Urteil des HessVGH vom 25.09.1987

VGH Kassel: schüler, gymnasium, beförderung, öffentliche schule, unterricht, rechtsverordnung, amtsblatt, realschule, bestandteil, hessen

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
6. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 UE 265/85
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Leitsatz
Die - obligatorische oder freiwillige - Förderstufe ist weder im Hinblick auf das
Bildungsziel noch im Hinblick auf den Bildungsinhalt Bestandteil eines durch
herkömmliche weiterführende Schulen vermittelten Bildungsgangs. Die durch den
Besuch der Klassen 5 und 6 der nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs
entstehenden Beförderungskosten können nicht erstattet werden, wenn der Schüler,
sofern er diese Schule nicht besuchte, eine durch Rechtsverordnung eingerichtete,
nähergelegene Förderstufe besuchen müßte. Voraussetzung dafür war gemäß § 5 Abs.
2 Satz 2 SchPflG a.F., daß er seinen Wohnsitz oder persönlichen Aufenthalt in einem
wirksam durch Satzung gebildeten Hauptschulbezirk hatte.
Tatbestand
Der Kläger ist der Vater der am 9. März 1973 geborenen Schülerin Birgit D., die
seit dem Schuljahr 1983/84 (5. Klasse) das Staatliche Gymnasium St. Katharinen
in Oppenheim besucht. Seinen Antrag vom 12. Januar 1984 auf Übernahme der
durch den Schulbesuch entstehenden Beförderungskosten lehnte der Beklagte mit
Bescheid vom 1. Februar 1984 insoweit ab, als er die durch den Besuch der Schule
in Oppenheim anfallenden Kosten lediglich in Höhe der im Falle eines Besuchs der
Förderstufe der Gerhart-Hauptmann-Schule in Rüsselsheim-Königstädten
entstehenden Kosten für erstattungsfähig erklärte. Zur Begründung führte der
Beklagte aus, daß diese Schule während der Klassen 5 und 6 die nächstgelegene
Schule des gewählten Bildungsganges sei. Ab der Klasse 7 könne sich die
Fahrtkostenerstattung unter Umständen erhöhen, ohne daß es eines neuen
Grundantrages bedürfe. Den Widerspruch des Klägers vom 22. Februar 1984 wies
der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 1984 als unbegründet zurück.
Am 8. August 1984 haben der Kläger und seine Ehefrau beim Verwaltungsgericht
in Darmstadt Klage erhoben, die sie auf die Unwirksamkeit der Einführung der
obligatorischen Förderstufe im Kreis Groß-Gerau und die Unterschiede im
Unterrichtsangebot und den Leistungsanforderungen zwischen Förderstufe und
Gymnasium gestützt haben. Die Ehefrau des Klägers hat ihre Klage später wieder
zurückgenommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Februar 1984 und des
Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 1984 zu verpflichten, dem Antrag auf
Übernahme der Beförderungskosten für den Besuch des Staatlichen Gymnasiums
in Oppenheim ab dem Schuljahr 1983/84 in vollem Umfang stattzugeben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat insbesondere hervorgehoben, daß das Unterrichtsangebot der Schule in
Rüsselsheim-Königstädten dem des Gymnasiums in Oppenheim entspreche.
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Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 20. November 1984 das Verfahren
hinsichtlich der Ehefrau des Klägers eingestellt und dessen Klage abgewiesen.
Gegen dieses ihm am 14. Januar 1985 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 8.
Februar 1985 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 7. Februar 1985
Berufung eingelegt, zu deren Begründung er in Ergänzung seines erstinstanzlichen
Vortrags im wesentlichen auf die Unzumutbarkeit eines Schulwechsels nach dem
Besuch der 6. Klasse abhebt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger seine Klage
hinsichtlich der Erstattung von Beförderungskosten für den Besuch der 7. Klasse
mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 20. November 1984
abzuändern und den Beklagten unter Abänderung seiner Bescheide vom 1.
Februar und 19. Juli 1984 zu verpflichten, die ihm, dem Kläger, durch die
Beförderung seiner Tochter Birgit zum staatlichen Gymnasium St. Katharinen in
Oppenheim während des Besuchs der Klassen fünf und sechs und acht bis zehn
entstandenen und noch entstehenden Kosten dem Grunde nach in vollem
Umfange zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der
gewechselten Schriftsätze, die erstinstanzliche Entscheidung und die
einschlägigen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Hefter) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Klage auf
Erstattung der durch den Besuch der 7. Klasse des Staatlichen Gymnasiums St.
Katharinen in Oppenheim entstandenen Beförderungskosten mit Zustimmung des
Beklagten zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 125 Abs. 1 in
Verbindung mit § 92 Abs. 2 VwGO in diesem Umfang einzustellen und
auszusprechen, daß das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 20.
November 1984 insoweit wirkungslos geworden ist (§ 73 VwGO in Verbindung mit §
269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
Im übrigen ist die gemäß Art. 2 § 4 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Entlastung der
Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 in der
Fassung des Änderungsgesetzes vom 4. Juli 1985 (BGBl. I S. 1274) statthafte und
auch sonst zulässige Berufung teilweise begründet. Der Kläger hat Anspruch
darauf, daß ihm der Beklagte die durch die Beförderung seiner Tochter zum
Gymnasium in Oppenheim während des Besuchs der Klassen 5 und 6
entstandenen Kosten dem Grunde nach in vollem Umfang erstattet. Die
weitergehende Berufung hat dagegen keinen Erfolg.
Grundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 34 des
Schulverwaltungsgesetzes - SchVG - vom 28. Juni 1961 (GVBl. S. 87). Die
Vorschrift findet für den gesamten streitigen Zeitraum (Schuljahr 1983/84 = 5.
Klasse bis Schuljahr 1988/89 = 10. Klasse) in der Fassung Anwendung, die sie
durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und des
Schulverwaltungsgesetzes vom 17. Dezember 1980 (GVBl. I S. 506) erhalten hat.
Die durch Art. 2 Nr. 4 des Förderstufen-Abschlußgesetzes vom 3. Juli 1985 (GVBl. I
S. 98) erfolgte Änderung ist mit der Aufhebung des Förderstufen-
Abschlußgesetzes durch Art. 4 Nr. 2 a des Gesetzes zur Wiederherstellung der
freien Schulwahl im Lande Hessen und zur Änderung des
Schulverwaltungsgesetzes und des Schulpflichtgesetzes vom 2. Juni 1987 (GVBl. I
S. 87) außer Kraft getreten, bevor sie wirksam werden konnte (1. August 1987, vgl.
Art. 4 Nr. 1 Satz 2 Förderstufen-Abschlußgesetz).
Der Anspruch auf Erstattung von Schülerbeförderungskosten nach § 34 SchVG hat
zur Voraussetzung, daß sich die Beförderung zur Schule und die dadurch
entstehenden Kosten als notwendig erweisen. Notwendig ist eine Beförderung
gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 und 3 SchVG, wenn die kürzeste Wegstrecke zwischen
Wohnung und Schule oder einem sonstigen Ort, an dem regelmäßig
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Wohnung und Schule oder einem sonstigen Ort, an dem regelmäßig
lehrplanmäßiger Unterricht erteilt wird, für Schüler der Grundschule mehr als zwei
Kilometer und für Schüler ab der 5. Jahrgangsstufe mehr als drei Kilometer beträgt
oder der Träger der Schülerbeförderung die Beförderung unabhängig von der
Entfernung wegen der besonderen Gefährlichkeit des Schulwegs oder einer
körperlichen oder geistigen Behinderung des Schülers als notwendig anerkennt.
Gemäß § 34 Abs. 5 Nr. 3 SchVG - der einzigen hier in Betracht kommenden
Alternative - sind notwendig und damit erstattungsfähig die Kosten einer
notwendigen oder als notwendig anerkannten Beförderung, wenn der Schüler die
nächstgelegene, aufnahmefähige Schule besucht, deren Unterrichtsangebot es
ihm ermöglicht, den gewählten Bildungsgang zu verfolgen, auch wenn sie nur
einzelne Stufen des Bildungsganges umfaßt.
Die Beförderung der Tochter des Klägers zur Schule ist in diesem Sinne notwendig,
denn die kürzeste Wegstrecke zwischen der Wohnung in Nauheim und dem
staatlichen Gymnasium in Oppenheim beträgt unstreitig mehr als drei Kilometer.
Während des Besuchs der Klassen 5 und 6 war das Gymnasium in Oppenheim
auch die nächstgelegene, aufnahmefähige Schule im Sinne des § 34 Abs. 5 Nr. 3
SchVG, denn die näher gelegene Förderstufe der Gerhard-Hauptmann-Schule in
Rüsselsheim- Königstädten bot während der Jahrgangsstufen 5 und 6 nicht den
gewählten Bildungsgang an.
Der Bildungsgang wird in erster Linie durch das Bildungsziel im Sinne von Abschluß
und durch den Bildungsinhalt im Sinne von Lehrstoff gekennzeichnet (Hess.
Staatsgerichtshof, Beschluß vom 25. Juli 1984 - P.St. 997 -, Staatsanzeiger 1984
S. 1581). Sowohl was das Bildungsziel als auch was den Bildungsinhalt anbetrifft
unterscheidet sich die Förderstufe von allen herkömmlichen weiterführenden
Schulen. Aufgabe der Förderstufe ist es, den Übergang von der Grundschule zu
den weiterführenden Schulen vorzubereiten und zu erleichtern sowie die
Entscheidung über den weiteren Bildungsweg eines Schülers auf eine verläßlichere
Grundlage zu stellen (vgl. Nr. 3 der Vereinbarung über die Orientierungsstufe,
Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 28. Februar 1974, Beschluß-Sammlung
S. 148, sowie bis zum Inkrafttreten des Förderstufen-Abschlußgesetzes Nr. I der
vom Hessischen Kultusminister am 14. März 1972 erlassenen Richtlinien für die
Förderstufe, Amtsblatt S. 342, für die Zeit danach § 12 Abs. 1 SchVG in der jeweils
gellenden Fassung). Entsprechend ihrer Zielsetzung und Stellung innerhalb des
horizontal gegliederten Schulsystems ist die Förderstufe Bindeglied zu allen
weiterführenden Schulen und ermöglicht insoweit auch jeden Bildungsabschluß.
Sie ist aber nicht auf einen bestimmten Bildungsabschluß ausgerichtet und damit
auch nicht Bestandteil des Bildungsgangs, der zu diesem Abschluß führt. Auch im
Hinblick auf den Bildungsinhalt unterscheiden sich die Förderstufe und
herkömmliche weiterführende Schulen trotz Übereinstimmung der
Unterrichtsfächer gemäß der für die Klassen 5 und 6 aller Schulstufen einheitlichen
Stundentafel für die Mittelstufe (Erlaß des Hessischen Kultusministers vom 28. Mai
1976, Amtsblatt S. 301) voneinander. Die Förderstufe erfaßt entsprechend ihrer
Zielsetzung Schüler aller Begabungsgrade und muß ihren Unterricht so
ausrichten, daß nach Abschluß der Förderstufe sowohl der leistungsschwächere als
auch der leistungsstärkere Schüler eine weiterführende Schule seiner Wahl
besuchen kann. Demgegenüber setzt der Besuch einer weiterführenden Schule
gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG voraus, daß der Schüler die dafür erforderliche
Eignung besitzt. Daraus folgt, daß der Unterricht in einer weiterführenden Schule
anders als der Unterricht in einer Förderstufe bestimmte Anforderungen an die
Leistungsfähigkeit und -bereitschaft eines Schülers stellt und auf ein bestimmtes
Leistungsniveau zugeschnitten ist. Auch die einschlägigen Verordnungen des
Hessischen Kultusministers gehen davon aus, daß jedenfalls der Unterricht in den
Klassen 5 und 6 einer Realschule oder eines Gymnasiums bzw. den
entsprechenden Zweigen einer additiven Gesamtschule seiner Art nach ein
anderer ist als der Unterricht in einer Förderstufe. Während der Wechsel von der
Grundschule in die fünfte Klasse einer solchen Schule gemäß § 3 Abs. 3 der
Verordnung über die Übergänge innerhalb der allgemeinbildenden Schulen vom
10. März 1983 (Amtsblatt des Hessischen Kultusministers S. 293) nur nach
vorheriger Feststellung der Eignung des Schülers möglich ist, berechtigt der
erfolgreiche Abschluß der Förderstufe nach den Bestimmungen der Verordnung
über den Übergang von Schülern aus der Förderstufe vom 18. Mai 1981
(Amtsblatt des Hessischen Kultusministers S. 275) ohne weiteres zum Besuch
einer Realschule, eines Gymnasiums oder eines entsprechenden Zweigs einer
schulformbezogenen Gesamtschule. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 der letztgenannten
Verordnung ist den Erziehungsberechtigten allerdings der Besuch einer anderen
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Verordnung ist den Erziehungsberechtigten allerdings der Besuch einer anderen
Schule/eines anderen Schulzweiges zu empfehlen, wenn die Klassenkonferenz der
aufnehmenden Schule am Ende des ersten Schulhalbjahres aufgrund der
Leistungsentwicklung und Beobachtungen zum Lernverhalten des Schülers zu der
Auffassung gelangt, daß dieser voraussichtlich dauernd nicht erfolgreich wird
mitarbeiten können. Eine solche Überprüfung ist für Schüler, die zuvor bereits die
fünfte und sechste Klasse dieser Schule besucht haben, nicht vorgesehen. Die
unterschiedliche Behandlung von für den Besuch der Schule gleichermaßen
geeigneten Schülern zeigt, daß der Verordnungsgeber den Unterricht in einer
Förderstufe und in den Klassen 5 und 6 einer Realschule, eines Gymnasiums oder
eines entsprechenden Zweigs einer additiven Gesamtschule zwar als gleichwertig,
im Hinblick auf die Unterschiede in den Leistungsanforderungen aber nicht als
gleichartig ansieht.
Die - obligatorische oder freiwillige - Förderstufe ist danach im Ergebnis weder im
Hinblick auf das Bildungsziel noch im Hinblick auf den Bildungsinhalt Bestandteil
eines durch herkömmliche weiterführende Schulen vermittelten Bildungsgangs.
Sie stellt sich vielmehr - wie der Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 14.
November 1973 - VI TG 49/73 - und 18. Juni 1974 - VI N 2/75 geäußert hat - wegen
ihrer institutionell begründeten, wesensmäßigen Verschiedenheit gegenüber
herkömmlichen weiterführenden Schulen als aliud dar. Dem steht nicht entgegen,
daß die Kosten der Beförderung zu einem weiter entfernten, außerhalb des
Schulbezirks liegenden Gymnasium nicht erstattet werden können, wenn für den
Schulbezirk, in dem der Schulpflichtige seinen Wohnsitz hat, die Förderstufe durch
Rechtsverordnung eingerichtet ist (vgl. Urteil des Senats vom 13. April 1981 - VI
OE 24/80 -). Denn der Erstattungsanspruch ist in diesem Falle nicht
ausgeschlossen, weil das Unterrichtsangebot in der nähergelegenen Förderstufe
es dem Schüler ermöglicht, den gewählten gymnasialen Bildungsgang zu
verfolgen, sondern weil es sich nach der Intention des Gesetzes nicht zu Lasten
des Trägers der Schülerbeförderung auswirken soll, wenn ein Schüler eine
öffentliche Schule außerhalb des Schulbezirks oder eine als Ersatzschule
genehmigte Privatschule besucht, obwohl er gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 des
Hessischen Schulpflichtgesetzes - SchPflG - in der bis zum Inkrafttreten des
Gesetzes vom 2. Juni 1987 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 4.
April 1973 (GVBl. I S. 125) an sich die Förderstufe besuchen müßte.
Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 SchPflG sind im vorliegenden Falle
allerdings nicht erfüllt, weil die Tochter des Klägers ihren Wohnsitz oder
gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem wirksam gebildeten Hauptschulbezirk
hatte. Die Bildung eines Schulbezirks nach § 42 SchVG hat nach der
Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 25. April 1983 - VI N 5/82 -, NVwZ 1984,
116) durch Rechtssatz zu erfolgen. Rechtssatzmäßig gebildete Hauptschulbezirke
gab es im Bereich des Beklagten jedoch zu keiner Zeit; die erste
Schulbezirkssatzung datiert vom 24. Februar 1986 und erfaßt nur Grundschulen,
Förderstufen und Sonderschulen. Daß die Rechtsverordnung vom 26. September
1978 (GVBl. I S. 535) wegen des Fehlens einer unter der Geltung des § 12 SchVG
in der Neufassung vom 4. April 1978 (GVBI. I S. 232) unverzichtbaren
Voraussetzung für die Einrichtung einer obligatorischen Förderstufe nichtig ist
(Urteil des Senats vom 25. April 1983, a.a.O.), ist bei dieser Sachlage
genausowenig von Bedeutung wie die Frage, ob wegen der Unwirksamkeit der
Verordnung vom 26. September 1978 die noch aufgrund des § 9 SchVG in der
Fassung vom 30. Mai 1969 (GVBl. I S. 88) erlassene Rechtsverordnung vom 15.
Mai 1972 (GVBl. I S. 123) weitergalt, obwohl die Schulaufsichtsbereiche, auf die die
Verordnung abstellt, mit der Eingliederung der Schulräte in die Behörden der
Landräte und der Oberbürgermeister der betreffenden Gebiete nach Art. 6 § 1 des
Eingliederungsgesetzes vom 14. Juli 1977 (GVBI. I S. 319) ihre Bedeutung verloren
hatten.
Während der Schuljahre 1983/84 und 1984/85 war das Staatliche Gymnasium St.
Katharinen in Oppenheim auch die nächstgelegene, aufnahmefähige Schule, die in
den Jahrgangsstufen 5 und 6 den gewählten Bildungsgang anbot. Daß ein weiter
von der Wohnung des Klägers entfernt gelegenes Gymnasium in Mainz
kostengünstiger zu erreichen gewesen wäre als die Schule in Oppenheim, ist, wie
der Senat heute in den Verfahren 6 UE 3042/86 u.a. entschieden hat, unerheblich.
Ohne Bedeutung ist auch, daß das Staatliche Gymnasium St. Katharinen im Lande
Rheinland-Pfalz liegt. Der Erstattungsanspruch ist nach dem Gesetz ausschließlich
davon abhängig, daß die nächstgelegene aufnahmefähige Schule besucht wird,
deren Unterrichtsangebot es dem Schüler ermöglicht, den gewählten
Bildungsgang zu verfolgen. Ob sich die nächstgelegene Schule in diesem Sinne im
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Bildungsgang zu verfolgen. Ob sich die nächstgelegene Schule in diesem Sinne im
Lande Hessen oder in einem anderen Bundesland befindet, ist dabei unerheblich
(so auch Hess. Schulverwaltungsgesetz, 19. Lieferung Dezember 1986, RdNr. 4 zu
§ 34).
Die Klage auf volle Erstattung der durch den Besuch der Klassen 8 bis 10
entstandenen und noch entstehenden Beförderungskosten ist dagegen
unbegründet. Der Beklagte hat bereits in seinem Bescheid vom 1. Februar 1984
zugesagt und im Berufungsverfahren unter konkreter Benennung der Immanuel-
Kant-Schule in Rüsselsheim wiederholt, daß die durch die Beförderung nach
Oppenheim entstehenden Beförderungskosten ab der Klasse 7 in Höhe der im
Falle eines Besuchs des nächstgelegenen Gymnasiums anfallenden Kosten
erstattet werden. Streitig ist zwischen den Parteien nur, ob der Beklagte wegen der
behaupteten Unzumutbarkeit eines Schulwechsels nach dem Besuch der sechsten
Klasse auch die darüber hinausgehenden Beförderungskosten erstatten muß. Das
ist nicht der Fall. Die kommunalen Schulträger haben Aufgaben im Rahmen der
Schülerbeförderung gemäß § 3 Satz 1 der Hessischen Landkreisordnung nur nach
Maßgabe ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen zu erfüllen (vgl. Urteil des
Senats vom 23. März 1981 - VI OE 28/80 -). Die Frage der Zumutbarkeit eines
Schulwechsels hat im Rahmen des § 34 SchVG jedoch keine Berücksichtigung
gefunden. Dies mag, wie der Senat in seinen Urteilen vom 11. Mai 1981 - VI OE
2/81 u.a. - ausgeführt hat, als bedauerlich und änderungswürdig angesehen
werden; an der Rechtslage ändert sich hierdurch nichts. Im übrigen liegt der mit
der Erstattung von Fahrtkosten auch an Schüler weiterführender Schulen verfolgte
Gesetzeszweck nicht darin, einem Schüler bzw. dessen Erziehungsberechtigten als
Anerkennung für die getroffene Schulwahl finanzielle Zuwendungen zu gewähren.
Vielmehr sollen letztlich auf Kosten der Allgemeinheit lediglich die
Mindestvoraussetzungen dafür geschaffen werden, daß der Besuch der
nächstgelegenen weiterführenden Schule jedenfalls nicht am finanziellen
Unvermögen scheitern muß, für die notwendigen Beförderungskosten
aufzukommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO. Das Maß des
gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens richtet sich nach dem Verhältnis der
vom Beklagten zu erstattenden (2.280,00 DM - 760,80 DM = 1.519,20 DM) zu den
mit der Klage geltend gemachten Beförderungskosten (8.160,00 DM - 760,80 DM -
1.680,00 DM = 5.719,20 DM).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der
Kosten beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.