Urteil des HessVGH vom 22.08.1986

VGH Kassel: wohnwagen, grundstück, verfügung, zivilprozessrecht, quelle, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, dokumentation, genehmigung, jahreszeit

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 TH 2137/86
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 1 S 2 BauO HE
1976, § 87 Abs 1 BauO HE
1976
(Nutzungsverbot für Wohnwagen zur überwiegend
ortsfesten Nutzung)
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Pächter eines Teils des Außenbereichsgrundstücks in der
Gemarkung W., Flur ..., Flurstücke ... und .... Er stellt dort mit Unterbrechungen
während einiger Monate im Jahre, insbesondere in der Sommerzeit, ohne
bauaufsichtliche Genehmigung einen Wohnwagen mit Vorzelt auf.
Mit dem am 16.06.1986 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellten Eilantrag wendet sich
der Antragsteller gegen ein in der Verfügung des Antragsgegners vom 23.09.1985
u.a. enthaltenes und mit einer Fristsetzung und Zwangsgeldandrohung
verbundenes sofort vollziehbares Nutzungsverbot für den Wohnwagen, sowie die
Durchsetzung von Vollziehungsmaßnahmen.
Gegen den den Eilantrag ablehnenden Eilbeschluß des Verwaltungsgerichts
Wiesbaden - Kammern Gießen - vom 16.07.1986, zugestellt am 18.07.1986, wurde
ausweislich des Eingangsstempels erst am 04.08.1986 Beschwerde eingelegt. Zur
Begründung stützt sich der Antragsteller darauf, der nur zeitweilig und bezogen
auf das Kalenderjahr nicht überwiegend auf dem Grundstück abgestellte
Wohnwagen sei keine genehmigungsbedürftige bauliche Anlage im Sinne der §§ 2
Abs. 1, 87 Abs. 1 HBO 1978, weshalb eine formelle Illegalität der Aufstellung
insoweit nicht vorliege.
Dem Senat liegt die einschlägige Behördenakte des Antragsgegners mit mehreren
Lichtbildern vor. Sie ist Gegenstand der Beratung gewesen. Auf ihren Inhalt wird
ebenso wie auf die Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.
II.
Im Rahmen eines Eilverfahrens kann der Senat die nur schwer aufklärbare Frage
offenlassen, ob der Bevollmächtigte des Antragstellers die Beschwerdeschrift
rechtzeitig am 01.08.1986 bei Gericht eingeworfen hat oder nicht, ob die
Beschwerde mithin zulässig ist (vgl. Hess. VGH, U. v. 24.05.1983 - II OE 95/81 -
m.w.N.).
Die Beschwerde ist jedenfalls nicht begründet. Der Senat nimmt gemäß Art. 2 § 7
Abs. 1 Entlastungsgesetz - EntlG - vom 31.03.1978 (BGBl. I S. 446) in der Fassung
vom 04.07.1985 (BGBl. I S. 1274) Bezug auf die zutreffenden
Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts.
Auch die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine dem Antragsteller günstigere
Entscheidung. Der bauaufsichtlich nicht genehmigte Wohnwagen mit Vorzelt und
einem Aufenthaltsraum stellt eine gemäß den §§ 2 Abs. 1, 87 Abs. 1 HBO
genehmigungsbedürftige bauliche Anlage dar. Der Wohnwagen wird auch dann
überwiegend ortsfest benutzt, wenn er im wesentlichen nur während der
Sommerzeit für einige Monate mit Unterbrechungen zu Urlaubs- und
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Sommerzeit für einige Monate mit Unterbrechungen zu Urlaubs- und
Wochenendfahrten auf dem streitbefangenen Außenbereichsgrundstück abgestellt
wird. Der Begriff der überwiegenden ortsfesten Nutzung in § 2 Abs. 1 Satz 2 HBO
ist nicht dahin zu verstehen, daß ein Wohnwagen rechnerisch für mehr als die
Hälfte eines Kalenderjahres an demselben Standort abgestellt wird (vgl. Grosse-
Suchsdorf/ Schmaltz/ Wiechert, Nds BauO, Komm., 3. Aufl. 1984, § 2 Rdnr. 14;
Mang/Simon, BayBauO, Komm., Stand: Februar 1981, Art. 2 Rdnr. 74). Nach Sinn
und Zweck der gesetzlichen Regelung sollen abgestellte Fahrzeuge als bauliche
Anlagen erfaßt werden, die überhaupt auf längere Zeit ortsfest, sei es zum
Wohnen oder Wochenendaufenthalt oder zu gewerblichen Zwecken, benutzt
werden (vgl. Hess. Landtag, Drucks. 8/55, S. 69; Rasch/Schaetzell, HBO, Komm.,
Stand: Juli 1986, § 2 Erl. zu Abs. 1 ).
Ein solches Abstellen über mehrere Monate hinweg, mindestens in der
Sommerzeit, hat der Antragsteller aber eingeräumt. Im übrigen wird die ortsfeste
Nutzung dabei in ihrem Wesen nicht entscheidend davon betroffen und nicht etwa
dadurch aufgehoben, daß der Antragsteller den Wohnwagen zu gelegentlichen
Urlaubs und Wochenendfahrten benutzt. Im Gegenteil; die überwiegende ortsfeste
Benutzung erhält gerade erst gegenüber solchen kurzfristigen Unterbrechungen
ihren eigentlichen Sinn. Nach dem vom Antragsteller eingeräumten
Verwendungszweck wird der Wohnwagen von ihm nicht etwa im Zuge des
"Wohnwanderns" nur für kürzere Ausflugs- und Ferienaufenthalte auf dem
streitbefangenen Grundstück abgestellt, sondern der Wohnwagen hat dort im
Sommer über Monate hinweg seinen hauptsächlichen Standplatz.
Soweit der Antragsteller den Wohnwagen nach seinen Angaben in der kalten
Jahreszeit über längere Zeit hinweg in ein Winterlager überführt, ist gegebenenfalls
von einer zweiten ortsfesten Aufstellung an einem anderen Standort auszugehen,
wovon die Genehmigungsbedürftigkeit des Abstellens des Wohnwagens auf dem
streitbefangenen Grundstück aber nicht berührt wird.
Abschließend sei am Rande zur Klarstellung darauf hingewiesen, daß es hier um
ein Nutzungsverbot und nicht um ein Beseitigungsgebot geht. Mithin geht der
Beschwerdevortrag des Antragstellers in diesem Eilverfahren, das in der
angefochtenen Verfügung vom 23.09.1985 zugleich enthaltene Beseitigungsgebot
für den Wohnwagen untersage nach einem ein- oder mehrmaligen Fortfahren des
Wohnwagens von dem Grundstück nicht seine Wiederaufstellung, schon vom
Ansatz her ins Leere. Das hier allein im Streit stehende sofortvollziehbare
Nutzungsverbot wird von dieser eher spitzfindigen Auslegung ohnehin nicht
betroffen. Im übrigen dürfte diese Auslegung auch in der Sache nicht haltbar sein,
da ein Beseitigungsgebot nach seinem Sinn und Zweck dahin auszulegen sein
dürfte, daß damit eine Beseitigung auf Dauer angeordnet worden ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 entsprechend, 20
Abs. 3 und 25 Abs. 3 GKG. Mangels näherer Anhaltspunkte geht der Senat für das
Hauptsacheverfahren gegenwärtig vom Auffangstreitwert nach § 13 Abs. 1 Satz 2
GKG aus und kürzt diesen nach seiner ständigen Entscheidungspraxis in neuerer
Zeit im Eilverfahren auf etwa 2/3. Die Befugnis zur Abänderung der
erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 1 Satz 3 GKG.
Hinweis: Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 25 Abs. 2
Satz 2 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.