Urteil des HessVGH vom 07.12.1995

VGH Kassel: clausula rebus sic stantibus, verkehrsverhältnisse, anteil, finanzen, verfügung, öffentlich, finanzausgleich, leistungsklage, rechtsgrundlage, hessen

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
6. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 UE 39/93
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 137 Verf HE, § 2 GVFG,
§ 36 Abs 2 FinAusglG HE
1988, § 11 Abs 1 GVFG
(Zur Finanzierung des S-Bahn-Netzes aus der
Finanzausgleichsmasse des Bundeshaushalts)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte seinen vorvertraglich
vereinbarten Anteil an den Kosten des Ausbaus des S-Bahn-Netzes Rhein-Main
aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs erbringen darf.
Aufgrund von Vereinbarungen zwischen der Stadt Frankfurt am Main und der
Deutschen Bundesbahn (nachfolgend DB genannt) vom 4. Oktober 1968 und
zwischen dem Beklagten und der DB vom 9. Oktober 1968 wurde mit dem Bau
eines S-Bahn-Netzes im Rhein-Main-Gebiet begonnen. Am 25. September 1978
schlossen der Beklagte, die Stadt F und die DB einen den ersten Bauabschnitt der
zweiten Baustufe betreffenden Finanzierungsvertrag. Am 4. Dezember 1986
schlossen die DB und der Beklagte - für die Strecke nach H - mit den Städten F
und O sowie den Landkreisen O und M bzw. - für die Strecke nach D - mit den
Städten F und D sowie den Landkreisen O und D einen Vertrag über den Bau und
die Finanzierung der für die S-Bahn auf den Streckenabschnitten F Süd - L - D
Hauptbahnhof und F M - O - H Hauptbahnhof erforderlichen Anlagen. Um die
Auslegung und Anwendung dieses Vertrages streiten die Beteiligten des
vorliegenden Verwaltungsstreitverfahrens. Nach § 2 des Vertrages sollte die DB
Trägerin des Vorhabens sein.
§ 5 des Vertrages hat folgenden Wortlaut:
"§ 5
(1) Grundlage für die Finanzierung der in § 1 beschriebenen Maßnahmen sind das
Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse
der Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG -) vom 13. März
1972 und die dazu erlassenen Richtlinien des Bundes in der jeweils geltenden
Fassung.
(2) Die nach dem GVFG zuwendungsfähigen Kosten der Maßnahme sind nach dem
Preis- und Planungsstand vom 31.12.84 mit 1 460 Mio. DM ermittelt bzw.
geschätzt.
(3) Die Vertragspartner gehen davon aus, daß sich der Bund nach dem GVFG
durch Zuschüsse an den Kosten gemäß Abs. 2 beteiligt, und zwar im gesetzlich
höchstmöglichen Umfang.
Die danach nicht durch Investitionszuschüsse des Bundes gedeckten
zuwendungsfähigen Kosten und ein Zuschuß zu den nicht zuwendungsfähigen
Kosten der Planung und Bauaufsicht in Höhe von 7 % der zuwendungsfähigen
Kosten werden vom Land getragen (Gegenfinanzierung).
(4) Unbeschadet der Gegenfinanzierung durch das Land erstatten die
kommunalen Gebietskörperschaften dem Land entsprechend dem Mittelabruf
durch die DB nach § 9 Abs. 1 dieses Vertrages 12,5 v. H. der zuwendungsfähigen
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durch die DB nach § 9 Abs. 1 dieses Vertrages 12,5 v. H. der zuwendungsfähigen
Kosten, die auf dem Gebiet der kommunalen Gebietskörperschaften jeweils
entstehen (Prinzip der örtlichen Belegenheit).
(5) Über die Zuwendungsfähigkeit der Kosten wird vom Bund nach den von ihm für
die DB nach Abstimmung mit den Ländern eingeführten Richtlinien entschieden.
Soweit die DB gegenüber Dritten Wertausgleich nicht durchsetzen kann,
übernimmt das Land diese Beträge.
(6) Das Land stimmt der Aufnahme des Vorhabens in das Programm des Bundes
nach § 6 Abs. 1 GVFG zu.
(7) Kostenerhöhungen durch Preissteigerungen und/oder Lohnerhöhungen sowie
durch Planungsänderungen werden den Finanzierungsverhältnissen nach den Abs.
3, 4 und 5 entsprechend getragen. Planungsänderungen, die zu wesentlichen
Kostenerhöhungen führen, bedürfen der Einwilligung des Landes und der
betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften, deren Einwilligung vom Land
herbeigeführt wird. Kostenminderungen kommen den Beteiligten entsprechend
zugute.
(8) Die nach den vorstehenden Bestimmungen nicht vom Bund, vom Land oder
von Dritten zu tragenden Kosten gehen zu Lasten der DB."
Zur Zeit des Vertragsschlusses Ende 1986 galt das Finanzausgleichsgesetz - FAG
- in der Neufassung vom 29. Juni 1984 (GVBl. I S. 193), geändert durch Gesetz
vom 1. Februar 1985 (GVBl. I S. 35). Nach § 34 Abs. 1 Nr. 8 FAG dieser Fassung
konnten Gemeinden, Landkreisen und Zweckverbänden Zuwendungen für die
Verbesserung der kommunalen Verkehrsverhältnisse gewährt werden. Zu diesen
Maßnahmen gehörten insbesondere nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 der "Bau und Ausbau
von Verkehrsanlagen des öffentlichen Personennahverkehrs einschließlich der
Maßnahmen zur Verknüpfung von Individualverkehr und öffentlichem
Personennahverkehr (Park- und Ride-Plätze)".
Durch Art. 1 Nr. 17 des Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und
anderer Rechtsvorschriften - Finanzausgleichsänderungsgesetz 1988 - vom 16.
Dezember 1987 (GVBl. I S. 225) erhielt § 34 FAG folgende Fassung:
"§ 34
Pauschale Zuweisungen für öffentlichen Personennahverkehr
(1) Landkreise und kreisfreie Städte können im Rahmen der verfügbaren Mittel
pauschalierte Zuweisungen zu den Ausgaben für Investitionen und
Investitionsförderungsmaßnahmen im Rahmen eines kommunalen
Nahverkehrsprogrammes erhalten. Die Zuweisungen sind ausschließlich
bestimmt, die von kommunalen Bauträgern selbst zu tragenden Kosten zu
decken.
(2) Die Höhe der pauschalen Zuweisungen bemißt sich nach den Ausgaben und
der finanziellen Leistungsfähigkeit; § 32 Abs. 2 und 3 sowie § 33 Abs. 1 gelten
entsprechend."
Nach Art. 1 Nr. 20 desselben Gesetzes wurde als § 36 eingefügt:
"§ 36
Zuwendungen zur Projektförderung
(1) Landkreisen, Gemeinden, Zweckverbänden und dem Landeswohlfahrtsverband
Hessen können in den folgenden Bereichen Zuwendungen für einzelne
Investitionen bewilligt werden:
...
(2) Als kommunale Investitionen im Sinne des Abs. 1 gelten die Maßnahmen der
Deutschen Bundesbahn, die nach § 2 des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes förderungsfähig sind, soweit sie die
Verkehrsverhältnisse in den Kommunen verbessern. Zuwendungen werden der
Deutschen Bundesbahn bewilligt.
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(3) Die zuwendungsfähigen Ausgaben werden grundsätzlich in Höhe eines
bestimmten Anteils finanziert. Die Höhe der Zuwendungen richtet sich nach der
finanziellen Leistungsfähigkeit des Zuwendungsempfängers und seiner Stellung im
Finanz- und Lastenausgleich. Über die veranschlagten Beträge verfügt der jeweils
zuständige Fachminister im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und
dem Minister des Innern."
Durch das am 01. Januar 1995 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des
Finanzausgleichsgesetzes vom 20. Dezember 1994 (GVBl. I Seite 761 f.) wurde
unter anderem in dem früheren § 36, jetzt § 33, in Absatz 2 Satz 1 das Wort
"Bundesbahn" durch die Worte "Bahn AG" ersetzt. Anstelle des Satzes 2 wurden
folgende Sätze 2 und 3 angefügt:
"Als kommunale Investition im Sinne des Abs. 1 gelten auch Maßnahmen von
sonstigen Verkehrsunternehmen, soweit diese Unternehmen Aufgaben des
öffentlichen Personennahverkehrs erfüllen, für die die Kommunen zuständig sind.
Zuwendungen werden den Verkehrsunternehmen bewilligt."
Am 26. Februar 1990 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er
vorgetragen hat, der Beklagte finanziere den von ihm laut S-Bahn-
Finanzierungsvertrag zu tragenden Kostenanteil ausschließlich zu Lasten des
kommunalen Finanzausgleichs und damit auch zu Lasten des Klägers. Die
Zuweisung der Finanzierungsmittel an die Deutsche Bundesbahn zu Lasten des
kommunalen Finanzausgleichs sei vertrags-, gesetzes- und verfassungswidrig. Zur
Zeit des Vertragsabschlusses und seiner haushaltsrechtlichen Genehmigung
durch den Hessischen Landtag habe das FAG i.d.F. vom 29. Juni 1984, geändert
durch das Änderungsgesetz vom 1. Februar 1985 gegolten. Das FAG habe
innerhalb und außerhalb der Finanzausgleichsmasse Zuwendungen des Beklagten
für Investitionen geregelt, bei denen der Bauträger eine Kommune sei. Träger des
Vorhabens "Bau eines S-Bahn-Netzes im Rhein-Main-Gebiet" sei nach § 2 Satz 1
des Vertrages die Deutsche Bundesbahn. Zuweisungen an diese aus
Finanzausgleichsmitteln seien im FAG in der im Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses geltenden Fassung nicht vorgesehen gewesen.
Geschäftsgrundlage des S-Bahn-Finanzierungsvertrages sei daher die Tatsache
gewesen, daß der Beklagte aufgrund der Regelungen des FAG nicht in der Lage
gewesen sei, seinen Finanzierungsanteil zu Lasten des kommunalen
Finanzausgleichs zu erbringen. § 36 Abs. 2 FAG i.d.F. vom 18. Dezember 1987
(GVBl. 1988 I S. 37 ff.) sei geschaffen worden, um eine Rechtsgrundlage zur
Finanzierung des Landesanteils aus dem kommunalen Finanzausgleich zu
schaffen. Der Beklagte dürfe jedoch nicht durch schlichte Gesetzesänderung die
im Zeitpunkt des Vertrags bestehende Rechts- und Geschäftsgrundlage einseitig
ändern, ohne vorher den Vertrag zu kündigen. Auch sei die Gesetzesänderung
mißlungen, weil der S-Bahn-Bau keine Maßnahme nach § 2 GVFG sei. Drittens
widerspreche § 36 Abs. 2 FAG sowohl der Systematik des FAG als auch dem
Grundgesetz und der Hessischen Landesverfassung. Die Regelung in § 2 GVFG sei
abschließend. Die S-Bahn könne nicht unter die Begriffe "Straßenbahn", "Hoch-
und Untergrundbahn" und "Bahn besonderer Bauart" subsumiert werden. Unter S-
Bahnen verstehe man vielmehr von der Bundesbahn betriebene
Nahverkehrsbahnen, also bundeseigene Eisenbahnen, die mangels
tatbestandlicher Voraussetzungen nicht nach § 2 GVFG gefördert werden könnten.
Im übrigen werde eine Maßnahme nach § 11 Abs. 1 GVFG auch durch die
Verweisung auf § 2 GVFG nicht zu einer solchen nach § 2 GVFG. Art. 106 Abs. 7 GG
verbiete es dem Landesgesetzgeber, sich aus dieser Zuweisung zu Lasten der
Gemeinden für Zwecke zu bedienen, die nicht zum gesetzlichen Aufgaben- und
Pflichtenkreis der Gemeinden gehörten. Die Beteiligung an der S-Bahn-
Finanzierung sei keine originäre Verpflichtung der Gemeinden, sondern eine
freiwillig übernommene Verpflichtung. Der Beklagte könne offen die Mittel für den
kommunalen Finanzausgleich kürzen und den Hundertsatz absenken oder nicht zu
den Gemeinschaftssteuern gehörende Steuerarten aus der Verteilung
ausnehmen. Dies müsse aber im förmlichen Gesetzgebungsverfahren erfolgen
und nicht dadurch, daß in grundgesetzwidriger Weise der Kreis der
Leistungsempfänger ausgeweitet werde. Der "verdeckte Zugriff" verstoße auch
gegen Art. 137 Abs. 5 der Hessischen Verfassung. Der Feststellungsantrag sei
zulässig, da der Kläger ein rechtlich schützenswertes Interesse daran besitze, daß
Haushaltsmittel entsprechend der verfassungsrechtlich gebotenen Systematik des
FAG auf die Kommunen und damit auch auf ihn verteilt würden. Für die bereits
verabschiedeten Haushaltsjahre könne eine Leistungsklage keinen Erfolg haben,
da die Haushaltsgesetze in Kraft getreten seien.
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Im übrigen hat der Kläger sich auf ein Kurzgutachten von Prof. Dr. P. (Juni 1990)
sowie ein Gutachten von Prof. Dr. P. und Prof. Dr. R. (Oktober 1990) gestützt.
Der Kläger hat beantragt,
1.) festzustellen, daß das beklagte Land nicht berechtigt war, die von ihm gemäß §
5 Abs. 3 Satz 2 des Vertrags über die Finanzierung der S-Bahn vom 4. Dezember
1986 zu tragenden Kosten
a) im Haushaltsjahr 1989 und
b) in den Haushaltsjahren 1990 bis 1992
aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs zu bezahlen,
2.) das beklagte Land zu verpflichten, die von ihm gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 des
Vertrags über die Finanzierung der S-Bahn vom 4. Dezember 1986 für die
folgenden Haushaltsjahre zu tragenden Kosten nicht zu Lasten des kommunalen
Finanzausgleichs zu erbringen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, die Klage sei unzulässig, denn sie erfülle nicht die
Rechtswegvoraussetzungen des § 40 VwGO, weil kein Akt einer Landesbehörde,
sondern die Verfassungsmäßigkeit bestimmter landesgesetzlicher Regelungen des
FAG und des Haushaltsgesetzes für 1990 und 1991 in Frage gestellt werde. Das
Feststellungsinteresse sei nicht näher belegt worden. Der für den Zeitraum von
1992 an gestellte Verpflichtungsantrag sei nach § 43 VwGO ebenfalls unzulässig,
denn es werde ein Legislativakt gefordert. Die Klage sei auch unbegründet. Aus
dem Vertrag habe sich lediglich eine Verpflichtung des Landes zur Mitfinanzierung
aus Landesmitteln ergeben. Die Mittel des kommunalen Finanzausgleichs seien
Landesmittel. Die auf den Beklagten entfallenden Zahlungen an die DB seien seit
1969 in ständiger Praxis in den Haushaltsplänen des Beklagten innerhalb der
Ausgaben des kommunalen Finanzausgleichs veranschlagt worden. Dieser
Sachverhalt sei allen sachkundigen Beteiligten bei Abschluß des hier
interessierenden Finanzierungsvertrags bekannt gewesen. Der Landesgesetzgeber
habe durch Haushaltsplan bereits vor Vertragsabschluß die Veranschlagung
gesetzlich geregelt und insoweit die Regelungen in § 34 Abs. 1 Nr. 8 und § 38 FAG
a. F. durch weitere einfachgesetzliche Regelung des Haushaltsgesetzes ergänzt.
Die Neuformulierung des § 36 Abs. 2 FAG habe keine inhaltliche Änderung des S-
Bahn-Finanzierungsverfahrens des Beklagten bewirkt. Im übrigen sei § 36 Abs. 2
FAG n. F. vor Beginn der zahlungsmäßigen Abwicklung des neuen Vertrags (vom 4.
Dezember 1986) in Kraft getreten und bilde somit die aktuelle Rechtsgrundlage für
die Leistungen des Beklagten. § 36 Abs. 2 FAG gelte für S-Bahn-Bauten. Diese -
geregelt in § 11 GVFG - fielen unter die Leistungen des Bundes an
Bundesunternehmen. Die Bundesleistungen nach § 11 GVFG könnten - wie die
Verweisung auf § 2 GVFG zeige - nur für einen bestimmten Maßnahmenkatalog
verwendet werden. Nichts anderes als diesen Maßnahmenkatalog meine die
Formulierung in § 36 Abs. 2 FAG. In der amtlichen Begründung zum Antrag der
Landesregierung betreffend das Finanzausgleichsänderungsgesetz 1988 werde
ausdrücklich ausgeführt, daß mit der Formulierung die S-Bahn-Maßnahmen der DB
gemeint seien. Sie seien weder nicht bundeseigene Bahnen besonderer Bauart
noch bundeseigene Eisenbahnen, sondern Bahnen besonderer Bauart im
Eigentum eines bundeseigenen Unternehmens. Die Fördermittel nach § 11 GVFG
würden nicht den Ländern zur Weiterleitung an die Deutsche Bundesbahn
zugewiesen. Vielmehr zahle der Bund unmittelbar an die DB. Weshalb der Kläger
die Folgerung ziehe, der Beklagte sei nicht berechtigt, neben diesen Mitteln
Komplementärförderungen aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs zur
Verfügung zu stellen, sei nicht nachvollziehbar. Die Bedenken des
Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Belastung von Steuerverbundmitteln
nach Art. 106 GG mit einer Umlage (Vorlagebeschluß vom 2. August 1984 - 3 C
40.81 - betreffend Krankenhausumlage in Rheinland-Pfalz) dürften für Hessen nicht
greifen, weil sich die Regelung der S-Bahn-Finanzierung nicht im engeren
Kernbereich des Finanzausgleichs auswirke. Hessen stelle im Ländervergleich
einen überdurchschnittlich großen Teil seiner Leistungen in Form der allgemeinen
Finanzzuweisungen oder jedenfalls in frei verfügbarer Form zur Verfügung.
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Auf eine Verfügung des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte ausgeführt, bei
überschlägiger Schätzung hätte eine Erhöhung der Gesamtschlüsselmasse um die
Zuschüsse, die von dem Beklagten in den Jahren 1990 und 1991 unmittelbar an
die DB geleistet worden seien, zu einer erhöhten Schlüsselzuweisung an den
Kläger von knapp 2,0 Mio DM für 1990 und von 4,0 Mio DM für 1991 geführt. Da
jedoch für 1990 ein Ausgaberest aus 1988 und für 1991 ein absehbarer
Ausgaberest ansatzmindernd berücksichtigt worden seien, sei die Auswirkung der
umstrittenen Ausgaben auf die Steuerverbundmassen 1990 und 1991 geringer als
die genannten Beträge. Es erscheine daher gerechtfertigt, die Auswirkung für 1990
mit dem in der Klage genannten Betrag von 1,4 Mio DM zu bewerten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. September 1992
abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die
Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Dem Sinn und Zweck des
Vertrages vom 4. Dezember 1986 könne nicht entnommen werden, daß dem
Beklagten verboten worden sei, seinen Finanzierungsanteil gegenüber der DB aus
Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs zu erbringen. Auch seien sämtliche den
S-Bahn-Bau Rhein-Main betreffenden Zuwendungszahlungen an die DB seit 1969
innerhalb der Ausgaben des kommunalen Finanzausgleichs veranschlagt worden.
Dem Kreisausschuß des Klägers sei im Rahmen der vorbereitenden
Vertragsverhandlungen eine Presseerklärung des Hessischen Ministers der
Finanzen vom 25. September 1981 zur Kenntnis gegeben worden, in der gesagt
werde, daß der Beklagte seinen Anteil an den Gesamtkosten der Main-
Unterquerung ausschließlich aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs zu
erbringen gedenke. Dem Kläger sei auch ein der DB erteilter Zuwendungsbescheid
des Hessischen Ministers der Finanzen vom 14. Februar 1985 mitgeteilt worden, in
dem darauf hingewiesen werde, daß sich die Auszahlung der Mittel nach dem
jeweils gültigen Zahlungserlaß des Finanzministers für Zahlungen aus Mitteln des
kommunalen Finanzausgleichs richte. Im übrigen habe der Kläger sich nicht gegen
die anläßlich der Vertragsunterzeichnung am 4. Dezember 1986 vom Hessischen
Finanzminister sowie vom Hessischen Minister für Wirtschaft und Technik
gemeinsam herausgegebene und seinen Vertretern an Ort und Stelle übergebene
Presseerklärung gewandt, wonach der Beklagte sich mit 27,5 % nach dem
Finanzausgleichsgesetz beteiligen werde. Dies habe nur so verstanden werden
können, daß damit Mittel des kommunalen Finanzausgleichs gemeint gewesen
seien. Auch stelle entgegen der Ansicht des Klägers der Bau des S-Bahn-Netzes
Rhein-Main eine förderungsfähige Maßnahme dar. Man werde die S-Bahn im
Ergebnis als "Bahn besonderer Bauart" ansehen können. Infolgedessen sei § 36
Abs. 2 FAG n. F. geeignete Rechtsgrundlage dafür, daß der Beklagte seinen
Finanzierungsanteil gegenüber der DB aus Mitteln des kommunalen
Finanzausgleichs erbracht habe. Die Regelung sei zum 1. Januar 1988 und damit
rechtzeitig vor der erstmaligen Mittelzuweisung an die DB auf der Grundlage des
Vertrages vom 4. Dezember 1986 in Kraft getreten und sei daher anwendbar. Die
Anwendung dieser Vorschrift sei auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu
beanstanden. Die Verpflichtungsklage sei unzulässig, denn der
Verwaltungsrechtsweg sei insofern nicht gegeben.
Gegen das am 3. Dezember 1992 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.
Dezember 1992 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt, er begehre
in erster Linie die Erfüllung des Vertrages vom 04. Dezember 1986. Er mache die
Verletzung eigener Rechte geltend. Durch die rechtswidrige Beteiligung der DB als
Zuwendungsempfängerin würden alle Kommunen und Kommunalverbände, mithin
auch der Kläger, in ihrem Recht auf angemessenen Finanzausgleich verletzt. Die
spezielle Betroffenheit des Klägers liege darin, daß die von dem Beklagten
gewählte Finanzierung den Kläger entgegen dem Finanzierungsvertrag doppelt zur
Kasse bitte. Die Klage sei auch begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen
verweist der Kläger auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und führt ergänzend aus,
das Ergebnis des angefochtenen Urteils halte den allgemeinen Auslegungsregeln
nicht stand. Dem Beklagten sei durch Art. 137 Abs. 5 der Hessischen Verfassung
geboten, auch dem Kläger die zur Durchführung seiner eigenen und ihm
übertragenen Aufgaben erforderlichen Geldmittel im Wege des Lasten- und
Finanzausgleichs zu sichern und ihm für seine freiwillige öffentliche Tätigkeit in
eigener Verantwortung zu verwaltende Einnahmequellen zur Verfügung zu stellen.
In Art. 106 Abs. 7 Satz 1 GG werde angeordnet, daß der den Kommunen
zugewiesene Anteil diesen tatsächlich zufließe. Damit seien Vorwegabzüge für
Landesumlagen und Kürzungen zugunsten anderer als kommunaler
Verwaltungsträger ausgeschlossen. Der Vertrag sei am 4. Dezember 1986
unterzeichnet worden, so daß sich seine Auslegung nach den damals geltenden
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unterzeichnet worden, so daß sich seine Auslegung nach den damals geltenden
gesetzlichen Vorschriften zu richten habe. Das FAG habe in der damals gültigen
Fassung vorgesehen, daß nur Gemeinden, Landkreise und Zweckverbände
Zuwendungen für bestimmte Investitionsbereiche erhielten. Gerade die zum 1.
Januar 1988 in Kraft getretene Änderung des FAG zeige, daß zu diesem Zeitpunkt
dem Beklagten bewußt gewesen sei, daß die von ihm in der Vergangenheit
stillschweigend geübte Praxis gegen das FAG verstoße. Im übrigen sei der S-Bahn-
Bau nicht nach § 2 GVFG förderungsfähig, sondern nur nach § 11 GVFG, denn S-
Bahnen seien keine Bahnen besonderer Bauart im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2
GVFG, sondern bundeseigene Eisenbahnen nach § 11 Abs. 1 GVFG.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 23.
September 1992 festzustellen, daß der Beklagte nicht berechtigt war, die von ihm
gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 des Vertrages über die Finanzierung der S-Bahn vom 4.
Dezember 1986 zu tragenden Kosten in den Haushaltsjahren 1989 bis 1995 aus
Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Klageantrag auch
hinsichtlich der Jahre 1993 bis 1995 abgewiesen wird.
Er verweist zunächst auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts und tritt im
übrigen dem Vortrag des Klägers entgegen.
Er trägt weiter vor, die Schlüsselzuweisungen im Rahmen des kommunalen
Finanzausgleichs würden in einem dreifach gegliederten Verfahren verteilt.
Zunächst erfolge die Mitteilung von groben Orientierungsdaten, sodann eine
vorläufige und schließlich die endgültige Berechnung der Schlüsselzuweisungen.
Für das Ausgleichsjahr 1989 sei die endgültige Festsetzung am 18. September
1989 erfolgt. Entsprechend habe für die Jahre 1990 bis 1995 die endgültige
Festsetzung am 30. Juli 1990, 22. August 1991, 10. September 1992, 13.
September 1993, 1. September 1994 und 18. August 1995 stattgefunden.
Anträge auf Berichtigung der Umlagegrundlagen oder Schlüsselzuweisungen habe
der Kläger für die Finanzausgleichsjahre 1989 bis 1995 nicht gestellt. Ein
Rechtsschutzinteresse fehle daher.
Der Kläger erwidert, er habe für 1989, 1990, 1993 und 1994 Berichtigungsanträge
gestellt, die für 1989 und 1993 bereits bei der vorläufigen Berechnung
berücksichtigt worden seien. Für 1990 seien Berichtigungsanträge vom 2. und 18.
Januar 1990 gestellt worden. Die endgültige Festsetzung sei durch Erlaß des
Hessischen Ministeriums der Finanzen vom 23. Juli 1990, weitergegeben mit
Verfügung des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 30. Juli 1990, erfolgt. Für
1994 seien Berichtigungsanträge vom 26. Januar und 29. April 1994 gestellt
worden. Die endgültige Festsetzung sei am 22. August 1994, weitergegeben mit
Verfügung vom 1. September 1994, erfolgt. Er, der Kläger, habe in seinen
Berichtigungsanträgen nicht angegriffen, daß der Beklagte vertrags- und
systemwidrig die S-Bahn-Finanzierung in den Finanzausgleich mit einbezogen
habe.
Dem Senat hat ein Ordner vorgelegen, der Anlagen zu Schriftsätzen der
Beteiligten enthält. Diese Unterlagen sind zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes wird auf ihren Inhalt sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den
darüber hinausgehenden Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt worden.
Sie ist jedoch unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat die Klage im
Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Der vom Kläger im Berufungsverfahren allein weiterverfolgte Feststellungsantrag
wird seinem ursprünglichen Begehren in vollem Umfang gerecht, weil von dem
beklagten Land erwartet werden kann, daß es gerichtliche Feststellungen bei
unveränderter Rechtslage beachtet. Der Antrag ist aber in der erweiterten Fassung
- der Kläger hat zusätzlich die Jahre 1993 bis 1995 in den Antrag aufgenommen -
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- der Kläger hat zusätzlich die Jahre 1993 bis 1995 in den Antrag aufgenommen -
für die Jahre 1989 bis 1994 unzulässig und bezüglich des Jahres 1995 jedenfalls
unbegründet. Die genannte Antragserweiterung ist allerdings nach § 173 VwGO in
Verbindung mit § 264 Nr. 2 ZPO ohne weiteres statthaft; insofern bedarf es keiner
Klageänderung, die davon abhängig wäre, daß der Beklagte einwilligt oder der
Senat die Änderung für sachdienlich hält (§ 91 Abs. 1 VwGO).
Für den Feststellungsantrag ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, denn die
Frage, ob der Beklagte berechtigt war, die von ihm gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 des
Vertrages vom 4. Dezember 1986 zu tragenden Kosten in den Haushaltsjahren
1989 bis 1995 aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs zu bezahlen, ist
öffentlich- rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art; die Streitigkeit ist
auch nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen
(vgl. zu den genannten Voraussetzungen § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Streitigkeit ist öffentlich-rechtlicher Natur. Der Kläger stützt sein Begehren auf
den Vertrag über die Finanzierung der S-Bahn vom 4. Dezember 1986. Bei diesem
Vertrag handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, denn sein
Gegenstand ist öffentlich-rechtlicher Natur; er bezieht sich auf einen nach den
maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätzen öffentlichrechtlich geregelten
Sachverhalt (vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Aufl., 1991, Rdnrn. 6 und
7 zu § 54 m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur). Grundlage für die
Finanzierung des Weiterbaus der S-Bahn Rhein-Main sind nach der ausdrücklichen
Regelung in § 5 Abs. 1 des Vertrages das Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur
Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden
(Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG -) vom 13. März 1972 (BGBl. I S.
501 ff.) und die dazu erlassenen Richtlinien des Bundes in der jeweils geltenden
Fassung. Alle diese Vorschriften sind öffentlich-rechtlicher Natur, weil in ihnen
geregelt wird, daß und wie Träger öffentlicher Gewalt - nämlich der Bund und die
Länder - Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden
finanziell fördern.
Die Streitigkeit ist auch nichtverfassungsrechtlicher Art. Verfassungsrechtlicher
Natur sind nicht alle Streitigkeiten, für deren Entscheidung die Anwendung von
Vorschriften des Bundes- oder Landesverfassungsrechts in Betracht kommt,
sondern nur diejenigen Streitigkeiten, die sowohl hinsichtlich der Beteiligten als
auch aufgrund der Herleitung des Anspruchs aus dem Verfassungsrecht von
sonstigen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zu unterscheiden sind. Hier geht es
darum, wie der Beklagte gegenüber dem Kläger den Finanzierungsvertrag vom 4.
Dezember 1986 zu erfüllen hat. Den eigentlichen Kern des Rechtsstreits bilden
nicht die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen (vgl. BVerwG,
Urteil vom 3. November 1988 - BVerwG 7 C 115.86 - BVerwGE 80, 355 ff., 357).
Der Vertrag ist nichtverfassungsrechtlicher, sondern verwaltungsrechtlicher Natur,
denn es geht um die Aufteilung der Kosten der S-Bahn-Erweiterung. Die im
Vertrag getroffene, die Kostenverteilung betreffende Entscheidung ist keine dem
Verfassungsrecht angehörende Entscheidung. Vielmehr handelt es sich bei der
insofern getroffenen Vereinbarung um eine reine Verwaltungsvereinbarung, obwohl
es auch bei der Auslegung dieser Vereinbarung auf verfassungsrechtliche
Regelungen - etwa auf das in Art. 28 GG verankerte kommunale
Selbstverwaltungsrecht - ankommen kann. Ein Rechtsverhältnis, das wie das hier
streitige nicht selbst unmittelbar dem Verfassungsrechtskreis entstammt, hat
nicht schon allein deshalb verfassungsrechtlichen Charakter, weil die
maßgeblichen einfachgesetzlichen Bestimmungen der Erfüllung eines
Verfassungsgebots dienen oder weil seine Beurteilung nicht unerheblich von
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten abhängt (BVerwG, Urteil vom 3.
November 1988, a.a.O., Seite 357 f.). Das Bundesverfassungsgericht hat sogar
den Streit zwischen dem Bund und den Ländern über die Verteilung der
Bundesmittel für den Wohnungsbau für eine nichtverfassungsrechtliche Streitigkeit
gehalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. April 1976 - 2 BvH 1/75 - BVerfGE 42, 103 ff.,
112 f., Urteil vom 21. Mai 1952 - 2 BvH 2/52 - BVerfGE 1, 299 ff., 306).
Jedenfalls ist der im Berufungsverfahren gestellte Antrag lediglich darauf gerichtet
festzustellen, daß der Beklagte die von ihm nach dem genannten Vertrag zu
tragenden Kosten in den Haushaltsjahren 1989 bis 1995 nicht aus Mitteln des
kommunalen Finanzausgleichs hätte bezahlen dürfen. Der Antrag hat nicht zum
Ziel, den hessischen Haushaltsgesetzgeber zu einem Tun oder Unterlassen zu
verpflichten. Auch insofern fehlt es an der verfassungsrechtlichen Natur dieses
Feststellungsantrags.
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Der Feststellungsantrag ist statthafte Klageart im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO.
Zwar geht es dem Kläger mit dem Feststellungsantrag um die Feststellung eines
bereits beendeten Rechtsverhältnisses, denn er erstrebt die Klärung der Frage, ob
der Beklagte in der Vergangenheit - in den Haushaltsjahren 1989 bis 1995 -
berechtigt war, seinen Finanzierungsanteil aus Mitteln des kommunalen
Finanzausgleichs zu bezahlen. Es ist jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, daß
auch vergangene bzw. beendete Rechtsverhältnisse der Feststellung fähig sein
können (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 1988 - 7 C 115.86 - BVerwGE 80,
355 ff., 365 f., - 7 A 2.88 - BVerwGE 80, 373 ff., 376, 10. Mai 1984 - 3 C 68.82 -
DÖV 1985, 207 - nur Leitsatz -; VGH Mannheim, Urteil vom 5. Dezember 1990 - 10
S 2170/89 - NVwZ-RR 1991, 518; Hess. VGH, Urteil vom 10. Februar 1993 - 1 UE
1902/87 - NVwZ-RR 1993, 483).
Der Kläger hat aber jedenfalls für die Jahre 1989 bis 1994 kein berechtigtes
Interesse an der baldigen Feststellung (§ 43 Abs. 1 VwGO). Eine Berichtigung der
Umlagegrundlagen oder der Schlüsselzuweisungen ist nicht mehr möglich.
Grundlage für diese Feststellung sind die Ausführungsbestimmungen zum
Finanzausgleichsgesetz, die vom Hessischen Ministerium der Finanzen und vom
Hessischen Ministerium des Innern mit Erlaß vom 10. Oktober 1988 (StAnz. 1988
S. 2396 ff.) und mit Erlaß vom 26. Juni 1993 (StAnz. 1993 S. 1775 f.) in Kraft
gesetzt wurden. Nach den Ausführungsbestimmungen vom 10. Oktober 1988
betreffend § 50 - Berichtigungen - sind Anträge auf Berichtigung der
Umlagegrundlagen oder Leistungen aufgrund des Gesetzes innerhalb einer
Ausschlußfrist von drei Monaten nach der Bekanntgabe zu stellen. Werden die
Umlagegrundlagen oder Leistungen vor dem 1. April bekanntgegeben, läuft die
Ausschlußfrist mindestens bis zum 30. Juni des Ausgleichsjahres. Gleichlautende
Bestimmungen enthält der Erlaß vom 26. Juni 1993 zu § 47 FAG. Wie sich der
Mitteilung des Beklagten vom 24. November 1995 entnehmen läßt, sind die
vorläufigen Festsetzungen für 1989 im Juni, für 1990 im März und für die Jahre
1991 bis 1994 im Januar bzw. Februar des jeweiligen Jahres erfolgt. Aus den
Erläuterungen, die der Beklagte am 15. November 1995 per Telefon gegenüber
dem Senatsvorsitzenden sowie mit Schriftsatz vom 16. November 1995 und mit
Schriftsatz vom 24. November 1995 bzw. durch Vorlage von Unterlagen gegeben
hat, folgt, daß die mit Erlaß bekanntgegebenen vorläufigen Berechnungen von den
Regierungspräsidien an die Magistrate der kreisfreien Städte und die Landräte
weitergeleitet werden.
Daher ist jedenfalls für die Jahre 1991 und 1992 die Ausschlußfrist zur Beantragung
von Berichtigungen der Umlagegrundlagen oder Leistungen abgelaufen. Wie sich
aus den Mitteilungen der Beteiligten vom 24. und 27. November 1995 ergibt, hat
der Kläger für diese Jahre keine Anträge auf Berichtigung der Umlagegrundlagen
oder Schlüsselzuweisungen gestellt. Da nach Ablauf der genannten Frist derartige
Anträge auch nicht mehr gestellt werden können, könnte die vom Kläger begehrte
Feststellung für die genannten Jahre nicht zu höheren Schlüsselzuweisungen
führen. Dieser Umstand steht dem berechtigten Interesse im Sinne des § 43 Abs.
1 VwGO bzw. dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis entgegen.
Entsprechendes gilt für 1989 und 1993. Für diese Jahre hatte der Kläger zwar
Berichtigungsanträge gestellt. Diese sind jedoch nach seinen eigenen Angaben
bereits bei den vorläufigen Berechnungen berücksichtigt worden, so daß die
Verfahren abgeschlossen sind. Darüber hinausgehende Berichtigungsanträge, die
noch unentschieden oder streitig sind, hat der Kläger für 1989 und 1993 nicht
gestellt, so daß auch bezüglich dieser Jahre Änderungen der Schlüsselzuweisungen
ausgeschlossen sind.
Gleiches gilt im Ergebnis für 1990 und 1994. Hier sind zwar ebenfalls
Berichtigungsanträge gestellt worden. Dies geschah aber vor den endgültigen
Festsetzungen, so daß diese Verwaltungsverfahren ebenfalls abgeschlossen sind,
zumal der Kläger nicht behauptet hat, seinen Berichtigungsanträgen sei nicht
entsprochen worden. Es sind darüber hinaus für 1990 und 1994 keine auf
Änderung der Schlüsselzuweisungen gerichteten Verwaltungs- oder
Verwaltungsstreitverfahren anhängig. Abgesehen davon hatte der Kläger wegen
der S-Bahn-Finanzierungspraxis des Beklagten auch keine Berichtigungsanträge
gestellt.
Für die Jahre bis 1994 könnte der Kläger auch keine höheren Festsetzungen mehr
im Wege von Verpflichtungsklagen zu erreichen suchen, weil die Jahresfristen (§ 58
Abs. 2 VwGO) verstrichen sind. Aus der Finanzierungspraxis des Beklagten
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Abs. 2 VwGO) verstrichen sind. Aus der Finanzierungspraxis des Beklagten
hinsichtlich der Jahre 1989 bis 1994 kann der Kläger auch keine
Wiederholungsgefahr für die folgenden Jahre herleiten, denn die Rechtslage hat
sich ab 1. Januar 1995 geändert. Rechtsgrundlage für die Zuwendungen an die
Deutsche Bundesbahn in der Zeit von Anfang 1989 bis Ende 1994 war § 36 Abs. 1
i. V. m. Abs. 2 FAG in der Neufassung vom 18. Dezember 1987 (GVBl. I S. 37), seit
dem 1. Januar 1992 der wortgleiche § 33 Abs. 2 FAG in der Neufassung vom 3.
April 1992 (GVBl. (I S. 141 ff., 149), seit dem 1. Januar 1994 der ebenfalls
wortgleiche § 33 Abs. 2 FAG in der Neufassung vom 28. Februar 1994 (GVBl. I S.
101 ff., 110). Danach galten als kommunale Investitionen im Sinne des Abs. 1 die
Maßnahmen der Deutschen Bundesbahn, die nach § 2 des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes förderungsfähig waren, soweit sie die
Verkehrsverhältnisse in den Kommunen verbesserten. Zuwendungen wurden der
Deutschen Bundesbahn bewilligt.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1995 ist in § 33 Abs. 2 die Regelung in Satz 1 geändert
sowie die bisher in Satz 2 enthaltene Regelung gestrichen und durch eine neue
Regelung ersetzt und ergänzt worden. Danach gelten als kommunale Investitionen
im Sinne des Abs. 1 die Maßnahmen der Deutschen Bahn AG, die nach § 2 des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes förderungsfähig sind, soweit sie die
Verkehrsverhältnisse in den Kommunen verbessern. Als kommunale Investition im
Sinne des Abs. 1 gelten auch Maßnahmen von sonstigen Verkehrsunternehmen,
soweit diese Unternehmen Aufgaben des öffentlichen Personennahverkehrs
erfüllen, für die die Kommunen zuständig sind. Zuwendungen werden den
Verkehrsunternehmen bewilligt. Unterstellt, die Finanzierungspraxis des Beklagten
hätte gegen das Finanzausgleichsgesetz in den für 1989 bis einschließlich 1994
geltenden Fassungen verstoßen, so könnten wegen der ab 1. Januar 1995 gültigen
Neuregelung aus dieser Rechtswidrigkeit für die Zukunft keine Schlüsse gezogen
werden.
Diese Umstände können der Zulässigkeit des Feststellungsantrags jedoch
hinsichtlich des Jahres 1995 nicht entgegengehalten werden. Zwar ist auch
hinsichtlich des Jahres 1995 eine Berichtigung nicht mehr möglich. Auch
diesbezüglich hat der Kläger unstreitig keinen Berichtigungsantrag gestellt. Jedoch
besteht Wiederholungsgefahr, denn unter Zugrundelegung der ab 1. Januar 1995
in Kraft getretenen Fassung des § 33 Abs. 2 FAG wird der Beklagte auch zukünftig
den von ihm zu tragenden Finanzierungsanteil aus den Mitteln des kommunalen
Finanzausgleichs bezahlen, wie dies vom Finanzausgleichsgesetz ausdrücklich
ermöglicht wird, falls § 33 Abs. 2 FAG nicht erneut geändert wird.
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage dürfte insoweit auch nicht der in § 43 Abs.
2 Satz 1 geregelte Subsidiaritätsgrundsatz entgegenstehen. Nach dieser
Vorschrift kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine
Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte
verfolgen können. Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Kläger seine Rechte durch
Gestaltungs- oder Leistungsklage - beispielsweise durch eine Leistungsklage in
Form der Unterlassungsklage - erfolgreich hätte verfolgen können oder verfolgen
kann, denn berücksichtigt man die lange Dauer verwaltungsgerichtlicher
Hauptsacheverfahren, so mußte er damit rechnen, daß derartige Klageanträge
noch vor Ergehen einer rechtskräftigen Entscheidung durch Zeitablauf ihre
Erledigung gefunden haben würden.
Aber selbst dann, wenn man davon ausgeht, daß der Kläger seine Rechte durch
Gestaltungs- oder Leistungsklage hätte verfolgen können bzw. noch verfolgen
kann, dürfte § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO der Zulässigkeit des Feststellungsantrags
nicht entgegenstehen. Das Bundesverwaltungsgericht, dem der Senat sich in
seinem Urteil vom 12. Dezember 1991 (- 6 UE 522/91 - Seiten 11/12 des
Amtlichen Umdrucks, insoweit nicht abgedruckt in NJW 1992, 2373) angeschlossen
hat, hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die in § 43 Abs. 2 Satz 1
VwGO angeordnete Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einer
Leistungsklage bei gegen den Staat gerichteten Klagen nur dort eingreife, wo ohne
Beachtung dieser Subsidiarität die für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen
geltenden Sonderregelungen unterlaufen würden (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.
Oktober 1970 - VI C 8.69 - BVerwGE 36, 179 ff., 181/182, 8. September 1972 - IV C
17.71 - BVerwGE 40, 323 ff., 327/328, 2. Juli 1976 - VII C 71.75 - BVerwGE 51, 69 ff.,
75, 7. Mai 1987 - 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 ff., 211 = NVwZ 1988, 430 f., 15.
März 1988 - 1 C 69.86 - DVBl. 1988, 738 f.). Dies ist hier nicht der Fall, denn eine
Anfechtungs- oder eine Verpflichtungsklage kamen nicht in Betracht, um die
vertraglichen Ansprüche des Klägers zu klären.
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Der Feststellungsantrag ist hinsichtlich des Jahres 1995 unbegründet. Denn der
Beklagte war dem Kläger gegenüber berechtigt, die von ihm, dem Beklagten,
gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 des Vertrages über die Finanzierung der S-Bahn vom 4.
Dezember 1986 zu tragenden Kosten im Haushaltsjahr 1995 aus Mitteln des
kommunalen Finanzausgleichs zu bezahlen. Der Kläger hat zwar seinen
Feststellungsantrag allgemeiner formuliert. Er hat nämlich beantragt festzustellen,
daß der Beklagte "nicht berechtigt war", den Kostenanteil aus
Finanzausgleichsmitteln zu bezahlen. Dieser Antrag ist jedoch einschränkend
dahin auszulegen, daß nur die Feststellung begehrt wird, der Beklagte sei dem
Kläger gegenüber nicht berechtigt gewesen, so zu verfahren. Denn es geht dem
Kläger - wie er in seinem Schriftsatz vom 29. August 1995 hervorgehoben hat -
darum, daß geklärt wird, welche Rechte ihm, dem Kläger, aus dem Vertrag vom 4.
Dezember 1986 zustehen. Danach ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits, ob der
Beklagte allgemein, das heißt auch anderen Körperschaften gegenüber, bzw. ob er
im Sinne einer objektiven Rechtspflicht verpflichtet war, seinen Finanzierungsanteil
aus anderen als aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs zu bezahlen.
Soweit der Antrag über allein dem Kläger gegenüber bestehende Verpflichtungen
hinausginge, wäre er auch unzulässig, weil es sich insoweit um einen im
Verwaltungsprozeß nicht statthaften Popularklageantrag handeln würde und im
Wege der Feststellungsklage auch nur Rechtsverhältnisse der Beteiligten und nicht
lediglich objektive Rechte oder Rechtspflichten festgestellt werden können. Es kann
nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger einen in der beschriebenen
Weise unzulässigen Antrag stellen wollte.
Der Beklagte ist dem Kläger gegenüber nicht verpflichtet, die Finanzierung aus
Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs zu unterlassen. Eine derartige
Verpflichtung ergibt sich aus dem Vertrag vom 4. Dezember 1986 nicht. Es ist
unstreitig, daß der Beklagte den von ihm zu tragenden Finanzierungsanteil
erbracht hat. Wie er diesen Anteil finanziert, ist weder im Vertrag vom 4.
Dezember 1986 geregelt noch stillschweigende Voraussetzung des Vertrages und
unterfällt daher - soweit es den Vertrag betrifft - der alleinigen Entscheidung des
Beklagten.
Aus dem Umstand, daß § 5 des Vertrages auf die Regelungen des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes - GVFG - verweist, folgt nicht, daß der
Beklagte dem Kläger gegenüber gehindert wäre, seinen Finanzierungsanteil den
Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs zu entnehmen, denn das GVFG regelt
nicht, aus welchen Mitteln die Finanzierung zu erfolgen hat, die über die nach
diesem Gesetz gewährten Fördermittel hinaus notwendig ist.
Der Kläger irrt auch, wenn er meint, Geschäftsgrundlage des S-Bahn-
Finanzierungsvertrags sei gewesen, daß der Beklagte aufgrund der Regelungen
des Finanzausgleichsgesetzes nicht in der Lage gewesen sei, seinen Anteil an der
S-Bahn-Finanzierung zu Lasten des kommunalen Finanzausgleichs zu erbringen.
Die Schlußfolgerung, daß dies Geschäftsgrundlage gewesen sei, zieht der Kläger
daraus, daß zur Zeit des Vertragsabschlusses und seiner haushaltsrechtlichen
Genehmigung durch den Hessischen Landtag das Finanzausgleichsgesetz - FAG -
in der Fassung vom 29. Juni 1984 (GVBl. I S. 194 ff.), geändert durch das
Änderungsgesetz vom 1. Februar 1985 (GVBl. I S. 35 ff.), gegolten hat. Diese
Argumentation geht fehl. Zunächst greift die Lehre von der Geschäftsgrundlage
schon deshalb nicht ein, weil mit ihrer Hilfe keine Aussagen über die Rechtsfolgen
einer vorhandenen und unverändert bestehen gebliebenen Geschäftsgrundlage
getroffen werden. Vielmehr geht es allein darum, welche Konsequenzen es hat,
daß eine Geschäftsgrundlage von Anfang an fehlte oder später weggefallen ist. Die
Lehre von der Geschäftsgrundlage wird daher auch allgemein unter der
Bezeichnung "clausula rebus sic stantibus, Fehlen und Wegfall der
Geschäftsgrundlage" dargestellt (vgl. Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch,
54. Auflage, 1995, Anmerkung 6 zu § 242). In diesem Sinn hat die Lehre von der
Geschäftsgrundlage auch Eingang in die Verwaltungsverfahrensgesetze gefunden.
Haben sich die Verhältnisse, die für den Vertragsinhalt maßgebend gewesen sind,
seit Abschluß des Vertrages so wesentlich geändert, daß einer Vertragspartei das
Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht mehr zuzumuten
ist, so kann diese Vertragspartei nach § 60 Abs. 1 Satz 1 der
Verwaltungsverfahrensgesetze eine Anpassung des Vertragsinhalts an die
geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich
oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen. Damit folgt
der Gesetzgeber weitgehend der Rechtsprechung der Zivilgerichte zum Wegfall der
Geschäftsgrundlage bzw. zur sogenannten clausula rebus sic stantibus (Kopp,
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Geschäftsgrundlage bzw. zur sogenannten clausula rebus sic stantibus (Kopp,
Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Auflage, 1991, Rdnr. 2 zu § 60). Hier geht es dem
Kläger - wie sich der Klageschrift vom 23. Februar 1990 entnehmen läßt - nicht um
die Feststellung, daß die Geschäftsgrundlage schon zur Zeit des
Vertragsschlusses am 4. Dezember 1986 gefehlt habe oder daß sie nachträglich
weggefallen sei. Vielmehr versucht der Kläger, mit Hilfe der Lehre von der
Geschäftsgrundlage darzulegen, daß der Beklagte aufgrund der gesetzlichen
Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes nicht in der Lage gewesen sei, seinen
Anteil an der S-Bahn-Finanzierung zu Lasten des kommunalen Finanzausgleichs
zu erbringen (vgl. S. 7 unten der Klageschrift). Damit macht er Ausführungen
dazu, was - ggfs. im Wege stillschweigender Vereinbarung - Vertragsinhalt
geworden ist. Davon muß die Geschäftsgrundlage unterschieden werden. Sie
gehört nicht zum Vertragsinhalt (Palandt/Heinrichs, a. a. O., Rdnr. 116 zu § 242
BGB mit weiteren Nachweisen). Da es allein Sache des Gesetzgebers ist, ob er
Gesetze bestehen läßt oder ändert, läßt sich auch nicht von einem allgemeinen
Grundsatz ausgehen, daß Geschäftsgrundlage aller Verträge ist, daß keine
Vorschriften geändert werden, die sich irgendwie auf die Vertragserfüllung
auswirken können.
Es kommt hinzu, daß eine Geschäftsgrundlage nur dann vorliegen kann, wenn alle
Vertragspartner vom Bestehen oder Nichtbestehen bestimmter Umstände
ausgegangen sind. Das ist hier nicht der Fall, denn der Beklagte hat in ständiger
Praxis - auch vor Abschluß des Vertrages vom 4. Dezember 1986 - seine
vertraglich vereinbarten Finanzierungsanteile aus Mitteln des kommunalen
Finanzausgleichs erbracht. Er hat dazu insbesondere auf eine Presseerklärung des
Hessischen Ministers der Finanzen vom 25. September 1981 verwiesen, die dem
Kreisausschuß des Klägers zur Kenntnis gegeben wurde und nach der der Beklagte
seinen Anteil an den Gesamtkosten der Main-Unterquerung ausschließlich aus
Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs erbringen wolle. Dem Kläger ist auch
ein der Deutschen Bundesbahn erteilter Zuwendungsbescheid des Hessischen
Ministeriums der Finanzen vom 14. Februar 1985 mitgeteilt worden, in dem durch
den Hinweis auf eine Bewilligung von Mitteln nach § 38 Finanzausgleichsgesetz
(FAG) sowie auf die Richtlinien zu § 38 FAG vom 12. Dezember 1979 (StAnz. 53/79
S. 2493) deutlich gemacht wurde, daß das Land seinen Finanzierungsanteil aus
Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs finanziert. Daß der Beklagte zur Zeit
des Abschlusses des Vertrages vom 4. Dezember 1986 die Absicht gehabt hätte,
seinen Finanzierungsanteil nicht mehr der Finanzausgleichsmasse zu entnehmen,
entbehrt nach allem der Grundlage.
Die Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes sind aber auch nicht im Wege
stillschweigender Vereinbarung Teil des Vertrages vom 4. Dezember 1986
geworden, weil insoweit ein übereinstimmender Wille ebenfalls fehlt.
Unmittelbar aus den Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes ergibt sich nicht,
daß der Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet war, den von ihm nach § 5
Abs. 3 Satz 2 des Vertrages vom 4. Dezember 1986 zu tragenden
Finanzierungsanteil im Haushaltsjahr 1995 aus anderen als den Mitteln des
kommunalen Finanzausgleichs zu bezahlen. Insoweit kommt es nicht auf die
Fassung des Finanzausgleichsgesetzes an, die zur Zeit des Vertragsschlusses (4.
Dezember 1986) galt, sondern auf die Fassungen zur Zeit der im Jahr 1995
erfolgten Zahlungen, denn an dieser Stelle geht es nicht um aus dem Vertrag
hergeleitete Rechte, die sich ggfs. aus einer anhand der damaligen Gesetzeslage
vorgenommenen Vertragsauslegung ergeben. Vielmehr geht es hier um etwaige
unmittelbar aus Gesetzen folgende Rechte des Klägers, die durch die im Jahr 1995
an die Deutsche Bundesbahn geleisteten Zahlungen verletzt worden sein könnten.
Rechtsgrundlage für die Zuwendungen an die Deutsche Bahn AG ist seit dem 1.
Januar 1995 die in § 33 Abs. 2 FAG in der Fassung vom 20. Dezember 1994 (GVBl.
I S. 761) getroffene Regelung. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 FAG gelten als kommunale
Investitionen im Sinne des Abs. 1 die Maßnahmen der Deutschen Bahn AG, die
nach § 2 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes förderungsfähig sind,
soweit sie die Verkehrsverhältnisse in den Kommunen verbessern. Die hier in Rede
stehende Erweiterung des S-Bahn-Netzes im Rhein-Main-Gebiet fällt unter diese
Regelung. Es handelt sich um Maßnahmen der Deutschen Bahn AG, die als
Rechtsnachfolgerin der in § 2 des Vertrages vom 4. Dezember 1986 genannten
Deutschen Bundesbahn Trägerin des Vorhabens ist. Daß die S-Bahn- Erweiterung
die Verkehrsverhältnisse in den betroffenen Kommunen, den Städten Frankfurt am
Main, Offenbach am Main, Langen, Darmstadt und Hanau sowie in den
Landkreisen Main-Kinzig, Offenbach und Darmstadt-Dieburg verbessert, bedarf
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Landkreisen Main-Kinzig, Offenbach und Darmstadt-Dieburg verbessert, bedarf
keiner weiteren Begründung.
Die S-Bahn-Erweiterung ist auch förderungsfähig nach § 2 des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes - GVFG - in der Fassung der
Bekanntmachung vom 28. Januar 1988 (BGBl. I S. 100), zuletzt geändert durch
das Eisenbahnneuordnungsgesetz vom 27. Dezember 1993 (GVBl. I S. 2378, S.
2417), können die Länder Straßenbahnen, Hoch- und Untergrundbahnen sowie
Bahnen besonderer Bauart durch Zuwendungen aus den Finanzhilfen (diese
gewährt der Bund den Länder nach § 1 GVFG) fördern. Die S-Bahnen fallen nicht
unter die Begriffe Straßen-, Hoch- oder Untergrundbahn. Zu den
nichtbundeseigenen Eisenbahnen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 b) GVFG gehören
die S-Bahnen schon deshalb nicht, weil sie von der Deutschen Bahn AG betrieben
werden und daher als bundeseigene Bahnen Teile des allgemeinen
Eisenbahnnetzes sind (vgl. Finger, Kommentar zum Allgemeinen Eisenbahngesetz
und Bundesbahngesetz mit Bundesbahnvermögensgesetz und
Verwaltungsordnung, 1982, Anm. 3.e zu § 1 AEG; Finger/Eiermann,
Eisenbahnverkehrsordnung, Stand: 1. Juni 1995, Anm. 2.f zu § 1). Es erscheint
nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die S-Bahnen als "Bahnen besonderer
Bauart" im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) GVFG anzusehen sind. Da
Straßenbahnen, Hoch- und Untergrundbahnen unter a) ausdrücklich genannt sind
und zu ihnen die S-Bahnen (Schnellbahnen) nicht gehören, erscheint es denkbar,
die die "Bahnen besonderer Bauart" betreffende Regelung als Auffangregelung für
diejenigen Bahnen anzusehen, die weder nichtbundeseigene Eisenbahnen noch
Straßenbahnen, Hoch- oder Untergrundbahnen sind und hinsichtlich deren auch
nicht aus anderen Vorschriften oder der Systematik des GVFG der Schluß zu
ziehen ist, daß sie überhaupt nicht förderungsfähig sind. Von letzterem kann
unzweifelhaft nicht ausgegangen werden, so daß die S-Bahnen danach im
Ergebnis als Bahnen besonderer Bauart im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 a) GVFG
anzusehen sein könnten.
Aber auch dann, wenn die S-Bahnen keine Bahnen besonderer Bauart sind, sind
sie förderungsfähig im Sinne des § 2 GVFG. Sind sie nach dem Verständnis des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, weil sie zum Eisenbahnnetz gehörende
Schienenbahnen sind, als Eisenbahnen (vgl. Finger/Eiermann, a. a. O., Anm. 2f zu
§ 1 Eisenbahnverkehrsordnung) anzusehen, worauf auch ihre Erwähnung in § 11
Abs. 1 Satz 3 GVFG hindeutet, dann ist § 33 Abs. 2 Satz 1 FAG für sie ebenfalls
anzuwenden. Das ergibt eine Auslegung des § 33 Abs. 2 Satz 1 FAG nach Sinn und
Zweck dieser Bestimmung. Durch diese Vorschrift sollten Maßnahmen der
Deutschen Bahn AG, die der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den
Kommunen dienen, den kommunalen Investitionen gleichgestellt werden. Da § 2
GVFG für bundeseigene Eisenbahnen nicht unmittelbar, sondern gemäß § 11 Abs.
1 Satz 2 GVFG nur entsprechend gilt, liefe die Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1
FAG leer, was nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein kann. Vielmehr
erstreckt sich die Regelung in § 33 Abs. 2 Satz 1 FAG nach ihrem eindeutigen Sinn
auf die in entsprechender Anwendung des § 2 GVFG förderungsfähigen
Maßnahmen der Bahn AG.
Es verletzt auch keine sich aus dem Verfassungsrecht ergebenden Rechte oder
Ansprüche des Klägers, daß der Beklagte den von ihm zu tragenden Anteil an der
Finanzierung der S-Bahn-Erweiterung der Finanzausgleichsmasse entnimmt. In
Frage kommt insoweit lediglich ein Verstoß gegen das Recht der Selbstverwaltung
(Art. 28 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GG, Art. 137 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 5
Satz 1 HV) sowie gegen die hinsichtlich der Verteilung des Steueraufkommens
getroffene Regelung in Art. 106 Abs. 7 Satz 1 GG, wonach von dem Länderanteil
am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftssteuern den Gemeinden und
Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu
bestimmender Hundertsatz zufließt.
1. Aus der Selbstverwaltungsgarantie fließende Rechte des Klägers werden nicht
verletzt. Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG haben die Gemeindeverbände, zu denen
die Kreise gehören, im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs nach
Maßgabe der Gesetze das gleiche Recht der Selbstverwaltung wie die Gemeinden
(BVerfG, Beschluß vom 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 ff., 383).
Damit ist zunächst die Einrichtung kommunaler Selbstverwaltung, nicht nur der
örtlichen, sondern auch der überörtlichen Kommunalkörperschaften gewährleistet
(vgl. BVerfG, a. a. O., S. 383). Dabei sind die überkommenen
identitätsbestimmenden Merkmale - der sogenannte Wesensgehalt - der
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identitätsbestimmenden Merkmale - der sogenannte Wesensgehalt - der
kommunalen Selbstverwaltung zu beachten; was herkömmlich das Bild der
Selbstverwaltung in ihren verschiedenen historischen und regionalen
Erscheinungsformen prägt, darf weder faktisch noch rechtlich beseitigt werden
(BVerfG, a. a. O., S. 381 m. w. N.). Hier kann keine Rede davon sein, daß durch die
von dem Beklagten gewählte Finanzierungsmethode das, was herkömmlich das
Bild der Selbstverwaltung prägt, faktisch oder rechtlich beseitigt wird. Insbesondere
der von dem Recht der Gemeinden und Gemeindeverbände auf Selbstverwaltung
umfaßte und gegen das Land gerichtete Anspruch auf eine angemessene
Finanzausstattung (vgl. VerfGH Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 6. Juli 1993 -
VerfGH 9 und 22/92 - DVBl. 1993, 1205) ist nicht verletzt. Von einer Verletzung der
Finanzausstattungsgarantie kann nur ausgegangen werden, wenn einer sinnvollen
Betätigung der Selbstverwaltung die finanzielle Grundlage entzogen und dadurch
das Selbstverwaltungsrecht ausgehöhlt wird, so daß die Kommune "die
Gelegenheit zu kraftvoller Betätigung verliert und nur noch ein Scheindasein
führen kann" (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 1987 - 2 BvF 3, 4, 5, 6, 7, 8/62; 2 BvR
139, 140, 334, 335/62 - BVerfGE 22, 180 ff., 205; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
25. September 1985 - 10 C 48/84 - DÖV 1986, 342 ff., 345; VerfGH Nordrhein-
Westfalen, Urteil vom 6. Juli 1993, a. a. O., S. 1205). Diese Voraussetzungen sind
nicht erfüllt. Geht man in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Klägers und
des Beklagten davon aus, daß der Kläger bei einer Erhöhung der
Gesamtschlüsselmasse um die Zuschüsse, die von dem Beklagten unmittelbar an
die Deutsche Bahn AG geleistet werden, jährlich um ca. 1,4 Mio. DM erhöhte
Schlüsselzuweisungen erhielte, so kann bei einem Gesamtbetrag der an den
Kläger z. B. für das Jahr 1991 gezahlten Schlüsselzuweisungen von 56.244.858 DM
(vgl. S. 3 des Schriftsatzes des Beklagten vom 2. Mai 1991, Bl. 152 der
Gerichtsakte) nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger, hätten ihm die
genannten 1,4 Mio. DM zusätzlich zur Verfügung gestanden, gerade erst die
"Gelegenheit zu kraftvoller Betätigung" gehabt hätte und durch das Fehlen der 1,4
Mio. DM die Selbstverwaltung des Klägers "innerlich ausgehöhlt" worden wäre, er
dadurch die Gelegenheit zu kraftvoller Betätigung verloren hätte und "nur noch ein
Scheindasein hat führen" können.
Es kommt hinzu, daß dem Landesgesetzgeber bei der Verteilung der
Finanzausgleichsmasse ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, der den
Umfang und die Art der Verteilung einschließt (vgl. VerfGH Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 16. Dezember 1988 - 9/87 - DVBl. 1989, 151 f. unter Bezugnahme auf
BVerfG, Beschluß vom 15. Oktober 1985 - 2 BvR 1808, 1809, 1810/82 - BVerfGE
71, 25 ff., 38; Birk / Inhester, DVBl. 1993, 1281 ff., 1283 r. Sp. unten). Dies gilt auch
für den Haushaltsgesetzgeber bei der Festlegung, ob der Finanzierungsanteil für
die S-Bahn-Erweiterung der Finanzausgleichsmasse entnommen werden darf.
Aus den gleichen Gründen liegt auch ein Verstoß gegen Art. 137 Abs. 5 Satz 1 HV
nicht vor. Der Beklagte hat mit der von ihm gewählten Methode zur Finanzierung
seines Kostenanteils nicht gegen die Pflicht des Staates verstoßen, dem Kläger die
zur Durchführung seiner eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen
Geldmittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern. Mangels
Verstoßes gegen den Kernbereich bzw. den Wesensgehalt der kommunalen
Selbstverwaltung ist der Bereich der zur Aufgabenerfüllung erforderlichen
Geldmittel nicht tangiert worden. Zwar ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift
eine derartige einschränkende Bedeutung des Begriffs der für die eigenen und
übertragenen Aufgaben erforderlichen Geldmittel nicht. Eine an Sinn und Zweck
der Vorschrift orientierte Auslegung muß jedoch zu diesem Schluß führen. Das
traditionelle Finanzausgleichssystem unterscheidet weder zwischen der Kostenlast
aus freiwilligen und Pflichtaufgaben noch zwischen Aufwendungen für eigene und
für übertragene Aufgaben. Deshalb sind in den Schlüsselzuweisungen nach §§ 5
bis 20 FAG Lastenbeiträge des Landes auch für die Pflichtaufgaben der Gemeinden
und Gemeindeverbände zu finden. Die Beschränkung unmittelbarer
Kostenerstattungsansprüche auf Sonderlasten durch Bundeseinrichtungen (Art.
106 Abs. 8 GG) zeigt, daß die allgemeine Finanzausstattung der Gemeinden und
Gemeindeverbände auch im Hinblick auf ihre Pflichtaufgaben bundesrechtlich
garantiert worden ist. Neben dem Landesfinanzausgleich einen umfassenden und
bezifferten Kostenerstattungsanspruch für alle Pflichtaufgaben der Gemeinden und
Landkreise zu begründen, führte zu einer überhöhten Finanzausstattung der
Gemeinden und Landkreise im Verhältnis zum Landesetat. Deswegen muß sich
die verfassungsrechtlich begründbare Aussage darauf beschränken, daß Art. 137
Abs. 5 Satz 1 HV als Ausfallgarantie insbesondere für die Kostenlast aus der
Wahrnehmung von Pflichtaufgaben zu begreifen ist. Daraus folgt, daß ein
unbedingter Kostenerstattungsanspruch nach Art. 137 Abs. 5 Satz 1 HV nur
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unbedingter Kostenerstattungsanspruch nach Art. 137 Abs. 5 Satz 1 HV nur
insoweit besteht, als die allgemeinen und besonderen Finanzzuweisungen an die
Gemeinden und Landkreise hinter der kommunalen Kostenlast für die durch
Bundes- und Landesrecht begründeten Pflichtaufgaben zurückbleiben (vgl. von
Zezschwitz in Zinn- Stein, Verfassung des Landes Hessen, Kommentar, 2. Band,
Stand: 15. Lieferung, April 1991, Anm. IX. 3. a zu Art. 137). Für die Annahme, daß
die allgemeinen und besonderen Finanzzuweisungen an den Kläger hinter der
kommunalen Kostenlast für die durch Bundes- und Landesrecht begründeten
Pflichtaufgaben deshalb zurückbleiben, weil der Beklagte seinen
Finanzierungsanteil dem für den Finanzausgleich bestimmten Gesamtaufkommen
entnimmt, liegen keine Anhaltspunkte vor.
2. Auch gegen Art. 106 Abs. 7 Satz 1 GG verstößt die vom Beklagten für die
Finanzierung seines Kostenanteils gewählte Methode nicht. Nach dieser Vorschrift
fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden von dem Länderanteil am
Gesamtaufkommen der Gemeinschaftssteuern insgesamt ein von der
Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Daraus hat das
Bundesverwaltungsgericht in seinem Vorlagebeschluß vom 2. August 1984 (- 3 C
40.81 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 53, Seiten 33/34; so auch von Zezschwitz, a. a.
O., Erläuterung IX. 3. b zu Art. 137 HV) gefolgert, damit seien Vorwegabzüge für
Landesumlagen und Kürzungen zugunsten anderer als kommunaler
Verwaltungsträger ausgeschlossen. Dem ist das Bundesverfassungsgericht in
seiner auf den Vorlagebeschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August
1984 getroffenen Entscheidung entgegengetreten (BVerfG, Beschluß vom 7.
Februar 1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 ff., 391 f.). Danach steht das
Grundgesetz der Erhebung einer Umlage, deren Aufkommen im kommunalen
Raum verbleibt oder in diesen zurückfließt, nicht entgegen. Das Grundgesetz trifft
in Art. 106 Abs. 5 bis 7 einzelne Regelungen zur Finanzausstattung auch der
Gemeindeverbände. Art. 106 Abs. 5 und 6 GG enthält Bestimmungen zur
primären, Abs. 7 zur sekundären Finanzausstattung. Normative Vorgaben für
einen interkommunalen horizontalen Finanzausgleich, auch wenn er vom Land
veranstaltet wird, legen diese Vorschriften nicht fest (BVerfG, a. a. O., S. 391). Hier
fließen die Beträge, mit denen der Beklagte seinen Anteil an der Finanzierung der
S-Bahn-Erweiterung bezahlt, jedenfalls in die Gemeinden und Landkreise, die von
der S-Bahn-Erweiterung berührt werden, denn die S-Bahn-Erweiterung kommt
diesen Kommunen zugute. Art. 106 Abs. 7 Satz 1 GG enthält keine Regelung,
wonach es verboten ist, dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der
Gemeinschaftssteuern vor der Verteilung des Länderanteils Gelder für bestimmte
Maßnahmen, die vom Land gefördert werden und vorwiegend kommunalen
Zwecken dienen, zu entnehmen. Auch bei einer derartigen Verfahrensweise
erhalten die Gemeinden und Gemeindeverbände insgesamt einen von der
Landesgesetzgebung bestimmten Hundertsatz des Länderanteils am
Gesamtaufkommen der Gemeinschaftssteuern, wie dies in Art. 106 Abs. 7 Satz 1
GG vorgesehen ist. Nach welchen Maßstäben der Länderanteil verteilt werden
muß, regelt die Vorschrift ebensowenig wie die Frage, ob dem Länderanteil vor der
Verteilung entnommene Gelder nur Gemeinden und Gemeindeverbänden oder ob
sie auch sonstigen Rechtsträgern zukommen dürfen. Der Praxis, derartige Mittel
unmittelbar der Deutschen Bahn AG bzw. einem sonstigen zuständigen
Verkehrsunternehmen zukommen zu lassen, steht Art. 106 Abs. 7 Satz 1 GG
daher ebenfalls nicht entgegen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da sein
Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Der Ausspruch betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §
167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO in entsprechender Anwendung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO
liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.