Urteil des HessVGH vom 23.03.2007

VGH Kassel: aufschiebende wirkung, belastung, vergnügungssteuer, aufwand, spiel, quelle, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, doppelbesteuerung, dokumentation

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 TG 332/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Vergnügungssteuer; Steuermaßstab "Bruttokasse"
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag der
Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs
gegen die Heranziehung zur Spielapparatesteuer für das II. Kalendervierteljahr
2006 gemäß Selbstveranlagungserklärung vom 14. Juli 2006 abgelehnt. Die
dagegen erhobene Beschwerde der Antragstellerin ist gem. § 146 Abs. 4
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, kann jedoch in der Sache keinen
Erfolg haben, denn ausgehend von den von der Antragstellerin dargelegten
Gründen, auf die sich die Überprüfung im Beschwerdeverfahren zu beschränken
hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergeben sich auch für den Senat keine ernstlichen
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Heranziehung, die es nach der im
gerichtlichen Aussetzungsverfahren entsprechend anzuwendenden Vorschrift des
§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO rechtfertigen könnten, die aufschiebende Wirkung des
Widerspruchs der Antragstellerin anzuordnen.
Wie schon im erstinstanzlichen Verfahren macht die Antragstellerin geltend, dass
die in § 3 der Spielapparatesteuersatzung der Antragsgegnerin vom 3. Februar
2006 (SpAppStS) vorgesehene Besteuerung der Benutzung von Spiel- und
Geschicklichkeitsapparaten nach der elektronisch gezählten Bruttokasse wegen
der Nichtbereinigung des Kasseninhalts um die seit Mai 2006 wieder anfallende
Mehrwertssteuer gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit verstoße. Durch
die Anknüpfung an die nicht bereinigte Bruttokasse ergebe sich eine steuerliche
Gesamtbelastung von mehr als 25 %, was für einen nennenswerten
Unternehmergewinn keinen Raum mehr lasse. Es sei nicht erkennbar, dass sich
der kommunale Satzungsgeber dieser Problematik im Zeitpunkt des
Satzungsbeschlusses, in dem eine Mehrwertssteuerpflicht noch nicht bestanden
habe, überhaupt bewusst gewesen sei.
Dieses Vorbringen begründet keine durchgreifenden Bedenken gegen die
Gültigkeit des Satzungsrechts bzw. dessen Auslegung und Anwendung durch die
Antragsgegnerin. Eine, wie die Antragstellerin meint, "unzulässige
Doppelbesteuerung" kann in der an die Bruttokasse ohne Abzug der
Mehrwertssteuer anknüpfende Bemessung der Spielapparatesteuer schon deshalb
nicht gesehen werden, weil der Steuergegenstand ein anderer ist. Während mit der
Mehrwertssteuer der von dem Unternehmer erzielte Umsatz belastet wird, ist
Bezugspunkt der Spielapparatesteuer der Aufwand der Automatenspieler, der sich
in den für ihr Spielvergnügen investierten Spieleinsätzen niederschlägt. Zu diesem
Aufwand gehören die Spieleinsätze auch insoweit, als der Automatenaufsteller in
Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Kasseninhalts der
Mehrwertssteuerpflicht unterliegt und dementsprechend Mehrwertssteuer
abzuführen hat. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist es deshalb gerade
der Charakter der Spielapparatesteuer als A u f w a n d steuer, der die
Zugrundelegung der nicht bereinigten Bruttokasse bei der Bemessung dieser
Steuer rechtfertigt. Hiervon ausgehend kann sich lediglich die Frage stellen, ob für
den Automatenaufsteller unter Berücksichtigung der Steuerlast, die für ihn mit der
Mehrwertssteuer als umsatzbezogener Steuer verbunden ist, die Möglichkeit der
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Mehrwertssteuer als umsatzbezogener Steuer verbunden ist, die Möglichkeit der
kalkulatorischen Abwälzung der nach der unbereinigten Bruttokasse berechneten
Spielapparatesteuer verbleibt (zum Erfordernis der kalkulatorischen Abwälzbarkeit:
Senatsbeschluss vom 12.08.2004 - 5 N 42287/98 - KStZ 2004, 192 ff. = GemHH
2005, 38 ff., mit Rechtsprechungsnachweisen). Letzteres ist bei den hier in Rede
stehenden Steuersätzen und der von der Antragstellerin geltend gemachten
steuerlichen Gesamtbelastung, die sich daraus ergibt, jedenfalls in der Regel
gewährleistet. Der Vorteil des im Satzungsrecht der Antragsgegnerin sowohl für
Gewinnspielgeräte als auch für Unterhaltungsspielgeräte in der Kombination mit
Höchstbeträgen als "Kappungsgrenzen" vorgesehenen Bruttokassenmaßstabs
besteht gerade darin, dass mit ihm weitaus besser als mit dem früher
verwendeten Wahrscheinlichkeitsmaßstab der Stückzahl eine wirtschaftliche
Erdrosselung vermieden werden kann, denn die steuerliche Belastung passt sich
bei dieser Bemessung den tatsächlichen Einspielergebnissen an und erfasst so
wirklichkeitsgerecht den tatsächlichen Spieleraufwand. Lässt die Belastung in der
"Kumulierung" mit der Belastung durch die Mehrwertssteuer noch genügend
Spielraum für die Finanzierung der sonstigen Kosten und einen ausreichenden
Unternehmergewinn, so bleibt die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Ausübung des
Berufs des Automatenaufstellers erhalten, und die Gefahr der wirtschaftlichen
Erdrosselung ist auszuschließen.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach allem mit der Kostenfolge aus § 154
Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Festsetzung des Streitwerts für das
Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 47, 53 Abs. 3 Nr. 2 des
Gerichtskostengesetzes - GKG -.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 4 in
Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.