Urteil des HessVGH vom 07.05.1997
VGH Kassel: gebühr, amtshandlung, vorprüfung, rücknahme, landwirtschaft, untätigkeitsklage, naturschutz, gemeinde, architekt, gestaltung
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 UE 4142/95
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 4 Abs 2 VwKostG HE
(Bauaufsichtsgebühr: Erhebung einer "Rücknahmegebühr")
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen die Festsetzung einer
Bauaufsichtsgebühr.
Mit Bauantrag vom 19. August 1991, der am 5. September 1991 beim Bauamt
des beklagten Kreises einging und hier das Aktenzeichen BA-1075/91 erhielt,
beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines
Wohn- und Geschäftshauses mit fünf Wohn- und zwei Büroeinheiten, Tiefgarage
und PKW-Einstellplätzen auf dem Grundstück Gemarkung N , Flur Flurstück 211 in
der Gemeinde N . Nachdem die Vorprüfung ergeben hatte, daß bei der
gewünschten Beurteilung des Bauvorhabens nach der Fassung der Hessischen
Bauordnung von 1977 der erforderliche Lichteinfallwinkel zu den
Nachbargrundstücken unterschritten werde, legte die Klägerin am 14. Januar 1992
eine Planung mit veränderter Fassadengestaltung vor. Mit Rücksicht darauf wurde
ein bereits vorbereiteter Ablehnungsbescheid gleichen Datums nicht erlassen. Mit
Schreiben vom 21. Januar 1992 kündigte der Architekt der Klägerin eine erneute
Umplanung mit Änderungen bei der Anordnung des Dachfirstes und der
Gestaltung des Dachgeschosses an, um so die Genehmigungsfähigkeit des
Bauvorhabens auch ohne Eintragung einer Baulast auf der Nachbarparzelle 212/3
wegen nicht ausreichenden Lichteinfallwinkels zu erreichen. Entsprechend
geänderte Planunterlagen gingen am 6. Februar 1992 beim Kreisbauamt ein.
Aufgrund des Ergebnisses der sich daran anschließenden Vorprüfung wurden -
ausweislich eines Vermerks des Sachbearbeiters - dem Architekten der Klägerin
am 5. März 1992 "2 Satz Planunterlagen zwecks Umplanung" ausgehändigt. Am 9.
April 1992 legte der Architekt die Antragsunterlagen unter dem alten Datum mit
den auf das umgeplante Bauvorhaben bezogenen Angaben und Zeichnungen
wieder vor. In dem Formblatt "Baubeschreibung allgemein" nach § 4 der
Bauvorlagenverordnung waren zur Kennzeichnung des Bauvorhabens nicht mehr
fünf, sondern nur noch "drei Wohneinheiten" - bei im übrigen unverändertem Text -
angegeben. Für diesen Eingang legte das Bauamt in Befolgung einer "Anweisung"
vom 7. April 1992 eine neue Bauakte mit der neuen Bauantragsnummer BA-
0565/92 an. Mit hausinterner Verfügung vom 6. April 1992 war zuvor beanstandet
worden, daß in dem Baugenehmigungsverfahren der Klägerin der vorbereitete
Ablehnungsbescheid vom 14. Januar 1992 entgegen einer Weisung des Landrats
des Beklagten nicht übersandt worden sei. Die "Grundregel" müsse sein, daß ein
nicht genehmigungsfähiger Bauantrag abgelehnt werde. Gelegenheit zur
Überarbeitung der Pläne dürfe nur dann gegeben werden, wenn sich die
Genehmigungsfähigkeit durch geringfügige Änderungen herstellen lasse.
Andernfalls sei das Bauvorhaben abzulehnen und dem Antragsteller die Vorlage
eines neuen Bauantrags anheimzustellen.
Mit Bescheid vom 22. Februar 1993 erteilte der Beklagte der Klägerin für das
Bauvorhaben in der Fassung der am 9. April 1992 eingegangenen
Antragsunterlagen die Baugenehmigung, wobei als "Gebühren" eine Grundgebühr
in Höhe von 8.445,-- DM sowie Auslagen in Höhe von 5,-- DM festgesetzt wurden.
Den am 5. September 1991 eingegangenen Bauantrag in der Fassung der am 14.
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Den am 5. September 1991 eingegangenen Bauantrag in der Fassung der am 14.
Januar 1992 vorgelegten "Umplanung" lehnte der Beklagte dagegen bereits mit
Bescheid vom 12. Juni 1992 mit der Begründung ab, daß das Bauvorhaben in
dieser Form nicht genehmigungsfähig sei, weil auf einer Seite des Baugrundstücks
der erforderliche Lichteinfallwinkel zum Nachbargrundstück nicht eingehalten
werde. Als Gebühren sind in dem Ablehnungsbescheid eine Grundgebühr in Höhe
von 3.787,50 DM sowie Auslagen in Höhe von 5,-- DM festgesetzt. Die Höhe der
Grundgebühr ist unter Hinweis auf die Bauaufsichtsgebührensatzung des
Beklagten vom 5. September 1993 und das zugehörige Gebührenverzeichnis wie
folgt aufgeschlüsselt:
3215 cbm umbauter Raum x 157,-- DM/Rohbaukosten = Rohbausumme (RBS)
504.755,-- DM x 15,-- DM je angefangene 1000 DM RBS = 7.575,-- DM, davon
gemäß Abschnitt II. 5.1 1/2 der Gebühr DM 3.787,50
Die Klägerin erhob gegen den vorgenannten Ablehnungsbescheid am 13. Juli 1992
Widerspruch. Mit ihm machte sie geltend, daß das ursprüngliche Bauvorhaben in
Absprache mit dem Sachbearbeiter des Bauamts mehrfach "umgeplant" worden
sei, um die im Rahmen der Vorprüfung jeweils geäußerten Bedenken des Bauamts
gegen die Genehmigungsfähigkeit auszuräumen. Der auf einen früheren
Planungsstand des Bauvorhabens bezogene Ablehnungsbescheid sei unter diesen
Umständen nicht gerechtfertigt.
Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens wies der Regierungspräsident in
Darmstadt den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1993,
der den Bevollmächtigten der Klägerin am 7. Dezember 1993 zugestellt wurde,
zurück. In der Begründung heißt es, daß der gegen die Ablehnung des Bauantrags
vom 19. August 1991 in der Fassung der Umplanung vom 14. Januar 1992
gerichtete Widerspruch unzulässig sei, da nach Erteilung der Baugenehmigung für
das erneut modifizierte Bauvorhaben durch Bescheid des Beklagten vom 22.
Februar 1993 und nach Aufnahme der Bauarbeiten zur Ausführung dieses
Bauvorhabens ein Rechtsschutzbedürfnis für die Weiterverfolgung des
Widerspruchs gegen den Ablehnungsbescheid nicht mehr bestehe. Soweit sich der
Widerspruch auch gegen die Gebührenfestsetzung in diesem Bescheid richte,
müsse hierüber der Beklagte selbst entscheiden, denn dieser sei in einer
Selbstverwaltungsangelegenheit, als welche sich die Erhebung von
Bauaufsichtsgebühren darstelle, zuständige Widerspruchsbehörde.
Der Beklagte, an den der Widerspruchsvorgang zur weiteren Bearbeitung
zurückgegeben wurde, hat bislang keine Widerspruchsentscheidung getroffen.
Die Klägerin erhob am 6. Januar 1994 beim Verwaltungsgericht Wiesbaden Klage.
Im Klageverfahren stellte sie auf Anfrage des Gerichts klar, daß sich die Klage
sowohl gegen die Gebührenfestsetzung als auch gegen die Ablehnung des
Bauantrags im Bescheid vom 12. Juni 1992 richte. Das Verwaltungsgericht teilte
daraufhin durch Trennungsbeschluß vom 7. April 1994 der Klage gegen die
Gebührenfestsetzung das neue Aktenzeichen 3/V E 258/94 zu.
Zur Begründung ihres Rechtsmittels gegen die Gebührenfestsetzung trug die
Klägerin vor: Die Klage sei für den Fall, daß über den Widerspruch gegen die
Gebührenfestsetzung noch nicht entschieden sei, als Untätigkeitsklage zulässig.
Diese Klage sei auch begründet, denn es habe kein Anlaß dafür bestanden, den
Bauantrag in der Fassung eines früheren Planungsstandes abzulehnen. Nach den
Absprachen mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Bauamts hätten die Pläne
im laufenden Baugenehmigungsverfahren ausgetauscht werden können und sei
das Bauvorhaben auf der Grundlage der neuen Planung zu beurteilen gewesen.
Die anderslautende Weisung des Landrats des Beklagten sei rechtswidrig. Für die
auf diese Weisung zurückgehende - rechtswidrige - Ablehnungsentscheidung
könne keine Gebühr verlangt werden.
Die Klägerin beantragte sinngemäß,
die streitige Gebührenfestsetzung im Ablehnungsbescheid vom 12. Juni 1992
aufzuheben.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Er vertrat die Auffassung, daß auf der Grundlage seiner
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Er vertrat die Auffassung, daß auf der Grundlage seiner
Bauaufsichtsgebührensatzung eine Ablehnungsgebühr habe festgesetzt werden
dürfen.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 1995
nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ab. In den Entscheidungsgründen ist
ausgeführt: Die Klage sei zulässig, obwohl über den Widerspruch der Klägerin
gegen die Gebührenfestsetzung im Ablehnungsbescheid vom 12. Juni 1992 noch
nicht entschieden worden sei. Da sich nämlich der Beklagte sachlich auf die Klage
eingelassen habe, komme es - von der einschlägigen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ausgehend - auf die Erfüllung des Erfordernisses der
erfolglosen Durchführung des Vorverfahrens vor Erhebung der Klage nicht an. Die
Klage sei jedoch nicht begründet. Die angefochtene Gebührenfestsetzung finde
ihre Rechtsgrundlage im Hessischen Verwaltungskostengesetz vom 11. Juli 1972
(HVwKostG) in Verbindung mit der Verwaltungskostenordnung vom 16. Dezember
1991, dem Gebührenverzeichnis zum Hessischen Verwaltungskostengesetz vom
24. Juli 1972 und der Bauaufsichtsgebührensatzung des Beklagten vom 5.
September 1983. Die Prüfung des Bauantrags der Klägerin vom 19. August 1991
in der Fassung der Umplanung vom 14. Januar 1992 stelle eine eigenständige
gebührenpflichtige Amtshandlung dar. Es handele sich bei diesem Vorgang nicht
lediglich um den unselbständigen Teil einer erst durch die Baugenehmigung vom
22. März 1993 abgeschlossenen umfassenderen Amtshandlung, die durch die mit
der späteren Baugenehmigung festgesetzten Gebühr abgegolten worden sei. Mit
der zur Einreichung geänderter Antragsunterlagen am 9. April 1992 führenden
Umplanung sei der ursprüngliche Bauantrag so wesentlich abgeändert worden,
daß ein neuer - mit dem bisherigen Bauvorhaben nicht mehr identischer -
Bauantrag vorgelegen habe. Davon abweichende Absprachen mit dem
zuständigen Sachbearbeiter könnten daran nichts ändern. Ob die Gebührenpflicht
für den alten Bauantrag tatsächlich durch Antragsablehnung oder aber durch eine
in der Wiederaushändigung der Bauantragsunterlagen zum Ausdruck kommende
Antragsrücknahme ausgelöst worden sei, könne letztlich dahinstehen. In Abschnitt
II 5.1 der Bauaufsichtsgebührensatzung des Beklagten wie auch in § 4 Abs. 2
HVwKostG werde nämlich an beide Tatbestände die jeweils gleiche Gebührenfolge
geknüpft. Gegen die Höhe der auf dieser Grundlage festgesetzten Gebühr
bestünden ebenfalls keine Bedenken. Der Beklagte habe sich gemäß der
dargelegten Berechnung an der Rohbausumme von 504.755,-- DM orientiert, die
sich bei einem umbauten Raum von 3.215 cbm und durchschnittlichen
Rohbaukosten in Höhe von 157,-- DM je cbm gemäß Erlaß des Hessischen
Ministers für Landentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz
vom 14. Juni 1991 ergebe. Die berechtigte Zugrundelegung eines Gebührensatzes
von 15,-- DM je angefangenen 1000,-- DM dieser Rohbausumme gemäß Abschnitt
I 1.1 des Gebührenverzeichnisses zur Bauaufsichtsgebührensatzung führe zu einer
Gebühr von 7.575,-- DM. Nach Abschnitt II 5.1 des Gebührenverzeichnisses sei
diese Gebühr, gleichgültig, ob man den Bauantrag vom 19. August 1991 als
abgelehnt oder als zurückgenommen betrachte, auf die Hälfte, somit auf 3.787,50
DM, zu ermäßigen. Hinzu kämen gemäß § 11 HVwKostG Auslagen in Höhe von 5,--
DM, so daß sich die Gesamtgebühr auf 3.792,50 DM belaufe.
Gegen diesen Gerichtsbescheid, der ihr in einer vom Verwaltungsgericht
berichtigten Fassung am 2. November 1995 zugestellt worden ist, hat die Klägerin
am 30. November 1995 Berufung eingelegt. Sie macht im Berufungsverfahren
geltend: Die schon als "Untätigkeitsklage" gemäß § 75 VwGO zulässige Klage
müsse Erfolg haben, denn für eine auf den Bauantrag vom 19. August 1991 in der
Fassung der Umplanung vom 14. Januar 1992 bezogene gesonderte
Gebührenfestsetzung neben der später erhobenen Gebühr für die Erteilung der
Baugenehmigung sei kein Raum gewesen. Die im Laufe des
Baugenehmigungsverfahrens vorgenommenen Umplanungen seien sämtlich mit
dem zuständigen Sachbearbeiter abgesprochen worden und hätten an der
Identität des zu beurteilenden Bauantrags nichts geändert. Der Sachbearbeiter
habe zu keinem Zeitpunkt erkennen lassen, daß der Bauantrag in der bisherigen
Fassung abzulehnen und die vorzulegende Umplanung dann als neuer Bauantrag
anzusehen sei. Die Zulassung von Änderungen im laufenden
Genehmigungsverfahren habe der ständigen Praxis des Bauaufsichtsamts
entsprochen. Mit der am 9. April 1992 vorgelegten Umplanung sei den Wünschen
und Vorstellungen des mit der Vorprüfung befaßten Sachbearbeiters vollständig
Rechnung getragen worden. Das Bauaufsichtsamt habe hierauf ohne weitere
Veränderungswünsche die Baugenehmigung erteilt. Eine auf die bisherige Planung
bezogene Ablehnung habe schon deshalb nicht erfolgen können, weil diese
Planung überholt und damit nicht mehr Gegenstand des Bauantrags gewesen sei.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 26. Juni 1995
abzuändern und die Gebührenfestsetzung im Ablehnungsbescheid vom 12. Juni
1992 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt unter Hinweis auf sein bisheriges Vorbringen und die
Darlegungen des Verwaltungsgerichts in dem angefochtenen Gerichtsbescheid,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte und der zum Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge (2
Bände Bauakten, 1 Widerspruchsvorgang) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des von den
Beteiligten schriftlich erklärten Einverständnisses ohne mündliche Verhandlung
entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet. Das
Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist -
zwar nicht aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen, sondern schon
nach § 75 VwGO als "Untätigkeitsklage" - zulässig, kann aber in der Sache keinen
Erfolg haben, denn die angefochtene Gebührenfestsetzung ist rechtlich nicht zu
beanstanden.
Die Befugnis des Beklagten zur Erhebung bauaufsichtlicher Gebühren ergibt sich
aus dem Hessischen Verwaltungskostengesetz, das hier in der zuletzt durch das
2. Gesetz zur Änderung des Hessischen Wassergesetzes vom 29. November
1989, GVBl. I S. 404, geänderten Fassung vom 11. Juli 1972, GVBl. I S. 235 (im
folgenden: HVwKostG a.F.) anzuwenden ist. Auf die ab 1. Februar 1995 geltende
Neufassung des Hessischen Verwaltungskostengesetzes gemäß Art. 4 des
Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrens- und kostenrechtlicher Vorschriften
vom 1. Dezember 1994, GVBl. I S. 677, und der auf Art. 6 Abs. 2 dieses Gesetzes
beruhenden Neubekanntmachung vom 3. Januar 1995, GVBl. I S. 2, ist noch nicht
abzustellen, denn der zugrundegelegte Gebührentatbestand fällt in die Zeit vor
Inkrafttreten dieser Neufassung. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 HVwKostG in der Fassung
von 1989 erheben Behörden des Landes "für Amtshandlungen, 1.) die sie auf
Veranlassung oder überwiegend im Interesse einzelner vornehmen, oder 2.) die in
einer besonderen Rechtsvorschrift für kostenpflichtig erklärt werden, Kosten
(Gebühren und Auslagen) nach diesem Gesetz und den
Verwaltungskostenordnungen nach § 21". Das Gesetz gilt nach § 1 Abs. 1a "auch
für Gemeinden und Gemeindeverbände, soweit sie Aufgaben zur Erfüllung nach
Weisung wahrnehmen". Der Beklagte war bei der Prüfung und Entscheidung über
den Bauantrag der Klägerin vom 19. August 1991 als Bauaufsichtsbehörde tätig,
also in einer Weisungsangelegenheit nach § 81 Abs. 2 der Hessischen Bauordnung
(HBO). Als "Verwaltungskostenordnung" galt hinsichtlich der Gebühren und
Auslagen für die Tätigkeit der Bauaufsichtsbehörden bis zur Aufhebung der
einschlägigen Kostennummern durch § 3 der Verwaltungskostenordnung für den
Geschäftsbereich des Ministers für Landentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft,
Forsten und Naturschutz vom 28. Oktober 1992, GVBl. I S. 477, das
Gebührenverzeichnis zum Hessischen Verwaltungskostengesetz vom 24. Juli 1972,
GVBl. I S. 263, welches durch Art. 2 des Änderungsgesetzes vom 6. Februar 1974
zum Hessischen Verwaltungskostengesetz, GVBl. I S. 104, zu einer
"Gebührenordnung gemäß § 21 des Hessischen Verwaltungskostengesetzes"
erklärt worden ist. Die Gebühren für die Tätigkeit der Bauaufsichtsbehörden finden
sich in den laufenden Nummern 11 und 12 dieses Verzeichnisses. Nach § 1 Abs. 4
HVwKostG a.F. können die Landkreise und diejenigen kreisfreien Städte und
kreisangehörigen Gemeinden, denen die Bauaufsicht übertragen ist, durch
Satzung die Bauaufsichtsgebühren nach ihrem Verwaltungsaufwand festlegen und
dabei von der Gebührenordnung nach § 21 abweichen. Eine solche Satzung mit
Festlegung abweichender Gebühren ist die Bauaufsichtsgebührensatzung des
Beklagten vom 5. September 1983 (im folgenden: BAGebS), die durch Verfügung
des Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 28. September 1983
aufsichtsbehördlich genehmigt worden und am 1. Oktober 1983 in Kraft getreten
ist.
Der Beklagte stützt die Erhebung der im vorliegenden Fall streitigen
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Der Beklagte stützt die Erhebung der im vorliegenden Fall streitigen
Bauaufsichtsgebühr auf die Ablehnung des Bauantrags der Klägerin vom 19.
August 1991 in der Fassung der am 14. Januar 1992 vorgelegten Umplanung. Eine
gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HVwKostG a.F. auf Veranlassung des Bauherrn oder in
seinem Interesse vorgenommene Amtshandlung könnte darin nur dann gesehen
werden, wenn der Bauantrag in der fraglichen Fassung überhaupt noch zu
bescheiden war. Das aber ist nicht der Fall. Die Klägerin hatte aufgrund der
fortbestehenden Bedenken des Bauaufsichtsamts wegen des Lichteinfallwinkels
auf zumindest einer Seite des geplanten Baukörpers schon am 6. Februar 1992
geänderte Planunterlagen vorgelegt und schließlich am 9. April 1992 die
zwischenzeitlich zurückgegebenen Bauantragsunterlagen mit den auf das
umgeplante Vorhaben bezogenen Angaben und Zeichnungen erneut eingereicht.
Mit dieser Umplanung, die eine andere Anordnung des Dachfirstes zum
Gegenstand hatte und sich damit vor allem auf die bauliche Gestaltung und
Nutzung des Dachgeschosses auswirkte, war die Klägerin zu einer schon früher
verfolgten - von ihr an sich bevorzugten - baulichen Konzeption zurückgekehrt,
nachdem die zu beteiligende Gemeinde ihre ursprünglichen Bedenken hiergegen
hatte fallen lassen. Daß die Klägerin trotz der vorgenannten Umplanung auch noch
an dem Bauantrag in der Fassung vom 14. Januar 1992 hätte festhalten wollen
und - auch - hierzu eine Bescheidung durch den Beklagten begehrt hätte, läßt sich
unter den gegebenen Umständen nicht annehmen. Die Ablehnung des
Bauantrags in der genannten früheren Fassung erweist sich somit als eine durch
den aktuellen Bauantrag nicht veranlaßte, überflüssige Entscheidung, die keinen
tauglichen Anknüpfungspunkt für die Erhebung einer Bauaufsichtsgebühr zu liefern
vermag.
Die Tatsache, daß die streitige Bauaufsichtsgebühr als "Ablehnungsgebühr" keinen
Bestand haben kann, hindert freilich nicht ihre Aufrechterhaltung als
"Rücknahmegebühr". In der Ersetzung des dem Planungsstand vom 14. Januar
1992 entsprechenden Bauvorhabens durch eine neuerliche Umplanung ist die
Rücknahme des bisherigen Bauantrags, verbunden mit der Stellung eines neuen
Bauantrags, zu sehen. Für eine solche Rücknahme fällt gemäß § 4 Abs. 2
HVwKostG eine Gebühr in der gleichen ermäßigten Höhe an wie im Falle der
Ablehnung eines Bauantrags.
Die Klägerin meint, sie habe mit der erneuten Änderung des Bauvorhabens keinen
neuen - eigenständigen - Bauantrag gestellt, sondern den bisherigen Bauantrag
lediglich modifiziert, um in Abstimmung mit dem zuständigen Sachbearbeiter des
Bauaufsichtsamts Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit auszuräumen.
Dem kann nicht gefolgt werden. Die Umplanung vom 6. Februar/9. April 1992
führte zu wesentlichen Änderungen im Bereich des Dachgeschosses und
reduzierte die Zahl der selbständigen Wohneinheiten von bislang fünf auf drei
verbleibende Einheiten. Von nur geringfügigen Korrekturen kann unter diesen
Umständen nicht die Rede sein. Dies ist der Klägerin auch im Verlauf des
Baugenehmigungsverfahrens vor Augen geführt worden, denn sie hat in dem auf
die Umplanung bezogenen Vorprüfungsverfahren "zwei Satz Planunterlagen
zwecks Umplanung" ausgehändigt erhalten und sodann die kompletten
Bauantragsunterlagen mit den auf das geänderte Vorhaben bezogenen Angaben
wieder vorgelegt. Aus dem bisherigen Verfahrensablauf konnte die Klägerin kein
schützenswertes Vertrauen darauf herleiten, daß auch die Umplanung vom 6.
Februar/9. April 1992 die Identität des Bauantrags unberührt lassen werde. Die mit
dieser Umplanung verbundenen Änderungen überstiegen sowohl in quantitativer
als auch in qualitativer Hinsicht deutlich den Umfang der zuvor vorgenommenen
Änderung, die vom Bauaufsichtsamt noch dem ursprünglichen Bauantrag
zugeordnet worden war. Im übrigen hätte eine bislang zu großzügige Beurteilung
der Identität des Bauantrags das Bauaufsichtsamt nicht dahingehend binden
können, auch bei künftigen Planänderungen ähnlich großzügig zu verfahren. Für
eine solche Bindung war um so weniger Raum, als zwischenzeitlich die
behördeninterne Weisung ergangen war, künftig strengere Maßstäbe anzulegen.
Dem Verständnis und der Aufrechterhaltung der im Ablehnungsbescheid vom 12.
Juni 1992 festgesetzten Gebühr als "Rücknahmegebühr" steht auch nicht
entgegen, daß dadurch die Gebührenfestsetzung einen grundsätzlich anderen
Regelungsgegenstand und folglich einen anderen Aussagegehalt erhielte. Der
Bezugspunkt dieser Festsetzung darf nicht auf die Ablehnungsentscheidung als
solche verengt werden. Die zum Anknüpfungspunkt der Festsetzung der
Bauaufsichtsgebühr genommene Amtshandlung ist bei richtigem Verständnis die
gesamte von der Bauaufsichtsbehörde entfaltete Tätigkeit aus Anlaß des
Bauantrags. Diese Tätigkeit kann bestimmungsgemäß in einer Entscheidung über
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Bauantrags. Diese Tätigkeit kann bestimmungsgemäß in einer Entscheidung über
den Antrag - Erteilung der Baugenehmigung oder Antragsablehnung - enden. Sie
kann ihren Abschluß aber auch dadurch finden, daß der Antragsteller seinen
Bauantrag zurücknimmt, nachdem mit der sachlichen Bearbeitung begonnen
worden ist. Auch in dem letztgenannten Fall wird die Gebühr für die durch den
Bauantrag in Gang gesetzte Tätigkeit der Bauaufsichtsbehörde als
"Amtshandlung" erhoben. Angesichts der bis zum jeweiligen Abschluß
bestehenden "Deckungsgleichheit" der von der Verwaltung erbrachten Leistung
stellt es lediglich einen Austausch der Begründung dar, wenn eine als
"Ablehnungsgebühr" erhobene Bauaufsichtsgebühr nachträglich auf die vorherige
Rücknahme des Bauantrags gestützt wird.
Die Aufrechterhaltung der im Bescheid vom 12. Juni 1992 festgesetzten
Bauaufsichtsgebühr als "Rücknahmegebühr" scheitert auch nicht an den
Anforderungen, die § 12 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 HVwKostG a.F. an den
Inhalt der Kostenentscheidung stellt. Die Kostenentscheidung des Beklagten weist
auch dann den notwendigen Inhalt auf, wenn sie nicht auf eine Antragsablehnung,
sondern auf eine Rücknahme des Bauantrags bezogen wird. Aus ihr ergibt sich mit
hinreichender Deutlichkeit, daß die kostenpflichtige Amtshandlung (§ 12 Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 HVwKostG) die Bearbeitung des ursprünglichen Bauantrags i.d.F. vom
14. Januar 1992 sein soll. Rechtsgrundlage und Berechnung sind ausreichend
dargelegt und lassen sich aufgrund der einheitlichen Regelung für "Ablehnungen
und Zurücknahmen" in Abschnitt II Ziff. 5.1 des Gebührenverzeichnisses zur
Bauaufsichtgebührensatzung des Beklagten ohne Schwierigkeit auf den
(Beendigungs-) Tatbestand der Antragsrücknahme übertragen.
Die Gebühr ist auch richtig berechnet. Nach der vorgenannten Regelung im
Gebührenverzeichnis werden als "Gebühren bei Ablehnungen oder Zurücknahmen"
eines Bauantrages "die Hälfte der Gebühr zu I 1 bis 4" erhoben. Die Ermäßigung
auf die Hälfte setzt sich nur scheinbar in Widerspruch zur Regelung in § 4 Abs. 2
HVwKostG a.F., wonach sich im Falle der Antragsrücknahme oder einer
Antragsablehnung aus anderen Gründen, als wegen Zuständigkeit "die
vorgesehene Gebühr um ein Viertel" ermäßigt. Die Unterschiedlichkeit bei der
Bezeichnung des Bruchteils der jeweiligen Ermäßigung ist eine Folge des
unterschiedlichen Bezugspunkts der beiden Regelungen. § 4 Abs. 2 HVwKostG
bezieht die Ermäßigung auf die in Nr. 11 Abschn. I Nr. 1 und 2 des
Gebührenverzeichnisses zum Hessischen Verwaltungskostengesetz festgelegte
"Gesamtgebühr" für Baugenehmigung und Bauüberwachung. Bezugspunkt der
Ermäßigungsregelung im Gebührenverzeichnis zur Bauaufsichtsgebührensatzung
des Beklagten ist demgegenüber die "Einzelgebühr" für die Baugenehmigung. Der
Ermäßigung dieser Einzelgebühr um die Hälfte entspricht bei der doppelt so hohen
"Gesamtgebühr" für Baugenehmigung und Bauüberwachung deren Ermäßigung
"um ein Viertel". Der Beklagte hat als Genehmigungsgebühr auf der Grundlage
einer nach Maßgabe des Erlasses des Hessischen Ministers für Landentwicklung,
Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz vom 14. Juni 1991 ermittelten
Rohbausumme in Höhe von 504.755,-- DM und eines Gebührensatzes von 15.,--
DM je angefangene 1.000,-- DM dieser Rohbausumme (Abschnitt I Ziff. 1.1 des
Gebührenverzeichnisses) zutreffend eine Gebühr von 7.575,-- DM ermittelt. Die
auf die Hälfte dieser Gebühr ermäßigte Rücknahmegebühr beläuft sich demnach
auf 3.787,50 DM. Die Hinzurechnung der angefallenen Auslagen in Höhe von 5,--
DM gemäß § 11 HVwKostG führt - wie im Bescheid festgesetzt - zu Gesamtkosten
in Höhe von 3.792,50 DM.
Die Berufung der Klägerin ist nach allem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2
VwGO zurückzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit im
Kostenpunkt beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die
Zulassung der Revision (§ 132 VwGO) liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.