Urteil des HessVGH vom 17.04.1991

VGH Kassel: dienstplan, mehrarbeit, dienstliche anordnung, bpv, beschwerdefrist, form, wochenende, anerkennung, rechtsmittelbelehrung, freizeit

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Gericht:
Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Fachsenat für
Bundespersonalvertretungssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
BPV TK 3176/90
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
BPersVG, § 75
Abs 4 BPersVG
(Personalvertretung: Anordnung von Mehrarbeit und
Überstunden)
Tatbestand
Beim Fernmeldeamt ... F besteht die Abteilung Satellitenfunk (SatFu), die etwa 80
Beschäftigte umfaßt, darunter 14 Betriebskräfte (Fernmeldehandwerker). Die
letzteren haben u.a. mittels mobilen Einsatzes von Übertragungsfahrzeugen die
Funk- und Fernsehübertragungen über Satellit zu gewährleisten. Dabei fällt oftmals
auch Wochenendarbeit an.
Für die Abteilung Satellitenfunk wurde wegen der Kürzung der Wochenarbeitszeit
auf 39 Stunden zum 1.4.1989 mit Zustimmung des Antragstellers ein neuer
Dienstplan eingeführt, der eine Arbeitszeit von 7.00 bis 15.30 Uhr von montags bis
donnerstags und von 7.00 bis 14.30 Uhr am Freitag sowie eine halbstündige Pause
vorsieht. Er enthält den Zusatz "Fiktiver Dienstplan gemäß ArbZeitRegl, Abschnitt
2.2.1.2".
Die in Bezug genommenen Arbeitszeitregelungen bestimmen in Abschnitt 2.2.1.2
unter der Überschrift "Überarbeitszeit in besonderen Fällen bei durchschnittlichen
Arbeitszeiten in Kräftegruppen mit fiktiven Dienstplänen":
"Fiktive Dienstpläne liegen dann vor, wenn sich die dort festgehaltenen
Arbeitszeiten aufgrund außerbetrieblicher Anforderungen immer wieder verändern.
... In diesen Fällen ist die in einer Kalenderwoche tatsächlich erbrachte Arbeitszeit
der wöchentlichen dienstplanmäßigen Arbeitszeit gegenüberzustellen, eine sich
dabei ergebende Überschreitung ist als Überzeitarbeit anzuerkennen (bei
Unterschreitung s. unter 3.3.5)."
Der Abschnitt 3.3.5 enthält folgende Regelung:
"Werden Kräfte nach fiktiven Dienstplänen im Sinne der Ziffer 2.2.1.2
eingesetzt, so sind die an der Wochenarbeitszeit von 39 Stunden in einer
Kalenderwoche fehlenden Arbeitsstunden wie Freizeitausgleich zu werten, sofern in
entsprechendem Umfang vorhergehende Überzeitarbeit auszugleichen ist."
Im Rahmen eines am 8.9.1989 in Umlauf gebrachten Informationsschreibens
wurde den Betriebskräften der Abteilung SatFu mitgeteilt, daß anfallende
Wochenendarbeit grundsätzlich im Vorgriff durch Freistellung in der laufenden
Woche abgegolten werden solle. Der Antragsteller forderte hierauf mit Schreiben
vom 15.9.1989 die Einhaltung des Mitbestimmungsrechts nach § 75 Abs. 3 Nr. 1
BPersVG auch bei derartigen Freistellungen. Mit Informationsschreiben vom
29.9.1989 zog der Beteiligte das frühere Informationsschreiben zurück, wovon der
Antragsteller mit Schreiben vom 4.10.1989 benachrichtigt wurde.
Mit Schreiben vom 6.10.1989 rügte der Antragsteller konkrete Fälle, in denen
angefallene Wochenendarbeit einseitig als durch Freistellung abgegolten gewertet
und den betroffenen Beschäftigten dadurch der Überstundenzuschlag entzogen
worden sei, was gegen § 6 Abs. 4 TVArb und § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG verstoße.
Darauf teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit Schreiben vom 24.10.1989 mit,
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Darauf teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit Schreiben vom 24.10.1989 mit,
daß es innerhalb der Abteilung SatFu auf Grund außerbetrieblicher Anforderungen
immer wieder erforderlich sei, Dienstschichten auch an Samstagen und
Sonntagen anzusetzen. Um die grundsätzlich anzustrebende Zahl von 104
Ruhetagen in einem Jahr zu erreichen, würden in den Wochen, in denen
Dienstschichten an Samstagen bzw. Sonntagen erforderlich seien, Ruhetage
innerhalb der Woche (Montag bis Freitag) gewährt. Angestrebt werde, die
Wochenarbeitszeit auf 39 Stunden zu begrenzen. Werde darüber hinaus
Arbeitszeit erbracht, so werde diese als Überzeit anerkannt. Falle diese Mehrarbeit
auf einen Samstag oder Sonntag, würden Überstundenzuschläge berechnet. Für
eine grundsätzliche Anerkennung der Wochenendarbeit als Überzeitarbeit sehe
man keine Grundlage.
Werden Anforderungen für Satellitenfunk an den Wochenenden bekannt, wird nach
den Angaben des Beteiligten jeweils bei den Mitarbeitern der Abteilung SatFu
angefragt, wer bereit ist, diesen Dienst zu übernehmen. In Absprache und unter
Berücksichtigung der Wünsche dieser Mitarbeiter werden dann im Vorgriff auf die
zu erwartenden Einsatzzeiten am Wochenende Freistellungen an den
vorangehenden Wochentagen von Montag bis Freitag vorgenommen. Soweit eine
absprachegemäße Einteilung der Kräfte in Ermangelung freiwilliger Meldungen
nicht möglich ist, werden Mitarbeiter zur Wochenendarbeit durch dienstliche
Anordnung herangezogen.
Der Antragsteller hat am 17.1.1990 bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. das
personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet. Er hat vorgetragen:
Das Verhalten des Beteiligten verstoße gegen § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG. Auch
eine Änderung der Arbeitszeitlage durch Freistellungen der vorliegenden Art sei
mitbestimmungspflichtig. Ein kollektiver Tatbestand sei gegeben, denn es handele
sich nicht nur um eine einmalige oder gelegentliche Abweichung von der im
Dienstplan grundsätzlich festgelegten Arbeitszeit. Ein Feststellungsinteresse
bezüglich des Mitbestimmungsrechts nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG sei bei dem
vorliegenden Sachverhalt zu bejahen.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß er gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG mitzubestimmen habe,
wenn in der Abteilung Satellitenfunk (SatFu) im Vorgriff auf an Samstagen und
Sonntagen anfallende Wochenendarbeit die Arbeitszeit an Wochentagen von
montags bis freitags geändert werde.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat erwidert: Die hier maßgeblichen Überzeitarbeitsregelungen seien vom
Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen nach Beteiligung des
Hauptpersonalrats erlassen und für den Beteiligten verbindlich. Darüber hinaus
müßten die Vorschriften der Arbeitszeitverordnung (AZV) und die
Arbeitszeitrichtlinien der Deutschen Bundespost für die Dienstplangestaltung
beachtet werden. Nach § 3 Abs. 1 AZV sei eine von § 1 abweichende Einteilung der
regelmäßigen Arbeitszeit (Mehr- oder Minderarbeit an einem Werktag oder in der
Woche) innerhalb von 3 Monaten auszugleichen. Die Arbeitszeitrichtlinien
bestimmten in Ziffer 2, daß Abweichungen von der Wochenarbeitszeit in den
einzelnen Wochen möglichst gering zu halten seien. Ergebe sich bei Vorliegen
eines fiktiven Dienstplanes mit einer regelmäßigen, gleichbleibenden
wöchentlichen Arbeitszeit die Notwendigkeit, am Wochenende Dienst zu leisten,
dann habe die Dienststelle bei Beachtung der vorstehenden Bestimmungen
Freizeit in entsprechendem Umfang in derselben Dienstplanwoche zu gewähren,
damit die wöchentliche Arbeitszeit nicht überschritten werde. -- Auf Grund der
Aufgabenstellung der Dienststelle werde die Verlegung von Arbeitszeit auf das
Wochenende des öftern nötig. Insoweit habe er -- der Beteiligte -- keinen
Ermessensspielraum. Bei der Entscheidung, an welchen Tagen in entsprechendem
Umfang Dienstschichten wegfielen, würden die Wünsche der Beschäftigten soweit
wie möglich berücksichtigt. -- Nach der rechtskräftigen Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts Münster vom 13.9.1989 -- CB 15/87 -- unterliege ein
fiktiver Dienstplan überhaupt nicht der Mitbestimmung. Die Forderung des
Antragstellers betreffe auch nicht die zeitliche Lage der Arbeitszeit, sondern ihren
Umfang und ihre Bewertung in dem Sinne, ob es sich um regelmäßige Arbeitszeit
oder Überzeitarbeit handele. Die Bewertung der Arbeitszeit unterliege ebenfalls
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oder Überzeitarbeit handele. Die Bewertung der Arbeitszeit unterliege ebenfalls
nicht der Mitbestimmung. Das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers sei zu
bezweifeln. Infolge der Einführung der 38,5-Stunden-Woche zum 1.4.1990 hätte
auch für die Abteilung SatFu ein neuer fiktiver Dienstplan erstellt werden müssen.
Das Mitbestimmungsverfahren sei derzeit bei der Oberpostdirektion anhängig. Der
zum 1.4.1989 eingeführte Dienstplan sei nach Absenkung der regelmäßigen
Arbeitszeit auf 38,5 Wochenstunden als erledigt anzusehen. Der Grund, weshalb
der Antragsteller dem neuen Dienstplan nicht zugestimmt habe, sei mit der hier
anstehenden Streitfrage identisch. Er wende sich auch dort gegen den Ausgleich
der Arbeitszeit in derselben Woche.
Das Verwaltungsgericht -- Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) --
hat den Antrag mit Beschluß vom 18.9.1990 abgelehnt und ausgeführt:
Der Antrag sei unzulässig. Für eine Prüfung der gestellten Rechtsfrage in einem
Beschlußverfahren bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da die dahinterstehenden
allgemeinen Rechtsfragen in der Rechtsprechung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs (Beschluß vom 27.4.1988 -- BPV TK 504/87 --) und des
Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß vom 1.6.1987 -- 6 P 8.85 --, ZBR 1987 S.
346) geklärt seien. Der Anordnung von Wochenenddiensten lägen hier jeweils
konkrete Anlässe, nämlich Einzelanforderungen von Rundfunkanstalten, zugrunde,
bei denen dem Beteiligten als Dienststellenleiter zur Erfüllung der gestellten
öffentlichen Aufgabe kein Regelungsspielraum verbleibe. Die in Rede stehenden,
die Wochenendarbeit betreffenden Anordnungen ließen auch jeglichen
umfassenden oder allgemeinen Regelungsgehalt vermissen. Sie richteten sich
jeweils an einzelne Beschäftigte. Zudem werde meist in Absprache festgelegt, wer
den jeweiligen Wochenenddienst erfüllen soll und wann die betroffenen
Beschäftigten im Vorgriff an den vorangehenden Arbeitstagen vom Dienst
freigestellt würden.
Gegen diesen dem Antragsteller am 8.10.1990 zugestellten Beschluß, der die
Rechtsmittelbelehrung enthält, daß gegen ihn innerhalb einer Frist von 2 Wochen
Beschwerde erhoben werden könne, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
100,-- DM übersteige, hat der Antragsteller mit anwaltlichem Schriftsatz vom
22.10.1990 bei dem Verwaltungsgericht Beschwerde erhoben, die dort am
24.10.1990 eingegangen ist. Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerdeschrift
nebst Akten dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof vorgelegt, wo sie am
5.11.1990 eingegangen sind. Der Antragsteller hat das Rechtsmittel mit
Schriftsatz vom 9.11.1990 -- eingegangen beim Hessischen
Verwaltungsgerichtshof am 15.11.1990 -- begründet und vorgetragen:
Die Entscheidung der Fachkammer gehe an der konkreten Streitfrage vorbei. Der
Beteiligte habe eine allgemeine Regelung des Inhalts erlassen, daß
Wochenendarbeitszeiten durch entsprechende Freizeitgewährung in der Vorwoche
ausgeglichen würden. Die Anordnung sei nicht einzelfallbezogen, sondern greife in
jedem Falle einer vorhersehbaren Wochenendarbeit für die Betriebskräfte der
Abteilung SatFu Platz. Er -- der Antragsteller -- wende sich deshalb nicht gegen
eine Arbeitszeitbestimmung, die lediglich einen einzelnen Beschäftigten betreffe.
Auch bei einem fiktiven Dienstplan müsse ein Freizeitausgleich nicht notwendig in
der Vorwoche gewährt werden; dies könne ebensogut in der Nachwoche
geschehen. Die Zustimmung zu einem fiktiven Dienstplan stelle dem Beteiligten
insoweit kein Freibrief aus. -- Selbst wenn dem Beteiligten bei den konkreten
Anlässen der Wochenenddienste hinsichtlich der Anordnung von Überzeitarbeit
kein Ermessen zustehe, so gelte dies nicht für die Frage des Freizeitausgleichs.
Die Richtlinien schrieben nicht vor, daß die Freizeit in der Vorwoche liegen müsse.
Der Beteiligte sei durch den außerbetrieblichen Anlaß ferner nicht auf eine
bestimmte Auswahl der in Frage kommenden Beschäftigten festgelegt. -- Der
Beteiligte sehe ein, daß die Zustimmung zu einem fiktiven Dienstplan nicht das
Recht umfaßt, die Modalitäten des Freizeitausgleichs eigenmächtig zu regeln. Er
sei mittlerweile in seinen Mitbestimmungsvorlagen dazu übergegangen, den
Dienstplan mit der Klarstellung zu versehen, daß Freizeitausgleich in der Vorwoche
gewährt werde. -- Da die Wochenenddienste nach der eigenen Darstellung des
Beteiligten voraussehbar seien, greife § 75 Abs. 4 BPersVG Platz.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses nach dem
erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Beteiligte beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und tritt unter Hinweis auf sein
erstinstanzliches Vorbringen dem Beschwerdevortrag entgegen.
Wegen des Sachverhalts und Streitstands im übrigen wird auf die zu den Akten
gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig; sie ist statthaft, in der gesetzlichen Form erhoben
und ordnungsgemäß begründet worden. Eine Beschwerdefrist hat nicht zu laufen
begonnen.
Gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG gelten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren in
personalvertretungsrechtlichen Streitigkeiten die Vorschriften des
Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlußverfahren entsprechend. Nach § 87
Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1 ArbGG beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Sie ist
eine Notfrist und beginnt nach § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 516 ZPO mit der
Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten erstinstanzlichen Entscheidung.
Nach § 87 Abs. 2 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG beginnt die Frist für ein
Rechtsmittel jedoch nur, wenn der Beteiligte über das Rechtsmittel und das
Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts sowie
die einzuhaltende Form und Frist schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung
unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsmittels
grundsätzlich innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig (§ 9
Abs. 5 Satz 4 ArbGG). Die hier vorliegende Rechtsmittelbelehrung ist unrichtig. Die
Beschwerdefrist beträgt -- wie oben dargelegt -- nicht zwei Wochen, sonden einen
Monat. Die Zulässigkeit der Beschwerde gegen eine personalvertretungsrechtliche
Hauptsacheentscheidung hängt auch nicht von einem Streitwert oder
Beschwerdewert ab. Die Jahresfrist ist gewahrt.
Da die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt worden ist, kommt auch dem
Umstand keine Bedeutung zu, daß der Antragsteller das Rechtsmittel entgegen §
87 Abs. 2 i.V. m. § 64 Abs. 6 und § 518 Abs. 1 ZPO nicht durch Einreichung der
Beschwerdeschrift beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof, sondern beim
erstinstanzlichen Gericht eingelegt hat. Zur Frage, ob Weiterleitung und
rechtzeitiger Eingang beim Beschwerdegericht die Frist gewahrt hätten (vgl.
insoweit Grunsky, 5. Aufl. 1987, RdNr. 11 zu § 87 ArbGG;
Germelmann/Matthes/Prütting, RdNr. 9 zu § 89 ArbGG), bedarf es daher keiner
Stellungnahme.
Die Beschwerde muß jedoch in der Sache selbst erfolglos bleiben. Zur Frage, ob
und inwieweit Arbeitszeitregelungen der Mitbestimmung des Personalrats
unterliegen, hat der Fachsenat zuletzt in seinem Beschluß vom 8.8.1990 -- BPV TK
667/90 -- ausgeführt:
"Nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche
oder tarifliche Regelung nicht besteht, über 'Beginn und Ende der täglichen
Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen
Wochentage' mitzubestimmen. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist
demnach allein die Verteilung der von den Beschäftigten nach gesetzlicher oder
tariflicher Vorschrift abzuleistenden Arbeitszeit auf die zur Verfügung stehenden
Arbeitstage und die Festlegung ihrer zeitlichen Lage am einzelnen Arbeitstag. Der
Personalrat hat damit zwar auch mitzubestimmen über die (sich aus der
Verteilung ergebende) Dauer der täglichen Arbeitszeit, er hat jedoch keinen Einfluß
auf den zeitlichen Umfang der dem einzelnen Beschäftigten obliegenden
wöchentlichen Arbeitsverpflichtung. Deren regelmäßige Dauer ergibt sich für die
Beamten aus § 72 Abs. 1 BBG in Verbindung mit den Vorschriften der Verordnung
über die Arbeitszeit der Bundesbeamten bzw. den entsprechenden
landesgesetzlichen Vorschriften, für Angestellte aus § 15 BAT und für
Lohnempfänger aus den jeweils für sie maßgebenden tarifvertraglichen
Regelungen (BVerwG, Beschluß vom 4.4.1985 -- 6 P 37.82 --, Buchholz 238.3 A §
75 BPersVG Nr. 39 = ZBR 1985 S. 283; Beschluß vom 20.7.1984 -- 6 P 16.83 --,
BVerwGE 70, 1 = Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 30 = Personalvertretung
1985 S. 71 = ZBR 1984 S. 379 = DVBl. 1984 S. 1228).
Es ist des weiteren in der Rechtsprechung unbestritten, daß arbeitszeitliche
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Es ist des weiteren in der Rechtsprechung unbestritten, daß arbeitszeitliche
Einzelfallregelungen nicht der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG
unterliegen. Von einer Arbeitszeitregelung im Sinne dieser Vorschrift kann nur
gesprochen werden, wenn sie generell, d.h. umfassend und allgemein ist, also alle
Beschäftigten einer Dienststelle oder bestimmte Beschäftigtengruppen, wie
beispielsweise Frauen und Jugendliche, betrifft (vgl. BVerwG, Beschluß vom
1.6.1987 -- 6 P 8.85 --, Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 48 unter Bezugnahme auf
die Beschlüsse vom 23.12.1982 -- 6 P 36.79 --, Buchholz 238.31 § 79 BaWü-
PersVG Nr. 2 = Personalvertretung 1983 S. 413 und vom 20.7.1984 -- 6 P 16.83 --,
a.a.O.). Dabei setzt sich das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluß vom
1.6.1987 ausdrücklich mit abweichenden Literaturmeinungen auseinander, die
dahin gehen, daß ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG auch
dann bestehe, wenn nur an einem Tag die Arbeitszeit anders geregelt werden solle
als sonst üblich und wenn die Festlegung nur für einen einzelnen Beschäftigten
Bedeutung habe (Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl. 1978, § 75 RdNr. 166, 234 und
235; ähnlich Altvater/Bacher/Sabottig/Schneider/Thiel, BPersVG, 2. Aufl. 1985, § 75
RdNr. 40). Das Bundesverwaltungsgericht lehnt diese Auffassung mit der
Begründung ab, daß sie den kollektiven Schutzauftrag des Personalrats verkenne.
Ihre Anerkennung würde praktisch zu einer Beteiligung des Personalrats bei der
Ausübung des Direktions- und Weisungsrechts im Einzelfall durch den
Dienststellenleiter führen.
Nicht anders ist die rechtliche Situation bei der Mehrarbeit und den
Überstunden (Überzeitarbeit). Teil der dem Einfluß der Personalvertretung
entzogenen, sich aus der gesetzlichen oder vertraglichen Grundlage des einzelnen
Beschäftigungsverhältnisses ergebenden Arbeitsverpflichtung ist auch die Pflicht
der Beschäftigten, Mehrarbeit (§ 72 Abs. 2 BBG) bzw. Überstunden (§ 17 BAT) zu
leisten. Der Personalrat hat deshalb nicht darüber mitzubestimmen, ob überhaupt
Mehrarbeit oder Überstunden geleistet werden. Der Mitbestimmung unterliegt nur
die zeitliche Lage von Mehrarbeit und Überstunden, d.h. die Festlegung der Tage
und Tageszeiten, zu denen sie zu leisten sind. Ferner muß es sich immer um
generelle Regelungen handeln. Die Regelung muß danach entweder für die
Beschäftigten der Dienststelle insgesamt oder mindestens für eine Gruppe von
Beschäftigten die Arbeitszeit festlegen. Die für einzelne Beschäftigte getroffene
Anordnung ist der Mitbestimmung entzogen (BVerwG, Beschluß vom 23.12.1982 --
6 P 36.79 --, a.a.O.; Beschluß vom 20.7.1984 -- 6 P 16.83 --, a.a.O.; Hess.VGH,
Beschluß vom 22.10.1980 -- HPV TL 8/79 --, HessVGRspr. 1983 S. 46; Beschluß
vom 27.11.1985 -- HPV TL 1500/85 --, HessVGRspr. 1986 S. 54 = ZBR 1987 S. 59;
OVG Saarland, Beschluß vom 15.11.1982 -- 6 W 1880/82 --; VGH Baden-
Württemberg, Beschluß vom 26.2.1985 -- 15 S 1035/84 --, ZBR 1986 S. 59). Selbst
wenn danach die Voraussetzungen für eine Mitbestimmung vorliegen, scheidet
diese dann aus, wenn der zeitliche Rahmen für die Ableistung von Mehrarbeit und
Überstunden durch konkrete Anlässe festgelegt ist und für eine Disposition kein
Raum besteht (Hess.VGH, Beschluß vom 27.11.1985 -- HPV TL 1500/85 --, a.a.O.
unter Bezugnahme auf OVG Münster, Beschluß vom 21.9.1978 -- CL 24.77 --,
Personalvertretung 1980 S. 246)."
Diese Grundsätze beanspruchen auch im vorliegenden Streitfall Geltung. Die
mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Fachsenat hat bestätigt, daß nicht
sämtliche 14 Betriebskräfte (Fernmeldehandwerker) der Abteilung SatFu, sondern
jeweils nur einzelne von ihnen im Bedarfsfalle zur Wochenendarbeit herangezogen
werden, so daß eine generelle Regelung in der Form der Gruppenregelung
ausscheidet. Die Gewährung des Freizeitausgleichs für geleistete Überzeitarbeit
richtet sich nach den gesetzlichen oder tarifrechtlichen Vorschriften (§ 7 Abs. 1
AZV, § 14 Abs. 4 TV Ang und § 6 Abs. 4 TV Arb). Selbst wenn dem Antragsteller
hinsichtlich der Plazierung (zeitlichen Lage) des Freizeitausgleichs ein
Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG zustehen sollte, so
könnte dies entsprechend den obigen Ausführungen ebenfalls nur bei generellen
Regelungen in Betracht kommen. Die Gewährung des Freizeitausgleichs im
Einzelfall wäre der Mitbestimmung entzogen. Nichts anderes ergibt sich bei
Heranziehung von § 75 Abs. 4 BPersVG, weil auch diese Regelung eine
Beschäftigtengruppe, d.h. einen funktional abgrenzbaren Teil der Beschäftigten
(Kraftfahrer, Pförtner usw.), voraussetzt (vgl. im einzelnen Lorenzen/Haas/Schmitt,
Stand: März 1991, RdNr. 197 zu § 75 BPersVG). Die Auffassung des Antragstellers,
der Beteiligte habe eine generelle Regelung des Inhalts getroffen, daß
Wochenendarbeitszeit stets durch entsprechende Freizeitgewährung in der
Vorwoche (gemeint ist: laufende Woche) ausgeglichen werde, geht an der hier
anstehenden Problematik vorbei, weil sie verkennt, daß insoweit allein der oben
hervorgehobene personelle Gesichtspunkt maßgebend ist. Die Auffassung des
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hervorgehobene personelle Gesichtspunkt maßgebend ist. Die Auffassung des
Antragstellers -- wäre ihr zu folgen -- würde bedeuten, daß auch
arbeitszeitrechtliche Einzelfallregelungen der Mitbestimmung unterlägen. Die
Frage, ob eine bestimmte Schicht als Normalarbeitszeit oder besser vergütete
Überarbeitszeit gewertet wird, ist gleichfalls der Mitbestimmung entzogen, weil die
arbeitszeitrechtliche Bewertung von § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG nicht erfaßt wird
(vgl. Beschluß des erkennenden Fachsenats vom 9.1.1985 -- BPV TK 2035/84 --).
Die Beschwerde des Antragstellers war hiernach zurückzuweisen. Auf Grund des
Beschwerdevorbringens hielt es der Fachsenat allerdings für vertretbar, den
erstinstanzlichen Antrag nicht als unzulässig, sondern als unbegründet
abzulehnen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.