Urteil des HessVGH vom 26.11.1992
VGH Kassel: treu und glauben, erlöschen des anspruchs, unterbrechung der verjährung, juristische person, liquidation, gebühr, kommanditgesellschaft, aussetzung, verjährungsfrist, stadt
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 UE 916/87
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 61 Nr 1 VwGO, § 124 Abs
1 HGB, § 161 Abs 2 HGB, §
17 Abs 1 S 3 VwKostG HE,
§ 7 VwKostG HE
(Beteiligungsfähigkeit einer in Liquidation befindlichen
Kommanditgesellschaft; Verjährung von Kostenansprüchen
nach dem Hessischen Verwaltungskostengesetz)
Tatbestand
Die Klägerinnen wenden sich gegen die Forderung von
Baugenehmigungsgebühren durch den Beklagten.
Die GmbH, die persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin zu 1), beantragte
unter dem 26./27. Juni 1975 beim Beklagten im Hinblick auf die geplante
Errichtung des Hotelparks im bauplanungsrechtlichen Außenbereich von - ein
Bebauungsplan für dieses Gebiet befand sich im Aufstellungsverfahren -
Bauerlaubnisse für vierzehn Vorhaben (Hotel, Restaurant, Ferienhäuser, Läden,
Tennishalle, Schwimmbad etc., Antragsnummern 133/3/75 bis 147/3/75). Mit
Schreiben vom 20. August 1975 stellte die GmbH gegenüber dem Beklagten klar,
daß alle Bauanträge namens und im Auftrag beider Klägerinnen eingereicht
worden seien, und beantragte zugleich, trotz Nichtvorliegens eines genehmigten
Bebauungsplans umgehend mit der Prüfung der Bauanträge zu beginnen. Der
Beklagte werde für den Fall der Ablehnung der Bauanträge - auch wenn sie auf
dem Bebauungsplan beruhe - von den Prüfungsgebühren in Höhe von 3/8 der
üblichen Genehmigungsgebühr "freigestellt". Im Laufe des weiteren
Baugenehmigungsverfahrens - unter dem 30. Juni 1976 war ein Teilbaubescheid
für die Durchführung von Erd- und Erschließungsarbeiten erteilt, einzelne
Bauanträge waren zurückgezogen worden - bat die Klägerin zu 2) - eine
Kommanditgesellschaft, die inzwischen aufgelöst und für die ein Abwickler bestellt
ist - im Hinblick auf den noch in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplan mit
Schreiben vom 18. Dezember 1976 um vorläufige Aussetzung des
Antragsverfahrens und mit weiterem Schreiben vom 7. April 1977 um Fortführung
des Verfahrens und Erteilung einer weiteren Teilbaugenehmigung für ein Muster-
Ferienhaus. Der Beklagte lehnte die Bearbeitung dieses Genehmigungsantrags
mit Bescheid vom 18. Oktober 1977 bestandskräftig ab.
Bereits unter dem 17. Mai 1977 hatte die Klägerin zu 2) beim Beklagten den
Antrag gestellt, ein auf dem betreffenden Baugrundstück stehendes altes
Herrenhaus abbrechen zu dürfen. Mit Schreiben vom 25. Mai 1977 stellte auch sie
gegenüber dem Beklagten nochmals klar, daß alle Bauanträge namens und im
Auftrag beider Klägerinnen eingereicht worden seien.
Nachdem die Klägerinnen vom Beklagten wiederholt darauf aufmerksam gemacht
worden waren, daß schon wegen der voraussichtlich zu erwartenden Versagung
der Genehmigung des Bebauungsplans mit einer kostenpflichtigen Ablehnung der
Bauanträge zu rechnen sei, hatten sich die Klägerinnen mit Schreiben vom 19.
März 1980 einverstanden erklärt, daß das Baugenehmigungsverfahren bis zur
Durchführung der mündlichen Verhandlung bzw. - so im Schreiben vom 30. Juli
1980 - bis zum Abschluß des Verwaltungsstreitverfahrens zwischen der Stadt und
dem Land Hessen wegen Versagung der Genehmigung des Bebauungsplanes (VG
Frankfurt a.M. IV/2 E 1764/79) vorläufig ausgesetzt werde. Das Verwaltungsgericht
Frankfurt am Main wies die Klage der Stadt mit Urteil vom 14. Juni 1983 ab, die
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Frankfurt am Main wies die Klage der Stadt mit Urteil vom 14. Juni 1983 ab, die
dagegen von der Beigeladenen - im vorliegenden Rechtsstreit die Klägerin zu 2) -
eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg (Hess.VGH, Beschluß vom 16. März 1984 - 4
OE 74/83 -).
Bereits mit gleichlautenden Bescheiden vom 28. Juli 1981, den Klägerinnen
zugestellt am 5. August 1981, hatte der Beklagte die Erteilung der beantragten
Baugenehmigungen für die aufgeführten Vorhaben abgelehnt, die von den
Klägerinnen als Gesamtschuldner zu erstattenden Kosten auf 78.877,80 DM
festgesetzt und deren Zahlung bis zum 15. September 1981 verlangt. In den
Bescheiden war als Begründung unter anderem angegeben, der mit den
Klägerinnen geführte, teilweise unklare Schriftwechsel habe im Jahre 1980 eine
Prüfung notwendig gemacht, welche Bauanträge als noch im Verfahren befindlich
anzusehen seien. In einer Unterredung mit dem Geschäftsführer habe
diesbezüglich eine Klärung herbeigeführt werden können; das in einer Niederschrift
festgehaltene Ergebnis der Unterredung sei aber nicht bestätigt worden. Da
folglich nicht mehr von einer einvernehmlichen weiteren Aussetzung der
Baugenehmigungsverfahren habe ausgegangen werden können, sei über die
Bauanträge abschließend zu entscheiden gewesen, zumal auch noch nicht
abzusehen gewesen sei, wann über die Klage der Stadt rechtskräftig entschieden
werde. Die Kostenentscheidung - so war in den Gründen der Bescheide weiter
ausgeführt - beruhe auf § 4 Abs. 2 HVwKostG in Verbindung mit dem Runderlaß
des Hessischen Ministers des Innern vom 16. August 1973. Danach sei die Gebühr
für jedes Vorhaben mit je 3/8 der Normalgebühr zu berechnen. Im übrigen
enthalten die Bescheide weitere Ausführungen zur Gebührenberechnung dem
Grunde und der Höhe nach für alle Bauvorhaben, außer für den Antrag auf
Genehmigung des Abbruchs des Herrenhauses. Dort ist ohne nähere Angaben
eine Gebühr von 100,-- DM angeführt.
Die Klägerinnen legten gegen die Versagung der beantragten Baugenehmigungen
und gegen die Kostenentscheidung am 21. August 1981 Widerspruch ein. Während
der im Widerspruchsschreiben gestellte Antrag auf Erteilung der
Baugenehmigungen ohne Begründung blieb, beriefen sich die Klägerinnen zur
Begründung ihres Widerspruchs gegen die Kostenfestsetzung auf Verjährung. Die
Kostenschuld sei gemäß § 7 HVwKostG im Juli 1975 entstanden und die vierjährige
Festsetzungsfrist folglich am 31. Dezember 1979 abgelaufen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 1984, als Einschreiben am 6. Februar
1984 zur Post gegeben, wies der Beklagte den gegen die Kostenentscheidung
gerichteten Widerspruch der Klägerinnen mit der Begründung zurück, eine
Festsetzungsverjährung gemäß § 17 HVwKostG liege nicht vor. Die von der
Klägerseite veranlaßte Aussetzung des Genehmigungsverfahrens im Jahre 1976
müsse mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung als vorläufige
Rücknahme der Bauanträge gewertet werden. Demzufolge sei der Antrag vom 7.
April 1977 kostenrechtlich als Neuantrag anzusehen, so daß die Festsetzungsfrist
erst am 31. Dezember 1981 - nach Kostenfestsetzung - abgelaufen sei.
Hiergegen haben die Klägerinnen am 5. März 1984 beim Verwaltungsgericht
Frankfurt am Main Klage mit der Begründung erhoben, es sei fehlerhaft, die
Entscheidungen über Hauptsache und Kosten zu trennen. Über die Bauanträge
hätte noch nicht endgültig entschieden werden dürfen, weil eine abschließende
Stellungnahme der Stadt Wächtersbach zu den Bauvorhaben noch nicht
vorgelegen habe. Zu Unrecht behandele der Beklagte sie, die Klägerinnen, als
Bauherrinnen bezüglich des gesamten Bauvorhabens. Sie hätten jeweils nur für
bestimmte Vorhaben Bauanträge eingereicht, so daß unterschiedliche Bescheide
hätten ergehen müssen. Im übrigen sei die Kostenforderung verjährt. Darüber
hinaus sei die Kostenforderung auch der Höhe nach unzutreffend. Es seien
nämlich nicht erbrachte Leistungen berechnet worden. Sie, die Klägerinnen, hätten
keinen Antrag zur Errichtung von Läden, vier Klubhäusern, einer Diskothek und
zehn Wasserhäusern gestellt. Im übrigen sei nicht die Errichtung von 256, sondern
von lediglich 180 Ferienhäusern beantragt gewesen. Letztlich müßten die
Forderungen auch aus Billigkeitsgründen herabgesetzt werden. Es sei unbillig, für
die Ablehnung von Bauanträgen, auf deren Bearbeitung der Beklagte wenig Arbeit
habe verwenden müssen, ca. 78.000,-- DM zu verlangen. - In der mündlichen
Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Prozeßbevollmächtigte der
Klägerinnen zu Protokoll gegeben, die Klägerin zu 2) sei aufgelöst bzw.
zwischenzeitlich im Handelsregister gelöscht worden, nachdem die Liquidation
beendet sei.
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Die Klägerinnen haben beantragt,
den Bescheid des Kreises vom 28. Juli 1981 in der Form des
Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 1984 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, eine getrennte Entscheidung über Hauptsache und Kosten sei
zulässig; dies folge aus § 15 HVwKostG. Die Klägerinnen seien zu Recht als
Gesamtschuldnerinnen in Anspruch genommen worden, denn sie hätten mit
Schreiben vom 20. August 1975 bzw. 25. Mai 1977 jeweils erklärt, daß alle Anträge
namens und im Auftrag beider gestellt worden seien. Die Kostenforderungen seien
auch noch nicht verjährt. Die Bauanträge seien am 30. Juni 1975 beim
Kreisbauamt eingegangen. Auf Antrag der Klägerinnen sei das
Baugenehmigungsverfahren vom 18. Dezember 1976 bis zum 7. April 1977 und
am 10. März 1980 zunächst für weitere drei Monate und sodann bis zum Abschluß
des Rechtsstreits VG Frankfurt am Main IV/2 E 1764/79, d.h. über den Zeitpunkt
der Bescheidung hinaus, ausgesetzt worden. Die Aussetzung bewirke eine
Unterbrechung sämtlicher Fristen, so daß die Verjährungsfrist des § 17 Abs. 1 Satz
2 HVwKostG am 7. April 1977 neu zu laufen begonnen habe und frühestens am
31. Dezember 1981 erloschen wäre. Aber auch dann, wenn man mit den
Klägerinnen lediglich eine Fristenhemmung annehme, sei noch keine Verjährung
eingetreten. Denn das Verfahren sei insgesamt für die Dauer von einem Jahr, acht
Monaten und acht Tagen gehemmt gewesen, so daß die Verjährungsfrist erst am
8. September 1981, nach Erlaß des Kostenbescheides, abgelaufen sei. Die Höhe
der Gebühren sei zutreffend ermittelt worden. Eine Herabsetzung wegen Billigkeit
komme nicht in Betracht.
Durch Urteil vom 3. Februar 1987 hat das Verwaltungsgericht die Klage der
Klägerin zu 2) im Hinblick auf die Liquidation der Kommanditgesellschaft und ihre
Löschung im Handelsregister mangels Beteiligtenfähigkeit als unzulässig
abgewiesen, der Klage der Klägerin zu 1) dagegen stattgegeben. Zur Begründung
hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Kostenanspruch hinsichtlich der
vierzehn Bauscheinanträge mit den fortlaufenden Nummern 133/3/75 bis 147/3/75
sei gemäß der materiell-rechtlichen vierjährigen Ausschlußfrist des § 17 Abs. 1
Satz 3 HVwKostG bereits am 31. Dezember 1979 erloschen. Dem stehe die
zeitweilige Aussetzung des Baugenehmigungsverfahrens nicht entgegen, denn die
Aussetzungsanträge könnten nicht als Antragsrücknahmen angesehen werden.
Die Verfahren seien anhängig geblieben und hätten nach einem zeitweiligen
Verfahrensstillstand fortgeführt werden sollen. Eine Hemmung oder
Unterbrechung der Ausschlußfrist sei damit nicht verbunden gewesen. Auch § 17
Abs. 3 HVwKostG, der die Unterbrechung der Verjährung regele, sei nicht
einschlägig, denn die Vorschrift setze voraus, daß der Anspruch fällig, d.h. die
Kostenentscheidung dem Kostenschuldner vor Ablauf der Ausschlußfrist
bekanntgegeben worden sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Der
Beklagte könne sich zu seinen Gunsten auch nicht auf § 249 Abs. 1 ZPO und die
Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches berufen, da sie hier nicht
einschlägig seien. Die Klägerin zu 1) verstoße auch nicht gegen den Grundsatz von
Treu und Glauben, wenn sie die Erfüllung des Anspruches unter Hinweis auf die
inzwischen eingetretene Anspruchsvernichtung verweigere. Die Anträge auf
Verfahrensaussetzung machten die Berufung auf Verjährung nicht treuwidrig.
Ähnliches gelte auch für die Erklärung der GmbH im Schreiben vom 20. August
1975, wonach der Beklagte unter bestimmten Umständen von den Gebühren in
Höhe von 3/8 der üblichen Genehmigungsgebühren freigestellt werde. Denn dem
objektiven Erklärungswert dieser Äußerung lasse sich nicht entnehmen, daß sich
die Klägerin zu 1) damit zur Erfüllung der Kostenansprüche des Beklagten
ungeachtet der Frage des möglichen Ablaufs der Verjährungsfristen habe
verpflichten wollen. Der Beklagte habe nur von den Kosten freigestellt werden
sollen, die durch die vorzeitige Aufnahme der Bearbeitung der Anträge zusätzlich
entstanden und bei einem an sich gebotenen Abwarten der Bearbeitung bis zum
Inkrafttreten des Bebauungsplanes nicht angefallen wären. Eine weitergehende
Bedeutung komme der Erklärung nicht zu. - Im übrigen müsse der
Kostenbescheid, soweit er den am 13. Mai 1977 gestellten Antrag auf Erteilung
einer Abbruchgenehmigung des Herrenhauses umfasse, wegen Fehlens der nach
§ 39 Abs. 1 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz gebotenen Begründung
aufgehoben werden.
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Gegen das ihr am 26. Februar 1987 zugestellte Urteil hat die Klägerin zu 2) am 26.
März 1987 durch ihren Prozeßbevollmächtigten Berufung mit der Begründung
eingelegt, sie sei zwar aufgelöst, aber noch nicht gelöscht, wie durch einen
Handelsregisterauszug des Amtsgerichts vom 8. März 1988 - bestätigt durch vom
Senat eingeholten Registerauszug vom 22. April 1992 - belegt werde. Eine
Beendigung der Gesellschaft trete erst dann ein, wenn der Liquidator alle ihm zur
Abwicklung übertragenen schwebenden Geschäfte der Gesellschaft abgewickelt
habe. Zu diesen schwebenden Geschäften der Gesellschaft zähle auch die
Fortführung und Beendigung des hier anhängigen Rechtsstreits. Ihre, der Klägerin
zu 2), Beteiligungsfähigkeit bestehe also zumindest für die Dauer des vorliegenden
Prozesses fort. Die demnach zulässige Klage sei aus den Urteilsgründen bezüglich
der Klage der Klägerin zu 1) auch begründet.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts
Frankfurt am Main vom 3. Februar 1987 dem erstinstanzlichen Klageantrag auch
hinsichtlich der Klägerin zu 2) stattzugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung insoweit zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, Klage und Berufung der Klägerin zu 2) seien unzulässig. Der
bisherige persönlich haftende Gesellschafter und Liquidator sei in der mündlichen
Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwesend gewesen und habe den
Prozeßbevollmächtigten zu der Erklärung veranlaßt, die Gesellschaft sei nach
Beendigung der Liquidation inzwischen gelöscht. Es sei nicht erforderlich, daß die
Löschung im Handelsregister eingetragen werde. Im übrigen könne die Berufung
auch in der Sache keinen Erfolg haben, wie seiner, des Beklagten,
Berufungsbegründung gegen den stattgebenden Teil des erstinstanzlichen Urteils
zu entnehmen sei.
Gegen das ihm am 3. März 1987 zugestellte Urteil hat der Beklagte seinerseits am
3. April 1987 Berufung mit der Begründung eingelegt, die Gebührenerhebung, die
auf § 4 Abs. 2 HVwKostG in Verbindung mit Nr. 11 des Gebührenverzeichnisses
vom 24. Juli 1972 und dem Runderlaß des Hessischen Ministers des Innern vom
16. August 1973 beruhe, sei rechtmäßig erfolgt, insbesondere der Kostenanspruch
nicht erloschen. Das Verhalten beider Klägerinnen lasse es - insgesamt gesehen -
als treuwidrig erscheinen, wenn sie sich nunmehr auf Verjährungs- bzw.
Ausschlußfristen beriefen.
Der Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils auch die Klage der Klägerin
zu 1) abzuweisen.
Die Klägerin zu 1) beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
und nimmt dabei auf die ihrer Meinung nach zutreffenden Ausführungen des
Verwaltungsgerichts Bezug.
Die Beteiligten haben schriftsätzlich auf die Durchführung einer mündlichen
Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Gerichtsakte VG Frankfurt
am Main, Aktenzeichen IV/2 E 1764/79 und der Behördenakten (ein Leitz-Ordner,
ein Heft), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Über die Berufung kann der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne
mündliche Verhandlung gemäß den §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - entscheiden.
Die Berufung der Klägerin zu 2) ist zulässig. Diese ist in bezug auf das Rechtsmittel
der Berufung bereits deshalb beteiligungsfähig i.S.v. § 61 Nr. 1 VwGO, weil es sich
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der Berufung bereits deshalb beteiligungsfähig i.S.v. § 61 Nr. 1 VwGO, weil es sich
insoweit auch um einen Streit um ihre Beteiligungsfähigkeit - das
Verwaltungsgericht hat sie für nicht mehr beteiligungsfähig gehalten - handelt (vgl.
Kopp, VwGO, 9. Aufl., § 61 Rdnr. 11 m.w.N.).
Die Berufung der Klägerin zu 2) ist auch begründet, weil ihre Anfechtungsklage
gegen den Kostenteil des Bescheides vom 28. Juli 1981 i.d.F. des
Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 1984 zulässig und begründet ist.
Die Klage der Klägerin zu 2) - wie auch diejenige der Klägerin zu 1) - richtet sich
allein gegen den Kostenteil des angefochtenen Bescheides. Das ergibt sich bei der
nach § 88 VwGO gebotenen Auslegung des Klageantrags. Der Zulässigkeit der
Klage der Klägerin zu 2) steht nicht eine fehlende Beteiligungsfähigkeit entgegen.
Eine Kommanditgesellschaft ist zwar keine juristische Person, jedoch gemäß § 161
Abs. 2 i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB fähig, Rechte zu erwerben, Verbindlichkeiten
einzugehen, vor Gericht zu klagen und verklagt zu werden. Ihre
Beteiligungsfähigkeit im Verwaltungsprozeß folgt insoweit aus § 61 Nr. 1 VwGO
(Kopp, a.a.O., § 61 Rdnr. 6, Redeker/v. Oertzen, VwGO, 10. Aufl., § 61 Rdnr. 2). Wie
sich aus dem Vortrag der Klägerin zu 2) im Berufungsverfahren und aus dem
aktuellen Handelsregisterauszug ergibt, ist die Klägerin zu 2) zwar aufgelöst, aber
noch nicht gelöscht. Sie befindet sich weiterhin in Abwicklung. Zu den
Abwicklungsgeschäften gehört dabei u.a. auch die Führung eines Prozesses wie
des vorliegenden, da es dabei um die Abwehr von Forderungen an die Klägerin zu
2) geht. Damit ist die Kommanditgesellschaft in Liquidation, die Klägerin zu 2),
aber weiterhin fähig, am Verfahren beteiligt zu sein (vgl. Baumbach/Duden/Hopt,
HGB, 29. Aufl., § 124 Anm. 5 E; Kopp, a.a.O., § 61 Rdnr. 11; Redeker/v. Oertzen,
a.a.O., § 61 Rdnr. 9). Vertreten wird sie im Prozeß dabei durch den Abwickler.
Die Klage der Klägerin zu 2) ist auch begründet, denn der angefochtene Kostenteil
des Bescheides des Beklagten vom 28. Juli 1981 i.d.F. des
Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 1984 ist rechtswidrig und verletzt sie in
ihren Rechten.
In ihrem bei weitem überwiegenden Teil war die Kostenforderung des Beklagten
zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 28. Juli 1981 bereits verjährt, im
übrigen leidet der Bescheid zumindest an einem anderen erheblichen Mangel.
Die Grundlage für die Erhebung von Gebühren für die Erteilung baurechtlicher
Genehmigungen und Befreiungen liegt im Hessischen Verwaltungskostengesetz -
HVwKostG - vom 11. Juli 1972 (GVBl. I S. 235, hier maßgebend i.d.F. vom 2. April
1981, GVBl. I S. 137; im folgenden: HVwKostG a.F.). Es handelt sich insofern um
eine Spezialregelung gegenüber dem Kommunalabgabengesetz - KAG -, von dem
die §§ 3 bis 6 Anwendung finden, soweit das Spezialgesetz keine Bestimmung
trifft. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 HVwKostG a.F. sind für einzelne Amtshandlungen,
die auf Veranlassung der Beteiligten oder überwiegend im Interesse einzelner von
Landesbehörden - mit Ausnahme der Justizbehörden einschließlich der
Ortsgerichte - oder als Weisungsaufgaben von anderen Verwaltungen
vorgenommen werden, Kosten (Gebühren und Auslagen) nach diesem Gesetz und
der Gebührenordnung nach § 21 zu erheben. Die Tätigkeit der unteren
Bauaufsichtsbehörden ist dabei Weisungsaufgabe (vgl. § 81 Abs. 2 Hessische
Bauordnung). Die in Bezug genommene "Gebührenordnung nach § 21" ist, soweit
es um die Tätigkeit der Bauaufsichtsbehörden geht, das Gebührenverzeichnis zum
Hessischen Verwaltungskostengesetz i.d.F. vom 24. Juli 1972 (GVBl. I S. 266;
geändert durch Allg. VwKostO vom 22. Januar 1976, GVBl. I S. 33), das durch Art. 2
des Änderungsgesetzes vom 6. Februar 1974 (GVBl. I S. 104) zu einer
Gebührenordnung nach § 21 HVwKostG erklärt worden ist. Die Gebühren für die
Tätigkeit der Bauaufsichtsbehörden finden sich dabei in den Nrn. 11 und 12 des
Verzeichnisses.
Die GmbH, persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin zu 1), hatte unter
dem 26. und 27. Juni 1975 Baugenehmigungen für 14 Vorhaben im
Zusammenhang mit der geplanten Errichtung des Hotelparks beantragt; diese
Anträge waren, wie klargestellt wurde (Schreiben der GmbH vom 20. August 1975
und der Klägerin zu 2) vom 25. August 1977), für beide Klägerinnen gestellt. Die
für diese Anträge (Nrn. 133/3/75 bis 147/3/75) angefallenen Kosten sind - wie das
Verwaltungsgericht bezüglich der Klägerin zu 1) zu Recht festgestellt hat - gemäß
§ 17 Abs. 1 Satz 2 HVwKostG - der im Hessischen Verwaltungskostengesetz
geltenden speziellen Verjährungsregelung - verjährt.
Insofern kann offenbleiben, ob die vom Beklagten geltend gemachten
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Insofern kann offenbleiben, ob die vom Beklagten geltend gemachten
Kostenansprüche dem Grunde und der Höhe nach berechtigt wären. Nach § 17
Abs. 1 Satz 2 HVwKostG erlischt der Anspruch auf Zahlung von Kosten - neben der
Verjährung nach drei Jahren ab Fälligkeit - mit Ablauf des vierten Jahres nach der
Entstehung. Bei diesen Verjährungsfristen handelt es sich um materiell-rechtliche
Ausschlußfristen.
Entstanden sind die Kostenansprüche bezüglich der beantragten
Baugenehmigungen mit Eingang der Anträge bei der zuständigen Behörde (§ 7
Abs. 1 HVwKostG), d.h. hier am 30.Juni 1975, dem Datum des Eingangs bei dem
Beklagten. Die vierjährige Frist war demnach bei Erlaß und Zustellung des
Kostenbescheides vom 28. Juli 1981 an die Klägerin zu 2) bereits abgelaufen.
Die Verjährung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 HVwKostG war weder nach § 17 Abs. 2
HVwKostG gehemmt, noch nach § 17 Abs. 3 HVwKostG unterbrochen, da die
Voraussetzungen für das Eingreifen dieser Bestimmungen unstreitig nicht erfüllt
sind. Auch die "Aussetzung" des Genehmigungsverfahrens auf Antrag der
Klägerinnen vom 18. Dezember 1976 bewirkte weder eine Hemmung noch eine
Unterbrechung der Verjährungsfrist. Insofern hat bereits das Verwaltungsgericht
zu Recht ausgeführt, daß bereits vom Erklärungsinhalt des Schreibens vom 18.
Dezember 1976, das Genehmigungsverfahren vorläufig auszusetzen, in diesem
Schreiben keine Antragsrücknahme gesehen werden kann. Insoweit verweist der
Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts.
Ebenfalls zu Recht hat das Verwaltungsgericht hier die Anwendung von § 249 Abs.
1 Zivilprozeßordnung - ZPO - abgelehnt. Diese Vorschrift des Prozeßrechts regelt
allein die Unterbrechung prozessualer, nicht aber materiell-rechtlicher Fristen, wie
hier der Fristen der Verjährungsvorschrift des § 17 Abs. 1 HVwKostG.
Auch soweit der Beklagte in der Begründung seiner Berufung gegen das der
gleichliegenden Klage der Klägerin zu 1) stattgebende Urteil des
Verwaltungsgerichts meint, aus dem Verhalten der Klägerinnen während des
Genehmigungsverfahrens folge bereits, daß der Gebührenanspruch zum Zeitpunkt
des Erlasses des Kostenbescheides noch bestanden habe, vermag dem der Senat
nicht zu folgen. Soweit der Beklagte in der Erklärung der GmbH vom 20. August
1975 einen Hinderungsgrund für die Klägerinnen sieht, sich auf die Verjährung des
§ 17 Abs. 1 Satz 2 HVwKostG zu berufen, ist dem entgegenzuhalten, daß der
Ablauf der Verjährungsfristen des § 17 HVwKostG - anders etwa als bei den
materiellrechtlichen Verjährungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches - nicht
zu einer Einredemöglichkeit des Schuldners, sondern zum Erlöschen des
Anspruchs kraft Gesetzes führt. Diese kraft Gesetzes eintretende Folge ist
unabhängig vom Verhalten des Schuldners und kann - abgesehen von den
Regelungen des § 17 Abs. 2 und 3 HVwKostG - nicht aufgehalten werden. Insofern
hätte selbst ein Verstoß der Klägerin zu 2) gegen Treu und Glauben zwar eventuell
zu Ersatzansprüchen des Beklagten, nicht aber zur Nichtberücksichtigung des
Erlöschenstatbestandes führen können.
Des weiteren kann aber auch in der oben bereits angesprochenen Erklärung vom
20. August 1975 keine Verpflichtungserklärung der Klägerinnen, die
Genehmigungsgebühren in jedem Fall - unabhängig von eventuell eintretenden
Verjährungen - zu tragen, gesehen werden. Insofern nimmt der Senat ebenfalls
auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug. Letztlich kann
demnach offenbleiben, ob eine derartige - vom Beklagten angenommene -
schuldrechtliche Verpflichtung zur Übernahme der Genehmigungsgebühren vom
Beklagten hätte durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden können. Dies
erscheint zumindest zweifelhaft.
Im Gegensatz zu den Gebühren für die übrigen Genehmigungsanträge der
Klägerinnen dürfte der Gebührenanspruch des Beklagten bezüglich des Antrages
auf Genehmigung des Abbruchs des Herrenhauses vom 13. Mai 1977 nicht bereits
zum Zeitpunkt der Zustellung des Kostenbescheides vom 28. Juli 1981 erloschen
gewesen sein. Zwar ist der Beginn der Vierjahresfrist nach Entstehen des
Kostenanspruchs im Gegensatz zum Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist nach
Fälligkeit des Anspruchs in § 17 HVwKostG nicht ausdrücklich geregelt. Sinnvoll ist
aber auch hier der entsprechende Beginn am Ende des jeweiligen Jahres (vgl.
Gerhardt, Verwaltungskostenrecht, Stand: Dezember 1990, § 20 VwKostG Rdnr. 3
a.E.; vgl. auch: § 170 Abs. 1 Abgabenordnung zum Beginn der
Festsetzungsverjährung). Demnach wäre insofern die Vierjahresfrist erst mit Ende
des Jahres 1981 abgelaufen. Letztlich kann der Senat die Frage des Beginns der
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des Jahres 1981 abgelaufen. Letztlich kann der Senat die Frage des Beginns der
vierjährigen Verjährungsfrist im Ergebnis aber offenlassen, da der Bescheid
bezüglich dieses Teils des Gebührenanspruchs bereits aus einem anderen Grund
rechtswidrig ist.
Der Kostenbescheid leidet bezüglich des Genehmigungsantrages für den Abbruch
des Herrenhauses - wie das Verwaltungsgericht bereits ausgeführt hat - am Fehlen
jeglicher Begründung. Diese Begründungspflicht ergibt sich allerdings nicht, wie
das Verwaltungsgericht meint, aus § 39 Abs. 1 Hessisches
Verwaltungsverfahrensgesetz, sondern über die Verweisung des § 1 Abs. 2 i.V.m. §
4 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b KAG aus dem gleichlautenden § 121 Abs. 1
Abgabenordnung 1977 - AO 1977 -. Im Gegensatz zu den übrigen im
Kostenbescheid vom 28. Juli 1981 festgesetzten Gebühren ist die Ermittlung der
Höhe der Gebühr von 100,-- DM für den Abbruchantrag nicht nachvollziehbar. §
121 Abs. 1 AO 1977 verlangt jedoch die schriftliche Begründung eines schriftlichen
oder schriftlich bestätigten Verwaltungsaktes. In der Begründung sind dabei die
wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu
ihrer Entscheidung bewogen haben. Eine Verletzung der Begründungspflicht macht
den Verwaltungsakt rechtswidrig. Einer Begründung bedarf es nur unter den
Voraussetzungen des § 121 Abs. 2 AO 1977 nicht. Diese sind hier jedoch nicht
erfüllt. Auch ist weder aus dem Bescheid, noch aus dem Zusammenhang, noch
aus den Vorschriften des Hessischen Verwaltungskostengesetzes und des
Gebührenverzeichnisses die Höhe der festgesetzten Gebühr nachvollziehbar. In
Nr. 11 des Gebührenverzeichnisses ist unter 1 c) für die Genehmigung des
Abbruchs von Bauwerken und Bauwerksteilen eine Gebühr von 20,-- bis 200,-- DM
vorgesehen. Bei Rahmengebühren ist die Gebühr gemäß § 9 HVwKostG nach der
Bedeutung des Gegenstandes und dem wirtschaftlichen Nutzen für die Beteiligten,
nach der mit der Vornahme der Amtshandlung verbundenen Mühewaltung und
nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Gebührenschuldners zu bemessen.
Welche Kriterien hier für den Beklagten ausschlaggebend waren, ist nicht
nachzuvollziehen.
Dieser Begründungsmangel ist auch nicht gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2
AO 1977 etwa durch Nachholen einer Begründung bis zum Abschluß des
Vorverfahrens geheilt worden. Der Beklagte hat - trotz der Ausführungen des
Verwaltungsgerichts - zu diesem Problemkreis bisher selbst im gerichtlichen
Verfahren keine Stellung bezogen.
Die Berufung des Beklagten ist zwar zulässig, aber nicht begründet.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht der Klage der Klägerin zu 1) gegen den ihr
gegenüber ergangenen Kostenbescheid vom 28. Juli 1981 i.d.F. des
Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 1984 stattgegeben und die Bescheide
insoweit aufgehoben, als sie den Kostenanspruch bezüglich der beantragten
Baugenehmigungen betreffen. Insoweit wird auf die vorhergehenden Ausführungen
des Senats im Hinblick auf die Klage der Klägerin zu 2) verwiesen.
Der Tenor des aufhebenden Urteils des Verwaltungsgerichts könnte so verstanden
werden, daß der gesamte Bescheid vom 28. Juli 1981 aufgehoben würde. Aus den
Entscheidungsgründen ergibt sich jedoch deutlich - und so ist es auch von den
Beteiligten verstanden worden -, daß allein der kostenrechtliche Teil des
Bescheides vom 28. Juli 1981 aufgehoben worden ist. Der Senat hat - um
Mißverständnisse auszuschließen - den Aufhebungsausspruch insgesamt neu
gefaßt.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Berufung der Klägerin zu 2) auf §
154 Abs. 1 und hinsichtlich der Berufung des Beklagten auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.