Urteil des HessVGH vom 16.09.1987

VGH Kassel: gericht erster instanz, aufwendungen für die herstellung, verordnung, firma, reparaturkosten, gemeinde, wasser, versorgung, anpassung, öffentlich

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 UE 1176/87
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 12 KAG HE, § 10 Abs 4
AVBWasserV vom
20.06.1980, § 35 Abs 1
Halbs 1 AVBWasserV vom
20.06.1980, § 130 Abs 1 Nr
1 VwGO
(Erstattungsfähige Kosten bei Reparatur einer
Wasseranschlußleitung - hier: Rohrbruch)
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer des Hausgrundstücks Am R. 8 im Ortsteil V. der
Beklagten. Nach Durchführung einer Reparatur an der Wasseranschlußleitung
dieses Grundstücks, die der Behebung einer Undichtigkeit im Bereich der
Verschraubung zwischen Anschlußstutzen und weiterführender
Grundstückszuleitung diente und der eine aufwendige Suche nach dem für die
aufgetretenen Wasserverluste verantwortlichen "Leck" vorausgegangen war, zog
die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 5. August 1983, gestützt auf § 12 des
Hessischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) und die hierauf beruhenden
Bestimmungen ihres Satzungsrechts, zu Kosten in Höhe von 11.033,39 DM heran.
Diese Kosten setzten sich nach der im Bescheid gegebenen Aufstellung wie folgt
zusammen:
1. Kosten in Höhe von 1.132,89 DM für "Straßenbauarbeiten" gemäß
Rechnung der Firma .., vom 20. April 1983,
2. Kosten in Höhe von 433,24 DM für den Einsatz eines elektrischen
Lecksuchgeräts am 12. April 1983 gemäß Rechnung der Firma .., vom 9. Mai 1983,
3. Kosten in Höhe von 7.097, 26 DM für "Erdarbeiten zur Aufsuchung eines
Wasserrohrbruchs" gemäß Rechnung der Firma .., vom 25. April 1983,
4. Kosten in Höhe von 181,42 DM für die Reparatur des Wasseranschlusses
Grundstück W. gemäß Rechnung der Firma .., vom 29. April 1983,
5. Kosten in Höhe von 1.943,63 DM für "55 Arbeitsstunden
Gemeindearbeiter zur Lecksuche" und "10 Betriebsstunden Bagger" gemäß
Rechnung der Beklagten vom 19. Mai 1983, sowie schließlich
6. Kosten in Höhe von 244,95 DM für "Lecksuche am 17. Dezember 1982"
gemäß Rechnung des Wasserverbandes Mittelhessische Wasserwerke vom 23.
Dezember 1982.
Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch und, nachdem die Beklagte den
Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 1983 zurückgewiesen
hatte, am 5. Dezember 1983 Klage. Er vertrat die Auffassung, daß die von der
Beklagten geltend gemachten Aufwendungen nicht auf ihn abgewälzt werden
dürften. Dies gelte insbesondere für die von der Firma P. in Rechnung gestellten
Kosten der Lecksuche. Die diesen Kosten zugrundeliegenden Arbeiten seien allein
auf eine Mängelrüge der Beklagten hin durchgeführt worden und damit im Rahmen
des Werkvertrages über die Herstellung des Wasserversorgungssystems im
Neubaugebiet Am R. angefallen. Des weiteren sei die Beklagte ihrer Pflicht, den
Schaden so kostengünstig wie möglich zu beheben, nicht nachgekommen. Hätte
sie sogleich das Lecksuchgerät eingesetzt, wären nur geringe Aufwendungen
angefallen. Im übrigen lasse sich aus dem Heranziehungsbescheid, den einzelnen
Rechnungen und dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, wann die
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Rechnungen und dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, wann die
einzelnen Firmen tätig gewesen und welche Arbeiten konkret durchgeführt worden
seien.
Der Kläger beantragte,
den Bescheid der Beklagten vom 5. August 1983 in der Fassung ihres
Widerspruchsbescheides vom 8. November 1983 aufzuheben.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Sie vertrat unter Hinweis auf § 12 KAG und § 15 ihrer Wasserbeitrags- und -
gebührensatzung vom 23. November 1981 (im folgenden: WBGS) die Auffassung,
daß sie ihre gesamten Aufwendungen von dem Kläger erstattet verlangen könne.
Um die Reparatur der Hausanschlußleitung überhaupt durchführen zu können,
habe zuvor die undichte Stelle gefunden werden müssen. Alle dabei angefallenen
Kosten seien ihr als Reparaturkosten zu erstatten. Die bei der Lecksuche
entstandenen Aufwendungen seien unvermeidbar gewesen. Auch in der zeitlichen
Reihenfolge der Arbeiten habe nichts anders oder besser gemacht werden können.
Das Verwaltungsgericht hob mit Urteil vom 11. März 1987 die angefochtenen
Bescheide auf. In den Entscheidungsgründen ist zur Begründung ausgeführt, daß
es für die Heranziehung des Klägers zu den Kosten der Reparatur der
Hausanschlußleitung keine gültige Rechtsgrundlage gebe. Die im Satzungsrecht
der Beklagten vorgesehene Kostenerstattungspflicht für Reparaturmaßnahmen an
Hausanschlußleitungen widerspreche den Bestimmungen der Verordnung über
Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20.
Juni 1980, BGBl. I S.750. § 10 Abs. 4 AVBWasserV, der die Erstattungstatbestände
abschließend regele, sehe bei Reparaturen an Hausanschlußleitungen keine
Kostenerstattung vor. Die Beibehaltung weitergehender
Kostenerstattungsregelungen in den Versorgungsbestimmungen sei nach § 10
Abs. 6 AVBWasserV nur dann möglich, wenn das Eigentum am Hausanschluß
abweichend von § 10 Abs. 3 AVBWasserV geregelt sei. Das Satzungsrecht der
Beklagten treffe jedoch in diesem Punkt keine abweichende Regelung. Die
Beklagte sei nach § 35 AVBWasserV auch verpflichtet gewesen, ihre
Satzungsbestimmungen über die Erstattung von Hausanschlußkosten an die
vorgenannte Verordnung anzupassen. Sie könne sich nicht auf § 35 Abs. 1 2.
Halbsatz AVBWasserV berufen, wonach sich die Anpassungspflicht nicht auf die
gemeinderechtlichen Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts erstrecke. Die
Kostenerstattungsregelung im Satzungsrecht der Beklagten sei keine
gemeinderechtliche Vorschrift zur Regelung des Abgabenrechts, denn bei der
Kostenerstattung handele es sich nicht um eine Abgabe. Die Kammer schließe
sich insoweit der Rechtsprechung des OVG Münster (Urteil vom 22. Juli 1986 - 2 A
1211/85) an. Soweit § 35 Abs. 1 1. Halbsatz AVBWasserV die Anpassungspflicht
auf eine den Bestimmungen der Verordnung "entsprechende" Gestaltung
beschränke und damit Raum für Abweichungen lasse, die durch die öffentlich-
rechtliche Natur der Versorgungsverhältnisse sachlich geboten seien, führe auch
dies zu keinem anderen Ergebnis; denn der satzungsmäßig festgelegte Anspruch
der Beklagten auf Erstattung aller Aufwendungen für die Wasseranschlußleitungen
lasse sich nicht als öffentlich-rechtlich bedingte Abweichung von der Regelung in §
10 Abs. 4 AVBWasserV rechtfertigen. Auf § 12 KAG lasse sich eine von § 10 Abs. 4
AVBWasserV abweichende Satzungsregelung nicht mehr stützen, denn die
bundesrechtliche Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung
mit Wasser gehe auch dem Landesgesetz vor.
Gegen dieses Urteil, welches ihr am 30. März 1987 zugestellt worden ist, hat die
Beklagte am 21. April 1987 Berufung eingelegt. Sie vertritt im Berufungsverfahren
die Auffassung, daß die durch § 12 KAG eröffnete Möglichkeit der Kostenerstattung
für Arbeiten an Hausanschlußleitungen nicht durch § 10 Abs. 4 AVBWasserV
eingeschränkt worden sei. Die Regelungen über die Kostenerstattung seien als im
weiteren Sinne abgaberechtliche Regelungen anzusehen und unterlägen damit
nach § 35 AVBWasserV nicht der Pflicht zur Anpassung an die Bestimmungen
dieser Verordnung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 11. März 1987 - 11/2 E
899/83 abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Auf die Berufung der Beklagten ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die
Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht
zurückzuverweisen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht mit der
Begründung stattgegeben, daß die angefochtene Heranziehung zu den Kosten der
Reparatur der Hausanschlußleitung nicht auf eine wirksame
Kostenerstattungsregelung im Satzungsrecht der Beklagten gestützt werden
könne und somit schon aus diesem Grunde aufzuheben sei, ohne daß es auf die
Prüfung der weiteren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen ankomme.
Die Behebung der im Bereich der Verschraubung zwischen Anschlußstutzen und
weiterführender Grundstückszuleitung bestehenden Undichtigkeit der
Wasseranschlußleitung stellte - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - eine
"Reparatur" dar. Für derartige Reparaturmaßnahmen sieht das Satzungsrecht der
Beklagten die Verpflichtung des Grundstückseigentümers zur Kostenerstattung
vor. Nach § 10 Abs. 2 der Allgemeinen Wasserversorgungssatzung der Beklagten
vom 23. November 1981 (im folgenden: AWS) läßt die Gemeinde - gegebenenfalls
durch einen von ihr zu beauftragenden Unternehmer - die
Wasseranschlußleitungen herstellen, erneuern, verändern, unterhalten und
gegebenenfalls beseitigen (stillegen). Alle damit verbundenen Aufwendungen - mit
Ausnahme der Anschaffungs- und Reparaturkosten für den im Eigentum der
Gemeinde stehenden Wasserzähler selbst - hat der Grundstückseigentümer der
Gemeinde in vollem Umfang nach näherer Bestimmung in der Wasserbeitrags-
und -gebührensatzung zu erstatten. Demgemäß bestimmt § 15 Abs. 1 WBGS, daß
der Aufwand "für die Herstellung, Änderung, Erneuerung, Unterhaltung, Reparatur
oder Beseitigung (Stillegung) der Wasseranschlussleitung .. der Stadt/Gemeinde
zu erstatten" ist. Die Beklagte hat mit dieser Regelung von der gesetzlichen
Ermächtigung in § 12 KAG Gebrauch gemacht, derzufolge die Gemeinden und
Landkreise bestimmen können, daß ihnen die Aufwendungen für die Herstellung,
Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung
eines Grundstücksanschlusses an Versorgungsleitungen und
Entwässerungsanlagen in der tatsächlich entstandenen Höhe oder nach
Einheitssätzen erstattet werden. Durch die vorgenannte gesetzliche Ermächtigung
gedeckt ist auch die Erstreckung des Kostenerstattungsanspruchs auf die Kosten
einer Reparatur, denn die Durchführung von Reparaturen und
Instandsetzungsarbeiten gehört zur U n t e r h a l t u n g der Anlage (vgl. für die
insoweit gleichlautende Bestimmung des § 10 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen
KAG: Driehaus in Dahmen/Driehaus/Küffmann/ Wiese, Kommentar zum
Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 3. Auflage 1981, § 10
Rdnr. 12).
Soweit das Satzungsrecht der Beklagten die Kosten von Reparaturarbeiten an der
Wasseranschlußleitung in die Erstattungspflicht miteinbezieht, steht dem
entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die Bestimmung des § 10 Abs.
4 AVBWasserV nicht entgegen. § 10 Abs. 4 AVBWasserV beschränkt den
Kostenerstattungsanspruch der Wasserversorgungsunternehmen auf die
Aufwendungen für die Erstellung des Hausanschlusses und solche Veränderungen,
die durch eine Änderung oder Erweiterung der Versorgungsanlage erforderlich
oder aus anderen Gründen von ihm veranlaßt werden. Nicht zu erstatten sind nach
dieser Vorschrift unter anderem die Kosten für Reparaturarbeiten an der
Wasseranschlußleitung. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, daß dies gem.
§ 35 AVBWasserV zur Ungültigkeit der im Satzungsrecht der Beklagten
enthaltenen Kostenerstattungsregelung führe, soweit dort abweichend von § 10
Abs. 4 AVBWasserV unter anderem die Kosten für Reparaturarbeiten in die
Erstattungspflicht einbezogen seien.
Denn nach § 35 Abs. 1 1. Halbsatz AVBWasserV seien Rechtsvorschriften, die - wie
die hier in Rede stehenden Satzungsbestimmungen der Beklagten - das
Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, "den Bestimmungen dieser
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Versorgungsverhältnis öffentlich-rechtlich regeln, "den Bestimmungen dieser
Verordnung entsprechend zu gestalten". Das Verwaltungsgericht hat sich damit
der Meinung angeschlossen, die - bezogen auf die Kostenerstattungsregelung in §
10 des nordrhein-westfälischen KAG und die darauf fußenden
Satzungsbestimmungen - auch das OVG Münster vertritt (vgl. Urteil vom 22. Juli
1986 - 2 A 1211/85 -, KStZ 1987 S. 52 ff.). Diese Auffassung vermag jedoch der
Senat nicht zu teilen. Denn von der gem. § 35 Abs. 1 1. Halbsatz AVBWasserV
bestehenden Pflicht zur Anpassung der öffentlich-rechtlichen Rechtsvorschriften an
diese Verordnung sind gem. § 35 Abs. 1 2. Halbsatz AVBWasserV "die Regelungen
des Verwaltungsverfahrens sowie gemeinderechtliche Vorschriften zur Regelung
des Abgabenrechts" ausgenommen. Zu den letztgenannten Vorschriften gehören
aber auch die Hausanschlußkostenregelungen im Satzungsrecht der kommunalen
Gebietskörperschaften und Zweckverbände (so zutreffend: Odenthal in seiner
Urteilsanmerkung zum vorgenannten Urteil des OVG Münster, KStZ 1987 S. 54,
ferner Morell, Kommentar zur Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die
Versorgung mit Wasser, Erl. Buchst. e zu § 35 Abs. 1 AVBWasserV, sowie BayVGH,
Urteil vom 22. August 1986 - 23 B 85 A. 446 - , NVwZ 1987 S. 729 f.). Daß es sich
bei Hausanschlußkosten begrifflich nicht um "Abgaben" handelt, ist unerheblich.
Denn in § 35 Abs. 1 2. Halbsatz AVBWasserV ist nicht von "Abgaben", sondern von
"gemeinderechtlichen Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts" die Rede. Als
die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser
ausgearbeitet und dann mit Zustimmung des Bundesrates erlassen wurde, waren
die Rechtsfragen der Erstattung von Hausanschlußkosten allenthalben in den
Kommunalabgabengesetzen geregelt. Das "Recht", das bezüglich von
Erstattungsansprüchen der Gemeinden bestand, gehörte deshalb zum
"Abgabenrecht". Eine den Kostenerstattungsanspruch nach § 12 KAG
einbeziehende Auslegung des Begriffs der "abgaberechtlichen Vorschriften" hat
der Senat bereits bei der Anwendung des § 20 des hessischen Gesetzes über
kommunale Gemeinschaftsarbeit vom 16. Dezember 1969, GVBl. I S. 307 (KGG),
befürwortet. Wenn es in dieser Vorschrift heißt, daß der Zweckverband nach den
für die übertragenen Aufgaben geltenden abgaberechtlichen Vorschriften
Gebühren und Beiträge erhebt, so schließt dies, wie in dem Senatsbeschluß vom
23. August 1982 - V OE 32/80 (HSGZ 1982 S. 348 = HessVGRspr. 1983 S.10) im
einzelnen ausgeführt ist, die Befugnis zur Erhebung von Hausanschlußkosten auf
der Grundlage des § 12 KAG ein. Eine entsprechende Auslegung ist bei dem Begriff
der gemeinderechtlichen Vorschriften "zur Regelung des Abgabenrechts" in § 35
AVBWasserV geboten. Für die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung spricht
auch die Überlegung, daß es die Rücksichtnahme auf die Regelungskompetenz der
Länder war, die den Bundeswirtschaftsminister veranlaßt hat, die
gemeinderechtlichen Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts nicht der
Pflicht zur Anpassung an die Bestimmungen der Verordnung über Allgemeine
Bedingungen für die Versorgung mit Wasser zu unterwerfen. Die Regelung des
Kostenerstattungsanspruchs, der eine Alternative zur Abrechnung der
Aufwendungen für Hausanschlußleitungen über das Beitrags- oder
Gebührenaufkommen darstellt, fällt aber zumindest als "Annex" zu den
abgaberechtlichen Regelungen unter die Regelungskompetenz der Länder. Auch
aus diesem Grunde ist davon auszugehen, daß sich die Pflicht zur Anpassung nach
§ 35 AVBWasserV nicht auf die in den Kommunalabgabengesetzen der Länder
geregelten Kostenerstattungsansprüche hat beziehen sollen.
Da der angefochtene Heranziehungsbescheid auf eine gültige
Kostenerstattungsregelung im Satzungsrecht der Beklagten gestützt werden
kann, kommt es für die Frage, ob der Bescheid dem Grunde und der Höhe nach
letztlich Bestand hat oder nicht, auf die Prüfung seiner weiteren
Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen an. Der Senat sieht davon ab, diese
Voraussetzungen, die von dem Verwaltungsgericht noch nicht überprüft worden
sind, zu erörtern. Er macht vielmehr von der Möglichkeit Gebrauch, den
Rechtsstreit in entsprechender Anwendung des § 130 Abs. 1 Nr. 1 VwGO an das
Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. Durch eine solche Zurückverweisung soll,
wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 30. April 1980 - V OE 38/79 -,
ausgeführt hat, sichergestellt werden, daß den Beteiligten auch hinsichtlich der
Streitpunkte, um die sie im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem
erstinstanzlichen Gericht ausschließlich gestritten haben, der volle
verwaltungsgerichtliche Instanzenzug erhalten bleibt. Die Regelung des § 130 Abs.
1 Nr. 1 VwGO beschränkt sich ihrem Sinngehalt nach keineswegs auf Fälle, in
denen das Gericht erster Instanz eine Klage durch Prozeßurteil (als unzulässig)
abgewiesen hat, ohne zur Sache entschieden zu haben. Vielmehr ist insbesondere
in der Rechtsprechung anerkannt und geklärt, daß eine Zurückverweisung nach
dieser Vorschrift auch in Betracht kommt, wenn das Verwaltungsgericht einer
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dieser Vorschrift auch in Betracht kommt, wenn das Verwaltungsgericht einer
Klage aus sachlich-rechtlichen Gründen stattgegeben hat, dabei jedoch zu einer
Überprüfung der angegriffenen Maßnahme deswegen nicht gekommen ist, weil es
das Vorhandensein einer wirksamen Rechtsgrundlage für diese Maßnahme
verneint und seine Entscheidung allein auf diesen Grund gestützt hat. Ist das
Berufungsgericht insoweit anderer Ansicht oder wurde die Rechtsgrundlage erst
nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geschaffen, so steht es im
Ermessen des Berufungsgerichts, nunmehr unmittelbar zur Sache zu entscheiden
oder aber den Rechtsstreit zur Klärung der übrigen
Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der angegriffenen Maßnahme an das
Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, um den Beteiligten auch hinsichtlich dieses
Streitstoffs den vollen Instanzenzug zu erhalten (vgl. Bundesverwaltungsgericht,
Urteile vom 13. Dezember 1958 - BVerwG VI C 198, 56 - , MDR 1959 S. 236, und
vom 26. Mai 1971 - BVerwG VI C 39.68, BVerwGE 38 S. 139 ff., 146; OVG
Lüneburg, Urteil vom 27. September 1978, KStZ 1979 S. 98; OVG Münster, Urteile
vom 4. Januar 1978 - II A 79/77 - und vom 12. Oktober 1978 - II A 1760/78).
Auch im vorliegenden Verfahren sieht es der Senat in Ausübung des ihm
eingeräumten Ermessens als sachgerecht an, den Rechtsstreit an das Gericht
erster Instanz zurückzuverweisen, denn die Sache ist noch nicht entscheidungsreif.
Ausgehend von der Gültigkeit der Kostenerstattungsregelung im Satzungsrecht
der Beklagten wird zwar dem Grunde nach der Anspruch der Beklagten auf
Erstattung der ihr entstandenen Reparaturkosten zu bejahen sein. Es ist nicht
ersichtlich, daß der Anspruch etwa deshalb ausgeschlossen sein sollte, weil der die
Reparaturkosten auslösende Schaden auf mangelhafte
Leitungsverlegungsarbeiten der Beklagten bei der seinerzeitigen Herstellung des
Hausanschlusses zurückginge und damit in deren Verantwortungsbereich fiele
(vgl. zum Ausschluß des Kostenerstattungsanspruchs in solchen Fällen:
Senatsurteil vom 1. April 1987 - 5 OE 99/83 - , HessVGRspr. 1987 S.73 ff.). Sollten
sich hierfür wider Erwarten im weiteren Verfahren doch noch Anhaltspunkte
ergeben, so müßte dem gegebenenfalls noch nachgegangen werden. Unabhängig
davon bedarf aber jedenfalls die Höhe des streitigen Erstattungsanspruchs noch
der Klärung. Fest steht lediglich, daß die von der Beklagten erhobene
Erstattungsforderung, wie der Kläger zu Recht rügt, überhöht ist. In ihr sind Kosten
enthalten, die der Beklagten anläßlich der "Lecksuche" im Herbst 1982 und im
Frühjahr 1983 entstanden sind. Diese Kosten gehören nicht zu den nach §§ 10
Abs. 2 AWS, 15 Abs. 2 WBGS in Verbindung mit § 12 KAG erstattungsfähigen
Kosten einer Reparatur der Wasseranschlußleitung. Als reparaturbedingt sind
lediglich die Aufwendungen anzusehen, die gemacht wurden, um die Undichtigkeit
an der Hausanschlußleitung zu beheben, also die eigentlichen Reparaturkosten,
wie sie in der Rechnung der Firma ..., vom 29. April 1983 ausgewiesen sind, ferner
die mit der Freilegung der Schadens- und Reparaturstelle verbundenen Kosten
sowie schließlich die Kosten für die anschließende Verfüllung der Baugrube und die
Wiederherstellung der Straßenoberfläche. Mit der Reparatur der
Hausanschlußleitung des klägerischen Grundstücks nichts zu tun haben hingegen
die im Herbst 1982 begonnenen Maßnahmen der "Lecksuche", die unter anderem
darin bestanden, den Hauptleitungsstrang zu Beginn und Ende der Straße, einen
Hydranten sowie drei Anschlußstutzen für noch unbebaute Grundstücke
freizulegen und zu untersuchen. Eine "reparaturvorbereitende" Tätigkeit,
vergleichbar dem Aufgraben der Schadens- und Reparaturstelle, kann in diesen
Maßnahmen nicht gesehen werden, da sie der Überprüfung der Dichtigkeit der
Hauptleitung und a n d e r e r Anschlußleitungen, nicht aber der Behebung des
später tatsächlich festgestellten Schadens dienten. Die Formulierung in § 10 Abs.
2 Satz 2 AWS, daß im Falle von Herstellungs-, Erneuerungs-, Veränderungs-,
Unterhaltungs- und - gegebenenfalls - Beseitigungsarbeiten der
Grundstückseigentümer a l l e damit verbundenen Aufwendungen - mit
Ausnahme der Anschaffungs- und Reparaturkosten für den im Eigentum der
Gemeinde stehenden Wasserzähler selbst - der Gemeinde in v o l l e m Umfange
zu erstatten habe, darf nicht zu der Annahme verleiten, damit seien auch
Aufwendungen, die - wie hier v o r der eigentlichen Reparatur bei der Suche nach
dem Schaden anfielen, in die Erstattungspflicht einbezogen. Daß dies nicht
gemeint sein kann, zeigt die sich anschließende Klarstellung in § 10 Abs. 2 Satz 3
AWS, wonach zu den erstattungsfähigen Aufwendungen auch "die Ausgaben für
die Wiederherstellung des alten Zustandes auf den durch die Arbeiten in Anspruch
genommenen Flächen" gehören. Aufwendungen, die nicht wenigstens in diesem
Sinne "Begleitkosten" der eigentlichen Reparatur sind, hat der Satzungsgeber
ersichtlich nicht für erstattungsfähig erklären wollen. Dergleichen wäre auch durch
die gesetzliche Ermächtigung im Kommunalabgabengesetz nicht gedeckt. Damit
dürfte sich die Erstattungsforderung der Beklagten beträchtlich reduzieren. Um die
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dürfte sich die Erstattungsforderung der Beklagten beträchtlich reduzieren. Um die
genaue Forderungshöhe bestimmen zu können, bedarf es noch der Klärung,
welche Kosten auf die Freilegung der Schadensstelle und die sich an die Reparatur
anschließenden Arbeiten der Wiederverfüllung der Baugrube und der
Wiederherstellung der Straßenoberfläche - diese Kosten sind ebenso wie die in der
Rechnung der Firma ... ausgewiesenen Reparaturkosten erstattungsfähig -
entfielen. Klarheit war in diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung am 16.
September 1987 nicht zu erzielen. Der Kläger ist in seinem Widerspruchsschreiben
vom 23. August 1983 anscheinend davon ausgegangen, daß sich die Rechnung
der Firma ... vom 20. April 1983 über 1.202,04 DM auf - erstattungsfähige - Erd-
und Straßenbauarbeiten bei der Durchführung der Reparatur beziehe.
Demgegenüber hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung gemutmaßt, die
genannten "Begleitarbeiten" müßten entweder von Gemeindearbeitern oder von
der Firma ... vorgenommen worden sein, und infolgedessen seien die darauf
entfallenden Kosten entweder in der Rechnungsaufstellung der Gemeinde vom 19.
Mai 1983 oder in der Abrechnung der Firma ... vom 25. April 1983 enthalten. Der
Beklagten wird es im weiteren Verfahren obliegen, die fraglichen Kosten anhand
ihrer Unterlagen nachvollziehbar darzulegen. Hiervon wird dann abhängen, in
welcher Höhe ihre Kostenerstattungsforderung begründet ist. Als eindeutig
erstattungsfähig stehen - wie gesagt - bislang lediglich die in der Rechnung der
Firma ... vom 29. April 1983 ausgewiesenen Kosten fest.
Wegen der zur Zurückverweisung der Sache führenden Entscheidung, daß die
Kostenerstattungsregelung in den Kommunalabgabengesetzen der Länder und die
darauf fußenden Satzungsbestimmungen als "gemeinderechtliche Vorschriften zur
Regelung des Abgabenrechts" im Sinne des § 35 Abs. 1 2. Halbsatz AVBWasserV
anzusehen sind und als solche nicht der Pflicht zur Anpassung an die
Bestimmungen dieser Verordnung unterliegen, hat der Senat die Revision an das
Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Da zu der genannten Rechtsfrage in der
obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Standpunkte vertreten werden,
hat die Sache grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts kann der einheitlichen Auslegung und Anwendung der
vorgenannten Verordnung förderlich sein.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten die Revision an das
Bundesverwaltungsgericht zu. Die Revision ist innerhalb eines Monats nach
Zustellung dieser Entscheidung durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer
an einer deutschen Hochschule schriftlich beim Hessischen
Verwaltungsgerichtshof in Kassel, Brüder-Grimm-Platz 1, einzulegen und
spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Die Revision muß die
angefochtene Entscheidung bezeichnen. Die Revisionsbegründung oder die
Revision muß einem bestimmten Antrag enthalten die verletzte Rechtsnorm und,
soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den
Mangel ergeben.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.