Urteil des HessVGH vom 29.04.1992

VGH Kassel: unternehmen, wasserversorgung, öffentlich, juristische person, verordnung, zweckverband, hessen, körperschaft, erfüllung, kostendeckung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 UE 3981/88
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 121 Abs 2 GemO HE, § 19
GemO HE
(Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses für die
Wasserversorgung)
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Wassergebühren.
Der Beklagte hatte den Kläger für sein an die Wasserversorgungsanlage des
Zweckverbandes angeschlossenes Hausgrundstück mit Bescheid vom 23.
Dezember 1983 zu Wassergebühren veranlagt. Nach den Festsetzungen des
Bescheides hatte der Kläger für 1983 insgesamt 324,29 DM zu zahlen; von diesem
Betrag standen Ende 1983 noch 136,29 DM offen. Zugleich bestimmte der
Bescheid, daß für das Jahr 1984 als Vorausleistung insgesamt 368,-- DM
Wassergebühren zu erbringen waren. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit
Schreiben vom 14. Januar 1984 Widerspruch ein und beantragte, den
Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine privatrechtliche Rechnung zu ersetzen.
Zur Begründung brachte er vor, gemäß § 121 HGO sei die Wasserversorgung ab
dem 1. Januar 1981 den wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinden
zuzuordnen. Rechtsgrundlage für das Handeln des Beklagten sei demnach das
Privatrecht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 1984, zugestellt am folgenden Tag, wies
der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die Städte
und hätten die Aufgabe der Wasserversorgung als öffentliche Einrichtung dem
Zweckverband übertragen. Die Wasserversorgung der Verbandsgemeinden bis
zum Endabnehmer stelle für den Verband als Körperschaft des öffentlichen Rechts
die Erfüllung einer eigenen Aufgabe dar. Zu Ihrer Erfüllung könne der
Zweckverband von den Endabnehmern Beiträge und Gebühren erheben.
Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften regele der Verband die
Rechtsverhältnisse gegenüber Dritten öffentlich-rechtlich durch entsprechende
Satzungen. Öffentliche Einrichtungen im Sinne des § 19 HGO und wirtschaftliche
Unternehmen im Sinne des § 121 HGO schlössen sich gegenseitig nicht aus. Zwar
gebe es einerseits öffentliche Einrichtungen ohne den Charakter von
wirtschaftlichen Unternehmen (§ 121 Abs. 2 HGO), andererseits könnten aber
wirtschaftliche Unternehmen zugleich öffentliche Einrichtungen sein. Er, der
Beklagte, sei sowohl kommunales wirtschaftliches Unternehmen als auch
öffentliche Einrichtung. Die Wasserversorgung sei öffentlich-rechtlich organisiert.
Daraus ergebe sich die Berechtigung und Verpflichtung zur öffentlich-rechtlichen
Gebührenveranlagung.
Der Kläger erhob am 28. Februar 1984 beim Verwaltungsgericht Wiesbaden -
Kammern Gießen - Klage, wiederholte und vertiefte sein bisheriges Vorbringen und
war weiterhin der Ansicht, durch die Gesetzesänderung von 1980 sei dem
Beklagten die Befugnis zum öffentlich-rechtlichen Handeln entzogen worden. Die
Wasserversorgung müsse nunmehr in einer zivilrechtlichen Unternehmensform
organisiert und das Entgelt für die Lieferung von Wasser durch privatrechtliche
Rechnung geltend gemacht werden.
Der Kläger beantragte,
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den Wassergebührenbescheid des Beklagten vom 23. Dezember 1983 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 1984 aufzuheben.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Er war der Ansicht, § 121 Abs. 1 HGO eröffne in seiner geänderten Fassung den
Gemeinden lediglich die Möglichkeit, wirtschaftliche Unternehmen zu errichten, zu
übernehmen oder wesentlich zu erweitern. Eine entsprechende Verpflichtung
bestehe aber nicht. Im übrigen seien die gesetzlichen Voraussetzungen zum Erlaß
des Gebührenbescheides erfüllt.
Das inzwischen zuständig gewordene Verwaltungsgericht Gießen wies die Klage
durch Urteil vom 10. Februar 1988 mit der Begründung ab, nach § 19 HGO
handele es sich bei der Wasserversorgung um eine kommunale öffentliche
Einrichtung, bei deren rechtlicher Ausgestaltung grundsätzlich Formenfreiheit
bestehe. Es liege im Ermessen der Gemeinden, ob sie die Nutzungsverhältnisse
ihrer öffentlichen Einrichtungen öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich regeln
wollten. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, daß sich der Beklagte öffentlich-
rechtlicher Handlungsweisen bediene und das Benutzungsverhältnis nicht
zivilrechtlich ausgestaltet habe. Soweit die öffentliche Wasserversorgungsanlage
aus dem Negativkatalog des § 121 Abs. 2 HGO herausgenommen worden sei,
bedeute dies nicht zugleich, daß die Wasserversorgungsanlage einzig und allein als
wirtschaftliches Unternehmen in privatrechtlicher Handlungsform zu betreiben sei.
Vielmehr könne ein wirtschaftliches Unternehmen sowohl eine öffentliche
Einrichtung mit öffentlich-rechtlichem Benutzungsverhältnis als auch eine
privatrechtlich organisierte juristische Person sein. § 121 Abs. 2 HGO habe lediglich
den Sinn, für bestimmte öffentliche Einrichtungen die Führung als wirtschaftliches
Unternehmen und damit die Anwendung des Ertragsprinzips (§ 127a Satz 2 HGO)
von vornherein auszuschließen. Etwas anderes folge auch nicht aus der
Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser von
1980, da sie das Benutzungsverhältnis nicht dem Zivilrecht unterwerfen wolle, wie
§ 35 der Verordnung zeige. - Die Berufung gegen diese Entscheidung war im Urteil
nicht zugelassen worden.
Nachdem der Senat auf die Beschwerde des Klägers durch Beschluß vom 13.
September 1988 - 5 TE 3370/88 - die erstinstanzliche Entscheidung über die
Nichtzulassung der Berufung aufgehoben hatte, hat dieser am 5. Oktober 1988
Berufung eingelegt und sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Er ist insbesondere
der Auffassung, nach der Änderung des § 121 HGO bestehe kein Wahlrecht mehr,
die Nutzungsverhältnisse öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich zu regeln.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gießen vom 10. Februar
1988 - II/1 E 42/87 - den Wassergebührenbescheid des Beklagten vom 23.
Dezember 1983 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 1984
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und wiederholt sein bisheriges Vorbringen.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten, die Gegenstand der Beratung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der
Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden
kann, ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen. Denn der angefochtene Wassergebührenbescheid des Beklagten vom
23. Dezember 1983 in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 27.
Januar 1984 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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Januar 1984 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach § 10 Abs. 1 des Gesetzes über kommunale Abgaben vom 17. März 1970,
GVBl. I S. 225, (KAG) können die Gemeinden und Landkreise als Gegenleistung für
die Inanspruchnahme ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren
erheben. Diese Befugnis steht auch einem Zweckverband zu, der - wie im
vorliegenden Fall der Beklagte - nach dem Gesetz über kommunale
Gemeinschaftsarbeit vom 16. Dezember 1969, GVBl. I S. 307, (KGG) für die
Verbandsgemeinden eine gemeinschaftliche Wasserversorgungsanlage besitzt
und unterhält. Denn der beklagte Zweckverband ist gemäß den §§ 8 Abs. 1 Satz 2,
20 Satz 1 KGG berechtigt, nach den für die übertragenen Aufgaben geltenden
kommunal- und abgabenrechtlichen Vorschriften Satzungen zu erlassen, den
Anschluß- und Benutzungszwang vorzuschreiben und Gebühren und Beiträge zu
erheben. Von diesen gesetzlichen Ermächtigungen hat der Beklagten durch den
Erlaß seiner Satzungen Gebrauch gemacht. Nach den §§ 2, 3 und 16 seiner
Verbandssatzung, hier in der Fassung der Dritten Änderungssatzung vom 30. Juni
1983, ist es Aufgabe des Zweckverbandes als Körperschaft des öffentlichen
Rechts, die ihm angehörenden Zweckverbandsgemeinden mit Trink- und
Brauchwasser durch den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb einer
gemeinschaftlichen Wasserversorgungsanlage zu beliefern und aufgrund
entsprechender Satzungen Gebühren und Beiträge zu erheben. Die
Wasserversorgungsanlage wird als öffentliche Einrichtung betrieben; Anschluß- und
Benutzungszwang sind angeordnet (§§ 1 Abs. 1, 3 ff. der Allgemeinen
Wasserversorgungssatzung des Beklagten vom 31. März 1982 in der Fassung der
Ersten Änderungssatzung vom 7. September 1982). Nach § 15 der
Verbandssatzung sind auf die Wirtschafts- und Haushaltsführung des
Zweckverbandes die Vorschriften über die Eigenbetriebe sinngemäß anzuwenden
(§ 18 Abs. 2 KGG). Die Erhebung von Wasserbenutzungsgebühren ist im einzelnen
in den §§ 9 bis 13 der Wasserbeitrags- und -gebührensatzung des Beklagten vom
31. März 1982 in der Fassung der Zweiten Änderungssatzung vom 7. September
1982 geregelt.
Bedenken hinsichtlich der formellen und materiellen Gültigkeit der ordnungsgemäß
bekanntgemachten Satzungsvorschriften bestehen nicht. Insbesondere war der
Beklagte berechtigt, für die Benutzung der Wasserversorgungsanlage die
Erhebung von Benutzungsgebühren vorzusehen. Entgegen der Ansicht des
Klägers folgt aus der Neufassung des § 121 der Hessischen Gemeindeordnung
(HGO) nicht die gesetzliche Verpflichtung, das Benutzungsverhältnis privatrechtlich
auszugestalten und das Entgelt für die Wasserlieferung durch Rechnung
anzufordern.
§ 121 HGO in der Fassung des Gesetzes vom 23. Mai 1973, GVBl. I S. 161, -
vormals § 98 HGO - hatte in Abs. 1 bestimmt, daß die Gemeinde wirtschaftliche
Unternehmen errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern darf, wenn der
öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt und das Unternehmen nach Art
und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der
Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht. In Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift
war gesagt, daß unter anderem Einrichtungen zur Wasserversorgung nicht als
wirtschaftliche Unternehmen im Sinne des Gesetzesabschnittes gälten. § 121 HGO
ist durch das Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften vom 4. Juli
1980, GVBl. I S. 219, mit Wirkung vom 1. Januar 1981 neu formuliert worden. Nach
Abs. 1 der geänderten Vorschrift darf die Gemeinde wirtschaftliche Unternehmen,
für die unter Außerkraftsetzung des Kostenüberschreitungsverbots - als
Bestandteil des Kostendeckungsprinzips - gemäß § 127a Satz 2 HGO das
Ertragsprinzip gilt, errichten, übernehmen oder wesentlich erweitern, wenn (1.) der
öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt und dieser Zweck durch das
Unternehmen wirtschaftlich erfüllt werden kann und (2.) das Unternehmen nach
Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der
Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht. Im Negativkatalog des § 121
Abs. 2 HGO:
"Als Wirtschaftliche Unternehmen im Sinne dieses Abschnittes gelten nicht ..."
sind die Einrichtungen der Wasserversorgung nicht mehr erwähnt. Soweit der
Kläger aber deshalb meint, Einrichtungen der Wasserversorgung zählten nunmehr
zu den wirtschaftlichen Unternehmen mit der Konsequenz, daß sie in jedem Falle
privatrechtlich organisiert und betrieben werden müßten, kann dieser zuletzt
genannten Folgerung nicht zugestimmt werden. Der Senat hat deshalb auch die
öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Wasserversorgungsverhältnisses zwischen
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öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Wasserversorgungsverhältnisses zwischen
dem beklagten Zweckverband und den angeschlossenen
Grundstückseigentümern bisher nicht in Frage gestellt (vgl. zuletzt Urteil vom 16.
September 1987 - HessVGRspr. 1988, 23; Beschluß vom 10. März 1992 - 5 TH
2617/91 -).
In Übereinstimmung mit § 19 Abs. 1 und Abs. 2 HGO betreibt der Beklagte -
einerseits - seine Wasserversorgungsanlage gemäß § 1 Abs. 1 seiner Allgemeinen
Wasserversorgungssatzung als öffentliche Einrichtung. Wie das Verwaltungsgericht
bereits näher ausgeführt hat - darauf wird Bezug genommen -, steht es
grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen einer Gemeinde, eines Gemeinde-
oder Zweckverbandes, in welcher Organisations- und Handlungsform eine
öffentliche Einrichtung organisiert und betrieben wird, d. h. das Rechtsverhältnis
bezüglich der Benutzung einer kommunalen Wasserversorgungsanlage darf
öffentlich-rechtlich ausgestaltet werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie
hier - gemäß den §§ 19 Abs. 2, 5 HGO Anschluß- und Benutzungszwang
angeordnet ist (vgl. dazu Ermel, Gesetz über kommunale Abgaben in Hessen, 2.
Aufl., § 10 Anm. 5 ff. mit weiteren Nachweisen). - Wie sich - andererseits - den §§ 3
und 15 der Verbandssatzung des Beklagten in Verbindung mit § 18 Abs. 2 KGG
entnehmen läßt, ist Hauptaufgabe des beklagten Zweckverbandes der Betrieb der
Wasserversorgung als wirtschaftliches Unternehmen. Dies entspricht der
Zielsetzung, die der Gesetzgeber mit der Änderung des § 121 Abs. 2 HGO verfolgt.
Es soll nämlich erreicht werden, daß die örtlichen Wasserversorgungseinrichtungen
als wirtschaftliche Unternehmen im Regelfall dem Eigenbetriebsgesetz in der
Fassung vom 1. April 1981, GVBl. I S. 119, (EBG) unterstellt werden (vgl. dazu den
Bericht des Hessischen Ministers des Innern betreffend Befreiung von
Wasserversorgungsbetrieben von den Vorschriften des Eigenbetriebsgesetzes,
abgedruckt in HSGZ 1981, 339 ff.). § 45e Hessisches Wassergesetz in der Fassung
vom 29. November 1989, GVBl. I S. 404 (HWG) - jetzt § 54 HWG -, der die
Aufgaben der öffentlichen Wasserversorgung näher konkretisiert, hat deshalb
nunmehr auch zum Grundsatz erhoben, daß Wasserversorgungsbetriebe
entsprechend den Vorschriften über Eigenbetriebe zu führen sind.
Wirtschaftliche Unternehmen im Sinne des § 121 HGO und öffentliche
Einrichtungen im Sinne des § 19 HGO sind jedoch keine gegensätzlichen Begriffe;
öffentliche Einrichtungen können zugleich wirtschaftliche Unternehmen im
genannten Sinne sein. Die Qualifizierung als wirtschaftliches Unternehmen weist
dabei nicht auf eine bestimmte Rechtsform, sondern auf eine bestimmte Form des
Wirtschaftens hin (vgl. Schlempp, HGO, Stand 1990, § 121 Anm. II; Frotscher, Die
öffentlichen Einrichtungen der Kommunen, in: Handbuch der kommunalen
Wissenschaft und Praxis (Hrsg. von Püttner), Band 3, 2. Aufl., S. 140;
Borchmann/Breithaupt/Viola, Kommunalrecht in Hessen, 1986, S. 149). Sofern das
wirtschaftliche Unternehmen nicht als AG oder GmbH, sondern - wie hier - als
öffentliche Einrichtung nach den Wirtschafts- und Haushaltsvorschriften des
Eigenbetriebsgesetzes geführt wird, steht es dem Beklagten als Körperschaft des
öffentlichen Rechts frei, das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich
auszugestalten und Wassergebühren zu erheben (vgl. Ermel a. a. O.; Schlempp a.
a. O.; Ludwig/Odenthal, Das Recht der öffentlichen Wasserversorgung, Stand 1988,
§ 35 AVBWasserV, Erl. 1; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 176;
Wiegelmann, Handbuch des Hessischen Kommunalverfassungsrechts, Band II,
1988, S. 156). Auf dieser zulässigen Rechtspraxis beruht auch die Neuregelung
des § 121 HGO. Denn nach dem Bericht des Hessischen Ministers des Innern a. a.
O. S. 340 war für die Gesetzesänderung unter anderem maßgebend:
"Es soll sichergestellt werden, daß die Wasserversorgungsbetriebe
kostendeckende Gebühren erheben. Kostendeckung ist zwar nach § 10 KAG, § 12
GemHVO auch für Regiebetriebe vorgeschrieben. Die Einhaltung dieser
Vorschriften wird bei den als Regiebetrieben geführten Wasserwerken aber häufig
vernachlässigt und ist wesentlich schwerer zu kontrollieren als die Kostendeckung
beim Sondervermögen Eigenbetrieb."
Die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser vom
20. Juni 1980, BGBl. I S. 750, geht ebenfalls von der Möglichkeit aus, daß das
Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich geregelt sein kann (vgl. dazu BVerfG,
Beschluß vom 2. November 1981 - NVwZ 1982, 306). Nach § 35 der Verordnung
sind nämlich Rechtsvorschriften, die das Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich
regeln, den Bestimmungen der Verordnung entsprechend zu gestalten bzw.
anzupassen.
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Soweit schließlich § 5 Satz 1 Nr. 5 EBG im Rahmen der Führung von
Eigenbetrieben die Befugnis der Gemeindevertretung zur "Festsetzung der
allgemeinen Lieferungsbedingungen und der allgemeinen Tarife" begründet,
spricht auch dies nicht dagegen, für die Benutzung der Wasserversorgungsanlage
Gebühren zu erheben. Zwar mögen die Begriffe "Lieferungsbedingungen" und
"Tarife" in erster Linie auf privatrechtliche Rechtsbeziehungen hindeuten. Da
jedoch von allgemeinen Lieferungsbedingungen und allgemeinen Tarifen die Rede
ist und vor allem der Begriff "Tarif" im Rechtsleben auch im Zusammenhang mit
den zum öffentlichen Recht gehörenden Begriffen "Gebühren" (Gebührentarif) und
"Steuern" (Steuertarif) verwendet wird (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht,
Stand 1991, § 2 Rdnr. 37; Thiem, Allgemeines kommunales Abgabenrecht, 1981,
S. 27 und 66; Tipke, Steuerrecht, 10. Aufl., S. 300 ff.; Handwörterbuch des
Steuerrechts und der Steuerwissenschaften, 2. Aufl., Band 2, S. 1356 ff.
(Steuertarif)), sind die Begriffe "Lieferungsbedingungen" und "Tarife" hier weit
auszulegen und stehen folglich einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des
Wasserversorgungsverhältnisses nicht entgegen (vgl. dazu auch Ehlers a. a. O.;
Wiegelmann a. a. O.).
Da der Beklagte bei der Heranziehung des Klägers zu Wassergebühren seine
satzungsrechtlichen Vorschriften dem Grunde nach richtig zur Anwendung
gebracht hat und hinsichtlich der Höhe der Gebührenforderung ebenfalls keine
Bedenken bestehen - der Kläger hat insoweit auch nichts vorgebracht -, mußte die
Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückgewiesen werden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.