Urteil des HessVGH vom 15.04.1992

VGH Kassel: elektrizität, ausgleichsabgabe, abschlag, verbrennung, bundesamt, behörde, brennstoff, unternehmen, kraftwerk, betriebskosten

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
14. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 UE 1604/88
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 5 S 1 EigenVerbV, § 6 Abs
1 EigenVerbV, § 6 Abs 2
EigenVerbV, § 8 VerstromG
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(Berechnung der Ausgleichsabgabe nach der
Eigenverbrauchsverordnung: Kumulierung von Abschlägen
für Gegendruckanlagen und Müllverbrennung)
Tatbestand
Die Klägerin stellt Zellstoff her. Zu ihrem Betrieb in gehört ein Kraftwerk mit vier
Kesseln, die im Gegendruckverfahren zum Teil mit Heizöl, zum Teil mit Müll,
nämlich eingedickter Sulfitablauge und Rinde, betrieben werden. Den größten Teil
der von ihr erzeugten Elektrizität verbraucht die Klägerin selbst.
Als Eigenerzeugerin von Elektrizität ist die Klägerin nach dem Dritten
Verstromungsgesetz zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe an den Ausgleichsfond
zur Sicherung des Steinkohleeinsatzes verpflichtet. Die Beteiligten streiten über
das Ausmaß der gesetzlichen Verpflichtung.
Mit neun Festsetzungsbescheiden vom 20. Juli 1984 setzte das Bundesamt für
gewerbliche Wirtschaft (heute: Bundesamt für Wirtschaft) die Ausgleichsabgabe für
die Veranlagungsjahre 1975 bis 1983 fest und erließ zugleich einen
Vorausleistungsbescheid für das Jahr 1984. Einem am 17. August 1984 bei der
Behörde eingegangenen Widerspruch half das Bundesamt zum Teil ab. Es
berücksichtigte nunmehr bei der Berechnung der Ausgleichsabgabe nach
Maßgabe der Eigenverbrauchsverordnung den Kraftwerkseigenbedarf in dem
Maße, wie ihn die Klägerin über den Zähler gemessen hatte. Strittig blieb, inwieweit
die zur Minderung der Ausgleichsabgabe geeigneten Produktionsverfahren der
Erzeugung von Elektrizität in Gegendruckanlagen auf der einen Seite und der
Erzeugung von Elektrizität durch die Verbrennung von Müll und sonstigen Abfällen
auf der anderen Seite bei der Berechnung der Abgabepflicht gleichzeitig zu
berücksichtigen waren.
Die Beklagte vertrat - wie auch heute - die Auffassung, daß die Klägerin für die
durch Verbrennung von Müll erzeugte Elektrizität nur den hierfür in der
Eigenverbrauchsverordnung vorgesehenen Abschlag in Anspruch nehmen könne.
Der in derselben Verordnung vorgesehene Abschlag für die Erzeugung von
Elektrizität in Gegendruckanlagen komme der Klägerin nur insoweit zugute, als sie
andere Brennstoffe einsetze. Auf diese rechtliche Grundannahme stützte das
Bundesamt folgende Bescheide:
neun Teilabhilfebescheide vom 20. Juni 1985 für den Veranlagungszeitraum 1975
bis 1983, die auf den Widerspruch der Klägerin gegen die neun ursprünglichen
Festsetzungsbescheide für diesen Zeitraum vom 20. Juli 1984 ergingen; einen
Festsetzungsbescheid vom 20. Juni 1985 für den Veranlagungszeitraum 1984
sowie einen Vorausleistungsbescheid vom 4. Juli 1985 für das Jahr 1985, mit dem
die Behörde zugleich einem Widerspruch der Klägerin gegen einen
entsprechenden Vorausleistungsbescheid vom 27. Januar 1985 zum Teil abhalf.
Gegen die vorstehend aufgeführten Bescheide richtete sich der Widerspruch der
Klägerin vom 16. Juli 1985, der am 17. Juli 1985 bei der Behörde einging. In die
Entscheidung über diesen Rechtsbehelf bezog die Behörde ausdrücklich die
Überprüfung des Vorausleistungsbescheides für das Jahr 1984 vom 20. Juli 1984
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Überprüfung des Vorausleistungsbescheides für das Jahr 1984 vom 20. Juli 1984
ein. Das Bundesamt wies den Widerspruch durch Bescheid vom 28. Januar 1986
als unbegründet zurück und hielt an der den Bescheiden vom 20. Juni und vom 4.
Juli 1985 zugrundeliegenden Rechtsansicht fest. Hiergegen richtet sich die am 19.
Februar 1986 bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main eingegangene Klage.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. März 1988 hob das Verwaltungsgericht die neun
Festsetzungsbescheide vom 20. Juli 1984 für die Veranlagungsjahre 1975 bis 1983
in der Fassung der neun Abhilfebescheide vom 20. Juni 1985, den
Vorausleistungsbescheid für das Jahr 1984 vom 20. Juli 1984 und den
Festsetzungsbescheid vom 27. Januar 1985 für das Veranlagungsjahr 1985 in der
Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 1986 auf. In den Gründen der
Entscheidung heißt es, daß es den eindeutigen Vorschriften über die Berechnung
der Ausgleichsabgabe entspreche, bei einer technisch möglichen Kombination von
kostengünstigem Einsatz einer Gegendruckanlage und von kostengünstigem Müll
beide Aspekte bei der Berechnung der Abgabe zu berücksichtigen. Mit einem am
6. April 1988 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die
Beklagte gegen den ihr am 15. März 1988 zugestellten Gerichtsbescheid Berufung
eingelegt.
Die Beklagte meint, daß beim Ansatz der bei der Berechnung der
Ausgleichsabgabe vorgesehenen Abschläge auf die Brennstoffkosten abzustellen
sei. Die Kostenuntergrenze bildeten die mit Null anzusetzenden
Primärenergiekosten für Wasserkraftwerke. Hierfür habe der Verordnungsgeber in
§ 6 Abs. 1 der Eigenverbrauchsverordnung einen Abschlag von 50 % vorgesehen,
der dem Abschlag für die Verbrennung von Müll entspreche. Mit einem
weitergehenden Abschlag würde die Kostenuntergrenze in einer dem Sinn und
Zweck der Regelung widersprechenden Weise unterschritten. Zugleich würde die
im Dritten Verstromungsgesetz vorgesehene Heranziehung grundsätzlich aller
Elektrizitätsversorgungsunternehmen und Eigenerzeuger von Elektrizität zur
Ausgleichsabgabe durch die vom Verwaltungsgericht angenommene
Berechnungsweise vereitelt.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main abzuändern und
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und meint, daß bei der Erzeugung von Elektrizität durch die Verbrennung von Müll
in einer Gegendruckanlage der 50%ige Abschlag für die Müllverbrennung und der
35%ige Abschlag für den Einsatz des Gegendruckverfahrens kumuliert werden
könnten. Das Gegendruckverfahren bezwecke Energieeinsparung; die
Müllverbrennung diene dem Umweltschutz.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Niederschrift über die mündliche
Verhandlung vor dem erkennenden Senat vom 15. April 1992, die von den
Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, den von der Klägerin im
Berufungsverfahren eingereichten Hefter mit Erläuterungen zur Berechnung der
Ausgleichsabgabe in fünf Kapiteln sowie auf die beigezogenen Akten des
Bundesamtes (2 Hefter, künftig BA I Bl. 1 - 164 und BA II Bl. 1 - 23 sowie zwei nicht
numerierte Seiten) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist abzuweisen. Das
Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin angefochtenen Bescheide zu Unrecht
aufgehoben. Entgegen der dem im ersten Rechtszug ergangenen
Gerichtsbescheid zugrundeliegenden Rechtsansicht lassen die in der
Eigenverbrauchsverordnung vom 18. Dezember 1974 (BGBl. S. 3701) enthaltenen
Regelungen über die Berechnung der Ausgleichsabgabe eine kumulative
Berücksichtigung der bei der Berechnung vorgesehenen Abschläge für die in
Gegendruckanlagen erzeugte Elektrizität auf der einen Seite und für die durch die
Verbrennung von Müll erzeugte Elektrizität auf der anderen Seite nicht zu.
Die bis heute unverändert fortgeltende Eigenverbrauchsverordnung stützt sich auf
das Dritte Verstromungsgesetz vom 13. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3473). Das
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das Dritte Verstromungsgesetz vom 13. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3473). Das
Gesetz gilt heute in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1990 (BGBl. I
S. 917). Zum Zeitpunkt des Erlasses der streitbefangenen Verwaltungsakte war es
in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. November 1980 (BGBl. I S. 2137)
anzuwenden. Nach §§ 1/17 Abs. 4 dieser Fassung soll der Anteil der in der
Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gewonnenen Kohle
(Gemeinschaftskohle) an der Erzeugung von elektrischer Energie und Fernwärme
in Kraftwerken im Geltungsbereich des Gesetzes in einer Höhe erhalten werden,
die eine Abnahme deutscher Steinkohle in einem in § 1 a.a.O. im einzelnen
bezeichneten Umfang gewährleistet. Zu diesem Zweck gewährt der Bund u.a.
nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a.a.O. Zuschüsse zum Ausgleich der Mehrkosten, die
durch den Einsatz von Gemeinschaftskohle bei der Erzeugung von Elektrizität und
Fernwärme gegenüber dem Einsatz von schwerem Heizöl entstehen. Die
Zuschüsse entstammen dem Ausgleichsfonds zur Sicherung des
Steinkohleeinsatzes, der als unselbständiges Sondervermögen des Bundes von
dem Bundesamt für Wirtschaft verwaltet wird (§ 2 Abs. 1 a.a.O.). Für Kraftwerke mit
einer Nennleistung von mehr als einem Megawatt, die nach dem 18. Dezember
1974 in Betrieb genommen worden sind, erfolgt der Ausgleich nach § 3 Abs. 3 Satz
1 a.a.O. durch Zuschüsse in Höhe der Wärmepreisdifferenz und der sonstigen
Betriebsmehrkosten. Die Mittel des Sondervermögens werden nach § 8 Abs. 1
a.a.O. durch eine Ausgleichsabgabe aufgebracht. Schuldner der Ausgleichsabgabe
sind nach Abs. 2 a.a.O. die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Elektrizität
an Endverbraucher im Geltungsbereich dieses Gesetzes liefern, sowie
Eigenerzeuger von Elektrizität, zu denen die Klägerin gehört, soweit sie die
Elektrizität selbst verbrauchen.
Die Ausgleichsabgabe bemißt sich nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 a.a.O. bei
Eigenerzeugern nach einem Prozentsatz des Wertes der im eigenen Unternehmen
selbst erzeugten und verbrauchten Elektrizität ohne Kraftwerkseigenbedarf.
Auf welche Weise der Wert der im eigenen Unternehmen vom Eigenerzeuger
erzeugten und verbrauchten Elektrizität zu ermitteln ist, hat der Bundesminister
für Wirtschaft durch die Eigenverbrauchsverordnung im einzelnen geregelt.
Dagegen wird der die Höhe der Ausgleichsabgabe letztendlich im einzelnen
bestimmende und an den Wert der selbst erzeugten und verbrauchten Elektrizität
lediglich anknüpfende Prozentsatz im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 des Dritten
Verstromungsgesetzes vom Bundesminister für Wirtschaft durch eine weitere
Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 4 Satz 1 a.a.O. bestimmt. Dabei sieht das Gesetz
vor, daß die Festsetzung des Prozentsatzes jeweils für ein Kalenderjahr im voraus
zu erfolgen hat. Beispielhaft kann auf die Verordnung über den Prozentsatz der
Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz für das Jahr 1981 vom
17. Dezember 1980 (BGBl. I S. 2285), in deren § 1 Satz 1 der Prozentsatz der
Ausgleichsabgabe auf 4,5 festgesetzt wird, verwiesen werden. Nicht diese vom
Verordnungsgeber Jahr für Jahr in eindeutig bezifferter Höhe festgesetzten
Prozentsätze, sondern die Ermittlung des Wertes der im Unternehmen der
Klägerin selbst erzeugten und verbrauchten Elektrizität bildet den Gegenstand der
rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten des vorliegenden
Verfahrens. Dabei sind die Abschläge für die in Gegendruck- oder
Entnahmekondensationsanlagen erzeugte Elektrizität (§ 5 der
Eigenverbrauchsverordnung) und für die durch Verbrennung von Müll oder
sonstigen Abfällen erzeugte Elektrizität (§ 6 a.a.O.), deren Kumulierung zwischen
den Beteiligten streitig ist, in der Verordnung in ein Berechnungssystem mit
mehrfachen Abschlagsmöglichkeiten eingebettet.
In tatsächlicher Hinsicht besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, daß es
sich bei dem Kraftwerk der Klägerin um eine Gegendruckanlage handelt, für die in
§ 5 Satz 1 a.a.O. im Rahmen der in der Verordnung vorgesehenen Berechnung ein
Abschlag von 35 % vorgesehen ist. Als Brennstoff setzt die Klägerin für den Betrieb
der Gegendruckanlage zum Teil Müll ein. Für die durch die Verbrennung von Müll
erzeugte Elektrizität sieht § 6 Abs. 1 a.a.O. im Rahmen des
Gesamtberechnungsvorgangs einen Abschlag von 50 % vor.
Bei der Auslegung der §§ 5 und 6 der Eigenverbrauchsverordnung ist zu
bemerken, daß das Bundesamt für Wirtschaft früher selbst den Standpunkt der
Klägerin vertreten und die beiden Vorschriften kumulativ angewendet hat. Durch
Erlaß des Bundesministers für Wirtschaft vom 5. Februar 1975 (BA I S. 136) wurde
die Behörde jedoch angehalten, ihren auf dieser Auslegung beruhenden Vordruck
zu ändern und in der Art und Weise zu verfahren, die zu dem vorliegenden
Rechtsstreit geführt hat. Seither müssen die Abgabepflichtigen die Angaben zur
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Rechtsstreit geführt hat. Seither müssen die Abgabepflichtigen die Angaben zur
mengenmäßigen Ermittlung des Selbstverbrauchs aus Eigenerzeugung und zur
Zuordnung und Bewertung der selbstverbrauchten Elektrizität mit dem
Selbstveranlagungsformular E (vgl. etwa BA I S. 146 für den Veranlagungszeitraum
1984) bei der Behörde einreichen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten läßt sich aus dem Wortlaut der §§ 5 und 6
a.a.O. nicht eindeutig entnehmen, daß sie lediglich alternativ anwendbar sind.
Hierfür reicht auch der Umstand, daß sowohl § 5 Satz 1 als auch § 6 Abs. 1 a.a.O.
jeweils auf die § 2 bis 4 Bezug nehmen, nicht aus. Aus dieser Art der Verknüpfung
ist allein abzuleiten, daß sowohl die Berechnung des 35%igen Abschlages in § 5 als
auch die des 50%igen in § 6 von dem nach §§ 2 bis 4 ermittelten Wert als
rechnerischer Grundlage auszugehen hat. Es wird durch diese Fassung lediglich
eindeutig ausgeschlossen, daß etwa bei einer durch die Verbrennung von Müll
betriebenen Gegendruckanlage erst der bereits nach § 5 a.a.O. um 35 %
verminderte Wert um 50 % herabgesetzt wird.
Der Wortlaut der Bestimmungen spricht nur dadurch für die von der Beklagten
vertretene Ansicht, daß in § 6 Abs. 1 anders als in § 5 Satz 1 a.a.O. das Wort
"zusätzlich" fehlt und damit die den Abschlag für die Verbrennung von Müll und
sonstigen Abfällen betreffende Vorschrift keine Anhaltspunkte für eine
Kumulierung mit § 5 bietet.
Die sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebenden Zweifel werden jedoch bei
einer am Sinn und Zweck der Bestimmungen ausgerichteten Betrachtungsweise
behoben. Eine kumulative Anwendung des § 5 Satz 1 und des § 6 Abs. 1 a.a.O.
kommt danach nicht in Betracht. Der Zweck beider Regelungen liegt in der
Privilegierung der Erzeugung von Strom zu niedrigen Brennstoffkosten, wie der
Bundesminister für Wirtschaft in seinem vorstehend genannten Erlaß zutreffend
ausführt. Ein solches Verständnis der Verordnung trägt dem Umstand Rechnung,
daß sich das Dritte Verstromungsgesetz insgesamt als ein Regelwerk zum
Ausgleich von Betriebskosten darstellt. Die durch den Einsatz von
Gemeinschaftskohle entstehenden Mehrkosten sollen ausgeglichen werden. Dies
kommt insbesondere in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes
eindeutig zum Ausdruck. Die in § 2 Abs. 2 Satz 1 a.a.O. vorgesehenen Zuschüsse
begünstigen diejenigen Stromerzeuger, die Gemeinschaftskohle verwenden. Die
Erhebung der Ausgleichsabgabe belastet - sieht man von der Weitergabe des
sogenannten Kohlepfennigs an den Verbraucher ab - letztenendes diejenigen, die
in großem Umfang einen anderen Brennstoff als Gemeinschaftskohle einsetzen
und, sei es aufgrund dessen besserer Qualität, sei es aufgrund eines niedrigeren
Bezugspreises, Betriebskosten sparen. Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, die
§§ 5 und 6 als eine Ausnahme von der gesetzlichen Sanktion gegen eine
kostengünstige, der Erhaltung des Anteils der Gemeinschaftskohle an der
Erzeugung elektrischer Energie aber zuwiderlaufende Stromerzeugung zu
begreifen. Dagegen läßt sich den hier anzuwendenden Rechtsnormen an keiner
Stelle entnehmen, daß sie eine über den geschilderten Ausgleich der
Betriebskosten hinausgehenden Zweck verfolgen. Die von der Klägerin aufgestellte
These, daß die Privilegierung der Müllverbrennung in § 6 Abs. 1 a.a.O. dem
Umweltschutz diene, erscheint darüber hinaus wegen der umstrittenen
Auswirkungen der Müllverbrennung auf die Umwelt durch schädliche Emissionen
fragwürdig.
Geht man aufgrund der vorstehenden Überlegungen davon aus, daß die §§ 5 Satz
1 und 6 Abs. 1 a.a.O. auf die Brennstoffkostenersparnis abstellen, so erweisen sich
auch die weitergehenden Überlegungen der Beklagten als zutreffend, wonach eine
kumulative Anwendung beider Bestimmungen nicht in Betracht kommt. Zutreffend
weist die Beklagte darauf hin, daß § 6 Abs. 1 a.a.O. eine Art der Stromerzeugung
betreffe, bei der die Brennstoffkosten auf Null herabsinken. Unter dem
Gesichtspunkt der Einsparung von Brennstoffkosten ergibt es daher keinen Sinn,
den Brennstoff Müll durch Einsatz des Gegendruckverfahrens in möglichst
sparsamem Umfang einzusetzen. Damit entfällt auch der Grund, den für das
Gegendruckverfahren in § 5 Satz 1 a.a.O. vorgenommenen 35%igen Abzug dem
50%igen nach § 6 hinzuzufügen.
Es ist hervorzuheben, daß der 50%ige Abschlag für die Verbrennung von Müll
gemäß § 6 Abs. 2 a.a.O. nur bei der Elektrizitätsmenge in Ansatz gebracht werden
darf, die auf den Einsatz von Müll und sonstigen Abfällen entfällt. Es handelt sich
also um einen elektrizitätsmengenbezogenen, nicht um einen anlagenbezogenen
Abschlag. Dem trägt die Beklagte dadurch Rechnung, daß sie ebenso wie die
Abschlag. Dem trägt die Beklagte dadurch Rechnung, daß sie ebenso wie die
Klägerin für deren Anlage zunächst ermittelt, welche Menge von Strom durch die
Verbrennung von Müll und welche Menge durch den Einsatz anderer Brennstoffe
erzeugt und schließlich von der Klägerin selbst verbraucht wird. Für die durch die
Verbrennung von Müll gewonnene Elektrizität gewährt die Beklagte durchgehend
und nach den obigen Ausführungen zutreffend einen Abschlag von 50 %. Auf der
anderen Seite wird durch die gesonderte Erfassung der durch den Einsatz anderer
Brennstoffe erzeugten Elektrizität insoweit die gebotene Anwendung des § 5 Satz
1 a.a.O. möglich und damit der Weg für den 35%igen Abzug nach dieser
Bestimmung frei. Diese Form der parallelen Anwendung der §§ 5 und 6 a.a.O. auf
das Kraftwerk der Klägerin entspricht dem Erlaß des Bundesministers für Wirtschaft
vom 16. März 1975 (Bl. 133 BA I).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.