Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 23.12.2009

OVG Berlin-Brandenburg: wissenschaft und forschung, gleichwertigkeit, anerkennung, merkblatt, ausbildung, vertrauensschutz, industrie, ingenieur, mitgliedschaft, universität

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 5 S 3.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 14 Abs 1 HSchulG BE, § 61
Abs 1 S 2 SchulG BE
Umfang der Mitgliedschaft eines Studierenden an der TU Berlin;
keine Gleichwertigkeit eines iranischen Studiums mit deutschem
Studiengang; Rahmenordnung und Bewertungsvorschläge sind
antizipierte Sachverständigengutachten
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 23. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten der Beschwerde zu tragen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Auf der für den Senat allein maßgeblichen
Grundlage der Darlegungen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung (§ 146
Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO) besteht für eine Änderung des angefochtenen Beschlusses
kein Anlass.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Gleichwertigkeit der
Hochschulzugangsberechtigung des Antragstellers zu prüfen sei. Sein Einwand, er
wechsele lediglich den Studiengang, dürfte bereits aufgrund des
Exmatrikulationsbescheides der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 2009, dessen
sofortige Vollziehung sie angeordnet hat, nicht mehr zutreffen. Jedenfalls ist das
Verwaltungsgericht gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 der Ordnung der Technischen Universität
Berlin über Rechte und Pflichten der Studentinnen und Studenten vom 15. Dezember
1997 (AMBl. TU Berlin Nr. 15/1997, S. 262), zuletzt geändert durch Beschluss vom 30.
Mai 2007 (AMBl. TU Berlin Nr. 20/2007, S. 322) - im Folgenden Ordnung TU - zu Recht
davon ausgegangen, dass die Feststellung der Gleichwertigkeit eine
Zulassungsvoraussetzung ist. Als solche muss sie spätestens zum Zeitpunkt der
beantragten Zulassung vorliegen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 Ordnung TU), was im
Rahmen der Zulassungsentscheidung zu prüfen ist. Ferner versteht sich seine weitere
Annahme von selbst, dass der Wechsel eines Studierenden in ein anderes Studienfach
die Immatrikulation und Zulassung zum Studium in diesem Studienfach erfordert. Dies
erschließt sich zudem aus § 1 Abs. 2 und 3 sowie § 10 Abs. 1 Satz 3 Ordnung TU.
Danach ist die Mitgliedschaft des Studierenden an der Antragsgegnerin (vgl. § 14 Abs. 1
Satz 2 BerlHG) mit der sie begründenden Zulassung zum Studium in einem bestimmten
Studienfach verbunden und eröffnet nicht per se den Zugang zu weiteren
Studiengängen. Dass auch nach der „Rahmenordnung für den Hochschulzugang mit
ausländischen Bildungsnachweisen, für die Ausbildung an den Studienkollegs und für die
Feststellungsprüfung“ (Beschluss der Kulturministerkonferenz - KMK - vom 15. April 1994
i.d.F. vom 21. September 2006) - im Folgenden Rahmenordnung - (unter 1.1) die
erneute Entscheidung über die Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise
erforderlich ist, ist unter den gegebenen Umständen nicht erheblich.
Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er genieße
Vertrauensschutz, da ihm niemand mitgeteilt habe, dass die Anerkennung seiner
Hochschulzugangsberechtigung auf seinen früheren Studiengang beschränkt sei. Gegen
die Annahme, dass durch die Zulassung zu dem früheren Studiengang ein
Vertrauenstatbestand in dem von ihm beanspruchten Sinne geschaffen worden sein
könnte, spricht bereits, dass die förmliche Anerkennung der Gleichwertigkeit einer
außerhalb Berlins erworbenen Studienbefähigung grundsätzlich der für das Schulwesen
zuständigen Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vorbehalten ist
(vgl. §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 105 Abs. 1 Satz 2 des Schulgesetzes für das Land Berlin -
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(vgl. §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 105 Abs. 1 Satz 2 des Schulgesetzes für das Land Berlin -
SchulG -). Ein vergleichbarer vertrauensbildender Effekt dürfte einer in deren
Einverständnis getroffenen Entscheidung der Hochschule, die sich auf nach den
Bewertungsvorschlägen der Zentralstelle für ausländische Bildungswesen - ZAB -
zweifelsfreie Fälle beschränkt, deshalb per se nicht zukommen. Das bedarf indes keiner
vertieften Erörterung. Denn auch wenn die Antragsgegnerin mit der Zulassung des
Antragstellers zum Studiengang Werkstoffwissenschaften und der anschließenden
Zulassung zum Studiengang Maschinenbau einen gewissen Vertrauenstatbestand
geschaffen hat, so mag dies seine Annahme gerechtfertigt haben, aufgrund der
Ausbildung im Iran zum Studium eben dieser Studiengänge an der Antragsgegnerin
berechtigt zu sein, nicht jedoch die weitergehende Annahme, dass seine Vorbildung
trotz Fehlens des erforderlichen Abschlusses eines Lizentiatenstudiums mit 4-jähriger
Regelstudienzeit als eine der allgemeinen Hochschulzugangsberechtigung gleichwertige
eingeschätzt werde.
Das von ihm eingereichte Merkblatt der Fachhochschule Frankfurt a. M. sagt mit dem
dortigen Hinweis, dass der Studierende, der „außerhalb der gegebenen Vorschriften
über die Bewertung vom Heimatzeugnissen“ zugelassen worden sei, gegenüber der
Hochschule, die ihn immatrikuliert habe, Vertrauensschutz genieße, über die
Anerkennungspraxis anderer Hochschulen, insbesondere der der Antragsgegnerin,
nichts aus. Die rechtliche Bewertung geht im Übrigen über die Annahme, der
Antragsteller genieße für die Fortführung seines bisherigen Studiums Vertrauensschutz
(s.o.), nicht zwingend hinaus. Gegen den von ihm geltend gemachten
Vertrauenstatbestand spricht im Übrigen das seinem Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung beigefügte Merkblatt der Antragsgegnerin (Stand 3. Januar
2002). In dem Informationsblatt ist zwar ausgeführt, dass für Iraner statt des Nachweises
über den Abschluss des Lizentiatenstudiums auch der von dem Antragsteller erbrachte
„Nachweis über mindestens drei Jahre Vollstudium“ ausreichend sei. Bei Vorliegen der
weiteren genannten Voraussetzungen eröffnete dieser Nachweis nach dem Merkblatt
jedoch nur den direkten Hochschulzugang für die bisherige Studienrichtung (vorliegend
„Ingenieur für Werkstoffe und Industrie-Metallurgie“). Dies entsprach in Bezug auf die
Fachbindung auch den damals anzuwendenden Bewertungsvorschlägen der ZAB (Stand:
März 2001). Darauf, dass die aktuell geltende Rahmenordnung erst mit Wirkung zum
Sommersemester 2007 in Kraft getreten ist, wie der Antragsteller geltend macht,
kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an.
Unter den gegebenen Umständen trägt auch sein Einwand nicht, er hätte bei
rechtzeitiger Kenntnis der jetzigen Anforderungen an eine
Hochschulzugangsberechtigung sein Studium im Iran zunächst fortgesetzt und sich ein
halbes Jahr später bei der Antragsgegnerin beworben. Das von dem Antragsteller
geltend gemachte Vertrauen, ohne abgeschlossenes Lizentiatenstudium studieren zu
können, ist nur schutzwürdig, soweit es um die im Zeitpunkt seiner Zulassung zum
Studium im Wintersemester 2002/2003 mit dem abgeschlossenen Lizentiatenstudium
bestehenden eingeschränkten Studienmöglichkeiten der bisherigen Studienrichtung
(s.o.) geht. Da er im Iran die Fachrichtung „Ingenieur für Werkstoffe und Industrie-
Metallurgie“ studiert hat, hätte er insbesondere Verkehrswesen mit seiner Ausbildung
nicht studieren können. Selbst wenn man im Übrigen annehmen wollte, die
Antragsgegnerin habe den Anschein erweckt, die Anerkennung der
Hochschulzugangsberechtigung des Antragstellers sei nicht auf seine im Iran verfolgte
Studienrichtung beschränkt gewesen, spräche der Hinweis des von ihm eingereichten
Informationspapiers der Antragsgegnerin „Stand der Informationen: 3. Januar 2002,
spätere Änderungen können nicht ausgeschlossen werden“ dafür, dass er damit
rechnen musste, dass die Gleichwertigkeit bei einer erneuten Bewerbung bzw. einem
Wechsel des Studienfachs anders beurteilt werden könnte.
Das Verwaltungsgericht hat für die Beurteilung der Hochschulzugangsberechtigung des
Antragstellers ferner zu Recht die Rahmenordnung sowie die Bewertungsvorschläge der
ZAB herangezogen. Zwar trifft es zu, dass die Beschlüsse der KMK keine
Rechtsvorschriften sind. Sie setzen kein Recht, sondern geben Empfehlungen für eine
einheitliche Verwaltungspraxis (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 6. Januar
1999 - BVerwG 6 B 19.98 -, Juris Rn. 3). Dies gilt erst recht für die Bewertungsvorschläge
der ZAB, die eine Abteilung des Sekretariats der KMK ist. Die Rahmenordnung und die
Bewertungsvorschläge sind jedoch bei der Prüfung der gem. § 61 Abs. 1 Satz 2 SchulG
bzw. der gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 Ordnung TU maßgeblichen Gleichwertigkeit als
sogenanntes „antizipiertes Sachverständigengutachten“ von einer Behörde oder einem
Gericht grundsätzlich zu beachten (vgl. Beschluss des ehemals für Hochschulrecht
zuständigen 8. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 5. April 2006 - OVG 8 N
55.04 - unter Hinweis auf den Beschluss des VGH Mannheim vom 13. Oktober 2000 - 9 S
2236.00 -, Juris Rn. 16). Anhaltspunkte, die es rechtfertigen könnten, im Fall des
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2236.00 -, Juris Rn. 16). Anhaltspunkte, die es rechtfertigen könnten, im Fall des
Antragstellers von den Bewertungsvorgaben abzuweichen, liegen nicht vor. Es gibt
insbesondere keine Veranlassung anzunehmen, die Vorschläge seien methodisch
zweifelhaft oder sachlich überholt.
Schließlich überzeugt der Einwand des Antragstellers nicht, er könne das ihm fehlende
Studienhalbjahr an der Azad Universität durch 7 Jahre Inlandsstudium kompensieren.
Nach § 61 Abs. 2 SchulG wäre der erfolgreiche Abschluss des Inlandsstudiums
erforderlich, um die allgemeine Hochschulreife zu erlangen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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