Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 15.03.2017
OVG Berlin-Brandenburg: zahnmedizin, vorprüfung, hamburger, pauschalabzug, angestellter, klinik, universität, stellenbeschreibung, anfang, wissenschaft
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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 5 NC 1.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 146 Abs 4 VwGO, Art 12 Abs
1 GG, § 9 KapVO BE, § 14
KapVO BE, § 16 KapVO BE
FU/Tiermedizin; Wintersemester 2009/10; Studienanfänger;
Lehrangebot; Deputatsreduzierungen; Stiftungsprofessur;
vertraglich festgelegte Lehrverpflichtung; unbefristet
beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter ohne
Lehrverpflichtung; Krankenversorgungsabzug; Bemessung;
angeblich mangelnde Aktualität; Privatliquidationsrecht der
Klinikdirektoren; Schwundquotenberechnung; Hamburger
Modell; nicht gerechtfertigte) Einwände gegen die
Grundannahmen des Hamburger Modells
Leitsatz
Kampagne WS 2009/10
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 4. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der
Antragsgegnerin, sie nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2009/10
vorläufig als Studienanfängerin zum Studium der Tiermedizin zuzulassen. Das
Verwaltungsgericht hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die
Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin einer rechtlichen Überprüfung standhalte.
Über die in der Zulassungsordnung festgesetzte Zulassungszahl von 170
Studienplätzen und über die Zahl der tatsächlich vergebenen Studienplätze (173) hinaus
seien keine weiteren Studienplätze für Studienanfänger frei.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie
wiederholt zunächst ihre in erster Instanz vorgebrachten Rügen mit dem Bemerken, das
Verwaltungsgericht sei auf sie nicht bzw. nur zum Teil substantiiert eingegangen (1.).
Sodann greift sie einzelne Berechnungsansätze beim Lehrangebot an. Das betreffe
zunächst das mit lediglich 2 LVS angesetzte Lehrdeputat von Prof. H..., dessen
Forschungstätigkeit bereits bei der Bemessung seiner Lehrverpflichtung berücksichtigt
sei (2.). Soweit das Verwaltungsgericht die Streichung der Stelle des wissenschaftlichen
Mitarbeiters Dr. B... gebilligt habe, sei dies verfassungsrechtlich wie kapazitätsrechtlich
nicht haltbar (3.). Fehlerhaft berechnet sei auch der Krankenversorgungsabzug, weil zum
einen nicht berücksichtigt worden sei, dass Stellen des wissenschaftlichen Lehrpersonals
ohne Lehrverpflichtung aus dem Klinikbereich vorweg abzuziehen seien, und zum
anderen ein schon vor Jahrzehnten völlig willkürlich gewählter Krankenversorgungsabzug
von 30% verfassungsrechtlich aktuell nicht mehr haltbar sei (4). Zu beanstanden sei
schließlich auch die nach dem Hamburger Modell berechnete Schwundquote, da bei den
Eingangsdaten und Belegungszahlen der Semester 6 bis 9 offenbar auch Studierende
mitgezählt worden seien, die keine klinische Lehre nachfragen könnten, weil sie die
Vorprüfung noch nicht bestanden hätten; die anderslautende Rechtsprechung des
Senats wie auch im Wesentlichen die der anderen Obergerichte verstoße gegen Art. 12
Abs. 1 GG, das Kapazitätserschöpfungsgebot des Hochschulrahmengesetzes, des
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Abs. 1 GG, das Kapazitätserschöpfungsgebot des Hochschulrahmengesetzes, des
Staatsvertrages und der Kapazitätsverordnung (5.).
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und
6 VwGO nur im Rahmen der fristgerechten Darlegungen des Beschwerdeführers
entscheidet, ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss hält einer auf das Vorbringen
der Antragstellerin bezogenen Überprüfung stand.
1. Soweit die Beschwerde eingangs der Begründung ihren erstinstanzlichen Vortrag mit
dem Bemerken wiederholt, das Verwaltungsgericht sei auf ihn „nicht bzw. nur zum Teil
substantiiert“ eingegangen, kommt sie ihrer Darlegungspflicht (§ 146 Abs. 4 Satz 3
VwGO) nicht nach. Weder macht sie kenntlich, zu welchem Vortrag sich das
Verwaltungsgericht in seinem auf 16 Seiten begründeten Beschluss nicht oder nur
teilweise geäußert haben soll, noch legt sie dar, welche der Ausführungen sie für nicht
hinreichend substantiiert hält und was sie ihnen entgegen zu setzen hat.
2. Der in Bezug auf Prof. H... erhobene Einwand, dass eine „professorale“ Ermäßigung
der Lehrverpflichtung um 7 LVS unverhältnismäßig und wegen Verstoßes gegen das
Kapazitätserschöpfungsgebot unzulässig sei, weil Forschungstätigkeiten bereits bei der
Deputatsfestsetzung berücksichtigt seien, geht an der Sache vorbei. Wie dem Hinweis
des Verwaltungsgerichts auf den Kooperationsvertrag von 1993 und die hierzu
ergangenen Entscheidungen beider Instanzen in vorangegangenen
Berechnungszeiträumen zu entnehmen ist, handelt es sich bei der Stelle von Prof. H...
um keine reguläre Professur. Vielmehr liegt der Bemessung des Deputats eine
Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen der Freien Universität und dem
Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB) vom 26. Mai 1993 zugrunde, nach der die zwischen
dem Professor und dem FVB bestehenden vertraglichen Verpflichtungen die Übernahme
einer begrenzten Lehrverpflichtung (2 LVS) an der FU einschließen, wobei der FVB die zu
erbringende Lehrtätigkeit intern vergütet. Diese Vereinbarung ist in Bezug auf die
Lehrverpflichtung - wie in allen Fällen einer Stiftungsprofessur - auch kapazitätsrechtlich
bindend (vgl. Beschlüsse des Senats vom 5. September 2003 - OVG 5 NC 40.03 - [WS
2002/03], vom 28. Oktober 2005 - OVG 5 NC 107.05 [Wintersemester 2004/05] und vom
23. August 2006 - OVG 5 NC 16.06 u.a. - [Wintersemester 2005/06], jeweils zur
Tiermedizin).
3. Die Angriffe der Beschwerde gegen die „Streichung“ der Stelle von Dr. B... erschöpfen
sich in in Mutmaßungen.
Herr Dr. B... ist im April 2001 als unbefristet beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter
von der Antragsgegnerin eingestellt worden, in die bis zum Wintersemester 2008/09
unter der Nr. 08 0866 (WE 13, Institut für Parasitologie) im Stellenplan geführte Stelle
eingewiesen und deshalb in früheren Berechnungszeiträumen stets in die (gerichtliche)
Kapazitätsermittlung einbezogen worden. Erstmals zum Wintersemester 2006/07 trug
die im Sollstellenplan unter der Nr. 08 0866, WE 13, ausgewiesene Stelle den
Stellenvermerk: „keine Lehrverpflichtung“. Gleichwohl blieb sie - soweit ersichtlich -
Gegenstand der Kapazitätsberechnung. Erstmals zum Wintersemester 2008/09,
nachdem der entsprechende Stellenvermerk nunmehr „Angestellter ohne
Lehrverpflichtung“ lautete, legte die Antragsgegnerin auf Nachfrage des
Verwaltungsgerichts den Arbeitsvertrag und ein Schreiben der Zentralen
Universitätsverwaltung vom 20. Juni 2008 an Dr. B... vor, in dem ihm bestätigt wurde,
dass er als Angestellter eingestellt worden sei und die Tätigkeit eines Koordinators für
Weiterbildende Studien Internationaler Tiergesundheit übernommen habe; da er als
nicht-wissenschaftlicher Angestellter ausschließlich administrative Aufgaben wahrnehme,
unterliege er nicht dem Anwendungsbereich des § 1 LVVO. Der Bitte des
Verwaltungsgerichts, die Stellenbeschreibung für die mit Dr. B... besetzte Stelle
nachzureichen, kam die Antragsgegnerin nicht nach, weshalb die Stelle nach Auffassung
des Verwaltungsgericht weiterhin mit einem Deputat von 8 LVS zu berücksichtigen war
(vgl. Beschluss vom 16. Januar 2009 - VG 3 A 329.08 -, juris Rn. 4). Mit den
Kapazitätsunterlagen für das hier in Rede stehende Wintersemester 2009/10 hat die
Antragsgegnerin die Stellenbeschreibung vorgelegt und die Stelle aus dem
Sollstellenplan herausgenommen.
Vor diesem Hintergrund verbietet es sich, mit der Beschwerde von einer „eindeutig
kapazitätsrechtlich verbotenen Manipulation“ auszugehen. Hierfür gibt weder die
Beschwerdebegründung Veranlassung noch hat der Senat sonst Veranlassung, an den
Angaben der Antragsgegnerin zu zweifeln. Das gilt umso mehr, als Dr. B... ausweislich
des Namensverzeichnisses der FU Berlin (Ausgabe 2009/10, S. 68 ff.) als auch nach
dem Internet-Auftritt des Fachbereichs Veterinärmedizin - Institut für Internationale
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dem Internet-Auftritt des Fachbereichs Veterinärmedizin - Institut für Internationale
Tiergesundheit - allein die Funktion eines „Koordinators“ bzw. „Kurs-Koordinators“
wahrnimmt und in den Vorlesungsverzeichnissen der vergangenen Jahre - der
Stellenbeschreibung entsprechend - ausschließlich als an der fakultativen
Lehrveranstaltung des weiterbildenden Studiengangs „Internationale Tiergesundheit“
(Training Course of Veterinary Epidemiology and Animal Health Management) Beteiligter
aufgeführt war bzw. ist (vgl. insbesondere Namens- und Vorlesungsverzeichnis für das
Sommersemester 2001, S. 229: Postgraduierte Studien Internationale Tiergesundheit
[„MSc“-Kurs], Geschäftsführung: Dr. M...B...). Unter diesen Umständen spricht alles
dafür, dass die fragliche Stelle von Anfang an der (Pflicht- oder Wahlpflicht-) Lehre
entzogen war, wogegen im Hinblick auf die Dispositionsfreiheit der Hochschulen aus
grundsätzlichen Erwägungen kapazitätsrechtlich nichts zu erinnern ist (vgl. Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juli 1990 - BVerwG 7 C 90.88 -, juris Rn. 10 m.w.N.;
vgl. auch Senatsbeschluss vom 18. Januar 2006 - OVG 5 NC 197.05 - [Humanmedizin,
Sommersemester 2005], BA S. 4).
Im Übrigen übersieht die Beschwerde, dass - selbst wenn von einem Kapazitätsverlust
infolge der „Stellenstreichung“ von 8 LVS auszugehen wäre - diesem Verlust nach den
insoweit unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ein
Kapazitätsgewinn aus Stellenumwandlungen von 6 LVS gegenüber gestanden hätte.
Dass aber ein Kapazitätsverlust von lediglich 2 LVS auch nur zu einem weiteren
Studienplatz hätte führen können, legt die Beschwerde nicht dar und lässt sich im
Übrigen angesichts der Überbuchung um drei Studienplätze ausschließen.
4. Auch die Einwände gegen die Höhe des Krankenversorgungsabzugs entbehren der
Grundlage.
Insoweit bemängelt die Beschwerde zum einen, dass das Verwaltungsgericht nicht
überprüft habe, ob im Klinikbereich Stellen ohne Lehrverpflichtung in die Berechnung
einbezogen worden seien. Auch dieser Einwand ist rein spekulativer Natur.
Anhaltspunkte für das Vorhandensein derartiger sog. „0-Deputat-Stellen“ sind weder
vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die einzige Stelle der Klinik, die vom
Krankenversorgungsabzug auszunehmen ist, ist die der Stiftungsprofessur (WE 13, Nr.
08001 8, Prof. H...). Dem hat das Verwaltungsgericht Rechnung getragen.
Zum anderen rügt die Beschwerde, dass der prozentuale Krankenversorgungsabzug des
§ 9 Abs. 3 Satz 2 KapVO, wie der Kollege Dr. Z... eingehend recherchiert und
vorgetragen habe und dessen Vortrag sie sich zu eigen mache, letztmalig im Jahre 1986
gutachterlich überprüft worden sei. Diese Untersuchung sei veraltet, seitdem habe sich
viel verändert. Insbesondere habe es seinerzeit noch kein Privatliquidationsrecht der
Klinikdirektoren gegeben. Ebenso wie im Studiengang Zahnmedizin aber müssten die
Behandlung von Privatpatienten sowie die „Privatbetten“ beim stationären
Krankenversorgungsabzug abgezogen werden. Dies habe der Senat zu berücksichtigen,
notfalls durch einen Sicherheitszuschlag von 15 %. Dem kann nicht gefolgt werden.
Schon die Annahme, dass es im Jahre 1986 noch kein Privatliquidationsrecht der
Klinikdirektoren gegeben habe, ist unzutreffend. Vielmehr gab es in - soweit ersichtlich -
allen alten Bundesländern auch seinerzeit schon das Recht der Vorstände von
Tierkliniken, innerhalb der Klinik Tiere privat zu behandeln (für Berlin vgl. § 5 der
Hochschulnebentätigkeitsverordnung vom 26. August 1982 [GVBl. S. 1596]). Dafür, dass
dies bei den empirischen Untersuchungen 1986 keine Berücksichtigung gefunden hätte,
legt die Beschwerde nichts dar. In ihren weiteren Ausführungen zur vermeintlichen
Unbrauchbarkeit der damaligen Erhebungen berücksichtigt sie auch nicht den
erheblichen „Puffer“, der zwischen dem verordnungsrechtlich festgelegten Pauschalwert
von 30 % und dem ehedem tatsächlich festgestellten Aufwand von im Mittel zwischen 43
und 44 %, der selbst mangelnde Aktualität - wenn es sie gäbe - auffangen würde. Hierzu
hat der Senat in seinem Beschluss vom 1. Juni 2006 - OVG 5 NC 1.07 - (Tiermedizin,
Wintersemester 2006/07, juris Rn. 6 f.) ausgeführt:
„Nach den 1985 im Auftrag der ZVS an den seinerzeit noch vier
Ausbildungsstätten Berlin, Gießen, Hannover und München durchgeführten Erhebungen,
die dem Bericht des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst
zugrunde liegen, ergab sich auf der Grundlage der ermittelten hochschulspezifischen
Werte ein Stellenabzug von im Durchschnitt 45,46 %. Angesichts einer
„Sicherheitsmarge“ von deutlich mehr als 10 % über dem normierten Pauschalabzug
hat der Senat in dem erwähnten Beschluss aus dem Jahre 2000 mit dem OVG Bautzen
(Beschluss vom 18. Juni 2001 - NC 2 C 32.00 -, juris) und mit dem Bayerischen VGH
(Beschluss vom 10. Mai 2000 - 7 CE 00.10046 -, juris; vgl. zuletzt Beschluss vom 31. Mai
2006 - 7 CE 06.10197 -, juris) angenommen, dass nichts dafür spreche, dass eine
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2006 - 7 CE 06.10197 -, juris) angenommen, dass nichts dafür spreche, dass eine
Berücksichtigung der Überschneidung von Krankenversorgung und Fortbildung zu einem
niedrigeren als dem normierten Pauschalabzug führen müsse, eine Korrektur in
richterlicher Notkompetenz durch Senkung des Prozentsatzes oder durch Erhöhung des
Lehrdeputats für die betreffenden Stellengruppen folglich nicht geboten sei.
Anhaltspunkte dafür, dass diese „Sicherheitsmarge“ nicht bzw. nicht mehr geeignet
wäre, die Ungenauigkeit der damaligen Erhebung und/oder deren mangelnde Aktualität
aufzufangen, bietet das Beschwerdevorbringen nicht. Die Expansion des Wissens und
der Wissenschaft mag zwar auch im Bereich der Tiermedizin den Zwang zu einer
weiteren Spezialisierung zur Folge gehabt haben (vgl. hierzu Beschluss des 23.
Deutschen Tierärztetages vom 11. April 2003). Dass sich dadurch der Anteil der
Krankenversorgungsleistungen, die zugleich Weiterbildungsfunktion haben, maßgeblich
verändert hätte, zeigt die Beschwerde mit dem Hinweis auf einen Beschluss der Herbst-
Delegiertenversammlung der Bundestierärztekammer vom November 1999 jedoch nicht
auf. Denn dass nach diesem Beschluss zahlreiche Gebietsbezeichnungen für
Fachtierärzte vergeben werden sollen, ist insofern nichtssagend, als bereits die Anfang
der 80-er Jahre erlassenen Weiterbildungsordnungen der Tierärztekammern 27
Weiterbildungsgebiete und 29 Fachtierarztbezeichnungen vorsahen (vgl. etwa §§ 2 Abs.
1 und 4 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung der Tierärztekammer Berlin vom 21. Oktober
1981 [ABl. 1982, S. 393]). Diese Kataloge sind seitdem lediglich um 6
Weiterbildungsgebiete und 3 Facharztbezeichnungen erweitert worden. Andere Hinweise,
die trotz der aufgezeigten Sicherheitsmarge den Gedanken an eine Reduzierung des
Krankenversorgungsabzugs nahe legen könnten, gibt die Beschwerde nicht.
Im Übrigen hatte der Senat seinerzeit darauf hingewiesen, dass die für den
Pauschalabzug relevanten Tätigkeiten durch die Fusion der tiermedizinischen
Ausbildungsstätten der Freien Universität und der Humboldt-Universität zu Berlin im
Jahre 1992 eher noch zugenommen haben dürften, da mit dem aufgrund der
allgemeinen Sparzwänge seit dem Wintersemester 1996/97 stufenweise reduzierten
wissenschaftlichen Personal (von 162 Planstellen im Jahr 1996 auf 126 im Jahr 2001)
nunmehr auch das Berliner Umland zu versorgen war und ist. Im Hinblick auf den in § 9
Abs. 3 KapVO vorgegebenen Grundsatz der bundesweiten Einheitlichkeit des
Pauschalabzugs aber bliebe eine solche Zunahme, auch wenn sie nur eine der
tierärztlichen Ausbildungsstätten betreffen sollte, nicht ohne Einfluss auf die Frage, ob
sich der in § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 KapVO normierte pauschale
Krankenversorgungsabzug - trotz zweifellos vorhandener Überschneidungen - (noch)
innerhalb des Gestaltungsspielraums des Normgebers hält.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Unter diesen Umständen besteht für einen wie auch immer gearteten
„Sicherheitszuschlag“ kein Raum. Unabhängig davon ist ein solcher Zuschlag dem
Kapazitätsrecht fremd und kommt aus Sicht des Senats einer Kapazitätserweiterung in
freier Rechtsschöpfung gleich (vgl. Beschluss vom 20. November 2009 - OVG 5 NC 72.09
- [Tiermedizin, Sommersemester 2009], juris Rn. 19 m.w.N.).
5. Schließlich hält die Beschwerde die Schwundquotenberechnung für fehlerhaft, weil in
die Bestandszahlen auch Studierende eingeschlossen seien, welche die Vorprüfung nicht
bestanden hätten. Die anderslautende Rechtsprechung des Senats sei ihr bekannt,
werde jedoch „wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG, das
Kapazitätserschöpfungsgebot des HRG, des Staatsvertrages und der KapVO für
verfassungs- und rechtswidrig“ gehalten. Zu diesem Problem hätten die Herren Kollegen
Dr. B... und Dr. Z... umfangreich vorgetragen. Deren zutreffende - in „komprimierter
Form“ wiedergegebene - Argumentation mache die Beschwerde zum
„Beschwerdegegenstand“.
Unabhängig von der Frage, ob sich diese Art der Beschwerdebegründung mit § 146 Abs.
4 Satz 3 VwGO noch vereinbaren lässt, hat sich der Senat zu der von den
Rechtsanwälten Dres. B... und Z... für erforderlich gehaltenen Zäsur zwischen dem
vorklinischen und dem klinischen Studienabschnitt bei der Schwundquotenberechnung in
der Tier- und Zahnmedizin bereits mehrfach eingehend geäußert. Ihr von der
Beschwerde ohne Quellenangabe wiedergegebener „Vortrag“ ist ersichtlich eine bloße
Zusammenfassung des in zahlreichen Beschwerdeverfahren vergangener Jahre in Bezug
auf den Studiengang Zahnmedizin Vorgebrachten. Der Senat kann sich daher darauf
beschränken, der Beschwerde seine eigene und im Übrigen - wie sie selbst vorträgt - von
allen anderen Obergerichten geteilte Rechtsauffassung entgegenzusetzen:
„Schließlich überzeugen auch die grundsätzlichen Überlegungen der Beschwerde
zum Ansatz einer Schwundquote in der Zahnmedizin nicht. Sie zielen darauf, getrennte
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zum Ansatz einer Schwundquote in der Zahnmedizin nicht. Sie zielen darauf, getrennte
Schwundberechnungen für den vorklinischen und den klinischen Ausbildungsabschnitt zu
erstellen und im klinischen Ausbildungsabschnitt nur diejenigen Studierenden zu
berücksichtigen, die die zahnärztliche Vorprüfung bestanden haben. Die
Beschwerdebegründung gibt auch nach erneuter Prüfung dieser Forderung keine
Veranlassung, von der (mittlerweile) ständigen Rechtsprechung des Senats, der auch die
Rechtsprechung anderer Obergerichte aus jüngerer Zeit entspricht (vgl. OVG Hamburg,
Beschluss vom 27. August 2008 - 3 Nc 141.07 -, Juris Rn. 168; OVG Saarlouis, Beschluss
vom 13. Juni 2007 - 3 B 194.07.NC -, Juris Rn. 31 ff.; VGH München, Beschluss vom 29.
August 2006 - 7 CE 06.10430 -, Juris Rn. 14 ff.) und nach der das Bestehen der
zahnärztlichen Vorprüfung für den Ansatz einer Schwundquote nicht erheblich ist,
abzuweichen.
Die Argumentation der Beschwerde stellt im Ergebnis nichts anderes dar als das
Verlangen nach einer Semesterzuordnung der Studierenden insbesondere für den
klinischen Abschnitt, die sich nicht an deren verwaltungsmäßiger fachsemesterlicher
Zuordnung, sondern an dem tatsächlichen Studienfortschritt orientiert (vgl.
entsprechend OVG Saarlouis, a.a.O., Rn. 36). Der damit verbundene Versuch, das sog.
„Hamburger Modell“ des linearen Schwundes durch ein Alternativmodell des sog.
gewichteten Schwundes zu ersetzen (vgl. entsprechend OVG Hamburg, a.a.O., Rn. 168),
ist bereits in den achtziger Jahren vom Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 13.
Dezember 1984 - BVerwG 7 C 66.83 -, Juris Rn. 8 ff. und vom 20. November 1987 -
BVerwG 7 C 103.86 u.a. -, Juris Rn. 10 ff.) für verfassungsrechtlich und auch
einfachrechtlich nicht geboten erachtet worden. Eine von der Beschwerde
angenommene verfassungsrechtliche Pflicht (Art. 12 Abs. 1 GG), die Schwundquote in
der Zahnmedizin getrennt nach „Vorklinik“ und „Klinik“ zu berechnen, besteht daher
nicht (vgl. OVG Saarlouis, a.a.O., Rn. 36; OVG Hamburg, a.a.O., Rn. 168). Bereits die
essentiellen Faktoren des Kapazitätsermittlungsrechts wie Lehrdeputate und
Curricularnormwerte sind in ihrem Umfang nicht vollständig durch das
Kapazitätserschöpfungsgebot determiniert. Für die Bestimmung des Schwundfaktors,
der ein rechentechnisches Mittel im Zusammenhang mit der Prognose künftiger
Ausbildungslasten ist, gilt nichts anderes. Dem Kapazitätserschöpfungsgebot ist insofern
ein bestimmtes Modell zur rechnerischen Erfassung des Schwundverhaltens nicht zu
entnehmen. Auch bei dem in der Rechtsprechung allgemein akzeptierten Hamburger
Verfahren handelt es sich lediglich um ein Modell, das - um überhaupt handhabbar zu
sein - auf Annahmen beruht, die nicht in jedem Einzelfall zutreffen. So wird z.B.
unterstellt, dass der Studierende das gesamte Lehrangebot während der
Regelstudienzeit nachfragt. Außer Betracht bleiben hierbei auch - kapazitätsfreundlich -
die Studierenden, die nach Ende der Regelstudienzeit immatrikuliert sind und nach wie
vor Lehrleistungen nachfragen. Grundsätzlich kapazitätsfreundlich ist ferner die
Annahme, dass die Lehrmengen innerhalb eines Studiengangs beliebig umverteilbar
sind. Erst diese Fiktion rechtfertigt überhaupt die der Schwundquote zugrunde liegende
Erwartung, dass der durch die Verringerung der Studentenzahlen in höheren Semestern
ersparte Lehraufwand für die Anfangssemester genutzt werden kann (so auch OVG
Saarlouis, a.a.O., Rn. 40).
Verkennt die Beschwerde nach alledem mit ihrer Forderung schon im Ansatz die
verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Erfassung des Schwundverhaltens, erübrigt sich
eine Auseinandersetzung mit dem beigebrachten Zahlenmaterial, mit dessen Hilfe sie
zu prognostizieren versucht, wie viel Studienanfänger die zahnärztliche Vorprüfung nicht
bestehen werden. Ferner geht die weitere Rüge, der Senat habe mit seinem Beschluss
vom 18. Juli 2008 (- OVG 5 NC 86.07 - [Zahnmedizin Sommersemester 2007]) das
rechtliche Gehör der damaligen Antragsteller verletzt, ins Leere. Zu der Argumentation
der Beschwerde, die im Wesentlichen bereits Gegenstand u.a. der Beschlüsse des
Senats vom 15. Februar 2008 (- OVG 5 NC 89.07 u.a. - [Zahnmedizin Sommersemester
2007] und 18. Juli 2008 (- OVG 5 NC 86.07 - [Zahnmedizin Sommersemester 2007]) war,
sei zudem angemerkt:
Die Bezugnahme des Senats in seinem Beschluss vom 29. Januar 2007 (- OVG 5
NC 128.06 -, [Zahnmedizin Sommersemester 2006], BA S. 4) auf das Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 20. November 1987 (- BVerwG 7 C 103.86 -, Juris) ist
entgegen der Beschwerde nicht zu beanstanden. Die insoweit zitierte dortige Erkenntnis,
dass der Schwundausgleich auf der Fiktion der Austauschbarkeit aller im Studienverlauf
nachgefragten Lehre beruhe (BVerwG, a.a.O., Rn. 12), gilt unabhängig vom jeweiligen
Studiengang. Eine Einschränkung ist auch nicht geboten, soweit der Senat in den
Beschlüssen vom 18. Juli 2008 (- OVG 5 NC 86.07 - [Zahnmedizin Sommersemester
2007], BA S. 5) bzw. 15. Februar 2008 (- OVG 5 NC 89.07 - [Zahnmedizin
Sommersemester 2007], BA S. 5 f.) unter Bezugnahme auf weitere Ausführungen des
Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 20. November 1987 (a.a.O., Rn. 14) darauf
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Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 20. November 1987 (a.a.O., Rn. 14) darauf
hingewiesen hat, dass das geltende Recht der Hochschulzulassung vom Grundsatz
pauschalierender und abstrahierender Ermittlung der Ausbildungskapazitäten
beherrscht wird.
Der (erneute) Einwand, im Studiengang Zahnmedizin seien die Lehrleistungen
ebenso wie im Studiengang Medizin nicht beliebig umverteilbar, trägt weiterhin nicht. Die
insoweit gezogene Parallele verbietet sich. Die Untergliederung der medizinischen
Lehreinheiten nach § 7 Abs. 3 KapVO ist vorrangig der Gliederung der ärztlichen
Ausbildung nach § 1 der Ärztlichen Approbationsordnung und nicht der
prüfungsrechtlichen Hürde des Physikums geschuldet (Beschluss des Senats vom 15.
Februar 2008 - OVG 5 NC 89.07 - [Zahnmedizin Sommersemester 2007], BA S. 7 f.).
Vor diesem Hintergrund trägt auch die von der Beschwerde aufgezeigte Parallele
zwischen § 1 Abs. 3 ÄAppo und § 36 Abs. 1 S. 1 ZÄppO (gemeint wahrscheinlich § 34
Abs. 1 Satz 1 ZÄppO), die für die Fortsetzung des klinischen Studiums das Bestehen der
jeweiligen Vorprüfung voraussetzen, nicht (vgl. dazu auch OVG Saarlouis, a.a.O., Rn. 42).
In diesem Zusammenhang ist erneut (vgl. Beschluss des Senats vom 15. Februar 2008 -
OVG 5 NC 89.07 - [Zahnmedizin Sommersemester 2007], BA S. 8 f. und auch OVG
Saarlouis, a.a.O., Rn. 44 ff.) darauf hinzuweisen, dass es keine Besonderheit der
Studiengänge Medizin und Zahnmedizin ist, dass der Erwerb von Leistungsnachweisen
des „Hauptstudiums“ ohne vorherige Ablegung einer vorgesehenen „Vor- oder
Zwischenprüfung“ nicht oder allenfalls sehr eingeschränkt möglich ist.
Auf die von der Beschwerde geltend gemachte faktische Entlastung der
„zahnmedizinischen klinischen Lehreinheit“ und den Hinweis, dass diese ohne großen
Aufwand zu ermitteln sei, kann es mit Blick darauf, dass nach dem soeben Gesagten die
Belastung der gesamten Lehreinheit Zahnmedizin maßgebend ist, nicht ankommen.
Auch von daher ist eine Auseinandersetzung mit dem von der Beschwerde
eingebrachten Zahlenmaterial nicht geboten und eine Verletzung rechtlichen Gehörs
durch den Senat im Beschluss vom 18. Juli 2008 (- OVG 5 NC 86.07 - [Zahnmedizin
Sommersemester 2007]) nicht gegeben. Für die Berechnung bzw. Prognose einer
Entlastung der gesamten Lehreinheit Zahnmedizin durch die Studierenden, die die
zahnärztliche Prüfung nicht bestehen oder sie nicht absolvieren, bestehen im Übrigen
keine tragfähigen Anhaltspunkte (Beschluss des Senats vom 15. Februar 2008 - OVG 5
NC 89.07 - [Zahnmedizin Sommersemester 2007], BA S. 6 f.). Insoweit ist auch der von
der Beschwerde betonte Hinweis, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom
17. Dezember 1982 (- BVerwG 7 C 99.81 u.a. -, Juris) zwinge zu der Schlussfolgerung,
bzgl. der Studenten, die die zahnärztliche Vorprüfung endgültig nicht bestanden hätten,
sei auf die Ausbildungswirklichkeit abzustellen, verfehlt. Die dortige Berücksichtigung der
Nachfrageentlastung durch Doppelstudenten betrifft den Dienstleistungsexport und
beruht darauf, dass sich eine Vernachlässigung der entsprechenden
Lehrangebotsersparnis aus der abstrahierenden - pauschalierenden Betrachtungsweise
der Kapazitätsverordnung nicht begründen lässt, da es insofern schon im Ansatz am
Bedürfnis nach abstrahierend/pauschalierender Normierung des Kapazitätsrechts fehlt.
Eine vergleichbare Situation ist für die Schwundquote in Bezug auf die Frage der
Berücksichtigung der Studierenden, die die zahnärztliche Vorprüfung nicht bestehen
oder zu ihr nicht antreten, nicht gegeben (Beschluss des Senats vom 15. Februar 2008 -
OVG 5 NC 89.07 - [Zahnmedizin Sommersemester 2007], BA S. 6).“
- aus : Beschluss vom 3. April 2009 - OVG 5 NC 157.08 u.a. - [Zahnmedizin
Sommersemester 2008], juris Rn. 17 ff. -
Auch dem ist nichts hinzuzufügen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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