Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 30.09.2005

OVG Berlin-Brandenburg: bebauungsplan, grundstück, eingriff, versiegelung, gebäude, bestimmtheit, bahnhof, gemeinde, landschaft, belichtung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 2.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 2 A 19.07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 14 Abs 1 GG, § 1 Abs 3
BauGB, § 1 Abs 7 BauGB, § 1a
Abs 1 BauGB, § 1a Abs 2 Nr 2
BauGB
Vorliegen privater Interessen als Anlass einer Bauleitplanung;
Funktionslosigkeit bauplanerischer Festsetzungen; hinreichende
Bestimmtheit ausgleichspflichtiger Eingriffe und entsprechender
Ausgleichsmaßnahmen
Leitsatz
"Rudower Spinne"
Tenor
Der durch Rechtsverordnung vom 1. September 2005, verkündet im Gesetz- und
Verordnungsblatt für Berlin vom 30. September 2005 (GVBl. S. 483), festgesetzte
Bebauungsplan XIV-153b für die Grundstücke G. und N. im Bezirk Neukölln, Ortsteil
Rudow, ist unwirksam.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen den vom Bezirksamt Neukölln von Berlin
(im Folgenden: Bezirksamt) mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 für vier Grundstücke an
der zum Kreuzungsbereich der „Rudower Spinne“ gehörenden Kreuzung Neuköllner
Straße/Groß-Ziethener Chaussee festgesetzten Bebauungsplan XIV-153b.
Die Antragsteller zu 1. bis 7. sind Eigentümer von Wohnungen auf dem im
Geltungsbereich dieses Bebauungsplans liegenden Grundstück G., das im Wesentlichen
mit einem viergeschossigen Wohnhaus mit zwei Gewerbeeinheiten bebaut ist. Die
Antragstellerin zu 8. ist die Wohnungseigentümergemeinschaft dieses Grundstücks.
Der Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans umfasst daneben die nördlich
an die Groß-Ziethener Chaussee angrenzenden Grundstücke G. und 1... sowie das an
der Kreuzungsecke gelegene Grundstück N.. Das südwestlich an das Grundstück der
Antragsteller angrenzende Grundstück G. ist mit einem eingeschossigen Gebäude
bebaut, in dem sich ein Imbiss befindet. Auf dem daran angrenzenden Grundstück G.
steht ein zweigeschossiges Wohnhaus. Das Grundstück N. ist mit einem vier- bzw.
fünfgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus mit eingeschossigem Vorbau bebaut. Eine
unmittelbar an der Straßenecke gelegene Teilfläche dieses Grundstücks liegt brach.
Davor befindet sich ein Eingang zu dem unterhalb der Neuköllner Straße gelegenen U-
Bahnhof Rudow, der Endstation der U-Bahn-Linie 7.
Im Berliner Baunutzungsplan vom 28. Dezember 1960 (ABl. 1961 S. 742) war das Gebiet
als allgemeines Wohngebiet der Baustufe II/3 dargestellt. Durch den mit Verordnung
vom 17. Juli 1975 (GVBl. S. 1577) festgesetzten Bebauungsplan XIV-19 wurde ein ca. 12
bis 14 m breiter Streifen der Grundstücke im späteren Plangebiet des Bebauungsplans
XIV-153b entlang der Groß-Ziethener Chaussee für eine mögliche spätere Verbreiterung
dieser Straße als „nicht überbaubare Fläche der Grundstücksfläche“ ausgewiesen. Der
Aufstellung des Bebauungsplans XIV-153b ging ein von dem Eigentümer des
Grundstücks G. im Oktober 1996 gestellter Vorbescheidsantrag für ein Wohn- und
Geschäftshaus voraus, das seitlich jeweils bis an die Grundstücksgrenzen reichen sollte.
Das Vorhaben konnte wegen fehlender Zustimmung der Nachbarn nicht genehmigt
werden. Das Bezirksamt beschloss darauf am 4. Mai 1999, den Geltungsbereich des
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werden. Das Bezirksamt beschloss darauf am 4. Mai 1999, den Geltungsbereich des
bereits am 23. September 1968 aufgestellten, in der Folgezeit jedoch nicht
festgesetzten Bebauungsplans XIV-153 in die Bereiche XIV-153a und XIV-153b
aufzuteilen. Ziel des Bebauungsplanverfahrens XIV-153b, das in kürzerer Zeit
abgeschlossen werden sollte, war es im Wesentlichen, an der Straßenecke eine
geschlossene Blockrandbebauung unter Einbeziehung der vorhandenen angrenzenden
Bebauung sowie des vorliegenden Bauentwurfs für das Grundstück G. zu ermöglichen.
Der nach Beteiligung der Öffentlichkeit und Anhörung der betroffenen Behörden sowie
Träger öffentlicher Belange im Februar bzw. März 2001 vom Bezirksamt und von der
Bezirksverordnetenversammlung beschlossene Planentwurf wurde in der Folgezeit
zweimal aufgrund von Beanstandungen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
geändert. Die Beanstandungen betrafen im Wesentlichen die in dem Plan enthaltenen
Anordnungen zum Ausgleich naturschutzrechtlich relevanter Eingriffe sowie die
Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung bzw. die Begründung der
Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1
BauNVO. Nach erneuter Öffentlichkeitsbeteiligung setzte das Bezirksamt den
Bebauungsplan mit Verordnung vom 1. September 2005 fest. Die Verordnung wurde im
Gesetz- und Verordnungsblatt vom 30. September 2005 (S. 483) bekanntgemacht und
trat zum 1. Oktober 2005 in Kraft.
Der angegriffene Bebauungsplan weist das Plangebiet als allgemeines Wohngebiet mit
geschlossener Bauweise aus. Die überbaubare Grundstücksfläche wird durch
Baugrenzen festgesetzt. Die Baufenster schließen sich an der Groß-Ziethener Chaussee
an die auf den Grundstücken Nr. 18, 16 und 14 bereits vorhandene geschlossene
Bebauung an. Sie sind auf den Grundstücken Nr. 1... gestaffelt jeweils näher zur Straße
hin versetzt. Die durch den Bebauungsplan XIV-19 bisher als nicht überbaubar
festgesetzte Fläche wird nunmehr teilweise als überbaubar ausgewiesen. Für die
Grundstücke G. wird eine viergeschossige Bebauung mit einer maximalen
Geschossfläche (GF) von 866 m², 1310 m² bzw. 1340 m² zugelassen. Auf dem
Grundstück N. wird auf dem südlichen, bislang unbebauten Grundstücksteil an der
Kreuzungsecke eine sechsgeschossige, daran anschließend entlang der Neuköllner
Straße eine zunächst fünf- und sodann – dem Bestand entsprechend – eine vier- und
fünfgeschossige Bebauung mit eingeschossigem Vorbau zur Straße hin ausgewiesen.
Nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans darf bei der Ermittlung der
zulässigen Grundfläche durch die Flächen von Garagen und Stellplätzen mit ihren
Zufahrten, die lediglich das Baugrundstück unterbauen, die festgesetzte Grundfläche auf
den Grundstücken G. bis zu 110 vom Hundert und G. bis zu 95 vom Hundert
überschritten werden (textliche Festsetzung Nr. 1). Ferner wird festgesetzt, dass auf den
Grundstücken G. im rückwärtigen Bereich ein Vortreten von Gebäudeteilen für
eingeschossige Wirtschafts-, Sanitär- und Lagerräume zugelassen werden kann
(textliche Festsetzung Nr. 2). Nach Nr. 3 der textlichen Festsetzungen sind auf den nicht
überbaubaren Grundstücksflächen Stellplätze und Garagen unzulässig, wobei
ausdrücklich angeordnet wird, dass dies nicht für Tiefgaragen gilt. Unter Nr. 4 der
textlichen Festsetzungen wird angeordnet:
„Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des § 18 Bundesnaturschutzgesetzes
sind auszugleichen.
Als Ausgleich sind pro Quadratmeter überbaubarer Grundstücksfläche auf den
Grundstücken G. 0,75 m² der nicht über-/unterbaubaren Grundstücksflächen mit
Gebüsch und Hecken zu bepflanzen. Als Ausgleich sind auf den Grundstücken N.,
innerhalb der Fläche ABCDEFGA, und G. 85 vom Hundert der Dachflächen extensiv zu
begrünen, dies gilt nicht für Tiefgaragen.“
Die Antragsteller haben am 31. August 2007 den Normenkontrollantrag gestellt. Zur
Begründung machen sie im Wesentlichen geltend, die Planaufstellung sei nicht im Sinne
des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich gewesen. Um die Bebaubarkeit des
Grundstücks G. zu sichern, hätte ein vorhabenbezogener Bebauungsplan ausgereicht.
Die vom Antragsgegner geltend gemachten städtebaulichen Gründe griffen nicht durch.
Eine Lückenschließung im Bereich der Grundstücke G. sei unmöglich, da sie nicht bereit
seien, die 4 m breite Einfahrt ihres Grundstücks für eine Überbauung zur Verfügung zu
stellen; ferner sei nicht davon auszugehen, dass der Eigentümer des Grundstücks G.
sein Haus zurückbauen werde. Damit würden auf den genannten Grundstücken drei
Solitärbauten entstehen. Es sei wegen der unterirdisch angrenzenden Tunnelwand der
U-Bahn außerdem technisch nahezu unmöglich oder nur unter extrem hohem
finanziellen Aufwand möglich, das Grundstück N. mit einem sechsgeschossigen
Gebäude zu bebauen. Der Antragsgegner habe es unterlassen, zu prüfen und
abzuwägen, ob die auf dem Grundstück ausgewiesene Bebauung überhaupt möglich sei.
Da die Planung insoweit jedenfalls wirtschaftlich unmöglich sei, sei das
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Da die Planung insoweit jedenfalls wirtschaftlich unmöglich sei, sei das
Abwägungsergebnis fehlerhaft. Der Bebauungsplan sei auch nicht erforderlich, um die
durch den Bebauungsplan XIV-19 als nicht bebaubar festgesetzten Grundstücksflächen
wieder in bebaubare Flächen umzuwandeln. Die Festsetzungen seien bereits funktionslos
geworden, da nicht mehr die Absicht bestehe, die Groß-Ziethener Chaussee zu
verbreitern. Bei der Abwägung seien die Interessen des Eigentümers des Grundstücks G.
vorrangig gewesen. Der Bebauungsplan sei erklärtermaßen nur deshalb aufgestellt
worden, weil die Antragsteller die Nachbarzustimmung nicht erteilt hätten. Eine
Abwägung mit ihren berechtigten Interessen, insbesondere am Schutz vor Verschattung
und Lärm, habe überhaupt nicht stattgefunden. Der Antragsgegner habe die Nachteile
aus der Verschattung nicht konkretisiert und einer näheren Prüfung unterzogen. Er habe
außerdem die Lärmimmissionen seitens der stark befahrenen Neuköllner Straße
unberücksichtigt gelassen bzw. fehlerhaft gewürdigt und so gegen § 1 Abs. 7 BauGB
verstoßen. Entgegen der Begründung, wonach der Blockinnenbereich von
Lärmimmissionen möglichst freigehalten werden solle, würden die Immissionen durch
die Realisierung des Bebauungsplans weiter steigen. Da eine Bebauung des Grundstücks
N. aus den bereits genannten Gründen unmöglich sei, während das Grundstück G. auf
jeden Fall bebaut werde, würden in Zukunft die Lärmimmissionen von der Neuköllner
Straße an der um 5,50 m längeren Seitenwand des Grundstücks G. auf das Grundstück
der Antragsteller reflektiert werden, wodurch eine erhebliche Lärmbelastung entstehe.
Dies habe der Antragsgegner nicht in seine Abwägung eingestellt. Ferner sei die
textliche Festsetzung Nr. 4 rechtswidrig. Sie verstoße gegen § 1a Abs. 3 Satz 5 BauGB.
Der Antragsgegner habe nicht berücksichtigt, dass bereits eine erhebliche Teilfläche des
Grundstücks der Antragsteller versiegelt sei. Ein Eingriff liege nicht vor, da das
Grundstück nach dem Bebauungsplan nur in geringerem Umfang bebaut werden könne.
Dies ergebe sich unabhängig davon auch aus den Festsetzungen des Bebauungsplans
XIV-19, da die dort als nicht überbaubare Grundstücksflächen ausgewiesene Fläche als
Verkehrsfläche vorgesehen sei, was ebenfalls eine vollständige Versiegelung zur Folge
gehabt hätte. Außerdem habe sich der Antragsgegner nicht mit Alternativlösungen zu
der angeordneten aufwendigen Dachbegrünung beschäftigt. Die textliche Festsetzung
Nr. 1 sei rechtswidrig, da durch sie das nach § 17 BauNVO zulässige Maß der baulichen
Nutzung weit überschritten werde. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauNVO für
eine solche Überschreitung lägen nicht vor, und sie könne auch nicht auf § 21 a Abs. 5
BauNVO gestützt werden. Schließlich fielen Planungsziele und tatsächliche
Festsetzungen auseinander. Der Antragsgegner beabsichtige, ein geordnetes
städtebauliches Konzept herzustellen. Dies ließen die getroffenen Festsetzungen aber
nicht erkennen. Das Grundstück der Antragsteller dürfe mit vier Geschossen bebaut
werden; das Nachbargrundstück Nr. 344 dagegen mit sechs und vier bzw. fünf
Geschossen sowie einem eingeschossigen Vorbau. Alle diese Gebäude sollten direkt
aneinandergrenzen, so dass die unterschiedlichen Höhen besonders augenfällig würden.
Die Antragsteller beantragen,
den durch Rechtsverordnung vom 1. September 2005, verkündet im Gesetz- und
Verordnungsblatt für Berlin vom 30. September 2005 (GVBl. S. 483), festgesetzten
Bebauungsplan XIV-153b für die Grundstücke G. und N. im Bezirk Neukölln, Ortsteil
Rudow, für unwirksam zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt,
den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
Der Bebauungsplan sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Planung liege nicht allein im
privaten Interesse, sondern diene vorrangig der Schaffung einer geordneten
städtebaulichen Entwicklung. Außerdem werde die Möglichkeit geschaffen, die
vorhandene „Baulücke“ auf dem Grundstück N. zu schließen. Anders als der
Bebauungsplan XIV-19 berücksichtige der Plan auch den vorhandenen Bestand, was
insbesondere dem Grundstück der Antragsteller zugute komme. Die Schaffung einer
geschlossenen Blockrandbebauung sei als langfristiges Planungsziel zu verstehen und
als solches nicht unrealistisch. Die Abwägung sei auch nicht im Hinblick auf die U-Bahn
zu beanstanden. Der U-Bahn-Tunnel verlaufe in der Mitte der Neuköllner Straße und die
Außenkante sei 12,4 m von der Grenze des Grundstücks N. entfernt. Die Treppenanlage
auf dem Gehweg wahre immer noch einen Abstand von 6,1 m. Dass der Zweck der
Festsetzung nicht überbaubarer Grundstücksflächen im Bebauungsplan XIV-19 entfallen
sei, bedeute noch keine Funktionslosigkeit. Die Eingriffsbilanzierung sei auf der
Grundlage eines Vergleichs zwischen altem und neuem Planungsrecht vorgenommen
worden. Ein Eingriff im Sinne des § 18 Abs. 1 BNatSchG sei nicht schon deshalb zu
verneinen, weil die nicht überbaubaren Flächen als Verkehrsflächen ausgebildet werden
sollten, denn der Bebauungsplan XIV-19 habe sie nur als nicht überbaubar festgesetzt.
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sollten, denn der Bebauungsplan XIV-19 habe sie nur als nicht überbaubar festgesetzt.
Ebensowenig seien die Fläche der Garagen und die befestigte Hoffläche als bereits
versiegelt zu berücksichtigen. Die Garagen seien nur befristet genehmigt gewesen. Die
durch die textliche Festsetzung Nr. 1 eingeräumte Möglichkeit einer Überschreitung der
zulässigen Grundfläche diene der Freihaltung des Blockinnenbereichs vom ruhenden
Verkehr und somit einer weiteren Reduzierung der Lärmimmissionen im
Blockinnenbereich. Schließlich fielen Planungsziele und tatsächliche Festsetzungen nicht
auseinander. Die unterschiedlichen Geschosszahlen für das Grundstück N. orientierten
sich am Bestand sowie an dem Ziel einer städtebaulichen Abrundung mit einem
sechsgeschossigen Gebäude als sogenanntem „Kopfbau“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf die Streitakte sowie auf die beigezogenen Aufstellungsvorgänge des
Bebauungsplans verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
I. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist mit dem Eingang der Antragsschrift
am 31. August 2007 gewahrt. Die Fristvorschrift ist noch in ihrer vor dem 1. Januar 2007
geltenden Fassung (VwGO i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. März 1991, BGBl. I S.
686, zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 9. Dezember 2006, BGBl. I S.
2833) anzuwenden (§ 195 Abs. 7 VwGO), da der Bebauungsplan vor diesem Datum (am
30. September 2005) bekanntgemacht worden ist. Danach gilt eine zweijährige
Antragsfrist ab der Bekanntmachung der Rechtsvorschrift.
Der Antrag ist auch sonst zulässig. Die Antragsbefugnis der Antragsteller (§ 47 Abs. 2
Satz 1 VwGO) ergibt sich bereits daraus, dass sie als Eigentümer eines Grundstücks, das
innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans liegt und durch ihn in
seiner baulichen Nutzbarkeit eingeschränkt wird, in einer durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG
grundrechtlich geschützten Rechtsstellung betroffen sind. Die Beteiligungsfähigkeit und
Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 8. steht im Hinblick auf § 10 Abs. 6 WEG, wonach
die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Bezug auf die gemeinschaftsbezogenen
Rechte der Wohnungseigentümer teilrechtsfähig ist und vor Gericht klagen kann (vgl.
dazu schon vor Erlass dieser mit Wirkung vom 1. Juli 2007 eingefügten Regelung BGH,
Beschluss vom 2. Juni 2005 – V ZB 32/05 –, NJW 2005, S. 2061), ebenfalls nicht in Frage.
II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der angegriffene Bebauungsplan ist
aufgrund von materiellen Fehlern unwirksam.
1. Der Bebauungsplan ist allerdings nicht bereits wegen mangelnder Erforderlichkeit für
die städtebauliche Entwicklung und Ordnung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB zu beanstanden.
Nach § 1 Abs. 3 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und
soweit es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. Was im Sinne dieser
Bestimmung erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption
der Gemeinde. Welche Ziele sich die Gemeinde in der Bauleitplanung setzt, liegt in
ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die bauleitplanerischen
Regelungen in den gesetzlichen Grenzen zu treffen, die ihrer städtebaulichen
Ordnungsvorstellung entsprechen. Nicht erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB sind nur
solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich
der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des
Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Davon wäre etwa auszugehen, wenn eine
planerische Festsetzung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen, oder eine
städtebauliche Zielrichtung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße
Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai
1999 – 4 BN 15.99 –, NVwZ 1999, S. 1338 f. m.w.N.).
Ein solcher Fall liegt hier entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht vor. Dass der
Antragsgegner die Aufstellung des Bebauungsplans wegen der fehlenden
Nachbarzustimmung zu dem Bauvorhaben des Eigentümers des Grundstücks G. für
erforderlich gehalten hat und sich die in dem Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen
ersichtlich auch an diesem Bauvorhaben ausrichten, steht der Erforderlichkeit im Sinne
des § 1 Abs. 3 BauGB nicht entgegen, denn die Gemeinde darf hinreichend gewichtige
private Interessen zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen und sich dabei an den
Wünschen privater Grundeigentümer orientieren, solange die Voraussetzung gewahrt ist,
dass sie mit der Planung zugleich städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolgt
(vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 5. Juni 1996 – 8 S 487/96 –, VBlBW 1996, S. 376).
Dem Bebauungsplan liegt ein auf solche Planungsziele ausgerichtetes Konzept
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Dem Bebauungsplan liegt ein auf solche Planungsziele ausgerichtetes Konzept
zugrunde. Wesentliches Ziel der Planung ist es, eine geschlossene mehrgeschossige
Bebauung der Blockecke zur Kreuzung Groß-Ziethener Chaussee/Neuköllner Straße zu
ermöglichen. Städtebauliche Belange und Zielsetzungen (vgl. dazu § 1 Abs. 5 und Abs. 6
BauGB) liegen dem insoweit zugrunde, als damit bezweckt wird, an der verkehrsreichen
Kreuzung ruhige Wohnverhältnisse im Blockinnenbereich zu schaffen. Die geplante
Bebauung soll außerdem die an der Neuköllner Straße sowie an der Groß-Ziethener
Chaussee im Bestand bereits vorhandene Blockrandbebauung fortführen und stellt sich
damit als Fortsetzung einer bereits eingeleiteten städtebaulichen Entwicklung dar.
Darüber hinaus verfolgt der Bebauungsplan das Ziel, unter Einbeziehung der bisher
durch den Bebauungsplan XIV-19 als nicht bebaubar ausgewiesenen Flächen eine
intensivere bauliche Nutzung im Hinblick auf die nach der Einschätzung des Plangebers
herausgehobene Lage am U-Bahnhof und in der Nähe zum Ortszentrum von Rudow zu
ermöglichen. Die Erforderlichkeit der Planung hängt dabei nicht vom Gewicht der für oder
gegen sie sprechenden privaten Interessen ab, denn ob den zur Rechtfertigung der
Planung herangezogenen Gründen im Rahmen der Abwägung zu Recht der Vorrang
gegenüber entgegenstehenden Interessen und Belangen gegeben wurde, ist eine davon
zu trennende Frage (vgl. Söfker/Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,
Baugesetzbuch, Stand: 15. Juni 2009, § 1 BauGB Rn. 33).
Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller ist die Erforderlichkeit der Planung auch
nicht etwa deshalb zu verneinen, weil der Bebauungsplan aus tatsächlichen Gründen
keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 28. Januar
1999 – 4 CN 5/98 –, BVerwGE 108, S. 248; Söfker/Runkel, a.a.O., § 1, Rn. 35 und 213).
Soweit die Antragsteller geltend machen, es sei im Hinblick auf die benachbarten
Baulichkeiten der U-Bahn-Linie 7 technisch nahezu unmöglich oder doch nur unter
extrem hohem finanziellen Aufwand möglich, das Grundstück N. auf dem dafür
vorgesehenen Grundstücksteil mit einem sechsgeschossigen Gebäude zu bebauen,
ferner sei im Bereich des bisher einstöckigen Vorbaus die im Bebauungsplan
ausgewiesene mehrgeschossige Bebauung nicht realisierbar, ist ihr Vorbringen unter
Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, wie sie aus dem von den Berliner
Verkehrsbetrieben (BVG) mit ihrer Stellungnahme vom 18. September 2003 (Heft II-7 b
der Aufstellungsvorgänge, Bl. 85 ff.) vorgelegten Plan ersichtlich sind, nicht
nachvollziehbar. Danach besteht ein hinreichender Abstand der Tunnelwand des
unterirdischen U-Bahnhofs zur nordwestlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks N..
Auch die formularmäßig abgefasste Stellungnahme der BVG ergibt keinen Anhaltspunkt,
dass die ausgewiesene Bebauung wegen der Anlagen der U-Bahn nicht realisierbar wäre
bzw. ihre Realisierung wirtschaftlich erheblich erschwert sein könnte. Soweit die
Antragsteller darauf hinweisen, dass weder sie selbst noch mutmaßlich die Eigentümer
des Grundstücks G. gewillt seien, die ausgewiesene geschlossene Bebauung zu
verwirklichen, sind damit keine der Vollziehung des Bebauungsplans entgegenstehende
Hindernisse benannt, die geeignet wären, die Erforderlichkeit der Planung infrage zu
stellen. Vielmehr soll der durch das Bauvorhaben auf dem Grundstück G. veranlasste
Plan die weitere bauliche Entwicklung für einen längeren Zeitraum lenken. Es ist aber
nicht ausgeschlossen, dass in absehbarer Zeit auch auf den anderen Grundstücken
bauliche Veränderungen geplant werden.
Schließlich fehlt die Erforderlichkeit der Planung nicht im Hinblick auf das mit ihr lediglich
unter anderem verfolgte Ziel, nunmehr eine Bebauung auf dem durch den
Bebauungsplan XIV-19 als nicht bebaubare Grundstücksfläche festgesetzten Streifen
entlang der Groß-Ziethener Chaussee zu ermöglichen. Der Erforderlichkeit der Planung
kann insoweit nicht entgegengehalten werden, diese Festsetzung sei bereits wegen
Funktionslosigkeit unwirksam geworden, da die Groß-Ziethener Chaussee inzwischen
schmaler ausgebaut und die Absicht zu einer späteren Verbreiterung aufgegeben
worden sei. Abgesehen davon, dass das Planungserfordernis selbst bei unterstellter
Funktionslosigkeit der bisherigen Festsetzungen schon aus Gründen der Klarstellung und
Rechtssicherheit zu bejahen wäre, tritt eine bauplanerische Festsetzung nur dann wegen
Funktionslosigkeit außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht,
in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung
der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser
Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der
Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (BVerwG, Urteil vom 29.
April 1977 – IV C 39.75 –, BVerwGE 54, S. 5). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht
vor, denn es ist nicht ersichtlich, dass eine spätere Verbreiterung der Groß-Ziethener
Chaussee wegen einer nachträglich eingetretenen Entwicklung unmöglich geworden
wäre. Allein der Umstand, dass die Ausbauabsicht offenbar inzwischen aufgegeben
wurde, genügt für die Annahme einer Funktionslosigkeit nicht.
2. Der Bebauungsplan ist jedoch nicht wirksam zustande gekommen, weil die unter Nr. 4
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2. Der Bebauungsplan ist jedoch nicht wirksam zustande gekommen, weil die unter Nr. 4
der textlichen Festsetzungen getroffenen Anordnungen zum Ausgleich zu erwartender
naturschutzrechtlich relevanter Eingriffe nicht hinreichend bestimmt sind und außerdem
nicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruhen.
a) Nach der im Bebauungsplanverfahren zugrundegelegten Regelung des § 1a Abs. 2 Nr.
2 BauGB in der bis zum 19. Juli 2004 gültigen Fassung des Baugesetzbuchs
(Bekanntmachung vom 27. August 1997, BGBl. I S. 2141, 1998 I S. 137, zuletzt geändert
durch Art. 4 Abs. 10 des Gesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl. I S. 718 – im Folgenden
BauGB a.F. –) ist die Entscheidung über die Vermeidung und den Ausgleich von
Eingriffen in Natur und Landschaft, die aufgrund der Bauleitplanung zu erwarten sind, in
die bauleitplanerische Abwägung integriert und damit in das Bebauungsplanverfahren
vorverlagert (vgl. dem korrespondierend § 21 Abs. 2 BNatSchG). Die rechtliche
Grundlage für die Anordnung von Ausgleichsmaßnahmen findet sich in § 1a Abs. 3 Satz
1 BauGB a.F. (§ 1a Abs. 3 Satz 2 BauGB), wonach der Ausgleich u.a. durch geeignete
Festsetzungen von Maßnahmen erfolgt. Gemäß § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB a.F. (§ 1a
Abs. 3 Satz 5 BauGB) ist ein Ausgleich nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor
der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren.
aa) Bereits aus dem notwendigen Zusammenhang zwischen dem Eingriff und der
Ausgleichsmaßnahme als hieran anknüpfender Belastung ergibt sich, dass im
Bebauungsplan hinreichend bestimmt geregelt sein muss, welche Maßnahmen einen
ausgleichspflichtigen Eingriff darstellen und in welchem Umfang für sie ein Ausgleich zu
leisten ist. Dies folgt auch aus der Vorverlagerung der Entscheidung über den Ausgleich
von Eingriffen in das Bebauungsplanverfahren, wonach der Bebauungsplan eine im
späteren Planvollzug handhabbare Regelung zur Eingriffskompensation enthalten muss.
Diesen Anforderungen werden die unter Nr. 4 der textlichen Festsetzungen enthaltenen
Anordnungen nicht gerecht. So lässt sich der Ausgleichsregelung auch bei der
gebotenen Auslegung nicht hinreichend bestimmt entnehmen, unter welchen
Voraussetzungen ein ausgleichspflichtiger Eingriff anzunehmen sein soll. Die
Aufstellungsvorgänge, insbesondere die im Jahre 1999 erstellte Ausarbeitung zur
Eingriffsbewertung und der dazu gehörende Vermerk vom 17. Februar 2000 sowie die
Ausführungen in der Planbegründung (Ziff. 2.4.6), sprechen dafür, dass das Bezirksamt
bei der vorbereitenden Eingriffsbilanzierung als erheblichen Eingriff die nach dem
Bebauungsplan mögliche Versiegelung des Bodens in Betracht gezogen hat, wovon in
Anwendung des § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB a.F. nur die zusätzliche, über den
genehmigten Bestand sowie das bisher planungsrechtlich zulässige Maß der Bebauung
hinausgehende Bebauung oder sonstige Versiegelung als ausgleichspflichtig erfasst
werden sollte. Einer entsprechenden Auslegung der Ausgleichsregelung steht jedoch
entgegen, dass diese Einschränkungen im Wortlaut in keiner Weise zum Ausdruck
kommen. Vielmehr wird pauschal angeordnet, Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne
des § 18 BNatSchG seien auszugleichen. Auch die zu den einzelnen Grundstücken
getroffenen Festsetzungen knüpfen abweichend von den im Vermerk vom 17. Februar
2000 vorgeschlagenen Formulierungen die Ausgleichspflicht nicht an die Überbauung
bzw. Versiegelung bisher unversiegelter Flächen.
Daneben ist der Umfang der angeordneten Ausgleichsmaßnahmen nicht eindeutig
bestimmbar. Die für die Grundstücke G. getroffene Anordnung, „pro Quadratmeter
Grundfläche“ eine bestimmte Fläche mit Gebüsch und Hecken zu bepflanzen, lässt
offen, an welche Grundfläche angeknüpft werden soll. Die fehlende Bestimmtheit der
Voraussetzungen für einen ausgleichspflichtigen Eingriff schlägt insoweit auch
hinsichtlich des Umfangs der Ausgleichsmaßnahme durch. Die für die Grundstücke G.
und N. getroffene Anordnung, einen bestimmten Anteil der Dachflächen zu begrünen,
knüpft von vornherein nicht an einen bestimmten Umfang des Eingriffs an. Ob dies
gewollt ist, ist jedoch zweifelhaft, da die Ausarbeitung zur Eingriffsbewertung aus dem
Jahr 1999 sowie der ergänzende Vermerk vom 17. Februar 2000, auf die in der
Planbegründung (unter Ziff. 2.4.6) als Grundlage für die textliche Festsetzung Nr. 4
verwiesen wird, davon ausgehen, dass der jeweilige Vorhabenträger proportional zu dem
von ihm verursachten Eingriff zum Ausgleich verpflichtet werden sollte. Unter diesen
Umständen hätte eine bestimmte Relation zwischen der neu versiegelten Fläche und der
zu begrünenden Dachfläche festgelegt werden müssen. Eine Auslegung, wonach die
Träger von Bauvorhaben auf den Grundstücken G. und N. zu den angeordneten
Kompensationsmaßnahmen unabhängig von dem Ausmaß des durch ihr Vorhaben
bewirkten Eingriffs in vollem Umfang verpflichtet werden sollten, wäre nach den zur
Grundlage der Ausgleichsanordnung erklärten Aufstellungsvorgängen nicht von einer
entsprechenden Abwägung gedeckt.
bb) Die Regelungen zum Eingriffsausgleich beruhen außerdem nicht auf einer
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bb) Die Regelungen zum Eingriffsausgleich beruhen außerdem nicht auf einer
fehlerfreien Abwägung. Wie bereits ausgeführt, ist nach § 1a Abs. 2 Nr. 2 BauGB a.F. (§
1a Abs. 3 Satz 1 BauGB) über die Vermeidung und den Ausgleich zu erwartender
naturschutzrechtlich relevanter Eingriffe im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung
nach § 1 Abs. 6 BauGB a.F. (§ 1 Abs. 7 BauGB) zu entscheiden. Nach dem dort
normierten Abwägungsgebot sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen
und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dies
schließt die Verpflichtung des Plangebers ein, die Bedeutung der betroffenen Belange
ordnungsgemäß zu ermitteln (vgl. § 2 Abs. 3 BauGB). Den Aufstellungsvorgängen kann
jedoch nicht entnommen werden, dass das Bezirksamt den Umfang der aufgrund der
Planung zu erwartenden zusätzlichen Bodenversiegelung hinreichend ermittelt hätte. Die
Planbegründung verweist, wie bereits dargelegt, unter Ziff. 2.4.6 zur Begründung der
Ausgleichsanordnungen auf die Eingriffsbewertung aus dem Jahr 1999 sowie die
ergänzende fachliche Stellungnahme vom 17. Februar 2000. Die damaligen
Berechnungen beruhen aber noch auf der Annahme, der Bebauungsplan lasse eine
Versiegelung entsprechend einer GRZ von 0,3 zuzüglich 50% für Nebenanlagen
(insgesamt also entsprechend einer GRZ von 0,45) zu (vgl. die Flächenberechnung vom
8. Dezember 1999, Bl. 13 des zu den Aufstellungsvorgängen gehörenden Heftes
„Eingriffsbewertung“), während nach der Begründung des Bebauungsplans (S. 9) unter
Berücksichtigung der textlichen Festsetzungen Nr. 1 und Nr. 2 auf den Grundstücken G.
jeweils eine GRZ von 0,5, auf dem Grundstück G. eine GRZ von 0,8 und auf dem
Grundstück N. eine GRZ von 0,95 erreicht wird. In den Aufstellungsvorgängen finden sich
auch keine anderen Berechnungen, denen nachvollziehbar entnommen werden könnte,
dass der Plangeber den Umfang der durch den Bebauungsplan ermöglichten
Neuversiegelung zutreffend eingeschätzt hat. Zwar hat das Bezirksamt im Zuge der
Überarbeitung des Planes wegen der Beanstandungen der Senatsverwaltung weitere
Berechnungen vorgenommen. Diese Berechnungen enthalten jedoch keine vollständige
Eingriffsermittlung, sondern beziehen sich entweder nur auf die im Geltungsbereich des
Bebauungsplans XIV-19 liegenden Teilflächen (vgl. S. 11 der Begründung des
Bebauungsplans in der mit dem Deckblatt vom 9. Juli 2003 versehenen Fassung, Bl. 112
des Heftes I-08 der Aufstellungsvorgänge) und berücksichtigen zudem nur die
Neuversiegelung durch Hauptgebäude, nicht aber durch Nebenanlagen wie die in
diesem Bereich zugelassenen Tiefgarageneinfahrten, oder sie betreffen, soweit sie den
bislang nur durch den Baunutzungsplan überplanten Grundstücksteil einbeziehen, nur
ein einzelnes Grundstück (vgl. S. 5 des Vermerks vom Dezember 2004, Bl. 140 des
Heftes I-08). Davon abgesehen wurden die späteren Berechnungen nicht erkennbar zur
Grundlage der Abwägung gemacht. Vielmehr verweist die Begründung des
Bebauungsplans zur rechnerischen Nachvollziehbarkeit der Eingriffsbewertung lediglich
auf die Eingriffsbewertung aus dem Jahre 1999 sowie die Stellungnahme vom Dezember
2000.
Wie zur Bestimmtheit der Ausgleichsanordnung bereits ausgeführt, würde es außerdem
an einer hinreichenden Abwägung fehlen, wenn die festgesetzten Anordnungen über das
in den Jahren 1999 und 2000 erarbeitete Konzept zur Ausgleichskompensation
hinausgingen. Davon wäre auszugehen, wenn die Ausgleichsanordnung für die
Grundstücke G. und N., was allerdings als zweifelhaft erscheint, dem Wortlaut
entsprechend so verstanden werden müsste, dass der Umfang der Ausgleichspflicht
nicht vom Umfang des jeweils mit dem baulichen Vorhaben verbundenen Eingriffs
abhängen soll. Den Aufstellungsvorgängen lassen sich indes keine Erwägungen dazu
entnehmen, weshalb eine solche – nicht mehr verursachungsadäquate –
Ausgleichspflicht gerechtfertigt sein könnte.
b) Die festgestellten Fehler sind nicht nach den Regelungen des Baugesetzbuchs über
die Planerhaltung unbeachtlich. Dies gilt nicht nur für die fehlende Bestimmtheit der
Anordnungen zum Eingriffsausgleich, die ohnehin unmittelbar das Abwägungsergebnis
betrifft, sondern auch für die den Abwägungsvorgang betreffende unzureichende
Ermittlung des Umfangs der durch den Bebauungsplan ermöglichten Eingriffe. Dieser
Abwägungsmangel ist im Sinne des § 214 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB
erheblich, denn er ist offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss
gewesen. Die Offensichtlichkeit ergibt sich bereits daraus, dass der Fehler ohne weiteres
aus dem Aufstellungsvorgang und der Planbegründung hervorgeht (vgl. Urteil des
Senats vom 10. Dezember 2008 – OVG 2 A 7.08 –, juris, Rn. 50). Er ist ferner auf das
Ergebnis der Abwägung von Einfluss gewesen, denn nachdem das Bezirksamt die
Anordnungen zum Eingriffsausgleich und die Festsetzungen zum Maß der Bebauung
aufgrund der Beanstandungen der Senatsverwaltung mehrmals geändert hat, lässt sich
die konkrete Möglichkeit nicht von der Hand weisen, dass bei zutreffender Ermittlung des
zu erwartenden Eingriffsumfangs hierzu nochmals andere Festsetzungen getroffen
worden wären (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 – 4 CN 1.07 –, BVerwGE 131, S.
100).
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c) Die Fehler bleiben auch nicht auf die Anordnungen zum Eingriffsausgleich beschränkt,
sondern führen zur Unwirksamkeit des ganzen Planes. Eine Teilunwirksamkeit kann
lediglich dann angenommen werden, wenn ein Fehler nur einzelnen Festsetzungen des
Bebauungsplans anhaftet, die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für
sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz
1 BauGB bewirken können und der Plangeber nach seinem im Planungsverfahren zum
Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Bebauungsplan dieses
eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 2008
– 4 B 5.08 –, bei Juris Rn. 8 m.w.N.). Davon ist hier nicht auszugehen. Die Regelungen
zum Eingriffsausgleich können nicht isoliert für unwirksam erklärt werden, da nicht
angenommen werden kann, dass der Plangeber die Planung auch ohne Anordnungen
zum Eingriffsausgleich gewollt hätte. Das zeigt sich beispielhaft daran, dass die
Überschreitung der in § 17 Abs. 1 BauNVO geregelten Obergrenzen für das Maß der
baulichen Nutzung in der Planbegründung (S. 9) im Hinblick auf die
Ausnahmevoraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauNVO u.a. mit den
festgesetzten Maßnahmen zum Ausgleich naturschutzrechtlicher Eingriffe begründet
wird, durch die „zugleich ein Ausgleich für die höhere bauliche Dichte auf den
betreffenden Grundstücken“ erfolge.
3. Der Bebauungsplan ist davon unabhängig auch deshalb unwirksam, weil die
Voraussetzungen für eine Überschreitung der in § 17 Abs. 1 BauNVO geregelten
Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung vom Antragsgegner
zu Unrecht bejaht worden sind.
a) Nach § 17 Abs. 1 BauNVO dürfen bei der Bestimmung des Maßes der baulichen
Nutzung nach § 16 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten eine Grundflächenzahl (GRZ)
von 0,4 und eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 1,2 – vorbehaltlich der in Absatz 2 Satz
1 und Absatz 3 geregelten Ausnahmen – nicht überschritten werden. Wie der Tabelle auf
Seite 9 der Begründung des Bebauungsplans entnommen werden kann, werden diese
Grenzen bei den Grundstücken G. (GFZ von 1,4) und N. (GRZ von 0,7 und GFZ von 2,6)
erheblich überschritten. Eine Überschreitung der Obergrenzen des Absatzes 1 ist nach §
17 Abs. 2 Satz 1 BauNVO nur dann zulässig, wenn (erstens) besondere städtebauliche
Gründe dies erfordern, (zweitens) die Überschreitungen durch Umstände ausgeglichen
sind oder durch Maßnahmen ausgeglichen werden, durch die sichergestellt ist, dass die
allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht
beeinträchtigt, nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden und die Bedürfnisse
des Verkehrs befriedigt werden, und (drittens) sonstige öffentliche Belange nicht
entgegenstehen.
Bereits die Voraussetzung, dass „besondere städtebauliche Gründe“ die Überschreitung
„erfordern“, ist hier jedoch zu verneinen. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber die
inhaltlichen Anforderungen für eine Überschreitung der Obergrenzen des Maßes der
baulichen Nutzung im Zuge der letzten Novellierung der Baunutzungsverordnung im Jahr
1990 erhöht hat, indem er die nach früherem Recht geltende Formulierung „wenn
(besondere) städtebauliche Gründe dies rechtfertigen" durch die Formulierung „wenn
(besondere) städtebauliche Gründe dies erfordern" ersetzt hat. Der Begriff der
städtebaulichen Erforderlichkeit ist im Sinne eines „vernünftigerweise Gebotenseins"
auszulegen (vgl. bereits OVG Berlin, Urteil vom 14. Januar 1994 – 2 A 9.91 –, NVwZ-RR
1995, S. 69). Hiermit ist zwar nicht eine „Unabweisbarkeit“ gemeint. Andererseits folgt
aus der Erhöhung der Anforderungen, dass das Ausgleichsgebot (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr.
2 BauNVO) und das Verbot des Entgegenstehens öffentlicher Belange in § 17 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 BauNVO) die städtebauliche Erforderlichkeit nicht wieder auf den früher
geltenden Maßstab „städtebaulich gerechtfertigt" zurückführen (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 23. Januar 1997 – 4 NB 7.96 –, NVwZ 1997, S. 903). Weiter muss nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Auslegung und Anwendung des
§ 17 Abs. 2 Satz 1 bzw. Abs. 3 BauNVO der Ausnahmecharakter dieser Vorschriften
erkennbar bleiben. Danach ist die Einhaltung der Maße des § 17 Abs. 1 BauNVO der
städtebauliche Regelfall. Eine Maßüberschreitung setzt demgegenüber eine
städtebauliche Situation und eine durch den Bebauungsplan zu lösende Problematik
voraus, die nicht alltäglich und nicht in jeder beliebigen örtlichen Lage anzutreffen ist.
Deshalb genügt der planerische Wille der Gemeinde, von § 17 Abs. 1 BauNVO
abzuweichen, allein nicht. Vielmehr muss die Überschreitung der Obergrenzen des § 17
Abs. 1 BauNVO auch aus dem Charakter oder aus besonderen Umständen des neu
überplanten Gebietes objektiv begründbar sein; die städtebaulichen Gründe müssen ein
gewisses Gewicht besitzen und dürfen nicht in jeder Standardsituation einsetzbar sein. In
diesem Sinne wird also eine städtebauliche Ausnahmesituation vorausgesetzt (vgl.
BVerwG, Urteile vom 31. August 2000 – 4 CN 6.99 –, BVerwGE 112, 41 und vom 25.
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BVerwG, Urteile vom 31. August 2000 – 4 CN 6.99 –, BVerwGE 112, 41 und vom 25.
November 1999 – 4 CN 17.98 –, NVwZ 2000, S. 813). Ob der Plangeber die
Voraussetzungen für eine Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen
Nutzung zu Recht angenommen hat, beurteilt sich dabei maßgeblich nach der
Begründung des Bebauungsplans (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 1994 – 4 NB
42.93 –, Buchholz 406.12 § 17 BauNVO Nr. 5; zum ganzen auch die Urteile des Senats
vom 18. Dezember 2007 – OVG 2 A 3.07 – „Spreedreieck“ und vom 18. Juni 2008 – OVG
2 A 11.07 – „Brücker Zentrum“, beide bei juris).
Den in der Begründung des angegriffenen Bebauungsplans (S. 9) enthaltenen
Ausführungen lassen sich jedoch keine genügenden Gründe für eine Überschreitung der
Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung entnehmen. Soweit die bauliche
Verdichtung mit der „Standortqualität der unmittelbaren Lage am U-Bahnhof Rudow und
zum Ortsteilzentrum Rudow“ sowie mit dem Ziel begründet wird, eine „Innenentwicklung
im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung“ und eine „gesamtstädtisch günstige
Auslastung der Verkehrsinfrastruktur“ zu fördern, fehlt es bereits an einer
herausgehobenen Ausnahmesituation, die nach einer besonderen, qualifizierten
planerischen Lösung verlangt. Der Standort weist mit den angesprochenen
Lagequalitäten – der Nähe zu einem Ortsteilzentrum sowie dem an der Straßenecke
vorhandenen U-Bahn-Zugang – keine im Berliner Stadtraum ungewöhnlichen
Besonderheiten auf, sondern entspricht einer städtebaulichen Standardsituation, die
regelmäßig auch ohne Abweichung von den gesetzlichen Obergrenzen für das Maß der
baulichen Nutzung gelöst werden kann. Eine übermäßige Konzentration der
Wohnnutzung an der verkehrsreichen Straßenkreuzung steht zudem im Kontrast zu der
Belastung des Standorts mit Lärm- und Abgasimmissionen, die den Plangeber
veranlasst hat, durch die Ausweisung einer geschlossenen Blockrandbebauung ruhigere
Wohnverhältnisse im Blockinnenbereich zu schaffen. Dass für die erstrebte Abschirmung
eine mehr als viergeschossige Bebauung der Blockrandecke erforderlich wäre, ist jedoch
nicht erkennbar. Auch die in der Begründung des Bebauungsplans weiter angeführte
„städtebauliche Idee einer Höhenzonierung bei gleichzeitiger städtebaulicher Aufwertung
des Eingangsbereichs zum U-Bahnhof Rudow“ lässt sich nicht schlüssig aus einer
städtebaulichen Sondersituation ableiten. Unter Berücksichtigung des vorhandenen
Gebäudebestandes wäre es auch möglich gewesen, die Bebauung bis zum Anschluss an
den auf dem nordöstlichen Teil des Grundstücks N. vorhandenen fünfgeschossigen
Baukörper viergeschossig um die Blockrandecke herumzuführen, was zugleich die
Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung des Gebäudes auf dem Grundstück der
Antragsteller minimiert hätte. Die stattdessen mit der Ausweisung eines
sechsgeschossigen „Kopfbaus“ angestrebte Aufwertung des Eingangsbereichs der U-
Bahn lässt sich auch nicht durch einen besonderen Bezug zum Ortsteilzentrum Alt-
Rudow rechtfertigen, das zum einen auf der anderen Seite der Neuköllner Straße liegt
und es zum anderen in seiner Bedeutung als bloßes Ortsteilzentrum nicht rechtfertigt,
dem Standort eine atypische Lagequalität zuzuschreiben. Insoweit ist zu
berücksichtigen, dass die Obergrenzen des § 17 Abs. 1 BauNVO selbst in
hochverdichteten Großstadtzentren gelten und auch dort nur ausnahmsweise
überwindbar sind (vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 2007, a.a.O.).
Davon unabhängig sind die in der Planbegründung enthaltenen Erwägungen zum
Ausgleich der Überschreitung der Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung durch
Umstände oder Maßnahmen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauNVO zu beanstanden.
Durch die nach dieser Bestimmung erforderlichen ausgleichenden Umstände bzw. die
Anordnung von Ausgleichsmaßnahmen muss u.a. sichergestellt sein, dass die
allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht
beeinträchtigt werden. Soweit die Planbegründung zu möglichen Beeinträchtigungen der
Belichtung und Belüftung infolge der Überschreitung des höchstzulässigen Maßes der
Bebauung nach § 17 Abs. 1 BauNVO auf das nahegelegene Rudower Fließ verweist, das
als qualitätvolles öffentliches Freiraumsystem auch der Freizeit und Erholung des
allgemeinen Wohngebietes diene, kann darin kein nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauNVO
zum Ausgleich geeigneter Umstand gesehen werden, da dieses Gebiet nicht im
räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans liegt oder daran angrenzt, sondern
durch mehrere bebaute Grundstücke hiervon getrennt ist. Eine mögliche
Erholungsfunktion dieses Gebiets ist deshalb nicht geeignet, Beeinträchtigungen der
Wohn- und Arbeitsverhältnisse durch eine wegen der Bebauungsverdichtung geminderte
Belichtung und Belüftung der Grundstücke im Plangebiet auszugleichen.
b) Der Verstoß gegen § 17 Abs. 1 BauNVO ist weder nach den
Planerhaltungsvorschriften des Baugesetzbuchs unbeachtlich noch bleibt er mit der
Folge einer bloßen Teilunwirksamkeit im Sinne der obigen Darlegungen (unter 2.c) auf
einen abtrennbaren Teil des Bebauungsplanes beschränkt.
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4. Auf die weiteren Einwendungen der Antragsteller muss nicht mehr eingegangen
werden, da der Bebauungsplan bereits wegen der festgestellten Mängel aus zwei
selbständig tragenden Gründen unwirksam ist.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in
Verbindung mit § 709 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132
Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.
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