Urteil des HessVGH vom 19.03.1992

VGH Kassel: lagerplatz, gesellschaft mit beschränkter haftung, grundstück, firma, öffentliche ordnung, vorweggenommene beweiswürdigung, bauunternehmer, genehmigung, stadt, verordnung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 UE 1160/88
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 30 Abs 1 S 1 NatSchG
HE, § 1 Abs 2 LandschSchV
HE, § 1 Abs 3 Nr 4
LandschSchV HE, § 3 Abs 3
LandschSchV HE
(Beseitigung eines Lagerplatzes, der im Bereich einer
Landschaftsschutzverordnung liegt)
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung des Beklagten, mit der ihm
aufgegeben wurde, die auf einem Lagerplatz gelagerten Gegenstände zu
beseitigen. Er ist Eigentümer des Außenbereichsgrundstücks Gemarkung O, Flur,
Flurstück, auf dem er einen Lagerplatz für das von ihm betriebene Baugeschäft
eingerichtet hat. Auf dem Grundstück, das im Geltungsbereich der Verordnung
zum Schutz von Landschaftsteilen in den Landkreisen Gießen, Hochtaunuskreis,
Lahn-Dill-Kreis, Limburg-Weilburg, Main-Taunus-Kreis, Rheingau-Taunus-Kreis,
Wetteraukreis und in den Städten Frankfurt am Main und Wiesbaden in den
Regierungsbezirken Darmstadt und Gießen "Landschaftsschutzgebiet Taunus"
vom 20.01.1976 (StAnz. S. 294) in der Fassung der Zweiten Verordnung zur
Änderung der Verordnung "Landschaftsschutzgebiet Taunus" vom 26.02.1991
(GVBl. I S. 49) - LSchVO - liegt, lagern Baustoffe, Maschinen und sonstiges Gerät.
Bereits 1974 hatte der Kläger eine Bauvoranfrage betreffend die Errichtung eines
Betriebshofes nebst Werkstatt - Wohn- und Bürogebäude - auf dem vorgenannten
Grundstück gestellt. Seine gegen den ablehnenden Bescheid des
Rechtsvorgängers des Beklagten erhobene Verpflichtungsklage wurde durch Urteil
des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 09.11.1976 - III/2 E 96/76 - abgewiesen.
Nach vorheriger Anhörung forderte der Beklagte den Kläger mit Verfügung vom
09.01.1984 auf, den eingerichteten Lagerplatz bis spätestens einen Monat nach
Bestandskraft des Bescheides zu beseitigen, d. h., sämtliche Ablagerungen von
Baumaterialien und Maschinen restlos von dem Grundstück zu entfernen. Für den
Fall der Nichtbefolgung der Verfügung drohte er die Ersatzvornahme an und
veranschlagte die hierfür anfallenden Kosten vorläufig auf 4.000,-- DM. Zur
Begründung führte er aus, die Einrichtung des Lagerplatzes verstoße gegen § 3
Abs. 3 Nr. 4 LSchVO. Für die Einrichtung des Lagerplatzes liege weder eine
Baugenehmigung noch eine landschaftsschutzrechtliche Genehmigung vor. Der
Lagerplatz verunstalte das Landschaftsbild und störe in ganz erheblichem Maße
den Naturgenuß.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 23.01.1984 Widerspruch erhoben, der
durch Widerspruchsbescheid der Bezirksdirektion für Forsten und Naturschutz in
Darmstadt vom 28.11.1984 zurückgewiesen wurde.
Hiergegen hat der Kläger am 24.12.1984 bei dem Verwaltungsgericht Wiesbaden
Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, auf dem in der Ortslage von O
gelegenen Grundstück, auf dem er sein Malergeschäft betreibe, habe er die für
den Betrieb benötigten Geräte und Materialien nicht mehr unterbringen können.
Aus diesem Grunde habe er bereits 1971 auf dem im Streit befindlichen
Grundstück einen Lagerplatz eingerichtet. Ihm sei damals von dem Bürgermeister
der früher selbständigen Gemeinde O, W, zugesichert worden, das Gelände werde
als Gewerbegebiet ausgewiesen. Die Nutzung des Grundstücks entspreche der
Nutzung anderer Grundstücke, etwa der Nutzung des städtischen Bauhofs der
Stadt T auf dem Flurstück. Der Lagerplatz genieße Bestandsschutz. Sowohl das
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Stadt T auf dem Flurstück. Der Lagerplatz genieße Bestandsschutz. Sowohl das
Hessische Naturschutzgesetz als auch die Landschaftsschutzverordnung "Taunus"
seien nach der Nutzung des Grundstücks als Lagerplatz in Kraft getreten.
Bestandsgeschützte Anlagen, und damit auch Lagerplätze, dürften nicht beseitigt
werden. Die angefochtene Verfügung verstoße auch gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz, weil der Beklagte gegen den Lagerplatz der Stadt T
sowie gegen andere vergleichbare Vorhaben, die er in einer vorgelegten Liste
zusammen gestellt habe, nicht eingeschritten sei.
Durch Beschluß vom 25.09.1985 hat das Verwaltungsgericht das Ruhen des
Verfahrens angeordnet, um dem Beklagten Gelegenheit zu geben, die benannten
Vergleichsfälle zu überprüfen. Nachdem der Beklagte die Überprüfung der
Vergleichsfälle abgeschlossen hatte, wurde das Verfahren fortgesetzt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar 1984 i.d.F. des Widerspruchsbescheids
der Bezirksdirektion für Forsten und Naturschutz vom 30.11.1984 aufzuheben.
Der Beklagte und die Beigeladene haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und zu den vom Kläger
angeführten Vergleichsfällen Stellung genommen.
Durch Urteil vom 07.12.1987 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die auf die §§ 30 HeNatG, 3 LSchVO gestützte
Beseitigungsverfügung sei rechts- und ermessensfehlerfrei erlassen worden. Der
von dem Kläger errichtete Lagerplatz sei formell und materiell rechtswidrig. Die
LSchVO finde auf den Lagerplatz Anwendung, weil er im Außenbereich liege.
Anhaltspunkte dafür, daß der hier betroffene Landschaftsteil nicht mehr
schützenswert sei, seien nicht erkennbar. Eine landschaftsschutzrechtliche
Genehmigung liege nicht vor und habe für einen Lagerplatz auf dem Grundstück
auch nicht erteilt werden dürften, da hierdurch im Sinne des § 3 LSchVO die Natur
geschädigt, der Naturgenuß beeinträchtigt und das Landschaftsbild verunstaltet
werde. Dies stehe nach der Ortsbesichtigung der Berichterstatterin zweifelsfrei
fest, so daß es keiner weiteren Augenscheinseinnahme bedurft habe. Das
Grundstück liege an herausgehobener Stelle in unmittelbarer Nachbarschaft zum
bebauten Ortsteil. An dieser Stelle störe ein Lagerplatz. Die störende Wirkung
könne auch durch Auflagen und Bedingungen nicht vermieden werden. Der
Lagerplatz des Klägers genieße keinen Bestandsschutz, denn dieser erfasse
immer nur den rechtmäßig geschaffenen Bestand. Bereits vor Inkrafttreten der
LSchVO sei der Lagerplatz nicht rechtmäßig gewesen, da er ohne erforderliche
Baugenehmigung errichtet worden sei. Der Beklagte habe auch nicht gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Er habe ausreichend dargetan, daß die
als Vergleichsfälle benannten Vorhaben nicht vergleichbar seien. Für den von der
Stadt Taunusstein betriebenen Lagerplatz ergebe sich dies schon daraus, daß
hierfür sowohl eine landschaftsschutzrechtliche als auch eine baurechtliche
Genehmigung vorliege. Holzablagerungen, landwirtschaftliche Gebäude,
Einfriedigungen, Hütten oder standortfremde Gewächse seien schon von der Art
des Eingriffs her nicht mit dem Lagerplatz des Klägers vergleichbar. Für die in der
mündlichen Verhandlung zusätzlich behaupteten Vergleichsfälle fehle es an einem
überprüfbaren substantiierten Vortrag.
Gegen das ihm am 10.02.1988 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.03.1988
Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, die Verfügung sei schon deshalb
rechtswidrig, weil sie sich an ihn wende. Das Grundstück werde jedoch
ausschließlich von der "K M GmbH" genutzt. Weiter trägt er vor, sein Grundstück
liege im Innenbereich, so daß die Vorschriften der Landschaftsschutzverordnung
auf den Lagerplatz keine Anwendung fänden. Es grenze an den heute lückenlos
geschlossenen bebauten Ortsbereich. Selbst bei großzügigster Wertung könne hier
von Naturprägung keine Rede sein. Völlig unverständlich seien die Ausführungen
des Verwaltungsgerichts, daß das Grundstück an herausgehobener Stelle in
unmittelbarer Nachbarschaft zur bebauten Ortslage liege. Der Kläger wiederholt
und vertieft seine Auffassung, daß die von ihm betriebene Grundstücksnutzung
Bestandsschutz genieße, weil sie vor Inkrafttreten der
Landschaftsschutzverordnung begonnen worden sei und daß die angefochtene
Verfügung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. So habe der
Beklagte der Waffelfabrik L die Genehmigung für ein großes Palettenlager erteilt.
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Beklagte der Waffelfabrik L die Genehmigung für ein großes Palettenlager erteilt.
Ferner würden folgende Lagerplätze im Außenbereich betrieben, gegen die der
Antragsgegner nicht einschreite:
a) Bauunternehmer F in O, Gemarkung H
b) Bauunternehmer T in der Gemarkung O
c) Bauunternehmer D in der Gemarkung B S
d) Bauunternehmer A in der Gemarkung E,
e) Firma K in der Gemarkung B S
f) Bauunternehmer K in der Gemarkung S,
g) Bauunternehmer F in der Gemarkung H,
h) Schrotthändler M in der Gemarkung H,
i) Firma F in der Gemarkung S,
j) Firma W S in der Gemarkung H,
k) Bauunternehmer U in der Gemarkung H,
l) Firma R in H,
m) Firma Z in der Gemarkung T.
Schließlich werde erneut auf den ungewöhnlich großen Bauhof der Stadt T
hingewiesen, den diese von der Firma B KG erworben habe. Er wiederhole sein
Angebot, das Grundstück mit einem ausreichend breiten Pflanzstreifen zu
versehen, so daß die Situation einer typischen Feldholzinsel erreicht werde. Der
unzulässige Versuch des Beklagten, Berufungsfälle im Rahmen der
Innenabgrenzung zu erfassen und zu dulden, zeige, daß es sich bei dem
betroffenen Grundstück nicht um schutzwürdige Landschaft handele. Soweit der
Beklagte vortrage, Berufungsfälle würden unter Auflagen geduldet, gewähre er
anderen das, was er ihm verwehre. Dieses Verhalten des Beklagten verstoße
sowohl gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz als auch den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 7.
Dezember 1987 - VIII/2 E 1093/84 - den Bescheid des Beklagten vom 9. Januar
1984 i.d.F. des Widerspruchsbescheids der Bezirksdirektion für Forsten und
Naturschutz in Darmstadt vom 28. November 1984 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtenen Verfügungen und führt ergänzend aus, der Kläger
sei der richtige Adressat der Verfügung, denn er sei alleiniger
Grundstückseigentümer der streitbefangenen Fläche und Hauptgesellschafter mit
einer Stammeinlage von 99,75 % der K M GmbH. Er bekräftigt seine Auffassung,
daß der Lagerplatz dem Außenbereich zuzurechnen sei. Dies ergebe sich klar aus
der Abgrenzungskarte der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung
"Landschaftsschutzgebiet Taunus" vom 26.02.1991 (GVBl. I S. 49). Danach gehöre
der Lagerplatz weiterhin zu den schützenswerten Landschaftsteilen. Auf
Bestandsschutz könne sich der Kläger nicht berufen, weil der nach dem eigenen
Vorbringen des Klägers seit 1976 betriebene Lagerplatz in einem Bereich liege, der
bereits durch die Landschaftsschutzverordnung Untertaunus vom 10.09.1968
unter Schutz gestellt gewesen sei. Der Bereich der Waffelfabrik L sei mit dem
Vorhaben des Klägers nicht vergleichbar, weil er im Geltungsbereich eines
rechtskräftigen Bebauungsplans liege, der hierfür Gewerbegebiet festsetze. Zu
den einzelnen, von dem Kläger benannten Lagerplätzen werde folgendes
vorgetragen:
a) Ein Lagerplatz des Bauunternehmers F sei weder der
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unteren Naturschutzbehörde noch der Stadt O bekannt,
b) der Lagerplatz T sei seit 1983 bekannt; es werde insoweit
ein Verfahren von der Bauaufsichtsbehörde geführt,
c) das Grundstück, auf dem der Lagerplatz D betrieben
werde, liege nicht im Geltungsbereich der
Landschaftsschutzverordnung,
d) der Lagerplatz A sei bereits seit 31.12.1990 geräumt,
e) der Lagerplatz der Firma K sei bereits vor Inkrafttreten
der Landschaftsschutzverordnung Untertaunus vom
10.09.1968 vorhanden gewesen,
f) der Lagerplatz des Bauunternehmers K liege nicht mehr im
Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung,
g) bezüglich des Lagerplatzes F sei sowohl ein bauaufsichtliches
als auch ein naturschutzrechtliches Verfahren anhängig.
Beide Verfahren hätten noch nicht zum Abschluß gebracht
werden können, da die Gemeinde bezüglich der betroffenen
Fläche beabsichtige, ein Bauleitplanverfahren einzuleiten,
h) ein Lagerplatz des Herrn M sei nicht bekannt,
i) der Lagerplatz der Firma F sei sehr alt und genieße
ebenso wie der Betrieb Bestandsschutz,
j) für das Gebiet des Lagerplatzes S sei von der Gemeinde
die Einleitung eines Bauleitplanverfahrens beabsichtigt,
k) der Lagerplatz U befinde sich nicht im Geltungsbereich
der Landschaftsschutzverordnung,
l) bezüglich des Lagerplatzes der Firma R sei seit Mitte der
siebziger Jahre ein Verfahren anhängig gewesen. Nach einem
Ortstermin vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden am 07.04.1988
sei eine Einigung erzielt worden und zwischenzeitlich insoweit
eine Baugenehmigung erteilt worden,
m) das Grundstück der Firma Z liege nicht mehr im Bereich
der Landschaftsschutzverordnung.
Die den Lagerplatz des Klägers betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten
(1 Hefter) sowie zwei Aktenordner des Beklagten betreffend Vergleichsfälle sind
beigezogen worden und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, denn das
Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtene
Beseitigungsverfügung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Kein Verfahrensfehler liegt darin, daß das Verwaltungsgericht die vom Kläger
gestellten Beweisanträge auf Durchführung einer Augenscheinseinnahme durch
die Kammer abgelehnt und sich insoweit auf die von der Berichterstatterin
durchgeführte Ortsbesichtigung gestützt hat. Nach § 98 VwGO i.V.m. § 372 Abs. 2
ZPO kann das Prozeßgericht einem Mitglied die Einnahme des Augenscheins
übertragen. Dies ist hier geschehen, wobei die Berichterstatterin das Ergebnis der
Augenscheinseinnahme gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 5 ZPO im Protokoll festgestellt
hat.
Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist § 30 Abs. 1 S. 1 HeNatG,
wonach die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die nach
pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen haben, um Natur
und Landschaft zu schützen und Gefahren für die öffentliche Sicherung oder
Ordnung abzuwenden. Hierzu gehört insbesondere die Anordnung der Beseitigung
unzulässiger Eingriffe in Natur und Landschaft. Entgegen der Auffassung des
Klägers ist er der richtige Adressat der Beseitigungsanordnung. Zwar unterliegen
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Klägers ist er der richtige Adressat der Beseitigungsanordnung. Zwar unterliegen
auch juristische Personen des Privatrechts wie eine Gesellschaft mit beschränkter
Haftung der Polizeipflicht (vgl. Drews-Wacke-Vogel-Martens, Gefahrenabwehr, 9.
Aufl., § 19, Anm. 4 a); im vorliegenden Fall ist der Kläger jedoch Handlungsstörer (§
12 HSOG a.F.), weil er alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter mit einer
Stammeinlage von 99,75 % der GmbH ist. Darüber hinaus ist er auch
Zustandsstörer (§ 14 Abs. 1 HSOG), denn er ist Eigentümer des hier betroffenen
Grundstücks, auf dem die zu beseitigenden Materialien lagern. Es ist schließlich
auch nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Behörde eine Anordnung gegen
denjenigen richtet, der sich immer wieder als der maßgebliche
Verfügungsberechtigte ausgegeben hat, so daß die Behörde den Eindruck
gewinnen konnte, daß durch die Maßnahme ihm gegenüber die öffentliche
Ordnung am wirksamsten wiederhergestellt würde (vgl. Simon, BayBauO., Stand:
Febr. 1991, Art. 92, Rdnr. 33). So liegt es auch hier, denn der Kläger hat sich selbst
im gerichtlichen Verfahren noch als der maßgebliche Verfügungsberechtigte
ausgegeben.
Der von dem Kläger eingerichtete Lagerplatz für sein Baugeschäft ist eine
genehmigungsbedürftige Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4
LSchVO. Die Vorschriften der LSchVO finden auf das Grundstück des Klägers
gemäß § 1 Abs. 3 Anwendung, da es im Geltungsbereich der LSchVO i.d.F. vom
26.02.1991 liegt. Darüber hinaus liegt der Lagerplatz im Außenbereich, so daß er
auch nach § 1 Abs. 2 der LSchVO i.d.F. vom 20.01.1976 erfaßt wird. Der
Grundsatz, daß der im Zusammenhang bebaute Ortsteil mit der letzten Bebauung
endet, findet auch auf das Grundstücks des Klägers Anwendung (vgl. BVerwG,
Urteil vom 12.10.1973, BauR 1974, 41; Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand:
01.11.1990, § 19 Rdnr. 28).
Die Einrichtung des Lagerplatzes ist auch nicht genehmigungsfähig. Er stellt eine
Maßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 4 LSchVO dar, die geeignet ist, die Natur
zu schädigen und den Naturgenuß zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 3 LSchVO). Nach §
3 Abs. 6 LSchVO ist die Genehmigung zu versagen, wenn die Maßnahme keine der
in Abs. 1 genannten Wirkungen erwarten lassen, oder wenn überwiegende Gründe
des Gemeinwohls dies erfordern. Keine der genannten Voraussetzungen ist hier
erfüllt. Anhaltspunkte dafür, daß der von dem Kläger eingerichtete Lagerplatz, der
kraft ausdrücklicher Regelung des § 3 Abs. 3 Nr. 4 die Wirkungen des Abs. 1 zeigt,
keine derartigen Wirkungen erwarten läßt, sind nicht ersichtlich; ebensowenig
Gründe des Allgemeinwohls, die die Errichtung des Lagerplatzes erforderten.
Für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 LSchVO bedurfte es keiner
Augenscheinseinnahme. Die von den Parteien vorgelegten Lichtbilder und die von
ihnen gegebenen Beschreibungen des Lagerplatzes ermöglichen dem Senat eine
landschaftsschutzrechtliche Beurteilung dieser Anlage, ohne daß es hierzu der
Einnahme des Augenscheins bedarf. Dies stellt keine unzulässige
vorweggenommene Beweiswürdigung dar, weil der Kläger keine von den
Lichtbildern oder den Beschreibungen abweichenden Merkmale des Lagerplatzes
behauptet.
Daß der Lagerplatz bereits etwa 1971 und damit vor dem Inkrafttreten der LSchVO
eingerichtet worden ist, steht ihrer Anwendung nicht entgegen. Der Grundsatz,
daß die Beseitigung einer Maßnahme nur dann angeordnet werden darf, wenn sie
von Anfang an bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung formell und
materiell rechtswidrig war, ist nicht verletzt. Der Lagerplatz war im Zeitpunkt seiner
Errichtung formell baurechtswidrig, denn er war nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 HBO 1957
baugenehmigungspflichtig und eine Baugenehmigung ist nicht erteilt worden. Er
war und ist darüber hinaus auch materiell baurechtswidrig, weil er nach dem hier
zur Anwendung kommenden § 35 BBauG (BauGB) unzulässig ist. Dies hat das
Verwaltungsgericht Wiesbaden bereits in seinem Urteil vom 09.11.1976 - III/2 E
96/76 - überzeugend ausgeführt. Damit genießt der Lagerplatz des Klägers keinen
auf Art. 14 Abs. 1 GG beruhenden Bestandsschutz. Unter Bestandsschutz ist das
Recht des Bauherrn zu verstehen, sein einmal legal errichtetes Bauwerk, so wie es
ausgeführt ist, zu nutzen, auch wenn die inzwischen geänderten Vorschriften
nunmehr entgegenstehen. Voraussetzung dafür ist, daß das Bauwerk zu einem
früheren Zeitpunkt genehmigt wurde (formelle Legalität) oder zu irgendeinem
Zeitpunkt dem geltenden Recht entsprach (materielle Legalität). Der
Bestandsschutz gewährleistet dann das Recht, das errichtete Bauwerk
entsprechend der früheren Genehmigung oder Rechtslage zu nutzen, obwohl es
nicht mehr genehmigungsfähig ist. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt,
denn der Lagerplatz des Klägers verstößt und verstieß gegen
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denn der Lagerplatz des Klägers verstößt und verstieß gegen
Landschaftsschutzrecht und gegen § 35 BBauG (BauGB).
Auf eine Zusicherung des ehemaligen Bürgermeisters der Beigeladenen, die
Gemeinde werde das Gebiet des Lagerplatzes als Gewerbegebiet ausweisen, kann
der Kläger ein Abwehrrecht nicht stützen. Eine derartige Zusicherung wäre schon
deshalb rechtlich unwirksam, weil die Ausweisung einer Fläche als Gewerbegebiet
nicht dem Bürgermeister, sondern der Gemeindevertretung als Satzung obliegt
(§§ 10 BBauG, jetzt BauGB, 51 Nr. 6 HGO).
Die Verfügung des Beklagten verstößt auch nicht gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz. Auf die von dem Kläger aufgeführten Vergleichsfälle
hat der Beklagte substantiiert dargelegt, ob und welche Maßnahmen von ihm
hierzu veranlaßt worden sind. Er hat damit zu erkennen gegeben, daß er
planmäßig gegen illegale Naturschutzeingriffe vorgeht. Sein Vorbringen, er habe
von verschiedenen Maßnahmen keine Kenntnis gehabt und werde nunmehr eine
entsprechende Überprüfung veranlassen, rechtfertigt nicht den Vorwurf eines
willkürlichen Verhaltens. Auch bezüglich der vom Kläger im Berufungsverfahren
benannten Vergleichsfälle rechtfertigt sich nicht der Vorwurf willkürlichen
Verhaltens gegenüber dem Beklagten. Das Vorhaben der Waffenfabrik L stellt
schon deshalb keinen Vergleichsfall dar, weil es im Geltungsbereich eines
Bebauungsplans liegt. Auch die vom Kläger benannten Lagerplätze sind mit dem
von ihm betriebenen Lagerplatz nicht vergleichbar. Diese Lagerplätze liegen
entweder nicht im Geltungsbereich der LSchVO (Fälle c, f, k und m), sind bereits
geräumt (Fall d), sind noch im Überprüfungsverfahren (Fälle b, g und j), sind dem
Beklagten nicht bekannt (Fälle a und h), genießen Bestandsschutz (Fälle e und i)
oder sind genehmigt (Fall 1).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.