Urteil des HessVGH vom 09.10.1996

VGH Kassel: aufschiebende wirkung, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, liegenschaft, bestehendes gebäude, teilweise abweisung, genehmigung, hauptsache, schalter, vollziehung, bekanntmachung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 TG 1870/95
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 34 BauGB, § 80a VwGO
(Einstweilige Anordnung eines Nachbarn gegen
Baugenehmigung für eine Einrichtung der ambulanten
Drogenhilfe)
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist als Erbe seiner am 27.08.1990 verstorbenen Mutter
Eigentümer der gewerblich genutzten Liegenschaft in F. Beide haben sich gewandt
bzw. wenden sich gegen die für die Liegenschaft erteilte Umnutzungsgenehmigung
für ein bestehendes Gebäude, dessen Umbau in eine ambulante Einrichtung der
Drogenhilfe (Kontaktladen und Drogennotdienst) dem Beigeladenen zu 1 mit
Teilbaugenehmigungen vom 18.08.1989, 04.10.1989 sowie vom 13.09.1990 und
schließlich mit Baugenehmigung vom 16.04.1991 genehmigt wurde.
Beide Grundstücke liegen im räumlichen Geltungsbereich des nach Maßgabe des §
5 Abs. 4 der Hessischen Gemeindeordnung in der Fassung vom 01.07.1960 (GVBl.
S. 103, 164) - HGO a.F. fehlerhaft bekanntgemachten Bebauungsplans SW 1a Nr.
1 vom 08.12.1970, der das Gebiet als Kerngebiet (MK-Gebiet) ausweist. Dieser im
Bahnhofsviertel gelegene Abschnitt der straße lag in einem Gebiet, in welchem die
Ausübung der Gewerbsunzucht in Form der Straßenprostitution und der
bordellmäßig betriebenen Prostitution gemäß der Verordnung zum Schutze der
Jugend und des öffentlichen Anstandes im Regierungsbezirk vom 25.11.1970 in der
Fassung der Änderung vom 09.02.1973 (StAnz. 1973 S. 409) gestattet war. U. a.
diese einschlägige Dirnensperrbezirksverordnung, die die nicht zum sonstigen
Dirnen-Sperrgebiet gehörende sogenannte "Toleranzzone" ausgewiesen hatte,
wurde durch ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. November
1980 (- VIII N 2/79 - GewA 1981, 143 = HessVGRspr. 1981, 73 = NJW 1981, 779)
für nichtig erklärt.
Bis 1989 wurde die Liegenschaft als Bordell genutzt. Bauherr und Vermieter des
Vorhabens nach der geänderten Nutzung ist der Beigeladene zu 1. Das
Bauvorhaben wird in den Bauakten (Bauvorlagen und Genehmigungen) nach Art
und Zweck überwiegend als "Umbau und Umnutzung eines Geschäftshauses in
ambulante Einrichtungen der Drogenhilfe", in der 3. Teilbaugenehmigung vom
13.09.1990 als "Umbau und Umnutzung eines Bordells in ambulante Einrichtungen
der Drogenhilfe" bezeichnet. Der Beigeladene zu 2 hat das Objekt nach seinen
Angaben mit Wirkung vom 15.08.1990 angemietet und in Betrieb genommen.
Gegen die Baugenehmigung vom 16.04.1991 legte die Mutter des Antragstellers
als dessen Rechtsvorgängerin mit Schreiben vom 21.05.1991 am 23.05.1991
Widerspruch ein, der durch Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin vom
11.03.1993 zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtet sich eine beim
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 15.04.1993 eingegangene Klage (8 E
962/93 (3)), über die noch nicht entschieden ist.
Für das Vorder- und das Hinterhaus der Liegenschaft sind im Erdgeschoss, dem 1.
und 2. Obergeschoss sowie dem Dachgeschoss Aufenthalts- und Gruppenräume,
Räume für die Sozialarbeiter, Duschen und Küchen sowie Arzträume und im
Dachgeschoss auch Schlafräume genehmigt worden. Ausweislich der Bau- und
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Dachgeschoss auch Schlafräume genehmigt worden. Ausweislich der Bau- und
Betriebsbeschreibung zum Bauantrag soll die Drogenhilfeeinrichtung von zwei
Trägergesellschaften getragen werden, die jeweils zehn Mitarbeiter in den
Institutionen einsetzen. Im Erdgeschoss war eine Anlaufstelle für den
Spritzenaustausch vorgesehen. Der Spritzenaustausch fand bis zur Entscheidung
der Vorinstanz aber nicht im Innern des Hauses statt, sondern über einen
straßenseitig gelegenen und nachträglich geschaffenen Schalter zum Gehsteig
hin. Nachdem der Beigeladene zu 1 während des Beschwerdeverfahrens unter
dem 20.12.1995 eine Baugenehmigung für die Herstellung eines Straßenschalters
für Spritzenaustausch erhalten hat, deren Sofortvollzug angeordnet ist, wird der
Spritzenaustausch wieder über diesen Schalter vorgenommen.
Nach Aktenlage wird das Krisenzentrum wie folgt genutzt: Es handelt sich hierbei
um das größte Krisenzentrum im Innenstadtbereich, wobei unter Krisenzentren
Einrichtungen der niedrigschwelligen Drogenhilfe für Drogenabhängige in Frankfurt
zu verstehen sind. Im Erdgeschoss des Vorderhauses befinden sich eine
Tagesstätte (Kontaktladen "Café F") mit ca. 150 qm Nutzfläche und ein
Straßenschalter für Spritzenaustausch. Für den Kontaktladen stehen drei
Sozialarbeiter/innen zur Verfügung. Daneben sind zwei Hauswirtschaftskräfte tätig,
die Mahlzeiten und belegte Brötchen zubereiten. Eine Reihe von Aufgaben wie z. B.
Abräumen der Teller, Verwalten der Kleiderkammer und des Hygienebereichs
(Dusch- und Waschmöglichkeiten) werden von Abhängigen, die sich im Methadon-
Programm befinden, wahrgenommen. Der Kontaktladen fungiert als Anlaufstelle in
lebensbedrohlichen Krisensituation wie Vergewaltigungen, Mißhandlungen usw. Im
Hygienebereich duschen täglich bis zu 20 Drogenabhängige. Der Schalter für
Spritzenaustausch ist während der Öffnungszeiten des Café Fix geöffnet. Er liegt
95 cm hinter der Bauflucht und wird von zwei Hilfskräften, Sozialarbeitern bzw.
studentischen Hilfskräften bedient. Täglich kommen 300 bis 400
Drogenabhängige, um Spritzen und Nadeln zu tauschen. Im 1., 2. und 3.
Obergeschoss befindet sich die Einrichtung Kassandra "Beratungsstelle und Café
für drogenabhängige Mädchen und Frauen", die Anlaufstelle für drogenabhängige
Frauen im Bahnhofsviertel. Die Mitarbeiterinnen dieser Einrichtung bieten den
Klientinnen - zumeist Beschaffungsprostituierte ohne festen Wohnsitz - einen
geschützten Raum, in dem sie Informationen, Beratung und Begleitung zu
Behörden erhalten, in stationäre Therapie und den Entzug vermittelt werden
können. Eine ärztliche Ambulanz bietet u. a. ein eigenes Methadon-Programm an.
Im Hinterhaus der Liegenschaft befindet sich eine ärztliche Ambulanz, in der
weitere Drogenabhängige mit Methadon substituiert werden.
Außerhalb des Krisenzentrums sind im Rahmen der Einführung und des Ausbaus
der niedrigschwelligen Drogenhilfe der Stadt seit 1990 weitere Krisenzentren
eingerichtet worden - beginnend vor der Auflösung der "offenen Drogenszene" in
der Taunusanlage, die im Herbst 1992 durch die Schutzpolizei erfolgt ist: Der
"Gesundheitsraum" sowie die Krisenzentren und. Allen Krisenzentren ist
gemeinsam, dass sie über einen Aufenthaltsraum verfügen, in dem sich
Drogenabhängige aufwärmen und Mahlzeiten einnehmen können. Angegliedert
sind in der Regel medizinische Ambulanzen.
Am 03.05.1994 hatte der Antragsteller beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, die Nutzung der Liegenschaft Moselstraße 47 zu
untersagen.
Nachdem das Verwaltungsgericht mit Beschluß vom 27.07.1994 dem Antrag
entsprochen hatte, insbesondere auch im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung
des Widerspruchs, hat die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren (Az.: 4 TH
2336/94) unter dem 26.09.1994 die sofortige Vollziehung der Baugenehmigung
unter Nebenbestimmungen angeordnet.
Am 13.12.1994 hat der Antragsteller erneut einen Eilantrag gestellt. Mit Beschluß
vom 10.05.1995 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage
gegen die Baugenehmigung vom 16.04.1991 wiederhergestellt, soweit in ihr die
Nutzung der Liegenschaft zum Zwecke des Spritzenaustauschs für
Drogensüchtige gestattet ist. Ferner hat es der Antragsgegnerin aufgegeben, den
Spritzenaustausch durch den straßenseitig eingerichteten Schalter gegenüber
dem Beigeladenen zu 2 unter Anordnung des Sofortvollzugs der Verfügung ab
dem 15.06.1995 bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen. Im
übrigen hat es den Antrag abgelehnt.
Es hat die Auffassung vertreten, dass die Fortsetzung der Nutzung der
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Es hat die Auffassung vertreten, dass die Fortsetzung der Nutzung der
Liegenschaft als Einrichtung der ambulanten Drogenhilfe bis zur Entscheidung der
Hauptsache nur in begrenztem Umfang für den Antragsteller zumutbar sei. Soweit
der Spritzenaustausch genehmigt worden sei, sei die Fortsetzung der Nutzung
unzumutbar. Das habe insbesondere eine schriftliche Bestätigung eines mit den
Fassadenarbeiten an der Liegenschaft des Antragstellers betrauten Malers
ergeben, der sich und seine Mitarbeiter durch Besucher des Drogenzentrums
belästigt und bedroht gefühlt habe. Ähnlich wie bei einer Gaststätte müssten auch
die mit der bestimmungsgemäßen Nutzung des Krisenzentrums typischerweise
verbundenen Störungen bei der Prüfung der Anlage durch die
Bauaufsichtsbehörde berücksichtigt werden. Die potentielle Nutzbarkeit der
Liegenschaft durch etwaige Mieter, die dort ein Gewerbe betreiben wollten, werde
ebenso wie die Nutzbarkeit durch den Antragsteller selbst unzumutbar erschwert.
Dieser müsse jederzeit die Möglichkeit haben, im Rahmen des Zulässigen mit
seinem Haus in der gewünschten Art und Weise verfahren zu können. Dazu gehöre
es auch, dass er Renovierungsarbeiten ungehindert durchführen könne. Auch
müsse er selbst den jederzeitigen ungehinderten Zutritt zu seinem Haus haben
oder etwaigen Mietern diesen garantieren können.
Gegen den der Antragsgegnerin am 22.05.1995 zugestellten Beschluß hat dieser
am 02.06.1995 Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts aufzuheben, soweit der Beschluß die
aufschiebende Wirkung der Klage vom 12. April 1993 (8 E 962/93) gegen die
Baugenehmigung vom 16. April 1991 (B 89-0895) wieder herstellt und der
Antragsgegnerin aufgibt, die gegenwärtig durchgeführte Art des
Spritzenaustauschs durch den straßenseitig eingerichteten Schalter gegenüber
dem Beigeladenen zu 2 unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der
Verfügung ab dem 15. Juni 1995 bis zur Entscheidung in der Hauptsache (8 E
962/93 (3)) zu untersagen, und den Antrag des Antragstellers insgesamt
abzulehnen.
Das Verwaltungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der Antragsteller hat nach Ablauf der Beschwerdefrist am 04.07.1995
Anschlussbeschwerde erhoben.
Er beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
und im Wege der Anschlussbeschwerde unter Abänderung des Beschlusses des
Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main dem Antrag des Antragstellers in vollem
Umfang stattzugeben.
Nachdem die Antragsgegnerin mit Bauschein vom 20.12.1995 die
Baugenehmigung für die Herstellung eines Straßenschalters für Spritzenaustausch
erteilt hat, hat der Antragsteller unter dem 02.01.1996 Widerspruch gegen die
Baugenehmigung eingelegt und die Auffassung vertreten, die angegriffene
Genehmigung sei nach wie vor zu Unrecht erteilt, da sie schützenswerte Belange
des Antragstellers beeinträchtige. Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom
07.10.1996 die sofortige Vollziehung der Baugenehmigung vom 20.12.1995
angeordnet.
Die Bauakten betreffend die straße (Az.: B 89-0895 und B 95-1805), die
Widerspruchsakten B 6-315/91 sowie die Gerichtsakten 8 E 962/93, 8 G 1311/94
und 8 G 3761/94 des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main haben vorgelegen
und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 146, 147 VwGO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist
begründet, da der Antragsteller weder Anspruch auf die Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Baugenehmigung vom 16.04.1991
hat, soweit sie die Nutzung der Liegenschaft zum Zwecke des Spritzenaustauschs
für Drogensüchtige gestattet, noch hat er einen Anspruch auf Wiederherstellung
der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Genehmigung des
Straßenschalters für den Spritzenaustausch im Bauschein vom 20.12.1995.
Die Beschwerde des Antragstellers ist als unselbständiges Anschlussrechtsmittel -
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Die Beschwerde des Antragstellers ist als unselbständiges Anschlussrechtsmittel -
entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - zulässig. Sie richtet sich gegen
den Sofortvollzug einer Baugenehmigung, die die Antragsgegnerin ihrerseits zum
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht hat und hält sich damit in dem
für eine Anschlussbeschwerde zulässigen Rahmen. Soweit sich das Begehren des
Antragstellers nach Auffassung des Senats nunmehr auch gegen den
angeordneten Sofortvollzug der im laufenden Beschwerdeverfahren erteilten
Genehmigung für die Nutzung des Straßenschalters für den Spritzenaustausch
richtet, handelt es sich um eine auch im Falle der fehlenden Einwilligung der
Antragsgegnerin entsprechend § 91 VwGO zulässige, weil sachdienliche
Antragserweiterung.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die teilweise Abweisung seines Antrags
ist unbegründet.
Gemäß § 80a Abs. 1 VwGO kann die Behörde auf Antrag des Dritten, der einen
Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden
Verwaltungsakt eingelegt hat, die Vollziehung aussetzen und einstweilige
Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen. Auch das Gericht kann
auf Antrag solche Maßnahmen treffen (§ 80 Abs. 3 VwGO; zu den
Voraussetzungen im einzelnen vgl. Hess. VGH, Beschluß vom 30.01.1991 - 4 TG
3243/90 - BauR 1991, 185 = DÖV 1991, 745 = HessVGRspr. 1991, 50 = NVwZ
1991, 592).
Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten, hier des Nachbarn, gegen eine
dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung haben seit Inkrafttreten des 4.
VwGOÄndG regelmäßig auch im Verhältnis zwischen dem Bauherrn und der
Bauaufsichtsbehörde gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufschiebende Wirkung (vgl.
Hess. VGH, Beschluß vom 30.01.1991, a.a.O.). In diesen Fällen kann die Behörde
auf Antrag des Begünstigten, hier des Bauherrn, nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die
sofortige Vollziehung anordnen (§ 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
Voraussetzung für den Erfolg eines Antrages auf gerichtlichen Rechtsschutz nach §
80a Abs. 3 VwGO ist neben der Möglichkeit, u.U. auch Gewißheit der
Rechtsbeeinträchtigung, daß die erstrebte Maßnahme auch (noch) notwendig ist,
um mögliche Rechte des Dritten zu sichern, wozu auch der Schutz vor
fortdauernden Rechtsbeeinträchtigungen gehören kann (§ 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2
VwGO; vgl. Beschluß des Senats vom 30.01.1991, a.a.O.). Sofern die zur
Nutzungsänderung erforderlichen baulichen Maßnahmen abgeschlossen sind und -
wie hier - die streitige Nutzung bereits aufgenommen ist, ist zu berücksichtigen,
daß zum Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung auch der "Betrieb", die
Nutzung der genehmigten Anlage gehört und sich daraus für das auf § 80a VwGO
gestützte Verfahren nunmehr auch ein Bedürfnis des Antragstellers auf vorläufige
Regelung des Zustands, der bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens besteht,
ergeben kann. Allerdings müssen schwerwiegende Gründe vorliegen, um die
Aussetzung der Vollziehung der Nutzungsänderungsgenehmigung zur Sicherung
des Dritten gegen fortlaufende Rechtsbeeinträchtigungen durch die genehmigte,
geänderte Nutzung notwendig zu machen, die grundsätzlich von § 80a VwGO
mitumfaßt wird. Der mit der Fertigstellung des Bauvorhabens eingetretene
Zustand würde ein vom Antragsteller erstrebtes vorläufiges Nutzungsverbot nur
dann rechtfertigen, wenn es zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder aus anderen
Gründen nötig wäre und die zeitweilige Fortsetzung der Nutzung für den Dritten bis
zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar wäre (Beschluß des Senats vom
20.06.1991 - 4 TH 109/91 - UPR 1992, 114).
Der Senat läßt bei der im Rahmen des anhängigen Eilverfahrens gebotenen
summarischen Beurteilung offen, ob die genehmigte Umnutzung rechtswidrig ist
und den Antragsteller in einem nachbarrechtlichen Abwehrrecht verletzt.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass die Fortsetzung der
Nutzung der Liegenschaft als Einrichtung der ambulanten Drogenhilfe jedenfalls in
dem Umfang für den Antragsteller zumutbar ist, in dem es den Antrag abgelehnt
hat. Maßgeblich für die Entscheidung der Frage, ob das Sicherungsbedürfnis eines
Nachbarn die zeitweilige Fortsetzung der genehmigten Nutzung einer
Nachbarliegenschaft bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar macht,
ist die planungsrechtliche Beurteilung der Umgebung unter Berücksichtigung etwa
vorhandener Vorbelastungen, auch soweit sie sich aus einer Nutzung der
streitgegenständlichen Nachbarliegenschaft ergeben haben, die das Grundstück
des Antragstellers seit langem mitgeprägt hat und die er nicht grundlegend
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des Antragstellers seit langem mitgeprägt hat und die er nicht grundlegend
verändern kann. Abzuwägen gegen das Interesse des Antragstellers ist weiterhin
das Interesse an der vorläufigen Fortführung der genehmigten Nutzung.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass das
Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen ist, weil der
Bebauungsplan SW 1 a Nr. 1 vom 08.12.1970 fehlerhaft bekanntgemacht worden
ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfüllte das Satzungsrecht der
Antragsgegnerin bis zum Inkrafttreten der ersten Novelle zum Bundesbaugesetz
im Jahre 1977 die nach § 12 BBauG a. F. i.V.m. § 5 Abs. 4 HGO a. F. zu stellenden
Anforderungen an die Bekanntmachung von Bebauungsplänen nicht. Das hat der
Senat in einer Vielzahl von Verfahren gegen die Antragsgegnerin, u. a. in dem
Beschluß vom 19.01.1988 (- 4 N 4/83 - BRS 48 Nr. 3 = HessVGRspr. 1988, 90)
festgestellt. Allerdings vertritt die Antragsgegnerin unter Berufung auf eine
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 01.10.1986 - 8 C 53.85 - NJW
1987, S. 969) die Auffassung, der Bebauungsplan sei rechtsverbindlich. In dieser
Entscheidung, mit der die Revision der Antragsgegnerin gegen eine vereinzelt
gebliebene Entscheidung des 9. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
zurückgewiesen worden ist, hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
lediglich die Ansicht der Vorinstanz, der Bebauungsplan sei rechtsverbindlich, als
"bundesrechtlich unbedenklich" bezeichnet. Der Senat hat sich mit der
Rechtsauffassung der Antragsgegnerin bereits im Beschluß vom 07.06.1988 (4 N
4/83), mit dem einer Nichtvorlagebeschwerde der Antragsgegnerin nicht
abgeholfen wurde, im Einzelnen wie folgt auseinandergesetzt:
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich bei der Frage, ob
die Bekanntmachung der Genehmigung sowie des Orts und der Zeit der
Auslegung des Bebauungsplans gemäß § 12 Satz 2 BBauG 1960 der Vorschrift
des § 5 Abs. 4 HGO a.F. entsprach, nicht um eine Frage der Auslegung des § 12
BBauG 1960 und damit des Bundesrechts, sondern um eine Frage des nicht
revisiblen Landesrechts. In § 12 Satz 2 BBauG 1960, wonach die Genehmigung
sowie Ort und Zeit der Auslegung ortsüblich bekanntzumachen waren, wird
bundesrechtlich nur eine Bekanntmachung in rechtsstaatlich unbedenklicher Weise
gefordert, während das "Wie" der vorzunehmenden Bekanntmachung der landes-
und ortsrechtlichen Regelung vorbehalten bleibt. Aus diesem Grunde haben die
Bausenate des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs die Anforderungen an die
Bekanntmachung, nämlich Festlegung der Art der Hinweisbekanntmachung der
Genehmigung sowie Ort und Dauer der Auslegung des Bebauungsplans in der
Hauptsatzung, der Vorschrift des § 5 Abs. 4 HGO a.F. und damit nicht revisiblem
Landesrecht entnommen (Hess. VGH, Urteil vom 06.06.1986 - 4 UE 65/83 - BRS
46 Nr. 10; Hess. VGH, Urteil vom 14.03.1984 - III OE 43/82 - Agrarrecht 1985, 206
= BRS 42 Nr. 25 = HSGZ 1984, 321 m.w.N. auch der Rechtsprechung des 4.
Senats). Bei der von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidung des 9. Senats
(Urteil vom 13.12.1984 - IX OE 83/82 -), in der insoweit eine abweichende
Auffassung vertreten wird, handelt es sich um eine vereinzelt gebliebene
Entscheidung, die der 9. Senat getroffen hat, ohne zuvor eine Entscheidung des
Großen Senats herbeizuführen.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin weicht der Senat mit seiner
Rechtsprechung auch nicht von der des Bundesverwaltungsgerichts ab. Vielmehr
hat das Bundesverwaltungsgericht in einer gegen die Antragsgegnerin ergangenen
Entscheidung (Beschluß vom 23.09.1974 - IV B 113.74 - Buchholz 406.11, § 12
BBauG Nr. 4), nämlich der Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin
gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Senats vom 02.05.1974 -
IV OE 38/72 -, die vom Senat vertretene Auffassung bestätigt und ausdrücklich
auch ihre Übereinstimmung mit der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem
Urteil vom 14.12.1973 (a.a.O.) vertretenen Auffassung festgestellt, von der der
Senat nach der Beschwerdebegründung abgewichen sein soll. Das
Bundesverwaltungsgericht hat seine Auffassung in diesem Punkt in seinem Urteil
vom 26. Mai 1978 (BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 371 (374) = BauR 1978, 276
(277)) noch einmal bestätigt.
Auch aus dem Vortrag, die Herbeiführung einer abschließenden Klärung durch das
Bundesverwaltungsgericht habe für die Rechtssicherheit des Verwaltungshandelns
der Antragsgegnerin insbesondere in Baugenehmigungs-, Erschließungs-,
Beitrags- und Wohnraumzweckentfremdungsverfahren Bedeutung, ist ein
Vorlegungsgrund nicht dargetan. Da - wie ausgeführt - die für klärungsbedürftig
gehaltene Rechtsfrage dem Landesrecht zuzuordnen ist, ergibt sich aus diesem
Vortrag keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache im Sinne des § 47 Abs. 5
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Vortrag keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache im Sinne des § 47 Abs. 5
Nr. 1 VwGO. Im übrigen weist der Senat darauf hin, daß sich - wie im
Vorlagebeschluß vom 10.06.1981 (IV N 11/79 - BRS 38 Nr. 26) näher dargelegt -
unter der Geltung des § 12 BBauG 1960 die gemeindliche Praxis in Hessen
weitestgehend an der Rechtsprechung zu dieser Vorschrift orientiert hat. Das gilt
auch für die Antragsgegnerin, wie ihre Entscheidung aus dem Jahre 1977 zeigt,
zahlreiche, jedoch längst nicht alle vor dem 01.01.1977 in Kraft getretenen
Bebauungspläne erneut bekanntzumachen. Sie hat sich mit ihrem
Verwaltungshandeln auf die Rechtsprechung des Senats eingestellt und in der
Verwaltungspraxis ihren Auswirkungen Rechnung getragen".
An dieser Auffassung hält der Senat fest.
Nach Aktenlage spricht viel dafür, bei der die Liegenschaften prägenden
Umgebung von einer gemischten Nutzung auszugehen, die Elemente eines
Mischgebiets und eines Kerngebiets aufweist und die im Hinblick auf das
Nebeneinander von Wohnnutzung und Vergnügungsstätten eine sogenannte
Gemengelage unverträglicher Nutzungen bildet, auf die die Vorschrift des § 34
Abs. 2 BauGB keine Anwendung findet.
In dieser Situation sind der Antragsgegnerin nicht - entgegen ihrer im
Beschwerdeverfahren vertretenen Auffassung auch dem Amt für Wohnungswesen
nicht - hinsichtlich des Schutzes der Wohnnutzung durch die oben angeführte
Rechtsprechung "die Hände gebunden". Wie ausgeführt handelt es sich um eine
Entscheidung, die Bindung nur für den entschiedenen Einzelfall hat, nicht jedoch
darüber hinaus Bindungswirkung entfaltet. Allerdings handelt es sich bei der
Liegenschaft nach den Angaben des Antragstellers nicht um Wohn-, sondern
Gewerberaum, dem seiner Art nach das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber
anderen kerngebietsverträglichen Nutzungen regelmäßig nicht zur Seite steht. Als
Vorbelastung ist im vorliegenden Fall auch die herkömmlicherweise im
Bahnhofsviertel, insbesondere auch in dem hier maßgeblichen Bereich der straße,
vorhandene Gewichtung der kerngebietstypischen Nutzungen von Bedeutung.
Neben anderen Teilen des Bahnhofsviertels gehörte die Moselstraße von Haus Nr.
30 und 31 bis zur Niddastraße nach Maßgabe der Verordnung zum Schutze der
Jugend und des öffentlichen Anstands im Regierungsbezirk vom 25.11.1970 in der
Fassung der Änderungsverordnung vom 09.02.1973 (StAnz. 1973 S. 409) zur
sogenannten Toleranzzone. Die Liegenschaft straße wurde als Bordell genutzt. Es
liegt auf der Hand und ist gerichtsbekannt, dass eine derart geprägte Nutzung
auch auf gewerbliche "milieufremde" Nutzungen in der Nachbarschaft belastend
wirken kann, auch wenn der Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorgetragen
hat, der früher in der Liegenschaft straße unterhaltene Bordellbetrieb habe die
gewerbliche Nutzung durch Büros und Gaststätten der Liegenschaft straße in
keiner Form beeinträchtigt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem
Urteil vom 03.11.1980 (a.a.O.) im Hinblick auf den durch das Vorfeld der
Prostitution geprägten Charakter und der damit verbundenen Einschränkung der
Vermietbarkeit für die Eigentümerin einer außerhalb der Toleranzzone gelegenen
gewerblich genutzten Liegenschaft die besondere Antragsbefugnis nach § 47 Abs.
2 Satz 1 VwGO bejaht.
Der Senat hält bei dieser Sachlage die weitere Nutzung des Krisenzentrums durch
die Beigeladene zu 2 für den Antragsteller für zumutbar. Es handelt sich dabei um
eine baurechtlich ihrer Art nach im Kerngebiet zulässige Einrichtung für soziale und
gesundheitliche Zwecke, die, wie die im Verfahren 8 G 1311/94 (3) unter dem
17.08.1994 vorgelegte gemeinsame fachliche Stellungnahme der Leiterin des
Stadtgesundheitsamts und der in jenem Verfahren nicht beteiligten
Geschäftsführerin des Vereins Arbeits- und Erziehungshilfe nachvollziehbar
darlegt, im Innenstadtbereich dort vorgehalten werden muß, wo sich die
Zielgruppe der Drogenabhängigen aufhält, wenn sie effektiv arbeiten soll. Wie die
Beigeladene zu 2 im Beschwerdeverfahren mitgeteilt hat, sind die Versuche, die
Drogenabhängigen durch die Einrichtung eines Krisenzentrums an der Peripherie
zum Verlassen der Kernstadt zu bewegen, wie sich am Beispiel des im
Osthafengebiet gelegenen Krisenzentrums Schielestraße gezeigt habe, als
gescheitert anzusehen. Die Notwendigkeit, sich bei der Wahl des Standorts an der
Zielgruppe zu orientieren, unterscheidet die streitgegenständliche Hilfseinrichtung
für Drogenabhängige in rechtlich erheblicher Weise von den Anforderungen, die an
den Standort einer Gaststätte zu stellen sind, bei der die typischerweise mit der
Nutzung verbundenen Störungen bei der Prüfung des Bauvorhabens durch die
Bauaufsichtsbehörde zu berücksichtigen sind. Der Senat hat für die
bestimmungsgemäße Nutzung sozialer Einrichtungen, in denen Menschen auf
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bestimmungsgemäße Nutzung sozialer Einrichtungen, in denen Menschen auf
engem Raum heimartig untergebracht werden (am Beispiel eine Wohnheims für
Asylbewerber), gefordert, dass eine Mindestbetreuung der Bewohner auf Dauer
sichergestellt sein muß. Auch gegen störende Erscheinungsformen einer
derartigen Nutzung kann nur im Einzelfall mit Hilfe des zivilen Nachbarrechts oder
mit Maßnahmen des öffentlichen Polizei- und Ordnungsrechts vorgegangen
werden (vgl. Hess. VGH, B. v. 06.03.1993 - 4 TH 2079/92 -). Eine vergleichbare
Situation besteht baurechtlich bei Einrichtungen der niederschwelligen ambulanten
Drogenhilfe. Die in der Betriebsbeschreibung der Beigeladenen zu 1 vom
25.04.1989, die Bestandteil der Baugenehmigung ist, vorgesehene personelle
Ausstattung der Einrichtungen und die von der Beigeladenen zu 2 im
Beschwerdeverfahren dargelegte Art der Nutzung des Krisenzentrums straße
lassen erwarten, daß die für eine bestimmungsgemäße Nutzung der Einrichtungen
erforderliche Mindestbetreuung sichergestellt wird. Zutreffend hat die Beigeladene
zu 2 auch auf die zeitliche Abfolge zwischen der Einrichtung des Krisenzentrums
und der Auflösung der Drogenszene in der Taunusanlage hingewiesen und auch
darauf, dass Ansammlungen von Drogenabhängigen auch in anderen von ihr
benannten Bereichen des Bahnhofsviertels zu beobachten sind, in denen keine
Hilfsangebote vorgehalten werden bzw. kein Spritzenaustausch stattfindet. Daran
zeigt sich, dass der Gebrauch illegaler Drogen in erster Linie ein gesellschaftliches,
soziales und wirtschaftliches Problem ist und der Umgang damit nachgeordnet
auch ein baurechtliches Problem. Der Antragsteller macht geltend, dass infolge
der Nachbarschaft des Krisenzentrums die Vermietbarkeit seiner Liegenschaft
eingeschränkt sei - gegenwärtig sind zwei Geschosse vermietet, der
Gaststättenbereich und das 1. Obergeschoss im Vorderhaus. Dieses Vorbringen
vermag keine dem Antragsteller günstigere Entscheidung zu rechtfertigen. Die
zeitweise Untervermietung des Hinterhauses an die Firma brachte dem
Antragsteller unerwünschte Bewohner ins Haus. Auf die Räumung der Liegenschaft
im Frühjahr des Jahres mag dieser Leerstand zurückzuführen sein. Aus der
Entscheidung vom 03.11.1980 (a.a.O.) ist gerichtsbekannt, dass auch in anderen
Teilen des Bahnhofsviertels Einschränkungen der Vermietungsmöglichkeit von
Gewerberaum bestanden haben. Auch im Hinblick auf das derzeit bestehende
Überangebot an Büroraum in Frankfurt, nach Angaben des Beigeladenen zu 2 in
einer Größenordnung von 700.000 qm, einschließlich anderer Leerstände im
Bahnhofsviertel sind die Gründe für den teilweisen Leerstand der Liegenschaft des
Antragstellers nicht festgestellt und auch nicht ohne weiteres feststellbar.
Nach Auffassung des Senats überwiegen unter diesen Umständen die Interessen
der Klienten des Krisenzentrums und der Bevölkerung des Bahnhofsviertels am
weiteren Funktionieren der Einrichtungen gegenüber dem Interesse des
Antragstellers an ihrer Schließung. In der bereits erwähnten fachlichen
Stellungnahme u. a. der Leiterin des Stadtgesundheitsamtes hat diese darauf
hingewiesen, dass das Krisenzentrum ein unverzichtbarer Bestandteil des
Gesamtkonzeptes ist und im Falle der Schließung die in den letzten Jahren
erzielten Erfolge in ihrer Substanz gefährdet wären mit der Folge einer
Mehrbelastung der Bevölkerung im Bahnhofsviertel.
Auch soweit die Nutzung der Liegenschaft zum Zwecke des Spritzenaustauschs
für Drogensüchtige Gegenstand des Bauscheins vom 16.04.1991 und nunmehr
über die Genehmigung der Herstellung eines Straßenschalters Gegenstand des
Bauscheins vom 20.12.1995 ist, ist die Fortsetzung der Nutzung für den
Antragsteller zumutbar. Der Beschwerde der Antragsgegnerin ist insoweit
stattzugeben und die Anschlußbeschwerde des Antragstellers auch hinsichtlich
des erweiterten Antrags zurückzuweisen.
Das vom Verwaltungsgericht als Bestätigung seiner Auffassung, die Fortsetzung
des Spritzenaustauschs im Krisenzentrum sei für den Antragsteller unzumutbar,
herangezogene Schreiben eines mit den Fassadenarbeiten an der Liegenschaft
betrauten Malers vom 04.11.1994, dem der Antragsteller im Beschwerdeverfahren
ein weiteres Schreiben vom 13.12.1995 hat folgen lassen, rechtfertigt die
Zuordnung der dort dargestellten Belästigungen zur Nutzung der Liegenschaft für
den Spritzenaustausch überwiegend nicht. Insoweit wird auf die vorstehend
gegebenen Hinweise verwiesen, wonach außerhalb der Zuständigkeit der
Bauaufsicht im Einzelfall mit Hilfe des zivilen Nachbarrechts oder mit Maßnahmen
des öffentlichen Polizei- und Ordnungsrechts vorgegangen werden kann. Am
Rande sei erwähnt, daß die in Auftrag gegebenen Fassadenarbeiten jeweils zu
Ende geführt worden sind. Etwas anderes gilt für den Hinweis in dem genannten
Schreiben vom 13.12.1995, dass auf den Fensterbänken und Bürgersteigen
massenweise gebrauchte Spritzen umhergelegen haben, die erst hätten
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massenweise gebrauchte Spritzen umhergelegen haben, die erst hätten
weggeräumt werden müssen. Die insoweit baurechtlich genehmigte Nutzung
sowohl der Anlaufstelle im Innern des Gebäudes im Bauschein vom 16.04.1991 wie
die des Straßenschalters im Bauschein vom 20.12.1995 war nicht die
Spritzenausgabe, sondern der Spritzenaustausch. Die Beigeladene zu 2 hat selbst
im Beschwerdeverfahren auf die Grundregel hingewiesen, nur soviel neue Spritzen
auszugeben, wie gebrauchte zurückgegeben werden. Dies führe dazu, dass die die
Einrichtung aufsuchenden Drogenabhängigen ihre Spritzen nach Gebrauch wieder
einsammelten und nicht in Hauseingängen, Parkanlagen usw. zurückließen. Dazu
gehöre auch, dass Süchtige, die nicht über gebrauchte Spritzen verfügten, neue in
den umliegenden Apotheken erwerben müßten. Die Einhaltung dieser Regel ist
nicht nur erforderlich, um die genehmigungskonforme Nutzung zu gewährleisten,
sondern auch die Zumutbarkeit der Fortsetzung der Nutzung gegenüber dem
Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache sicherzustellen. Ihre
Einhaltung ist von der Beigeladenen zu 2 durch entsprechende Vorkehrungen
praktisch, von dem Beigeladenen zu 1 als Bauherrn vertraglich sicherzustellen.
Von der Bauaufsichtsbehörde ist sie zu kontrollieren.
Mit dieser Maßgabe überwiegen auch insoweit die Interessen der Beigeladenen. In
der genannten fachgutachtlichen Stellungnahme wird dargelegt, dass täglich 300
bis 400 Drogenabhängige Spritzen und Nadeln tauschen und durch den
Spritzenaustausch die HIV-Infektionsrate seit 1987 um ca. 20 % gesenkt werden
konnte. Die Einstellung des Spritzenaustauschs würde zu einem Rückschlag in der
HIV-Prävention bei Drogenabhängigen infolge von Mehrfachbenutzung der Nadeln
führen, eine Mehrbelastung durch herumliegende Spritzen und Nadeln im
Bahnhofsviertel nach sich ziehen und zu einem Anstieg von Hepatitis B und C
Infektionen und einer erneuten Zunahme von Abszessbildungen durch
verschmutzte Spritzen führen. Durch die Verlagerung des Austausches an den
Straßenschalter werden nicht nur die Besucherströme der auf frische Spritzen
wartenden Besucher und der den ärztlichen Dienst und den Aufenthaltsraum
aufsuchenden Klienten entflochten. Der Straßenschalter verbessert auch die
Zugänglichkeit des Spritzenaustauschs und fügt sich deshalb in das Konzept der
niedrigschwelligen Drogenhilfe ein, auf das der Erfolg der städtischen Drogenarbeit
in der fachlichen Stellungnahme zurückgeführt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13, Abs. 1, 14 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 3
GKG. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte bewertet der Senat das Interesse des
Antragstellers und das Verwaltungsinteresse der Antragsgegnerin ebenso wie das
Verwaltungsgericht.
Hinweis: Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2
GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.