Urteil des HessVGH vom 25.04.1990

VGH Kassel: abgabe, zahl, begriff, belastung, anfechtungsklage, gerichtsakte, kupfer, beendigung, verminderung, abwasser

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 UE 1598/86
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 1 AbwAG, § 6
AbwAG, § 11 AbwAG, § 10
AbwAGAG HE
(Abgabenberechnung im Abwassereinleitungsbescheid)
Tatbestand
Die Klägerin erhielt mit Bescheid des Regierungspräsidenten ... vom 2. Januar 1980
eine befristete Erlaubnis zur Einleitung von Abwasser in den Main und zur
Entnahme von Wasser aus dem Main. Unter Ziffer 4 der "Nebenbestimmungen" zu
dieser Erlaubnis sind "Grenzwerte" für -- unter anderem -- die Abwassermenge und
die Belastung mit Schwermetallen festgelegt. Im Anschluß daran heißt es:
"Für die absetzbaren Stoffe, den BSB5 und den CSB werden Grenzwerte
innerhalb der befristeten Erlaubnis vorläufig nicht bestimmt. Die Erlaubnis endet
aber bei einer Belastung von
absetzbaren Stoffen 3 ml/l
BSB5 50 mg/l
CSB 150 mg/l
gemessen in der Tagesmischprobe.
Es ist darauf hinzuwirken, daß auch für die drei Parameter Grenzwerte erreicht
werden, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen."
Mit Bescheid vom 23. Juli 1982 setzte der Regierungspräsident ... für das Jahr 1981
eine von der Klägerin zu entrichtende Abwasserabgabe in Höhe von 228.780,-- DM
fest. Bei der Ermittlung der für die Höhe der Abgabe maßgebenden
Schadeinheiten legte der Regierungspräsident für die Schadstoffgruppe
"oxydierbare Stoffe im chemischen Sauerstoffbedarf" (im folgenden: CSB) einen
Bezugswert von 75 mg/l und für die Schadstoffgruppe "absetzbare Stoffe" einen
Bezugswert von 0,15 ml/l zugrunde. Wie sich aus den Erläuterungen der
Berechnung ergab, entsprach der Bezugswert für CSB gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 des
Abwasserabgabengesetzes (AbwAG) der Hälfte des im Erlaubnisbescheid
genannten "Endwerts" von 150 mg/l; der Bezugswert für absetzbare Stoffe
orientierte sich dagegen gem. § 10 Abs.3 AbwAG an einem künftig zu erwartenden
Regelwert von 0,15 ml/l. Für die Schadstoffgruppe CSB ergab sich so ein
Abgabenbetrag in Höhe von 219.780,-- DM, für die Schadstoffgruppe absetzbare
Stoffe ein Abgabenbetrag in Höhe von 9.000,-- DM. Gegen den
Festsetzungsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 12. August 1982
Widerspruch ein, den der Regierungspräsident ... mit Widerspruchsbescheid vom 6.
Januar 1983, abgesandt am 11. Januar 1983, zurückwies. Daraufhin erhob die
Klägerin am 7. Februar 1983 beim Verwaltungsgericht in Darmstadt Klage. Mit ihr
machte sie geltend, daß der der Veranlagung zugrundeliegende Erlaubnisbescheid
vom 2. Januar 1980 nicht die erforderlichen gesetzlichen Mindestangaben enthalte
und schon deshalb nicht der Berechnung der Abwasserabgabe zugrunde gelegt
werden könne. Der Bescheid enthalte keine Angaben über die im Mittel
einzuhaltenden Werte (Regelwerte); darüberhinaus sei zweifelhaft, ob in ihm
Höchstwerte für CSB und absetzbare Stoffe festgelegt seien. Die maßgeblichen
Bezugswerte für die Ermittlung der Schadeinheiten seien deshalb gem. §§ 6 Abs.1,
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Bezugswerte für die Ermittlung der Schadeinheiten seien deshalb gem. §§ 6 Abs.1,
11 Abs.3 AbwAG, § 10 des hessischen Ausführungsgesetzes zum
Abwasserabgabengesetz (HAbwAG) ihrer Abgabeerklärung vom 26. März 1982 zu
entnehmen. Nach den von ihr selbst durchgeführten Kontrolluntersuchungen
betrage der Bezugswert für CSB nur 40 mg/l. Hierdurch verringere sich die Abgabe
für CSB auf 81.180,-- DM.
Die Klägerin beantragte,
den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 23. Juli 1982 -- soweit er
für den Parameter oxydierbare Stoffe im chemischen Sauerstoffbedarf (CSB) eine
Abwasserabgabe in Höhe von 219.780,-- DM festsetzt -- und den hierauf
bezüglichen Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6. Januar 1983 aufzuheben,
soweit ein Abgabenbetrag von 81.180,-- DM überschritten wird.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Er vertrat die Auffassung, daß unter Ziffer 4 der Nebenbestimmungen zum
Erlaubnisbescheid vom 2. Januar 1980 für CSB ein Höchstwert im Sinne des § 4
Abs.1 Satz 2 AbwAG festgesetzt sei. Die Nichtfestsetzung eines Regelwerts für
CSB im Erlaubnisbescheid sei abgabenrechtlich ohne Belang. Wenn der Regelwert
niedriger liege als der halbe Höchstwert, sei nach § 4 Abs.1 Satz 3 AbwAG als
Bezugswert der halbe Höchstwert maßgeblich. Dieser Wert lasse sich dem
Erlaubnisbescheid ohne weiteres entnehmen, da er für CSB einen Höchstwert
festlege.
Das Verwaltungsgericht Darmstadt hob mit Urteil vom 15. April 1986 -- IV/2 E
232/83 -- die angefochtenen Bescheide auf. In dem Urteil heißt es zur
Begründung: Die Klage sei als Anfechtungsklage zulässig und müsse auch in der
Sache Erfolg haben. Die Heranziehung der Klägerin sei rechtswidrig, soweit für CSB
eine höhere Abwasserabgabe als 81.180,-- DM berechnet worden sei. Die für die
Höhe der Abwasserabgabe maßgebliche Zahl der Schadeinheiten sei nämlich
nach dem von der Klägerin angegebenen Wert von 40 mg/l zu berechnen. Auf den
Erlaubnisbescheid vom 2. Januar 1980 könne insoweit nicht abgestellt werden, da
der Bescheid für die abgaberechtlich relevanten Schadstoffparameter CSB und
absetzbare Stoffe weder Regelwerte noch Höchstwerte festlege. Die unter Ziffer 4
der Nebenbestimmungen des Erlaubnisbescheides genannten Werte für
absetzbare Stoffe, BSB5 und CSB stellten keine abgaberechtlich relevanten
Höchstwerte dar, da sich aus dem Textzusammenhang gerade der Verzicht auf
die Bestimmung von "Grenzwerten" bei diesen Schadstoffgruppen ergebe. Bei der
Schadstoffgruppe absetzbare Stoffe habe der Regierungspräsident selbst davon
abgesehen, den unter Ziffer 4 der Nebenbestimmungen angegebenen Wert von 3
ml/l zur Grundlage seiner Berechnung zu machen. Er habe sich hier vielmehr an
dem in der Abgabeerklärung der Klägerin genannten Bezugswert von 0,15 ml/l
orientiert. Dieses Verfahren hätte konsequenterweise auch bei der
Schadstoffgruppe CSB praktiziert werden müssen. Die Anwendung des die
"Bauzeitbefreiung" regelnden § 10 Abs.3 AbwAG bei den absetzbaren Stoffen
könne die Unterschiedlichkeit des angewandten Berechnungsverfahrens nicht
rechtfertigen. Bei der Berechnung der Abgabe für die Schadstoffgruppe CSB sei
deshalb ebenfalls auf den in der Abgabeerklärung der Klägerin angegebenen
niedrigeren Wert der Eigenkontrolle zurückzugreifen. Das aber führe zu einer
Verminderung der Abwasserabgabe für CSB auf 81.180,-- DM. Der Klage müsse
daher in dem angefochtenen Umfang stattgegeben werden.
Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, welches ihm am 9. Mai 1986 zugestellt
worden ist, am 5. Juni 1986 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung führt er
unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen aus:
Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die unter Ziffer 4
der "Nebenbestimmungen" des Erlaubnisbescheides vom 2. Januar 1980
festgelegten Belastungswerte für absetzbare Stoffe, BSB5 und CSB nur
abwasserrechtliche Werte seien und keine abgabenrechtlichen Höchstwerte im
Sinne des § 4 Abs.1 Satz 2 AbwAG darstellten. Zwischen abwasserrechtlichen
(ordnungsrechtlichen) und abwasserabgabenrechtlichen Höchstwerten bestehe
Identität, wie sich aus Ziff.4.1.2 letzter Absatz der hessischen Allgemeinen
Verwaltungsvorschriften zum Abwasserabgabengesetz (im folgenden: AllgVwV)
ergebe. Der abwasserabgabenrechtliche Höchstwert in § 4 Abs.1 Satz 2 AbwAG
knüpfe an die Grenzen der Einleitungsbefugnis an und entspreche damit der
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knüpfe an die Grenzen der Einleitungsbefugnis an und entspreche damit der
Umschreibung des abwasserrechtlichen Höchstwerts. Soweit es im
Erlaubnisbescheid vom 2. Januar 1980 heiße, daß "für die absetzbaren Stoffe, den
BSB5 und den CSB... Grenzwerte innerhalb der befristeten Erlaubnis vorläufig nicht
bestimmt" würden, bedeute das nicht, daß auf die Festlegung von Grenzwerten in
Form abwasserabgabenrechtlicher Höchstwerte für die fraglichen Parameter habe
verzichtet werden sollen. Bei der Gruppe BSB5 handele es sich ohnehin nicht um
einen Abgabenparameter nach § 3 AbwAG. Möglicherweise sei sich die
Wasserbehörde bei Erlaß des Erlaubnisbescheides vom 2. Januar 1980 nicht der
Tatsache bewußt gewesen, mit der Beschreibung der Erlaubnisgrenzen für
absetzbare Stoffe, BSB5 und CSB zugleich abwasserrechtliche und damit auch
abgabenrechtliche Höchstwerte festzulegen. Die dem Erlaubnisbescheid damit
anhaftende Widersprüchlichkeit ändere aber nichts daran, daß nach seinem
objektiven Aussagegehalt auch für absetzbare Stoffe, BSB5 und CSB Grenzen der
wasserrechtlichen Einleitungserlaubnis festgelegt seien.
Wenn in dem streitigen Festsetzungsbescheid für die Schadstoffgruppe
absetzbare Stoffe lediglich ein Wert von 0,15 ml/l und nicht -- als "halber
Höchstwert" -- ein Wert von 1,5 ml/l zugrundegelegt sei, so gehe dies auf die
Anwendung des § 10 Abs.3 AbwAG zurück; der Wert von 0,15 ml/l entspreche also
dem geringeren "Bauzeitwert", der der Klägerin zugute komme, weil künftig mit
einer mindestens 20%igen Verminderung der Schadeinheiten für diese
Schadstoffgruppe zu rechnen sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 15. April 1986 --
IV/2 E 232/83 -- aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie führt in ihrer Berufungserwiderung aus: Bei dem Erlaubnisbescheid vom 2.
Januar 1980 handele es sich um einen ausschließlich abwasserrechtlichen
Bescheid, der nicht die in § 4 Abs.1 Satz 2 AbwAG geforderten Mindestangaben
eines abwasserabgabenrechtlichen Bescheides enthalte. Daß mit dem Bescheid
abgabenrechtliche Höchstwerte nicht hätten festgelegt werden sollen, ergebe sich
aus den dem Erlaß des Bescheides vorangegangenen Verhandlungen; insoweit
werde auf eine Besprechungsniederschrift vom 15. März 1979 (Gerichtsakte Bl.121
f.) und eine Aktennotiz vom 1. Oktober 1979 (Gerichtsakte Bl.123 f.) verwiesen. Im
übrigen sei sie, die Klägerin, von dem Regierungspräsidenten ... zur Vorlage einer
Abgabeerklärung für 1981 gemäß § 10 HAbwAG aufgefordert worden, was nur
damit erklärt werden könne, daß der Erlaubnisbescheid vom 2. Januar 1980 die zur
Ermittlung der Schadeinheiten erforderlichen Werte nicht oder jedenfalls nicht
vollständig enthalte. Der Hinweis der Gegenseite auf die Ziff.4.1.2 AllgVwV gehe
fehl, da diese Ziffer gerade voraussetze, daß der Erlaubnisbescheid einen
ordnungsgemäß festgesetzten Höchstwert enthalte. Sie, die Klägerin, habe auf
Grund der Vorgeschichte des Erlaubnisbescheides vom 2. Januar 1980 und des
Inhalts dieses Bescheides darauf vertrauen können, daß hinsichtlich der
abgaberelevanten Schadstoffparameter die von ihr selbst ermittelten Werte
maßgebend sein würden. Eine etwaige Unklarheit des Bescheides vom 2. Januar
1980 gehe zu Lasten des Beklagten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte und der von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des beklagten Landes ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn die angefochtene
Festsetzung der Abwasserabgabe für das Veranlagungsjahr 1981, deren
Berechtigung dem Grunde nach außer Streit steht, ist auch der Höhe nach nicht
zu beanstanden.
Die Klägerin rügt die Abgabenfestsetzung nur insoweit, als für die
Schadstoffgruppe CSB eine höhere Abgabe als 81.180,-- DM berechnet worden ist;
gegen die Berechnung der Abgabe für die Schadstoffgruppe absetzbare Stoffe
(9.000,-- DM) wendet sie sich nicht. Ihr Anfechtungsbegehren ist damit so zu
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(9.000,-- DM) wendet sie sich nicht. Ihr Anfechtungsbegehren ist damit so zu
verstehen, daß der Festsetzungsbescheid aufgehoben werden soll, soweit die
festgesetzte Abwasserabgabe einen Gesamtbetrag von 90.180,-- DM (81.180,--
DM für die Schadstoffgruppe CSB und 9.000,-- DM für die Schadstoffgruppe
absetzbare Stoffe) übersteigt. Eine auf die Abgabe für CSB beschränkte
Anfechtung wäre nicht zulässig, da nur die Abgabenfestsetzung insgesamt, nicht
ein einzelner Rechnungsposten der als einheitliche Abgabe festzusetzenden
Abwasserabgabe im Wege der Anfechtungsklage angegriffen werden kann (vgl.
dazu Senatsbeschluß vom 13. August 1986 -- 5 TH 1627/86 -- HSGZ 1987,80 =
GemHH 1987,137). Der in der mündlichen Verhandlung des erstinstanzlichen
Verfahrens protokollierte Klageantrag läßt zwar bei wörtlichem Verständnis den
Eindruck entstehen, als wolle die Klägerin lediglich die Abgabenerhebung für CSB
zum Gegenstand ihrer Anfechtungsklage machen. Es bestehen jedoch keine
Bedenken dagegen, den Anfechtungsantrag so auszulegen, daß er sich in
Wahrheit auf die Gesamtabgabe und deren Festsetzung in Höhe von 228.780,--
DM -- und damit auf einen nach § 42 Abs.1 VwGO anfechtbaren Verwaltungsakt --
bezieht.
Die von ihr geforderte Verringerung des Abgabenbetrages für CSB begründet die
Klägerin damit, daß als maßgeblicher Bezugswert für die Ermittlung der
Schadeinheiten bei dieser Schadstoffgruppe nicht die Hälfte des nach dem
Erlaubnisbescheid vom 2. Januar 1980 zur Beendigung der Einleitungserlaubnis
führenden Werts von 150 mg/l -- also 75 mg/l -- zugrundegelegt werden dürfe,
sondern lediglich der in ihrer Abwasserabgabeerklärung vom 26. März 1982
angegebene Regelwert von 40 mg/l. Der Erlaubnisbescheid weise nämlich weder
Regel- noch Höchstwerte für die Schadstoffgruppen absetzbare Stoffe und CSB
aus. Somit sei gem. §§ 6, 11 Abs.3 AbwAG, 10 HAbwAG für die Ermittlung der Zahl
der Schadeinheiten auf die in der Abgabeerklärung vom 26. März 1982
mitgeteilten Regelwerte, die auf eigenen Messungen basierten, zurückzugreifen.
Dem kann der Senat im Unterschied zum Verwaltungsgericht nicht zustimmen.
Die Klägerin meint, die Maßgeblichkeit der Angaben in ihrer Abgabeerklärung vom
26. März 1982 folge bereits daraus, daß der Erlaubnisbescheid, der unstreitig keine
Regelwerte für absetzbare Stoffe und CSB benennt, nicht den durch § 4 Abs.1 Satz
2 AbwAG vorgeschriebenen Mindestgehalt aufweise. § 4 Abs.1 Satz 2 AbwAG ist
jedoch nicht so zu verstehen, daß überhaupt nur ein im Sinne des
vorgeschriebenen Mindestgehalts vollständiger Erlaubnisbescheid Grundlage für
die Berechnung der Abwasserabgabe nach der Zahl der Schadeinheiten sein kann.
Soweit sich mit Hilfe eines Wertes, der im Erlaubnisbescheid angegeben ist, die
Zahl der Schadeinheiten für eine bestimmte Schadstoffgruppe bestimmen läßt, ist
dieser Wert zugrundezulegen, mag der Bescheid auch im übrigen unvollständig
sein, beispielsweise keine Angaben zur Jahresschmutzwassermenge oder zu
einem anderen Schädlichkeitsparameter enthalten. Eine Wertfestsetzung nach § 6
AbwAG -- also die Festsetzung auf Grund des Ergebnisses einer behördlichen
Überwachung oder einer Schätzung, gegebenenfalls unter Verwertung von
Eigenkontrolldaten des Einleiters -- kommt nur für Werte in Betracht, die sich nicht
schon einem Einleitungserlaubnisbescheid entnehmen lassen. In diesem Sinne ist
in den hessischen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften unter Ziffer 4.1.4
bestimmt, daß dann, wenn der Erlaubnisbescheid keine oder nicht alle
maßgeblichen Werte enthält, die Zahl der Schadeinheiten für die nicht
festgelegten Werte -- und das heißt: nur für diese, nicht etwa auch für die an sich
festgelegten Werte -- nach dem Ergebnis der behördlichen Überwachung
festzusetzen oder zu schätzen ist.
Im vorliegenden Fall kommt es demnach allein darauf an, ob sich dem
Erlaubnisbescheid vom 2. Januar 1980 wenigstens der für die Ermittlung der
Schadeinheiten für CSB maßgebliche Bezugswert nach § 4 Abs.1 Satz 3 AbwAG
entnehmen läßt. Das ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu
bejahen. Der Erlaubnisbescheid weist mit den unter Ziffer 4 der
Nebenbestimmungen angegebenen -- die Einleitungserlaubnis "beendenden" --
Werten für absetzbare Stoffe (3 ml/l) und für CSB (150 mg/l) "Höchstwerte" im
Sinne des § 4 Abs.1 Satz 2 AbwAG aus. Die halben Werte dieser Höchstwerte
stellen nach § 4 Abs.1 Satz 3 AbwAG diejenigen Bezugswerte dar, die der
Ermittlung der Zahl der Schadeinheiten für die fraglichen Schadstoffgruppen
mindestens zugrundezulegen sind. Damit aber lassen sich dem Erlaubnisbescheid
vom 2. Januar 1980 "Mindestbezugswerte" entnehmen, die eine Berechnung der
Abwasserabgabe jedenfalls in der Höhe ermöglichen, in der sie mindestens anfällt.
Die Bedeutung der unter Ziffer 4 der Nebenbestimmungen zum Erlaubnisbescheid
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Die Bedeutung der unter Ziffer 4 der Nebenbestimmungen zum Erlaubnisbescheid
vom 2. Januar 1980 genannten Werte für absetzbare Stoffe und CSB besteht darin,
daß bei einer Belastung, die diesen Werten entspricht, "die Erlaubnis endet". Das
weist, wie der Beklagte zu Recht geltend macht, auf absolute Grenzwerte hin, die
in keinem Fall überschritten (bzw. -- bei Zugrundelegung der im Erlaubnisbescheid
gewählten Formulierung -- noch nicht einmal erreicht) werden dürfen, somit
"Höchstwerte" im Sinne des § 4 Abs.1 Satz 3 AbwAG mit sowohl
abgabenrechtlicher als auch wasserrechtlicher Funktion darstellen. Demgegenüber
leitet das Verwaltungsgericht aus der Festlegung von "Grenzwerten" für andere
Stoffe im Abwasser (Zyanid, Chromat, Kupfer, Nickel, Chrom, Zink, Blei, Eisen) und
dem sich daran anschließenden Satz, daß "für die absetzbaren Stoffe, den BSB5
und CSB...Grenzwerte innerhalb der befristeten Erlaubnis vorläufig nicht bestimmt"
werden, die Folgerung ab, es könne sich bei den für die letztgenannten
Schadstoffe festgelegten Werten zur Begrenzung der Einleitungserlaubnis nicht
um abgabenrechtlich relevante Höchstwerte handeln. Diese Argumentation ist
nicht überzeugend. Das Verwaltungsgericht setzt zu Unrecht den in der Ziffer 4
der Nebenbestimmungen verwendeten Begriff "Grenzwerte" mit dem Begriff
"Höchstwerte" gleich. Wäre diese Gleichsetzung richtig, so könnten in der Tat die
für absetzbare Stoffe und CSB festgelegten Werte nicht als Höchstwerte
angesehen werden, denn es heißt in der Ziffer 4 der Nebenbestimmungen in
Bezug auf diese Schädlichkeitsparameter ja gerade, daß hierfür vorläufig
"Grenzwerte" nicht bestimmt werden sollen. Mit "Grenzwerten" sind in der
fraglichen Ziffer aber nicht "Höchstwerte" gemeint. Der Begriff des Grenzwerts läßt
sich als Oberbegriff für Konzentrationsbegrenzungswerte schlechthin verwenden;
er bezeichnet sodann nicht nur den Höchstwert als "absoluten" oder "maximalen"
Grenzwert, sondern darüberhinaus den Regelwert (§ 4 Abs.1 Satz 2 AbwAG) und
den im Rahmen der Gewässerüberwachung nach § 7 a WHG bedeutsamen
Überwachungswert. In welchem Sinne in der Ziffer 4 der Nebenbestimmungen
zum Erlaubnisbescheid vom 2. Januar 1980 der Begriff "Grenzwerte" gebraucht ist,
erschließt sich aus dem der Festlegung der Werte für die Schadstoffgruppen
absetzbare Stoffe, BSB5 und CSB folgenden Satz: "Es ist darauf hinzuwirken, daß
auch für die drei Parameter" -- gemeint sind absetzbare Stoffe, BSB5 und CSB --
"Grenzwerte erreicht werden, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik
entsprechen". Hieran wird deutlich, daß durch die für die Stoffe Chromat, Kupfer,
u.s.w. festgelegten "Grenzwerte" den Mindestanforderungen der allgemein
anerkannten Regeln der Technik gem. § 7 a Abs.1 WHG Rechnung getragen
werden soll. Es handelt sich somit bei diesen Werten um Überwachungswerte, die
der Einleitungsbegrenzung nach Maßgabe der allgemein anerkannten Regeln der
Technik im wasserrechtlichen Vollzug dienen. Nur bei diesem Verständnis des in
der fraglichen Ziffer 4 verwendeten Begriffs "Grenzwerte" erhalten die in der Ziffer
4 getroffenen Regelungen insgesamt einen widerspruchsfreien Sinn. Für die
Schadstoffgruppen absetzbare Stoffe, BSB5 und CSB ist dann nämlich ausgesagt,
daß -- mangels verläßlicher Grundlagen -- zwar kein Überwachungswert festgelegt,
gleichwohl aber durch Höchstwerte der Einleitung eine äußerste Grenze gesetzt
werden soll.
Gegen diese Interpretation spricht nicht, wie das Verwaltungsgericht meint, die
Berechnung der auf die Schadstoffgruppe absetzbare Stoffe entfallenden
Abwasserabgabe im streitigen Festsetzungsbescheid. Der Regierungspräsident in
Darmstadt hat sich bei der Ermittlung der Schadstoffeinheiten für diese
Schadstoffgruppe an dem in der Abgabeerklärung der Klägerin vom 26. März 1982
angegebenen Wert von 0,15 ml/l, nicht also an der Hälfte des im Erlaubnisbescheid
vom 2. Januar 1980 genannten Begrenzungswert von 3 ml/l als halbem Höchstwert
-- "Mindestbezugswert" im Sinne des § 4 Abs.1 Satz 3 AbwAG -- orientiert. Diese --
von der Ermittlung der Schadeinheiten für CSB abweichende -- Berechnungsweise
hat aber ihren Grund in § 10 Abs.3 AbwAG. Ist als Folge einer Maßnahme der
Sanierung oder Modernisierung der Abwasserbehandlungsanlage eine Minderung
der Schadeinheiten um mindestens 20% zu erwarten, so entsteht in Höhe des auf
die Minderung entfallenden Abgabenbetrages die Abgabenpflicht nicht
(sogenannte Bauzeitbefreiung). Für den Umfang der zu erwartenden Minderung
kommt es auf einen Vergleich zwischen dem derzeitigen Regelwert als Bezugswert
und dem künftigen Regelwert an. Regelwerte weist aber der Erlaubnisbescheid vom
2. Januar 1980 unstreitig nicht aus. Somit war, soweit es bei der Anwendung des §
10 Abs.3 AbwAG auf die Kenntnis der Regelwerte ankam, der Regierungspräsident
in Darmstadt gezwungen, die sich aus den Eigenkontrollen der Klägerin
ergebenden Betriebsmittelwerte zugrundezulegen. Da der in der Abgabeerklärung
der Klägerin vom 26. März 1982 mitgeteilte künftige Regelwert von 0,15 ml/l eine
mehr als 20%ige Verbesserung gegenüber dem aktuellen Betriebsmittelwert von
0,2 ml/l für die Schadstoffgruppe absetzbare Stoffe darstellte, konnte zu Gunsten
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0,2 ml/l für die Schadstoffgruppe absetzbare Stoffe darstellte, konnte zu Gunsten
der Klägerin § 10 Abs.3 AbwAG angewendet und die Abgabenhöhe für die
Schadstoffgruppe absetzbare Stoffe nach einem ermäßigten Regelwert von 0,15
ml/l als Bezugswert berechnet werden. Bei der Schadstoffgruppe CSB lagen
dagegen die Voraussetzungen für eine Bauzeitbefreiung nach § 10 Abs.3 AbwAG
nicht vor, weshalb hier der Regierungspräsident zu Recht den dem
Erlaubnisbescheid vom 2. Januar 1980 zu entnehmenden halben Höchstwert (75
mg/l) als Mindestbezugswert zugrundegelegt hat.
Entgegen der Auffassung der Klägerin nötigen auch die dem Erlaß des
Erlaubnisbescheides vorangegangenen Verhandlungen nicht zu dem Schluß, mit
den zur Beendigung der Einleitungserlaubnis führenden Werten für absetzbare
Stoffe (3 ml/l) und CSB (150 mg/l) könnten Höchstwerte im Sinne des § 4 Abs.1
AbwAG nicht gemeint sein. Die Besprechungsnotizen der Klägerin, aus denen sich
Aufschlüsse zum Verlauf der Verhandlungen ergeben sollen, sind wenig ergiebig.
Die Notiz über eine Besprechung am 5. März 1979 bringt unter der Überschrift
"Zusammenfassung" die Erwartung zum Ausdruck, daß der künftige
Einleitungserlaubnisbescheid noch keine abgaberechtlich relevanten Festlegungen
enthalten werde. Diese Erwartung -- die möglicherweise auf den Irrtum zurückgeht,
daß ein die Mindestangaben nach § 4 Abs.1 Satz 2 AbwAG nicht vollständig
aufweisender Bescheid als Grundlage für die Berechnung der Abwasserabgabe von
vornherein ausscheidet -- hat sich indessen nicht erfüllt; denn tatsächlich sind im
Bescheid vom 2. Januar 1980 nach seinem objektiven Aussagegehalt Höchstwerte
für absetzbare Stoffe und CSB festgelegt. Deren abgaberechtliche Relevanz ist
nach dem Abwasserabgabegesetz zwingend und läßt sich nicht abbedingen. Dies
ist auch der Berufung der Klägerin auf eine Besprechungsnotiz vom 1. Oktober
1979 entgegenzuhalten, ausweislich derer ein Vertreter der Hessischen
Landesanstalt für Umwelt in einem Telefongespräch am 26. September 1979 die
Auskunft erteilt haben soll, die noch festzulegenden "Grenzwerte" stünden "auf
Grund des Gewässernutzungsvertrages nicht in direktem Zusammenhang mit den
Werten des Abwasserabgabegesetzes". Auf eine Vernehmung der von der Klägerin
benannten Zeugen zur Frage der inhaltlichen Richtigkeit der vorgelegten
Besprechungsnotizen kommt es daher nicht an. Der Beklagte selbst hat zu dem
Verlauf der Verhandlungen vorgetragen, daß ursprünglich ein Höchstwert von nur
100 mg/l für CSB habe festgelegt werden sollen. Daß dann später mit 150 mg/l ein
höherer Wert festgelegt worden sei, hänge mit der Erklärung der Klägerin im
Anhörungstermin am 10. Juli 1979 zusammen, einen Spitzenwert von 100 mg/l
noch nicht einhalten zu können. Die Klägerin hat dieser Darstellung nicht
widersprochen. Wie der Beklagte zu Recht in seiner Klageerwiderungsschrift
ausgeführt hat, erscheint es aber widersprüchlich, wenn die Klägerin jetzt die
Bemessung der Abwasserabgabe für CSB nach einem Bezugswert von nur 40 mg/l
fordert, während sie seinerzeit sogar einen Höchstwert von 100 mg/l -- dieser
entspräche gem. § 4 Abs.1 Satz 3 AbwAG einem Mindestbezugswert von 50 mg/l -
- als zu niedrig -- weil nicht einhaltbar -- bezeichnet hat.
Die Klage ist nach allem auf die Berufung des Beklagten unter Aufhebung des
erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Dis ausgesprochene Kostenfolge beruht auf §
154 Abs.1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt
folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr.10, 711 ZPO. Gründe für die
Zulassung der Revision nach § 132 VwGO liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.