Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 16.01.2009

OVG Berlin-Brandenburg: unternehmen, vollzug des gemeinschaftsrechts, vorläufiger rechtsschutz, anbieter, aussetzung, gleichheit im unrecht, örtliche zuständigkeit, öffentliche sicherheit

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 11.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 11 S 10.09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 110 Abs 1 S 1 TKG, § 113a
TKG, EGRL 24/2006, Art 3 Abs 1
GG, Art 12 Abs 1 GG
Kostentragungspflicht für TK-Unternehmen im Rahmen der
Vorratsdatenspeicherung ist generell verfassungsgemäß; keine
Schadensersatzpflicht, insbesondere keine Amtshaftung für
legislatives Unrecht
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Januar 2009 wird geändert.
Der Antrag der Antragstellerinnen, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger
Anordnung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, hilfsweise bis
zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens erster Instanz zur Feststellung zu
verpflichten, dass sie nicht verpflichtet seien, die in § 113a TKG enthaltene Verpflichtung
zur Vorhaltung der technischen Anlagen zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung
umzusetzen, wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Antragstellerinnen zu je einem
Drittel.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für beide Instanzen auf je 834.000 EUR
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin wendet sich gegen den Beschluss der 27.
Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Januar 2009, mit dem ihr im Wege
einstweiliger Anordnung untersagt wurde, vor einer Entscheidung im
Hauptsacheverfahren VG 27 A 322.08 gegen die Antragstellerinnen Maßnahmen wegen
des Unterlassens der Vorhaltung von Anlagen zur Vorratsdatenspeicherung einzuleiten.
Die Antragstellerin zu 1. bietet bundesweit mit einem eigenen Breitbandnetz für vor
allem mittelständische Unternehmen und Geschäftskunden Breitbandkommunikation
einschließlich kompletter Standortvernetzungen sowie DSL-Vorprodukte an. Zum Ende
des Geschäftsjahres 2... beschäftigte sie 6... Mitarbeiter und erzielte bei einem Umsatz
von 4... Euro ein positives Konzernergebnis. Über ein Tochterunternehmen, die
Antragstellerin zu 2., bietet sie für Privatkunden Internetzugangsdienste mit Voice over
IP-Telefonanschlüssen (VoIP) an, ferner über ein weiteres Tochterunternehmen, die
Antragstellerin zu 3., Service- und Dienstleistungen im Internet- und
Telekommunikationsbereich, vorwiegend Telefoniedienstleistungen im
Teilnehmernetzbetrieb für Geschäftskunden.
Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 TKG vom 22. Juni 2004 sind - wie schon nach der
Vorgängerregelung in § 88 Abs. 1 TKG 1996 - die Betreiber von
Telekommunikationsanlagen, mit denen Telekommunikationsdienste - TK-Dienste - für
auf eigene Kosten
Einrichtungen zur Umsetzung gesetzlich vorgesehener Maßnahmen zur Überwachung
der Telekommunikation vorzuhalten und organisatorische Maßnahmen für deren
unverzügliche Umsetzung zu treffen. Anders als für im Einzelfall angeordnete und
durchgeführte Überwachungen, für die Entschädigungsleistungen nach den Vorschriften
des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) gewährt werden, wird für die
- streitgegenständlichen - sogenannten Anschaffungs- und Bereithaltungskosten
(Investitionskosten) keine Entschädigung gewährt. Hieran hat sich auch durch die
Aufhebung der - zuvor allerdings nicht genutzten - Verordnungsermächtigung in § 110
Abs. 9 TKG, der diesen Ausschluss in seinem Satz 2 ausdrücklich regelte, durch das TK-
Entschädigungs-Neuordnungsgesetz vom 29. April 2009 (BGBl. I S. 994), das am 1. Juli
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Entschädigungs-Neuordnungsgesetz vom 29. April 2009 (BGBl. I S. 994), das am 1. Juli
2009 in Kraft getreten ist, nichts geändert.
Durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer
verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom
21. Dezember 2007 (BGBl. I 3198) - TK-Neuregelungsgesetz - wurden u.a. die §§ 113 a
und 113 b TKG neu in dieses Gesetz aufgenommen.
Gemäß § 113 a Abs. 1 TKG hat derjenige, der öffentlich zugängliche TK-Dienste für
Endnutzer erbringt, von ihm bei der Nutzung erzeugte oder verarbeitete Verkehrsdaten -
diese sind in den Absätzen 2 bis 5 für die Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste,
Anbieter von Diensten der elektronischen Post und Internetzugangsdienste im Einzelnen
aufgezählt und beinhalten u.a. Nummern und Kennung der beteiligten Anschlüsse oder
der Endeinrichtung, Beginn und Ende der jeweiligen Verbindung nach Datum und Uhrzeit
sowie übermittelte Datenmengen, nicht aber Inhalte der elektronischen Kommunikation
- für sechs Monate zu speichern bzw. im Falle nicht eigener Erzeugung oder
Verarbeitung der Daten die Speicherung sicherzustellen und den Verantwortlichen zu
benennen.
In § 113 b TKG ist die Übermittlungspflicht auf Anforderung an die zuständigen Stellen
zur Verfolgung von Straftaten, zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche
Sicherheit oder zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden
des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes und des Militärischen
Abschirmdienstes geregelt.
Das TK-Neuregelungsgesetz ist am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Für Anbieter von
Internetzugangsdiensten, Diensten der elektronischen Post oder Internettelefondiensten
gelten die Pflichten nach § 113 a TKG erst seit dem 1. Januar 2009; eine
bußgeldpflichtige Ordnungswidrigkeit stellt der Verstoß gegen die Speicherungspflicht
oder die dies sicherstellende Pflicht ebenfalls erst seit dem 1. Januar 2009 dar (§ 150
Abs. 12 b TKG).
Die Antragstellerinnen haben am 10. Dezember 2008 Klage vor dem VG Berlin zu VG 27
A 322.08 mit dem Antrag erhoben festzustellen, dass sie nicht verpflichtet seien, die in §
113a TKG enthaltene Verpflichtung zur Vorhaltung von Anlagen zur
Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Über die Klage ist bisher nicht entschieden.
Zur Begründung des gleichzeitig gestellten verfahrensgegenständlichen Antrags auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung berufen sie sich im Wesentlichen darauf, die
Auferlegung der erheblichen Investitions- und laufenden Bereithaltungskosten von 1...
Euro bzw. 3... Euro jährlich stelle für sie eine erhebliche Belastung dar, die wirtschaftlich
als mit Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG nicht vereinbare Sonderabgabe anzusehen sei.
Auch hätte die relativ geringe Zahl von Anfragen in der Vergangenheit ganz
überwiegend auch ohne die nunmehr vorgesehene Speicherung beantwortet werden
können. Die sich hieraus ergebenden Verpflichtungen im Internetbereich, v.a. die
technischen Systemanforderungen und die Notwendigkeit einer zweiten Datenbank,
seien anders als im klassischen Telefoniebereich unklar. Im Falle späterer
Standardisierung drohten ggf. weitere unnütze Kosten.
Das Verwaltungsgericht hat das Begehren der Antragstellerinnen - auch im Hinblick auf
die geplante Aussetzung des Hauptsacheverfahrens wegen der bereits erfolgten Vorlage
eines Parallelverfahrens an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG -
dahingehend ausgelegt, dass die Untersagung der Einleitung von Maßnahmen wegen
des Unterlassens der Vorhaltung von Anlagen zur „Vorratsspeicherung“ im Wege
einstweiliger Anordnung bis zur Entscheidung der Kammer im Hauptsacheverfahren
begehrt wird, und durch Beschluss vom 16. Januar 2009 eine entsprechende einstweilige
Anordnung erlassen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Der Antrag sei zulässig. Es sei den Antragstellerinnen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG
nicht zumutbar, eine Anordnung der Antragsgegnerin nach § 115 Abs. 1 und 2 Nr. 1 TKG
abzuwarten und erst dagegen vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu
beantragen. Denn der Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung stelle eine
Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld in beträchtlicher Höhe geahndet werden
könne. Der Antrag betreffe auch ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis und könne
Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts
begründe sich aus dem Sitz des zuständigen Bundesministeriums in Berlin. Dass die
Antragstellerinnen vor der gerichtlichen Geltendmachung vergeblich versucht hätten,
eine Zusicherung der Bundesnetzagentur in Bonn zu erhalten, stehe dem nicht
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eine Zusicherung der Bundesnetzagentur in Bonn zu erhalten, stehe dem nicht
entgegen.
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung sei im Rahmen einer Folgenabwägung
nach Maßgabe der entstehenden Nachteile für die Verfahrensbeteiligten auch als
begründet anzusehen. Der „wesentliche Nachteil“, der den Erlass einer
Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertige, ergebe sich daraus,
dass die Antragstellerinnen die Technik zur Vorratsdatenspeicherung auf eigene Kosten
selbst beschaffen und Betriebsbereitschaft herstellen müssten, bevor über die
Verfassungsmäßigkeit dieser Kostentragungspflicht entschieden worden sei. Sie
müssten befürchten, dass diese nicht ganz unbedeutenden Kosten im Falle der
Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Regelung nicht erstattet würden. Spätere
Schadensersatzansprüche, etwa aus § 839 BGB, Art. 34 GG, bestünden nämlich nicht,
weil die Erfüllung einer - wegen Verfassungswidrigkeit in Wirklichkeit nicht bestehenden -
gesetzlichen Verpflichtung keine Staatshaftung begründe.
Die Kammer sei der Überzeugung, dass die gesetzliche Kostentragungspflicht der TK-
Unternehmen für die Vorratsdatenspeicherung aus § 110 Abs. 1 Satz 1 TKG gegen Art.
12 Abs. 1 GG verstoße. Man habe diese Frage deshalb im Verfahren VG 27 A 3.07 durch
Beschluss vom 2. Juli 2008 gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht
zur Entscheidung vorgelegt. Dort sei im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar die
gesetzliche Handlungspflicht - Einrichten und Vorhalten der Überwachungstechnik nebst
Vorhalten des entsprechenden Personals - eine verfassungsrechtlich zulässige
Berufsausübungsregelung darstelle, nicht jedoch die Übertragung der Kostenlast hierfür.
Insoweit liege ein Verstoß gegen das „Generalprinzip der Steuerstaatlichkeit“ vor. Die
seitens der Antragsgegnerin nicht bestrittenen Implementierungs- und Betriebskosten
seien auch nicht so unbedeutend, dass eine Bindung erheblicher Betriebsmittel von
vornherein ausscheide. Dass diese Kosten möglicherweise an die Kunden weitergegeben
werden könnten, sei unerheblich.
Dass infolge der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung jedenfalls für den Kundenkreis
der Antragstellerinnen die gesetzlich vorgesehene Vorratsdatenspeicherung vorläufig
unterbleibe, obwohl der Bundesgesetzgeber hierbei zwingendes Gemeinschaftsrecht,
nämlich die Richtlinie 2006/24/EG vom 15. März 2006, umgesetzt und das
Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 11. März 2008 zu 1 BvR 256/08
ausgeführt habe, eine Aussetzung des Vollzugs europäischen Gemeinschaftsrechts sei
nur in ganz besonderen Ausnahmefällen möglich und der Vollzug der Speicherpflicht
allein, d.h. ohne Übermittlung an die zuständigen Behörden, bringe keine besonders
schweren und irreparablen Nachteile mit sich, rechtfertige im Ergebnis keine andere
Beurteilung. Denn die Frage der Kostentragung der Vorratsdatenspeicherung sei im
Gemeinschaftsrecht überhaupt nicht geregelt. Deren Auferlegung sei vielmehr autonom
durch den deutschen Gesetzgeber erfolgt. Dementsprechend habe es die
Antragsgegnerin in der Hand, durch eine rechtlich bindende Erklärung, wonach den
Antragstellerinnen im Falle der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der
Kostenregelung durch das Bundesverfassungsgericht diese Kosten erstattet würden, die
Befürchtung eines irreparablen Schadens und damit den Anordnungsgrund entfallen zu
lassen.
Auch der weitere Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Oktober 2008 zu 1
BvR 256/08 stehe dem Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht entgegen, da
vorliegend keine generelle Aussetzung der Kostentragungspflicht für alle TK-Anbieter
begehrt werde. Schließlich seien die mit der Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung
verbundenen Kosten auch substantiiert und aufgeschlüsselt vorgetragen sowie von der
Antragsgegnerin nicht bestritten worden, so dass hier eine verlässliche Einschätzung der
drohenden Nachteile möglich sei.
Hinzu komme, dass für die Implementierung der notwendigen Technik keine technischen
Vorgaben existierten, insbesondere eine Standardisierung der Schnittstellen fehle.
Insofern sei die Befürchtung der Antragstellerinnen nicht von der Hand zu weisen, dass
sie eventuell später zu neuen Investitionen gezwungen seien. Das Angebot, mit der
Bundesnetzagentur individuelle Lösungen zu finden, könne die notwendige gesetzliche
Konkretisierung nicht ersetzen.
Zur Begründung der am 29. Januar 2009 eingegangenen Beschwerde macht die
Antragsgegnerin mit - am selben Tage eingegangenem - Schriftsatz vom 12. Februar
2009 im Wesentlichen Folgendes geltend:
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung zurückzuweisen, da die Klage bereits in der Hauptsache
offensichtlich unbegründet sei. Denn die Regelung zur Tragung der Kosten der
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offensichtlich unbegründet sei. Denn die Regelung zur Tragung der Kosten der
Vorratsdatenspeicherung gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG in Verbindung mit §§ 113
a und 113 b TKG durch die TK-Unternehmen sei verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden.
Der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG sei durch die gesetzliche Regelung, wonach die
TK-Unternehmen zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet seien und die Kosten der
Bereit-stellung und Vorhaltung von Vorrichtungen zur Überwachung der
Telekommunikation selbst zu tragen hätten, mangels berufsregelnder Tendenz schon
gar nicht berührt. Jedenfalls aber handele es sich dabei um zulässige und zumutbare
Berufsausübungsregelungen. Es bestehe nämlich eine hohe Sach- und
Verantwortungsnähe der TK-Unternehmen für diesen Bereich. Auch schon vor der
beanstandeten gesetzlichen Neuregelung seien diese bekanntlich im Rahmen von
Strafverfolgungsmaßnahmen gesetzlich zu Auskünften verpflichtet gewesen. Auch
würden deren Betriebsmittel nicht in unverhältnismäßiger Weise gebunden. Denn sie
könnten die ihnen entstehenden Kosten an ihre Kunden weitergeben. Würde man
einzelne Unternehmen hiervon freistellen, ergäben sich für diese im Verhältnis zu ihren
Konkurrenten vielmehr unzulässige Wettbewerbsvorteile.
Auch der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG sei wohl schon nicht berührt, jedenfalls
liege eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung vor. Ein Verstoß gegen Art. 3
Abs. 1 GG entfalle schon mangels Ungleichbehandlung gegenüber anderen TK-Anbietern
und einer bestehenden besonderen Härte. Auch biete die Richtlinie 2006/24/EG keinen
Spielraum für Ausnahmeregelungen.
Entgegen ihrer Darstellung sei es den Antragstellerinnen auch möglich, ihren
gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. So sehe das Gesetz das Vorhalten einer
zweiten Datenbank ausschließlich für Zwecke der Vorratsdatenspeicherung nicht vor.
Vielmehr sei es den Unternehmen vom Gesetzgeber bewusst freigestellt worden, welche
technischen Lösungen sie wählten, wenn sie nur die notwendige Speicherung und
unverzügliche Auskunftserteilung sicherstellten (BT-Drs. 16/5846 S. 172). Das sei
ebenso wenig zu beanstanden wie die Möglichkeit, eine individuelle Lösung ggf. mit der
Bundesnetzagentur abzusprechen. Dass die Standardisierung für die Schnittstellen nicht
verbindlich geregelt sei, betreffe schon nicht die Speicherung, sondern nur die
Überwachung und habe sich schon bei den bisherigen Überwachungsanordnungen nicht
als Problem dargestellt. Ggf. sei eine Nachrüstung sehr schnell möglich und führe auch
nur zu Kosteneinsparungen.
Jedenfalls überwiege im Falle notwendiger Folgenabwägung das staatliche
Vollzugsinteresse das vorläufige Abwendungsinteresse der Antragstellerinnen. Wegen
der faktischen Aussetzung einer gesetzlichen Regelung und der
gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung zur effektiven Umsetzung der Richtlinie
2006/24/EG - auch das Bundesverfassungsgericht übe seine Gerichtsbarkeit wegen des
Grundrechtschutzes in der EU insoweit nicht aus - müsse eine Vorlage an den EuGH zur
Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG-Vertrag erfolgen, jedenfalls aber müssten den
Antragstellerinnen schwere und nicht wieder gutzumachende Schäden drohen. Auch
müssten die ihnen drohenden Nachteile die entgegenstehenden öffentlichen Interessen
in Ausmaß und Schwere deutlich überwiegen. Das sei vorliegend jedoch nicht der Fall. So
habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 28. Oktober 2008 zu 1
BvR 256/08 deutlich gemacht, dass die Kostenverpflichtungen auch für die TK-Anbieter,
die unter die Übergangsregelung des § 150 Abs. 12 b Satz 2 TKG fielen, keine generelle
Aussetzung oder die Verlängerung der Übergangsregelung geböten.
Auf die Anzahl der Abfragen komme es nicht an. Vielmehr müsse auch das Erfordernis
möglichst weitgehender Lückenlosigkeit der Datenerfassung beachtet werden, zumal
europarechtlich eine vollständige Umsetzung geboten sei und auch die
Chancengleichheit bzw. die Notwendigkeit der Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen Ausnahmen nicht zuließen. Für eine unverhältnismäßig
schwer wiegende Bindung von Betriebsmitteln hätten die Antragstellerinnen nichts
substantiiert und nachvollziehbar vorgetragen.
Die Abgabe einer Verpflichtungserklärung zur Kostenübernahme im Falle der
Feststellung einer Verfassungswidrigkeit der Kostenregelung durch das
Bundesverfassungsgericht komme wegen der Zuständigkeit des Haushaltsgesetzgebers
und der in der genauen Höhe unklaren, jedoch erheblichen Kostenfolgen nicht in
Betracht.
Ergänzend hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 1. April 2009 geltend gemacht,
die faktisch bewirkte gänzliche Aussetzung der Speicherungspflicht durch den Beschluss
des Verwaltungsgerichts gehe schon deshalb zu weit und sei deshalb unzulässig, weil die
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des Verwaltungsgerichts gehe schon deshalb zu weit und sei deshalb unzulässig, weil die
Kammer an deren Rechtmäßigkeit selbst keine Zweifel habe, vielmehr nur die
zusätzliche Regelung, dass die TK-Unternehmen die Anschaffungs- und
Bereithaltungskosten hierfür zu tragen hätten, für verfassungswidrig halte. Eine -
unterstellt - unzulässige Einzelregelung im Rahmen der innerstaatlichen Umsetzung
einer EG-Richtlinie könne jedenfalls nicht dazu führen, dass die Vorratsdatenspeicherung
selbst ausgesetzt werde, zu deren effektiver Umsetzung die Mitgliedsstaaten der EU
europarechtlich verpflichtet seien.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Januar 2009 aufzuheben
und den Antrag der Antragstellerinnen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
zurückzuweisen.
Die Antragstellerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie machen im Wesentlichen Folgendes geltend:
Das Verwaltungsgericht habe ihrem Begehren auf Aussetzung zu Recht entsprochen.
Insofern werde zunächst auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses verwiesen.
Insbesondere stehe nicht EG-Recht in Streit, sondern die allein im nationalen Recht
geregelte Frage der Zulässigkeit der Auferlegung der Kosten auf die TK-Unternehmen.
Über deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz habe allein das
Bundesverfassungsgericht zu entscheiden, weshalb eine dortige Vorlage zu erwägen sei.
Vorrangig sei aber wohl eine Vorabentscheidung durch den EuGH wegen des Eingriffs der
Vorratsdatenspeicherung in die Bürgerrechte bzw. der in den EU-Ländern unterschiedlich
gehandhabten Kostenerstattung für die notwendigen Investitionskosten und eine sich
daraus ergebende Wettbewerbsbeeinträchtigung. So habe das österreichische
Verfassungsgericht den dortigen Gesetzgeber zur weitgehenden Erstattung der
Implementierungskosten gezwungen.
Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 28. Oktober 2008 zu 1
BvR 256/08 entgegen der Annahme der Antragsgegnerin keineswegs deutlich gemacht
oder gar entschieden, dass die Kostentragungsregelung in § 110 Abs. 1 Satz 1 TKG für
Diensteanbieter verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Vielmehr habe es eine
Aussetzung der Speicherungspflicht nur deshalb abgelehnt, weil weder eine verlässliche
Einschätzung der den Unternehmen entstehenden Kosten vorliege und deshalb die für
diese entstehenden Nachteile nicht verlässlich zu bewerten seien noch die auf Seiten
des Staates eintretenden Nachteile. Im Übrigen gehe es vorliegend auch nicht um die
generelle Aussetzung der gesetzlichen Kostenregelung, sondern um die vorläufige
Aussetzung der Verpflichtung zur Anschaffung und Implementierung der notwendigen
Anlagen nur für sie und die ihnen drohenden schwerwiegenden und irreparablen
Nachteile.
Die Verpflichtung zur Anschaffung und Bereithaltung der technischen Anlagen zur
Vorratsdatenspeicherung auf eigene Kosten, die bei späterer Feststellung der
Verfassungs-widrigkeit dieser Regelung nicht ersetzt würden, sei auch
unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber habe die den TK-Unternehmen entstehenden
Investitionskosten deutlich zu niedrig eingeschätzt. Die Annahme einer zumindest
weitgehenden Umlegung auf die Kunden sei unrealistisch. Die Entschädigung für die
Überwachungsanordnungen im Einzelfall beinhalte keine anteilmäßige Amortisation
dieser Kosten. Die glaubhaft gemachten Investitionskosten seien, wie inzwischen
festgestellt, infolge Verdoppelung der Kapazität des Sprachnetzes für VoIP sogar noch
um 400.000 Euro höher zu schätzen.
Auch weise die Vorratsdatenspeicherung aufgrund der vielen bereits gesetzlich
vorgesehenen und allgemein bekannten Ausnahmeregelungen, aber auch aufgrund
einer mit dem Gesetz - hinsichtlich des Begriffs der Öffentlichkeit - nicht zu
vereinbarenden Verwaltungspraxis der Bundesnetzagentur derart große Lücken auf,
dass die Regelung im Wesentlichen leerlaufe bzw. jedenfalls nicht effizient sei, woraus
sich für sie Wettbewerbsnachteile ergäben und auch Art. 3 Abs. 1GG verletzt werde.
Nach ihren Erkenntnissen bzw. deren Verlautbarungen verlange die Bundesnetzagentur
selbst von großen Unternehmen keine Meldung, ob sie ihren gesetzlichen
Verpflichtungen nachkämen, bzw. verzichte generell auf die Speicherung wie etwa im
Falle der Mitbenutzung von Anschlüssen durch Gäste und Kunden von Hotels und
Gaststätten.
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Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin halte man auch daran fest, dass das
Gesetz selbst jedenfalls die wesentlichen Leistungsanforderungen und technischen
Standards (Notwendigkeit einer zweiten Datenbank, Schnittstellenstandards etc.)
vorgeben müsse. Die dies freistellende Gesetzesbegründung habe im Übrigen im
Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden. Insoweit bestehe eine kostenrelevante
Unsicherheit.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 146 Abs. 4 VwGO zulässig und
begründet.
Der Antrag der Antragstellerinnen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123
VwGO kann in der Sache keinen Erfolg haben, da auf der Grundlage der dem Senat
vorliegenden Erkenntnisse und nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage (vgl.
nur BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 1996 - 1 BvR 638/96 -, NVwZ 1997, 479 m.w.N.)
nicht solche Zweifel an der Verpflichtung der Antragstellerinnen, die technischen
Vorrichtungen zur Vorratsdatenspeicherung, deren Verfassungsmäßigkeit gegenüber
dem Bürger nach Art. 10 GG Gegenstand des Verfahrens vor dem
Bundesverfassungsgericht zum Geschäftszeichen 1 BvR 256/08 ist, auf eigene Kosten
einzurichten und bereitzuhalten, bestehen, die bereits den Erlass der begehrten
Anordnung rechtfertigen würden (1.). Darüber hinaus muss auch eine Folgenabwägung
mangels Glaubhaftmachung eines ihnen durch die Erfüllung der entsprechenden
gesetzlichen Verpflichtung drohenden, besonders schwerwiegenden Schadens zu ihren
Lasten ausgehen (2.).
Gegen die Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bestehen,
wie das Verwaltungsgericht zutreffend anführt, keine Bedenken.
Die Antragstellerinnen sind vor dem Hintergrund der Bußgelddrohung bis zu 500.000
Euro in § 149 Abs. 1 Nr. 36, 37 und Abs. 2 Satz 1 TKG nicht gehalten, eine Anordnung
bzw. (Zwangs)Maßnahmen der Antragsgegnerin gemäß § 115 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1
TKG zur Umsetzung der Verpflichtungen aus § 110 Abs. 1 i.V.m. § 113 a TKG abzuwarten
und sich hiergegen nach § 80 Abs. 5 VwGO bzw. im Rahmen eines
Ordnungswidrigkeitenverfahrens zu wenden (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1969
- I C 86.64 -, Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 31).
Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht auch nicht entgegen, dass die
Antragstellerinnen sich vorliegend gegen eine unmittelbar durch das TKG getroffene
Regelung wenden. Denn es entspricht ständiger Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts, dass vorläufiger Rechtsschutz im fachgerichtlichen
Verfahren auch für diesen Fall zulässig ist. Die Fachgerichte sind hieran nämlich „für den
Fall, dass sie die angegriffene Regelung für verfassungswidrig erachten, nicht dadurch
gehindert, dass sie über die Frage der Verfassungswidrigkeit nicht selbst entscheiden
könnten, sondern insoweit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art.
100 Abs. 1 GG einholen müssten“ (vgl. nur Beschluss des BVerfG. v. 24. Juni 1992 zu 1
BvR 1028/91, juris Rz. 29). Das ist hiernach jedenfalls dann zulässig, „wenn dies nach
den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten
erscheint und die Hauptsachenentscheidung dadurch nicht vorweggenommen wird“ (vgl.
dazu auch Kopp, VwGO, Kommentar, 16. Aufl., § 123 Rz. 16).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Insbesondere würde die vorläufige Entbindung
der Antragstellerinnen von der gesetzlichen Verpflichtung zur Einrichtung und
Bereithaltung der technischen Anlagen zur Vorratsdatenspeicherung keine unzulässige
Vorwegnahme der Hauptsache darstellen. Denn hierunter ist nur eine endgültige -
rechtliche oder zumindest faktische - Vorwegnahme der Hauptsache in dem Sinne zu
verstehen, dass die Entscheidung und ihre Folgen aus rechtlichen oder tatsächlichen
Gründen auch nach der Hauptsachenentscheidung gänzlich nicht mehr rückgängig
gemacht werden können. Dass eine vorübergehende Aussetzung als solche hinsichtlich
ihrer Folgen ggf. nicht rückgängig gemacht werden kann, steht dem nicht entgegen.
Denn eine derartige zeitweise Vorwegnahme wohnt jeder vorläufigen Entscheidung inne,
würde eine einstweilige Anordnung somit regelmäßig unzulässig machen (BVerfG,
Beschluss vom 31. März 2003 - 2 BvR 1779/02 -, NVwZ 2003, 1112; Kopp, a.a.O.Rz. 14;
Schoch: in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, Loseblatt, § 123 Rz.
147 u. 154).
Nur unter engen Voraussetzungen wäre allerdings im Hinblick auf die Vorlagepflicht nach
Art. 234 EG-Vertrag ein nationales Gericht befugt, durch Erlass einer einstweiligen
Anordnung vorläufige Maßnahmen zu treffen, wenn es Zweifel an der Gültigkeit
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Anordnung vorläufige Maßnahmen zu treffen, wenn es Zweifel an der Gültigkeit
sekundären Gemeinschaftsrechts hat (vgl. dazu im Einzelnen Schoch, a.a.O., Rz. 68 und
Kopp, a.a.O. Rz. 16 m.w.N.). Da vorliegend die Kostentragungspflicht der TK-
Unternehmen für die Vorratsdatenspeicherung bzw. die hierfür erforderliche Vorhaltung
technischer Einrichtungen nicht durch Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht durch die
Richtlinie 2006/24/EG, geregelt oder vorgegeben wird, sondern allein durch den
bundesdeutschen Gesetzgeber auferlegt wurde, ist die Auslegung oder Gültigkeit
sekundären Gemeinschaftsrecht hier jedoch nicht im Streit. Eine Vorlage an den EuGH
zur Klärung der Vereinbarkeit der Kostentragungsregelung mit dem Grundgesetz ist
daher nicht möglich.
Eine Vorlage dort ist entgegen der Annahme der Antragstellerinnen auch nicht deshalb
geboten, weil es in den EU-Ländern unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Tragung
der Investitionskosten für die Vorratsdatenspeicherung gebe. Denn das
Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 234 EG-Vertrag ermöglicht dem EuGH
lediglich Auslegung und Entscheidung über die Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht, nicht
jedoch die Überprüfung der Vereinbarkeit von Bestimmungen nationalen Rechts auf
Vereinbarkeit mit dem EG-Recht (vgl. nur Lenz Borchardt, EU- und EG-Vertrag,
Kommentar, 4. Auflage, Art. 234 Rz. 19 ff.).
Unzutreffend dürfte allerdings die Annahme des Verwaltungsgerichts sein, die vorläufige
Untersagung behördlicher Maßnahmen sei als „Regelungsanordnung“ nach § 123 Abs. 1
Satz 2 VwGO zulässig. Denn eine solche ist auf die vorläufige Veränderung des status
quo durch eine dem Antragsteller günstige Interimsentscheidung gerichtet und bewirkt
die vorläufige Begründung oder Erweiterung einer (bisher nicht inne gehabten)
Rechtsposition. Demgegenüber ist die Sicherungsanordnung statthaft, wenn es um
zustandssichernde Maßnahmen (Erhaltung einer Rechtsposition) geht, vornehmlich die
Sicherung von Unterlassungsansprüchen in Rede steht (Schoch, a.a.O. Rz. 50 bis 57;
Kopp, a.a.O. Rz. 6 bis 8).
Vorliegend geht es nicht um die Neubegründung oder Erweiterung einer Rechtsposition,
sondern um die Erhaltung einer solchen, d.h. den Schutz vor behördlichen Maßnahmen,
mithin nur um Unterlassen. Dass der Kostentragungspflicht vorliegend eine gesetzliche
Regelung zugrunde liegt, gebietet angesichts des genannten Schutzziels keine andere
Beurteilung. Insofern würde hier vorläufiger Rechtsschutz nur über eine
Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Betracht kommen.
Der Antrag der Antragstellerinnen auf Erlass einer derartigen einstweiligen Anordnung ist
jedoch unbegründet.
1. Die Auferlegung der Kosten für die Herstellung der technischen Voraussetzungen der
Vorratsdatenspeicherung (Anschaffung entsprechender Hardware und Implementierung
der notwendigen Software) und für die Sicherstellung laufender
Übermittlungsbereitschaft auf die TK-Unternehmen in § 110 Abs. 1 Satz 1 TKG in
Verbindung mit § 113 a Abs. 1 TKG hält der Senat - anders als die 27. Kammer des
Verwaltungsgerichts Berlin - im Rahmen der hier nur möglichen Prüfung zunächst einmal
nicht für generell verfassungswidrig.
Insofern ist allerdings zunächst darauf hinzuweisen, dass das Bundesverfassungsgericht
die streitgegenständliche Kostentragungspflicht bisher entgegen der Annahme der
Antragsgegnerin nicht als verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichnet oder gar eine
entsprechende Entscheidung getroffen hat. In seinem Beschluss vom 28. Oktober 2008
zu 1 BvR 256/08 hat es vielmehr allein eine Folgenabwägung getroffen, die materielle
Frage somit offen gelassen.
Die Heranziehung privater Unternehmen zur Mithilfe bei der Erfüllung öffentlicher
Aufgaben, wie vorliegend in § 113 a TKG vorgesehen, ist dem Grundgesetz nicht fremd
und auch keineswegs generell unzulässig. Ihre Grenze und auch die Frage, ob
diesbezüglich ein Anspruch auf Entschädigung oder Aufwendungsersatz besteht, ergibt
sich aus den Grundrechten. In erster Linie bemisst sich die Verfassungsmäßigkeit einer
solchen Indienstnahme Privater dabei an Art. 12. Abs. 1GG (vgl. dazu v.a. BVerfG,
Beschluss vom 16. März 1971 - 1 BvR 52, 665, 667, 754/66 -, BVerfGE 30, 292 ff. zur
Bevorratungspflicht für Erdölerzeugnisse; siehe aber auch dessen Beschlüsse vom 17.
Februar 1977 - 1 BvR 33/76 -, BVerfGE 44, 103 zur Einbehaltung und Abführung der
Kirchenlohnsteuer und vom 22. Januar 1997 - 2 BvR 1915/91 -, BVerfGE 95, 173, betr. die
Verpflichtung zu Warnhinweisen auf Tabakerzeugnissen).
Eine Verletzung des Rechts auf freie Berufswahl kommt hiernach nur dann in Betracht,
„wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen
wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den ausgewählten Beruf ganz oder teilweise
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wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den ausgewählten Beruf ganz oder teilweise
zur Grundlage ihrer Lebensführung oder - bei juristischen Personen - zur Grundlage ihrer
unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen“ (BVerfG, Beschluss vom 16. März
1971, a.a.O. S. 314). Dass die Auferlegung der Anschaffungs- und Bereithaltungskosten
der Vorratsdatenspeicherung die wirtschaftlichen Grundlagen der Unternehmenstätigkeit
der TK-Unternehmen regelmäßig entfallen lasse, behaupten die Antragstellerinnen
selbst nicht. Dafür ist auch nichts ersichtlich, da jedenfalls die großen TK-Unternehmen
der gesetzlichen Verpflichtung aus § 113 a TKG nachgekommen sind und dazu
offensichtlich auch wirtschaftlich in der Lage waren.
Diese Verpflichtung stellt aber auch keine verfassungsrechtlich unzulässige
Berufsausübungsregelung dar:
Auch hierbei kommt es nicht auf die individuelle Interessenlage eines einzelnen
Unternehmers an; vielmehr muss „bei der betroffenen Berufsgruppe generell das
Übermaßverbot verletzt sein“ (BVerfG, Beschluss vom 16. März 1971, a.a.O. S. 316). Für
die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung insoweit genügt es hiernach, dass der
Gesetzgeber den Eingriff in das Grundrecht mit sachgerechten und vernünftigen
Erwägungen des Gemeinwohls begründet und seine Rechtssetzungsmacht nicht zu
sachfremden Zwecken missbraucht. Hinsichtlich der Zumutbarkeit bzw. der
Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne kommt es jedenfalls bei einer nicht schlechthin
unternehmensfremden Tätigkeit und bei einer lediglich quantitativen Steigerung von
Belastungen, die hinsichtlich der Kosten im Grundsatz abwälzbar ist, nur darauf an, ob
die Verpflichtung „für die Gesamtheit der betroffenen Berufsgruppe zu einer ernsthaften,
nach der besonderen Ausgestaltung des Gesetzes auch nicht vermeidbaren, die
wirtschaftliche Existenz dieser Berufsgruppe gefährdenden Beeinträchtigung der
Unternehmensrentabilität führt“ (BVerfG, S. 325).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die gesetzliche Verpflichtung zur Tragung
der Anschaffungs- und Bereitstellungskosten der Vorratsdatenspeicherung, deren
Verfassungsmäßigkeit gegenüber dem Bürger nach Art. 10 GG Gegenstand des
Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht zum Geschäftszeichen 1 BvR 256/08 ist,
durch die TK-Unternehmen auf der Grundlage des TK-Neuregelungsgesetzes vom 21.
Dezember 2007 als zulässige Berufsausübungsregelung anzusehen. Der
bundesdeutsche Gesetzgeber hat sich in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs.
16/5846, S. 30 f. und 34) eingehend und überzeugend nicht nur mit der Geeignetheit,
Erforderlichkeit und Angemessenheit der Verpflichtung der TK-Unternehmen zur
Vorratsdatenspeicherung in gebotener Umsetzung der Richtlinie 2004/26/EG, sondern
auch mit der Frage befasst, welche Kostenfolgen für sie durch die Investitions- und
Bereithaltungsverpflichtung entstehen und diese als zumutbar eingeschätzt. Er hat
dabei verwiesen auf
- den letztlich unterschiedlich hoch dargelegten Zusatzaufwand zwischen einigen
Tausend bis zu mehreren Hunderttausend Euro,
- die mögliche Reduzierung der Kosten im Rahmen regelmäßig anstehender
technischer Anpassungen,
- die Anhebung der sogen. Marginaliengrenze für kleinere Unternehmen von 1.000
auf 10.000 Teilnehmer bzw. Nutzungsberechtigte (Erweiterung des Kreises der
Unternehmen, die keine speziellen Auskunftssysteme vorhalten müssen und
organisatorische Vorkehrungen zu treffen haben, wegen Unverhältnismäßigkeit – s. auch
BT-Drs. S. 77),
- die Entlastung aller Unternehmen durch die Entbehrlichkeit der bisherigen sogen.
Zielwahlsuche,
- die Aufhebung der Verpflichtung zur Erhebung und Übermittlung bestimmter
statistischer Daten und die grundsätzliche Möglichkeit der Einstellung in die
Preiskalkulation nebst Abwälzung auf die Endkunden,
- das Fehlen von Erstattungsregelungen für Investitionsaufwendungen zur Erfüllung
von Speicherungspflichten in vergleichbaren Fallgestaltungen (etwa nach § 9
Geldwäschegesetz),
- die erheblichen praktischen Probleme bei der Feststellung und Abrechnung der
hierfür notwendigen Investitionskosten in Abgrenzung zu allgemeinen
Erneuerungskosten in der besonders dynamischen TK-Branche und
- die Regelung der Entschädigung der Diensteanbieter für die Inanspruchnahme im
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- die Regelung der Entschädigung der Diensteanbieter für die Inanspruchnahme im
Einzelfall nach dem JVEG nebst geplanter weiterer Verringerung des Verwaltungs- und
Kostenaufwands.
Diese rechtlich nicht zu beanstandenden Ausführungen belegen, dass der Gesetzgeber
nicht nur bemüht war, die durch die Neuregelung entstehenden finanziellen und
sonstigen Belastungen für die TK-Unternehmen durch Entlastungsregelungen zu
begrenzen und besondere Härten für kleinere Anbieter durch Herausnahme aus dem
Kreis der Pflichtigen abzufedern, sondern auch die Belange der TK-Unternehmen mit den
öffentlichen Interessen in sachgerechter Weise abzuwägen. Wenn er dabei u.a. auf die
Schwierigkeiten bei der Feststellung und Prüfung des Investitionsbedarfs, der allein der
Vorratsdatenspeicherung geschuldet ist, in Abgrenzung zu anderweit getätigten
Investitionen verweist, nimmt er nachvollziehbar und beanstandungsfrei auf
Praktikabilitätsgesichtspunkte Bezug. Dies betrifft neben der Möglichkeit der verdeckten
Geltendmachung anderweitiger Modernisierungskosten durch die TK-Anbieter auch den
unter Umständen erheblichen behördlichen Verwaltungs- und Kostenaufwand für die
Prüfung der von den Unternehmen in Rechnung gestellten Kosten. Derartige
Abrechnungen erfordern im Übrigen auch einen eigenen, zusätzlich entstehenden
Darlegungs-, Belegungs- und späteren Prüfungsaufwand der Unternehmen selbst. Zu
Recht berücksichtigt der Gesetzgeber ferner, dass Investitionskosten auch in anderen
Fällen der Indienstnahme Privater im Rahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben in
vergleichbaren Fallgestaltungen, etwa nach § 9 Geldwäschegesetz, nicht erstattet
werden. Insoweit sind insbesondere auch die vielfältigen steuer- und abgabenrechtlichen
Abrechnungs- und Aufbewahrungspflichten im staatlichen Interesse zu erwähnen, aber
auch anderweitige kostenintensive Indienstnahmen Privater, etwa die
Bevorratungspflicht für Mineralölimporteure.
Die seitens der Antragstellerinnen beanstandete Lückenhaftigkeit der TK-Überwachung
rechtfertigt nicht den Schluss, die TK-Überwachung für ihren Gesetzeszweck (Sicherung
der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr) als generell ungeeignet anzusehen.
Zwar ist die Lückenhaftigkeit der Regelung nicht zu bestreiten. So führt bereits die
Begründung des Gesetzentwurfs aus, dass nur “in der weitaus überwiegenden Anzahl
von Auskunftsersuchen eine Verfügbarkeit der maßgeblichen Daten sicherzustellen“ sei
(BT-Drs. 16/5846, S. 70). Auch weisen die Antragstellerinnen selbst auf eine Vielzahl von
Lücken hin. So gelte die Speicherpflicht in folgenden Fällen nicht: Telefonzellennutzung,
Nutzung eines Email-Dienstes im europäischen Ausland, darunter die größten
(googlemail.com, yahoo.com und msn.com), universitätseigene E-Mail-Server, Nutzung
der Entwurfsfächer bei internetbasierenden E-Mail-Diensten (Zugang mit Zugangsdaten
ohne Versendung von E-Mails – „toter Briefkasten“) bzw. von sonstigen
zugangsbeschränkten Internetdiensten (Myspace.com, Facebook.com …) und
Teilnahme an Multi-Player-Computerspielen oder Online-Spielen bzw. sonstigen
Chatplattformen durch Einwählen in die Plattform. In einem zwischenzeitlich
veröffentlichten Forschungsbericht des Max-Planck-Institutes für ausländisches und
internationales Privatrecht vom Februar 2008 für das BMJ seien diese
Umgehungsformen und die erwartete Änderung des künftigen Täterverhaltens auch
ausdrücklich dargelegt.
Jedoch ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich keineswegs gehalten, ein lückenloses
Überwachungssystem zu garantieren. Er hat vielmehr gerade auch die Gesichtspunkte
der Erforderlichkeit und Angemessenheit eines Eingriffs zu beachten und Schutzgüter
abzuwägen. Ferner darf er auch aus Praktikabilitätsgründen generalisieren, typisieren
und pauschalieren und hat generell einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum
(vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 -, juris Rz. 42 f. m.w.N.). Eine
unzulässige Überschreitung dieses verfassungsrechtlichen Rahmens dahin gehend, dass
die Speicherungsregelung wegen ihrer Lückenhaftigkeit generell den genannten
gesetzlichen Zweck verfehlt, ist im vorliegenden Verfahren nicht festzustellen.
Die Darstellung der Antragstellerinnen, die Bundesnetzagentur lasse nach eigenen
Verlautbarungen rechtswidrigerweise weitere Ausnahmen zu und verzichte teilweise
darauf, selbst von großen Unternehmen Meldungen darüber zu verlangen, ob sie ihren
Speicherungspflichten nachkämen, was die Vermutung zulasse, man verzichte insoweit
auf die gesetzlich gebotene Speicherung, begründet schon keine Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung. Im Übrigen kann mit dieser
Begründung auch keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend
gemacht werden, da Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf „Gleichheit im Unrecht“
gewährt (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 - 1 BvL 25/77 -, BVerfGE 50,
142, 166 und BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993 - 8 C 20.92 -, BVerwGE 92, 153, 157).
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Für eine die wirtschaftliche Existenz der TK-Unternehmen in ihrer Gesamtheit
gefährdende Beeinträchtigung der Unternehmensrentabilität - und damit eine generelle
Unverhältnismäßigkeit der gesetzlichen Verpflichtung zur Tragung der Investitions- und
Bereitstellungskosten der Vorratsdatenspeicherung - ist vor dem Hintergrund, dass eine
Vielzahl von TK-Anbietern den gesetzlichen Neuverpflichtungen nachgekommen sind
und weiterhin - offensichtlich auch profitabel - am Markt arbeiten, nichts ersichtlich. Der
Umstand, dass der Gesetzgeber die den TK-Unternehmen entstehenden Kosten -
jedenfalls nach den in der Gesetzesbegründung genannten Zahlen - zu niedrig
eingeschätzt hat, stellt deren Zumutbarkeit jedenfalls nicht generell in Frage.
Die Speicherung von Verkehrsdaten ist auch keine unternehmensfremde Tätigkeit, da
die TK-Unternehmen diese, wenn auch regelmäßig nicht für sechs Monate, zur
Abrechnung und für eigene technische Zwecke speichern. Auch die Datenübermittlung
an die zuständigen behördlichen Stellen für Strafverfolgungs- und
Gefahrenabwehrzwecke, für deren Umsetzung kostenrelevante technische
Vorkehrungen zu treffen sind, ist als technischer Vorgang nichts Unternehmensfremdes.
Dass die Kunden bzw. Nutzer beides vielfach nicht wünschen werden, ändert hieran
nichts. Die Mitteilungs- und Auskunftspflicht der TK-Unternehmen über die bei ihnen
gespeicherten Verkehrsdaten für Strafverfolgungszwecke existiert, auch wenn die Daten
bisher nur für Abrechnungszwecke gespeichert waren, bereits seit langer Zeit und ist
schon Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung des Bundesverfassungsgerichts
gewesen (vgl. nur dessen Urteil vom 12. März 2003 - 1 BvR 330/96, 348/99 -, BVerfGE
107, 286 ff.). Somit handelt es sich bei den - den TK-Unternehmen durch das TK-
Neuregelungsgesetz auferlegten - Speicherungs- und Übermittlungspflichten letztlich
auch nur um eine quantitative Steigerung von Belastungen, die zudem grundsätzlich auf
die Kunden abwälzbar ist. Ob diese Kosten im Einzelfall aufgrund der Wettbewerbslage
tatsächlich nicht weitergegeben werden können, ist unerheblich. Denn für die
Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes kommt es nicht auf die situationsbedingte und
prinzipiell variable Marktlage an (BVerfG, Beschluss vom 16. März 1971, a.a.O. S. 326).
Die gesetzlichen Neuregelungen über die Vorratsdatenspeicherung beinhalten auch
keinen unverhältnismäßigen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht
hat in seiner Entscheidung vom 16. März 1971 (S. 334 f.) nämlich deutlich gemacht,
dass sich die Grenzen für die Indienstnahme Privater - gerade auch hinsichtlich der ihnen
obliegenden Kosten - vor allem aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG ergeben. In
Abgrenzung zu Art. 12 Abs. 1 GG, der persönlichkeitsbezogen und zukunftsgerichtet sei,
sei der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG nur auf den Bestand an vermögenswerten
Gütern bezogen, umfasse also nur Rechtspositionen, die bereits bestünden und nicht
bloße Chancen und Verdienstmöglichkeiten. Werde die Ausübung einer
erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit geregelt, sei man in seiner Eigenschaft als
Unternehmer, nicht aber als Eigentümer des Unternehmens betroffen. Anders sei dies
nur dann, „wenn die einem Unternehmen auferlegten Handlungspflichten so weit gingen,
dass sie sich im wirtschaftlichen Ergebnis als Eingriff in die Substanz des
Gewerbebetriebs darstellten“. Davon kann hier generell, aber ersichtlich auch im
Einzelfall nicht die Rede sein.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist vorliegend auch nicht dadurch verletzt, dass
eventuellen strukturellen Unterschieden innerhalb der betreffenden Berufsgruppe durch
den Gesetzgeber nicht ausreichend Rechnung getragen wurde. Zwar kann nach dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 1971 Art. 12 Abs. 1 GG in
Verbindung mit Art 3 Abs. 1 GG verletzt sein, wenn „nicht nur einzelne, aus dem
Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte,
Gruppen typischer Fälle ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker belastet“
werden (S. 327). Für solche Sonderfälle müssten durch das Gesetz Regelungen getroffen
werden, die Kostenbelastung auf ein zumutbares Maß zu begrenzen, ggf. durch
besondere Übergangsbestimmungen oder gar durch Zuschüsse (S. 332 f.).
Dass die Antragstellerinnen zu einer solchen Sondergruppe gehören, ist weder dargelegt
noch ersichtlich. Auch ist nicht erkennbar, dass sie ohne zureichenden sachlichen Grund
kostenmäßig unzumutbar stärker belastet werden als andere TK-Anbieter.
Dass die Höhe der Kosten der Speicherung nicht von der Zahl der
Überwachungsanordnungen abhängig ist, die auf die einzelnen TK-Unternehmen
entfallen, räumen die Antragstellerinnen selbst ein. Daran können auch keine Zweifel
bestehen. Denn der Aufwand für die Beantwortung von Anfragen nach Verkehrsdaten im
Rahmen von Überwachungsanordnungen wird nach § 23 JVEG im Einzelfall entschädigt.
In der Kalkulation der dortigen Erstattungsregelung sind Investitions- und
Bereitstellungskostenanteile jedoch nicht enthalten (BT-Drs. 16/5846, S. 34). Dann aber
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Bereitstellungskostenanteile jedoch nicht enthalten (BT-Drs. 16/5846, S. 34). Dann aber
ist die Zahl der Überwachungsanordnungen für die Kostenbelastung im Zusammenhang
mit den Investitions- und Bereitstellungskosten der Antragstellerinnen unerheblich.
Entgegen der Annahme der Antragstellerinnen bestehen rechtliche Bedenken gegen die
gesetzliche Neuregelung der Speicherungspflicht in § 113 a TKG auch nicht deshalb, weil
im Gesetz die technischen System- und Leistungsanforderungen, insbesondere die
technischen Standards nicht geregelt seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass es
verfassungsrechtlich nur geboten ist, dass der Gesetzgeber die wesentlichen
Entscheidungen und Regelungen trifft und dies im Einzelfall vom Regelungsgegenstand
abhängig ist (vgl. dazu nur BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 – 2 BvR 1436/02 –
juris Rz. 67 f.). Die Annahme, hierzu gehörten vorliegend die technischen System- und
Leistungsanforderungen und entsprechende Standards, ist verfehlt.
Dass den TK-Unternehmen etwas Unmögliches abverlangt werde, behaupten die
Antragstellerinnen selbst nicht. Dafür gibt es vor dem Hintergrund, dass andere TK-
Anbieter ihren Pflichten inzwischen nachgekommen sind, auch keine Anhaltspunkte. Im
Übrigen weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber es, wie die
Begründung des Gesetzentwurfs belege, den TK-Unternehmen bewusst freistellen wollte,
eine geeignete technische Lösung, ggf. nach Rücksprache mit der Bundesnetzagentur,
selbst auszuwählen. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden, zumal diese dann ggf. auch
die Wahl haben, sich für kostengünstige Alternativen zu entscheiden.
Dass ein einheitlicher Schnittstellenstandard bisher nicht geregelt worden ist, mag unter
Umständen dazu führen, dass auf die Antragstellerinnen weitere - und ggf. auch
vermeidbare - Kosten zukommen. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen
Regelung, aber auch an der generellen Zumutbarkeit der Umsetzung der Speicherungs-
und Bereitstellungsverpflichtungen ergeben sich daraus jedoch nicht.
Ob die Vorratsdatenspeicherungspflicht einen unzulässigen Eingriff in den in Art. 10 Abs.
1 GG verankerten Persönlichkeitsschutz des Bürgers darstellt (vgl. dazu die o.g.
Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zum Verfahren 1 BvR 256/08 vom 11. März
und 28. Oktober 2008), ist für die hier zu entscheidende Frage, ob die Investitions- und
Bereithaltungskosten den TK-Unternehmen auferlegt werden können, insofern
unerheblich, als es hier nicht um die informationelle Selbstbestimmung der
Antragstellerinnen geht. Zwar gewährleistet Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19
Abs. 3 GG das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch juristischen Personen
und können staatliche informationelle Maßnahmen auch deren Rechte gefährden.
Datenabrufe bezogen auf deren Kunden zwecks Tätigwerden diesen gegenüber betreffen
jedoch nicht die spezifische Freiheitsausübung der juristischen Person, d.h. deren
wirtschaftliche Tätigkeit, und sind deshalb kein Eingriff in ihren Schutzbereich (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1550/03, 2357/04, 603/05 -, BVerfGE 118,
168, 202 ff. betr. die Verfassungsbeschwerde eines Kreditinstituts gegen den Abruf von
Kontostammdaten eines Kunden nach der AO). Können die Antragstellerinnen
dementsprechend nicht unter Rückgriff auf deren Rechte die Übermittlung von Daten
von Kunden und Nutzern verweigern, können sie auch nicht mit dieser Begründung im
Vorfeld die Schaffung und Bereitstellung der technischen Voraussetzungen für die
Vorratsdatenspeicherung ablehnen. Dass man das dann anders beurteilen müsste,
wenn bereits die Speicherungspflicht als solche bei der hier nur möglichen
summarischen Prüfung verfassungswidrig erschiene, ist vorliegend ohne Bedeutung.
Denn das Bundesverfassungsgericht hat auf die diesbezüglichen
Verfassungsbeschwerden im Verfahren 1 BvR 256/08 ausgeführt, die relevanten
verfassungsrechtlichen Fragen ließen sich nicht ohne weiteres beantworten und
bedürften umfassender Prüfung im Hauptsacheverfahren.
Ist die Auferlegung der Vorhalte- und Bereitstellungskosten für die
Vorratsdatenspeicherung auf die TK-Unternehmen somit entgegen der
verwaltungsgerichtlichen Einschätzung nicht bereits als generell verfassungswidrig
anzusehen, könnte die gesetzliche Neuregelung sich jedoch im Einzelfall für die
Antragstellerinnen als unverhältnismäßiger Eingriff in ihre Berufsausübungsfreiheit, ggf.
auch die Eigentumsrechte darstellen. Ob trotz Fehlens einer Ausnahme- bzw.
Härtefallregelung im TKG eine einschränkende bzw. verfassungskonforme Auslegung in
Betracht käme (vgl. nur Leibholz/Rinck, GG, Rechtsprechung des BVerfG, Kommentar,
Einführung Rz. 13, 16) - dies hätte allerdings Wettbewerbsverzerrungen zur Folge
gegenüber den TK-Anbietern, die mit Blick auf die Gesetzeslage entsprechende
Investitionen bereits getätigt haben -, kann hier jedoch dahin stehen. Denn dies würde
die Feststellung unzumutbarer Kostenbelastungen für die Antragstellerinnen
voraussetzen. Das ist jedoch nicht glaubhaft gemacht.
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Die Antragstellerinnen haben die ihnen voraussichtlich entstehenden einmaligen und
laufenden zusätzlichen Kosten für die Vorratsdatenspeicherung bisher lediglich pauschal
beziffert und insoweit Beweis angeboten. Dem war im vorliegenden Verfahren
vorläufigen Rechtsschutzes aber schon deshalb nicht weiter nachzugehen, weil die Höhe
dieser Kosten selbst im Falle ihrer Glaubhaftmachung allein keine grundrechtsrelevante
Unzumutbarkeit der Kostentragungspflicht zu begründen vermag. Denn die Kostenhöhe
ist in Relation zu den wirtschaftlichen Daten des Unternehmens, d.h. zu seiner Größe,
dem Umsatz und Gewinn zu stellen. Die eingangs genannten Geschäftszahlen der
Antragstellerin zu 1. bieten hiernach keine hinreichende Grundlage für eine den Erlass
einer einstweiligen Anordnung rechtfertigende Geschäftsgefährdung. Für die
Antragstellerinnen zu 2. und 3. ist eine Glaubhaftmachung der wirtschaftlichen Situation
nicht erfolgt. Dass die Umsetzungskosten einen Großteil des voraussichtlichen Gewinns
der Antragstellerinnen für 2009 ausmachen würden - so der Schriftsatz vom 30.
November 2009 -, begründet ebenfalls keine grundrechtsrelevante Unzumutbarkeit,
zumal die Erstinvestitionskosten nur einmalig anfallen.
Maßstab für eine unzumutbare Belastung kann im Übrigen auch nicht allein die
momentane wirtschaftliche und finanzielle Situation eines Unternehmens sein, da diese
üblicherweise Veränderungen unterworfen ist. Gleiches gilt für die Argumentation, eine
Kostenabwälzung auf die Endkunden sei aufgrund des scharfen Wettbewerbs und der
geringen Gewinnmargen nicht möglich. Auch längere Vertragslaufzeiten können dabei
nicht von entscheidender Bedeutung sein, da es sich auch hierbei nur um ein
vorübergehendes Problem handelt, das TK-Neuregelungsgesetz jedoch von Ende 2007
datiert und ein Verstoß gegen die Speicherungspflichten erst ab dem 1. Januar 2009
bußgeldbewehrt ist, mithin eine gewisse zeitliche Karenz eingeräumt wurde. Auch das
Fehlen von Anpassungsmöglichkeiten während laufender Verträge ist nicht belegt. Im
Übrigen betreffen die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Nachteile alle TK-
Unternehmen in gleicher Weise.
Anders wäre dies ggf. dann zu beurteilen, wenn eine Fortsetzung der wirtschaftlichen
Tätigkeit der Antragstellerinnen ernstlich gefährdet wäre. Das ist jedoch weder
substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich. Auch ist darauf
hinzuweisen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich berechtigt ist, generalisierende,
typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne allein schon wegen der
damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen,
und er innerhalb dieses Rahmens eine verhältnismäßig weite Gestaltungsfreiheit besitzt
(vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 4. April 2001, a.a.O. Rz. 42 f. m.w.N.).
Dass die Zahl der Überwachungsanordnungen für die Vorhaltungs- und
Bereitstellungskosten ohne Bedeutung ist und die Antragstellerinnen mit dieser
Begründung Unzumutbarkeit nicht geltend machen können, wurde bereits dargelegt.
Auch kann eine solche nicht daraus abgeleitet werden, dass die Antragstellerinnen in der
Vergangenheit nur von einer relativ kleinen Zahl von Überwachungsanordnungen
betroffen waren und man den Übermittlungspflichten auch in der deutlich
überwiegenden Zahl der Fälle - ausweislich des Schriftsatzes vom 30. November 2009
sogar praktisch zu 100 %, was jedoch schon nicht glaubhaft gemacht worden ist - habe
nachkommen können. Denn allein dies rechtfertigt vor dem Hintergrund der obigen
Ausführungen zur Lückenlosigkeit der Speicherungspflicht schon kein Absehen von
dieser - auch gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen - gesetzlichen Verpflichtung.
Zudem kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
Soweit die Antragstellerinnen im Schriftsatz vom 30. November 2009 ferner darauf
verweisen, dass die meisten Anfragen bzw. Überwachungsanordnungen staatlicher
Stellen ausweislich der Berichte der Bundesregierung für das Bundesverfassungsgericht
unzulässig gewesen seien, übersehen sie, dass sich dies nur auf die im Rahmen der
einstweiligen Anordnung vorläufig getroffenen Einschränkungen der Übermittlungspflicht
bezieht, vor allem aber, dass die vorliegend für die streitgegenständliche
Kostentragungspflicht allein bedeutsame Speicherungs- und Bereithaltungspflicht durch
das Bundesverfassungsgericht gar nicht eingeschränkt wurde.
2. Auch eine Folgenabwägung mit Blick auf verbleibende Zweifel an der
Speicherungspflicht auf Kosten der TK-Unternehmen führt nicht zum Erfolg des Antrags
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Zwar gebietet der Grundsatz effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG, vorläufigen
Rechtschutz zu gewähren, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht
abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die
Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Dies gilt v.a. dann, wenn
eine erhebliche Grundrechtsverletzung droht, es sei denn, dass ausnahmsweise
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eine erhebliche Grundrechtsverletzung droht, es sei denn, dass ausnahmsweise
überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (vgl. nur BVerfG,
Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/77 -, BVerfGE 79, 69, 74).
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Annahme der 27. Kammer, den TK-
Anbietern stehe auch bei Feststellung einer Verfassungswidrigkeit der
Kostentragungsregelung durch das BVerfG kein Schadensersatzanspruch , v.a. aus Art.
34 GG und § 839 BGB, zu, so dass ggf. ein irreparabler Vermögensschaden droht,
zutreffend ist. Denn nach ganz herrschender Meinung, jedenfalls aber der
höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht ein Amtshaftungsanspruch für legislatives
Unrecht auch bei Grundrechtsverstößen mangels drittbezogener Amtspflichten allenfalls
dann, wenn eine konkret-individuelle Regelung in Form eines sog. Einzelfall- oder
Maßnahmegesetzes erfolgt, nicht aber bei abstrakt-genereller Normsetzung, da der
Gesetzgeber seine Aufgaben - jedenfalls in aller Regel - gegenüber der Allgemeinheit
wahrnehme (vgl. nur von Danwitz in: v. Mangoldt, Klein, Stark, GG, Kommentar, 5. Aufl.
Art. 34 Rz. 110 ff.; Dagtoglou in: Bonner Kommentar, GG, Art. 34 Rz. 427 ff; Papier in:
Maunz-Dürig, GG, Kommentar, Art. 34 Rz. 84 und in MK, BGB, § 839 Rz. 256 f.; BGH Z
56, 40, 44 ff. und 100, 136, 145 f. bzw. 102, 350, 364f., 367 f. auch zum sog.
enteignungsgleichen Eingriff).
Die gleichen Grundsätze gelten auch für die Frage der Haftung für gesetzgeberisches
Unterlassen, wobei eine solche Haftung auch nur in Betracht käme, wenn eine evidente
Verletzung legislativer Handlungspflichten wegen grundrechtlicher Schutzpflichten
vorliegt (vgl. nur v. Danwitz, a.a.O. Rz 114; BVerfG, Urteil vom 10. Januar 1995 - 1 BvF
1/90, 1 BvR 342, 348/90 -, BVerfGE 102, 26, 46 und Beschluss vom 14. Januar 1981 - 1
BvR 612/72 -, BVerfGE 56, 54, 80 f.). Da vorliegend kein sogen. Einzelfall- oder
Maßnahmegesetz, sondern eine generell-abstrakte Regelung vorliegt, dürfte ein
Schadensersatzanspruch mangels einer drittbezogenen Amtspflicht des Gesetzgebers
entfallen. Dass der Gesetzgeber nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit gleichwohl
eine Entschädigungsregelung schafft, erscheint zwar möglich, kann im Rahmen der
Abwägung der ggf. eintretenden Folgen aber nicht unterstellt werden. Offenbleiben kann
dabei, ob vorliegend ein gesetzgeberisches Unterlassen deshalb vorliegt, weil die
Kostenregelung in § 110 Abs. 1 TKG keine Neuregelung darstellte, sondern bereits seit
langem existiert. Neu ist lediglich die Regelung in den §§ 113 a und 113 b TKG mit ihren
sich daraus ergebenden o.g. finanziellen Folgen. Im Hinblick v.a. auch auf die oben
erwähnte verfassungsrechtliche Prüfung der Kostenfolgen des Gesetzes für die TK-
Anbieter im Gesetzentwurf des TK-Neuregelungsgesetz liegt es nicht fern, ein bewusstes
gesetzgeberisches Handeln und nicht lediglich ein Unterlassen anzunehmen.
Diesem (möglichen) irreparablen Vermögensschaden auf Seiten der Antragstellerinnen -
bzw. der TK-Anbieter generell - steht auf der anderen Seite der gewichtige Nachteil bzw.
das entgegenstehende öffentliche Interesse gegenüber, dass ohne die entsprechende
Anschaffung und Bereitstellung der technischen Einrichtungen die gesetzlich
vorgesehene Vorratsdatenspeicherung sowie die entsprechende
Auskunftserteilungspflicht und die damit bezweckte Sicherstellung effektiver
Strafverfolgung und Gefahrenabwehr zumindest vorübergehend für diesen TK-Anbieter
nicht gewährleistet ist. Dabei ist insbesondere auch zu bedenken, dass diese Pflichten,
mögen sie auch Spielraum in Einzelregelungen lassen, auf zwingenden
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, nämlich der Richtlinie 2006/24/EG, beruhen (s. den
Gesetzentwurf, a.a.O., S. 2 f., 28 ff. und BVerfG, Beschluss vom 11. März 2008, a.a.O.,
Rz. 147).
Dem kann nicht entgegenhalten werden, dass es letztlich in der Hand des deutschen
Gesetzgebers liege, eine entsprechende Kostenerstattungsregelung zu schaffen, da
insoweit keine gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bestehen. Denn die Interessen- und
Folgenabwägung ist auf der Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelung zu
treffen.
Entgegen der Annahme im Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Januar
2009 ist die Antragsgegnerin auch nicht darauf zu verweisen, sie könne den
Antragstellerinnen rechtlich verbindlich anbieten, im Falle einer späteren
Nichtigkeitsfeststellung der Kostenauferlegung auf die TK-Anbieter durch das
Bundesverfassungsgericht die entstandenen Kosten zu übernehmen, und die ihnen
drohenden irreparablen Vermögensnachteile auf diesem Wege zumutbar beseitigen.
Zwar mag im Rahmen der Folgenabwägung auch zu berücksichtigen sein, ob einer der
Beteiligten den Nachteil des anderen durch zumutbare revisible
Vorkehrungsmaßnahmen abwenden kann. Zu Recht verweist die Antragsgegnerin
jedoch darauf, dass eine derartige Kostenübernahmeerklärung mit erheblichen, in der
konkreten Höhe unklaren Kostenfolgen verbunden wäre und in die Zuständigkeit des
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konkreten Höhe unklaren Kostenfolgen verbunden wäre und in die Zuständigkeit des
Haushaltsgesetzgebers falle. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber
vorliegend, wie die bereits zitierte umfangreiche Begründung des Gesetzentwurfs belegt,
die Investitionsaufwendungen der TK-Anbieter ausdrücklich nicht entschädigen wollte. An
diese gesetzgeberische Entscheidung ist die Exekutive gebunden und kann sich auch
nicht mittelbar - durch Abgabe einer derartigen Zusage - darüber hinwegsetzen, zumal
der Gesetzgeber insoweit gerade auch hinsichtlich Art und Höhe einer Kompensation
Ermessen bzw. Gestaltungsspielraum hat.
Somit stehen sich letztlich im Rahmen der Folgenabwägung der potentiell irreparable
Vermögensschaden auf Seiten der Antragstellerinnen bzw. der TK-Anbieter und die
Gefahren für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr durch zeitweilige
Aussetzung der Vorratsdatenspeicherungspflicht auf staatlicher Seite gegenüber.
Unterstellt man - entgegen der oben vertretenen Auffassung - eine
Grundrechtsverletzung der Antragstellerinnen durch einen unverhältnismäßigen Eingriff
in deren Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, stehen dem aber
vorliegend überwiegende, besonders gewichtige Gründe im Sinne des o.g. Beschlusses
des Bundesverfassungsgerichts entgegen. Diese ergeben sich daraus, dass die
gesetzgeberische Regelung der §§ 113 a und 113 b TKG „zumindest in weiten Teilen
zwingenden Vorgaben“ der Richtlinie 2006/24/EG entspricht. Insoweit aber würde selbst
dem Bundesverfassungsgericht in der Hauptsache die Entscheidungskompetenz fehlen
und läge auch für den Gesetzgeber „regelmäßig eine Störung des
Gemeinschaftsinteresses an einem effektiven Vollzug des Gemeinschaftsrechts“ vor
(vgl. auch dessen Beschluss vom 11. März 2008 in BvR 256/08, Rz. 142 ff.). Dort ist
weiter ausgeführt, dass auch nach der Rechtsprechung des EuGH die einstweilige
Aussetzung des Vollzugs zwingender gemeinschaftsrechtlicher Rechtsakte durch
mitgliedsstaatliche Gerichte allenfalls in besonderen Ausnahmefällen und unter strengen
Voraussetzungen in Betracht kommt, wobei insbesondere das Interesse der
Gemeinschaft am Vollzug des Gemeinschaftsrechts angemessen zu berücksichtigen sei
(Rz. 144). Das Bundesverfassungsgericht weist sodann darauf hin, dass es selbst für
eine eigene stattgebende Entscheidung „zumindest“ der Feststellung besonders
schwerwiegender und irreparabler Schäden bedarf.
Auch wenn es vorliegend nicht um die generelle Aussetzung einer
gemeinschaftsrechtlichen Norm geht, sondern um die Aussetzung einer auf
Gemeinschaftsrecht fußenden gesetzlichen Verpflichtung im Einzelfall liegt im Falle
einer stattgebenden einstweiligen Anordnung - zumal dies vorliegend mehrere TK-
Anbieter geltend machen und den Vollzug der gesetzlichen Verpflichtung verweigern -
zumindest eine Störung des Gemeinschaftsinteresses an einem effektiven Vollzug des
Gemeinschaftsrechts vor. Dies gebietet es, entsprechend der genannten Beschränkung
in der Rechtsprechung des EuGH für mitgliedsstaatliche Gerichte für den Erlass einer
einstweiligen Anordnung - wie das Bundesverfassungsgericht - neben der Irreparabilität
(und damit über die Auffassung der 27. Kammer hinaus) zumindest die
Glaubhaftmachung eines besonders schwerwiegenden Schadens auf Seiten des TK-
Anbieters bzw. das deutliche Überwiegen seiner Interessen gegenüber dem genannten
öffentlichen und Gemeinschaftsinteresse zu verlangen. Das jedoch ist nach den obigen
Ausführungen zu verneinen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung und -
änderung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 63 Abs. 3 GKG; sie
orientiert sich an der Höhe der von den Antragstellerinnen selbst benannten
voraussichtlichen Investitionskosten, die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu
halbieren war.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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