Urteil des HessVGH vom 17.03.1988

VGH Kassel: veranstaltung, genehmigung, vegetation, erfüllung, lärm, wohnwagen, landschaft, rechtsverordnung, naturschutz, landwirtschaft

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 TG 1104/88
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
(Moto-Cross-Rennen im Landschaftsschutzgebiet)
Gründe
I.
Der Antragsteller ist ein eingetragener Motorsportclub, der seit einer Reihe von
Jahren jährlich einmal eine Moto-CrossVeranstaltung in Groß-B. durchgeführt hat.
Er beabsichtigt, am 20.03.1988 die "29. DMV-Odenwälder Moto-Cross-
Veranstaltung" durchzuführen. Am 19.03.1988 sollen ab Mittag ein Teil der
Teilnehmer anreisen und Trainingsläufe stattfinden.
Das für die Rennstrecke, das Fahrerlager und die Besucherparkplätze vorgesehene
Gelände am Wildfrauenstein liegt im Außenbereich und im Geltungsbereich der
Verordnung zum Schutz von Landschaftsteilen in den Landkreisen Bergstraße,
Darmstadt, Dieburg und im Odenwaldkreis im Regierungsbezirk Darmstadt
"Landschaftsschutzgebiet Bergstraße-Odenwald" - LSchVO Bergstraße-Odenwald -
vom 15. Juli 1975 (StAnz. 1975, S. 1439). Es handelt sich dabei um ein ehemaliges
Sandabbaugelände und angrenzende landwirtschaftliche Flächen. Die außerhalb
fester Straßen verlaufende Rennstrecke führt im Norden über Grünland mit
Obstbaumbestand, im mittleren Bereich über die in fortschreitender Sukzession
befindliche Abbaufläche und im Süden und Westen über Ackergelände. Die
Rennstrecke grenzt in einer Länge von ca. 320 m im Nord- und Südosten an Wald,
im übrigen an Nutzungsarten, die der Beschaffenheit der Strecke im jeweiligen
Bereich entsprechen. Das Gelände ist nach der städtischen Bauleit- und
Landschaftsplanung als Rekultivierungs-, Sukzessions- und landwirtschaftliche
Fläche ausgewiesen; Hinweise auf eine Nebennutzung durch den Motorsport
befinden sich darin nicht.
Das Gelände ist dem Antragsteller durch mündliche Vereinbarung zwischen ihm
und den Grundstückseigentümern seit 1969 zur sportlichen Nutzung überlassen.
Genehmigungen nach der Landschaftsschutzverordnung waren nur in wenigen
Jahren eingeholt worden. Unter dem 09.10.1985 hatte der Antragsgegner dem
Antragsteller "für seine weiteren Planungen" mitgeteilt, daß eine
Ausnahmegenehmigung nicht mehr in Aussicht gestellt werden könne. Im Jahre
1987 wurde die Genehmigung von der unteren Naturschutzbehörde des Kreises
erst nach anfänglicher Ablehnung im Hinblick auf besondere Umstände
ausdrücklich letztmalig erteilt.
Mit Antrag vom 07.09.1987 beantragte der Antragsteller bei der unteren
Naturschutzbehörde des Antragsgegners die Erteilung der
landschaftsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung. Mit Bescheid vom
21.10.1987 versagte der Antragsgegner die Erteilung der Genehmigung. Er
verwies auf die besondere Bedeutung der Abbaufläche und der Grünfläche für den
Biotop- und Artenschutz und führte zur Begründung aus, die Motorsport-
Veranstaltung schädige den Naturhaushalt. Die natürliche Pflanzenwelt oder
andere Sukzessionsverhältnisse würden nachteilig verändert und einer nicht durch
die Eigenart der Landschaft geprägten Nutzung zugeführt. Diese Nutzung
beeinträchtige auch den Naturgenuß und den allgemeinen Erholungswert.
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Am 04.11.1987 legte der Antragsteller hiergegen Widerspruch ein, den er mit
Schriftsatz vom 30.12.1987 begründete und über den noch nicht entschieden ist.
Am 19.02.1988 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht
und zur Begründung vorgetragen, landschaftsschädigende Wirkungen der
Veranstaltung seien nicht zu besorgen und jedenfalls durch Auflagen und
Bedingungen zu vermeiden. Wie eine Ortsbesichtigung am 31.08.1987 ergeben
habe, habe sich das Gelände nach der letztjährigen Veranstaltung völlig
regeneriert. Nach der im Widerspruchsverfahren eingereichten geänderten
Planung könnten die Kraftfahrzeuge der Teilnehmer und Besucher auf den
allgemeinen für den Kraftverkehr zugelassenen Straßen und Plätzen geparkt
werden. Der Naturgenuß werde auch nicht durch Lärm beeinträchtigt. Dieser
schalle in Richtung Stadtgebiet Groß-B., was dort niemanden störe. Spaziergänger
befänden sich in dem fraglichen Gebiet nicht. Eine Veränderung der Bodengestalt
stehe nicht an. Auswirkungen auf die Verdichtung des Bodens seien bei der Art der
Spezialmotorräder und ihrer Bereifung auszuschließen.
Der Antragsteller hat beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm,
dem Antragsteller, die Genehmigung der 29. DMV-Odenwälder Moto-Cross-
Veranstaltung am 20.03.1988 in Groß-B., Gewann "Am Wildfrauenstein", nach den
Vorschriften der Landschaftsschutzverordnung Bergstraße-Odenwald zu erteilen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat die Auffassung vertreten, dem Antragsteller stehe ein Anspruch auf
Genehmigung nicht zu. Die von dem Antragsteller beabsichtigte Moto-Cross-
Veranstaltung erfülle die Verbotstatbestände des § 3 Abs. 3 Nr. 1 (Errichtung von
Baumaßnahmen aller Art), Nr. 9 (Aufstellen von Zelten, Wohnwagen oder
sonstigen transportablen Anlagen), Nr. 11 (das Fahren mit oder das Parken von
Kraftfahrzeugen aller Art außerhalb für den allgemeinen Kraftfahrverkehr
zugelassenen Wege und Plätze) sowie Nr. 13 (Lärmen, das die Ruhe der Natur
wesentlich beeinträchtigt) der Landschaftsschutzverordnung. Diese negativen
Wirkungen könnten auch durch Auflagen und Bedingungen nicht verhindert
werden. Dies gelte insbesondere auch für die Lärm- und Abgaseinwirkungen, wobei
sich der Veranstaltungslärm und die Abgase eher nach Westen in die freie
Landschaft hinein ausbreiteten, da die Stadt Groß-B. im Norden am Hang liege.
Das Fahren und Parken von Kraftfahrzeugen der Besucher und
Veranstaltungsteilnehmer solle auf dafür nicht zugelassenen Wegen und Plätzen
erfolgen. Durch die Moto-Cross-Veranstaltung werde die Bodengestalt großflächig
verändert (Abtragung und Zerstörung der Bodenoberfläche durch die Motorräder,
Trittschäden durch die Zuschauer). Die Einrichtung eines Fahrerlagers führe
zwangsläufig zu einer Absperrung, zur Aufstellung von Zelten und sanitären
Einrichtungen und zum Abstellen von Wohnwagen. Auch sei es üblich, daß bei
derartigen Veranstaltungen Verkaufstände (Imbißwagen, Souvenirstände) errichtet
würden. Eine solche Veranstaltung beeinträchtige durch den von den
Kraftfahrzeugen ausgehenden Lärm und deren Abgase auch den Naturgenuß.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 02.03.1988 abgelehnt.
Der am 10.03.1988 eingegangenen Beschwerde des Antragstellers hat das
Verwaltungsgericht nicht abgeholfen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung unter Aufhebung des
Beschlusses vom 02.03.1988 aufzugeben, ihm, dem Antragsteller, die
Genehmigung der 29. DMV-Odenwälder Moto-Cross-Veranstaltung am 20.03.1988
in Groß-B., Gewann "Am Wildfrauenstein" nach den Vorschriften der
Landschaftsschutzverordnung Bergstraße- Odenwald zu erteilen.
Die das Anordnungsverfahren des Antragstellers betreffenden
Verwaltungsvorgänge liegen vor. Sie waren Gegenstand der Beratung.
II.
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Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO). Sie ist zurückzuweisen, weil das
Verwaltungsgericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt
hat.
Der Antrag auf Erteilung der landschaftsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung
zur Durchführung der 29. DMV-Odenwälder Moto-Cross-Veranstaltung ist als
Antrag zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Wege der einstweiligen
Anordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (sog. Regelungsanordnung)
zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes ausnahmsweise im Hinblick darauf
zulässig, daß die geplante Veranstaltung auf ein bestimmtes Datum festgelegt ist
und daß eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu spät kommen würde.
Aus dem Antrag geht nicht hervor, ob der Antragsteller die Nebenanlagen
(Fahrerlager, Parkplätze) auf den im Antrag vom 07.09.1987 dafür vorgesehenen
Flächen oder auf der Grundlage der mit Schreiben vom 28.01.1988 vorgelegten
Alternativplanung einrichten will. Dem brauchte der Senat nicht weiter
nachzugehen, weil die Veranstaltung jedenfalls im Hinblick auf die Lage der
Rennstrecke selbst nicht genehmigungsfähig ist. Der Senat folgt dabei im Kern der
Auffassung des Verwaltungsgerichts.
Die Durchführung eines Moto-Cross-Rennens gehört zu den Maßnahmen, die der
LSchVO Bergstraße-Odenwald unterfallen. Diese Landschaftsschutzverordnung ist
eine aufgrund des früheren Reichsnaturschutzgesetzes erlassene und gemäß § 48
Abs. 3 HENatG übergeleitete Rechtsverordnung, die der Verwirklichung der in § 2
BNatSchG und §§ 1, 13 HENatG genannten Ziele dient. Die Veranstaltung
unterliegt im Landschaftsschutzgebiet dem Veränderungsverbot des § 3 Abs. 1
LSchVO Bergstraße-Odenwald, wonach Änderungen, die die Natur schädigen, den
Naturgenuß beeinträchtigen oder das Landschaftsbild verunstalten, grundsätzlich
verboten sind. Den Tatbestand der Naturschädigung im Sinne einer
Landschaftsschutzverordnung, die aufgrund des Reichsnaturschutzgesetzes
erlassen wurde, sieht der Senat in erster Linie dann erfüllt, wenn in die natürliche
Pflanzenwelt oder andere natürliche Verhältnisse nachteilig eingegriffen wird (Hess.
VGH, u.a. Urteil vom 14.05.1980 - IV OE 19/76 - Agrarrecht 1981, 83; Urteil vom
25.06.1982 - IV OE 27/80 - BRS 39 Nr. 236; st. Rspr.).
§ 3 Abs. 3 LSchVO Bergstraße-Odenwald zählt eine Reihe von Maßnahmen und
Handlungen auf, die typischerweise eine landschaftsschädliche Wirkung haben
oder doch jedenfalls geeignet erscheinen, eine solche Wirkung hervorzurufen. In
diesem - nicht abschließenden - Katalog sind für die geplante Moto-Cross-
Veranstaltung zumindest die Nr. 5 - Veränderung der Bodengestalt -, Nr. 9 -
Aufstellen von Zelten und anderen transportablen Anlagen -, Nr. 11 - Fahren mit
und Parken von Kraftfahrzeugen außerhalb der für den allgemeinen Kraftverkehr
zugelassenen Straßen und Plätze - und Nr. 13 - Lärmen, das die Ruhe und Natur
wesentlich beeinträchtigt - einschlägig.
Maßnahmen oder Handlungen, die geeignet sind, eine der drei in § 3 Abs. 1
LSchVO Bergstraße-Odenwald aufgeführten schädlichen Änderungen im
Landschaftsschutzgebiet zu bewirken, bedürfen der vorherigen Genehmigung
durch die nach § 5 zuständige Naturschutzbehörde (§ 5 Abs. 2 LSchVO
Bergstraße- Odenwald). Die Genehmigung ist gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 LSchVO
Bergstraße Odenwald zu erteilen, wenn und soweit die geplanten Maßnahmen oder
Handlungen nicht die Erfüllung eines Verbotstatbestandes erwarten lassen. Sie ist
dagegen zu versagen, wenn die Verwirklichung eines Verbotstatbestandes nicht,
auch nicht durch Auflagen oder Bedingungen, vermieden werden kann (§ 3 Abs. 4
und 5 LSchVO Bergstraße-Odenwald). Die landschaftsschutzrechtliche
Genehmigung ist ein gebundener Verwaltungsakt, dessen Voraussetzungen auf
der Grundlage einer konkreten Betrachtungsweise der geplanten Maßnahme oder
Handlung zu ermitteln ist zum Unterschied von der Genehmigungsbedürftigkeit
selbst, die gemäß § 3 Abs. 2 LSchVO Bergstraße-Odenwald bereits durch die
abstrakte Eignung von Maßnahmen oder Handlungen zur Erfüllung eines
Verbotstatbestandes begründet wird (Hess. VGH, Urteil vom 25.06.1982 - IV OE
27/80 - a.a.O.).
Die motorsportliche Veranstaltung des Antragstellers dürfte nur genehmigt
werden, wenn nachteilige Auswirkungen im Sinne der Verbotstatbestände der
LSchVO Bergstraße-Odenwald ausgeschlossen wären. Dabei liegt es im Wesen des
Begriffs der Gefahr, daß ihre Beurteilung auf einer Prognose künftiger
Geschehensabläufe beruht. Es bedarf des Nachweises der Unbedenklichkeit durch
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Geschehensabläufe beruht. Es bedarf des Nachweises der Unbedenklichkeit durch
den Antragsteller als eines für ihn günstigen Umstandes, auf den er sich beruft
(vgl. Hess.VGH, U. v. 25.06.1982, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, U. v.
14.08.1984 - 5 S 2036/81 - DÖV 1985, 163 = ESVGH 35, 34). Im gemeinsamen
Runderlaß des Hessischen Ministers für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz
und des Hessischen Ministers für Wirtschaft und Technik vom 22./27.07.1987
(StAnz. 1987, S. 1792) betreffend motorsportliche Veranstaltungen in
Landschaftsschutzgebieten sind unter Ziffer 4.3 typische Auswirkungen des
Fahrbetriebs und der Inanspruchnahme von Flächen für Nebenanlagen
zusammengestellt, die die Naturschutzbehörde zu prüfen und zu bewerten hat.
Die untere Naturschutzbehörde hat in ihrem der Niederschrift über die Sitzung des
Kreisausschusses vom 24.11.1987 als Anlage 1 beigefügten Bericht die am
gleichen Ort am 14. und 15. März 1987 durchgeführte 28. DMV-Veranstaltung
ausgewertet. Sie hat sieben von ihr als erheblich eingestufte Eingriffe im Sinne des
Hessischen Naturschutzgesetzes und der Landschaftsschutzverordnung
festgestellt, die nach ihrer Bewertung zur Erfüllung der Verbotstatbestände des § 3
Abs. 1 LSchVO Bergstraße-Odenwald in folgender Hinsicht geführt haben:
Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes: verstärkte
Abgasbelastung während der Veranstaltung, erhebliche Fahr- und Trittschäden an
der Vegetation-und der Bodendecke, Beunruhigung und Vertreibung
verschiedener Tierarten (z.B. Hase, Reh, Rotkehlchen, Grasmücken) in der
Anfangsphase der Setz-, Vegetations- und Brutzeit,
Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes: parkende Autos im Umkreis von bis zu
500 m vom Veranstaltungsort, Anlage des dicht beparkten Fahrerlagers direkt am
Waldrand, Zelte, Fahnen, sonstige Einrichtungen im Bereich des
Veranstaltungsgeländes am Waldrand in exponierter Lage,
Beeinträchtigungen des Erholungswertes: erhebliche Lärmentwicklung, erheblicher
Kfz-Verkehr auf allen Zufahrtswegen, Errichtung von Parkplätzen, Absperrungen
etc. in der Umgebung des Veranstaltungsortes.
Sie kam zum Ergebnis, daß die von ihr festgestellten Eingriffe durch die dem
Genehmigungsbescheid vom 02.03.1987 beigefügten achtzehn Auflagen nicht
hätten vermieden bzw. ausgeglichen werden können.
Der Senat kann dahingestellt lassen, welche der im Bericht und in der
Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgeführten Eingriffe im übrigen die
Versagung der Ausnahmegenehmigung im einzelnen oder insgesamt
gerechtfertigt hätten. Er kann insbesondere auch offen lassen, welche Bedeutung
für die Frage der Beeinträchtigung des Naturgenusses durch eine Veranstaltung
etwa deren Dauer zukommt. Jedenfalls hätten zum Nachweis der Unbedenklichkeit
auch hinsichtlich möglicher Naturschäden die vorgelegten eidesstattlichen
Versicherungen über einzelne Beobachtungen am Rande bisheriger
Veranstaltungen angesichts des vorliegenden Berichts der fachkundigen unteren
Naturschutzbehörde nicht ausgereicht. Vielmehr hätte es eingehenderer
Untersuchungen nach vorausgehender Bestandsaufnahme u.a. des
Bodengefüges, der Vegetation sowie der Tierwelt, aber auch des
Schadstoffausstoßes zum Nachweis der Unbedenklichkeit der Veranstaltung
bedurft (vgl. zu den nicht erfüllten Anforderungen der Genehmigung einer Moto-
Cross-Veranstaltung in einem schutzwürdigen, jedoch noch nicht als
Landschaftsschutzgebiet ausgewiesenen Gebiet, VGH Baden-Württemberg, U. v.
25.06.1986 - 1 S 3262/85 - NuR 1987, 129, 131).
Die Genehmigung muß hier jedenfalls deswegen versagt werden, weil die geplante
motorsportliche Veranstaltung die Veränderung der Bodengestalt - hierunter fällt
auch die Entnahme oder Aufschüttung von Bodenbestandteilen - zur Folge haben
und damit die Natur nachhaltig schädigen würde (§ 3 Abs. 3 Nr. 5 LSchVO
Bergstraße-Odenwald). Durch den Fahrbetrieb wird die Entstehung einer
Vegetation auf den vegetationslosen Sandflächen des Geländes verhindert oder
doch zumindest infolge der wiederkehrenden Eingriffe auf den im Prozeß der
Sukzession befindlichen Abbauflächen und Grünflächen auf einem bestimmten
Stand festgehalten, ohne sich in der natürlichen zeitlichen Abfolge der sich an
ihrem Standort ablösenden Pflanzengesellschaften weiterentwickeln zu können.
Das wird deutlich an den Sandflächen, die nach den Angaben des Antragstellers
seit der Einstellung des Sandabbaus vor 30 Jahren vegetationslos sind. Dem
widerspricht auch nicht die nach einem Ortstermin an der Rennstrecke am
31.08.1987 vom Amt für Natur und Umweltschutz des Antragsgegners in einem
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31.08.1987 vom Amt für Natur und Umweltschutz des Antragsgegners in einem
Vermerk festgehaltene Feststellung, das Gesamtgelände habe sich seit der
letztjährigen Veranstaltung wieder zu einem blütenreichen und vielgestaltigen
Lebensraum entwickelt - im Vergleich zu den umliegenden Ackerflächen -.
Zutreffend verweist die untere Naturschutzbehörde in ihrem oben genannten
Bericht in diesem Zusammenhang darauf, daß es sich bei dieser Feststellung
lediglich um den optischen Eindruck gehandelt habe, den das Gelände
hinterlassen habe. Ebensowenig wie im Hinblick auf die konservierende
Zielsetzung der Landschaftsschutzverordnung die Kompensation der Schäden
durch positive Folgen des Eingriffs im Rahmen des Verbotstatbestandes der
Schädigung der Natur berücksichtigt werden kann (vgl. Hess.VGH, U. v.
25.06.1982, a.a.O.), kann die durch wiederkehrende Eingriffe ausgelöste
Perpetuierung eines bestimmten Entwicklungsstandes der Vegetation anstelle
ihrer naturgegebenen Fortentwicklung diese Eingriffe rechtfertigen. Der Tatbestand
der Naturschädigung ist unabhängig von dem äußeren Erscheinungsbild
(Landschaftsbild). Im übrigen bleibt auch angesichts der im Zeitpunkt der
Ortsbesichtigung getroffenen Feststellungen offen, wie schnell sich die
Vegetationsdecke nach dem Eingriff durch den Fahrbetrieb entwickelt hat, wann
ihre Erholungsperiode begonnen und wann sie vor dem 31.08. abgeschlossen war,
das heißt, wie lange Auswirkungen auf das Landschaftsbild bestanden haben. Ob
zu diesen die nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen der Rennstrecke
betreffenden Auswirkungen des Fahrbetriebs auch eine Bodenverdichtung im
Bereich der Ackerflächen hinzukommt oder - wie der Antragsteller meint - durch
die Inanspruchnahme der gesamten Fahrfläche "die Verteilung des Bodens
ausgetauscht wird", kann ebenfalls dahinstehen.
Die mit dem Fahrbetrieb verbundenen ungezielten Eingriffe in die Sukzession
können nicht durch Bedingungen und Auflagen, wie sie § 3 Abs. 4 LSchVO
Bergstraße-Odenwald vorsieht, vermieden werden, so daß nur die Versagung der
Genehmigung übrig bleibt (Abs. 5 der Vorschrift).
Bei diesem - wie schon ausgeführt - gebundenen Verwaltungsakt ist der
Naturschutzbehörde entgegen der Auffassung des Antragstellers kein Ermessen
eingeräumt. Von der in der Landschaftsschutzverordnung getroffenen Regelung
kann die Naturschutzbehörde auch nicht durch ministeriellen Erlaß mit rechtlich
verbindlicher Wirkung freigestellt werden. Der Hessische Minister für
Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz differenziert im Erlaß vom 03.02.1988
zwischen motorsportlichen Veranstaltungen in Landschaftsschutzgebieten, "die
bereits seit langem an dem vom Veranstalter beantragten Ort durchgeführt
wurden", für die die ausnahmsweise Genehmigung in Frage kommen soll, und
neuen Veranstaltungen bzw. der Ausweitung der bisherigen Veranstaltungen.
Einen Anspruch auf Genehmigung, der sich nicht aus der
Landschaftsschutzverordnung selbst ergibt, sondern ihr gar widerspricht, kann ein
als Verwaltungsvorschrift im Range unter der Rechtsverordnung stehender
ministerieller Erlaß nicht begründen.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 analog, 20 Abs. 3
und 25 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - und folgt der mit zutreffenden
Erwägungen begründeten Festsetzung des Streitwerts für die erste Instanz.
Hinweis: Der Beschluß ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 25 Abs. 2
Satz 2 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.