Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 12.11.2009

OVG Berlin-Brandenburg: baustelle, gesellschafter, geschäftsführer, firma, bauarbeiten, unternehmen, strafverfahren, ausländer, grundstück, bauherr

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 5 M 61.09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 11 Abs 3 S 1 Nr 3 WoFG
Kündigung von Förderverträgen wegen Unzuverlässigkeit des
Fördernehmers
Leitsatz
Zur Kündigung von ModInst-Förderverträgen aus wichtigem Grund.
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 12. November 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde des Beklagten gegen die erstinstanzliche Versagung von
Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die
Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung -
ZPO - biete, ist nicht zu beanstanden. Die Beschwerde vermag die vorläufige
Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei zur Kündigung der
Förderungsverträge für die fünf Sanierungsvorhaben des Beklagten aus wichtigem Grund
sowie zur Rückforderung ausgezahlter Fördermittel nebst Zinsen und Erstattung von
Nebenkosten berechtigt, weil sich der Beklagte als Bauherr und Förderungsnehmer als
unzuverlässig erwiesen habe, nicht in Zweifel zu ziehen.
Der Kläger hat die Kündigungen ausweislich der Schreiben vom 21. November 2003 auf
drei selbständig tragende Gründe gestützt: Der Beklagte habe wissentlich
Schwarzarbeiter beschäftigt (1.), habe als Geschäftsführer und Gesellschafter der Fa. D.
m. mangelnde Gewissenhaftigkeit und Redlichkeit gezeigt (2.) und durch
Scheinrechnungen Fördermittel erschlichen (3.). Keinen dieser drei Vorwürfe vermag die
Beschwerde zu entkräften.
1. Der Beschwerdevortrag, auf der Baustelle des Beklagten seien keine illegal
beschäftigten Arbeitnehmer eingesetzt gewesen, ist unglaubhaft. Ausweislich der vom
Landeskriminalamt gefertigten Strafanzeigen wurden im Rahmen einer durch das
Arbeitsamt Berlin-Brandenburg am 22. Januar 2001 durchgeführten Kontrolle der
Baustelle W. fünf ausländische Arbeitnehmer ohne die erforderlichen Aufenthalts- und
Arbeitsgenehmigungen u.a. bei Schuttbeseitigungsarbeiten angetroffen, wobei die von
ihnen beladenen Schuttcontainer für die Firma D., deren Gesellschafter und
Geschäftsführer der Beklagte war, aufgestellt waren. Einer der vorläufig
festgenommenen Ausländer gab bei seiner polizeilichen Vernehmung auf Vorhalt, dass
er zusammen mit einem weiteren, ebenfalls vorläufig festgenommenen moldawischen
Staatsangehörigen seit Mitte Dezember 2000 auf der Baustelle mit Bauarbeiten
beschäftigt gewesen sei, an, sie hätten auf dieser Baustelle nach Arbeit gefragt und
seien von einer ihnen unbekannten männlichen Person in Arbeitskleidung für
Abrissarbeiten im Keller eingeteilt worden. Sie hätten vom 11. oder 12. Dezember 2000
an bis zur Festnahme sechs Tage in der Woche jeweils von 7.00 bis 16.00/17.00 Uhr
gearbeitet. Die drei ebenfalls vorläufig festgenommenen polnischen Staatsangehörigen
seien erst am 10. Januar 2001 auf die Baustelle gekommen. Sie hätten Maurerarbeiten
am Fußboden durchgeführt. Diese Angaben stimmen zwar mit den Aussagen der von
der Polizei vernommen Zeugen, die als Arbeitnehmer u.a. der D. auf der Baustelle tätig
waren, nicht in allen Punkten überein. Allen Angaben lässt sich jedoch als kleinster
gemeinsamer Nenner entnehmen, dass die fraglichen Ausländer seit mindestens 15.
Januar 2001 mit Bauarbeiten auf der Baustelle W. beschäftigt waren. Eines Nachweises,
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Januar 2001 mit Bauarbeiten auf der Baustelle W. beschäftigt waren. Eines Nachweises,
dass die illegal beschäftigten Ausländer vom Beklagten persönlich eingestellt wurden,
bedarf es zum Beleg der Unzuverlässigkeit des für die Bauüberwachung verantwortlichen
Beklagten ebenso wenig wie des Nachweises, dass er in der fraglichen Zeit
gesundheitlich in der Lage war, die tatsächliche Aufsicht auf den Baustellen auszuüben.
Seine Behauptung, eine Beweisaufnahme in dem gegen ihn geführten Strafverfahren
habe ergeben, dass bei ihm keine illegal Beschäftigten tätig gewesen seien, ist durch
nichts belegt. Ob die den Baufortschritt auf den Baustellen prüfende Mitarbeiterin der I.
Schwarzarbeiter angetroffen hat, ist ohne Belang.
Dass es sich im Übrigen bei den fünf aufgedeckten Fällen nicht um Einzelfälle gehandelt
hat, sondern der Beklagte die Beschäftigung von Schwarzarbeitern systematisch
betrieben hat, folgt mit für die Prozesskostenhilfeentscheidung hinreichender Sicherheit
aus den Feststellungen in den rechtskräftigen Strafurteilen des Landgerichts Berlin vom
14. Juni 2005 [(…] und vom 18. Mai 2005 [(…]. Danach ließ sich das geförderte
Bauvorhaben A. nur unter der Voraussetzung rentabel kalkulieren, dass der Beklagte
das Bauvorhaben mit seiner eigenen Firma, der D., zum großen Teil unter Einsatz von
polnischen Schwarzarbeitern erstellte, für deren Lohnzahlungen er liquide Mittel
benötigte, die er sich mittels eines strafbaren „Steuersparmodells“ verschaffte. Bei dem
geförderten Objekt W. entschlossen sich der Beklagte und zwei weitere Beteiligte, die
wesentlichen Bauarbeiten u.a. mit Hilfe von Schwarzarbeitern durchzuführen. Zwar trifft
es zu, dass der Beklagte auf diese Feststellungen keinen Einfluss hat nehmen können,
weil es sich um Strafverfahren gegen andere Angeklagte handelte. Das schließt jedoch
eine Berücksichtigung dieser Feststellungen bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten
seiner Rechtsverteidigung nicht aus.
2. Dem vom Kläger erhobenen Vorwurf, bei den Geschäftssitzen der D. zunächst in P.,
und anschließend in S., habe es sich um rechtsmissbräuchliche Scheinadressen
gehandelt, die zur Täuschung im Rechtsverkehr fingiert gewesen seien, ist der Beklagte
mit dem Vorbringen im Schreiben seines damaligen Bevollmächtigen vom 19.
Dezember 2002 entgegengetreten, in P. habe auf dem fraglichen Grundstück eine
Wohnsiedlung errichtet werden sollen, nachdem das Vorhaben jedoch nicht habe
realisiert werden können, sei die Ummeldung nach S. erfolgt; nachdem auch dort keine
Bauvorhaben hätten akquiriert werden können, sei der Sitz der Gesellschaft Anfang 2003
nach Berlin-F. verlegt worden. Dies steht jedoch der Annahme eines fiktiven
Geschäftssitzes nicht entgegen, weil es sich nach den unbestrittenen Feststellungen des
Klägers bei dem fraglichen Grundstück in P. um ein Gartengrundstück mit Bungalow und
bei dem Grundstück in S. um eine Siloanlage mit Lagerhallen gehandelt hat, wobei
weder Hinweisschild noch Briefkasten vorhanden waren. Welche möglichen anderen
„Fehler“ es bei der Zustellung an die Gesellschaft unter der letztgenannten Adresse
gegeben haben sollte, erläutert der Beklagte nicht. Die für die Sitznahme in
Brandenburg gegebene Begründung, dass sich aufgrund der Brandenburgischen
Tarifvereinbarungen die Lohnverhandlungen mit den einzustellenden Arbeitnehmern
günstiger hätten führen lassen, streitet nicht für die Redlichkeit des Beklagten. Ob er und
seine Firmen für den Kläger „immer erreichbar“ waren, wie in der
Beschwerdebegründung behauptet, spielt für die Würdigung seines Geschäftsgebarens
als Gesellschafter und Geschäftsführer der D. keine Rolle.
Der Beklagte hat darüber hinaus versucht, die Gesellschafterverhältnisse bei der zur
Bauabwicklung eingesetzten eigenen Firma D. zur Täuschung im Rechtsverkehr zu
verschleiern. Das ergibt sich mit hinreichender Sicherheit aus den Feststellungen des
Landgerichts Berlin in dem insoweit rechtskräftigen Urteil vom 8. Dezember 2004 [(…].
Danach haben der Beklagte und seine Ehefrau im Januar 2002 ihre alleinigen
Geschäftsanteile an der D. sowie die Geschäftsführung einer dritten Person zum Schein
übertragen. Die Geschäftsführung verblieb tatsächlich bei dem Beklagten und seiner
Ehefrau. Weil die D. öffentlich geförderte Bauvorhaben des Beklagten erstellte und der
Förderungsgeber sowie die finanzierenden Banken es nicht gerne sahen, wenn der
Bauherr die geförderten und finanzierten Objekte mit eigenen Unternehmen erstellte,
wählte der Beklagte die Scheinübertragung zur Verschleierung der tatsächlichen
Gesellschaftsverhältnisse. Anders als der Beklagte mit der Beschwerde vorträgt, hat
nach den Feststellungen im vorgenannten Urteil nicht der S. zu der Scheinübertragung
geraten, vielmehr haben der Beklagte und seine Ehefrau ihrerseits den S. um die
Abwicklung des Täuschungsmanövers gebeten. Der Einwand des Beklagten, eine
Mitarbeiterin der I. habe ihm im Strafverfahren mitgeteilt, dass es keineswegs so sei,
dass der Förderungsgeber daran Anstoß nehme, wenn der Bauherr die Förderobjekte
mit eigenen Unternehmen errichte, belegt möglicherweise einen Motivirrtum des
Beklagten, ändert indessen nichts an der Unredlichkeit seiner Geschäftstätigkeit.
Dass der Beklagte am 8. Dezember 2004 rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung in 18
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Dass der Beklagte am 8. Dezember 2004 rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung in 18
Fällen, wegen versuchter Steuerhinterziehung und wegen vorsätzlicher Verletzung der
Buchführungspflicht - allerdings nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den
geförderten Vorhaben - rechtskräftig verurteilt worden ist, hat der Kläger zwar nicht zum
Gegenstand der ein Jahr zuvor ausgesprochenen Kündigungen machen können. Die
Verurteilung trägt allerdings zur Abrundung des Bildes bei.
3. Unstreitig hat der Beklagte im Zuge des Abrufs von Fördermitteln nach Baufortschritt
Kostenaufstellungen eingereicht, die nach seinen eigenen Angaben auf Rechnungen der
als Auftragnehmerin für Bauhauptleistungen - Maurer- und Betonarbeiten -
verpflichteten L. basierten, die jedoch für diese Rechnungen in Wahrheit keine
Leistungen erbracht hatte. Tatsächlich hatte u.a. die D., deren Gesellschafter und
Geschäftsführer der Beklagte war, die Bauleistungen erbracht. Zwar trifft es zu, dass es
in diesem Zusammenhang zu einer Verurteilung des Beklagten wegen Betruges zu
Lasten des Klägers nicht gekommen ist, weil das Landgericht nach zweimaliger
Aufhebung in diesem Punkt durch den Bundesgerichtshof keinen dritten Versuch eines
Nachweises der zweckwidrigen Verwendung von Fördermitteln unternommen und das
Verfahren eingestellt hat. Der Ausgang des Strafverfahrens hat jedoch keinen Einfluss
auf die Würdigung des Verhaltens des Beklagten als Vertrauensbruch. Denn der Kläger
hat ihm dadurch, dass er erst für die Schlussabrechnung, nicht aber für die ratenweise
Auszahlung der Fördermittel nach Baufortschritt die Vorlage von Rechnungen der
bauausführenden Firmen verlangte, einen Vertrauensvorschuss entgegengebracht.
Dieses Vertrauen hat der Beklagte ausgenutzt und den Kläger über den wahren
Leistungserbringer getäuscht, weil er davon ausging, dass die I. eine Bauausführung zu
wesentlichen Teilen mit eigenen Unternehmen des Beklagten nicht gebilligt hätte.
Gerade weil er wusste, „er bekäme Probleme mit der Abrechnung“, kann er sein
Verhalten nicht damit rechtfertigen, dass er „aus der Not geboren“ gezwungen gewesen
sei, die Arbeiten, die die L. hätte erbringen sollen, von anderen Arbeitskräften habe
erbringen lassen. Denn das erklärt nicht, weshalb er sich nicht an die I. gewandt hat, um
den Ausfall der L. in vertragsgemäßer Weise zu bewältigen. Dass er auf die rechtliche
Unangreifbarkeit dieses angeblich von S. entwickelten „Geschäftsmodells“ vertraut
habe, wie er vorträgt, vermag ihn als verantwortlichen Bauherrn und Förderungsnehmer
ebenfalls nicht zu entlasten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer
Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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