Urteil des HessVGH vom 04.12.1989

VGH Kassel: auslagerung, europäisches gemeinschaftsrecht, öffentliche urkunde, beihilfe, prüfer, firma, verordnung, bekanntmachung, ware, fernschreiben

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
8. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 UE 1817/86
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 418 ZPO, Art 3 Abs 2
Buchst a EWGV 1092/80,
Art 6 Abs 2 EWGV 1092/80,
§ 8 Abs 2 S 1 FlBeihV
(Zur Rückzahlung der Einlagerungsbeihilfe für
Gefrierfleisch)
Tatbestand
Die Klägerin beantragte am 3.7.1981 bei der Beklagten den "Abschluß eines
Vertrages über die Gewährung einer Beihilfe zur privaten Lagerhaltung von
Schweinefleisch gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1381/81 und der
Bekanntmachung Nr. 20/81/31". Diesen Antrag nahm die Beklagte unter dem
7.7.1981 an. Danach war die Klägerin verpflichtet, 20 t Schweineschinken mit
Knochen für 5 Monate in dem Kühlhaus N.. KG in K. einzulagern. Am 9.7.1981
lagerte die Klägerin insgesamt 19.994 kg Schweineschinken mit Knochen ein.
Während der Einlagerung war der Prüfer V. der Beklagten anwesend. Mit
Fernschreiben vom 1.12.81 hat die Klägerin die vorzeitige Auslagerung am
3.12.1981 beantragt. Mit Fernschreiben vom 1.12.1981 erklärte sich die Beklagte
einverstanden, die Lagerzeit um 7 Tage vom 9. auf den 2.12.1981, 24.00 Uhr, zu
verkürzen. Ausweislich des Prüfberichts Nr. 3 des Prüfers K. vom 3.12.1981 sollen
sich zu diesem Zeitpunkt 2.309 Packstücke noch am Lager befunden haben. Das
Gewicht hatte sich jedoch durch Schwund auf 19.804,5 kg reduziert. Die Klägerin
erhielt daraufhin die Beihilfe in Höhe von 18.838,00 DM.
Bei einer Betriebsprüfung im Juli 1983 wurden eine für die Firma Fleischwaren S. KG
bestimmte Rechnung Nr. 3142 über 2.722 kg gefrorenen Schweineschinken und
der Auslagerungsschein Nr. 1158, der die Auslagerung von 326 Packstücken zu
2.722 kg dokumentiert, entdeckt. Beide tragen das Datum des 2.12.1981.
Wegen vorzeitiger Auslagerung nahm die Beklagte mit Bescheid vom 23.8.1983
den Beihilfebescheid und die Kautionsfreigabe zurück und verfügte die
Rückzahlung der Beihilfe von 18.838,00 DM und der Kaution von 465,42 DM. Der
dagegen erhobene Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.1983
zurückgewiesen worden. Mit der dagegen erhobenen Anfechtungsklage hat die
Klägerin geltend gemacht, daß die Teilmenge von 2.722 kg am 2.12.1981 nicht
ausgelagert, sondern lediglich in einen Vorraum des Kühlhauses gebracht worden
sei. Daß dieses Fleisch am 3.12.1981 noch vorhanden gewesen sei, ergebe sich
aus dem Prüfbericht vom 3.12.1981.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 23.8.1983 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 18.10.1983 insoweit aufzuheben, als darin die
Beihilfebewilligung zurückgenommen und der Beihilfebetrag zurückgefordert
worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte stützt sich auf die während der Betriebsprüfung vorgefundenen
Belege. Die Klägerin könne den ihr obliegenden Nachweis ordnungsmäßiger
Lagerung nicht erbringen.
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Durch Gerichtsbescheid vom 9.6.1986 hat das Verwaltungsgericht der Klage
hinsichtlich des noch streitigen Rückforderungsanspruchs bezüglich der Beihilfe
stattgegeben. Der Prüfungsbericht des von der Beklagten eingesetzten Prüfers K.
ergebe, daß am 3.12.1981 noch die gesamte Fleischmenge bei der Klägerin
gelagert habe. Der Prüfer habe durch seinen Augenschein und durch Wiegung der
eingelagerten Fleischstücke festgestellt, daß die Klägerin ordnungsmäßig
verfahren sei. Der darüber erstellte Prüfungsbericht sei eine öffentliche Urkunde im
Sinne von § 418 ZPO, deren Beweiswert durch die Beklagte nicht habe widerlegt
werden können.
Gegen den am 20.6.1986 zugegangenen Gerichtsbescheid hat die Beklagte am
2.7.1986 Berufung eingelegt. Der Auslagerungsschein Nr. 1158 vom 2.12.1981
beweise die vorzeitige Auslagerung. Der Prüfer K. habe am 3.12.1981 die
vorhandenen Fleischstücke nicht gesehen und auch nicht selbst gewogen, sondern
sich allein auf die Lagerkartei des Kühlhauses der N.. KG und die dort
verzeichneten Lagergewichte gestützt. Der Auslagerungsschein vom 2.12.1981
habe dem Prüfer nicht vorgelegen. Mangels eigener Wahrnehmungen des Prüfers
greife die Beweislastregelung des § 418 ZPO nicht. Für die Art der Lagerprüfung
bezieht sich die Beklagte auf das Zeugnis ihrer Prüfer K. und S..
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main bezüglich
des Beihilferückforderungsanspruchs aufzuheben und die Klage insoweit
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bestreitet eine vorzeitige Auslagerung und legt dar, daß eine Teilmenge am
2.12.1981 in einen Vorraum des Lagerhauses gebracht und dort bis zum
3.12.1981 eingelagert worden sei. Der Prüfer K. habe daher die ordnungsmäßige
Lagerung zu Recht bestätigt. Für ihr Vorbringen bezieht sich die Klägerin auf das
Zeugnis der Mitarbeiter der N.. KG E. S. und U. B.. Im übrigen sei die Beklagte
beweispflichtig, da § 418 ZPO anwendbar sei und die Beweislastregelung des § 8
Abs. 1 Beihilfe-Verordnung vom 15.3.1978 (BGBl. I S. 411) gegen europäisches
Gemeinschaftsrecht verstoße. Dieses verbiete, daß in EG-Verfahren von den
allgemein gültigen Verfahrensregeln des nationalen Rechts abgewichen werde
(EuGH Slg. 1983, S. 2633 ff.); nach allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen
Grundsätzen aber trage die Beklagte die materielle Beweislast.
Auf Ermittlungen des Gerichts hat die Abnehmerin der Klägerin, die Firma S. ... ...
KG in R., mitgeteilt, daß ihr Fahrer O. die im Lieferschein aufgeführten Schinken am
2.12.1981 in K. übernommen und am 3.12.1981 in R. angeliefert habe. Den
Wareneingang könne ihr Angestellter W. bestätigen. Die der Klägerin durch
übereinstimmende Geschäftsführung verbundene N.. KG hat die tatsächlichen
Angaben der Klägerin nach ausführlicher Überprüfung und in Kenntnis der
Darlegungen der S. ... .... KG bestätigt. Das Datum des 2.12.1981 auf dem
Lieferschein sei dadurch zu erklären, daß der Kühlhausleiter B. den Lagerschein
am Vortag maschinenschriftlich vorbereitet habe, während der Hilfswäger R. die
konkreten Eintragungen handschriftlich am 3.12.1981 nachgetragen habe.
Über die Behauptungen der Beteiligten sind aufgrund des Beweisbeschlusses vom
20.11.89 die Zeugen B. und R., ehemalige Bedienstete der N.. KG, K., die Zeugen
W. und O., Bedienstete der S. ... KG, R., und der Zeuge K., früherer Prüfer der
Beklagten, Außenstelle H., uneidlich vernommen worden. Wegen des Ergebnisses
der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 4.12.89 Bezug
genommen. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren
Schriftsätze verwiesen. Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung ist ein
Hefter ... mit den einschlägigen Verwaltungsvorgängen der Beklagten gemacht
worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte Berufung ist begründet, denn
die Beklagte hat die gewährte Beihilfe zu Recht zurückgefordert. Das Urteil des
Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main ist deswegen aufzuheben; die Klage ist als
unbegründet abzuweisen.
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Gemäß Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a VO (EWG) Nr. 1092/80 der Kommission
vom 2.5.1980 (ABl. L 114/22) in Verbindung mit dem zwischen den Beteiligten
geschlossenen Lagervertrag vom 3.7.1981 und dessen Annahme durch die
Beklagte am 7.7.1981, Nr. 311266/20/81/31, war die Klägerin verpflichtet,
spätestens bis zum 31.7.1981 20 t Schweineschinken im Kühlhaus N. in K.
einzulagern. Das ist am 9.7.1981 geschehen. Die vorgesehene Lagerzeit betrug 5
Monate. Durch Fernschreiben vom 1.12.1981 beantragte die Klägerin bei der
Beklagten, die vorzeitige Auslagerung für den 3.12.1981 zu genehmigen. Die
Beklagte erteilte durch Fernschreiben vom 1.12.1981 ihr Einverständnis und
verkürzte die vorgesehene Lagerzeit um 7 Tage bis zum 2.12.1981, 24.00 Uhr.
Nach dem vereinbarten Lagervertrag ist die Klägerin verpflichtet, eingelagerte
Ware bis zum vorgesehenen Endtermin in einem Kühlhaus zu lagern. Artikel 3
Absatz 2 Buchstabe a der VO (EWG) Nr. 1092/80 verpflichtet den Lagerhalter, die
Einlagerung während der vereinbarten Lagerzeit aufrecht zu erhalten, "ohne die
gelagerten Erzeugnisse während der vereinbarten Lagerzeit zu verändern,
auszutauschen oder von einem Lagerhaus in ein anderes zu verbringen". Artikel 6
Absatz 2 der genannten Verordnung macht die Erfüllung dieser Verpflichtung zur
Voraussetzung der Beihilfegewährung. Dieselbe Regelung enthält die
Bekanntmachung des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Nr. 20/81/31 über die Gewährung pauschaler Beihilfen zur privaten Lagerhaltung
von Schweinefleisch vom 18.5.1981 (Bundesanzeiger Nr. 94/81) in Ziffer 8.2.. Die
Bekanntmachung ergänzt die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung dahingehend,
daß auch die Umlagerung innerhalb desselben Lagerhauses der vorherigen
Zustimmung der Beklagten bedarf (Ziffer 10.1.3.). Die letztgenannte Regelung hat
die Klägerin in dem von ihr am 3.7.1981 gestellten Antrag auf Abschluß eines
beihilfefähigen Einlagerungsvertrages als auch für sie verbindlich ausdrücklich
anerkannt (vgl. Blatt 8 der Akten). Nach diesen Vorschriften und der im
Einvernehmen mit der Beklagten festgelegten Lagerzeit war die Klägerin
verpflichtet, die Gesamtmenge bis zum 2.12.1981, 24.00 Uhr, im Kühlhaus zu
lagern. Entgegen dieser Verpflichtung hat die Klägerin die hier streitbefangene
Teilmenge von 2.722 kg Schweineschinken bereits im Verlauf des 2.12.1981
vorzeitig ausgelagert.
Diese vorzeitige Auslagerung ergibt sich zum einen aus der eigenen Einlassung
der Klägerin im anhängigen Streitverfahren. Sie hat unter Bezugnahme auf das
Zeugnis ihres Geschäftsführers S. dargelegt, daß eine Menge von 2.722 kg
Schinken am 2.12.1981 verwogen und in einen Vorraum des Kühlhauses gebracht
worden sei. Wie die Beweisaufnahme ergeben hat, handelt es sich nach den
übereinstimmenden Aussagen der Zeugen B., R. und K. bei diesem Vorraum um
einen ungekühlten Raum mit Temperaturen von + 4 Grad Celsius und mehr.
Dorthin wird tiefgekühltes Fleisch auf Wunsch der jeweiligen Abnehmer gebracht,
um den Auftauvorgang auf den Zeitpunkt der Weiterverarbeitung abzustimmen.
Die Klägerin bezieht sich insoweit ausdrücklich auf ein Schreiben der Abnehmerin,
der Firma S., R., in dem diese der Klägerin bestätigt, daß der Auftauvorgang
bereits bei dem von der Klägerin beauftragten Kühlhaus N. hat begonnen werden
sollen. -- Diese Umlagerung zum Zwecke des Antauens verstößt gegen
Gemeinschaftsrecht, denn die Einlagerung gemäß Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a
der VO (EWG) Nr. 1092/80 setzt voraus, daß über den gesamten Zeitraum die
vorgeschriebenen Lagerbedingungen eingehalten werden. Das ist nicht der Fall,
wenn die eingelagerte Ware nicht durchgängig tiefgekühlt, sondern in der
Endphase bei Normaltemperaturen gelagert wird. Der normal temperierte
Kühlraum ist ein "anderes" Lagerhaus im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 Buchstabe
a VO (EWG) Nr. 1092/80. Zudem verbietet die von der Klägerin vertraglich
anerkannte Bekanntmachung 20/81/31 jedwede Umlagerung ohne vorgängige
Genehmigung der Beklagten sogar innerhalb des Tiefkühlbereiches; daraus ist
abzuleiten, daß auch die Auslagerung in Räume mit normalen Temperaturen nicht
ohne ausdrückliche Zustimmung der Beklagten stattfinden darf.
Wegen der nicht eingehaltenen Lagerbedingungen ist ein Anspruch der Klägerin
auf Gewährung der Lagerbeihilfe gemäß Artikel 6 Absatz 2 der VO (EWG) Nr.
1092/80 nicht gegeben; die Beklagte hat daher den Beihilfebescheid gemäß § 48
Absatz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz zurückgenommen und die bereits
ausgezahlte Beihilfe gemäß § 8 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung über die
Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung von Fleisch und
Fleischerzeugnissen von Schweinen und Rindern vom 5.3.1978 (BGBl. I S. 411) zu
Recht zurückgefordert. Die Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 1 VwVfG
("kann ... zurückgenommen werden") ist hier durch eine gebundene Entscheidung
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("kann ... zurückgenommen werden") ist hier durch eine gebundene Entscheidung
nach § 8 Abs. 2 der vorgenannten Verordnung ("sind ... zurückzuzahlen") ersetzt
worden (BVerwGE 74, 357 und Hess. VGH, U. v. 18.11.1988 -- 8 UE 741/84 --).
Die Rechtswidrigkeit der Beihilfegewährung folgt überdies daraus, daß die Schinken
den Vorraum des Kühlhauses nicht erst am 3.12. nach 0 Uhr, sondern bereits
während des 2.12.1981 verlassen haben. Die Zeugen O. und W. von der Firma S.,
R., haben ausgesagt, daß der von O. gefahrene Sattelschleppzug stets am
Sonntagnachmittag R. verlassen und Montagabend dorthin zurückgekehrt sei. Die
zweite Fahrt habe jeweils am Dienstag stattgefunden, die Rückkehr am Mittwoch
sei zwingend erforderlich gewesen, damit das Fahrzeug am Donnerstag und
Freitag zur dritten Fahrt habe aufbrechen können. Bei der dritten Fahrt seien nie
gefrorene Schinken abgeholt worden. Da der 2.12.1981 auf einen Mittwoch fällt,
steht nach diesen Zeugenaussagen zur Überzeugung des Senates fest, daß die
Beladung des Sattelzuges beim Kühlhaus N. bereits an diesem Tage
stattgefunden hat. Mit den Zeugenaussagen stimmt überein, daß die Schinken
nach den Aufzeichnungen der Firma S. bereits am 3.12.1981 in R. eingegangen
sind. Die Entladung fand nach der Aussage des Zeugen W. regelmäßig zwischen
1.00 Uhr nachts und 12.00 Uhr mittags statt, wobei eigene Lastzüge stets so
entladen worden seien, daß sie rechtzeitig zur neuen Fahrt gen Norden aufbrechen
konnten. Bei einer regelmäßigen Fahrtzeit von ca. 6 Stunden, die der Zeuge O. für
die Fahrt von K. nach R. angegeben hat, kann daher ausgeschlossen werden, daß
die Schinken erst am 3.12.1981 in K. geladen und am selben Vormittag in R.
entladen worden sind. Der Zeuge B. hat die Zeit, bis zu der der Lastzug der Firma
S. jeweils beladen worden ist, auf etwa 8.00 bis 9.00 Uhr morgens festgelegt.
Angesichts der Routeneinteilung, der Entladungszeit in R. und der Beladungszeiten
in K. ist ein Verbleib der Schinken bis zum 3.12.1981 in K. auszuschließen. Diese
Feststellung wird durch die Aussage des Zeugen B. erhärtet, daß das Büro S. --
Herr S. ist auch Geschäftsführer der Klägerin -- Rechnungen jeweils erst hat
ausfertigen können, wenn das genaue Gewicht der ausgelagerten Ware aufgrund
der Wiegescheine des Lagerhauses festgestanden hat. Die Wiegescheine seien
nach der Verladung auf die Lastzüge in das Büro "hochgegeben" worden. Da der
Wiegeschein über 2.722 kg Schinken wie auch die danach erstellte Rechnung der
Klägerin übereinstimmend das Datum des 2.12.1981 ausweisen, wird das aus den
Zeugenaussagen ermittelte Geschehen durch diese Urkunden uneingeschränkt
bestätigt.
Die vom Zeugen K. ausgestellte Urkunde über die am 3.12.1981 vorgenommene
Abschlußprüfung vermag das Gegenteil nicht zu beweisen. Sie ist insofern
widersprüchlich, als sie sowohl die Feststellung enthält, daß die Ware noch nach
den Vertragsbedingungen lagere und nicht umgelagert worden sei, als auch die
damit unvereinbare Feststellung, daß eine vorzeitige Auslagerung stattgefunden
habe. Der Versuch, den Widerspruch zu klären, ist nicht erfolgreich gewesen, denn
der Zeuge K. hat sich an die Einzelheiten nicht mehr mit der erforderlichen
Genauigkeit erinnern können und hat auf Befragen des Bevollmächtigten der
Klägerin ausdrücklich erklärt, daß er das Fehlen von 2.722 kg Schinken bei einer
Gesamtmenge von 20 t durch Augenschein nicht habe feststellen können. Wegen
der genauen Menge habe er sich auf die Aufzeichnungen des Kühlhauses
verlassen müssen. Diese Aussage schließt es ungeachtet des auch sonst
verblichenen Erinnerungsvermögens des Zeugen K. aus, die Widersprüche in
dessen Prüfbericht nachträglich aufzuklären. Angesichts der durch die
Zeugenaussagen vermittelten Gewißheit über die vertragswidrige, vorzeitige
Auslagerung am 2.12.1981 kann die Frage offen bleiben, ob dem Prüfbericht trotz
der in ihm wiedergegebenen gegensätzlichen Feststellungen ein Beweiswert im
Sinne von § 418 Absatz 1 ZPO zukommen kann, denn jede der getroffenen
Feststellungen ist durch die verfügbaren sonstigen Beweismittel widerlegt worden
(§ 418 Absatz 2 ZPO).
Wegen der geringfügigen Unterschreitung der Einlagerungsfrist hat der
erkennende Senat erwogen, ob aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine
unschädliche Vertragsverletzung und damit eine rechtswidrige Rücknahme der
Beihilfengewährung vorgelegen hat. Das ist aus zwei Gründen verneint worden.
Zum einen stand es der Klägerin offen, die Lagerzeit statt auf den 2.12.1981,
24.00 Uhr, bereits auf den 1.12.1981, 24.00 Uhr, abkürzen zu lassen. Dazu hätte
es nur eines zwei Tage vorher an die Beklagte zu richtenden Fernschreibens
bedurft. Einwände aus rechtlichen Gründen brauchte die Klägerin gegen eine
weitere Verkürzung der Lagerzeit nicht zu befürchten, da Artikel 1 der VO (EWG)
Nr. 2949/81 vom 14.10.1981 eine beliebige Abkürzung der Lagerzeit wegen der
inzwischen eingetretenen Erholung der Marktverhältnisse gestattete und diese
inzwischen eingetretenen Erholung der Marktverhältnisse gestattete und diese
allein von einem entsprechenden Antrag des Lagerhalters abhängig machte. Da
die Klägerin den Termin der Auslagerung sonach genau auf ihren Handelsbedarf
hat abstimmen können, scheidet ihr Einwand aus, die Rigidität
gemeinschaftsrechtlicher Regelungen habe unzumutbare Härten für sie erzeugt.
Zum anderen kommt nach der ständigen Rechtsprechung der Europäischen
Gerichtshofes eine Berufung auf unverhältnismäßig belastende Rechtsfolgen des
Gemeinschaftsrechtes nur dort in Betracht, wo die Erfüllung von Nebenpflichten
unmöglich oder unzumutbar geworden ist (vgl. EuGH, Sammlung 1968, S. 561 ff.
(574 f.). Bei der Mißachtung von Hauptpflichten aus dem Beihilfeverhältnis hat der
Europäische Gerichtshof stets eine strikte Einhaltung der
gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften gefordert und auch bei kleinen
Abweichungen von den gemeinschaftsrechtlichen Pflichten die Berufung auf die
vermeintliche Unverhältnismäßigkeit verworfen. Da die Einhaltung der vertraglich
vereinbarten Lagerzeit die Höhe der Beihilfen bestimmt, die die Klägerin
beanspruchen kann, und damit zu den Hauptpflichten zu rechnen ist, kann die
diesbezügliche Einwendung der Klägerin nicht durchgreifen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.