Urteil des HessVGH vom 09.05.1990

VGH Kassel: anfechtung, hauptsache, quelle, stillegung, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, dokumentation, verfahrenskosten, ausnahme, begriff

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
4. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 TH 51/90
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 146 VwGO, § 147 VwGO, §
158 VwGO, § 162 VwGO
(Keine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung durch
den Beigeladenen)
Tatbestand
Der Antragsteller hat in einer baurechtlichen Nachbarstreitigkeit den Erlaß einer
einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Stillegung eines Wohnhausneubaus der
Beigeladenen ... beantragt.
Die notwendig beigeladenen Bauherren haben Prozeßbevollmächtigte bestellt, die
sich zum Verfahren gemeldet haben, in einem Schriftsatz zum Antrag Stellung
genommen und sich zum Teil auf den Vortrag des Antragsgegners bezogen
haben; sie haben selbst keinen Antrag gestellt.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluß vom 06.12.1989
abgelehnt, weil es zwar einen Anordnungsgrund, aber keinen Anordnungsanspruch
gegeben sah. Es hat dem Antragsteller die Verfahrenskosten mit Ausnahme
außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen auferlegt und zu diesem Teil der
Kostenentscheidung ausgeführt, die Beigeladenen hätten weder einen Antrag
gestellt noch das Verfahren wesentlich gefördert.
Gegen den am 19.12.1989 zugestellten Beschluß haben die Beigeladenen am
28.12.1989 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, der unterliegende
Antragsteller habe die Kosten der notwendig Beigeladenen ohne Rücksicht auf
Antragstellung und andere Billigkeitsgründe immer zu tragen.
Das Verwaltungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Auf einen Hinweis des Berichterstatters hin äußern die Beigeladenen, daß
Kostenentscheidungen, die Dritte betreffen, nicht unter das Verbot der isolierten
Anfechtung einer Kostenentscheidung gemäß § 158 VwGO fielen. Ihnen, den
Beigeladenen, hätte ein Rechtsmittel in der Hauptsache mangels Beschwer auch
nicht zugestanden.
Sie beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antragsteller auch mit
den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu belasten.
Der Antragsteller geht von der Anwendbarkeit des § 158 VwGO auf den
vorliegenden Fall aus, verteidigt im übrigen die Kostenentscheidung des
Verwaltungsgerichts und beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Sie ist zwar gemäß § 147 VwGO form- und fristgerecht erhoben und erfüllt auch die
allgemeine Statthaftigkeitsvoraussetzung des § 146 Abs. 1 VwGO. Die
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allgemeine Statthaftigkeitsvoraussetzung des § 146 Abs. 1 VwGO. Die
Beschwerdesumme für die Kostenbeschwerde gemäß § 146 Abs. 3 VwGO ist
erreicht.
Die Beschwerde ist gleichwohl nicht statthaft, weil die für die Anfechtung von
Kostenentscheidungen gemäß § 158 Nr. 1 VwGO zusätzlich geltende
Voraussetzung nicht erfüllt ist, daß sie mit einem Rechtsmittel gegen die
Entscheidung in der Hauptsache verbunden ist.
Vom Grundsatz des § 158 Abs. 1 VwGO gibt es zwar mehrere Ausnahmen, sie
liegen jedoch sämtlich nicht vor.
Nicht einschlägig ist § 158 Abs. 2 VwGO, demzufolge die Entscheidung über den
Kostenpunkt im Falle eines Anerkenntnisses selbständig angefochten werden
kann.
§ 158 Abs. 1 VwGO greift auch dann nicht ein, wenn eine Entscheidung zur
Hauptsache nicht ergangen ist, sondern eine bloße Kostenentscheidung -- etwa
nach Erledigung der Hauptsache oder Rücknahme des Antrags --. Dagegen ist die
von den Beigeladenen vertretene Auffassung unrichtig, daß eine isolierte
Anfechtung der Kostenentscheidung möglich sei, wenn ein Rechtsmittel in der
Hauptsache mangels Beschwer nicht eingelegt werden kann. Umgekehrt ist
richtig, daß die zulässige Anfechtung der Kostenentscheidung nicht nur die
Einlegung eines Rechtsmittels in der Hauptsache, sondern auch dessen
Zulässigkeit voraussetzt. Würde also trotz Fehlens einer Beschwer in der
Hauptsache ein umfassendes Rechtsmittel eingelegt werden, um letztlich nur den
Kostenpunkt anzugreifen, so würde es auch insoweit, als es sich gegen die
Kostenentscheidung richtet, nicht zulässig sein (Eyermann-Fröhler, VwGO, 8. Aufl.,
§ 158 Rdnr. 1 unter Hinweis auf Bay. VGH, Beschluß vom 03.12.1970, VGH n.F. 23,
174; Kopp, VwGO, 8. Aufl., Rdnr. 1 unter Hinweis auf OVG Münster, Beschluß vom
16.12.1954, OVGE 9, 205; Redeker-von Oertzen, VwGO, 9. Aufl., Rdnr. 1 sowie
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO, 48 Aufl., Anm. 7A zu dem insoweit
mit § 158 VwGO inhaltlich gleichen § 99 ZPO).
Nicht unter das Verbot isolierter Rechtsmittel gegen Kostenentscheidungen fallen
ferner alle Kostenentscheidungen, die "Dritte" betreffen. Unter diesem Begriff sind
jedoch anders, als die Beigeladenen meinen, nicht am Verfahren Drittbeteiligte zu
verstehen, sondern Personen, die nicht Verfahrensbeteiligte sind (vgl. Kopp,
a.a.O., Rdnr. 5, ebenso Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., Anm. 4E).
Die für die gegenteilige Ansicht angeführte Entscheidung des
Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 25.07.1983 (VBlBW 1984, 74)
ist auf die nach allgemeiner Meinung ohnehin zulässige Anfechtung einer isolierten
Kostenentscheidung ergangen. Die vom Verwaltungsgerichtshof Baden-
Württemberg bei dieser Gelegenheit geäußerte Auffassung, die Entscheidung über
die Freistellung des Beigeladenen von seinen außergerichtlichen Kosten sei eine
nicht zwangsläufig mit dem Inhalt der Hauptsacheentscheidung verbundene und
deshalb nicht von § 158 VwGO betroffene Billigkeitsentscheidung, wird jedenfalls
hinsichtlich der Folgerung vom beschließenden Senat nicht geteilt, weil die
Entscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO unabhängig davon, wie sie ausfällt,
notwendiger Bestandteil der mit jeder Endentscheidung verbundenen
Entscheidung über den Kostenpunkt ist. Fehlte sie, so wäre im Sinne des § 120
VwGO die Kostenfolge bei der Entscheidung zum Teil übergangen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.