Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 17.03.2009

OVG Berlin-Brandenburg: aufschiebende wirkung, vermögensverwaltung, fremder, eigenes verschulden, vollziehung, investmentfonds, begriff, auslagerung, hauptsache, härte

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 1 S 52.09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 80 Abs 4 S 3 VwGO, § 1 Abs
1a S 2 Nr 3 KredWG, § 1 Abs 1
Nr 3 EAEG, § 1 Abs 1 Nr 4
EAEG, § 6 Abs 1 S 2 EAEG
Berechnung des Jahresbeitrags zur Entschädigungseinrichtung
der Wertpapierhandelsunternehmen
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. März 2009 wird mit Ausnahme
der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den
Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. September 2007 anzuordnen, soweit der
Jahresbeitrag für das Jahr 2007 den Beitrag in Höhe von 300 Euro übersteigt, wird
abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 293,52 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das für die Prüfung des
Oberverwaltungsgerichts maßgebliche Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin (vgl.
§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) rechtfertigt eine Änderung des angefochtenen
Beschlusses.
I.
Die Beteiligten streiten im Wege vorläufigen Rechtsschutzes über die Bemessung des
Jahresbeitrags für 2007, wobei die Antragstellerin einen Betrag von 1.174,05 Euro für zu
Unrecht erhoben hält.
Die Antragstellerin verfügt über eine vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen sowie
von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erteilte Erlaubnis, als
Kapitalanlagegesellschaft tätig zu werden, ohne dabei befugt zu sein, sich bei der
Erbringung von Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Papieren
von Kunden zu verschaffen. Sie bildet eigene, von ihr verwaltete Sondervermögen und
ist darüber hinaus als sogenanntes Auslagerungsunternehmen tätig. Im Rahmen dieser
Tätigkeit übernimmt sie für dritte Kapitalanlagegesellschaften auch die Verwaltung von
deren Sondervermögen. Des Weiteren betreibt sie Finanzportfolioverwaltung für einen
Einzelkunden.
Mit Bescheid vom 11. September 2007 setzte die Antragsgegnerin gegenüber der
Antragstellerin einen Jahresbeitrag in Höhe von 1.474,05 EUR fest, wobei sie 0,35 % der
Bruttoprovisionserträge nach dem letzten Jahresabschluss zugrunde legte. Dabei setzte
die Antragsgegnerin von den über 650.000.000 EUR Bruttoprovisionserträgen
4.211.560,40 EUR aus Portfolioverwaltung an, wovon sie 90% in Abzug brachte, so dass
sie als Bemessungsgrundlage einen Betrag von 421.156,04 EUR zugrunde legte.
Mit ihrem Widerspruch vom 10. Oktober 2007 wandte sich die Antragstellerin gegen die
in dem Bescheid festgesetzte Beitragshöhe und beantragte die Aussetzung der
Vollziehung. Zur Begründung führte sie aus, dass nur die Bruttoprovisionserträge aus
individueller Vermögensverwaltung, nicht aber aus der Verwaltung fremder
Sondervermögen (4.188.691,14 EUR) bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage
hätten berücksichtigt werden dürfen, da es sich dabei um kollektive
Vermögensverwaltung, nicht jedoch um individuelle Finanzportfolioverwaltung handele.
Die berücksichtigungsfähigen Erträge beliefen sich damit auf 22.869,26 Euro, so dass
nur der Mindestbeitrag in Höhe von 300 Euro hätte festgesetzt werden dürfen.
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Mit Bescheid vom 4. Juli 2008 lehnte die BaFin die Aussetzung der Vollziehung ab und
führte zur Begründung aus, dass sich die Abzugsmöglichkeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6
Hs. 3 BeitragsVO sachlich auf die Nichtberücksichtigung von Provisionserträgen aus der
Verwaltung eigener Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften beschränke,
während die Verwaltung fremder Sondervermögen als individuelle Vermögensverwaltung
gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 Investmentgesetz (InvG, hier: a.F.) anzusehen sei. Da allerdings
die Erträge aus der Verwaltung fremder Sondervermögen aus Geschäften mit nicht
entschädigungsberechtigten Kunden stammten, sei zu Recht ein Abzug in Höhe von 90
% der entsprechenden Provisionserträge vorgenommen worden.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes mit dem angefochtenen Beschluss stattgegeben, und zur Begründung
im Wesentlichen ausgeführt: An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides vom
11. September 2007 bestünden ernstliche Zweifel, soweit Bruttoprovisionserträge aus
der Verwaltung fremder Sondervermögen bei der Berechnung des Jahresbeitrags 2007
berücksichtigt worden seien. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin sei nicht die
zum 1. November 2007 in Kraft getretene Fassung von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Hs. 3
BeitragsVO nach der Dritten Änderungsverordnung vom 26. August 2008 anwendbar,
sondern die Fassung der Vorschrift, die zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Jahresbeitrags
2007, also am 30. September 2007, gegolten habe. Eine Anwendung der Vorschrift in
der Fassung der Dritten Änderungsverordnung komme auch in Anbetracht des
Umstandes, dass das die Erhebung des Jahresbeitrags 2007 betreffende
Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, wegen des verfassungsrechtlichen
Rückwirkungsverbots nicht in Betracht. Die neue Fassung von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Hs.
3 BeitragsVO käme nur dann zur Anwendung, wenn sie lediglich klarstellende Bedeutung
hätte, was jedoch nicht der Fall sei. Die Abzugsmöglichkeit von Bruttoprovisionserträgen,
die nicht aus der in § 1 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 des bis zum 31. Dezember 2003 gültigen
Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) bezeichneten Tätigkeit stammten,
entspreche dem Begriff der von der Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten
angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsbefugnis (individuelle
Vermögensverwaltung) gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG. Dieser Begriff der individuellen
Vermögensverwaltung sei wiederum identisch mit der in § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 3 KWG
definierten Finanzportfolioverwaltung. Deshalb würden nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Hs. 3
BeitragsVO lediglich die Bruttoprovisionserträge von Kapitalgesellschaften im Rahmen
individueller Vermögensverwaltung und nicht die Erträge aus der Verwaltung eigener
Sondervermögen von Investmentfonds und Anlegern erfasst. Für die Verwaltung fremder
Sondervermögen für Kapitalanlagegesellschaften sehe § 16 Abs. 2 InvG eine eigene
gesetzliche Grundlage vor. Das Gesetz bestimme hingegen nicht, ob die Tätigkeit des
Auslagerungsunternehmens bei der Portfolioverwaltung von fremdem Sondervermögen
als individuelle Vermögensverwaltung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG und als
Finanzportfolioverwaltung im Sinne von § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 3 KWG zu qualifizieren sei.
Für die von der Antragsgegnerin vorgenommene Auslegung spreche der zwischen der
Kapitalanlagegesellschaft und dem Auslagerungsunternehmen abgeschlossene
Verwaltungsvertrag, wodurch vertragliche Beziehungen zwischen dem
Auslagerungsunternehmen und den Fondsanlegern nicht entstünden, und die Praxis der
BaFin zu § 16 Abs. 2 InvG, die als Zulassung für ein inländisches
Auslagerungsunternehmen, das nicht selbst Kapitalanlagegesellschaft sei, eine Erlaubnis
für die Finanzportfolioverwaltung gemäß § 1 Abs. 1 a Satz 2 Nr. 3 KWG verlange. Dafür
lasse sich auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.
September 2004 - 6 C 29.03 - BVerwGE 22, 29) anführen, die dem Merkmal der
Verwaltung „einzelner“ Vermögen offenbar nur eine untergeordnete Rolle beimesse,
wonach diese Formulierung nicht darauf verweise, dass die einzelnen Kundenvermögen
getrennt in einzelnen Portfolios anzulegen seien, sondern dass in einem Portfolio
Vermögen verschiedener Kunden zusammengefasst werden könnten. Andererseits sei
das Bundesverwaltungsgericht der Tendenz der BaFin, im Interesse des Anlegerschutzes
Tatbestände des § 1 Abs. 1 und 1 a KWG weit auszulegen und insbesondere auf nicht
regulierte kollektive Anlageformen auszudehnen, inzwischen in Bezug auf das
Finanzkommissionsgeschäft in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG entgegengetreten (Urteil
vom 27. Februar 2008 - 6 C 11.07 - BVerwGE 130, 262). Für die engere Auslegung des
Begriffs der individuellen Vermögensverwaltung bzw. der Finanzportfolioverwaltung
spreche hingegen die Differenzierung zwischen individueller Vermögensverwaltung und
der Verwaltung kollektiver Investmentvermögen auf der europarechtlichen Ebene.
Insoweit bestünden zwei klar voneinander abgegrenzte Schutzsysteme. Für kollektive
Anlagen in Finanzinstrumenten sei die Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20.
Dezember 1985 (OGAW-Richtlinie) maßgeblich, die in Deutschland durch das
Investmentgesetz umgesetzt worden sei. Für die individuelle Vermögensverwaltung und
andere individuelle Finanzdienstleistungen gelte dagegen die Richtlinie 93/22/EWG des
Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen und nunmehr die Richtlinie
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Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen und nunmehr die Richtlinie
2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über
Märkte für Finanzinstrumente (MiFID-Richtlinie), die durch das Kreditwesengesetz und
das Wertpapierhandelsgesetz umgesetzt worden seien. Die
Wertpapierdienstleistungsrichtlinie schließe in den Erwägungsgründen und in Artikel 2
Abs. 2 Buchst. h) Organismen für gemeinsame Anlagen „sowie die Verwahr- und
Verwaltungsgesellschaften derartiger Organismen“ von der Anwendung aus. Diese
Regelung sei vollinhaltlich im Erwägungsgrund 15 und in Art. 2 Abs. 1 Buchst. h) der
MiFID-Richtlinie 2004/39/EG übernommen worden, wonach die Richtlinie keine
Anwendung auf „die Verwahrer und Verwalter solcher Organismen“ finde, weil für
Organismen für gemeinsame Anlagen besondere, unmittelbar auf ihre Tätigkeit
zugeschnittene Regeln gälten. Mit „Verwalter“ seien in erster Linie die
Kapitalanlagegesellschaften und mit „Verwahrer“ die Depotbanken gemeint. Die
Regelung unterscheide aber nicht zwischen Verwaltungsgesellschaften, die eigene oder
fremde Sondervermögen verwalteten. Vielmehr würden beide Tätigkeiten in Bezug auf
den Schutz der Anleger gleichgestellt. Die Voraussetzungen an die Portfolioverwaltung
durch Auslagerungsunternehmen - durch § 16 InvG umgesetzt - seien durch Artikel 5 g)
Abs. 1 c) OGAW-Richtlinie geregelt. Ökonomischer Zweck der Auslagerung sei es, der
Kapitalanlagegesellschaft zu ermöglichen, ihre Tätigkeit auch arbeitsteilig unter
Auslagerung bestimmter Teilaufgaben zu erbringen, ohne damit den Schutz der
Investmentanleger zu beeinträchtigen. Deshalb bedürfe ein Auslagerungsunternehmen,
dem die Anlageverwaltung übertragen werde, einer eigenen
finanzdienstaufsichtsrechtlichen Zulassung, weshalb die Kapitalanlagegesellschaft, die
sich eines Auslagerungsunternehmens bediene, im Verhältnis zu ihren Anlegern für
deren Verschulden wie für eigenes Verschulden hafte. Damit werde die Tätigkeit des
Auslagerungsunternehmens aber nicht gleichzeitig als individuelle Portfolioverwaltung
eingestuft, die dem Schutz der Wertpapierdienstleistungs- und der
Anlegerentschädigungsrichtlinie unterfalle. Vielmehr lasse die OGAW-Richtlinie die
individuelle Portfolioverwaltung als Nebentätigkeit von Kapitalanlagegesellschaften in
einer eigenen Vorschrift - Artikel 5 Abs. 3 a) der OGAW-Änderungsrichtlinie 2001/107/EG
– zu. Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2001/107/EG spreche insoweit von „der Verwaltung
von Anlageportfolios auf einer Einzelkundenbasis“. Derselbe Erwägungsgrund 9 definiere
auch die kollektive Vermögensverwaltung als „Verwaltung von Investmentfonds und von
Investmentgesellschaften (gemeinsame Portfolioverwaltung)“. Daraus ergebe sich, dass
die Verwaltung von Investmentfonds, auch soweit sie im Rahmen einer Auslagerung
arbeitsteilig erfolge, als kollektive Vermögensverwaltung einzustufen sei, weshalb die
Tätigkeit des Auslagerungsunternehmens nicht auf Einzelkundenbasis erfolge, sondern
vollständig in das Schutzregime für kollektive Anlagen in Wertpapieren integriert sei.
Diese engere Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Hs. 3 BeitragsVO sei auch im
Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der Erhebung einer
Sonderabgabe geboten. Denn eine Heranziehung der Erträge aus der Verwaltung
fremder Sondervermögen für Kapitalanlagegesellschaften zur Finanzierung der
Jahresbeiträge verstoße gegen das Prinzip der Gruppenverantwortung. Im Falle eines
Konkurses eines Auslagerungsunternehmens bestünden keine
Entschädigungsansprüche der Kapitalanlagegesellschaft gegen die Antragsgegnerin was
sich einerseits aus § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EAEG ergebe und des Weiteren daraus folge,
dass es sich bei der Tätigkeit des Auslagerungsunternehmens nicht um eine individuelle
Vermögensverwaltung bzw. um eine Finanzportfolioverwaltung gemäß § 1 Abs. 1 a Satz
2 Nr. 3 KWG handele, so dass kein von der Entschädigung abgedecktes
Wertpapiergeschäft nach § 1 Abs. 3 EAEG vorliege.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist das Verwaltungsgericht zunächst
zutreffend von dem Prüfungsmaßstab gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ausgegangen.
Denn bei dem Jahresbeitrag zur Entschädigungseinrichtung der
Wertpapierhandelsunternehmen handelt es sich um eine öffentliche (nicht steuerliche)
Abgabe zur Finanzierung einer besonderen Aufgabe (BVerwG, Urteil vom 21. April 2004 -
6 C 20.03 - Rn. 18, 19, zit. nach juris; BVerwGE 120, 311) und damit um einen Fall
gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO. Die Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 3 EAEG in der
hier maßgeblichen Fassung des Art. 12 des Gesetzes vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I
S. 2676, 2733), wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Beitragsbescheide
keine aufschiebende Wirkung haben, kommt demgegenüber nur klarstellende
Bedeutung zu, ohne dass deshalb bereits § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO einschlägig
wäre. Indessen bestehen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der
Antragstellerin keine ernstlichen Zweifel gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO an der
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Antragstellerin keine ernstlichen Zweifel gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO an der
Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides vom 11. September 2007. Ernstliche Zweifel
sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowie des für das Abgabenrecht
zuständigen Senats des beschließenden Gerichts nur dann gegeben, wenn der
Verwaltungsakt Mängel erkennen lässt, nach denen ein Obsiegen des Betroffenen im
Klageverfahren absehbar wahrscheinlicher ist als sein Unterliegen (vgl. etwa
Senatsbeschluss vom 25. März 2009 - OVG 1 S 31.09 -; ferner Beschluss vom 10.
August 2007 - OVG 1 S 73.07 -). Bei offenen Erfolgsaussichten verbleibt es hingegen bei
der gesetzlichen Wertung des § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die grundsätzliche Wertung des
§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, wonach dem Abgabenschuldner zunächst zuzumuten ist,
die Abgaben zunächst einmal zu zahlen, darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass die
aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs immer schon dann anzuordnen ist, wenn der
Fall eine im Eilverfahren nicht zu klärende Frage bzw. schwierige Rechtsfragen aufwirft.
Dies gilt umso mehr, wenn der Abgabenschuldner sicher sein kann, die gezahlte Abgabe
zurückzuerhalten, falls sich die Abgabenerhebung in der Hauptsache als rechtswidrig
erweisen sollte. Ausgehend davon genügt es für den Erfolg eines Aussetzungsantrages
nicht, dass wegen schwieriger, im gerichtlichen Eilverfahren nicht zu klärenden
Rechtsfragen die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht
abschließend beurteilt werden können (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6.
November 2009 - 9 S 25.09 -).
Nach diesen Grundsätzen hat die Beschwerde Erfolg. Weder sind ernstliche Zweifel an
der Erhebung des Jahresbeitrags für 2007 in Höhe von 1.474,05 Euro zu erkennen
(nachfolgend 1.), noch stellt die Vollziehung des angefochtenen Abgabenbescheids für
die Antragstellerin eine unbillige Härte dar (sodann unter 2.).
1. Soweit sich das Verwaltungsgericht für seine Entscheidung maßgeblich auf die
unterschiedlichen Bestimmungen – OGAW-Richtlinie einerseits, MiFID-Richtlinie
andererseits – stützt und darin „zwei klar voneinander unterschiedene Schutzsysteme“
entdecken will, lässt der Senat offen, ob dies zwingend zu den von dem
Verwaltungsgericht getroffenen Schlussfolgerungen führen muss. Es ist im Übrigen mit
Blick auf den vorstehend aufgeführten Entscheidungsmaßstab (ernstliche Zweifel) auch
fraglich, ob für derartige Überlegungen in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, in
dem es um einen Betrag von 1.174,05 Euro und um Rechtsfragen geht, die sich
angesichts der zwischenzeitlich erfolgten Klarstellung durch den Gesetzgeber ab dem
Jahresbeitrag 2008 nicht mehr stellen werden, überhaupt Raum besteht und ob diese
nicht allein einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben können. Gleiches gilt für die
verfassungsrechtlichen Überlegungen des Verwaltungsgerichts zur Frage der
Gruppenverantwortung. Jedenfalls wird die Auffassung der Antragsgegnerin, dass sich die
Wahrnehmung der Aufgaben der gemeinsamen Portfolioverwaltung im Auftrag von
Verwaltungsgesellschaften für diese (auftraggebenden Verwaltungsgesellschaften) für
das Auslagerungsunternehmen als individuelle Portfolioverwaltung darstellt, maßgeblich
dadurch gestützt, dass der Gesetzgeber inzwischen den hier angefochtenen Beschluss
zum Anlass nehmend die bisherige Auslegung und Praxis der BaFin bestätigt hat, indem
er im Zuge der Neuregelung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG durch Art. 6 Nr. 2 a) des Gesetzes
zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes und anderer
Gesetze vom 25. Juni 2009, BGBl. I S. 1528, 1532, 1533, in Kraft getreten am 30. Juni
2009, klargestellt hat, dass die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter
Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum einschließlich der Portfolioverwaltung
fremder Investmentvermögen als individuelle Vermögensverwaltung anzusehen ist. Dies
ergibt sich aus den der gesetzlichen Neuregelung zugrunde liegenden
Gesetzesmaterialien. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat insoweit in
seiner Beschlussempfehlung vom 13. Mai 2009 (BT-Drs. 16/13024, S. 2) eine
entsprechende Klarstellung gefordert und in dem Bericht vom 14. Mai 2009 (BT-Drs.
16/13038, S. 9) ausgeführt, dass die der bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin und der
Antragsgegnerin entsprechende Änderung des § 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG vor dem
Hintergrund, dass das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Beschluss vom 17. März
2009 eine andere Auffassung vertreten habe, der gesetzlichen Klarstellung diene. Diese
Änderung stehe zudem in Einklang mit der auf der Internetseite der EU-Kommission
veröffentlichten Auffassung der Kommissionsdienststellen zu Artikel 2 Abs. 1 h) i.V.m.
Anhang I Abschnitt A Nr. 4 der Richtlinie 2004/39/EG und entspreche damit der Vorgabe
gemäß Artikel 5 g) Abs. 1 c) der OGAW-Richtlinie und § 16 Abs. 2 InvG, die bei
Übertragung der Portfolioverwaltung eine Zulassung für Zwecke der
Vermögensverwaltung und eine wirksame öffentliche Beaufsichtigung verlangten.
Dementsprechend erfordere die Übertragung der Portfolioverwaltung auf ein
Finanzdienstleistungsunternehmen eine Erlaubnis zur Finanzportfolioverwaltung nach § 1
Abs. 1 a) Nr. 3 KWG, die eine Sicherungspflicht nach § 2 EAEG nach sich ziehe, weshalb
aus Gründen der Gleichbehandlung nichts anderes bei Ausübung der gleichen Tätigkeit
durch eine Kapitalanlagegesellschaft gelten könne. Damit hat der Gesetzgeber
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durch eine Kapitalanlagegesellschaft gelten könne. Damit hat der Gesetzgeber
verdeutlicht, dass ein entsprechendes Verständnis von § 7 Abs. 2 Nr. 1 InvG bereits vor
dessen klarstellender Neuregelung geboten gewesen ist. Damit spricht viel dafür, dass
bereits § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Hs. 3 BeitragsVO in der hier maßgeblichen Fassung vom
5. Juni 2003 so auszulegen ist, dass die Verwaltung fremder Sondervermögen unter den
Begriff der individuellen Vermögensverwaltung fällt, so dass sich die Frage einer
unzulässigen Rückwirkung durch Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Hs. 3
BeitragsVO in der Fassung der Dritten Änderungsverordnung vom 26. August 2008 nicht
stellt. Erst recht kann hiernach nicht von ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der
entsprechenden Beitragserhebung die Rede sein. Alle weiteren insoweit gewechselten
rechtlichen Überlegungen müssen der Würdigung in einem Hauptsacheverfahren
vorbehalten bleiben.
2. Die Vollziehung des angefochtenen Abgabenbescheides in Höhe von 1.174,05 EUR
stellt keine unbillige Härte dar; dies bedarf in Anbetracht des geringen Betrages für die
Antragstellerin keiner weiteren Ausführungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG (a.F.), § 52 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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