Urteil des HessVGH vom 25.10.1994

VGH Kassel: grundrecht auf existenzsicherung, aufnahme einer erwerbstätigkeit, stand der technik, sozialstaatsprinzip, soziales grundrecht, kontrolle, preisentwicklung, verein, hessen, stadt

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
9. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 UE 1045/91
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 22 BSHG
(Sozialhilfe: Unbedenklichkeit des Statistikmodells)
Tatbestand
Der Kläger erhält von der Beklagten laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem
Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Mit Bescheid vom 3. Juli 1990 lehnte die Beklagte
verschiedene Anträge des Klägers teilweise ab. Hiergegen legte der Kläger mit
Schreiben vom 15. Juli 1990 Widerspruch ein, den er unter anderem wie folgt
begründete:
"... 2. der mit ab dem 1. Juli zuerkannte Regelsatz deckt nicht den notwendigen
laufenden Lebensunterhalt. Seine Festsetzung verstößt gegen die §§ 1 und 12
BSHG und das Sozialstaatsprinzip des GG. Deshalb ist mir eine höhere
Sozialhilfeleistung zuzuerkennen".
Am 22. August 1990 nahm die für den Kläger zuständige Sozialstation Gallus der
Beklagten zu dem Widerspruch Stellung und führte unter anderem aus, eine neue
Festsetzung der Sozialhilfe komme nicht in Betracht, da die Bedarfsberechnung
keine Fehler erkennen lasse. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 1990
wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte im
wesentlichen aus, nach § 22 Abs. 3 BSHG setzten die zuständigen
Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen die Höhe der Regelsätze
im Rahmen der Regelsatzverordnung fest. Zuständige Landesbehörde sei in
Hessen das Sozialministerium (§ 10 Hessisches Ausführungsgesetz zum BSHG).
Dieses habe mit Erlaß vom 11. Juni 1990 den dem Kläger gewährten Eckregelsatz
bestimmt. Daran sei die Stadt Frankfurt am Main gebunden. Einem Träger der
Sozialhilfe sei es verwehrt, unter Mißachtung der Festsetzung der Regelsätze der
Sozialhilfe durch die zuständigen Landesbehörden eine höhere Regelsatzhilfe zu
gewähren.
Mit am 27. Dezember 1990 beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben und sein Ziel der
Gewährung einer höheren Regelsatzleistung sowie der Weiterbewilligung der
Sozialhilfe über den 1. August 1990 hinaus weiterverfolgt. Ein gleichzeitig von ihm
angestrengtes einstweiliges Anordnungsverfahren blieb in beiden Instanzen
erfolglos. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Festsetzung der Höhe der
Regelsätze verstoße gegen geltendes Recht und hat zahlreiche Unterlagen
vorgelegt, die dies nach seiner Ansicht belegen sollen.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
unter Aufhebung ihrer entgegenstehenden Bescheide die Beklagte zu verpflichten,
dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Juli 1990 einen Regelsatz zu gewähren, der
deutlich über dem für diesen Zeitraum von der zuständigen Landesbehörde
festgesetzten Regelsatz liegt,
sowie,
die Sozialhilfe solange weiterzubewilligen, bis ein "Obergutachten" zu seiner
Arbeitsfähigkeit dem Sozialamt vorliegt, das die Stellungnahme der Sozialärztin
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Arbeitsfähigkeit dem Sozialamt vorliegt, das die Stellungnahme der Sozialärztin
und das Gutachten des Vertrauensarztes des Arbeitsamtes Frankfurt am Main
berücksichtigt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und sich zur Begründung auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 27.
November 1990 bezogen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. März 1991 - VIII/1 E 3317/90 - hat das
Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die
gemäß § 42 VwGO statthafte Verpflichtungsklage sei insoweit unzulässig, als der
Kläger die Weitergewährung von Sozialhilfe über den 31. August 1990 hinaus
begehre. Insoweit fehle es ihm an dem für die Durchführung des gerichtlichen
Verfahrens erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte habe nämlich
erklärt, bei unveränderter Sachlage weiterhin Sozialhilfe in der gesetzlich
vorgesehenen Höhe zu gewähren.
Im übrigen sei die zulässige Klage unbegründet. Die Bewilligung der Sozialhilfe an
den Kläger in der gewährten Höhe sei nicht zu beanstanden. Das Klagevorbringen
vermöge nichts daran zu ändern, daß es nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts einem Träger der Sozialhilfe verwehrt sei, unter
Mißachtung der Festsetzung der Regelsätze der Sozialhilfe durch die zuständigen
Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen eine höhere
Regelsatzhilfe zu gewähren, denn ein Verwaltungsgericht könne einen Träger der
Sozialhilfe nicht außerhalb des Anwendungsbereichs des § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG
zu einer Hilfeleistung verpflichten, die regelmäßig die Regelsatzhilfe übersteige.
Gegen den am 22. März 1991 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit
am 25. März 1991 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung
eingelegt und diese wie folgt begründet: Der Regelsatz müsse bei mindestens
800,00 DM pro Monat liegen; hingewiesen sei auch darauf, daß die
Bemessungsgrenze für Vergünstigungen im Frankfurter Verkehrsverbund bei
860,00 DM liege. Das Bundesverfassungsgericht habe im Bereich neuer
Technologien den Grundsatz bestmöglicher Risikovorsorge und größtmöglicher
Gefahrenabwehr aufgestellt; was dort für den technologischen Bereich festgestellt
worden sei, müsse auch für den sozialen Bereich gelten, auch wegen der Gefahren
für die Demokratie bei krassen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten in der
Gesellschaft. Das Kriterium "Stand der Technik" finde sein Pendant im Bereich des
Sozialstaatsprinzips mit dem Kriterium "Stand der sozialwissenschaftlichen
Forschung". Anders sei eine Optimierung des Sozialstaatsprinzips nicht erreichbar.
Aus der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem
Gemeinwohlprinzip lasse sich schon heute ein soziales Grundrecht auf
Existenzsicherung und ein gerechtes Mindesteinkommen entnehmen. Das
derzeitige Geldsystem sei verfassungswidrig; Inflation und Zinsen verhinderten
eine sozialstaatsgerechte Grundversorgung. Aus diesem Grunde lege er eine
Monographie von Margret Kennedy vor, aus der sich diese Schlußfolgerung im
einzelnen ergebe. Wenn es um eine Minderung der Staatsverschuldung gehe,
werde nicht das verfassungswidrige Geldsystem geändert, sondern
Sozialleistungen würden drastisch beschnitten. Das Optimierungsgebot, welches
dem Sozialstaatsprinzip innewohne, verbiete die herrschende Kürzungspraxis und
gehe von einer stetig wachsenden sozialen Gerechtigkeit aus. Der
haushaltsrechtliche Spielraum, von dem in einer neueren Entscheidung des OVG
Bremen die Rede sei, werde deswegen immer enger, die Mittel immer knapper,
weil das verfassungswidrige Geldsystem zu mehr Schulden und damit
Arbeitslosigkeit und Armut führe. Die für die Sozialhilfe vorgesehenen Mittel und
Leistungen seien eindeutig unzureichend. Zahlreiche Verbände hätten in diesem
Sinne protestiert und sich ablehnend zur derzeitigen Bedarfsbemessung geäußert.
Aus der Sozialpflichtigkeit des Staates folge auch dessen Verpflichtung, auf eine
gerechtere Verteilung der materiellen und immateriellen Güter hinzuwirken. Nur
eine sozialstaatliche Gewährleistung und Umverteilung ermöglichten es einer
Vielzahl von Bürgern überhaupt erst, ihre Grundrechte wahrzunehmen. Die
Gerichte hätten auch dort Kontroll- und Entscheidungsfunktionen wahrzunehmen,
wo der Gesetzgeber es unterlassen habe, in gehörigem Maß die normativen
Kontrollmaßstäbe mitzuliefern. Dies sei relevant für die Gestaltung der sozialen
Grundsicherung und des Geldsystems. Soweit das Bundessozialhilfegesetz den
Regelsatz am untersten Durchschnittseinkommen orientiere, könne es nur um die
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Regelsatz am untersten Durchschnittseinkommen orientiere, könne es nur um die
Anhebung dieser Lohngruppen gehen, nicht aber um eine ungerechte und
rechtswidrige Festsetzung der Regelsätze. Art. 1 Grundgesetz in Verbindung mit
dem Sozialstaatsprinzip habe Vorrang vor dem einfachen Recht des § 22 Abs. 3
BSHG; dieses sei im Lichte des Grundgesetzes auszulegen. Im Jahre 1994 seien
von Seiten der Stadt Frankfurt die freiwilligen Leistungen gekürzt worden, die ihm
bisher noch zur Verfügung gestanden hätten. Er habe erfahren, daß durch die
Rechtsprechung in letzter Zeit immer mehr in den Regelsatz "reingepackt" werde.
Dies müßte für sich genommen schon zu einer Regelsatzerhöhung führen. Als
Beispiel sei im Bereich der Kinder das Kinderspielzeug genannt. Ihm gehe es nicht
nur um die Regelsatzerhöhung, sondern auch um seinen Mehrbedarf als
Akademiker. Bei der Regelsatzfestsetzung sei auch zu berücksichtigen, daß
Frankfurt nach München die teuerste Stadt in Deutschland sei. Ihm erscheine es
sinnvoll, daß der Verwaltungsgerichtshof eine Vorlageentscheidung an das
Bundesverfassungsgericht mache, weil die einschlägigen Bestimmungen des
Bundessozialhilfegesetzes nicht eine Parlamentarisierung des Regelsatzes
vorsähen. Wolle der Verwaltungsgerichtshof diesen Weg nicht gehen, könne er
alternativ oder ausschließlich beim Bundesverfassungsgericht geltend machen,
daß nach seiner Auffassung zumindest eine Bundeskommission für soziale
Grundsicherung gesetzlich vorgesehen sein müsse, die in verfassungsmäßig
einwandfreier Weise zusammengesetzt sein müsse und deren Empfehlungen
verbindlichen Charakter hätten. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen müsse
jedenfalls davon ausgegangen werden, daß die Höhe der Regelsätze zum Spielball
finanzpolitischer Interessen gemacht würden. Es seien ferner Kriterien für die
verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bedarfsermittlung aufzustellen.
Damit werde auch eine dichtere Kontrolle der Regelsätze überhaupt erst möglich.
Die Verwaltungsgerichte müßten sich der Hilfe von Sachverständigen soweit
versichern, daß sie die Unrichtigkeit der Verwaltungsentscheidung ausschließen
könnten. Sie müßten fachlichen Einwänden nachgehen, die die Bewertung der
Behörde nachhaltig erschüttern könnten. Schon die frühere Regelsatzbemessung
hätte ihm weit vor Klageerhebung sein "Existenzgeld" vorenthalten. Die vom
Verwaltungsgerichtshof eingeholte Stellungnahme des Hessischen Ministeriums
für Frauen, Arbeit und Sozialordnung vom 28. Juli 1994 bestätige seinen Vortrag,
indem sie ausdrücklich einräume, daß das als bedarfsdeckend angesehene
Strukturvolumen von 29,00 DM gedrittelt worden sei. Dies sei mit dem
Bedarfsdeckungsprinzip der Sozialhilfe nicht vereinbar. Dem nach § 114 BSHG
angehörten Landesbeirat für Sozialhilfe gehörten zur Hälfte Vertreter der
Sozialhilfeträger und damit der Kostenträger an. Auch wenn man unterstelle, daß
es sich hierbei jeweils um sozialerfahrene Personen handele, so müsse gleichwohl
ein Verstoß gegen § 114 BSHG darin gesehen werden, daß sie als
Interessenvertreter der Kostenträger tätig seien. Ein mehrheitliches Votum des
Landesbeirats gegen die Kostenträgerseite sei strukturell gar nicht möglich. Wenn
die Beklagte in ihrem Schreiben vom 19. August 1994 auf eine teilweise
Bedarfsdeckung durch den sogenannten Frankfurt-Paß hinweise, so sei zu
entgegnen, daß dieser erst ab 1. Oktober 1991 ausgegeben worden sei und somit
der Einwand für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis 30. September 1991 nicht
greifen könne.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
1. den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 18. März
1991 - VIII/1 E 3317/90 - aufzuheben und das zuständige staatliche Organ zu
verpflichten, einen wesentlich höheren Regelsatz zu gewähren, der mindestens bei
etwa 800,00 DM liegt, wie es die Landesarbeitsgemeinschaft "Soziale
Brennpunkte" und andere sachkundige Organe empfehlen,
hilfsweise,
das zuständige staatliche Organ zu verpflichten, innerhalb eines Zeitraums von
etwa 4 Wochen nach der rechtskräftigen Gerichtsentscheidung einen neuen
Regelsatz festzulegen, der sich an den vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten
Grundsätzen orientiert;
2. im Rahmen der notwendigen Sozialstaatsprinzip- Prüfung das geltende
Geldsystem als verfassungswidrig zu bezeichnen, wobei der vorgetragene
konkrete Bezug zur Regelsatzgestaltung herzustellen ist;
3. das Engagement der Bundesrepublik Deutschland im Golfkrieg als
verfassungswidrig zu bezeichnen, die mit dem Krieg verbundenen
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verfassungswidrig zu bezeichnen, die mit dem Krieg verbundenen
Preissteigerungen gerichtlich festzustellen und die vorhandene Beziehung zum
Geldsystem (Mitverursacher von Kriegen) und zum Sozialstaatsprinzip
herzustellen;
4. die Erhöhung der Telefongebühren als für nicht mit dem Sozialstaatsprinzip
vereinbar einzustufen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und nimmt auf den Widerspruchsbescheid und den Gerichtsbescheid des
Verwaltungsgerichts Bezug. Ergänzend bemerkt sie, daß der Eckregelsatz im Jahre
1989 auf 426,00 DM festgesetzt worden sei, so daß die Steigerung auf einen
Regelsatz von 449,00 DM einen Anstieg in der Größenordnung von etwa 5 %
bedeute. Dieser Anstieg liege über der im Vorjahr zu beobachtenden
Geldentwertung. Die Bemessungsgrundlagen für die Ermittlung der Regelsätze
seien gesetzlich nicht vorgegeben. Unstreitig dürfte sein, daß das "Statistik-
Modell" zu höheren Regelsätzen führe als das frühere "Warenkorb-Modell". Dies
dürfte einer der Gründe dafür gewesen sein, daß das nach dem neuen Modell als
bedarfsdeckend angesehene Strukturvolumen gedrittelt worden sei. Die Annahme,
daß dieses Verfahren geltendes Sozialhilferecht verletzt habe, schließe die
Einschätzung ein, daß das frühere Warenkorb-Modell ebenfalls rechtswidrig hätte
gewesen sein müssen. Ein nicht unwesentliches Strukturprinzip der Sozialhilfe sei
auch das sogenannte Abstandsgebot des § 22 Abs. 3 BSHG. Vergleiche man den
Bedarf einer vierköpfigen Familie von Sozialhilfeempfängern mit einem
"Mittelklasse-Ein-Verdiener-Haushalt" mit einem monatlichen Einkommen von
brutto 5.000,00 DM, so liege der Lohnabstand lediglich zwischen 140,00 DM und
460,00 DM. Man möge diese Zahlen damit interpretieren, daß das Kindergeld nicht
ausreiche, der steuerfreie Grundbetrag bisher bei weitem zu niedrig bemessen sei,
die Wohngeldberechtigung zu niedrig angesetzt sei. Zugleich zeigten diese
Zahlen, daß eine Anhebung der sozialhilferechtlichen Regelsätze ohne weitere
flankierende Maßnahmen im Bereich Kindergeld, Steuerbemessung und Wohngeld
dazu führen würde, daß auch Haushalte mit Brutto-Jahreseinkommen von
60.000,00 DM in den Gravitationsbereich der Hilfe zum Lebensunterhalt gerieten.
Sie räume freilich ein, daß die genannten Zahlen auch anders interpretiert werden
könnten.
Das Hessische Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung hat sich auf
Anfrage des Senats vom 7. April 1994 am 28. Juli 1994 wie folgt geäußert:
Notwendig werdende Neufestsetzungen der Regelsätze seien zu dem Zeitpunkt
vorzunehmen, von dem an Rentenerhöhungen nach den Vorschriften der
gesetzlichen Rentenversicherung über die Anpassung der Renten auf die
Leistungen nach dem BSHG anzurechnen gewesen seien. Zu einem anderen
Zeitpunkt notwendig werdende Neufestsetzungen der Regelsätze seien nicht
ausgeschlossen. Für den Anpassungszeitraum bis 30. Juni 1990 sei als
Bemessungsgrundlage maßgebend der sogenannte Warenkorb. Durch Beschluß
der Ministerpräsidentenkonferenz vom Oktober 1989 sei festgelegt worden, mit
Beginn des Anpassungszeitraumes ab 1. Juli 1990 ein neues
Bedarfsbemessungssystem mit abgeleiteten Werten aus der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe (sogenanntes Statistik-Modell) einzuführen. Darüber hinaus
seien die sich daraus ergebenden Regelsatzerhöhungen in drei Stufen zu
verwirklichen. Die erforderlichen Werte seien im Auftrag des Bundes und der
Länder vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge errechnet und
den Bundesländern als Rechnungsgrundlage mitgeteilt worden. Ausgangspunkt für
die Feststellung des ab 1. Juli 1990 geltenden Regelsatzes für Haushaltsvorstand
und Alleinstehende sei der Regelsatz, der sich aus den Werten der Einkommens-
und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1983 ergeben habe. Der Wert habe 407,34 DM
betragen. Der Indexwert der Preisentwicklung sei für 1980 auf 100 gesetzt worden,
so daß sich für 1983 ein Wert von 115,6 ergeben habe. Für Februar 1990 sei der
Indexwert vom Deutschen Verein mit 128,3 errechnet worden mit der Folge, daß
der Regelsatzwert auf 452,07 DM gestiegen sei. Bei einer geschätzten
Kostensteigerung von monatlich 0,2 vom Hundert sei zum Erhöhungszeitpunkt ein
Index von 129,1 und ein zu veranschlagender Regelsatzwert von 455,00 DM
erreicht worden. Die Differenz dieses Wertes zu dem geltenden Eckregelsatz von
426,00 DM sei als gesamtes Strukturvolumen festgelegt worden, das zu dritteln
gewesen sei. Das Drittel von 10,00 DM sei dem geltenden Eckregelsatz
zugerechnet worden, der dann mit seiner Summe von 436,00 DM in dem
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zugerechnet worden, der dann mit seiner Summe von 436,00 DM in dem
vorgesehenen Erhöhungszeitraum bis zum 30. Juni 1991 hätte fortgeschrieben
werden müssen. Die Fortschreibungsrate sei mit 3 vom Hundert = 13,00 DM
angesetzt worden, was wiederum den letztendlich festgesetzten Eckregelsatz von
449,00 DM zur Folge gehabt habe.
Sozialerfahrene Personen im Sinne des § 114 BSHG seien vor der Festsetzung der
Regelsätze gehört worden. Beim Sozialminister (jetzt Hessisches Ministerium für
Frauen, Arbeit und Sozialordnung) sei aufgrund des § 18 HAG/BSHG ein
Landesbeirat für Sozialhilfe gebildet. Er setze sich zusammen je zur Hälfte aus
Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und des Landeswohlfahrtsverbandes
Hessen sowie Vertretern der Verbände der freien Wohlfahrtspflege und Personen
aus dem Kreis der Empfänger von Sozialhilfe oder aus Vereinigungen von
Sozialleistungsempfängern. Dieser Landesbeirat werde vor dem Erlaß allgemeiner
Verwaltungsvorschriften und vor der Festsetzung der Regelsätze gehört.
Dem Senat haben 4 Hefter Leistungsakten sowie eine Widerspruchsakte der
Beklagten sowie zahlreiches Material, welches der Kläger zu den Akten gegeben
hat, vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen
Gerichtsbescheid, den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich Anlagen
sowie die Beiakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet, denn das
Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen
Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen
Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Dem von Rechtsanwalt Dr. Jahr, Wiesbaden, eine 2 Stunden vor dem angesetzten
Verhandlungstermin in einem Telefongespräch mit dem Senatsvorsitzenden
gestellten Antrag auf Terminsverlegung war nicht zu entsprechen, denn der Antrag
wurde nicht rechtzeitig gestellt und es lagen keine erheblichen Gründe vor, die es
gerechtfertigt hätten, ihm zu entsprechen (vgl. Kopp, VwGO, 9. Auflage § 102
Anm. 6). Mit Telefax vom 4. Oktober 1994 (Bl. 438 der GA) hat der Kläger
ausdrücklich betont, daß der Termin "gut gewählt" sei und er vielleicht mit Anwalt
kommen werde. Während des nunmehr dreieinhalb Jahre dauernden
Berufungsverfahrens hatte der Kläger ausreichend Zeit und Gelegenheit, einen
Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen, so daß die
Beauftragung von Rechtsanwalt Dr. Jahr am 24. Oktober 1994 keinen erheblichen
Grund für eine Terminsverlegung im Sinne des im Verwaltungsstreitverfahren
gemäß § 173 VwGO anwendbaren § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO darstellt. Es ist auch
kein Grund dafür vorgetragen oder sonstwie ersichtlich, daß der Kläger ohne sein
Verschulden verhindert war, selbst den Termin vom 25. Oktober 1994
wahrzunehmen. Die Durchführung des Termins trotz Verlegungsantrags verletzt
somit nicht das Recht des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103
GG).
Soweit der Kläger mit der Berufungsschrift vom 22. April 1991 (Blatt 237 der
Gerichtsakte) hilfsweise die Verpflichtung des "zuständigen staatlichen Organs" zur
Regelsatzerhöhung begehrt, muß dies schon daran scheitern, daß die Beklagte
hierfür nicht passivlegitimiert ist. Gleiches gilt für die vom Kläger gewünschte
verfassungsrechtliche Beanstandung der Erhöhung der Telefongebühren. Die
weiteren Anträge, das geltende Geldsystem und das Engagement der
Bundesrepublik Deutschland im Golfkrieg für verfassungswidrig zu erklären,
entziehen sich offenkundig verwaltungsgerichtlicher Kontrolle.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist danach nur noch die Frage, ob der ab
dem 1. Juli 1990 dem Kläger gewährte Regelsatz in Höhe von monatlich 449,00 DM
zutreffend festgesetzt worden ist und insoweit mit dem Bundessozialhilfegesetz
und höherrangigem Recht im Einklang steht.
Die Festsetzung der Regelsätze unterliegt verwaltungsgerichtlicher Kontrolle
(BVerwGE 25, 307; BVerwG, Urteil vom 25. November 1993 - 5 C 8.90 -, NDV
1994, 155 entgegen der zeitweilig vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen
gegenteiligen Auffassung (NDV 1988, 284), der sich der erkennende Senat im
Beschluß vom 3. August 1992 im Verfahren 9 TP 1050/91 angeschlossen hatte).
Diese Kontrolle ist jedoch eingeschränkt (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom
25. November 1993 a. a. O.). Danach ermächtigen die Regelungen der §§ 22, 114
BSHG die Verwaltung bei der Bemessung der laufenden Leistungen der Hilfe zum
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BSHG die Verwaltung bei der Bemessung der laufenden Leistungen der Hilfe zum
Lebensunterhalt für den Regelfall - insoweit unter Abkehr vom
Individualisierungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 BSHG - zur Generalisierung,
Typisierung und Pauschalierung, die auf tatsächlichen Annahmen und wertenden
Beurteilungen beruhen. Da nach der vom Senat geteilten Auffassung des
Bundesverwaltungsgerichts nicht alle den Bedarf bestimmenden Faktoren genau
feststellbar sind, es vielmehr bei der Beurteilung des notwendigen
Lebensunterhalts im Sinne von § 12 Abs. 1 BSHG Ermittlungs- und
Bewertungstoleranzen gibt, ist von den "Verwaltungsgerichten lediglich zu prüfen,
ob mit der gebotenen Sorgfalt verfahren worden ist ... Die Überprüfung erstreckt
sich dabei in tatsächlicher Hinsicht darauf, ob die Regelsatzfestsetzung sich auf
ausreichende Erfahrungswerte stützen kann ... Soweit es um durch
Generalisierung, Typisierung oder Pauschalierung bedingte Wertungen geht,
genügt - auch dies folgt aus dem Wesen und der Eigenart der der Verwaltung vom
Gesetzgeber zu einem solchen Vorgehen erteilten Ermächtigung - die
Vertretbarkeit der Wertung, damit die Festsetzung der Regelsätze insoweit im
Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle Bestand haben kann" (BVerwG,
Urteil vom 25. November 1993 a. a. O.).
Dieser Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der
verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte bei der Überprüfung von
Regelsatzfestsetzungen schließt sich der erkennende Senat ausdrücklich an, denn
es ist Sache der zuständigen Landesbehörden, die regelsatzrelevanten
Ermittlungen anzustellen und deren Ergebnisse zu bewerten, nicht jedoch der
Verwaltungsgerichtsbarkeit, eigene Ermittlungen und Wertungen denen der vom
Gesetzgeber dazu ermächtigten Landesbehörden voranzustellen. Dies würde die
in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) vorgesehene Verteilung der Gewalten im
Verfassungsgefüge zu Lasten der Legislative und der Exekutive verschieben.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die Festsetzung der Regelsätze trotz
einiger Bedenken, auf die noch einzugehen sein wird, nicht als fehlerhaft.
Aufgrund eines Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom Oktober 1989,
dem Vorarbeiten der Konferenz der Obersten Landessozialbehörden und des
Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vorausgegangen waren,
wurde das Bedarfsbemessungssystem für die Ermittlung der Regelsätze zum 1. Juli
1990 geändert, wobei das als unbefriedigend empfundene Bedarfsmengenschema
nach dem sogenannten Warenkorbmodell (modifiziert durch den sogenannten
alternativen Warenkorb 1985) durch das sogenannte Statistik-Modell ersetzt
wurde. Hierbei soll sich die Bedarfsbemessung am Ausgaben- und
Verbrauchsverhalten von Haushalten unterer Einkommensgruppen orientieren,
deren Einkommen deutlich über der Sozialhilfeschwelle liegt. Grundlage der
Bedarfsbemessung waren die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Daten der
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) von 1983 (die in der EVS von 1988
gewonnenen Daten waren erst 1992 ausgewertet, so daß sie der
Bedarfsbemessung für die Zeit ab 1. Juli 1990 nicht zugrundegelegt werden
konnten). Für den Teilbereich Haushaltsenergie wurden Verbrauchsdaten der
Haushaltskundenbefragung der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW)
herangezogen, die allerdings auf Mehr-Personen-Haushalte abstellten. Die
solchermaßen gewonnenen Daten wurden der Preisentwicklung angepaßt, wie sich
der Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und
Sozialordnung vom 28. Juli 1994 entnehmen läßt, wobei die Differenz zwischen
dem bis 30. Juni 1990 geltenden Eckregelsatz von 426,00 DM und dem aufgrund
der Preisentwicklung ermittelten Regelsatzwert von 455,00 DM (sogenanntes
Strukturvolumen) in Anlehnung an die beabsichtigte Einführung der
Bedarfsbemessung nach dem Statistik- Modell in drei Stufen gedrittelt wurde.
Nach weiterer Fortschreibung wurde auf diese Weise der ab 1. Juli 1990 gültige
Regelsatz in Höhe von 449,00 DM ermittelt. Für die Ermittlung der Preisentwicklung
hatte der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge der
Ministerpräsidentenkonferenz alternativ zum allgemeinen Lebenshaltungsindex
aller privaten Haushalte den regelsatzrelevanten Verbrauch in Haushalten des
Haushaltstyps 1 (Zwei-Personen-Haushalt von Rentnern oder
Sozialhilfeempfängern) vorgeschlagen. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat sich
aus fiskalischen Erwägungen für die Orientierung am allgemeinen Preisindex
entschieden, weil die vom Deutschen Verein vorgeschlagene Alternative zu
deutlich höheren Regelsätzen geführt hätte (vgl. Schellhorn, NDV 1989, 157 ff.;
NDV 1990, 14 ff.; B. Schulte, NVwZ 1990, 1146 ff.).
Diese Vorgehensweise begegnet insofern Bedenken, als die Orientierung an der
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Diese Vorgehensweise begegnet insofern Bedenken, als die Orientierung an der
Preisentwicklung für den Personenkreis des Haushaltstyps 1 systemgerechter im
Hinblick auf das Statistik-Modell gewesen wäre. Auch ist die Drittelung des
Strukturvolumens von 29,00 DM mit Rücksicht auf die dreistufig geplante
Einführung des neuen Bedarfsbemessungssystems dem sozialhilferechtlichen
Grundsatz der Bedarfsdeckung (§ 3 Abs. 1 BSHG) fremd.
Gleichwohl greifen diese Bedenken im Ergebnis nicht durch. Dem Hessischen
Sozialministerium standen 1989 und 1990 nach der grundsätzlichen Entscheidung
für das Statistik-Modell die Erfahrungswerte aus der EVS 1983 i. V. m. den
Vorarbeiten des Deutschen Vereins zur Verfügung. Diese Erfahrungswerte sind als
ausreichend anzusehen im Sinne der Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts,
welches allerdings im Urteil vom 25. November 1993 (a. a. O.) noch über die
Regelsatzbemessung nach dem alternativen Warenkorbmodell 1985 zu befinden
hatte. Die Entscheidung für die Hochrechnung nach dem allgemeinen Preisindex
hält sich noch im Rahmen der vertretbaren Bewertung; und die Drittelung des
Strukturvolumens, welche im Ergebnis zu einer monatlichen Differenz von 6,00 DM
der ermittelten zur tatsächlich festgesetzten Regelsatzhöhe geführt hat, liegt
innerhalb des den zuständigen Landesbehörden eingeräumten Pauschalierungs-
und Gestaltungsrahmens (ebenso OVG Bremen - 2 N 1.90 -, NDV 1991, 264 ff.).
Die in der Fachwelt wiederholt geäußerten Bedenken gegen die Methode der
Bedarfsermittlung, das heißt die nicht durchgehende Anwendung des
Statistikmodells sind rechts- und sozialpolitischer Art, jedoch nicht rechtlich-
justiziabler Natur (so auch OVG Bremen a. a. O., m. w. N.). Es ist auch zu
berücksichtigen, daß nach dem sogenannten Abstandsgebot in § 22 Abs. 3 Satz 2
BSHG bei der Festsetzung der Regelsätze darauf Bedacht zu nehmen ist, daß sie
zusammen mit den Durchschnittsbeträgen für die Kosten der Unterkunft unter
dem im Geltungsbereich der jeweiligen Regelsätze erzielten durchschnittlichen
Netto-Arbeitsentgelt unterer Lohngruppen einschließlich Kindergeld und Wohngeld
bleiben. Sinn des Abstandsgebotes ist nicht die Ausgrenzung und Diskriminierung
von Sozialhilfeempfängern, sondern die sachgerechte Überlegung, daß es für
diesen Personenkreis attraktiv bleiben muß, sich durch Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit unabhängig von Sozialhilfe zu machen, wie es der Zielvorgabe
des § 1 Abs. 2 Satz 2 BSHG entspricht. Insoweit steht das Abstandsgebot mit dem
Bedarfsdeckungsprinzip in enger inhaltlicher Verknüpfung, denn es ist gemäß § 1
Abs. 2 Satz 1 BSHG Aufgabe der Sozialhilfe, eine menschenwürdige Existenz zu
sichern, nicht jedoch, wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 25.
November 1993 (a. a. O.) zutreffend hervorhebt, dem Bedürftigen die Mittel zur
Führung einer Existenz auf dem Niveau eines durchschnittlichen Lebensstandards
zur Verfügung zu stellen (vgl. dazu auch Wienand, NDV 1994, 157).
Auch ein Verstoß gegen § 114 Abs. 1 BSHG ist nicht erkennbar. Insbesondere ist
er nicht darin zu sehen, daß dem vom Hessischen Sozialministerium angehörten
Gremium zur Hälfte Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und des
Landeswohlfahrtsverbandes Hessen, mithin Vertreter der Kostenträger angehören,
denn an der sozialen Erfahrung der angehörten Personen ändert sich dadurch
nichts, und im übrigen sind die sozialerfahrenen Personen (aller Richtungen)
lediglich zu "hören", haben jedoch keine Entscheidungskompetenz. Jedenfalls ist §
114 Abs. 1 BSHG nichts für eine bestimmte Zusammensetzung und bestimmte
Mehrheitsverhältnisse in dem Landesbeirat zu entnehmen.
Das vom Kläger zur Stützung seines Anspruchs auf Gewährung eines höheren
Regelsatzes angeführte Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) vermag seinem
Begehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Bundessozialhilfegesetz und die
aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sind Umsetzungen des durch
das Sozialstaatsprinzip erteilten Verfassungsauftrags. Insbesondere die vom
Kläger für notwendig erachtete Umschichtung der Staatsausgaben zugunsten
sozialstaatlich gebotener Aufgaben läßt sich dem Sozialstaatsprinzip so nicht
entnehmen. Dieses richtet sich in erster Linie an den Gesetzgeber und ist für die
Exekutive und Judikative hauptsächlich eine wichtige Interpretationsmaxime. Ihm
wohnt wie jeder verfassungsrechtlichen Grundsatzentscheidung ein
Optimierungsgebot inne, das sich allerdings dadurch zwangsläufig relativiert, daß
andere Verfassungsprinzipien wie zum Beispiel das sich aus Art. 109 GG
ergebende Gebot ordnungsgemäßer Haushalts- und Finanzplanung einer
Optimierung der Sozialausgaben Grenzen setzen und ihrerseits nach
"Optimierung" verlangen. Es ist deshalb dem OVG Bremen (a. a. O) beizupflichten,
wenn es betont: "Der Spielraum beim Ansatz von Haushaltsmitteln für die
Aufgaben der Sozialhilfe ist erst dann überschritten, wenn die dafür vorgesehenen
Mittel und dementsprechend die vorgesehenen Leistungen erkennbar und
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Mittel und dementsprechend die vorgesehenen Leistungen erkennbar und
eindeutig (evident) zur Erfüllung der sozialen Verpflichtungen des Staates
gegenüber in Not geratenen Mitbürgern unzureichend sind." Hiervon kann
bezogen auf den Kläger - auch als Akademiker - nicht ausgegangen werden.
Eine Bestimmung der Regelsätze auf unmittelbarer gesetzlicher Grundlage, wie sie
der Kläger ebenfalls für wünschenswert hält, ist verfassungsrechtlich nicht geboten
und im übrigen für sein im vorliegenden Verfahren verfolgtes Begehren auch
unerheblich (ebenso OVG Bremen a. a. O.), weil sich hieraus keine
Schlußfolgerungen für oder gegen die Festsetzung eines höheren Regelsatzes
ziehen lassen.
Schließlich kann das vom Kläger immer wieder bemühte Geldsystem, welches
nach seiner Auffassung verfassungswidrig sein soll, zu keiner anderen Sicht der
Dinge führen, denn unabhängig davon, daß das Währungssystem nur global, falls
überhaupt für wünschenswert erachtet, geändert werden könnte und
Bundesregierung und Bundesbank hierauf kaum Einfluß nehmen könnten, entzieht
sich diese Frage verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Im übrigen ist nicht
nachvollziehbar, wieso die durch eine Änderung des Geldsystems möglicherweise
freiwerdenden Mittel dem Sozialleistungsbereich zu Gute kommen sollten und
nicht z. B. zum Abbau der Staatsverschuldung verwendet werden müßten.
Gleiches gilt für das vom Kläger gerügte finanzielle Engagement der
Bundesrepublik im Golfkrieg.
Die vom Kläger gewünschte Vorlage der Rechtssache an das
Bundesverfassungsgericht kommt nicht in Betracht, weil aus den vorgenannten
Gründen der Senat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Festsetzung
der Regelsätze zum 1. Juli 1990 hat.
Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO
i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.