Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 24.09.2009

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 1 S 205.09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 1 StVG, § 11 Abs 6 FeV,
§ 11 Abs 8 FeV, § 46 Abs 1 FeV,
Anl 4 Nr 9.1 FeV
Verwertungsverbot bei einer Fahrerlaubnisentziehung aufgrund
regelmäßigen Cannabiskonsums
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts
Frankfurt (Oder) vom 24. September 2009 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, anhand dessen der
angefochtene Beschluss zu überprüfen ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt eine
Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht, den Antrag auf
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers
gegen die für sofort vollziehbar erklärte Fahrerlaubnisentziehungsverfügung des
Antragsgegners vom 22. April 2009 abzulehnen.
Die Entscheidung stützt sich im Wesentlichen darauf, dass die Entziehung der
Fahrerlaubnis auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 und 2
Fahrerlaubnisverordnung – FeV - i.V.m. Nr. 9.1 sowie 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV
offensichtlich rechtmäßig sei, weil der Antragsteller sich durch die Einnahme von Kokain
und die regelmäßige Einnahme von Cannabis als ungeeignet zum Führen von
Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Der Antragsteller sei als Führer eines Kraftfahrzeuges im
öffentlichen Straßenverkehr am 1. März 2009 in Bernau unter dem Einfluss von
Betäubungsmitteln festgestellt worden, die ihm entnommene Blutprobe habe im
gaschromatografisch-massenspektrometrischen Untersuchungsverfahren einen
Nachweis des Wirkstoffs des Cannabis (63,1 ng/ml THC im Serum) und der Cannabis-
Abbauprodukte (327 ng/ml THC-COOH; 31,5 11-OH-THC) ergeben, was bei massiver
aktueller Beeinflussung für einen regelmäßigen Konsum von Cannabis spreche
(Grenzwert ≥ 150 ng/ml THC-COOH, vgl. Beschlüsse des Senats vom 8. August 2008 –
OVG 1 S 148.08 – und vom 17. September 2008 – OVG 1 S 163.08 -, OVG Bbg.,
Beschluss vom 13. Dezember 2004 – 4 B 206/04 -). Außerdem habe die Blutprobe eine
offenbar schon länger zurückliegende Einnahme von Kokain ergeben (12,3 ng/ml des
Kokain-Abbauproduktes Benzoylecgonin). Der Antragsteller, der bei der
Verkehrskontrolle angab, am Vorabend Cannabis geraucht zu haben, hat mit dem
Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz geltend gemacht, dass die ihm unter Verstoß
gegen den Richtervorbehalt nach § 81 a StPO entnommene Blutprobe im
verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht verwertet werden dürfe. Dem ist das
Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss entgegengetreten. Ein
strafprozessuales Verwertungsverbot könnte für das Verwaltungsverfahren allenfalls
eingeschränkte Gültigkeit haben, da es nicht der Bestrafung des Betroffenen, sondern
dem Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Kraftfahrern diene. Dies rechtfertige
nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18. März 1982 – 7
C 69.81 – BVerwGE 65, 157) die Verwertung eignungsrelevanter Erkenntnisse aus
Untersuchungen und Begutachtungen als neue Tatsachen auch dann, wenn die
Untersuchung oder das Gutachten selbst zu Unrecht angeordnet worden seien.
Mit dem Beschwerdevorbringen vertieft der Antragsteller seinen Einwand mit dem
Gedanken, dass auch die Strafverfolgungsbehörden und die Strafgerichte das öffentliche
Interesse am Schutz der Allgemeinheit vor der Begehung von Straftaten zu beachten
hätten und sich sowohl die Strafverfolgung als auch das Verwaltungshandeln als
staatliches Verhalten mit Zwangscharakter darstelle, so dass letztlich die gleichen
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staatliches Verhalten mit Zwangscharakter darstelle, so dass letztlich die gleichen
Maßstäbe zu gelten hätten. Diese Ausführungen stellen die Verwertbarkeit der durch die
hier entnommene Blutprobe erlangten Erkenntnisse nicht in Frage. Der Senat hat sich
mit solcher Argumentation bereits wiederholt auseinandergesetzt und dabei darauf
hingewiesen, dass die Rechtsordnung keineswegs die Anforderungen an die
Sachverhaltsaufklärung im – repressiven - strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und im
– präventiven, der Gefahrenabwehr dienenden - Verwaltungsverfahren der
Fahrerlaubnisbehörde gleich ausgestaltet habe, denn das Straßenverkehrsgesetz und
die Fahrerlaubnisverordnung sehen für die Anordnung von ärztlichen Untersuchungen
und Begutachtungen keinen Richtervorbehalt vor. Die Annahme eines
Verwertungsverbots geriete daher in einen Wertungswiderspruch, weil solche Fälle, die
ihren Ausgang in einem straf- oder bußgeldrechtlich ahndungsfähigen Verkehrsverstoß
nehmen, anders behandelt würden als solche, bei den die Behörde nach § 11 Abs. 6 und
8 FeV aufgrund sonstiger Erkenntnisse selbst Zweifeln an der Kraftfahreignung nachgeht
(vgl. zuletzt Beschlüsse des Senats vom 30. Juni 2009 – OVG 1 S 103.09 – S. 4 d.
Beschlussabdrucks, und vom 14. Oktober 2009 – OVG 1 S 130.09 – S. 4 f. d.
Beschlussabdrucks).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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