Urteil des HessVGH vom 01.12.1993

VGH Kassel: ausbildung, dienstliches verhalten, empfehlung, prüfer, behörde, neubewertung, begründungspflicht, wiederholung, rechtsschutz, zustandekommen

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
1. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 UE 691/91
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 19 Abs 4 GG, Art 20
Abs 3 GG, Art 33 Abs 5 GG,
§ 39 Abs 1 VwVfG HE
(Zur Begründung einer Eignungsauswahlentscheidung für
die Zulassung zur Ausbildung für den höheren
Polizeivollzugsdienst)
Tatbestand
Der 1954 geborene Kläger steht seit dem 1. November 1973 im
Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes; er wurde zuletzt mit Wirkung ab 1. Juli
1990 zum Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11 BBesG) befördert.
Im Jahre 1985 nahm der Kläger ohne Erfolg an einem Eignungsauswahlverfahren
für den höheren Polizeivollzugsdienst teil. Am 11. Februar 1988 beantragte er
erneut seine Zulassung zu einem Eignungsauswahlverfahren. In einer dienstlichen
Beurteilung vom 4. März 1988 über den Beurteilungszeitraum von April 1985 bis
März 1988 hieß es, der Kläger erscheine für eine Verwendung im höheren Dienst
"geeignet". Der Prüfungsausschuß für das Eignungsauswahlverfahren vor
Zulassung zur Ausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst bewertete in
seiner Sitzung vom 14./15. April 1988 die dienstliche Beurteilung des Klägers mit
12 von 15 möglichen Punkten ("geeignet"). Daraufhin wurde der Kläger zu einer
psychologischen Eignungsuntersuchung zugelassen, die im Auftrag des
Hessischen Ministeriums des Innern von der Deutschen Gesellschaft für
Personalwesen e. V. (DGP) in der Zeit vom 9. bis 11. Mai 1988 durchgeführt wurde.
Der psychologische Untersuchungsbefund der DGP vom 18. Mai 1988 bestand aus
einer Leistungs- und Verhaltensbeurteilung des Klägers in graphischer Darstellung
an Hand bestimmter Anforderungskriterien, einem in Zahlenwerten ausgedrückten
Ergebnis dieser Beurteilung sowie je einer zusammenfassenden Beurteilung des
Testergebnisses und der Verhaltensbeobachtungen. Als Gesamtbeurteilung wurde
festgestellt, der Kläger sei "für den höheren Polizeivollzugsdienst mit leichten
Einschränkungen zu empfehlen". Wegen weiterer Einzelheiten des
Untersuchungsbefundes wird auf den Inhalt der in der Gerichtsakte enthaltenen
Ablichtung verwiesen (Blatt 27 d. A.).
In der abschließenden Sitzung des Prüfungsausschusses am 16. Mai 1988 wurde
das Ergebnis der psychologischen Eignungsuntersuchung des Klägers mit 12 von
15 möglichen Punkten bewertet. Daraus ergab sich eine Gesamtpunktzahl von 24.
Nunmehr teilte das Hessische Ministerium des Innern dem Kläger mit Bescheid
vom 6. Juni 1988 mit, aufgrund des Ergebnisses des Eignungsauswahlverfahrens,
das sich aus der psychologischen Eignungsuntersuchung und der Wertung der
dienstlichen Beurteilung vom 4. März 1988 zusammensetze, könne er nicht zur
Ausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst zugelassen werden.
Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolglos. Zur Begründung
seines Widerspruchsbescheides vom 14. April 1989 führte das Hessische
Ministerium des Innern aus, es hätten nur Bewerber berücksichtigt werden können,
die in dem Eignungsauswahlverfahren mindestens 26 Punkte erzielt hätten. Diese
Gesamtpunktzahl habe der Kläger nicht erreicht.
Am 17. Mai 1989 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend
gemacht, dem ablehnenden Bescheid fehle die erforderliche Begründung. Die
wesentlichen tatsächlichen Gründe für die Ablehnungsentscheidung seien weder
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wesentlichen tatsächlichen Gründe für die Ablehnungsentscheidung seien weder
dem Ausgangsbescheid noch dem Widerspruchsbescheid zu entnehmen. Sie
seien vielmehr in der Testauswahl enthalten, die die DGP für das beklagte Land
durchführe. Das Zustandekommen des Testergebnisses sei nicht nachvollziehbar.
Insbesondere seien die Original-Testunterlagen nicht offengelegt worden.
Demgegenüber würden in anderen Prüfungsverfahren mit Massencharakter,
beispielsweise bei der Auswahl der Studienbewerber für medizinische
Studienplätze, sowohl die Testfragen als auch die Wertungsgrundlagen regelmäßig
veröffentlicht, ohne daß die Durchführung der dort praktizierten Testauswahl
dadurch in Frage gestellt würde. Eine derartige Offenlegung müsse auch im
vorliegenden Verfahren verlangt werden. Die Geheimhaltung der Testunterlagen
führe zu einer Verkürzung des grundrechtlich garantierten Anspruchs des Klägers
auf effektiven Rechtsschutz, weil es ihm unmöglich gemacht werde, die Bewertung
der Tests einer sachverständigen Überprüfung zu unterziehen.
Der Kläger hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, ihm eine nochmalige
Teilnahme am Eignungsauswahlverfahren zur Ausbildung
für den höheren Polizeivollzugsdienst zu ermöglichen
und seine Prüfungsleistungen neu zu bewerten,
hilfsweise unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides
des Hessischen Ministeriums des Innern vom 6.6.1988 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides derselben Behörde
vom 14.4.1989 das beklagte Land zu verpflichten,
den Kläger zur Ausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst
zuzulassen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, der ablehnende Bescheid sei ausreichend
begründet worden. Insbesondere sei dem Kläger in einem Zusatz zum Bescheid
vom 6. Juni 1988 eine Erläuterung des Testergebnisses seitens der DGP
angeboten worden. Davon habe der Kläger jedoch keinen Gebrauch gemacht. Das
Testergebnis der DGP sei in sich verständlich und nachvollziehbar. Das
Testverfahren sei im Rahmen der Gesamtbeurteilung über die Eignung der
Bewerber für den höheren Polizeivollzugsdienst unterstützend herangezogen
worden. Das beklagte Land sei nicht verpflichtet, die Original-Testunterlagen der
DGP herauszugeben, da diese Unterlagen im Eigentum der Gesellschaft stünden.
Diese Unterlagen seien ohnehin aus sich heraus nicht aussagekräftig. Sie
bedürften vielmehr der fachkundigen Erläuterung durch die Psychologen der DGP.
Dies sei dem Kläger auch angeboten worden.
Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 1991
die Diplompsychologen und von der Deutschen Gesellschaft für Personalwesen
informatorisch gehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Inhalt
der Verhandlungsniederschrift vom 14. Februar 1991 verwiesen (Blatt 135 bis 138
d. A.).
Mit Urteil vom 14. Februar 1991 - V/2 E 513/89 - hat das Verwaltungsgericht
Gießen der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Zur Begründung hat es
ausgeführt, die Klage sei als allgemeine Leistungsklage zur Beseitigung der
andauernden Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns zulässig. Der
Kläger habe einen Anspruch auf Teilnahme an einem neuen, rechtsfehlerfreien
Eignungsauswahlverfahren. Hingegen könne der Beklagte nicht verpflichtet
werden, den Kläger unmittelbar zur Ausbildung für den höheren Dienst zuzulassen;
denn dem Gericht sei es nicht möglich, das vom Kläger durchlaufene
Eignungsauswahlverfahren zu seinen Gunsten für "bestanden" zu erklären. Auch
ein Verpflichtungsantrag mit dem Ziel der Zulassung zur zweiten Wiederholung
des Eignungsauswahlverfahrens helfe dem Kläger nicht weiter, da eine weitere
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des Eignungsauswahlverfahrens helfe dem Kläger nicht weiter, da eine weitere
Wiederholung aufgrund der Vorschrift des § 5 Abs. 3 der Laufbahnverordnung für
den Hessischen Polizeivollzugsdienst (PolVollzLaufbahnVO) nicht möglich sei.
Diese nachteiligen Folgen des ablehnenden Bescheides könnten nur im Wege des
Folgenbeseitigungsanspruchs rückgängig gemacht werden.
Die Klage sei auch begründet, da das Auswahlverfahren an Rechtsfehlern leide.
Somit könne der Kläger die Beseitigung der andauernden Folgen des
rechtswidrigen Verwaltungshandelns gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 VwGO
beanspruchen und erneut an einem Eignungsauswahlverfahren teilnehmen, ohne
daß die Sperrwirkung des § 5 Abs. 3 PolVollzLaufbahnVO dem entgegenstünde.
Zwar sei der angefochtene Bescheid formellrechtlich nicht zu beanstanden. Dem
Kläger seien jedenfalls die wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Gründe für
die ablehnende Entscheidung, insbesondere das Ergebnis des Auswahlverfahrens
und das Zustandekommen der Endpunktzahl, mitgeteilt und anschließend durch
den Bescheid vom 6. Juni 1988 erläutert worden. Der Begründungszwang im
Rahmen einer Eignungsüberprüfung mit behördlichem Beurteilungsspielraum gehe
nicht soweit, daß dem Bewerber alle Einzelerwägungen und
Beurteilungsgrundlagen ausdrücklich mitgeteilt werden müßten. Es genüge, wenn
er Gelegenheit erhalte, die den Bewertungen zugrundeliegenden Erwägungen der
Prüfer zur Kenntnis zu nehmen. Darüber hinaus sei im vorliegenden Fall dem
Kläger Gelegenheit gegeben worden, sich die psychologische
Eignungsuntersuchung unter Vorlage der Test- und Prüfungsunterlagen erläutern
zu lassen.
Das Eignungsauswahlverfahren als solches sei jedoch rechtsfehlerhaft. Der
Beklagte habe die für die Auswahlentscheidung maßgebenden Erwägungen nicht
derart schriftlich niedergelegt, daß für den Kläger und für das Gericht
nachvollziehbar sei, aus welchem Grunde er die für die Ausbildung zum höheren
Polizeivollzugsdienst erforderliche Punktzahl von 26 nicht erreicht habe. Damit sei
ein vom Begründungszwang für Verwaltungsakte zu unterscheidendes Gebot des
allgemeinen Prüfungsrechts verletzt worden. Der Prüfungsausschuß habe die mit
"leichten Einschränkungen" versehene Empfehlung des Diplompsychologen in die
Punktzahl 12 umgewandelt. Der Untersuchungsbefund der DGP vom 18. Mai 1988,
in welchem die Leistungen des Klägers mit den Noten "5-" bzw. "4" beurteilt
worden seien, hätte jedoch auch eine Empfehlung mit der Gesamtnote "5-" oder
"4+" erlaubt. In einem solchen Falle hätte der Prüfungsausschuß 14 Punkte
erteilen können. Mit Rücksicht auf die 12 Punkte für die dienstliche Beurteilung
hätte der Kläger die erforderliche Gesamtpunktzahl von 26 Punkten erreicht.
Darüber hinaus sei es mit den Bewertungsgrundlagen der DGP unvereinbar, daß
der Diplompsychologe den Kläger mit der Note 4 empfohlen habe. Nach dem
Vordruck vom 18. Mai 1988 sei vielmehr der Leistungsteil "in der Regel" höher zu
bewerten als der Verhaltensteil. Aus welchen Gründen im Falle des Klägers
ausnahmsweise der Verhaltensteil höher gewichtet worden sei, werde nicht
hinreichend deutlich. Die hierfür in der mündlichen Verhandlung gegebenen
Begründungen seien widersprüchlich. Soweit darauf verwiesen worden sei, daß der
Kläger ein Wiederholer gewesen sei, liege darin ein Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz. Insgesamt sei letztlich nicht geklärt worden, aus
welchen Gründen von der in der schriftlichen Bewertungsgrundlage enthaltenen
Regelgewichtung abgewichen worden sei. Damit sei eine wesentliche
Prüfungsentscheidung zu Lasten des Klägers nicht nachvollziehbar. Dieses
fehlerhafte Prüfungsverfahren der DGP müsse der Beklagte gegen sich gelten
lassen, da er insoweit die ihm obliegende Eignungsauswahlentscheidung in einem
Teilbereich auf die DGP delegiert habe.
Ein weiterer Verstoß gegen das Gebot der schriftlichen Niederlegung maßgeblicher
Auswahlerwägungen liege darin, daß der Prüfungsausschuß in Abweichung von der
dienstlichen Anlaßbeurteilung vom März 1988, die mit dem Ergebnis "erscheint für
den höheren Dienst geeignet" abgeschlossen habe, die Empfehlung "erscheint mit
leichten Einschränkungen geeignet (12 Punkte)" ausgesprochen habe. Es sei nicht
nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Empfehlung nicht "erscheint ohne
Einschränkung geeignet (15 Punkte)" gelautet habe. Der Hinweis des Beklagten
auf den nach seiner Ansicht notwendigen Quervergleich unter allen mit "erscheint
geeignet" beurteilten Bewerbern sei nicht überzeugend, da auch in diesem Falle
zumindest schriftlich festgehalten werden müsse, welche Gründe im konkreten
Einzelfall ausschlaggebend für die jeweilige Punktzahl gewesen seien. Derartige
Kriterien seien im Falle des Klägers nicht festgehalten worden. Damit sei unklar,
aus welchen Gründen der Kläger im Vergleich zu anderen Bewerbern schlechter
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aus welchen Gründen der Kläger im Vergleich zu anderen Bewerbern schlechter
beurteilt worden sei. Die genannten Fehler im Eignungsauswahlverfahren seien nur
dadurch zu beheben, daß der Kläger die Chance erhalte, an einem neuen
Auswahlverfahren teilzunehmen. Von einer Ermessensreduzierung in dem Sinne,
daß nur die Zulassung des Klägers zur Ausbildung zum höheren
Polizeivollzugsdienst rechtsfehlerfrei gewesen wäre, sei allerdings nicht
auszugehen; denn es könne nicht festgestellt werden, wie der Kläger in einem
fehlerfreien Verfahren beurteilt worden wäre.
Gegen die Vergabe der Eignungstests an eine private Gesellschaft und gegen die
grundsätzliche Eignung der psychologischen Eignungsuntersuchung bestünden
allerdings keine Bedenken. Die Verwaltung dürfe sich zur Sachverhaltsermittlung
Sachverständiger bedienen. Dem Dienstherrn sei es nicht verwehrt, sich bei seiner
Eignungsbeurteilung zur Unterstützung auf einen psychologischen Eignungstest zu
beziehen, den entsprechend wissenschaftlich vorgebildete Fachleute vorbereitet
und durchgeführt hätten. Das von den Psychologen der DGP ausgearbeitete
Verfahren erscheine generell und objektiv geeignet, aussagekräftige Erkenntnisse
für die anstehende Auswahlentscheidung zu liefern. Das Verfahren als solches sei
in ausreichender Form durch die Behörde selbst geregelt, indem der Hessische
Minister des Innern zusammen mit der DGP ein Anforderungsprofil entwickelt und
danach einen nach Anforderungsmerkmalen, Prüf- und Erfassungsmethode, Skala
der Verhaltensbeurteilung u. a. gegliederten Untersuchungskatalog erstellt habe.
Abgesehen von den festgestellten Mängeln hinsichtlich der fehlenden
Nachvollziehbarkeit der Eignungsempfehlung seien willkürliche oder sachwidrige
Erwägungen innerhalb des psychologischen Untersuchungsverfahrens nicht zu
erkennen. Ob die Prüfungsweise der DGP und die Prüfungsfragen sowie die
Beurteilungen ihrerseits zweckmäßig und gerecht gewesen seien, unterliege der
Wertung des Dienstherrn bzw. dem Beurteilungsspielraum der Prüfer.
Gegen das am 6. März 1991 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. März 1991
eingelegte Berufung des Beklagten. Zur Begründung wird vorgetragen, dem
Dienstherrn sei eine gerichtlich nur beschränkt überprüfbare
Beurteilungsermächtigung für die Frage eingeräumt, ob und in welchem Maße ein
Beamter die über die Anforderungen an seine bisherige Laufbahn wesentlich
hinausgehende Eignung für einen Aufstieg besitze, ferner eine
Ermessensermächtigung für die Beantwortung der Frage, wieviele und welche der
geeignet erscheinenden Beamten zum Aufstieg zugelassen würden. Über die
Eignung der Bewerber für den höheren Dienst entscheide ein Auswahlausschuß,
bestehend aus erfahrenen Beamten des höheren Polizeivollzugsdienstes und
einem Polizeipsychologen, aufgrund fachlicher Beurteilungskompetenz, die
ihrerseits nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sei. Die vom Hessischen
Minister des Innern und der DGP hierfür erarbeiteten Anforderungsmerkmale
könnten teils mit schriftlichen Testverfahren, teils jedoch nur im mündlichen
Verfahren ermittelt werden; dies gelte insbesondere für Führungsverhalten,
Initiative, Überzeugungskraft und Durchsetzungsvermögen. Die Leistungen in den
einzelnen Verfahrensteilen würden gesondert beurteilt und schließlich nach Art
eines sequentiellen Vorgehens zu einer Gesamtbewertung zusammengefaßt.
Bewerber mit unzureichenden Ergebnissen im schriftlichen Testteil könnten diesen
Mangel im mündlichen Teil kaum kompensieren. Andererseits sei es auch bei
guten schriftlichen Leistungen nicht ausgeschlossen, daß Bewerber aufgrund der in
den mündlichen Verfahrensteilen gezeigten Verhaltensweisen nur eingeschränkt
für den höheren Polizeivollzugsdienst empfohlen werden könnten.
Dem Beurteilungsermessen des Dienstherrn unterliege es auch, welches Gewicht
er dienstlichen Prüfungen und Beurteilungen im Verhältnis zu den gutachterlichen
Empfehlungen einräume. Im Falle des Klägers hätten Verhaltensmängel im
mündlichen Teil der Prüfung zu der Gesamtbewertung "mit leichten
Einschränkungen zu empfehlen" geführt. Aufgrund dieser Empfehlung habe der
Prüfungsausschuß nach dem Erlaß vom 8. Dezember 1987 12 Punkte vergeben.
Der Ausschuß solle die Vergleichbarkeit der Beurteilungen und
Beurteilungsmaßstäbe sicherstellen, um eine Rangfolge der Bewerber nach einer
Punktbewertung erstellen zu können, die auf einer anlaßbezogenen dienstlichen
Beurteilung beruhe. Diesem Zweck diene die im Erlaß vorgesehene Erläuterung
des Beurteilungsergebnisses des Erstbeurteilers vor dem Ausschuß, der im
übrigen an dessen Empfehlungen nicht gebunden sei, sondern in einem
Quervergleich aller Bewerber aufgrund eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes
eine weitere Differenzierung innerhalb einer Gruppe von positiv beurteilten
Bewerbern vornehme. Die dienstliche Beurteilung des Klägers enthalte durchaus
Einschränkungen, die bei vergleichender Betrachtung die Vergabe von lediglich 12
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Einschränkungen, die bei vergleichender Betrachtung die Vergabe von lediglich 12
Punkten rechtfertigten. Seine dienstlichen Leistungen und sein dienstliches
Verhalten seien nicht herausragend beurteilt worden; seine Ausdrucksfähigkeit und
Initiative seien als eher durchschnittlich eingestuft worden. Der Kläger habe selbst
eingeräumt, daß die Beurteilung vom 4. März 1988 schlechter ausgefallen sei als
die anläßlich seiner ersten Teilnahme an einem Eignungsauswahlverfahren im
Jahre 1985. Dies alles rechtfertige es, den Kläger nur mit leichten Einschränkungen
als geeignet zu beurteilen. Im übrigen seien an den Kläger als
Wiederholungsbewerber keine höheren Anforderungen gestellt worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 14. Februar
1991 - V/2 E 513/89 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise festzustellen, daß der Ablehnungsbescheid des
Hessischen Ministeriums des Innern vom 6. Juni 1988 in
der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 14. April
1989 rechtswidrig gewesen ist.
Er ist der Ansicht, die Auswahlentscheidung beruhe auf einem objektiv
ungeeigneten Verfahren, so daß ihr ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liege und
allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet worden seien. Die DGP sei nicht
als Sachverständige im Sinne von § 26 Abs. 1 Nr. 2 Hessisches
Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) tätig geworden, sondern habe für einen
Teil der Auswahlmaßstäbe selbst die betreffende Wertung vorgenommen. Es sei
nicht nachvollziehbar, in welcher Weise der Prüfungsausschuß die
Arbeitsergebnisse der DGP überprüft habe, um sie sich als eigene zurechnen zu
können. Insbesondere seien nicht immer alle Mitglieder des Prüfungsausschusses
anwesend, wenn die Psychologen der DGP ihre Testergebnisse über einzelne
Prüflinge bekanntgäben. An der Verhaltensbeobachtung seien Mitglieder des
Prüfungsausschusses nicht beteiligt. Die Methodik der DGP werde nicht überprüft.
Dies alles rechtfertige die Feststellung, daß die DGP nicht als Sachverständige,
sondern als Beraterin für den Beklagten tätig werde. Über die objektive Eignung
des Verfahrens der DGP für die Auswahlentscheidung habe das Verwaltungsgericht
keinerlei Feststellungen getroffen. Dies könne nur durch
Sachverständigengutachten geschehen, wobei ausgehend vom Anforderungsprofil
des Dienstherrn die Testkonstruktion und -entwicklung sowie im konkreten Falle
des Klägers die verwendeten Testbögen nebst Fragenkatalog und Musterlösung zu
überprüfen seien.
Weitere Bewertungsmängel seien bei der für den Kläger nachteiligen
Verhaltensbeobachtung festzustellen. Der diesbezügliche Test müsse auch im
Wiederholungsfall zuverlässige Ergebnisse liefern und einen Malus ausschließen.
Zu Recht seien die Leistungsbeurteilungen in Gruppenarbeit und Einzelgespräch
als Akte wertender Erkenntnis bezeichnet worden, obwohl dies allein dem
Dienstherrn obliege und nicht delegiert werden könne. Akte wertender Erkenntnis
durch Privatpersonen unterlägen der vollen gerichtlichen Überprüfung. Sei diese
aufgrund der Besonderheiten des angewendeten Verfahrens nicht mehr möglich,
dann könne sich der Beklagte nicht auf eine eingeschränkte gerichtliche
Kontrolldichte berufen, und die privaten Wertungen könnten keinen Bestand
haben.
Der Beklagte erwidert, der Dienstherr habe lediglich im Rahmen der ihm bei der
Auswahl von Bewerbern für einen Laufbahnaufstieg zustehenden
Beurteilungsermächtigung zusätzlich ein psychologisches Testverfahren
herangezogen und nicht etwa die ihm obliegende Beurteilung auf einen Dritten
übertragen. Das Ergebnis der Begutachtung geistiger Fähigkeiten, die für die
angestrebte Verwendung bedeutsam seien, dürfe freilich nicht blindlings
übernommen werden, sondern müsse auch in der Begründung so verständlich
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übernommen werden, sondern müsse auch in der Begründung so verständlich
sein, daß der Dienstherr es sich zu eigen machen könne. Diesen Anforderungen
genüge das von der DGP entwickelte Testverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten 1 UE 691/91 und 1 Q 1403/93, der
vom Beklagten geführten Personalakten über den Kläger (5 Bände) sowie des
Verwaltungsvorgangs des Beklagten (3 Halbhefter) verwiesen, die vorgelegen
haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen den
Bescheid des Hessischen Ministeriums des Innern vom 6. Juni 1988, mit dem die
Zulassung des Klägers zur Ausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst
abgelehnt worden ist, zu Recht stattgegeben. Dieser Bescheid ist formell
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO). Seine Begründung entspricht nicht den Anforderungen des
Verwaltungsverfahrensrechts, des Prüfungsrechts und des Beamtenrechts an eine
Eignungsauswahlentscheidung. Dieser Mangel ist auch in dem
Widerspruchsbescheid vom 14. April 1989 nicht geheilt worden. Zu Recht hat das
Verwaltungsgericht ferner dem Kläger auf seine Leistungsklage einen Anspruch auf
Beseitigung der fortdauernden Folgen dieses rechtswidrigen Verwaltungshandelns
zuerkannt und den Beklagten verpflichtet, den Kläger erneut in das
Eignungsauswahlverfahren zur Ausbildung für den höheren Polizeivollzugsdienst
einzubeziehen.
Der Senat kann dahinstehen lassen, ob und in welchem Umfang eine
Begründungspflicht für den angefochtenen Bescheid bereits kraft Gesetzes
aufgrund der Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 2 Hessisches
Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) besteht. Nach dieser Vorschrift sind die
wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu
ihrer Entscheidung bewogen haben. Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 HVwVfG ist diese
Vorschrift auf die Tätigkeit der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen
Prüfungen nicht anwendbar. Es ist umstritten, ob diese Ausnahmeregelung nur für
Prüfungsverfahren im eigentlichen Sinne gilt, bei denen eine im förmlichen,
normativ geregelten Verfahren ergangene Prüfungsentscheidung wesentlicher
Inhalt des Verwaltungsakts ist, oder ob sie sich auch auf prüfungsähnliche
Verfahren erstreckt, die der Vorbereitung einer anderweitigen Entscheidung wie
beispielsweise der Feststellung persönlicher Voraussetzungen für den Erlaß eines
bestimmten Verwaltungsakts dienen (vgl. zum Streitstand Kopp, VwVfG, 5.
Auflage, Rdnr. 54 zu § 2; Beschluß des Senats vom 29. September 1987 - 1 TG
2160/87 -, NVwZ 1989, 73).
Diese Frage ist jedoch im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, weil nach
nunmehr einhelliger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Begründungspflicht
als Kern grundrechtlicher Verfahrensgarantien (so ausdrücklich BVerfG,
Beschlüsse vom 17. April 1991, BVerfGE 84, 34, 46 und BVerfGE 84, 59, 72) auch
auf dem Gebiet des Prüfungsrechts Geltung beansprucht (vgl. jetzt BVerwG,
Urteile vom 9. Dezember 1992, BVerwGE 91, 262 = DÖV 1993, 480 und vom 24.
Februar 1993, BVerwGE 92, 132, 136).
Soweit der Bescheid vom 6. Juni 1988 in Anbetracht der konkreten Ausgestaltung
des Eignungsauswahlverfahrens für den höheren Polizeivollzugsdienst eine
Prüfungsentscheidung enthält, hat der Kläger einen grundrechtlich (Art. 19 Abs. 4
GG) geschützten Anspruch darauf, daß die maßgeblichen Gründe, die die Prüfer zu
der abschließenden Bewertung veranlaßt haben, wenn nicht in allen Einzelheiten,
so doch jedenfalls in den für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkten erkennbar
sein müssen (vgl. BVerwG a.a.O., BVerwGE 91, 262 - LS -). Der Umfang der
Begründungspflicht ergibt sich ebenso wie bei Verwaltungsakten, die eine
Ermessens- oder Beurteilungsentscheidung enthalten (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 3
HVwVfG), aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG. Die
Begründung hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Sie muß ihrem Inhalt nach so
beschaffen sein, daß das Recht des Prüflings, Einwände wirksam vorzubringen,
ebenso gewährleistet ist wie die behördliche und gerichtliche Kontrolle des
Prüfungsverfahrens unter Beachtung des Beurteilungsspielraums der Prüfer.
Entscheidend für die Anforderungen an Inhalt und Umfang der Begründung ist, daß
sie es dem Prüfling und den Gerichten ermöglicht, die zur abschließenden
Bewertung führenden Gedankengänge der Prüfer rational nachzuvollziehen (vgl. zu
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Bewertung führenden Gedankengänge der Prüfer rational nachzuvollziehen (vgl. zu
diesem Erfordernis BVerfG, Beschluß vom 22. Oktober 1991, BVerfGE 85, 36;
BVerwG a.a.O., DÖV 1993, 480, 481).
Nichts anderes kann gelten, soweit der angefochtene Bescheid neben einer
prüfungsrechtlichen Entscheidung auch die Ausfüllung des dem Dienstherrn
grundsätzlich zustehenden Ermessens- und Beurteilungsspielraums hinsichtlich
der Fragen enthält, in welchem Maße ein Beamter für den Laufbahnaufstieg
geeignet ist und welche der als geeignet erscheinenden Beamten zum
Laufbahnaufstieg zugelassen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1981, DÖD
1982, 26; Beschluß vom 11. Februar 1983, NJW 1983, 1922 sowie Urteil vom 22.
September 1988, BVerwGE 80, 224 = NJW 1989, 1297). Denn auch insoweit
erfordern das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und der von Verfassungs
wegen bestehende Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) eine
schriftliche Begründung, die den Betroffenen in die Lage versetzt, seine Rechte
sachgemäß wahrzunehmen und verantwortlich zu entscheiden, ob er gegen die
ablehnende Entscheidung des Dienstherrn Rechtsbehelfe ergreift oder nicht (vgl.
dazu Urteil des Senats vom 22. September 1993 - 1 UE 498/86 - m.w.N.). Hierfür
ist es unabdingbar, daß er die tragenden Gründe der für ihn ungünstigen
Entscheidung erfährt.
Schließlich entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, daß bei
Eignungsauswahlentscheidungen die maßgeblichen Erwägungen der Behörde
schriftlich niederzulegen sind, damit die getroffene Entscheidung zur
Gewährleistung tatsächlich wirksamen Rechtsschutzes überprüfbar ist und
festgestellt werden kann, ob ein Bewerber nicht aus unsachlichen Erwägungen in
seinem beruflichen Fortkommen behindert wird (vgl. z. B. Senatsbeschlüsse vom
10. Oktober 1989 - 1 TG 2751/89 -, NVwZ 1990, 284 und vom 20. April 1993 - 1 TG
709/93 - und vom 26. Oktober 1993 - 1 TG 1585/93 -); insoweit verlangt auch Art.
33 Abs. 2 GG eine formell einwandfreie Begründung der Auswahlentscheidung.
Im vorliegenden Fall gewinnt dieses Erfordernis deshalb besondere Bedeutung, weil
der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid der Sache nach eine
vorweggenommene Beförderungsentscheidung getroffen hat, wie es etwa auch bei
der Vergabe eines Beförderungsdienstpostens zur Erprobung als Vorstufe einer
späteren Beförderung der Fall ist. Dem entspricht die Erklärung des Vertreters des
Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 1993, in der Regel
finde jeder, der zur Ausbildung zugelassen worden sei, eine entsprechende
Planstelle vor.
Neben dem vielschichtigen Regelungsgehalt der angefochtenen Entscheidung
begründet auch die konkrete Gestaltung des Auswahlverfahrens weitere
Anforderungen an die Begründung der Auswahlentscheidung. Durch das
angewandte Punktsystem wird eine erheblich formalisierte, rechnerisch genaue
Entscheidung angestrebt, die dementsprechend Schritt für Schritt nachvollziehbar
begründet sein muß; dies gilt insbesondere für die Punktvergabe als solche, aber
auch für die Umsetzung eines Punktergebnisses in ein Eignungsurteil sowie für die
Gewichtung der in einzelnen Prüfungsteilen gewonnenen Eignungsurteile im
Rahmen des Gesamturteils.
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Begründung der angefochtenen Bescheide
unzureichend. Der Bescheid vom 6. Juni 1988 kommt einer bloßen
Ergebnismitteilung gleich. Dieser Formfehler ist mit Erlaß des
Widerspruchsbescheides vom 14. April 1989 nicht geheilt worden; denn die
gesetzlich vorgeschriebene Begründung ist auch nachträglich nicht im
erforderlichen Umfang gegeben worden (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 2 HVwVfG). Der
Widerspruchsbescheid beschränkt sich auf die Wiedergabe der gesetzlichen
Grundlage für die Auswahlprüfung und auf eine Ableitung der vom Kläger erzielten
Gesamtpunktzahl. Da die angefochtene Entscheidung auch während des
Verwaltungsstreitverfahrens nicht ausreichend erläutert worden ist, stellt sich die
Frage nicht, ob das Nachschieben von Auswahlerwägungen in einem derartigen
Fall zulässig gewesen wäre (vgl. dazu Beschluß des Senats vom 18. August 1992 -
1 TG 1074/92 -, NVwZ 1993, 224).
Im einzelnen ist folgendes zu beanstanden:
Das in die Auswahlentscheidung maßgeblich eingegangene Ergebnis der
psychologischen Untersuchung des Klägers durch die DGP ist schon deshalb nicht
rational nachvollziehbar im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung, weil die
eigentliche Begründung nur aufgrund mündlicher Erläuterungen seitens der
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eigentliche Begründung nur aufgrund mündlicher Erläuterungen seitens der
Psychologen, die den Kläger untersucht haben, ermittelt werden kann. Zwar
bestehen keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken dagegen, daß sich der
Dienstherr Ergebnisse einer psychologischen Begutachtung zu eigen macht und
ihr Ergebnis im Rahmen seines eigenen umfassenden Eignungsurteils verwertet
(vgl. BVerwG, Urteil vom 22. September 1988 a.a.O. m.w.N.). Gerade deshalb
besteht aber auch für die Ergebnisse derartiger Tests als Bestandteil einer
Eignungsauswahlentscheidung ein Begründungserfordernis. Dies stößt auch nicht
auf unüberwindbare praktische Hindernisse, da eine schriftliche, auf das
Wesentliche beschränkte Stellungnahme des begutachtenden Psychologen in der
gebotenen Kürze möglich und in jeder Hinsicht zumutbar ist.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auf Seite 9 f. des Urteilsabdrucks darauf
hingewiesen, daß nicht nachvollziehbar sei, aus welchen Gründen der
begutachtende Psychologe seinen Eignungsvorschlag an den Prüfungsausschuß
mit der Empfehlung "mit leichten Einschränkungen (Note 4)" versehen hat, anstatt
den Kläger ohne Einschränkungen zu empfehlen (Note 5- oder 4+). Soweit dies
darauf beruhen soll, daß der Kläger angeblich im Verhaltensteil der
psychologischen Untersuchung schwächer abgeschnitten habe und diesem
Teilergebnis besonderes Gewicht zukomme, ist diese von der Regel abweichende
Gewichtung von Verhaltens- und Leistungsteil der Untersuchung nicht begründet
worden und damit auch nicht nachvollziehbar.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ferner beanstandet, es sei nicht
nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Prüfungsausschuß aus der dienstlichen
Beurteilung des Klägers vom 4. März 1988 die Empfehlung "erscheint mit leichten
Einschränkungen geeignet (12 Punkte)" abgeleitet habe, obwohl Einschränkungen
der dienstlichen Beurteilung selbst nicht zu entnehmen seien. Nach den Vorgaben
des einschlägigen Erlasses des Hessischen Ministers des Innern vom 8. Dezember
1987 (III B 2 - 8 e 1005 -) sei eine Bewertung mit bis zu 15 Punkten möglich
gewesen. Soweit sich der Beklagte in diesem Zusammenhang darauf beruft, der
Prüfungsausschuß habe alle mit "erscheint geeignet" beurteilten Bewerber in eine
sog. "quervergleichende Betrachtungsweise" einbezogen, deutet dies auf eine zu
besonderer Begründung zwingende Steuerungsmöglichkeit des
Prüfungsausschusses hin, die im Ergebnis einer Vorauswahl gleichkommen kann.
Diese Verfahrensfehler begründen das Recht des Klägers auf Teilnahme an einem
neuen rechtsfehlerfreien Eignungsauswahlverfahren im Wege der
Folgenbeseitigung, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat (Seite 6
f. des Entscheidungsabdrucks). Die Folgen der fehlerhaften Auswahlentscheidung
für den Kläger lassen sich anders als durch die (erneute) Teilnahme an einem
Auswahlverfahren nicht beseitigen.
Zwar ist es prüfungsrechtlich anerkannt, daß Fehler in einem Prüfungsverfahren
grundsätzlich kein Recht auf Wiederholung der gesamten Prüfung oder einzelner
Prüfungsteile begründen, sondern lediglich einen Anspruch auf Neubewertung
derjenigen Prüfungsleistungen, die in den verfahrensfehlerhaften Prüfungsteilen
erbracht worden sind, und zwar durch dieselbe Prüfungskommission (vgl. Niehues,
Schul- und Prüfungsrecht, 2. Aufl. 1993, Rdnrn. 364 f., 435 f., jeweils mit
ausführlichen Nachweisen). Dieser Grundsatz kann jedoch nur dann gelten, wenn
eine Neubewertung sachlich möglich ist. Daran fehlt es jedenfalls bei mündlichen
Prüfungsleistungen wegen der Unwiederholbarkeit des unmittelbaren Eindrucks
vom Prüfungsgeschehen, aber auch bei mündlichen oder verhaltensorientierten
Testverfahren. Im vorliegenden Fall ist nach Auffassung des Senats eine
Neubewertung der im Eignungsauswahlverfahren 1988 erbrachten Leistungen des
Klägers insgesamt nicht möglich, ohne das Recht des Klägers auf
Chancengleichheit im Prüfungs- und Auswahlverfahren entscheidend zu
beeinträchtigen.
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, daß das Eignungsauswahlverfahren nach
Angaben des Vertreters des Beklagten im Termin am 1. Dezember 1993
inzwischen grundlegend geändert worden ist. Insbesondere sind die einzelnen
Prüfungsteile neu gewichtet und die Bewertungsfaktoren für die Punktvergabe
entsprechend geändert worden. Das Verhalten des Klägers im psychologischen
Testverfahren ist aus mehreren Gründen unwiederholbar. Zum einen sind
wesentliche Testteile in einer Gruppensituation erbracht worden, in welcher der
Kläger zusammen mit anderen Bewerbern im Wege eines Verhaltens- und
Leistungsvergleichs getestet worden ist. Zum anderen sind seit den Tests nahezu
fünf Jahre verstrichen, mithin ein Zeitraum, der eine hinreichend zuverlässige
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fünf Jahre verstrichen, mithin ein Zeitraum, der eine hinreichend zuverlässige
Erinnerung der Prüfer und Psychologen ohne entsprechende schriftliche
Gedächtnisstützen ausschließt. Ferner kann unter dem Gesichtspunkt der
Wiederholbarkeit nicht außer Betracht bleiben, daß das Auswahlverfahren an
mehreren Punkten wertende Eingriffe des Prüfungsausschusses vorsieht, die nicht
nachvollzogen werden können und deshalb einer Neubewertung der Leistungen
des Klägers entgegenstehen. Es kann schließlich nicht davon ausgegangen
werden, daß die in eine Prüfungsentscheidung einzubeziehende dienstliche
Beurteilung des Klägers vom 4. März 1988 seinem aktuellen Leistungsbild
entspricht.
Der Kläger hat somit im Ergebnis einen Anspruch auf (erneute) Teilnahme an
einem vollständigen Eignungsauswahlverfahren im Wege der Folgenbeseitigung.
Die Vorschrift des § 5 Abs. 3 PolVollzLaufbahnVO, nach der das Verfahren nur
einmal wiederholt werden kann, steht dem nicht entgegen. Da keine Möglichkeit
besteht, Prüfungsleistungen des Klägers aus dem ersten Wiederholungsverfahren
neu zu bewerten, bleibt es bei der ersatzlosen Aufhebung der angefochtenen
Auswahlentscheidung mit der Folge, daß der Kläger nunmehr das
Eignungsauswahlverfahren zum ersten Male wiederholt. Nicht anders ist auch die
Entscheidungsformel des erstinstanzlichen Urteils zu verstehen. Darin wird der
Beklagte verpflichtet, dem Kläger die "nochmalige" Teilnahme am
Eignungsauswahlverfahren zu ermöglichen und seine "neu" zu erbringenden
Prüfungsleistungen zu bewerten, wie das Verwaltungsgericht auf Seite 7, 12 des
Urteilsabdrucks mehrfach klargestellt hat.
Unter diesen Umständen war dem im Termin am 1. Dezember 1993 gestellten
und gemäß § 86 Abs. 2 VwGO beschiedenen Beweisantrag des Klägers nicht weiter
nachzugehen, da es für die Entscheidung des Senats auf die unter Beweis
gestellten Tatsachenbehauptungen nicht ankam.
Da die Berufung erfolglos geblieben ist, hat der Beklagte gemäß § 154 Abs. 2
VwGO die Kosten des Berufungsverfahren zu tragen. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen
hierfür nicht gegeben sind (§§ 127 BRRG, 183 HBG, 132 Abs. 2 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.