Urteil des HessVGH vom 30.01.2003

VGH Kassel: konstitutive wirkung, gemeinde, strohmann, juristische person, anzeige, täuschung, verfügung, einkünfte, betriebsführung, datum

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
8. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 UE 4048/00
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 35 GewO
(Strohmannverhältnis)
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des
Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 2. Mai 2000 aufgehoben. Die Klage wird
abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten vorläufig
vollstreckbar. Jedoch darf die Klägerin die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe der festgesetzten Kosten des Beklagten abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine Gewerbeuntersagung, die im Wesentlichen
darauf gestützt ist, dass die Klägerin als sog. "Strohfrau" vorgeschoben,
tatsächlicher Gewerbetreibender jedoch ihr Ehemann gewesen sei.
Mit Verfügung vom 16. März 1995 untersagte der Beklagte dem Ehemann der
Klägerin das Gewerbe "..." sowie jede selbständige gewerbliche Tätigkeit, soweit
diese unter § 35 Abs. 1 der Gewerbeordnung - GewO - fällt. Den hiergegen
eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai
1995 zurück. Die Gewerbeuntersagung betreffend den Ehemann der Klägerin
wurde Anfang Juli 1995 bestandskräftig. Nachdem der Ehemann sein Gewerbe
nicht abgemeldet hatte, vermerkte die Gemeinde B. in ihren Akten eine Gewerbe-
Abmeldung, in der als Datum der Betriebsaufgabe der 1. Mai 1995 und als künftige
Betriebsinhaberin die Klägerin genannt sind.
Am 15. Mai 1995 meldete die Klägerin ihr Gewerbe "..." bei der Gemeinde B. an
und gab als Datum des Beginns der angemeldeten Tätigkeit ebenfalls den 1. Mai
1995 an. Als früheren Betriebsinhaber nannte die Klägerin ihren Ehemann.
Am 10. Oktober 1995 wurde das Einfamilienhaus der Klägerin und ihres
Ehemannes von dem Gewerbeprüfdienst des Landrats des Kreises ... aufgesucht.
Der Gewerbeprüfdienst fand neben der Haustür zwei Klingeln mit der Aufschrift "H.
J. Sch." sowie "Techn. Büro" und an der Hauswand zwei ca. 40 x 40 cm große
Schilder mit der Beschriftung "..." sowie "..." vor. Der Ehemann der Klägerin wurde
nicht angetroffen .
Mit Schreiben vom 30. Oktober 1995, eingegangen bei dem Gemeindevorstand
der Gemeinde B. am 22. November 1995, meldete der Ehemann der Klägerin zum
1. November 1995 sein Gewerbe "..." und "Planung und Vertrieb" ab.
Mit Schreiben vom 5. September 1997 teilte er der Gemeinde B. unter anderem
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Mit Schreiben vom 5. September 1997 teilte er der Gemeinde B. unter anderem
mit:
"Auf Grund der heutigen Gesundheitsreform in Krankenhäusern ist auch unser
Unternehmen im Bereich Dienstleistungen am Patienten stark betroffen."
Nach einem Vermerk der Finanzverwaltung - Steueramt - der Gemeinde B. vom 8.
Dezember 1997 erklärte der Ehemann anlässlich einer Vorsprache, er habe in den
vergangenen Jahren das Gewerbe zusammen mit seiner Ehefrau ausgeübt. Er sei
davon ausgegangen, dass die Untersagung nur für ein Jahr gelte. Zudem
beabsichtige er, demnächst eine GmbH zu gründen. Im Übrigen liegen dem
Beklagten Kopien von zwei an die Gemeinde B. gerichteten Schecks vor, die beide
von dem Ehemann unterschrieben sind. Nach einem Aktenvermerk des Beklagten
vom 10. Februar 1998 hat das Finanzamt ... dem Beklagten mitgeteilt, dass der
Ehemann "ganz offiziell Lohn- und Umsatzsteuer unter seinem Namen anmelde
und auch (teilweise) abführe".
Im anschließenden Bußgeldverfahren des Regierungspräsidiums Darmstadt
räumte der Ehemann die Zuwiderhandlung gegen den
Gewerbeuntersagungsbescheid vom 16. März 1995 im Zeitraum 1996/97 ein. Ihm
sei zur Erhaltung seiner Existenzgrundlage keine andere Wahl geblieben. Seine
Frau arbeite in seinem Betrieb mit. Mit einer Geldbuße in Höhe von 6.500,00 DM
sei er einverstanden und beantrage monatliche Ratenzahlung von 1.000,00 DM.
Den entsprechenden Bußgeldbescheid vom 4. März 1998 ließ der Ehemann
bestandskräftig werden.
Unter dem 14. Dezember 1998 teilte der Beklagte der Klägerin seine Absicht mit,
auch gegen sie ein Gewerbeuntersagungsverfahren durchzuführen und gab ihr
Gelegenheit zur Äußerung. Mit Anwaltsschriftsatz vom 15. Januar 1999 und
Berichtigung vom 17. Januar 1999 erklärte die Klägerin, sie habe sich zu keinem
Zeitpunkt als Strohfrau im Zusammenhang mit dem Gewerbe "..." zur Verfügung
gestellt. Sie habe zu keinem Zeitpunkt ohne eigene unternehmerische Tätigkeit
nur als Marionette des Gewerbetreibenden am Wirtschaftsleben teilgenommen,
um zwecks Täuschung des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs die wahren faktisch-
wirtschaftlichen Verhältnisse zu verschleiern. Es reiche nicht aus, dass eine
Anzeige über den Gewerbebeginn der Klägerin vorliege. Die Anzeige habe keine
konstitutive Bedeutung für die Ausübung eines Gewerbes.
Am 8. Juni 1999 wurde bei der Gemeinde B. für die Kommunikationsdienste B. G.-
Sch. GmbH das Gewerbe "...", - Datum des Beginns der angemeldeten Tätigkeit: 1.
Mai 1999 -, angemeldet.
Am 1. Juli 1999 nahm die Bevollmächtigte der Klägerin Einsicht in die
Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Ebenfalls unter dem 1. Juli 1999 erging die vorliegend streitige
Gewerbeuntersagungsverfügung, in der der Beklagte im Wesentlichen ausführte,
nach der den Ehemann der Klägerin betreffenden Untersagungsverfügung sei der
Gewerbebetrieb pro forma auf den Namen der Klägerin angemeldet worden. Der
Gewerbegegenstand sei identisch mit demjenigen des Ehemannes gewesen. Im
Jahre 1997/98 habe sich herausgestellt, dass die Klägerin lediglich als sog.
Strohfrau vorgeschoben gewesen sei. Tatsächlicher Gewerbetreibender sei jedoch
ihr Ehemann gewesen. Dies ergebe sich aus folgenden Tatsachen, die sich auf die
Zeit nach der Gewerbeanmeldung der Klägerin bezögen: Der Ehemann habe mit
der Gemeinde B. Verhandlungen wegen rückständiger Gewerbesteuern sowie auch
Schriftverkehr geführt. Er habe von ihm unterschriebene Schecks betreffend
Gewerbesteuern bei der Gemeinde B. eingereicht. Er habe am 19. Januar 1998 zu
Protokoll gegeben, dass er der Untersagung zuwidergehandelt habe und die
Klägerin lediglich in seinem Betrieb mitgearbeitet habe. Er habe im Hinblick auf die
letztgenannte Aussage auch eine Ahndungsmaßnahme akzeptiert. Die
steuerlichen Angelegenheiten, so sie denn überhaupt wahrgenommen worden
seien, seien von dem Ehemann erledigt worden. Umsatzsteuervoranmeldungen
seien von ihm abgegeben und unterschrieben worden. Es sei somit eindeutig von
einem Strohfrauverhältnis auszugehen. Selbst wenn man - hypothetisch - kein
Strohfrauverhältnis annähme, läge auf jeden Fall ein Einfluss eines
unzuverlässigen Dritten vor. Aus der Gewerbetätigkeit resultierten
Abgabenschulden in Höhe von derzeit 136.000,00 DM, wobei sich ein relevanter
Teil unter der "Betriebsführung" der Klägerin ergeben habe. Die
Untersagungsverfügung wurde am 6. Juli 1999 der Bevollmächtigten der Klägerin
zugestellt.
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Am selben Tag, aber offensichtlich vor Erhalt der Verfügung, nahm die
Bevollmächtigte per Telefax für die Klägerin gegenüber dem Beklagten Stellung.
Die Klägerin bestreite auch weiterhin die behauptete Strohfraueigenschaft. Sie
habe zwar am 1. Mai 1995 das Gewerbe "..." angemeldet. Es sei jedoch
beabsichtigt gewesen, dass die Klägerin den Betrieb ihres Mannes übernehme. Zu
dieser Betriebsübergabe sei es allerdings nie gekommen. Die Klägerin habe sich
daher auch zu keinem Zeitpunkt veranlasst gesehen, irgendwelche Erklärungen für
den Gewerbebetrieb abzugeben. In ihrem Namen seien keinerlei Geschäfte für den
Gewerbebetrieb abgeschlossen worden. Es seien von ihr auch keinerlei
Steuererklärungen für den Gewerbebetrieb unterschrieben worden. Ihr Name sei
auf Firmenschildern oder Geschäftspapieren des Gewerbebetriebes nicht
aufgetreten. Damit sei jedermann ohne Weiteres ersichtlich gewesen, wer der
tatsächliche Gewerbetreibende sei. Von einer kollusiven Verschleierung der
tatsächlichen Verhältnisse im Rahmen eines Strohfrauverhältnisses könne daher
keine Rede sein. Gleichzeitig legte die Klägerin die Durchschrift eines Schreibens
vom 22. Juni 1999, gerichtet an die Gemeinde B., vor, in dem sie unter der
Überschrift "Gewerbeabmeldung" erklärte, die "irrtümliche Gewerbeanmeldung
vom 01.05.95 für das Unternehmen ..." wolle sie "hiermit widerrufen". Das Gewerbe
sei von ihr zu keiner Zeit ausgeübt worden. Sie und ihr Ehemann seien
zwischenzeitlich bemüht, die abgabenrechtliche Situation zu regeln.
Den am 3. August 1999 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin mit
Anwaltsschriftsatz vom 23. August 1999 zunächst damit, im Vorverfahren sei
keine ordnungsgemäße Anhörung der Klägerin erfolgt. Der Sachbearbeiter des
Beklagten habe unter dem 8. Februar 1999 mitgeteilt, er habe weitere eindeutige
Hinweise für ein sog. Strohfrauverhältnis, auf die er allerdings an dieser Stelle nicht
näher eingehen wolle und die er erst im Untersagungsbescheid im Einzelnen
auflisten wolle. Am Tag der Akteneinsicht durch die Bevollmächtigte am 1. Juli 1999
habe der Sachbearbeiter des Beklagten bereits den Entwurf des
Untersagungsbescheids fertiggestellt gehabt und ihn der Bevollmächtigten
gezeigt; er habe angekündigt, diesen in den nächsten Tagen übersenden zu
wollen. Die Bevollmächtigte habe erklärt, mit der Klägerin Rücksprache nehmen
und schnellstmöglich eine entsprechende Stellungnahme fertigen zu wollen. Diese
Stellungnahme sei am 5. Juli 1999 gefertigt und am 6. Juli 1999 an das
Regierungspräsidium gefaxt worden. Fast zeitgleich sei der Bevollmächtigten der
Untersagungsbescheid zugestellt worden, der bereits am 1. Juli 1999 ohne
ordnungsgemäße Anhörung der Klägerin zu den entscheidungserheblichen
Tatsachen fertiggestellt und am 5. Juli 1999 abgesandt worden sei.
Zum Zeitpunkt der Gewerbeuntersagung habe der Ehemann der Klägerin zwei
Gewerbebetriebe geführt, nämlich den Betrieb "..." und "...". Einen Betrieb mit dem
Namen "... " habe es nie gegeben. Die Klägerin habe keines der beiden oben
genannten Gewerbe ordnungsgemäß angemeldet. Daher könnten auch keine
Rückschlüsse auf eine angebliche Strohfraueigenschaft der Klägerin gezogen
werden. Im Übrigen wiederholte die Klägerin ihren Vortrag, ihre
Gewerbeanmeldung habe keine konstitutive Wirkung für den Beginn eines
Gewerbes. Es sei zu keiner Betriebsübergabe gekommen. Die Klägerin habe keine
Erklärungen für einen der beiden Gewerbebetriebe ihres Ehemannes abgegeben.
Sie habe keine Geschäfte für einen der Gewerbebetriebe abgeschlossen. Es seien
von ihr keinerlei Steuererklärungen für diese Gewerbebetriebe unterschrieben
worden. Sie sei mit ihrem Namen nie auf Firmenschildern oder Geschäftspapieren
der Gewerbebetriebe aufgetaucht. Für jedermann sei ohne Weiteres ersichtlich
gewesen, wer Gewerbetreibender der Betriebe gewesen sei. Von einer kollusiven
Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse könne keine Rede sein. Die Klägerin
habe auch nie in einem der Betriebe des Ehemannes mitgearbeitet. Die dem
widersprechende Aussage des Ehemannes sei von diesem nur zum eigenen
Schutz vor weiteren Folgen für ihn vorgebracht worden. Die Klägerin sei auch nicht
unzuverlässig. Sie habe zu keinem Zeitpunkt einem unzuverlässigen Dritten den
Einfluss auf ein von ihr ausgeübtes Gewerbe gestattet. Es sei auch unrichtig, dass
aus Gewerbetätigkeit resultierende Abgabenschulden in Höhe von 136.000,00 DM
unter der Betriebsführung der Klägerin entstanden seien. Im Übrigen würden die
Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1997 nicht der Klägerin zugerechnet, was richtig
sei, weil die Klägerin 1997 kein Gewerbe ausgeübt habe. Rückstände aus den
Gewerbebetrieben ... oder ... seien der Klägerin nicht zuzurechnen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. September
1999, der Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 7. September 1999, zurück.
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Am 7. Oktober 1999 hat die Klägerin Klage erhoben und zu deren Begründung
vorgetragen, die Untersagung sei darauf gestützt, dass die Klägerin pro forma
1995 einen Gewerbebetrieb auf ihren Namen angemeldet und sich als Strohfrau
für eine gewerbliche Tätigkeit ihres Ehemannes betätigt habe. Der Ehemann habe
1995 jedoch zwei Gewerbebetriebe geführt, nämlich ... und ... T. sei am 31.
Dezember 1997 eingestellt worden, so dass - soweit die Anmeldung die T. betreffe
- allein aus diesem Umstand eine Gewerbeuntersagung gegenüber der Klägerin
ausscheide. Nur ein ausgeübtes Gewerbe könne untersagt werden. Die Klägerin
habe sich nicht als Strohfrau für einen unzuverlässigen Gewerbetreibenden zur
Verfügung gestellt. Hier wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihren Vortrag aus
dem Verwaltungsverfahren. Soweit die Untersagung mit einer Abgabenschuld in
Höhe von 136.000,00 DM aus der "Betriebsführung der Klägerin" begründet werde,
beruhten diese Angaben auf einer Auskunft des Finanzamts .... Sie seien pauschal
und ohne nähere Prüfung übernommen worden. Allein an Einkommensteuer 1997
seien Forderungen in Höhe von ca. 88.000,00 DM geltend gemacht worden. Sie
seien zwischenzeitlich auf DM 0,00 festgesetzt worden. Darüber hinaus seien die
Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht der Klägerin zugerechnet worden. Dies sei
richtig, da die Klägerin 1997 kein Gewerbe ausgeübt habe. Gleichzeitig würden der
Klägerin in dem Bescheid Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von
150.000,00 DM zugerechnet. Auch dies sei zwischenzeitlich zurückgenommen
worden. Rückstände aus den Gewerbebetrieben ... oder ... beim Finanzamt ... -
soweit sie bestehen - seien nicht der Klägerin zuzurechnen.
Der Beklagte hat vorgetragen, die Annahme, nur ein ausgeübtes Gewerbe könne
untersagt werden, sei bei einem Strohfrauverhältnis irrig. Gerade darin, dass trotz
einer Gewerbeanmeldung kein Gewerbe ausgeübt werde, um einem Dritten unter
Verschleierung der tatsächlichen Gegebenheiten eine Gewerbeausübung zu
ermöglichen, liege ein Strohfrauverhältnis. Es sei daher irrelevant, wenn
vorgetragen werde, die Klägerin habe keine Erklärungen für einen der beiden
Gewerbebetriebe ihres Mannes abgegeben. Durch den Vortrag, die Klägerin habe
nie in einem der Betriebe des Ehemannes mitgearbeitet, werde eingeräumt, dass
die Klägerin trotz der Gewerbeanmeldung auf ihren Namen die tatsächliche
Gewerbeausübung ihrem Ehemann überlassen habe. Ob der Ehemann nur ein
Gewerbe oder zwei Gewerbe ausgeübt habe, sei hierbei unbeachtlich. Maßgeblich
sei, dass der Ehemann unter Verstoß gegen die Gewerbeuntersagung habe tätig
werden können und die Klägerin ihm dies durch ihre Gewerbeanmeldung
ermöglicht habe, ohne jedoch selbst tätig zu sein.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Gerichtsbescheid vom 2. Mai 2000
stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, ein "Strohmann-Verhältnis" setze
voraus, dass der unzuverlässige Gewerbetreibende sich nach außen im
Geschäftsverkehr des guten Namens des Strohmannes bediene, um sich so dem
Vorwurf ordnungswidrigen bzw. strafbaren Verhaltens wegen Zuwiderhandelns
gegen ein Gewerbeverbot zu entziehen. Dies habe der Ehemann der Klägerin
jedoch bislang nicht nachweisbar versucht. Die Schilder am gemeinsamen
Wohnhaus hätten im Zusammenhang mit der Aufschrift auf einem der beiden
Klingelknöpfe auf den Ehemann der Klägerin als Gewerbetreibenden hingewiesen.
Zum anderen habe der Ehemann in dem gegen ihn betriebenen
Ordnungswidrigkeitsverfahren ausdrücklich zugegeben, dass er seinen
Gewerbebetrieb auch nach Ausspruch des Gewerbeverbots weitergeführt habe. Bei
den Verhandlungen mit der Gemeinde B. wegen rückständiger Gewerbesteuern
habe er die Klägerin nicht vorgeschoben. Die von ihm 1997/98 ausgestellten
Schecks bezögen sich auf das Kassenzeichen, unter dem er selbst bei der
Gemeinde B. gewerbesteuerlich bereits vor der Gewerbeuntersagung veranlagt
worden sei. Die Klägerin habe im gerichtlichen Verfahren unwidersprochen
vorgetragen, das Finanzamt habe sich insofern berichtigt, als es der Klägerin
ursprünglich Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 150.000,00 DM
zugerechnet habe. Dass die Klägerin das von ihr angemeldete Gewerbe jahrelang
nicht abgemeldet habe, verletze möglicherweise Anzeigepflichten, stelle jedoch
keine Gewerbeausübung dar.
Der Gerichtsbescheid wurde dem Beklagten am 10. Juli 2000 zugestellt.
Auf den am 1. August 2000 gestellten Antrag des Beklagten hat der Senat mit
Beschluss vom 13. Dezember 2000 die Berufung wegen grundsätzlicher
Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Dieser Beschluss wurde dem Beklagten
am 21. Dezember 2000 zugestellt.
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Am 15. Januar 2001 hat der Beklagte die Berufung zunächst unter Bezugnahme
auf den Berufungszulassungsantrag vom 31. Juli 2000 begründet. Dort hat der
Beklagte im Wesentlichen ausgeführt, es müsse festgestellt werden, ob gegen
eine Person, die lediglich ihren Namen hergebe und keine weiteren Handlungen
vornehme, wegen eines Strohmannverhältnisses eine Gewerbeuntersagung
ausgesprochen werden könne. Die gegen den Ehemann seinerzeit durchgeführten
Ermittlungen hätten keine konkreten Anhaltspunkte für ein Strohfrauverhältnis
ergeben. Maßgeblich hierfür sei gewesen, dass die Klägerin einen gleichartigen
Gewerbebetrieb auf ihren Namen angemeldet gehabt habe und es nicht ersichtlich
gewesen sei, dass unverändert ihr Ehemann den Betrieb geführt habe. Erst
geraume Zeit später hätten auf Veranlassung der Gemeinde B. durchgeführte
Ermittlungen zu der Feststellung geführt, dass der Ehemann ohne eigene
Gewerbeanmeldung weiterhin unter Verstoß gegen die Gewerbeuntersagung
selbständig gewerblich tätig geworden sei. Hieraus folge zunächst die Feststellung,
dass die Klägerin, indem sie auf ihren Namen ein gleichartiges Gewerbe
angemeldet habe, einen Sachverhalt vorgetäuscht habe, der zu der - zunächst
auch unwiderlegbaren - Annahme habe führen müssen, sie selbst führe den
Betrieb ihres Ehemannes in eigener Regie fort. Diese Vortäuschung sei der
entscheidende Punkt des ganzen Geschehens. Das Verwaltungsgericht rüge die
Klägerin nur deshalb, weil sie inaktiv gewesen sei, während sich ihr Ehemann
weiterhin - zunächst unentdeckt - aktiv betätigt habe. Gerade darin liege jedoch
das Wesen eines Strohmannverhältnisses. Es könne keineswegs ausschließlich
davon abhängig gemacht werden, ob der tatsächliche Gewerbetreibende seine
Tätigkeit offen oder verdeckt ausübe. Im Umkehrschluss würde dies dazu führen,
dass gegen einen Strohmann ab dem Zeitpunkt, in welchem das
Strohmannverhältnis nachweisbar sei, nicht mehr vorgegangen werden könne, weil
es dann offen zu Tage getreten wäre und alle erdenklichen Maßnahmen sich nur
gegen den tatsächlichen Gewerbetreibenden richten müssten. Dies würde den
Strohmann aus jeder Verantwortung seines Fehlverhaltens entlassen. Das
Fehlverhalten bestehe vorliegend darin, dass einem unzuverlässigen
Gewerbetreibenden unter Verstoß gegen eine Gewerbeuntersagung die weitere
Gewerbeausübung ermöglicht worden sei, wobei erneut Verstöße gegen
abgabenrechtliche Bestimmungen zu verzeichnen gewesen seien. Die
Verhaltensweise des Ehemannes ändere nichts an der Strohfraueigenschaft der
Klägerin. Selbst wenn der Ehemann Rechnungen auf seinen Namen ausgestellt
hätte, würde sich nichts an den gewerberechtlichen Konsequenzen für die Klägerin
ändern. Daraus folge, dass an die Außenwirkung keine überzogenen Ansprüche
gestellt werden dürften. Andernfalls würde dies dazu führen, dass nur dann ein
Strohmannverhältnis angenommen werden könnte, wenn dies mit Raffinesse
aufgebaut und nach außen verschleiert würde. Die Annahme des
Strohmannverhältnisses entfiele hingegen, wenn der eigentliche
Gewerbetreibende das Strohmannverhältnis einräume oder - wie hier - zusätzlich
wegen seiner "Unbefangenheit" überführt werden könnte. Die Klägerin habe mit
der Gewerbeanmeldung die grundsätzliche Weichenstellung vorgenommen. Sie
habe mit der Anzeige definitiv erklärt, ab einem bestimmten Zeitpunkt ein
bestimmtes Gewerbe auszuüben.
Im Schriftsatz vom 5. Januar 2001 hat der Beklagte ergänzend ausgeführt, der
übernehmende Teil werde, wenn es ihm mit einer eigenen Gewerbeausübung ernst
sei, rechtzeitig Vorsorge für einen geordneten Übergang treffen. Dies habe die
Klägerin nicht getan. Es stelle sich die Frage, warum sie ein Gewerbe angemeldet
habe. Die Antwort hierauf könne nur lauten, dass sie den Eindruck habe erwecken
wollen, sie sei nunmehr Gewerbetreibende. Damit habe ihr Ehemann "aus der
Schusslinie" genommen werden sollen. Eine andere Erklärung scheide aus. Die
Klägerin habe nicht nur ein Gewerbe angemeldet, sondern in der
Gewerbeanmeldung ausdrücklich auf ihren Ehemann als früheren Betriebsinhaber
verwiesen. Im Umkehrschluss könne dies nur bedeuten, dass sie damit habe zum
Ausdruck bringen wollen, sie sei die jetzige Betriebsinhaberin. Die Klägerin habe
sich mit ihrem Verhalten als Strohfrau offenbart und räume dies ja durch ihre
immer wieder betonte Passivität selbst ein. Sie müsse somit die Folgen ihres
Verhaltens tragen.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 2. Mai 2000
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie trägt vor, sie habe nie, wie es für das Strohfrauverhältnis erforderlich sei, ohne
eigene unternehmerische Tätigkeit nur als Marionette ihres gewerbetreibenden
Ehemannes am Wirtschaftsleben teilgenommen. Sie sei nicht als jederzeit
steuerbare Marionette vorgeschoben worden, um zwecks Täuschung des Rechts-
und Wirtschaftsverkehrs die wahren faktisch-wirtschaftlichen Verhältnisse zu
verschleiern. Es sei immer klar zu erkennen gewesen, dass der Ehemann seine
gewerbliche Tätigkeit weiterhin allein und ausschließlich unter seinem Namen
ausübe. Dies habe er auch ausdrücklich zugegeben. Es gebe keine
Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung, die von der Klägerin bei
dem Finanzamt für die Unternehmen .../... eingereicht worden sei. Eine bloße
Gewerbeanmeldung erzeuge keine konstitutive Wirkung für den Beginn eines
Gewerbebetriebes durch den Gewerbeanmelder. Damit sei die Klägerin auch nicht
durch die bloße Gewerbeanzeige quasi automatisch zur Strohfrau für die
gewerbliche Tätigkeit ihres Ehemannes geworden. Da die Gewerbeanmeldung
keine konstitutive Wirkung für den Beginn eines Gewerbebetriebes entfalte, habe
die Klägerin mit der Anzeige auch nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie die
jetzige Betriebsinhaberin sei. Sie habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie
beabsichtige, eine gewerbliche Tätigkeit auszuüben. Diese Absicht habe sie
allerdings in der Folge nie tatsächlich realisiert. Es sei vor einer
Gewerbeanmeldung auch nicht zwingend erforderlich, bereits Vorsorge für einen
geordneten Übergang zu treffen. Der Beklagte messe der Gewerbeanmeldung
eine rechtliche und tatsächliche Bedeutung zu, die dieser nicht zukomme.
Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Heft) haben vorgelegen und sind zum
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgenannten Unterlagen
sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den darüber hinausgehenden Inhalt
der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die vom Senat zugelassene Berufung ist begründet. Die Klage gegen die
Gewerbeuntersagungsverfügung vom 1. Juli 1999 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 1. September 1999 ist zwar zulässig; sie ist jedoch
unbegründet, denn die Gewerbeuntersagung ist zu Recht erfolgt. Die Klägerin hat
sich als sogenannte "Strohfrau" ihres Ehemannes, dem wegen gewerberechtlicher
Unzuverlässigkeit bestandskräftig das Gewerbe "..." untersagt war, betätigt und
sich somit ebenfalls als unzuverlässig im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO
erwiesen, so dass der Beklagte der Klägerin das von ihr angemeldete Gewerbe "..."
und - gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO - auch jede sonstige selbständige
gewerbliche Tätigkeit, die unter § 35 Abs. 1 GewO fällt, sowie die Tätigkeit als
Vertretungsberechtigte eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines
Gewerbebetriebes beauftragte Person im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO zu
Recht untersagt hat.
Von einem "Strohmann" hat das Bundesverwaltungsgericht im Gewerberecht
zunächst gesprochen, wenn jemand (der Strohmann) zur Verschleierung der
tatsächlichen Verhältnisse als Gewerbetreibender vorgeschoben wird, das infrage
stehende Gewerbe in Wirklichkeit aber von einem anderen betrieben wird. Die eine
Person gibt danach nur ihren Namen für den Gewerbebetrieb her und dient der
anderen Person, dem wahren Gewerbetreibenden, als "Aushängeschild". Das
Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zunächst auch verlangt,
dass die Geschäfte im Namen des Strohmannes abgewickelt werden und nicht im
Namen der hinter dem Strohmann stehenden Person bzw. Gesellschaft (vgl.
BVerwG, Urteil vom 30. September 1976 - I C 32.74 - DÖV 1977, 401 ff. = NJW
1977, 1250 f.). Mit anderen Worten ist danach ein Strohmann-Verhältnis mit den
sich daraus ergebenden weitgehenden Durchgriffskonsequenzen nur dann
anzunehmen, wenn eine genaue Analyse der Innenbeziehungen erweist, dass ein
Gewerbetreibender zur Verschleierung der wirklichen Machtverhältnisse eine
natürliche oder juristische Person vorschiebt, die ohne eigene unternehmerische
Tätigkeit nur als Marionette des Gewerbetreibenden am Wirtschaftsleben teilnimmt
(vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 20.78 - GewArch 1982, 200 ff. =
MDR 1982, 781; vom 2. Februar 1982 - 1 C 14.78 - juris).
Dies bedeutet aber nicht, dass ein Strohfrau- bzw. Strohmannverhältnis nur dann
vorliegt, wenn im Wirtschaftsverkehr unter dem Namen der Strohfrau oder des
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vorliegt, wenn im Wirtschaftsverkehr unter dem Namen der Strohfrau oder des
Strohmannes Tätigkeiten entfaltet worden sind, das heißt, wenn im Namen der
Strohfrau oder des Strohmannes beispielsweise Werbung betrieben, Geschäfte
getätigt, Verbindlichkeiten eingegangen oder solche getilgt worden sind, was alles
hier nicht der Fall war. Vielmehr genügt es, dass der Strohmann oder die Strohfrau
- wie hier - ein Gewerbe lediglich anmeldet, dieses aber nie ausübt, er/sie die
Anmeldung aufrechterhält und der hinter der Strohfrau oder dem Strohmann
stehende unzuverlässige Gewerbetreibende trotz bestandskräftiger
Gewerbeuntersagung weiter im eigenen Namen gewerblich tätig ist.
Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Zunächst beschränken sich Sinn und
Zweck der Gewerbeuntersagung nicht auf die Fälle, in denen der Hintermann im
Namen der Strohfrau bzw. des Strohmannes am Wirtschaftsverkehr teilnimmt,
wenn dies auch regelmäßig in den Fällen des Strohfrau- bzw.
Strohmannverhältnisses so sein dürfte. Es soll nicht nur verhindert werden, dass
der unzuverlässige Hintermann gedeckt durch den Strohmann oder die Strohfrau
im Wirtschaftsverkehr tätig ist. Vielmehr soll auch jegliche Tätigkeit im
Rechtsverkehr verhindert werden. Dafür spricht das grundlegende Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Februar 1982 (- BVerwG 1 C 3.81 - BVerwGE
65, 12 f. = GewArch 1982, 334). Danach kommt es darauf an, ob der eigentliche
Gewerbebetreibende den Strohmann oder die Strohfrau lediglich als jederzeit
steuerbare Marionette vorgeschoben hat, "um zwecks Täuschung des Rechts- und
Wirtschaftsverkehrs die wahren faktisch-wirtschaftlichen Machtverhältnisse zu
verschleiern". Das für das Strohmannverhältnis typische kollusive
Zusammenwirken von Strohmann und Hintermann nötigt zur
Gewerbeuntersagung gegen beide Personen (BVerwG, a.a.O., Seite 13). Die
Unzuverlässigkeit des Strohmannes folgt aus der Tatsache, dass er einem
unzuverlässigen Hintermann die gewerbliche Betätigung ermöglicht (vgl. BVerwG,
a.a.O., Seite 14). Dies ist aber auch dann der Fall, wenn die Gemeinde durch die
Anzeige eines Gewerbes und deren Aufrechterhaltung getäuscht wird, und wenn
auf Grund dieser Täuschung der unzuverlässige Ehemann, dessen
Gewerbeausübung bestandskräftig untersagt ist, sein Gewerbe weiterbetreiben
und damit weitere Schäden verursachen kann.
Diese Rechtsauffassung des Senats liegt auf seiner bisherigen
Rechtsprechungslinie. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 20. Dezember
1982 (- VIII OE 103/80 - GewArch 1983, 189) ausgeführt, für das Vorliegen eines
Strohmann-Verhältnisses spreche schon der enge zeitliche Zusammenhang
zwischen der bestandskräftigen Gewerbeuntersagungsverfügung gegen den
Hintermann, die daraufhin erfolgte Abmeldung des Gewerbes durch ihn und der
Anmeldung des Gewerbes durch die vom Senat damals als Strohfrau angesehene
Klägerin. In seinem Urteil vom 21. Juni 1995 (- 8 UE 2617/93 - Seite 11 des
amtlichen Umdrucks) hat der Senat ausgeführt, die Tatsache, dass eine
Lebensgefährtin den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ihres
gewerberechtlich unzuverlässigen Lebensgefährten übernehme und fortführe, sei
als solche nicht geeignet, eine Strohfraueigenschaft zu bejahen. Vielmehr sei es
ein durchaus legitimes Interesse eines Lebensgefährten, den Gewerbebetrieb des
Partners fortzuführen, wenn dieser sich als gewerberechtlich unzulässig erweise.
Allerdings müsse der Betrieb dann auch wirklich eigenverantwortlich in der Weise
fortgeführt werden, dass nicht dem unzuverlässigen Partner die Geschäftsführung
weiterhin überlassen oder diesem eine maßgebende Einflussnahme auf die
Geschäftsführung ermöglicht werde. - Diese Rechtsprechung hält der Senat
aufrecht. Die Klägerin hat das von ihr angemeldete Gewerbe nicht
eigenverantwortlich fortgeführt. Sie hat es überhaupt nicht betrieben und somit
auch nicht fortgeführt. Vielmehr hat sie dem unzuverlässigen Ehemann die
Geschäftsführung weiterhin überlassen, und zwar vollständig. Nach dem Gesagten
genügt es für das Strohfrauverhältnis, dass die Klägerin am 15. Mai 1995 ihr
eigenes Gewerbe "..." bei der Gemeinde B. anmeldete, ein dem Gewerbe des
Ehemannes im Wesentlichen gleichartiges Gewerbe, dass sie dabei als "früheren
Betriebsinhaber" ihren Ehemann angab und dass sie diese Gewerbeanmeldung bis
zu ihrem Schreiben vom 22. Juni 1999 aufrechterhielt. In Verbindung mit dem
Umstand, dass sie ihr Gewerbe jedoch niemals ausgeübt hat, hat sie bei der
Gemeinde B. den Irrtum erregt und aufrechterhalten, sie habe das Gewerbe ihres
Ehemannes bzw. ein im Wesentlichen gleichartiges Gewerbe übernommen und
führe dies anstelle des Ehemannes fort. Trotz dieser Gewerbeanmeldung hat sie
nicht dafür gesorgt, dass ihr Ehemann entsprechend seiner Anfang Juli 1995
bestandskräftigen Gewerbeuntersagung seine Gewerbeausübung auch tatsächlich
einstellte. Vielmehr hat sie es geduldet, dass ihr Ehemann über einen Zeitraum
von ca. 3 Jahren gegen die bestandskräftige Gewerbeuntersagung verstoßen
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von ca. 3 Jahren gegen die bestandskräftige Gewerbeuntersagung verstoßen
konnte, indem sie durch ihre Gewerbeanmeldung und deren Aufrechterhaltung bei
der Gemeinde B. den Irrtum erregte, sie führe nunmehr den ursprünglichen
Gewerbebetrieb ihres Ehemannes. Allein dadurch bestand die Gefahr, dass die der
bestandskräftigen Gewerbeuntersagung zuwiderlaufende Tätigkeit ihres
Ehemannes bei den Behörden, insbesondere bei der für die
Gewerbeuntersagungen zuständigen Behörde des Beklagten, nicht bekannt würde.
Durch die Anmeldung ihres Gewerbes und die Aufrechterhaltung dieser unrichtigen
Anmeldung hat die Klägerin ihren Namen hergegeben für die unzulässige
gewerbliche Betätigung ihres Ehemannes. Der Beklagte hat auf Seite 3 des
Schriftsatzes vom 31. Juli 2000 zu Recht auf die grundsätzliche Weichenstellung
hingewiesen, die die Klägerin durch ihre Gewerbeanmeldung vorgenommen hat.
Die Klägerin habe mit der Anzeige definitiv erklärt, ab einem bestimmten
Zeitpunkt ein bestimmtes Gewerbe auszuüben. Eine derart weitreichende
Handlung geschehe nicht aus Spaß. Sie setze eine Überlegung voraus. Hieran
habe sie zudem jahrelang festgehalten. Erst im Verlauf des gegen sie anhängigen
Untersagungsverfahrens habe sie aus offensichtlichen Gründen eine
"rückwirkende" Abmeldung getätigt. Diese Argumente des Beklagten treffen zu.
Auch bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden dient die
Gewerbeuntersagung dem Schutz des Wirtschaftsverkehrs. Es soll verhindert
werden, dass durch eine nach außen gegenüber einer Behörde abgegebene
unzutreffende Erklärung und damit durch eine Täuschung im Rechtsverkehr der
Wirtschaftsverkehr gefährdet wird.
Nach allem hat die Berufung des Beklagten Erfolg.
Die Klägerin hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen,
da sie unterlegen ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in
Verbindung mit § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.
Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Frage
grundsätzliche Bedeutung hat, ob es für die Qualifizierung als
Strohfrau/Strohmann genügt, dass sie/er das Gewerbe auf ihren/seinen Namen
angemeldet hat, im Übrigen aber in der Folgezeit den Hintermann selbst nach
außen auftreten lässt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.