Urteil des HessVGH vom 06.10.1989
VGH Kassel: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, einstweilige verfügung, anwaltsgebühr, auflage, bauer, quelle, ausgleichsbeitrag, zivilprozessrecht, verwaltungsgerichtsbarkeit, dokumentation
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 TJ 3570/88
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 40 BRAGebO, § 61 Abs 1
Nr 1 BRAGebO, § 114 Abs 1
BRAGebO, § 31 BRAGebO
(Anwaltsgebühr im Beschwerdeverfahren nach
Erörterungstermin)
Tatbestand
Im Verfahren 4 TH 2062/86, dessen Gegenstand die Beschwerde der durch die
Erinnerungsführer vertretenen Antragsteller gegen die Ablehnung ihres Antrags
auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen ihre
Heranziehung zu einer Vorausleistung auf einen Ausgleichsbeitrag nach dem
Städtebauförderungsgesetz war, haben die Beteiligten auf Grund eines
Erörterungstermins vor dem Berichterstatter am 23.04.1987 nach einer
außergerichtlichen Einigung in Form eines Vergleichsvertrages ihren Antrag
zurückgenommen.
Unter dem 29.10.1987 beantragten die Erinnerungsführer bei der Geschäftsstelle
des Verwaltungsgerichts Darmstadt, die Kosten des Verfahrens gegen die
Antragsteller festzusetzen. Sie haben dabei für das Verfahren in der zweiten
Instanz eine Prozeßgebühr und eine Erörterungsgebühr jeweils in Höhe einer vollen
Gebühr verlangt. Durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 19.01.1988 hat der
Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichts Darmstadt die Kosten für das Verfahren
in zweiter Instanz abweichend dahingehend festgesetzt, daß er unter Hinweis auf §
61 BRAGO als Prozeß- und Erörterungsgebühr jeweils nur 5/10 der vollen Gebühr
anerkannt hat.
Gegen den den Erinnerungsführern am 27.01.1988 zugestellten Beschluß haben
diese am 09.02.1988 Erinnerung eingelegt, u. a. soweit die Gebühren des
Beschwerdeverfahrens nur zu 5/10 zuerkannt worden seien.
Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat die Erinnerung mit Beschluß vom
02.08.1988 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtfestsetzung von 10/10 Gebühren im Beschwerdeverfahren haben
die Erinnerungsführer am 22.08.1988 Beschwerde eingelegt, der das
Verwaltungsgericht nicht abgeholfen hat. Sie haben dabei die Auffassung
vertreten, daß in Beschwerdeverfahren, die auf Grund mündlicher Verhandlungen
ergingen, die Gebühren wie in einem erstinstanzlichen Verfahren festzusetzen
seien. Das müsse auch im Falle einer Erörterung gelten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Maßgeblich ist § 61 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO, wonach der Rechtsanwalt im verwaltungsgerichtlichen
Beschwerdeverfahren nur 5/10 der in § 31 BRAGO bestimmten Gebühren erhält
(Hess. VGH, Beschluß vom 29.12.1981 -- IV TI 25/81 -- AnwBl.1982, 159; ebenso
Hess. VGH, Beschluß vom 22.11.1984 -- I TJ 987/84 --). Nach § 114 Abs. 1 BRAGO
gelten vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Vorschriften des 3.
Abschnitts sinngemäß, also auch § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, in dem die Gebühren
für das Beschwerdeverfahren geregelt sind (OVG Münster, Beschluß vom
30.05.1979 -- XVI B 429/79 -- KostRsp. BRAGO § 114 Nr. 22; Gerold/Schmidt-von
Eicken, BRAGO, Kommentar, 9. Aufl., § 114 Rz 15; Hartmann, Kostengesetz,
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Eicken, BRAGO, Kommentar, 9. Aufl., § 114 Rz 15; Hartmann, Kostengesetz,
Kommentar, 22. Auflage, BRAGO, § 114 Anm. 2, 2 A f.; Riedel/Sußbauer, BRAGO,
Kommentar, 6. Aufl. § 40 Rz 13). Etwas anderes folgt auch nicht aus der
Verweisung in § 114 Abs. 4 BRAGO auf § 40 BRAGO. Denn diese Verweisung hat für
das Verfahren wegen Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des
Widerspruchs nur zur Folge, daß dieses gebührenrechtlich als besondere
Angelegenheit gilt; sie sagt aber zur Höhe der Gebühr selbst nichts aus; vielmehr
ist insofern für das Beschwerdeverfahren eine ausdrückliche Regelung in § 61 Abs.
1 Nr. 1 BRAGO getroffen.
Das gilt im Gegensatz zur Auffassung der Erinnerungsführer auch bei mündlicher
Verhandlung (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) oder der Erörterung der Sache durch den
Berichterstatter (§ 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO) im Beschwerdeverfahren. Der
Gegenmeinung (widersprüchlich Gerold/Schmidt-von Eicken, a.a.O.: einerseits bei
mündlicher Verhandlung Gebühr in voller Höhe, § 14 Rz 16, andererseits "jedenfalls
die Erörterungsgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 4 zur Hälfte", § 61 Rz 9;
Göttlich/Mümmler, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 15. Auflage,
Beschwerden, Anm. 2.3.S. 292 f., Einstweilige Verfügung, Anm. 1.18.S. 469;
Hartmann, a.a.O., BRAGO, § 61 Anm. 2 A; Riedel/Sußbauer, a.a.O., § 40 Rz 13)
kann nicht gefolgt werden. § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO hat für die Höhe der in § 31
bestimmten Gebühren und damit für alle von dieser Vorschrift erfaßten
anwaltlichen Tätigkeiten im Beschwerdeverfahren eine ausdrückliche Regelung
getroffen, die die Vergütung auf 5/10 der vollen Gebühr begrenzt. Auch aus § 114
Abs. 3 BRAGO, der hinsichtlich der Höhe der Gebühren eine Sonderregelung für die
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung oder Revision enthält, ergibt
sich mittelbar, daß es in allen übrigen Fällen der Beschwerde bei der sinngemäßen
Anwendung des § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO verbleibt. Das OLG Hamburg hat in
seinem Beschluß vom 25.02.1987 (MDR 1987, 595) zutreffend darauf hingewiesen,
daß die Gegenmeinung den Grenzen der Rechtsanwendung angesichts der klaren
gesetzlichen Regelung nicht hinreichend Rechnung trägt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.