Urteil des HessVGH vom 29.10.2002

VGH Kassel: quelle, mehrheit, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, beschwerdeschrift, gerichtsakte, berechnungsgrundlagen, dokumentation, zufall

1
2
3
4
5
6
Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
1. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 TG 812/02
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 14 Abs 1 GKG, § 13 Abs 1
S 1 GKG, § 14 Abs 4 S 1a
GKG, § 14 Abs 4 S 2 GKG, §
10 BRAGebO
(Vom Streitwert abweichende Festsetzung des
Gegenstandswertes)
Gründe
Der Antrag vom 12. August 2002 ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen
Umfang zulässig und begründet.
Soweit eine Festsetzung des Gegenstandswerts auch bezüglich der anwaltlichen
Tätigkeit der Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 3. begehrt wird, sind weder
der Antragsteller noch seine Bevollmächtigten nach § 10 Abs. 2 Satz 2 BRAGO
antragsberechtigt; denn der Antragsteller ist auf Grund der Kostenentscheidung
im Beschluss des Senats vom 11. Juni 2002 - 1 TG 812/02 - nicht verpflichtet,
außergerichtliche Kosten des Beigeladenen zu 3. im Beschwerdeverfahren zu
erstatten.
Im Übrigen ist der Antrag des Antragstellers, der im Verhältnis zu dem
Beigeladenen zu 2. erstattungspflichtiger Prozessgegner ist, auf Festsetzung des
Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit der gegnerischen Bevollmächtigten
für das Beschwerdeverfahren nach § 10 Abs. 2 Satz 2 BRAGO zulässig und auch
begründet; denn der nach § 10 Abs. 1 BRAGO festzusetzende Gegenstandswert
weicht von dem mit Beschluss des Senats vom 11. Juni 2002 festgesetzten
Streitwert ab. Er entspricht rechnerisch genau einem Drittel des Streitwerts, so
dass dem Antrag insoweit insgesamt stattzugeben ist.
Zwar ist entsprechend der Ansicht des Beigeladenen zu 2. für die Anwendung des
§ 10 Abs. 1 BRAGO in der Regel kein Raum, wenn - wie hier - in einem gerichtlichen
Verfahren eine Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgeblichen
Streitwerts stattgefunden hat. Etwas anderes kann jedoch ausnahmsweise gelten,
wenn die jeweiligen Gegenstände der gerichtlichen und der anwaltlichen Tätigkeit
verschieden sind, wie es insbesondere der Fall sein kann, wenn eine Mehrheit von
Klägern, Beklagten oder Beigeladenen mit jeweils unterschiedlichen
Bevollmächtigten am Verfahren beteiligt ist (z. B. als Streitgenossen, als Miterben
mit unterschiedlichen Erbanteilen, als Gesamtschuldner o. ä., vgl. Hartmann,
Kostengesetze, 31. Aufl., Rn. 5 zu § 10 BRAGO; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert,
BRAGO, 15. Aufl., Anm. 1 zu § 10). Davon ist hier auszugehen.
Die gerichtliche Streitwertfestsetzung beruhte auf §§ 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1,
Abs. 4 Sätze 1a und 2, 20 Abs. 3 GKG. Dabei war bei der Bestimmung des nach §
14 Abs. 1 Satz 1 GKG maßgeblichen Interesses "des Rechtsmittelführers" zu
beachten, dass sowohl der Antragsteller als auch der Antragsgegner und der
Beigeladene zu 2. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Februar
2002 Beschwerde eingelegt und somit als Rechtsmittelführer den gesamten
Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens unverändert zur Entscheidung
des Beschwerdegerichts gestellt hatten. Deshalb bestand für die Berücksichtigung
eines hiervon abweichenden Interesses des Beigeladenen zu 2. bei der für die
Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwertfestsetzung zunächst kein Anlass.
Es erscheint jedoch unangemessen, den Antragsteller als kostenpflichtige Partei
auch im Hinblick auf die Erstattung außergerichtlicher Kosten der obsiegenden
7
8
9
auch im Hinblick auf die Erstattung außergerichtlicher Kosten der obsiegenden
Beigeladenen so zu behandeln, als seien diese von nur einem
Prozessbevollmächtigten vertreten worden, dessen anwaltliche Tätigkeit sich
folglich auf den gesamten Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens bezogen
hätte. § 10 Abs. 1 BRAGO ermöglicht es, die Bedeutung der Sache für einen von
mehreren anwaltlich vertretenen Rechtsmittelführern im Sinne des § 14 Abs. 1
Satz 1 GKG an Hand des im Beschwerderechtszug gestellten Antrags individuell zu
ermitteln. Dies führt zu der Feststellung, dass das Interesse des Beigeladenen zu
2. am Ausgang des vorliegenden Beschwerdeverfahrens anders zu bewerten ist
als das nach §§ 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG für die gerichtliche
Streitwertfestsetzung ausschlaggebende Interesse des Antragstellers.
Mit der Beschwerdeschrift vom 2. März 2002 (Bl. 269a der Gerichtsakte) haben die
Bevollmächtigten des Beigeladenen zu 2. beantragt, den angefochtenen
Beschluss abzuändern, soweit dem Antragsgegner die Besetzung einer der
ausgeschriebenen Beförderungsstellen mit dem Beigeladenen zu 2. vorläufig
untersagt worden ist, und den Antrag des Antragstellers (insoweit) abzulehnen. Da
im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 15. Januar 2002 (Bl. 176 d. A.)
gleichfalls nur ein die Beförderung des Beigeladenen zu 2. betreffender und damit
sachlich identischer Antrag gestellt worden ist, ist damit die Beschwer des
Beigeladenen zu 2. im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG gekennzeichnet (vgl.
Hartmann, Kostengesetze a. a. O. Rn. 4 zu § 14 GKG) und zugleich gegenüber
dem Gegenstand der beschwerdegerichtlichen Tätigkeit eingegrenzt; denn weder
die Besetzung weiterer Stellen mit den Beigeladenen zu 1. und 3. noch der Antrag
auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Antragsgegner waren
Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit der Bevollmächtigten des Beigeladenen zu
2. im Beschwerderechtszug im Sinne des § 10 Abs. 1 BRAGO.
Der Gegenstandswert ist somit entsprechend der den Verfahrensbeteiligten
bekannten, ständigen Praxis des Senats in Höhe von 3/8 des Ausgangsbetrages
nach § 13 Abs. 4 Sätze 1a und 2 GKG (6,5-faches Endgrundgehalt nach
Besoldungsgruppe R 3, hier: 36.877,48 €), mithin in Höhe von 13.829,05 €
festzusetzen; dies entspricht dem Streitwert in sog. Konkurrentenverfahren, an
denen lediglich ein Beigeladener beteiligt ist. Die beantragte Festsetzung in Höhe
von 1/3 des Gesamtstreitwerts von 41.487,17 € führt durch Zufall trotz
unterschiedlicher Berechnungsgrundlagen zum rechnerisch gleichen Ergebnis.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 10 Abs. 2 Satz 3
BRAGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.