Urteil des HessVGH vom 17.05.1989

VGH Kassel: politische verfolgung, anerkennung, asyl, wahrscheinlichkeit, beschwerdebefugnis, zivilprozessrecht, quelle, gebühr, klagenhäufung, unbefristet

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 TE 1382/89
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 12 Abs 6 AsylVfG, § 18
AsylVfG, § 26 AsylVfG, § 64
VwGO, § 93 VwGO
(Streitwertfestsetzung - Asylverpflichtungsklage mehrerer
Familienmitglieder im Klagenverbund)
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdebefugnis des Prozeßbevollmächtigten
der Kläger ergibt sich aus § 9 Abs. 2 BRAGO. Der Wert des
Beschwerdegegenstandes übersteigt den nach § 25 Abs. 2 GKG für die
Statthaftigkeit der Beschwerde maßgebenden Grenzbetrag von 100,--DM; denn
bei der vom Beschwerdeführer angestrebten Anhebung des Streitwerts von
7.000,--DM auf 12.000,--DM erhöht sich die ihm zustehende Prozeßgebühr gemäß
§§ 8 Abs. 1, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ohne Berücksichtigung eventueller Erhöhungen
nach § 6 Abs. 1 BRAGO von 383,--DM auf 601,--DM (vgl. Anlage zu § 11 BRAGO).
Da im weiteren Verlauf des Verfahrens mit großer Wahrscheinlichkeit zumindest
noch eine Verhandlungsgebühr entstehen wird, ist der Beschwerdewert auch bei
Anwendung der herabgesetzten Gebührenwerte nach § 123 BRAGO erreicht. Eine
Frist hatte der Beschwerdeführer für sein Rechtsmittel nicht zu wahren (§ 25 Abs. 1
Satz 4, Abs. 2 Satz 3 GKG).
Die Beschwerde ist auch begründet, denn das Verwaltungsgericht hat den
Streitwert zu niedrig festgesetzt. Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten,
daß der Streitwert zutreffend auf 12.000,--DM festzusetzen ist. Es entspricht
ständiger Rechtsprechung aller drei für Asyl- und Ausländerangelegenheiten
zuständigen Senate des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, daß bei
Verpflichtungsklagen auf Anerkennung als Asylberechtigter für jeden Kläger
ungeachtet seiner Stellung im Familienverband und seiner Klagebegründung der
volle Regelstreitwert im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in der jeweils
anzuwendenden Fassung maßgebend ist, wobei im Fall der subjektiven
Klagenhäufung (§ 64 VwGO) der aus § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG zu entnehmende
Betrag mit der Anzahl der Kläger zu multiplizieren ist (Hess. VGH, Beschlüsse vom
11. Mai 1988 -- 12 TE 1356/88 --, vom 5. September 1988 -- 13 TE 3328/88 --, und
vom 30. Dezember 1988 -- 10 TE 4225/88 --; gleicher Ansicht OVG Rheinland-Pfalz,
Beschluß vom 2. November 1988 -- 11 E 9/87 --; jeweils m.w.N.). Die
demgegenüber vom Verwaltungsgericht vorgenommene und im
Nichtabhilfebeschluß begründete Staffelung der Einzelstreitwerte, die im
wesentlichen mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluß
vom 9. Februar 1987 -- 9 B 18.87 --, NVwZ 1988, 263 = DVBl. 1987, 1111) in
Einklang steht, erscheint dem Senat nicht angebracht. Abgesehen davon, daß es
weitgehend vom Zufall und von der durch § 93 VwGO ermöglichten
Verfahrensgestaltung durch das jeweils zuständige Gericht abhängt, ob der
Klagenverbund zustande kommt oder erhalten bleibt, ist eine Staffelung des
Streitwerts nach der Stellung der jeweiligen Kläger im Familienverband und ihrem
individuellen Vorbringen auch deshalb nicht angebracht, weil ein Anspruch auf
Anerkennung als Asylberechtigter nur dem zusteht, dem selbst politische
Verfolgung droht (BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1987 -- 9 C 50.86 --, InfAuslR
1987, 168 = EZAR 204 Nr. 3 m.w.N.). Es kommt hinzu, daß das Ziel jeder
einzelnen Verpflichtungsklage letztlich eine positive Statusentscheidung des
Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nach § 12 Abs. 6 mit
den aus §§ 18, 29 AsylVfG zu entnehmenden Rechtsfolgen ist. Da im Ergebnis ein
den aus §§ 18, 29 AsylVfG zu entnehmenden Rechtsfolgen ist. Da im Ergebnis ein
Erfolg der Asylverpflichtungsklage letztlich für jeden einzelnen Kläger die mit der
Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis verbundene Sicherung eines
Daueraufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland bedeutet und dies eigentlich
die den Streitwert bestimmende Bedeutung der Sache für jeden einzelnen Kläger
kennzeichnet, wäre eine Differenzierung nach Familienstand und Vorbringen im
Klageverfahren der Sache nicht angemessen. Der Wert einer Anerkennung als
Asylberechtigter ist zwar ziffernmäßig nicht erfaßbar, mit Sicherheit aber bei einer
Ehefrau nicht geringer als bei ihrem Ehemann und bei einem Minderjährigen nicht
geringer als bei einem Erwachsenen. Denn die Anerkennung als Asylberechtigter
erfolgt nicht für die Dauer des Verbleibs im Familienverband, sondern unbefristet.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.