Urteil des HessVGH vom 07.09.2006

VGH Kassel: öffentlich, amtshandlung, daten, genehmigung, verfügung, gebühr, erstellung, kataster, verkehr, rückgabe

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 UE 3215/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 MWVLVwKostO HE, § 1
VwKostG HE
(Vermessungsgebühren - Nutzung von
Vermessungsschriften für Folgeauftrag)
Leitsatz
Nutzt ein öffentlich bestellter Vermessungsingenieur von ihm gewonnene
Vermessungsschriften, die er dem Katasteramt zur Fortschreibung des
Liegenschaftskatasters einzureichen hat, für einen Folgeauftrag, so erfüllt die
Genehmigung der Nutzung durch das Katasteramt den Gebührentatbestand des
Bereitstellens von Vermessungsschriften gemäß Nr. 7174 des Kostenverzeichnisses zur
Verwaltungskostenordnung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft,
wobei die Genehmigung auch mit dem Erlass eines Kostenbescheides zum Ausdruck
gebracht werden kann.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt
vom 18. Februar 2004 - 2 E 2964/00 (4) - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der
festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts Darmstadt, mit dem dieses den Kostenbescheid des
Katasteramtes Heppenheim vom 17. Februar 1999 in der Fassung des
Widerspruchsbescheids des Hessischen Landesvermessungsamtes vom 16.
November 2000 aufgehoben hat.
Der Kläger - öffentlich bestellter Vermessungsingenieur - beantragte mit
Schreiben vom 18. Februar 1998 bei dem Katasteramt Heppenheim die
Bereitstellung von Vermessungsunterlagen für die in der Gemarkung Viernheim,
Flur …, gelegenen Flurstücke mit den damaligen Nummern …./… bis …/… zur
Erstellung von Lageplänen zum Bauantrag für die Errichtung von sieben
Reihenhäusern. Dementsprechend legte das Katasteramt sieben Anträge auf
Katasterbenutzung an und übersandte dem Kläger siebenfach
Vermessungsschriften, von denen er sechs mit dem Hinweis zurücksandte, dass
auf den Parzellen eine bauliche Anlage errichtet und ein Bauantrag gestellt werde.
Am 20. März 1998 erließ das Katasteramt Heppenheim einen Kostenbescheid
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Am 20. März 1998 erließ das Katasteramt Heppenheim einen Kostenbescheid
über 100,-- DM für die einmalige Bereitstellung von Vermessungsunterlagen. Der
nachfolgende Schriftwechsel zwischen dem Kläger, dem Katasteramt Heppenheim
und dem Hessischen Landesvermessungsamt führte zur Verfügung vom 23.
November 1998, mit der das Hessische Landesvermessungsamt den Kläger auf
die nicht korrekte Abrechnung der von ihm für das Bauvorhaben gefertigten
Lagepläne hinwies: Die Reihenhäuser seien nicht Inhalt eines gemeinsamen
Bauantrags, sondern er habe für jedes einzelne Reihenhaus einen besonderen
Lageplan gefertigt. Der Kläger wurde aufgefordert, die Differenzbeträge
nachzufordern, zugleich wurde dem Katasteramt Heppenheim aufgegeben, die
noch ausstehenden Gebühren nachzuerheben. Mit Kostenbescheid vom 2. Februar
1999 machte der Kläger gegenüber der Firma … Bauträger GmbH Gebühren für
die Bereitstellung von Vermessungsunterlagen in Höhe von 800,-- DM geltend.
Das Katasteramt Heppenheim forderte von dem Kläger mit Kostenbescheid vom
17. Februar 1999 weitere 500,-- DM für die erbrachten Leistungen.
Gegen diesen Kostenbescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 22. Februar
1999 Widerspruch und führte zur Begründung aus, er habe am 18. Februar 1998
Vermessungsschriften für die Fertigung von Lageplänen für nur einen Bauantrag
beantragt und in einem Folgeauftrag die gesamte Baufläche vereint und neu
aufgeteilt. Die Neubildung der Reihenhausparzellen sei von seinem Büro
bearbeitet worden und für die Lagepläne zu diesen neuen Parzellen seien dann
von seinem Büro Vermessungsschriften bereitgestellt worden. Die Kosten nach Nr.
7174 stünden ihm analog zu der Regelung der Kostenstelle Nr. 7183 selbst zu; in
dem Kostenbescheid würden danach Gebühren gefordert, für die die Behörde
tatsächlich keine Leistung erbracht habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2000 wies das Hessische
Landesvermessungsamt den Widerspruch des Klägers zurück und setzte darüber
hinaus die Kostenschuld auf 600,-- DM fest. Zur Begründung wurde ausgeführt,
das Katasteramt habe fälschlicherweise lediglich fünfmal die Gebühr nach Nr. 7174
des Verwaltungskostenverzeichnisses erhoben, obwohl für jedes Einzelhaus die
entsprechende Einzelbaugenehmigung und die dazugehörige Bauvorlage habe
vorhanden sein müssen und obwohl er - der Kläger - insgesamt sieben
flurstücksbezogene Lagepläne erstellt und auch gegenüber seinem Auftraggeber
abgerechnet habe. Dieser Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger ausweislich
der Postzustellungsurkunde am 20. November 2000 zugestellt.
Am 5. Dezember 2000 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er
aus, die Gebühren für die Erstellung neuer Vermessungsschriften stünden ihm zu;
dies folge aus Nr. 7174 des Verwaltungskostenverzeichnisses. Durch die
Maßnahme der Vereinigung der Altparzellen und der anschließenden
Neuaufteilung der gesamten Baufläche seien die Vermessungsschriften von
seinem Büro originär erstellt und dem Katasteramt zur Übernahme in das
Liegenschaftsregister eingereicht worden. Diese Arbeiten seien von ihm auf der
Grundlage der ihm ursprünglich gelieferten Unterlagen des Katasteramtes - die er
auch bezahlt habe - erbracht worden. Mit den von seinem Büro erstellten neuen
Vermessungsschriften seien die Lagepläne zum Bauantrag erstellt worden. Da es
sich im vorliegenden Fall um eine Leistungsgebühr für die Bereitstellung von
Vermessungsschriften handele, könne nur der die Gebühr in Anspruch nehmen,
der die Leistung erbracht habe. Demnach stehe ihm die Gebühr nach Nr. 7174 für
die Bereitstellung der Vermessungsschriften zu.
Der Kläger hat beantragt,
den Kostenbescheid des Katasteramtes Heppenheim vom 17. Februar 1999
und den Widerspruchsbescheid des Hessischen Landesvermessungsamtes vom
16. November 2000 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, der Kläger sei als öffentlich bestellter
Vermessungsingenieur befugt, Lagepläne zu Bauanträgen in vollem Umfang zu
erstellen. Hierfür sei er aber auf Vermessungsunterlagen der das
Liegenschaftskataster führenden Stelle, also des Katasteramts, angewiesen. Strikt
zu trennen sei also das Katasteramt als die das Kataster führende Stelle und der
öffentlich bestellte Vermessungsingenieur als Vermessungsstelle. Nach § 14 Abs.
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öffentlich bestellte Vermessungsingenieur als Vermessungsstelle. Nach § 14 Abs.
5 des Hessischen Gesetzes über das Liegenschaftskataster und die
Landesvermessung - HVG - führten die Katasterämter das Liegenschaftsregister.
Soweit der Kläger mit den ursprünglich für die Lageplanerstellung beantragten
Unterlagen zunächst eine Teilvermessung zur Erlangung einer anderen
Flurstückgeometrie durchgeführt habe, sei dies nicht zu beanstanden. Derartige
Katastervermessungen ließen zunächst künftige Katasterunterlagen
(Vermessungsschriften) entstehen. Gemäß § 19 Abs. 5 HVG seien diese
unverzüglich zur Übernahme in das Liegenschaftskataster einzureichen. Amtliche
Katasterdokumente würden die Unterlagen über die Bestandsveränderungen an
Grundstücken aber erst dann, wenn sie vom Katasteramt geprüft und in das
Liegenschaftskataster übernommen worden seien. Streng genommen müsse für
darauf basierende Leistungen, wie das Erstellen eines amtlichen Lageplans, diese
Aktualisierung des Liegenschaftskatasters abgewartet werden. Keinesfalls sei es
jedoch so, dass der Kläger bis zur Fortführung des Liegenschaftskatasters "Herr
der Daten" sei, mit der Folge, dass die Gebühren für die Bereitstellung der
Vermessungsunterlagen nicht an das Katasteramt abzuführen seien. Soweit das
Katasteramt die vorgriffsweise Nutzung der künftigen Katasterunterlagen zur
Erstellung von Lageplänen zulasse, geschehe dies rein aus Gründen der
Praktikabilität und zum Vorteil des Bürgers, der ein Interesse an der raschen
Erstellung der Bauvorlagen habe. Ansonsten müsse der Bürger warten, bis das
Kataster fortgeführt worden sei und die aktualisierten Daten vom Katasteramt
bereitgestellt würden. Da in jedem Fall aber allein die Katasterbehörden befugt
seien, Vermessungsunterlagen für Lagepläne und Katastervermessungen zu
erteilen, seien die Gebühren für die Vermessungsunterlagen vom Kläger auch
dann bei seinem Kunden zu erheben und an das Katasteramt abzuführen, wenn
ihm ausnahmsweise gestattet worden sei, bereits anhand der
Katasterberichtigungsunterlagen und nicht erst anhand des berichtigten
Liegenschaftskatasters weitere Leistungen zu erbringen. Die Gebühren stünden
der Katasterbehörde zu, die die vorgriffsweise Benutzung der Unterlagen gestattet
habe.
Mit Urteil vom 18. Februar 2004 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 17.
Februar 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. November
2000 aufgehoben. Zur Begründung führt es aus, dem Kläger gegenüber seien zu
Unrecht Gebühren in Höhe von 600,-- DM für die Bereitstellung von
Vermessungsschriften erhoben worden, denn es fehle insoweit an einer
Amtshandlung seitens des Katasteramtes. Zwar sei nach Nr. 7174 des
Kostenverzeichnisses zu § 1 der Verwaltungskostenordnung für den
Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
vom 19. Mai 1994 (GVBl. I S. 225) in der Fassung vom 11. Dezember 1997 (GVBl. I
S. 458) für die Bereitstellung von Vermessungsunterlagen je Antrag eine Gebühr
von 100,-- DM zu erheben. Soweit der Kläger für die sieben zu errichtenden
Reihenhäuser sieben Lagepläne erstellt und diesen die von ihm durch
Teilungsvermessung erlangte neue Flurstücksgeometrie zugrunde gelegt habe,
fehle es an einer Amtshandlung des Katasteramtes in Form der Bereitstellung von
Vermessungsunterlagen. Die zur Erstellung der Lagepläne verwendeten - vom
Beklagten als "zukünftige Katasterunterlagen (Vermessungsschriften)" bzw.
"Katasterberichtigungsunterlagen" bezeichneten - Unterlagen habe nämlich nicht
das Katasteramt bereitgestellt, sondern der Kläger habe die von ihm erlangte
neue Grundstücksgeometrie, ohne dass deren Übernahme in das
Liegenschaftskataster abgewartet worden wäre, direkt verwendet. Dabei sei dem
Beklagten zwar zunächst darin zuzustimmen, dass auch bei dieser
Vorgehensweise nicht der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur die
Bereitstellungsgebühr nach Nr. 7174 des Kostenverzeichnisses für sich
vereinnahmen dürfe. Kataster führende Stelle nach § 14 Abs. 5 HVG sei das
Katasteramt. Nur diese könne Vermessungsunterlagen bereitstellen, da nur sie
über die vollständigen Daten des Liegenschaftskatasters verfüge. Die öffentlich
bestellten Vermessungsingenieure seien demgegenüber Vermessungsstellen
nach § 15 HVG mit den dort umschriebenen Befugnissen, zu denen jedoch gerade
nicht die Führung des Liegenschaftskatasters gehöre. Da nach der zuvor
beschriebenen Vorgehensweise die vom Kläger durch Teilvermessung erlangte
neue Flurstücksgeometrie noch nicht in das Liegenschaftskataster übernommen
worden sei, habe sie auch nicht - als Gebühren auslösende Amtshandlung - vom
Katasteramt zur Anfertigung der Lagepläne zu den Bauanträgen bereit gestellt
werden können. Für die vorgriffsweise Benutzung der Unterlagen ("zukünftige
Katasterunterlagen") fehle es an einem entsprechenden Gebührentatbestand im
einschlägigen Kostenverzeichnis.
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Mit Beschluss vom 7. Oktober 2004 - 5 UZ 1735/04 - hat der Senat auf Antrag der
Beklagten die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil zugelassen.
Zur Begründung der Berufung führt der Beklagte aus, soweit der Kläger in seiner
Eigenschaft als öffentlich bestellter Vermessungsingenieur durch eine
Teilungsvermessung eine neue Grundstücksgeometrie erlangt und diese
Unterlagen den Lageplänen zu Bauanträgen zugrunde gelegt habe, bevor diese
Daten in das Liegenschaftskataster übernommen worden seien, entsprächen die
erstellten Lagepläne nicht den Anforderungen des § 2 Bauvorlagenverordnung
(BauVorlVO). Dieser Mangel werde erst mit der Übernahme der (neuen) Daten in
das Liegenschaftskataster geheilt. Ab diesem Zeitpunkt könnten auch in dem Fall,
in dem für das Liegenschaftskataster bedeutsame Unterlagen bei dem öffentlich
bestellter Vermessungsingenieur entstanden seien, die Vermessungsunterlagen
als bereit- gestellt gelten, ohne dass es für die Annahme der kostenpflichtigen
Amtshandlung der körperlichen Rückgabe der Vermessungsunterlagen durch das
Katasteramt an diesen bedürfe. Von zentraler Bedeutung sei in diesem
Zusammenhang, dass staatliche Authentizität derart verwendete
Vermessungsdaten grundsätzlich nur besäßen, wenn sie von den
Katasterbehörden geprüft und in das Liegenschaftskataster übernommen worden
- also Bestandteile des Liegenschaftskatasters geworden - seien und zur
Verwendung bei künftigen Katastervermessungen u.a. den öffentlich bestellten
Vermessungsingenieuren zur Verfügung gestellt würden. Lediglich ausnahmsweise
und damit im Vorgriff auf die staatliche Autorisierung der Vermessungsdaten sei
es den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren gestattet, von ihnen
angefertigte, aber noch nicht in das Liegenschaftsregister übernommene
Vermessungsschriften für die Herstellung von Lageplänen zum Bauantrag zu
verwenden. In dieser Lizenzierung bzw. Genehmigung der vorgriffsweisen Nutzung
der bei dem öffentlich bestellten Vermessungsingenieur entstandenen
Vermessungsunterlagen liege die Gebühren auslösende Amtshandlung für die
Bereitstellungsgebühr nach Nr. 7174 des Kostenverzeichnisses. Im Übrigen
erlaube Ziffer 1 (VII) der Lageplananweisung des Hessischen Ministeriums für
Wirtschaft und Technik vom 2. Januar 1990, Veränderungen im Bestand der
Flurstücke, die zwar eingeleitet, aber noch nicht bestandskräftig geworden (im
vorliegenden Fall in das Liegenschaftskataster übernommen worden) seien,
vorgriffsweise unter besonderer Kennzeichnung darzustellen. Dies bestätige die
Rechtsauffassung des Beklagten, dass u.a. in der Gestattung der vorgriffsweisen
Nutzung die gebührenpflichtige Amtshandlung der "Konzessionierung" zu sehen
sei.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom
18. Februar 2002 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Bevollmächtigte des Klägers trägt vor, das Verwaltungsgericht gehe zu Recht
davon aus, dass es an einer kostenpflichtigen Amtshandlung fehle. Die Auffassung
des Beklagten, die Aufnahme der (neuen) Daten in das Liegenschaftskataster und
die hieraus per Gesetz sich ergebenden Konsequenzen seien als Amtshandlung
einzustufen, begegne erheblichen Bedenken. Aus § 1 des Hessischen
Verwaltungskostengesetzes folge der vom Gesetzgeber formulierte Grundsatz,
dass Konsequenzen, die sich allein aufgrund rechtlicher Vorschriften ergäben,
grundsätzlich keine Amtshandlungen darstellten. Er habe sich deshalb veranlasst
gesehen, von dieser Grundannahme in § 1 Abs. 1 Satz 4 des Hessischen
Verwaltungskostengesetzes eine Ausnahme zu machen für den Fall, dass ein
Einverständnis der Behörde nach Ablauf einer bestimmten Frist aufgrund einer
Rechtsvorschrift als erteilt gelte. Einer solchen Spezialregelung hätte es nicht
bedurft, wenn derartige Ereignisse ohne weiteres unter den Begriff der
Amtshandlung zu fassen seien. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass für
die "Bereitstellung von Vermessungsunterlagen" im Sinne der Ziffer 7174 des
Kostenverzeichnisses Gebühren nur erhoben werden könnten, wenn eine a k t i v e
Bereitstellungshandlung vorliege. In der Aufnahme der Daten in das
Liegenschaftskataster liege keine Bereitstellung. Die Rechtswirkung, die sich aus
der Aufnahme in das Liegenschaftskataster ergebe, stelle deshalb keine Gebühren
auslösende Amtshandlung dar. Aus der Verfügung des Hessischen Ministeriums
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auslösende Amtshandlung dar. Aus der Verfügung des Hessischen Ministeriums
für Wirtschaft- und Landesentwicklung vom 7. März 2005 folge im Übrigen, dass
nunmehr und erstmalig für die in der Verfügung beschriebenen Fälle die
Verwendung der Unterlagen unter den dort genannten Voraussetzungen eine
Genehmigung erteilt werde. Zudem sei der Verfügung zu entnehmen, dass es der
bisherigen Rechtsauffassung des Ministeriums entsprochen habe, dass die
abermalige Verwendung der Katasterunterlagen - so wie in dem hier zu
entscheidenden Fall - nicht zu einer Gebührenpflicht seitens der
Vermessungsstelle führe, sondern diese die Bereitstellungsgebühren selbst habe
vereinnahmen dürfen. Dementsprechend könne - dies mache die Verfügung
deutlich - nicht von einer vom Ministerium gebilligten Praxis der Erhebung von
"Konzessionsgebühren" gesprochen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und den beigezogenen
Verwaltungsvorgang
(1 Hefter) Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.
Entscheidungsgründe
Die mit Beschluss vom 7. Oktober 2004 - 5 UZ 1735/04 - zugelassene Berufung
des Beklagten - über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne
mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO -) ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht begründet
worden.
Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der
vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage gegen den Kostenbescheid vom 17.
Februar 1999 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 16. November 2000 zu
Unrecht stattgegeben.
Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 1 des Hessischen
Verwaltungskostengesetzes - VwKostG - in Verbindung mit Nr. 7174 des
Kostenverzeichnisses zu § 1 der Verwaltungskostenordnung für den
Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung
vom 19. Mai 1994 (GVBl. I Seite 255) i.d.F. vom 11. Dezember 1997 (GVBl. I Seite
458). Nach dieser Nummer des Kostenverzeichnisses ist für die Bereitstellung von
Vermessungsunterlagen zur Herstellung von Lageplänen zu Bauanträgen je
Antrag eine Gebühr von 100 DM zu erheben. Gläubiger der Bereitstellungsgebühr
nach Nr. 7174 des Kostenverzeichnisses ist – darauf hat das Verwaltungsgericht
bereits zu Recht hingewiesen - allein das Katasteramt als Kataster führende Stelle
nach § 14 Abs. 5 HVG, denn nur diese Stelle kann Vermessungsunterlagen
bereitstellen, weil nur sie über die vollständigen Daten des Liegenschaftskatasters
verfügt. Die vom Kläger für seine Gebührengläubigerschaft reklamierte Nr. 7183
des Kostenverzeichnisses betrifft dagegen die hier nicht einschlägige
Bereitstellung von Vermessungsunterlagen für Gebäudeabsteckungen, wobei
dahin gestellt bleiben kann, ob der Kläger derartige Bereitstellungsgebühren für
sich beanspruchen könnte.
Das Katasteramt Heppenheim hat Vermessungsunterlagen zur Fertigung der vom
Kläger hergestellten Lagepläne zu sieben Bauanträgen bereitgestellt, so dass -
entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - eine Gebühren auslösende
Amtshandlung vorliegt.
In tatsächlicher Hinsicht ist zunächst in Übereinstimmung mit dem
Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass der Kläger durch die von ihm
vorgenommene Teilvermessung, nämlich die Vereinigung der Altparzellen und
anschließende Neuaufteilung der gesamten Baufläche, eine neue
Flurstücksgeometrie erlangt hat, deren Vermessungsschriften er dem
Katasteramt zur Übernahme in das Liegenschaftskataster eingereicht hat, wozu er
gemäß § 15 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über das Liegenschaftskataster und
die Landvermessung (Hessisches Vermessungsgesetz - HVG -) vom 2. Oktober
1992 (GVBl. I S. 453) auch verpflichtet ist. Zugleich hat der Kläger im Mai 1998 den
von ihm erstellten und eingereichten Lageplänen zu den Bauanträgen diese neue
Grundstücksgeometrie zugrunde gelegt.
Auf der Grundlage der vom Kläger eingereichten Vermessungsunterlagen wurde
die Liegenschaftskarte durch das Katasteramt am 2. Juli 1998 fortgeschrieben. Die
vom Kläger erstellten Lagepläne zu den Bauanträgen entsprachen danach zum
Zeitpunkt ihrer Einreichung bei der Baugenehmigungsbehörde nicht den
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Zeitpunkt ihrer Einreichung bei der Baugenehmigungsbehörde nicht den
Anforderungen des § 2 Bauvorlagenverordnung - BauVorlVO -, vielmehr standen
erst mit der Fortschreibung der Liegenschaftskarte aktuelle, mit den tatsächlichen
Verhältnissen im Einklang stehende Vermessungsschriften zur Verfügung. Vor
diesem Hintergrund kommt eine von dem Beklagten als "Lizenzierungsgebühr"
bezeichnete Gebühr für die Benutzung von Katasterberichtigungsunterlagen bzw.
„zukünftigen Katasterunterlagen" nach dem Wortlaut des Gebührentatbestandes
nicht in Betracht. Dies stünde - worauf der Beklagte im Übrigen selbst in seinem
Erwiderungsschriftsatz vom 27. Juni 2001 zu Recht hinweist - mit der staatlichen
Authentizität der zur Bereitstellung vorgehaltenen Vermessungsschriften nicht im
Einklang. Bereitstellungshandlungen im Sinne des Gebührentatbestandes der Nr.
7174 des Kostenverzeichnisses als Gebühren auslösende Amtshandlungen sind
deshalb erst ab dem Zeitpunkt der Fortschreibung der Liegenschaftskarte
möglich. Der Gebührentatbestand der Nr. 7174 des Kostenverzeichnisses meint
mit Bereitstellung von Vermessungsunterlagen die Legitimation zur Nutzung
dieser im Kataster dokumentierten Daten. Diese Bereitstellung erfolgt
grundsätzlich durch die Übersendung oder durch den Abruf (in den Fällen des
automatisierten Datenabrufes nach § 16a HVG) der relevanten Daten. In dem
Sonderfall, in dem die Vermessungsschriften legitimer Weise bei einem öffentlich
bestellten Vermessungsingenieur entstanden sind, der diese für einen
Folgeauftrag nutzen will, besteht die Kosten auslösende Amtshandlung in der
Genehmigung der Nutzung, ohne dass es einer körperlichen Rückübergabe der
Vermessungsschriften durch das Katasteramt an den öffentlich bestellten
Vermessungsingenieur bedarf. Die Forderung nach einer tatsächlichen
körperlichen Rückgabe würde in diesem Fall eine nicht zu rechtfertigende Förmelei
darstellen. Erforderlich ist aber die Genehmigung der Nutzung durch das
Katasteramt, denn die Gebührenpflicht ist auch in der hier vorliegenden
Konstellation nicht allein Folge der Rechtswirkungen der Fortschreibung des
Liegenschaftskatasters. Diese Genehmigung der vorgriffsweisen Nutzung wurde
durch das Katasteramt konkludent durch den Kostenbescheid 17. Februar 1999
erteilt. Da darin zugleich die gebührenauslösende Bereitstellungshandlung zu
sehen ist, sind die geltend gemachten Kosten zu Recht erhoben worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten aus § 167 VwGO in Verbindung
mit den §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung – ZPO -.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 306,78 € festgesetzt.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.