Urteil des HessVGH vom 22.04.1991
VGH Kassel: deponie, zumutbarkeit, abfall, quelle, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, dokumentation, behörde, eingriff
1
2
3
4
Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
14. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 TH 2135/90
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 5 S 1 AbfG, § 13
Abs 1 GKG, § 14 GKG, § 20
Abs 3 GKG
(Streitwert - Mitbenutzungsanordnung für eine
Abfallentsorgungsanlage)
Gründe
Der Streitwert ist gemäß § 20 Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 des
Gerichtskostengesetzes - GKG - nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers
für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die
Bedeutung der Sache für den Antragsteller wird daran erkennbar, daß er die vom
Antragsgegner angeordnete Mitbenutzung der Deponie in L für unzumutbar hält
und zugleich die fehlerfreie Ermessensausübung durch das Regierungspräsidium D
bei Erlaß der Mitbenutzungsanordnung in Frage stellt. Das auf diese Weise zum
Ausdruck gelangte Interesse entzieht sich einer eindeutigen rechnerischen
Bestimmung, weil es sich auf die Abwendung von Nachteilen richtet, die in erster
Linie immaterieller Art sind.
Die Zumutbarkeit der Mitbenutzungsanordnung, auf die gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1
des Abfallgesetzes - AbfG - abzustellen ist, sieht der Antragsteller insbesondere
dadurch in Frage gestellt, daß auf diese Weise die begrenzten Verfüllmöglichkeiten
auf der Deponie in L vorzeitig erschöpft würden und er damit gezwungen werde,
den Fortgang des Planfeststellungsverfahrens zur Erweiterung der Deponie
voranzutreiben. Dadurch sieht sich der Antragsteller genötigt, den mit der
Errichtung einer Deponie verbundenen Eingriff in Natur und Landschaft früher als
ansonsten nötig vorzunehmen. Zugleich sieht er sich vorzeitig den mit einem
derartigen Vorhaben verbundenen Schwierigkeiten und Widerständen aus der
Öffentlichkeit ausgesetzt. Schließlich stellt der Antragsteller die Zumutbarkeit der
Mitbenutzung aus technischen Gründen in Frage, indem er geltend macht, daß die
Art der von der Beigeladenen zu entsorgenden Abfälle sich nicht eindeutig
bestimmen lasse und daß die Deponie L für die Aufnahme von besonders
schlammhaltigen Abfällen nicht ausgestattet sei.
Hinsichtlich des Auswahlermessens, das der zuständigen Behörde durch § 3 Abs. 5
Satz 1 AbfG eingeräumt ist, hat der Senat in seinem zur Entscheidung über die
Beschwerde in dem vorliegenden Verfahren ergangenen Beschluß vom 13.
Dezember 1990 ausgeführt, daß eine sachgerechte Auswahl außer
abfallspezifischen unter anderem raumplanerische, wirtschaftliche,
verkehrsmäßige und landschaftliche Überlegungen voraussetze. Damit werden
Gesichtspunkte angesprochen, an deren Beachtung der Antragsteller ebenfalls ein
erkennbares Interesse zeigt, indem er beispielsweise auf die in seinem Gebiet
bereits bestehenden Vorbelastungen hinweist.
Bei der geschilderten Art der von dem Antragsteller verfolgten Interessen liegt es
nahe, die sich danach für ihn ergebende Bedeutung der Sache in Anlehnung an
den in § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG angegebenen Auffangstreitwert von 6.000,-- DM
vorzunehmen. Unangemessen wäre es jedoch, diesen Wert ohne Rücksicht auf
den Umfang der Mitbenutzungsanordnung als Streitwert festzusetzen. Vielmehr
bietet die Menge des in der Mitbenutzungsanordnung genannten Abfalls einen zur
Bemessung des Streitwerts tauglichen Maßstab, weil die Bedeutung der Sache für
den Antragsteller mit der Vergrößerung der von ihm abzunehmenden Abfallmenge
5
den Antragsteller mit der Vergrößerung der von ihm abzunehmenden Abfallmenge
wächst. Der beschließende Senat macht von dem ihm durch § 13 Abs. 1 Satz 1
GKG für die Streitwertfestsetzung eingeräumten Ermessen dahin Gebrauch, daß er
für je 1.000 t Abfall jeweils einen Streitwertanteil von 6.000,-- DM annimmt. Da die
im vorliegenden Verfahren streitige Mitbenutzungsanordnung des
Regierungspräsidiums ... om 30. Mai 1990 sich auf abgerundet 4.000 t Abfall
bezog, würde sich auf diese Weise in einem Klageverfahren ein Streitwert von
24.000,-- DM ergeben. In dem vorliegenden Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes erscheint die Hälfte des genannten Betrages, mithin ein Wert von
12.000,-- DM angemessen.
Der Senat nutzt die ihm durch § 25 Abs. 1 Satz 3 GKG eröffnete Möglichkeit, die
von dem Verwaltungsgericht getroffene Streitwertfestsetzung für den ersten
Rechtszug von Amts wegen entsprechend abzuändern. Für den zweiten Rechtszug
erfolgt die Festsetzung zugleich in entsprechender Anwendung des § 14 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.