläche für Dienstleistungskonzessionäre nicht großflächig in
dem soeben beschriebenen Sinne ist, sind weder ersichtlich noch von der Klägerin
vorgetragen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin sowie des Verwaltungsgerichts stellt sich der
Bebauungsplan Nr. 849 auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Rügen als
wirksam dar und steht der Erteilung eines positiven Bauvorbescheides entgegen.
Dem - inzident zu überprüfenden - Bebauungsplan Nr. 849 fehlt es weder
hinsichtlich der Industriegebietsausweisung noch hinsichtlich der festgesetzten
Verkehrsflächen auf den Flurstücken 32/310 und 32/304 an der städtebaulichen
Erforderlichkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB.
Bauleitpläne sind erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, soweit sie nach der
planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich sind. In ständiger
Rechtsprechung weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass es Sache
der Gemeinde ist, wie sie ihre Planungshoheit handhabt und welche Konzeption sie
dieser zugrunde legt. Die Entscheidung über planerische Zielsetzungen ist dabei
eine Frage der Gemeindepolitik und nicht bloße Rechtsanwendung. Die Gemeinde
bestimmt die geordnete städtebauliche Entwicklung im Einzelfall nach ihrer
vorhandenen, hinreichend konkretisierten planerischen Willensbetätigung (vgl.
BVerwG, Urteil vom 07.05.1971 - 4 C 76.68 -; Urteil vom 14.07.1972 - 4 C 8.70 -;
Urteil vom 22.01.1993 - 8 C 46.91 -; Beschluss vom 17.05.1995 - 4 NB 30.94 -;
Beschluss vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 -; Urteil vom 29.04.1964 - 1 C 30.62 -
jeweils juris; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. I, Kommentar, Stand Januar
2010, § 1 Rdnr. 30 m.w.N.). Nicht erforderlich sind nur solche Bauleitpläne, die
einer positiven städtebaulichen Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der
Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Bauleitplanung nicht
bestimmt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 - juris;
Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., Bd. I, § 1 Rdnr. 33).
Gemäß § 9 Abs. 1 BauNVO dienen Industriegebiete ausschließlich der
Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die
in anderen Baugebieten unzulässig sind. Demgegenüber dienen Gewerbegebiete
vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden
Gewerbebetrieben (§ 8 Abs. 1 BauNVO). Ausweislich der von der Beklagten
überreichten - nicht vollständigen - Übersicht über die im Plangebiet angesiedelten
Betriebe (Bl. 734 GA) befinden sich im Plangebiet mehrere Betriebe, die in einem
Industriegebiet anzusiedeln sind. In dem Plangebiet befindet sich zum einen die
Hessische Industriemüll GmbH (HIM), zum anderen ein fleischverarbeitender
Betrieb, nach der Übersicht der Beklagten beides Betriebe, die nach dem
Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftig sind. Bei beiden
Betrieben ist ihre Ansiedlung in einem Industriegebiet auch geboten, da von ihnen
erhebliche Störungen und Belästigungen ausgehen können. Bei der HIM gilt dies
hinsichtlich der dort gelagerten gefährlichen Stoffe, bei dem fleischverarbeitenden
Betrieb insbesondere wegen zu besorgender Geruchsimmissionen. Bezogen auf
die ebenfalls im Plangebiet angesiedelten Speditionen hat die Beklagte in der
mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass wegen der zu jeder Tages-
und Nachtzeit möglichen Anfahrbarkeit von diesen erhebliche Belästigungen im
Sinne von § 8 Abs. 1 BauNVO ausgehen können und deshalb eine Ansiedlung im
Industriegebiet zumindest sinnvoll, wenn nicht zwingend ist. Gleiches hat für die in
dem Plangebiet ansässigen Steinmetzbetriebe sowie die Stahlhandelsbetriebe zu
gelten, da von ihnen Geräuschimmissionen ausgehen können, die eine Ansiedlung
typischerweise im Industriegebiet gebieten. Soweit Seveso II Betrieben eine –
weitere – Ansiedlung im Plangebiet wegen der Nachbarschaft zu Wohngebieten
(faktisch) nicht möglich sein sollte, führt dies nicht zur Funktionslosigkeit der
Festsetzung „Industriegebiet“, da das Plangebiet von im Industriegebiet
anzusiedelnden Betrieben ohne Seveso II Bezug ausreichend genutzt werden kann
und genutzt wird. Davon, dass die planerische Festsetzung funktionslos und daher
nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB seien könnte, kann daher keine
Rede sein.
Auch hinsichtlich der Ausweisung von Verkehrsflächen scheitern die planerischen
Festsetzungen nicht an der Erforderlichkeit.
Die Beklagte hat sich ausweislich der Seiten 9 bis 13 der Begründung zum
Bebauungsplan Nr. 849 ausführlich mit dem Verkehrskonzept und der äußeren
und inneren Erschließung des Plangebiets befasst, dort insbesondere mit der
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und inneren Erschließung des Plangebiets befasst, dort insbesondere mit der
Herstellung eines S-Bahn-Anschlusses sowie der Verbindung zwischen Orber
Straße und Wächtersbacher Straße. Der Sicherung dieser planerischen
Überlegungen dienen die Festsetzungen zu den Verkehrsflächen, wobei nicht von
vornherein ausgeschlossen werden kann, dass diese zur Umsetzung eines der
geplanten Verkehrskonzepte benötigt werden. Unter Anlegung der oben näher
umschriebenen Maßstäbe ist nicht erkennbar, dass die Festsetzungen zur
verkehrlichen Erschließung des Plangebiets, die im Übrigen nur die Festsetzungen
der zuvor geltenden Bebauungspläne wiederholen, nicht erforderlich sein könnten.
Im Übrigen gilt, dass selbst wenn sich die Festsetzungen der Verkehrsflächen auf
den genannten Flurstücken als überdimensioniert und nicht als vollständig
erforderlich erweisen sollten, dies nicht zwingend die Unwirksamkeit des gesamten
Bebauungsplans zur Folge hätte und insbesondere den auf dem Grundstück der
Klägerin getroffenen Festsetzungen nicht entgegen stünden.
Der Bebauungsplan Nr. 849 leidet auch nicht an beachtlichen Abwägungsfehlern
im Sinne von §§ 214, 215 BauGB.
Das drittschützende Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB verpflichtet den
Träger der Bauleitplanung dazu, dass erstens eine Abwägung überhaupt
stattfindet, zweitens in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage
der Dinge in sie eingestellt werden muss, drittens weder die Bedeutung der
öffentlichen und privaten Belange verkannt, noch viertens der Ausgleich zwischen
ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner
Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - IV C 105.66 -,
BVerwGE 34, 301 sowie juris, seither ständige Rechtsprechung). Innerhalb des so
gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur
Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für
die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des
anderen Belangs entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung
berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der
planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen
Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des
Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen
Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie die
aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.
Der Antragsgegnerin sind weder im Abwägungsvorgang noch im
Abwägungsergebnis Fehler unterlaufen, die die - inzident zu prüfende -
Unwirksamkeit des Plans begründen könnten.
Dies gilt zunächst für die von der Klägerin gerügte mangelnde Berücksichtigung
des Trennungsgebots aus § 50 BImSchG, Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG des
Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren
Unfällen mit gefährlichen Stoffen (Abl. L 10 vom 14.01.1997, S. 13), zuletzt
geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1137/2008 des Europäischen Parlaments und
des Rats vom 22. Oktober 2008 (Abl. L 311 vom 21. 11. 2008, S. 1) - Seveso II
Richtlinie -. Zwar ist der Klägerin darin beizupflichten, dass es ein wesentliches
Element geordneter städtebaulicher Entwicklung darstellt, gewerbliche Nutzung
und Wohnnutzung wegen ihrer prinzipiellen Konfliktanfälligkeit nicht unmittelbar
nebeneinander anzuordnen (vgl. Niedersächsisches OVG, Urteil vom 25.06.2001 -
1 K 1850/00 - unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50/72 - beide
juris). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch geklärt,
dass das Trennungsgebot für die Überplanung einer bereits bestehenden
Gemengelage keine strikte Geltung beansprucht. Der Grundsatz lässt
insbesondere dann Ausnahmen zu, wenn das Nebeneinander von Gewerbe und
Wohnen schon seit längerer Zeit und offenbar ohne größere Probleme bestanden
hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.01.1980 - 4 B 265/79 -; BVerwG, Beschluss
vom 20.01.1992 - 4 B 71.90 -; BVerwG, Beschluss vom 13.05.2004 - 4 BN 15/04 - ;
BVerwG, Beschluss vom 08.03.2010 - 4 B 76/09 -, jeweils juris). Das
Bundesverwaltungsgericht führt in seiner grundlegenden Entscheidung aus dem
Jahr 1992 weiter aus, bei dem Trennungsgebot (damals zwischen Industriegebiet
und Wohnen) handele es sich um nicht mehr als einen ausnahmefähigen
Grundsatz. Solche Gebiete sollten nur m ö g l i c h s t nicht unmittelbar
nebeneinander liegen. Dieser Grundsatz gelte aber in erster Linie für die
Bauleitplanung bisher unbebauter Flächen, nicht dagegen für die Beplanung einer
bereits vorhandenen Gemengelage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.01.1992 - 4 B
71/90 - unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 15.01.1980 - 4 B 295/79 - und
Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 16.88 -, jeweils juris). Dabei sei der Grundsatz der
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Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 16.88 -, jeweils juris). Dabei sei der Grundsatz der
Trennung durchaus einer Durchbrechung fähig, etwa weil das Nebeneinander von
Gewerbe und Wohnen schon seit längerer Zeit – und offenbar ohne größere
Probleme – bestanden habe. Ein striktes Verbot der Festschreibung vorhandener
Strukturen könne dem Trennungsgrundsatz nicht entnommen werden. Stelle sich
zum Beispiel heraus, dass im konkreten Fall keine Unzuträglichkeiten zwischen
den Gewerbebetrieben und der Wohnnutzung aufträten oder zu erwarten seien,
könne die Gemeinde das bei der Abwägung auch dahingehend berücksichtigen,
dass das Nebeneinander – so wie bisher vorhanden – in den Bebauungsplan
übernommen werde, zumal wenn eine Änderung zu Eingriffen in die Betriebe
(unter Umständen Verlagerung, Verlust von Arbeitsplätzen oder Ähnlichem) und
zu finanziellen Belastungen der Gemeinde führe (vgl. BVerwG, Beschluss vom
20.01.1992 - 4 B 71/90 - a.a.O.).
Unter Anlegung dieser Maßstäbe, denen der Senat folgt, stellt sich der
Bebauungsplan Nr. 849 im Lichte des § 50 BImSchG nicht als abwägungsfehlerhaft
dar, obgleich das durch ihn festgesetzte Industriegebiet im Westen an die als
reines Wohngebiet ausgewiesene Riederwaldsiedlung und im Norden an das
allgemeine Wohngebiet Fechenheim angrenzt und sich zudem im Plangebiet im
südwestlichen Bereich auf dem Flurstück 2/20 ein Störfallbetrieb (HIM GmbH)
befindet, um den jedoch konservativ ein Achtungsabstand von 300 m festgelegt
worden ist (vgl. Stellungnahme des RP Darmstadt vom 30. September 2008 im
Bauleitplanverfahren des Bebauungsplans Nr. 849). Dabei ist die Entwicklung des
Plangebietes zu berücksichtigen, die sich im Einzelnen wie folgt darstellt:
Das Plangebiet, das von der Beklagten als GI-Gebiet festgesetzt worden ist, war
schon vor Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 849 durch die rechtsverbindlichen
Bebauungspläne NO 43 d Nr. 1 vom 8. Februar 1974, NO 44 c Nr. 1 vom 21. Juni
1977, NO 23 a Nr. 1 vom 21. Juni 1977, NO 23 b Nr. 1 vom 17. Oktober 1974, NO
24 a Nr. 1 vom 13. März 1966, und NO 23 c Nr. 1 vom 21. Juni 1977 als
Industriegebiet ausgewiesen. Bereits diese Bebauungspläne geben lediglich die
tatsächliche Gemengelage wieder, die Ende des 19. Jahrhunderts mit der
industriellen Entwicklung des Gebiets entstand. Auch diese Situation war durch das
Nebeneinander von Wohnnutzung und industrieller Nutzung geprägt (vgl. Volker
Rödel, Fabrikarchitektur in Frankfurt am Main 1774 - 1924). Anlass für das
planerische Tätig werden der Beklagten ist ausweislich der
Bebauungsplanbegründung die Tatsache gewesen, dass die Industriegebiete
südlich und nördlich der Wächtersbacher Straße zunehmend ins Blickfeld von
Investoren geraten sind, die dort zu günstigen Grundstückspreisen in Ergänzung
zu vorhandenen Einrichtungen großflächige Einzelhandelsbetriebe ansiedeln
wollten. Anlass des Bebauungsplans Nr. 849 war der Wille der Beklagten,
planungsrechtliche Instrumente zur Anwendung zu bringen, die in den
Industriegebieten südlich und nördlich der Wächtersbacher Straße die
planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Ausschluss von großflächigen
Einzelhandelsbetrieben schaffen, die sich nach Art, Lage oder Umfang negativ auf
die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auswirken können. Gleichzeitig sollte
das Plangebiet als Standort für kleine und mittlere Betriebe erhalten werden.
Dabei kommt das von der Beklagten in Auftrag gegebene und verabschiedete
„Einzelhandels- und Zentrenkonzept“ der Gesellschaft für Markt- und
Absatzforschung (GMA) hinsichtlich der Ansiedlung weiterer Einzelhandelsbetriebe
zu dem Ergebnis, dass die Hauptgeschäftszone Fechenheims um den Straßenzug
Alt-Fechenheim über eine für ein gewachsenes Nahversorgungszentrum typische
Nutzungsvielfalt verfügt. Das Geschäfts- und Dienstleistungszentrum habe eine
hohe Bedeutung überwiegend für die Fechenheimer Bevölkerung. Eine quantitative
Ergänzung des Angebots sei nach Aussagen der Gutachter derzeit nicht
notwendig. Die vorhandenen dezentralen Standorte könnten zwar maßvoll ergänzt
werden, negative Auswirkung auf das Ortsteilzentrum Fechenheim könnten jedoch
nur dann ausgeschlossen werden, wenn es sich dabei um eine Ergänzung mit nicht
zentrenrelevanten Sortimenten handele. Im Stadtteil Berken-Engheim sei die
Versorgungsqualität der beiden integrierten Nahversorgungszentren bereits
ausgedünnt. Verantwortlich hierfür seien die intensiven Konkurrenzbeziehungen
zum Hessen-Center sowie zu den dezentralen Standorten im Gewerbegebiet
Victor-Slotosch-Straße/Röntgenstraße, dies gelte insbesondere für die
Lebensmittel-SB-Märkte. Das Gutachten empfiehlt dabei, die
Nahversorgungsfunktion der integrierten Standorte durch Ansiedlung eines
Lebensmittel-SB-Marktes zu verbessern, wozu es jedoch notwendig sei, weitere
Nahversorgungsbetriebe in Gewerbegebietslagen zu unterbinden. Für den Ortsteil
Riederwald sei bereits ein Defizit in der Nahversorgung festzustellen, das Angebot
sei um einen Lebensmittel-SB-Markt mit ca. 700 qm Verkaufsfläche zu erweitern.
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sei um einen Lebensmittel-SB-Markt mit ca. 700 qm Verkaufsfläche zu erweitern.
Eine derartige Erweiterung werde jedoch durch großflächige
Nahversorgungsangebote in den Industriegebieten entlang der Wächtersbacher
Straße erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht.
Gerade zur Sicherung der Nahversorgungsstandorte hat die Beklagte mithin den
Bebauungsplan Nr. 849 aufgestellt, der südlich und nördlich der Wächtersbacher
Straße diejenigen großflächigen Einzelhandelsbetriebe ausschließen will, die sich
nach Art, Lage oder Umfang negativ auf die städtebauliche Entwicklung und
Ordnung auswirken können (Seite 7 und 8 der Begründung zum Bebauungsplan
Nr. 849). Weiteres Ziel des Bebauungsplanes ist es nach der Planbegründung, die
vorhandenen Industriegebiete im Bereich der Wächtersbacher Straße überwiegend
für „klassische“ Gewerbenutzungen zu sichern. Das derzeit noch bestehende
Angebot an relativ günstigen Gewerbeflächen solle dabei - insbesondere für
kleinere und mittlere Betriebe - erhalten und stabilisiert werden. Schließlich solle
die historisch gewachsene Nachbarschaft von Gewerbe- und Industrienutzungen
zu den angrenzenden Wohngebieten, die in der Vergangenheit dazu geführt habe,
dass Industrienutzungen mit einem hohen Störungsgrad im
Genehmigungsverfahren entsprechende Auflagen erhalten hätten, erhalten
bleiben (Bl. 603, 604 GA). Dabei sei auch heute die Situation gerade durch die
enge Nachbarschaft des Industriegebietes zu den Wohngebieten geprägt. Derzeit
bestünden keine grundlegenden Probleme zwischen den Betrieben und den
angrenzenden Wohngebieten, obgleich die Riederwaldsiedlung sogar als reines
Wohngebiet festgesetzt sei. Verschiedene Betriebserweiterungen an der Grenze
zu dem reinen Wohngebiet der Riederwaldsiedlung belegten, dass selbst bei sehr
geringen Abständen zwischen Industriebetrieben und Wohngebieten durch
bauliche, organisatorische und technische Maßnahmen den Schutzzielen des
BImSchG entsprochen werden könne (vgl. Seite 24 der Begründung zum
Bebauungsplan Nr. 849).
Unter Berücksichtigung dieser tatsächlichen Gegebenheiten sowie der darauf
aufbauenden Planungsaussagen der Beklagten stellt sich die Entscheidung der
Beklagten, die Industriegebietsfestsetzung für das Plangebiet beizubehalten, nicht
als abwägungsfehlerhaft dar. Hauptziel des Bebauungsplans Nr. 849 ist es, die
Baunutzungsverordnung 1990 mit ihren, bezogen auf großflächige
Einzelhandelsbetriebe, restriktiveren Vorgaben zur Anwendung zu bringen. Dabei
wird das Aufeinandertreffen von Industriegebiet und reinem bzw. allgemeinem
Wohngebiet bereits nicht „durch“ den Bebauungsplan Nr. 849 bewirkt, vielmehr
schreibt dieser die auch planerisch bereits bestehende Gemengelage fort. Die
Beklagte durfte in ihre Abwägungsentscheidung mit einstellen, dass das historisch
gewachsene Nebeneinander von Industrie und Wohnen auch unter
Berücksichtigung der Stellungnahme des Regierungspräsidiums Darmstadt vom
30. September 2008 zu keinen erheblichen Konflikten geführt hat, so dass ihre
Entscheidung, das Industriegebiet nicht in Richtung des reinen bzw. allgemeinen
Wohngebiets als Gewerbegebiet „abzutreppen“, nicht zu beanstanden ist. Im
Übrigen befinden sich gerade im westlichen Planbereich, der an das reine
Wohngebiet der Riederwaldsiedlung angrenzt, die Standorte der HIM GmbH sowie
eines fleischverarbeitenden Betriebes, so dass eine Abstufung gerade hier
schwierig gewesen wäre. Ausweislich der dem Verfahren beigezogenen Unterlagen
zur Planaufstellung hat die Beklagte mithin die Konfliktlage gesehen, in ihre
Abwägung eingestellt und in nicht zu beanstandender Art und Weise abgewogen.
Dass das von ihr gefundene Abwägungsergebnis die unterschiedlichen Interessen
vollständig fehlerhaft bewertet und außer Verhältnis setzt, kann nach den oben
gemachten Ausführungen zur Überplanung von Gemengelagen nicht
angenommen werden.
Die dem Trennungsgrundsatz des § 50 BImSchG ausreichend Rechnung tragende
Abwägungsentscheidung der Beklagten hat auch unter Anlegung der Maßstäbe
des Art. 12 Abs. 1 Seveso II RL Bestand.
Gemäß Art. 12 Abs. 1 der Seveso-II Richtlinie sorgen die Mitgliedsstaaten dafür,
dass in ihren Politiken der Flächenausweisung oder Flächennutzung und/oder
anderen einschlägigen Politiken das Ziel, schwere Unfälle zu verhüten und ihre
Folgen zu begrenzen, Berücksichtigung findet. Dazu überwachen sie
a) die Ansiedlung neuer Betriebe,
b) Änderungen bestehender Betriebe im Sinne des Art. 10,
c) neue Entwicklungen in der Nachbarschaft bestehender Betriebe wie
beispielsweise Verkehrswege, Örtlichkeiten mit Publikumsverkehr, Wohngebiete,
wenn diese Ansiedlungen oder Maßnahmen das Risiko eines schweren Unfalls
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wenn diese Ansiedlungen oder Maßnahmen das Risiko eines schweren Unfalls
vergrößern oder die Folgen eines solchen Unfalls verschlimmern können.
Die Mitgliedsstaaten haben nach Art. 12 Abs. 1 der Seveso-II Richtlinie weiterhin
dafür zu sorgen, dass in ihrer Politik der Flächenausweisung oder Flächennutzung
und/oder anderen einschlägigen Politiken sowie den Verfahren für die
Durchführung dieser Politiken langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird,
dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und
Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebieten und unter dem Gesichtspunkt des
Naturschutzes besonders wertvollen bzw. besonders empfindlichen Gebieten
andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden
Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Art. 5 ergriffen werden, damit
es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt.
Durch die Überplanung des bereits zuvor als Industriegebiet festgesetzten
Plangebietes erneut als Industriegebiet tritt eine Verschlechterung oder
Verschlimmerung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 der Seveso II RL nicht ein. Der Senat
sieht daher von der gemäß Art. 267 AEUV in sein Ermessen gestellten Einleitung
eines Vorabentscheidungsverfahrens, wie von der Klägerin angeregt, ab.
Die Klägerin regt zur Klärung folgender Frage die Einleitung eines
Vorabentscheidungsverfahrens an:
„Ist Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG des Rates vom 9. Dezember 1996 zur
Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (AblL
10 vom 14. Januar 1997, S. 13), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr.
1137/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008
(AblL 311 vom 21. November 2008, S. 1) - Seveso-II-RL - dahin auszulegen, dass
der Planungsträger auch bei der Änderung eines bestehenden Bebauungsplanes,
an den schutzbedürftige Wohngebiete angrenzen, sich darüber zu vergewissern
hat, dass im Geltungsbereich des Bebauungsplans künftig ohne angemessene
Abstände zu der schutzbedürftigen Wohnbebauung keine Betriebe angesiedelt
werden können, die unter die Richtlinie fallen?“
Der Senat hält die Rechtslage bezogen auf den hier zu entscheidenden Einzelfall
für eindeutig und die Vorlagefrage für nicht entscheidungserheblich.
Die Vorlagefrage trifft aus mehreren Gründen den streitigen Sachverhalt nicht und
stellt sich daher als nicht entscheidungserheblich dar.
Zunächst verkennt die Klägerin mit ihrer Vorlagefrage, dass sich die Beklagte im
Planaufstellungsverfahren über bestehende Seveso-II Betriebe und die Einhaltung
erforderlicher Schutzabstände „vergewissert“ hat, indem sie die planerische
Konflikt- und Gemengelage zur Kenntnis genommen und mit in die Abwägung
eingestellt hat. Dies zeigt insbesondere die Abwägungsentscheidung der
Beklagten vom 11. Dezember 2008 zu der Stellungnahme des
Regierungspräsidiums Darmstadt vom 30. September 2008 sowie die Begründung
des Bebauungsplans, die sich mit den Planungszielen, nämlich dem Ausschluss
großflächigen Einzelhandels in dem bereits als Industriegebiet ausgewiesenen
Plangebiet, der bereits bestehenden und bereits planerisch verfestigten
Gemengelage sowie den in den Umweltbericht einzustellenden Belangen befasst.
Die Klägerin verkennt zudem, dass auch bei Aufhebung des Bebauungsplans Nr.
849 die an die Wohngebiete angrenzenden Industriegebietsausweisungen Bestand
hätten, sich mithin „durch“ den streitgegenständlichen Bebauungsplan die
„planerische Gemengelage“ nicht verändert und sich die bestehenden
Gefährdungen und/oder Konflikte nicht im Sinne von Art. 12 Abs. 1 der Seveso-II RL
verschlimmern oder vergrößern.
Soweit die Vorlagefrage dahingehend zu verstehen sein sollte, der Gerichtshof der
Europäischen Union solle auch hinsichtlich der Frage angerufen werden, ob Art. 12
Abs. 1 Seveso-II Richtlinie den Planungsträger auch verpflichtet, bei bestehenden
Gemengelagen, die bereits eine Überplanung erfahren haben und bei denen durch
die Neuplanung keinerlei Veränderungen hinsichtlich der von der Seveso-II
Richtlinie erfassten Gefährdungen erfolgen, das Plangebiet einer Neubewertung zu
unterziehen, hält der Senat die Rechtslage auf Grund des Wortlautes der Vorschrift
für geklärt.
Selbst wenn nämlich Art. 12 Seveso-II Richtlinie ein allgemeines
Verschlechterungsverbot, wie in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
vom 3. Dezember 2009 (- 4 C 5.09 -, dort Rdnr. 28, 29, juris) dargestellt, enthalten
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vom 3. Dezember 2009 (- 4 C 5.09 -, dort Rdnr. 28, 29, juris) dargestellt, enthalten
sollte, wird gleichwohl durch den Bebauungsplan Nr. 849 weder das Risiko eines
schweren Unfalls vergrößert, noch die Folgen eines solchen Unfalles
verschlimmert, noch kommt es zu einer Zunahme der Gefährdung der
Bevölkerung. Zumindest für den streitigen Bebauungsplan verdichtet sich das in
Art 12 Abs. 1 Seveso-II RL enthaltene Optimierungsgebot unter besonderer
Berücksichtigung der den Einzelfall prägenden tatsächlichen Gegebenheiten nicht
zu einer strikten Planungspflicht der Beklagten. Die Beklagte hat sich in der
Abwägungsentscheidung im Sinne der Seveso-II RL „vergewissert“, dass
Störfallbetriebe bei einer Neuansiedlung heute wie auch bisher auf die vorhandene
Wohnbebauung Rücksicht zu nehmen haben, sich aber gleichwohl auf Grund der
vorhandenen Gemengelage zur - planerischen - Beibehaltung des Nebeneinanders
von Wohnen und Industrie/Gewerbe entschlossen. Dies ist auch unter
Berücksichtigung der Vorgaben der Seveso-II RL nach Auffassung des Senats nicht
zu beanstanden.
Weiter regt die Klägerin die Vorlage folgender Frage an:
„Lässt Art. 12 Abs. 1 Seveso-II Richtlinie dem Planungsträger einen Spielraum
dahin, dass in bestehenden Gemengelagen zwischen einer gewerblich industriellen
Nutzung einerseits und einer Wohnnutzung andererseits für die Neuansiedlung von
Betrieben auf angemessene Abstände verzichtet werden kann?“
Hinsichtlich der Vorlagefrage kann auf die soeben gemachten Ausführungen
insbesondere hinsichtlich eines Umschlagens des in Art. 12 Seveso-II RL
enthaltenen Optimierungsgebotes in eine Planungsverpflichtung der Gemeinde
verwiesen werden. Die Beklagte geht in ihrer Planungsentscheidung davon aus,
dass bei der Neuansiedlung von Störfallbetrieben im Plangebiet diese wie auch
bisher auf die Schutzansprüche der benachbarten Wohnbebauung Rücksicht zu
nehmen haben und Erweiterungen oder Neuansiedlungen nur in Betracht
kommen, wenn diese nicht mit vorhandenen Nutzungen kollidieren. Die Beklagte
hat daher nicht auf angemessene Abstände „verzichtet“, wie von der Klägerin in
der Vorlagefrage formuliert, sondern planerisch auf die vorhandene Gemengelage
reagiert und zum Ausdruck gebracht, dass die einzuhaltenden Schutzabstände
sinnvoll nur in den jeweiligen Einzelgenehmigungsverfahren festgelegt werden
können. Die Vorlagefrage verkennt insoweit die normative Kraft des Faktischen
einer vorhandenen Gemengelage, die durch die planerisch nicht wünschenswerte
aber gleichwohl existente Nachbarschaft von Wohnen und Industrie geprägt ist und
die sich einer generalisierenden planerischen Ausweisung von Achtungsabständen
eben deswegen entzieht.
Schließlich regt die Klägerin die Vorlage folgender Frage an den Gerichtshof der
Europäischen Union an:
„Verlangt Art. 12 Seveso-II Richtlinie auch in gewerblich-industriell genutzten
Gebieten, in denen noch kein Betrieb im Sinne der Richtlinie existiert, bei einer
Änderung des Bebauungsplanes Festsetzungen, die Betriebe im Sinne der
Richtlinie im Interesse der Wahrung angemessener Abstände für die Zukunft
ausschließen?“
Die Vorlagefrage trifft bereits den Sachverhalt nicht, da im Plangebiet ein
Störfallbetrieb, nämlich die Hessische Industriemüll GmbH - HIM - angesiedelt ist.
Zudem erscheint dem Senat die Vorlagefrage dahingehend geklärt, dass aus Art.
12 Abs. 1 der Seveso-II Richtlinie nicht geschlussfolgert werden kann, in
gewerblich-industriell genutzten Gebieten müssten zwingend Betriebe im Sinne
der Richtlinie im Interesse der Wahrung angemessener Abstände für die Zukunft
ausgeschlossen werden. Die so aufgeworfene Frage lässt sich nach Auffassung
des Senats im Fall der Überplanung von Gemengelagen nicht allgemein, sondern
nur unter Berücksichtigung der im Plangebiet vorhandenen Bebauung, der
umliegenden Plangebiete sowie der sich daraus ergebenden Schutzabstände
beantworten, so dass ihre Beantwortung in dieser Allgemeinheit nicht erforderlich
für die Streitentscheidung im Sinne des Art. 267 AEUV ist.
Die Beklagte hat auch die Interessen der im Plangebiet bereits ansässigen
Unternehmen unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes ausreichend in die
Abwägung eingestellt, wie sich aus der Begründung des Bebauungsplans, dort
insbesondere Seite 15 ergibt.
Auch den hilfsweise gestellten Beweisanträgen, die sich wie die Vorlagefragen auf
die von der Beklagten getroffene Abwägungsentscheidung beziehen, musste der
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die von der Beklagten getroffene Abwägungsentscheidung beziehen, musste der
Senat nicht nachgehen.
Soweit die Klägerin hilfsweise beantragt hat,
zum Beweis der Tatsache, dass im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr.
849 die Ansiedlung von Betrieben möglich ist, die unter die Seveso-II Richtlinie
fallen, und zum Beweis für die Tatsache, dass mit solchen Betrieben die
Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der
Störfallverordnung und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung
aus dem Leitfaden der SKF/TAA-Arbeitsgruppe „Überwachung der Ansiedlung“
vom 18. Oktober 2005 nicht eingehalten werden können, ein
Sachverständigengutachten einzuholen,
musste der Senat dem Antrag aus mehreren Gründen nicht nachkommen.
Dies bereits deshalb, weil es sich bei den unter Beweis gestellten Fragen um
Rechtsfragen handelt, die einer Beweisaufnahme nicht zugänglich sind. Sowohl die
Frage, ob sich Seveso-II Betriebe im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 849
ansiedeln können als auch die Frage, ob und wenn ja welche Abstände sie zu den
schutzbedürftigen Gebieten einzuhalten haben und einhalten können, sind jeweils
im Einzelfall zu klärende Rechtsfragen, die einem Sachverständigenbeweis nicht
zugänglich sind. Soweit mit dem hilfsweise gestellten Beweisantrag konkludent
auch die Aufklärung von Tatsachenfragen erreicht werden sollte, ist der
Beweisantrag bereits unzulässig, da unsubstantiiert. Die Klägerin hat nicht
dargelegt, welche konkreten Tatsachenfragen von einem Sachverständigen
aufzuklären sein sollten. Vielmehr handelt es sich um einen (unzulässigen)
Beweisermittlungsantrag, der in der Sache auf das Auffinden brauchbaren
Beweismaterials zielt (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO Kommentar, 3. Aufl.,
Berlin/Speyer 2010, § 98 Rdnr. 32 ff).
Soweit die Klägerin weiterhin hilfsweise beantragt,
zum Beweis für die Tatsache, dass keiner der im Geltungsbereich des
Bebauungsplans Nr. 849 existierenden Gewerbebetriebe im Rahmen einer
sinnvollen Fortentwicklung des Betriebes auf die Verwirklichung solcher Anlagen
angewiesen ist, die unter die Seveso II RL und die Störfallverordnung fallen, ein
Sachverständigengutachten einzuholen,
geht der Beweisantrag bereits an der Tatsachenlage vorbei, da im Plangebiet
tatsächlich ein Seveso II Betrieb, nämlich die HIM, angesiedelt ist. Der hilfsweise
gestellte Beweisantrag ist aber auch unerheblich, da selbst wenn die Beweisfrage
positiv beantwortet werden sollte, mithin keiner der dort ansässigen Betriebe auf
die Verwirklichung solcher Anlagen angewiesen wäre, die unter die Seveso II RL und
die Störfallverordnung fielen, dies für die Frage der Rechtmäßigkeit einer
Industriegebietsausweisung nichts besagen würde. Eine
Industriegebietsausweisung wäre nämlich auch dann zulässig, wenn dort - faktisch
- kein Seveso II Betrieb angesiedelt werden könnte, da ausreichend industrielle
Nutzungen ohne Seveso II Bezug denkbar sind.
Der ebenfalls hilfsweise gestellte Antrag,
zum Beweis für die Tatsache, dass aus den angrenzenden Wohngebieten
Beschwerden über die Belästigungen durch Gewerbebetriebe im Geltungsbereich
des Bebauungsplans Nr. 849 vorgebracht wurden und nicht durch organisatorische
und sonstigen Maßnahmen abgestellt wurden, die Einholung einer amtlichen
Auskunft des Regierungspräsidiums in Darmstadt zu veranlassen,
zielt auf die Abwägungsentscheidung der Beklagten in dem Planverfahren, ohne
die Entscheidungserheblichkeit der Beweisfrage darzulegen. Im insoweit
maßgeblichen Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung, nämlich dem
Satzungsbeschluss am 11. Dezember 2008, hat die Beklagte die Problematik der
Nachbarbeschwerden gesehen und sich ausweislich der Planbegründung (S. 23)
sowie der Abwägungsentscheidung (S. 100) mit der die Beschwerden aus der
Nachbarschaft thematisierenden Stellungnahme des Regierungspräsidiums
Darmstadt vom 30. September 2008 befasst und diese in die Abwägung
eingestellt. In Anbetracht der Tatsache, dass bereits eine amtliche Auskunft des
Regierungspräsidiums Darmstadt im maßgeblichen Zeitpunkt der
Abwägungsentscheidung vorgelegen hat, hat die Klägerin nicht dargelegt, aus
welchen rechtlichen Erwägungen im Jahr 2011 eine weitere amtliche Auskunft des
Regierungspräsidiums Darmstadt einzuholen sein sollte und warum diese die
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Regierungspräsidiums Darmstadt einzuholen sein sollte und warum diese die
Rechtmäßigkeit der Abwägungsentscheidung aus dem Jahre 2008 in Frage stellen
sollte.
Der Bebauungsplan ist auch nicht deshalb als abwägungsfehlerhaft anzusehen,
weil über ihn im en-bloc-Verfahren abgestimmt worden ist. Die Klägerin meint
unter Verweis auf die Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17. März
1987 (- 7 a NE 10/85 -, Baurecht 1987, S. 409 ff.), der Plan leide an einem
beachtlichen Fehler im Abwägungsvorgang, da über ihn gemeinsam mit anderen
Tagesordnungspunkten en-bloc abgestimmt worden sei, obwohl bei diesen
Tagesordnungspunkten kein sachlicher Zusammenhang zu dem Bebauungsplan
bestanden habe. Nach Auffassung des OVG Nordrhein-Westfalen ist eine im en-
bloc-Verfahren vorgenommene Abstimmung über einen Bebauungsplan
gemeinsam mit Gegenständen, die ohne Sachzusammenhang mit dem
Bebauungsplan stehen, abwägungsfehlerhaft, da der Wille, einen einzelnen der
miteinander verbundenen Punkte durchzusetzen oder zu verhindern,
notwendigerweise das Votum für die anderen Punkte beeinflusse. Auch die
Abstimmung über die Aufnahme des Beschlusses über den Bebauungsplan in das
en-bloc-Verfahren stehe der Fehlerhaftigkeit einer en-bloc-Abstimmung nicht
entgegen, da die Abstimmung über die Tagesordnung nicht mit dem Beschluss
über den Bebauungsplans als Satzung gleichzusetzen sei.
Dem folgt der Senat nicht. Zwar birgt isoliert betrachtet eine en-bloc-Abstimmung
die von dem OVG Münster bezeichnete Gefahr in sich, dass bei dem
Satzungsbeschluss sachfremde Erwägungen das Abstimmungsverhalten
beeinflussen und damit zu abwägungsfehlerhaften Ergebnissen führen können.
Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Stadtverordneten, wie hier geschehen,
einstimmig dem en-bloc-Verfahren zugestimmt und damit zum Ausdruck gebracht
haben, den zur en-bloc-Abstimmung gestellten Tagesordnungspunkten insgesamt
zustimmen oder insgesamt die Zustimmung verweigern zu wollen. Durch die
Aufnahme einzelner Tagesordnungspunkte in das en-bloc-Verfahren bringen die
Stadtverordneten nämlich zum Ausdruck, hinsichtlich der dort genannten
Tagesordnungspunkte den Beschlussempfehlungen der Verwaltung bzw. der
Ausschüsse insgesamt zu folgen oder eben nicht. Entgegen der Auffassung des
OVG Münster kann die Entscheidung der Stadtverordneten über die Tagesordnung
nicht von der - inhaltlichen - über die einzelnen Tagesordnungspunkte getrennt
werden. Beide Tagesordnungspunkte, also derjenige, über einzelne
Tagesordnungspunkte en-bloc abstimmen zu wollen als auch der der en-bloc-
Abstimmung selbst, können sinnvoll nur als Einheit einer rechtlichen Überprüfung
unterzogen werden. Dabei musste hier nicht entschieden werden, ob die
Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung der Beklagten vom 13. Juli
2006 auch insoweit mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße
bauleitplanerische Abwägung in Einklang steht, als nach deren § 24 Abs. 3 die
Stadtverordnetenversammlung Ausschussberichte von Tagesordnung II (en-bloc-
Abstimmung) auf die Tagesordnung I (Einzelabstimmung) nur dann überstellt,
wenn ein entsprechender Antrag spätestens zu Beginn der Sitzung eingebracht
wird und dieser Antrag die Unterstützung von mindestens 15 Stadtverordneten
gefunden hat. Ausweislich der Niederschrift über die 29. (öffentliche) Plenarsitzung
der Stadtverordnetenversammlung am 11. Dezember 2008 (Bl. 400 ff. GA) hat die
Stadtverordnetenversammlung den Beschluss, dass den in der Tagesordnung II
wiedergegebenen Beschlussempfehlungen unter Berücksichtigung des jeweiligen
Abstimmungsverhaltens der Fraktionen in den Ausschüssen und der schriftlich
vorliegenden Voten der in den Ausschüssen nicht stimmberechtigten Fraktionen
und fraktionslosen Stadtverordneten zugestimmt wird, einstimmig beschlossen, so
dass ein Interessenwiderstreit zwischen den Abwägungsbelangen im
Bauleitplanverfahren und mit diesen in keinem Zusammenhang stehenden
anderen Tagesordnungspunkten ausgeschlossen ist.
Unterliegt mithin der Bebauungsplan Nr. 849 keinen rechtlichen Bedenken, stehen
seine Festsetzungen der Erteilung eines positiven Bauvorbescheides für das
großflächige Einzelhandelsvorhaben der Klägerin entgegen. Das Bauvorhaben der
Klägerin ist nach der nunmehr anzuwendenden BauNVO 1990 nur in Kern- und
Sondergebieten, nicht jedoch in einem Industriegebiet zulässig (§ 11 Abs. 3 Satz 1
BauNVO 1990).
Die Klage der Klägerin hat mit dem erstinstanzlich geltend gemachten Hilfsantrag,
der im Berufungsverfahren aufgrund der Erfolglosigkeit des Hauptantrages zu
prüfen ist, nur in dem an dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
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Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ihren bereits
erstinstanzlichen gestellten Hilfsantrag konkretisierend dahingehend gestellt, es
solle festgestellt werden, dass sie im Zeitraum vom 5. April 2004 bis zum 27.
Dezember 2005 und vom 28. Juli 2007 bis zum 23. Dezember 2008 einen
Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides über die
planungsrechtliche Zulässigkeit ihres Vorhabens aus der Bauvoranfrage vom 5.
April 2004 zur Art der baulichen
Nutzung und zur gesicherten verkehrlichen Erschließung gehabt hat.
Der von der Klägerin geltend gemachte Feststellungsanspruch bestand lediglich in
dem Zeitraum vom 14. November 2008 bis zum 22. Dezember 2008. Zwar hatte
grundsätzlich auch in diesem Zeitraum die am 15. Dezember 2005 erstmals als
Satzung beschlossene Veränderungssperre (veröffentlicht am 27. Dezember
2005), verlängert durch Beschluss vom 4. Oktober 2007 für ein Jahr (veröffentlicht
6. November 2007) noch Bestand. Bezogen auf das Baugesuch der Klägerin ist
jedoch gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf die Zweijahresfrist der
Veränderungssperre die Zeit seit der Zustellung der ersten Zurückstellung des
Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 BauGB anzurechnen, mithin der ab Zustellung des
Zurückstellungsbescheides vom 9. November 2005 am 14. November 2005
abgelaufene Zeitraum. Dabei begegnet es keinen Bedenken, dass die
Bauaufsichtsbehörde den Antrag auf Genehmigung des Vorhabens zunächst
ablehnt und später aufgrund eines entsprechenden Antrages der Gemeinde die
Ablehnung durch eine Zurückstellung ersetzt (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg,
BauGB, Kommentar, Bd. II, § 15 Rdnr. 42 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Urteil
vom 27.02.1981 - 1 A 158/80 - Juris; Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB-BauNVO, § 15
Rdnr. 8). Die Ablehnung eines Baugesuchs aus materiellen Gründen kann im
Rechtsbehelfsverfahren durch die Aussetzung der Entscheidung ersetzt werden. In
diesem Fall ist die Ablehnung überholt; einer ausdrücklichen Aufhebung des
ablehnenden Bescheides bedarf es nicht (vgl. Lemmel in Berliner Kommentar zum
BauGB, § 15 Rdnr. 11; anderer Auffassung: Niedersächsisches OVG, Urteil vom
30.09.1992 - 6 L 3200/91 - BRS Bd. 54, Nr. 78). Der Senat folgt der Auffassung,
dass durch Erlass des Zurückstellungsbescheides vom 9. November 2005 die
Beklagte konkludent ihren ablehnenden Bauvorbescheid vom 28. Juli 2004
aufgehoben bzw. ersetzt hat.
Ist mithin maßgeblich für die Anrechnung der Zurückstellungszeiten die Zustellung
des Zurückstellungsbescheides vom 9. November 2005 am 14. November 2005,
so endete - individuell - für die Klägerin die Veränderungssperre drei Jahre nach
Bekanntmachung des Zurückstellungsbescheides, mithin am 14. November 2008.
Eine weitere Zurückstellung über den Geltungszeitraum von drei Jahren hinaus, die
sich an den Maßstäben des § 17 Abs. 2 BauGB hätte messen lassen müssen, ist
von der Beklagten tatsächlich nicht verfügt worden. Darauf, ob besondere
Umstände im Sinne des § 17 Abs. 2 BauGB eine weitere Verlängerung der
Veränderungssperre und damit eine erneute Zurückstellung des Baugesuchs der
Klägerin gerechtfertigt hätten, kommt es nicht an, da es an einem
entsprechenden Rechtsakt durch die Beklagte fehlt.
Der Senat musste daher auch dem hilfsweise gestellten Beweisantrag der
Klägerin,
zum Beweis für die Tatsache, dass die raumstrukturelle Untersuchung vom
April bis Mai 2007 zur Lage der künftigen S-Bahn-Station Fechenheim frühestens
im Januar 2007 in Auftrag gegeben wurde, den Zeugen Herrn ……….., zu laden
über das Stadtplanungsamt der Beklagten, sowie den Zeugen Herrn ……….., zu
laden über die …………. GmbH, Frankfurt, zu vernehmen,
nicht nachgehen, da dessen Entscheidungserheblichkeit nicht dargelegt ist.
Mangels erneuter Zurückstellung des Baugesuchs der Klägerin – eine
Verlängerung der Veränderungssperre war ohnehin nicht möglich, da der
Bebauungsplan Nr. 849 am 23. Dezember in Kraft getreten ist – kam auch eine
inzidente Anwendung der Vorschrift des § 17 Abs. 2 BauGB nicht in Betracht.
Aufgrund des am 8. November 2007 eingereichten Gutachtens der CIMA GmbH,
Stuttgart, „Markt- und Verträglichkeitsuntersuchung zur geplanten Ansiedlung
eines SB-Warenhauses der Firma ……….. in der Stadt Frankfurt/Stadtteil
Fechenheim“ sowie der Verkehrsuntersuchung der BS Ingenieure, Ludwigsburg,
„Untersuchung der verkehrlichen Auswirkungen des geplanten Bauvorhabens
……….. SB-Warenhaus an der Wächtersbacher Straße in Frankfurt am Main“ steht
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……….. SB-Warenhaus an der Wächtersbacher Straße in Frankfurt am Main“ steht
zur Überzeugung des Senats fest, dass zu dem für die Entscheidung
maßgeblichen Zeitpunkt das von der Klägerin beantragte Vorhaben nicht
vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung im Sinne der §§ 9 Abs. 2, 11 Abs. 3
BauNVO 1968 dienen sollte und dass die verkehrliche Erschließung an der
Wächtersbacher Straße nachgewiesen ist. So kommt das Gutachten der CIMA
GmbH zusammenfassend zu dem Ergebnis, das Kerneinzugsgebiet des geplanten
SB-Warenhauses umfasse sechs Frankfurter Stadtteile mit 100.000 Einwohnern
und entspreche einem einzelhandelsrelevanten Kaufkraftpotential von insgesamt
ca. 566,2 Millionen Euro. Das SB-Warenhaus sei hinsichtlich seiner wirtschaftlichen
Tragfähigkeit nicht auf Kaufkraftzuflüsse aus dem Umland angewiesen. In einer
„10-Minuten-Fahrzeitzone“ vom Planstandort aus sei überschlägig ein
Bevölkerungspotential von 240.000 Einwohnern ermittelt worden. Auf die Gebiete
außerhalb der Stadt Frankfurt entfielen dabei ca. 73.000 Einwohner bzw. 30 %.
Betroffen seien hierbei die Stadtteile Maintal-Bischofsheim, Maintal-Dörnigheim
sowie Teile der Stadt Offenbach. Der Bevölkerungsschwerpunkt liege eindeutig auf
Frankfurter Gemarkung. Der Umsatzanteil des SB-Warenhauses, der durch
Kunden von außerhalb der Gemarkungsgrenzen von Frankfurt erzielt werde, könne
aufgrund der bestehenden Wettbewerbssituation in den Nachbarkommunen mit
ca. 16 % angesetzt werden, wobei dies bereits einen oberen Wert darstelle. Der
Kundenanteil außerhalb der Gemarkungsgrenzen der Stadt Frankfurt liege
signifikant unter der 50 % Marke, welche die relevante Bezugsgröße für eine
überwiegend überörtliche Versorgungsfunktion darstelle. Das Verkehrsgutachten
der BS-Ingenieure vom Oktober 2007 kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis,
dass aus verkehrlicher Sicht keine Gründe bestünden, die eine Ansiedlung des
……….. SB-Warenhauses ausschlössen. Die Betrachtung der Verkehrsqualitäten
an den umliegenden Knotenpunkten habe gezeigt, dass alle betrachteten
Knotenpunkte in ihrem heutigen Ausbauzustand über sehr gute bis ausreichende
Verkehrsqualitäten in der nachmittäglichen Spitzenstunde eines Normalwerktages
verfügten. Der Anschluss des ……….. SB-Warenhauses könne unter
Berücksichtigung der Architektenplanung mit je einem separaten Fahrstreifen für
den Rechts- und für den Linksabbieger in der Ausfahrt ……….. leistungsfähig im
freien Verkehrsfluss betrieben werden.
Der Senat musste dabei dem hilfsweise gestellten Beweisantrag der Klägerin,
vorsorglich zum Beweis der Tatsache, dass die verkehrliche Erschließung des
Vorhabens gesichert ist, weil selbst während der täglichen Spitzenstunde des
Verkehrs Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch das vom Vorhaben
bewirkte Verkehrsaufkommen ohne Erschließungsmaßnahmen gewährleistet ist,
ein Sachverständigengutachten einzuholen,
nicht nachgehen, da zu der Beweisfrage bereits ausreichende Erkenntnismittel
vorliegen. Die Klägerin hat selbst das oben näher bezeichnete Gutachten der BS-
Ingenieure (Bl. 243 ff. GA) vorgelegt, das sich mit der Frage der verkehrlichen
Erschließung des Vorhabens befasst. Sie hat nicht dargelegt, welche weiteren
Tatsachenfragen durch die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens
aufgeklärt werden sollten (vgl. GK-AsylVfG, Stand: April 1998, Bd. III, § 78 Rdnr. 379
ff.). Die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung hat sich dem Senat
dabei nicht aufgedrängt.
Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag der Klägerin hat mithin für den
Zeitraum vom 14. November 2008 bis zum 22. Dezember 2008 in dem
beantragten Umfang Erfolg.
Im Übrigen ist der Hilfsantrag der Klägerin hinsichtlich des darüber hinaus
gehenden Feststellungszeitraums abzuweisen. Dabei zielt die von der Klägerin
begehrte Feststellung auf eine weitere - neben den Zeiten der Zurückstellung -
individuelle Anrechnung faktischer Zurückstellungszeiten ab. Abgesehen von
Bedenken an dem von Seiten der Klägerin insoweit nicht näher belegten
Rechtsschutzinteresse hinsichtlich einer zeitlich weiter gefassten Feststellung
würde eine derartige Anrechnung voraussetzen, dass der Bauantrag zögerlich
behandelt und/oder rechtswidrig versagt worden ist (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg,
Band 2, BauGB-Kommentar, Stand: Januar 2005, § 17 Rdnr. 17; Schrödter, BauGB,
Kommentar, 7. Aufl., München 2006, § 17 Rdnr. 4). Hier fehlt es bereits an einer
zögerlichen Behandlung des Bauantrages, da der Antrag der Klägerin vom 5. April
2004 bereits mit Bescheid vom 28. Juli 2004 abgelehnt worden ist. In Anbetracht
des Umfangs und der Komplexität des zur Genehmigung gestellten Vorhabens
stellt sich die Bearbeitungszeit von drei Monaten und 21 Tagen nicht als zögerlich
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stellt sich die Bearbeitungszeit von drei Monaten und 21 Tagen nicht als zögerlich
dar.
Bis zur Vorlage der angeforderten Gutachten (Marktgutachten sowie
Verkehrsgutachten) am 8. November 2007 ist der Klägerin die Erteilung eines
positiven Bauvorbescheides auch nicht rechtswidrig verweigert worden.
Mit ihrer Bauvoranfrage vom 8. März 2004 hat die Klägerin die
bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines SB-Warenhauses mit einer
Verkaufsfläche von 5.450 qm sowie 250 qm Verkaufsfläche für Verkaufs- und
Dienstleistungskonzessionäre nach der Art, dem Maß, der Bauweise, der baulichen
Nutzung, der überbaubaren Grundstücksfläche, der gesicherten Erschließung
sowie der Abstandsflächen zur Überprüfung gestellt. Für das in dem maßgeblichen
Zeitpunkt im Geltungsbereich des Bebauungsplans NO 43 d Nr. 1,
rechtsverbindlich seit dem 8. Februar 1974, gelegenen Baugrundstücks sind die
Vorschriften der Baunutzungsverordnung 1968 maßgebend gewesen, nach deren
§ 11 Abs. 3 Einkaufszentren- und Verbrauchermärkte, die außerhalb von
Kerngebieten errichtet werden sollen und die nach Lage, Umfang und
Zweckbestimmung vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen sollen,
als Sondergebiete darzustellen und festzusetzen sind. Bei der Frage, ob das
Bauvorhaben der Klägerin in dem durch Bebauungsplan NO 43 d Nr. 1
festgesetzten Industriegebiet zugelassen werden kann, war von der Klägerin der
Nachweis zu erbringen, dass das Vorhaben nicht vorwiegend der
übergemeindlichen Versorgung dienen soll. Bei der Beurteilung dieser zuletzt
genannten Voraussetzung kommt es nach der Rechtsprechung des BVerwG, der
der Senat folgt, auf objektive Umstände an; Absichten und Vorstellungen des
Betriebsinhabers können dabei Indizien sein. Maßgeblich ist letztendlich, ob nach
objektiver Beurteilung des Betriebes dieser der übergemeindlichen
Versorgungsfunktion „dient“ oder „dienen kann“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom
01.09.1989 - 4 B 99.89 - juris; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Band 5, a.a.O., § 11
BauNVO Rdnr. 92). Weiter ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts bei
der erforderlichen Prognose über die Ausstrahlung des Unternehmens auf
Nachbargemeinden eine sachkundige Analyse der Marktverhältnisse notwendig,
die sich nicht auf eine bloße Berechnung der Differenz des voraussichtlichen
Umsatzes des Unternehmens und des Umsatzes aus der Nachbargemeinde
beschränken darf. Erforderlich ist eine genaue Analyse im Hinblick auf Lage,
Umfang und Zweckbestimmung des Unternehmens (vgl. BVerwG, Beschluss vom
01.09.1989 - 4 B 99.89 - a.a.O.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 11 Rdnr. 92).
Zwar enthält sowohl die Bauvoranfrage als auch die Klageschrift der Klägerin vom
11. August 2005 Marktangaben und Einschätzungen hinsichtlich der besonderen
Lage des Baugrundstücks bezogen auf überörtliche Verbraucherströme. Bei
diesen Angaben handelt es sich jedoch nicht um eine sachkundige Marktanalyse,
auch konnte nicht allein aufgrund der Lage des Baugrundstücks ohne Weiteres
ausgeschlossen werden, dass dieses überörtliche Verbraucherströme beeinflussen
wird. Dies belegt auch gerade das von der Klägerin am 8. November 2007
eingereichte Markt- und Verträglichkeitsgutachten der CIMA GmbH, nach dem in
einer „10-Minuten-Fahrzeitzone“ vom Planstandort aus überschlägig ein
Bevölkerungspotenzial von ca. 240.000 Einwohnern ermittelt worden ist, wobei auf
die Gebiete außerhalb der Stadt Frankfurt ca. 73.000 Einwohner bzw. ca. 30 %
entfallen (S. 22 des Gutachten, Bl. 241 GA). Das Marktgutachten selbst wurde von
der Klägerin jedoch erst am 8. November 2007 zu den Gerichtsakten gereicht (vgl.
Bl. 219 ff. GA), mithin zu einem Zeitpunkt, in dem bereits der am 9. November
2005 erlassene Zurückstellungsbescheid die Versagung des positiven
Bauvorbescheids ersetzt hatte und die am 15. Dezember 2005 beschlossene
Veränderungssperre, bekannt gemacht am 27. Dezember 2005, in Kraft getreten
war. Die Klägerin ist zutreffend mit Bescheid vom 28. Juli 2004 darauf hingewiesen
worden, dass der Nachweis, das Vorhaben eines SB-Warenhauses diene nicht
vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung, unzureichend ist.
Gleiches hat für den Nachweis einer ausreichenden verkehrlichen Erschließung zu
gelten. Bei den von der Klägerin prognostizierten 5.580 zusätzlichen
Fahrzeugbewegungen pro Tag kann nicht als fehlerhaft angesehen werden, dass
die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juli 2004 beanstandet hat, für das beantragte
Vorhaben sei die gesicherte Erschließung nicht nachgewiesen. Die Beklagte hat
dabei ausgeführt, die verkehrliche Situation des Planbereichs werde für die
beantragte Maßnahme negativ beurteilt, der Nachweis der Kapazität des
Straßennetzes für den vorhabenbezogenen Erschließungsbedarf sei nicht erbracht
worden, was sich auch aus der Stellungnahme des Stadtplanungsamtes ergebe.
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worden, was sich auch aus der Stellungnahme des Stadtplanungsamtes ergebe.
Der von der Klägerin angestrengte Vergleich mit dem im Plangebiet erfolgten
Andienungsverkehr zu der Ausstellung „Körperwelten“ könne mit dem
beantragten Bauvorhaben nicht gleichgesetzt werden, da die Ausstellung
„Körperwelten“ als Sonderbau nur mit erheblichen Auflagen zur Abwicklung des
erhöhten Verkehrsaufkommens (Pendelbusverkehr, Vorbehalt der Anordnung
zusätzlicher Pendelbusangebote) genehmigt worden sei (vgl. Bl. 118 GA). Dass
das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 8. November 2007 eingereichte
Verkehrsgutachten (Bl. 243 GA) letztendlich zu dem Ergebnis kommt, aus
verkehrlicher Sicht bestünden keine Gründe, die eine Ansiedlung des SB-
Warenhauses ausschlössen, steht dem nicht entgegen. Erst mit Vorlage des
Markt- sowie des Verkehrsgutachtens ist das Bauvorhaben der Klägerin prüffähig
gemacht worden, vor der Vorlage dieser Gutachten hat ein Anspruch auf Erteilung
eines positiven Bauvorbescheides nicht bestanden. Über den Zeitraum vom 14.
November 2008 bis zum 22. Dezember 2008 stand der Klägerin mithin ein
Anspruch auf Feststellung, dass der Bauvorbescheid positiv hätte beschieden
werden müssen, nicht zu.
Über den weiter hilfsweise gestellten Antrag festzustellen, dass die Ablehnung des
Bauvorbescheides mit Bescheid vom 28. Juli 2004 rechtswidrig gewesen ist,
musste aufgrund der Tatsache, dass dem Hilfsantrag teilweise stattgegeben
worden ist, nicht entschieden werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO
entsprechend.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO
liegen nicht vor. Der durch die Besonderheiten des Einzelfalles geprägte
Rechtsstreit entzieht sich nach Auffassung des Senats einem
rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.