Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 13.07.1999

OVG Berlin-Brandenburg: folgekosten, negative feststellungsklage, treu und glauben, neubau, verkehr, zeichnung, auswechslung, eingriff, versorgung, fahrbahn

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 1.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 1 B 34.08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 43 VwGO, § 12 Abs 1 StrG BE
vom 13.07.1999, § 605 Nr 1
BGB, Art 14 GG
Feststellungsklage zu Folgekostenregelungen in
Vorfinanzierungsvertrag zwischen zwei juristischen Personen
des öffentlichen Rechts ; Folgekosten für straßenbaubedingte
Veränderungen an Versorgungsleitungen
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des beizutreibenden
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, wer die Kosten für Bauarbeiten an Leitungen der
Klägerin im Zuge des Neubaus der Bundesautobahn A 113 (sog. Folgekosten) zu tragen
hat, die im Bereich der die Trasse kreuzenden Massantebrücke / Stubenrauchstraße
entstanden sind. Baulastträger für die Stubenrauchstraße ist das Land Berlin.
Mit Beschluss XIIB–2/99 vom 9. September 1999 stellte die Senatsverwaltung für Bauen,
Wohnen und Verkehr den Neubau der Bundesautobahn (BAB) A 113 (neu) von der
Landesgrenze Berlin/Brandenburg bis zum Autobahndreieck Neukölln und der A 100 von
Anschlussstelle Buschkrugallee bis zur Anschlussstelle Grenzallee (Provisorium) fest. Bei
diesem mittlerweile abgeschlossenen Bauvorhaben wurde die kreuzende
Stubenrauchstraße als Vollanschlussstelle ausgebildet. Hierzu heißt es im
Planfeststellungsbeschluss (B.I.1.4.3.6, S. 59):
„Aufgrund der geforderten Durchfahrtshöhe über den Teltowkanal, der
Berücksichtigung der Straßenbahnplanung (siehe B.I.1.3.4) und der
Brückenrampenanbindung auf der Ostseite sind lage- und höhenmäßige Anpassungen
an der Stubenrauchstraße bis zum Knotenpunkt mit dem Eisenhutweg erforderlich. Auf
Neuköllner Seite erfolgt eine Anpassung an den Bestand.“
Ferner finden sich Festsetzungen zur Straßenbahnplanung im trassenahen Bereich der
Stubenrauchstraße, die wie folgt lauten (B.I.1.3.4, S. 53):
„Im Zuge der Stubenrauchstraße ist die Errichtung einer neuen
Straßenbahntrasse durch die BVG als separates Vorhaben im Nachgang zum Neubau
der A 113 (neu) vorgesehen. Im Straßenbahnkonzept ist die Maßnahme Nr. 14 Süd-
Südost-Raum ‚Straßenbahnplanung vom S-Bahnhof Schöneweide bis U-Bahnhof
Zwickauer Damm…’ enthalten. Die Straßenbahnmaßnahme soll entsprechend dem
gegenwärtigen Planungsstand nach 2004 realisiert werden. Die Straßenbahnstrecke
quert im Zuge der Stubenrauchstraße die A 113 (neu) und den Teltowkanal.
Die Planungen des separaten Gleiskörpers und einer paarigen
Straßenbahnhaltestelle zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen der
Stubenrauchstraße wurden beim Entwurf der Straße und der neuen Bauwerke
flächenmäßig berücksichtigt.
Die Straßenbahnmaßnahme wird durch ein eigenständiges
Planfeststellungsverfahren nach dem Personenbeförderungsgesetz planungsrechtlich
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Planfeststellungsverfahren nach dem Personenbeförderungsgesetz planungsrechtlich
gesichert.“
Der Neubau der Anschlussstelle Stubenrauchstraße machte auch die Verbreiterung und
Anhebung der in der Straßenbaulast des Landes Berlin stehenden, im Zuge der
Stubenrauchstraße über den Teltowkanal führenden Massantebrücke erforderlich. Hierfür
mussten Brückenrampen abgerissen und neu gebaut werden. Das Bauvorhaben
bedingte folgende Maßnahmen an Leitungen der Klägerin im Bereich
Stubenrauchstraße/Massantebrücke mit einem geplant gewesenen Volumen von
seinerzeit errechneten 3.145.332.- DM:
a) Ausbau von 5 m Schmutzwasserkanal/Abbruch Endschacht/Neubau
Endschacht (Projekt-Nr. 99/15-0895, Blatt-Nr. K 2)
Vorläufige Gesamtkosten 48.000,00 DM
b) Neulegung, Auswechslung und Ausbau von Trinkwasserleitungen (TWL)
(Zeichnung-Nr. 99/15-0895, Blatt-Nr. W1, W 1.1., W 1.2, W 1.3; Bauwerksverzeichnis Nrn.
8.506, 8.507 und 8.508 zum Planfeststellungsbeschluss vom 9. September 1999).
Vorläufige Gesamtkosten brutto 1.686,060,00 DM
c) Neulegung, Auswechslung und Ausbau von Abwasserdruckrohrleitungen (ADL)
(Zeichnung-Nr.: 99/15-0895, Blatt Nr. A1, A 1.1, A 1.2, A 1.3; Bauwerksverzeichnis Nrn.
8.502, 8.503, 8.504 und 8.505 zum Planfeststellungsbeschluss vom 9. September 1999)
Vorläufige Gesamtkosten brutto 579.072,00 DM
d) Neulegung, Auswechslung, Ausbau und Totlegung von
Abwasserdruckleitungen (ADL) (Zeichnung-Nr. 99/15-0899, Blatt Nr. A 2, A 1.1, A 1.2, A
1.3, A 1.4, A 1.5 Bauwerksverzeichnis Nrn. 8.502, 8.503, 8.504 und 8.505 zum
Planfeststellungsbeschluss vom 9. September 1999)
Vorläufige Gesamtkosten brutto 832.200,00 DM.
Im Bauwerksverzeichnis (Unterlage 7.3 zum Planfeststellungsbeschluss) werden unter
den eben angegebenen laufenden Nummern folgende Regelungen getroffen: Die
genannten Leitungen müssten an die neue Lage der Fahrbahn angeglichen bzw. im
Zuge der Baumaßnahme in den Gehweg umverlegt werden. Weiter heißt es zu allen
Bauwerken:
„Die Kostentragung bzw. –teilung regelt sich entsprechend bestehenden
Vereinbarungen zwischen der BRD, dem Land Berlin und den jeweiligen
Leitungsverwaltungen“.
Bereits mit Schreiben vom 2. Oktober 1998 war die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung an „alle VU“ - damit auch an die Klägerin - mit der Bitte
herangetreten, die durch den Neubau der BAB A 100 und der BAB A 113 (neu)
erforderlich werdenden Veränderungen ihrer Anlagen wie Leitungsneubau,
Leitungsumverlegung und Leitungsaußerbetriebnahme auf die Grundlage der
Planfeststellungsunterlagen (Bauwerksverzeichnis) zu veranlassen. Baubeginn der
Maßnahme werde Ende 1999 sein. Wörtlich heißt es sodann:
„Wir erklären zunächst generelle Kostenübernahme für alle autobahnbedingten
Folgekosten, benötigen jedoch später die konkreten Einzelprojekte zur Prüfung und
Mittelbindung.“
Mit weiterem Schreiben vom 5. November 1999, gerichtet an die Klägerin, hatte die
Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr das Folgende ausgeführt:
„… im Zuge der fortschreitenden Bearbeitung des o.g. Projekts (gemeint:
Neubau der BAB A 100 und der BAB A 113) stellt sich immer wieder heraus, dass
bezüglich der Beauftragung und Kostenübernahme für die Leitungsbaumaßnahmen
Unklarheit herrscht. Unser Schreiben … vom 2. Oktober 1998 wird entweder nicht zur
Kenntnis genommen oder ist nicht an die Projektbeteiligten weitergeleitet worden.
Wir erklären deshalb nochmals generelle Kostenübernahme für alle
autobahnbedingten Folgekosten
und Regelungen des Bundes:
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- Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 16/1998 v. 2.4.1998 (Hinweise für
die Abrechnung von Kosten für das Verlegen von Versorgungsleitungen aus
Anlaß von Straßenbaumaßnahmen)
- Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 28/80 v. 16.12.1980 (Richtlinien
über den Vorteilsausgleich bei Änderungen von Anlagen der öfftl. Versorgung
infolge von Straßenbaumaßnahmen)
- Rundschreiben des BMV betreffend Zuschlag v. 5.7.71, 1.9.77, 11.5.78.
Der Neubau der R-Kanäle in der neuen Späthstraße erfolgt im Rahmen des
Autobahnneubaus und fällt somit in den Geltungsbereich ‚autobahnbedingte
Folgekosten’.
Die projektbezogene Kostenübernahme erklären wir nach Vorlage und Prüfung
Ihrer Projekte, da hiermit auch die Mittelbindung veranlasst wird“ (obenstehende
Hervorhebung durch Fettdruck und Unterstreichung im Original).
Mit Schreiben vom 20. September und 4. Oktober 2000 an die Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung bat die Klägerin unter Bezugnahme auf „Kostenübernahmeerklärung
vom 02.10.1998“ um Prüfung und Mittelbindung zu zwei der notwendigen
Leitungsbauprojekte. Die Senatsverwaltung teilte der Klägerin hierauf unter dem 9.
November 2000 mit, diese möge die angeführten Kosten selbst tragen. Die fraglichen
Änderungen an den Abwasser- und Trinkwasserdruckleitungen seien nicht ein
unmittelbares Erfordernis der Querung der Bundesautobahn, so dass eine
Sondernutzung im Straßenraum der Bundesfernstraße nicht entstehe. Vielmehr handele
sich hier um eine Änderung der Stubenrauchstraße, einer Landesstraße, einschließlich
des Knotenpunktes mit dem Eisenhutweg. Demzufolge finde hier § 12 BerlStrG
Anwendung, der die Sondernutzung für Zwecke der öffentlichen Versorgung regele. Die
Stubenrauchstraße werde an die Autobahn angeschlossen und damit im öffentlichen
Interesse geändert, so dass gemäß § 12 Abs. 6 BerlStrG (seinerzeit in der Fassung des
Gesetzes vom 13. Juli 1999, GVBl. S. 380, jetzt § 12 Abs. 5 BerlStrG i.d.F.v. 14.
Dezember 2005, GVBl. 2005, 754) die erforderlich werdenden Änderungen der
Versorgungsanlagen von den Versorgungsunternehmen (hier: der Klägerin) auf deren
Kosten durchzuführen seien. Dem trat die Klägerin im Folgenden entgegen, und zwar -
neben dem Hinweis auf das Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom
2. Oktober 1998 - insbesondere mit der Argumentation, es liege ein Fall einer sog.
Drittveranlassung vor, der bei ansonsten üblichen Gestattungsverträgen eine
Folgekostenpflicht des Versorgungsunternehmens - hier der Klägerin – nicht auslöse; die
Arbeiten seien nämlich ausschließlich wegen des Baues der Bundesautobahn veranlasst
(Schreiben der Klägerin an die Beklagte vom 11. Juli 2001). In dem weiteren
Schriftwechsel kam eine Einigung über die Kostentragungspflicht für die Frisch- und
Abwasserleitungsarbeiten im Bereich Stubenrauchstraße/BAB 113 (neu) nicht zustande;
beide Beteiligten hielten an ihren Auffassungen fest. Die Klägerin teilte daraufhin unter
dem 17. Juli 2001 mit, dass die Bauarbeiten mangels Kostenübernahmeerklärungen des
Beklagten nicht in Auftrag gegeben werden könnten.
Um eine Verzögerung der Bauarbeiten zu vermeiden, schlossen die Beteiligten am 29.
Oktober 2001 einen sog. Vorfinanzierungsvertrag, der in Bezug auf die hier
interessierenden Änderungen an den Wasser- und Abwasserleitungen im Bereich der
Massantebrücke/Stubenrauchstraße u.a. folgende Regelungen enthält:
„§ 1 (Präambel) Abs. 3:
Die Vertragsparteien streiten über die Kostentragung für diese Maßnahmen. Sie
schließen den vorliegenden öffentlich-rechtlichen Vorfinanzierungsvertrag, um weitere
Verzögerungen bei dem Bauvorhaben und ein hoheitliches Vorgehen zu vermeiden.
§ 3 (Folgekosten):
(1) Die Vertragspartner sind sich einig darüber, dass die Nutzung der
Straßenflächen durch die Leitungen des VU, die Folgepflicht und die Pflicht zur
Folgekostentragung vertraglich nicht geregelt ist.
Die Vertragspartner sind sich ferner einig darüber, dass die Sondernutzungen
der Stubenrauchstraße durch die Leitungen des VU im Bereich der Massantebrücke
bereits bei Inkrafttreten des BerlStrG rechtmäßig ausgeübt wurden.
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(2) Die Vorhabenträgerin vertritt zur Folgekostenpflicht folgende Auffassung:
Sie habe einen Rechtsanspruch auf Übernahme der Folgekosten durch das VU …
(wird im Einzelnen ausgeführt).
(3) Das VU vertritt demgegenüber folgende Auffassung:
Die Vorhabenträgerin habe aus eigenem Recht keinen Rechtsanspruch auf
Übernahme der Folgekosten durch sie … (wird im Einzelnen ausgeführt).
(4) Die vorstehende Streitfrage, ob die Vorhabenträgerin einen Rechtsanspruch
auf Übernahme der Folgekosten durch das VU hat, soll im Verwaltungsrechtswege
entschieden werden…
§ 4 (Kostenvorlage und –rückerstattung)
(1) Um die Baumaßnahmen nicht zu verzögern und zur Vermeidung einer
Heranziehung durch Verwaltungsakt verpflichtet sich das VU, die Leitungsänderungen
einschließlich der Erdarbeiten unverzüglich in Auftrag zu geben und die hierfür
anfallenden Kosten einstweilen vorzulegen.
(2) Die Vorhabenträgerin verpflichtet sich, die vorgelegten Kosten …
zurückzuzahlen, wenn eine Gerichtsentscheidung ergibt, dass ein Rechtsanspruch auf
Übernahme der Folgekosten durch das VU nicht besteht…
(4) … Die Parteien erklären hiermit eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung
über nur einen – revisionsfähigen – Teilbetrag für die Gesamtforderung als bindend an…“
Die Klägerin gab daraufhin die fraglichen Leitungsarbeiten in Auftrag und verauslagte die
hierbei anfallenden Kosten, die sich auf insgesamt 603.676,72 Euro beliefen.
Am 11. Januar 2002 hat die Klägerin Klage erhoben. Mit deren Hauptantrag hat sie die
(negative) Feststellung begehrt, „dass die Beklagte gegen sie keinen Rechtsanspruch
auf Übernahme der Folgekosten“ aufgrund der oben (unter a. bis d.) genannten Ausbau-
und Neuverlegungsarbeiten an Leitungen der Klägerin habe. Hilfsweise hat sie
beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 603.676,72 Euro
einschließlich der Kosten für Ingenieur- und andere Leistungen und zuzüglich der bei der
Klägerin üblichen Finanzierungskosten gemäß § 4 Abs. 2 des Vorfinanzierungsvertrags
zu zahlen. Begründet hat sie die Klage im Wesentlichen wie folgt: Die begehrte negative
Feststellung sei mit Blick auf die in dem Folgekostenvertrag getroffene Vereinbarung
zulässig. In der Sache sei ein Rechtsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf
Übernahme der Folgekosten zu verneinen, weil die Beklagte durch Schreiben vom 2.
Oktober 1998 und 5. November 1999 verbindlich die generelle Kostenübernahme für das
Vorhaben erklärt habe. Eine – verfassungsrechtlich gebotene - gesetzliche Grundlage
dafür, der Klägerin die Folgekostenpflicht aufzuerlegen, sei nicht gegeben. Sie ergebe
sich weder aus dem Bundesfernstraßengesetz noch aus § 12 Abs. 6 BerlStrG. Der
Landesgesetzgeber habe keine Kompetenz dafür, die Kostentragung für
Folgemaßnahmen beim Neu- oder Ausbau von Verkehrswegen des Bundes zu regeln.
Jedenfalls gehe § 16 Abs. 1 Satz 1 BerlStrG der Regelung in § 12 Abs. 6 BerlStrG vor.
Schließlich blieben etwaige Sondernutzungen durch die Leitungen der Klägerin gemäß §
27 Abs. 2 BerlStrG i.V.m. Art. 19 des Einigungsvertrages unberührt. Sowohl für deren
Entzug wie auch für den Eingriff in das Leitungseigentum wären bei einem hoheitlichen
Zugriff Entschädigungen zu leisten. Eine Kostentragungsregelung werde durch § 75 Abs.
1 Satz 1 VwVfG nicht gedeckt; der Planfeststellungsbeschluss habe dementsprechend
auch keine solche Regelung getroffen. Die Anhebung und Verbreiterung der
Massantebrücke beruhe mindestens zum Teil auch auf einer Forderung der Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung des Bundes auch im Hinblick auf das von ihr erwartete erhöhte
Schifffahrtsaufkommen auf dem Teltowkanal. Die dadurch bedingten Kosten habe die
Wasser- und Schifffahrtsdirektion zu tragen.
Die Beklagte hat den Hauptantrag für unzulässig gehalten, weil sie sich keines
Rechtsanspruchs gegen die Klägerin auf Übernahme der Folgekosten berühme. Deren
Kostentragungspflicht folge unmittelbar aus § 12 Abs. 6 BerlStrG. Die Beklagte hat die
Klage auch für unbegründet gehalten; die Aussage der zuständigen Senatsverwaltung
im Schreiben vom 2. Oktober 1998 zur Kostenübernahme habe sich erkennbar nur auf
die Folgekosten bezogen, die sich unmittelbar aus dem Autobahnbau selbst ergäben.
Das Bundesfernstraßengesetz sei hier nicht einschlägig. Wenn Auslöser für die
Veränderung von öffentlichen Straßen Berlins die Planfeststellung einer Bundesstraße
sei, würden dadurch die Landesstraßen noch nicht dem Regime des
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sei, würden dadurch die Landesstraßen noch nicht dem Regime des
Bundesfernstraßengesetzes unterworfen. Einschlägig sei hier § 12 Abs. 6 BerlStrG,
wonach die Klägerin ihre Anlagen an die Änderungen im Bereich
Stubenrauchstraße/Massantebrücke auf ihre Kosten anzupassen habe.
In der öffentlichen Sitzung vor dem Verwaltungsgericht vom 28. April 2004 haben die
Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass es vertragliche Folgekostenvereinbarungen in
Zusammenhang mit der Anlegung der Massantebrücke, was die Kosten künftiger
Neuanlagen und Verlegung von Versorgungsleitungen angeht, nicht gebe.
Mit Beschluss vom 30. Dezember 2004 hat das Verwaltungsgericht den
Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht
Berlin verwiesen; nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien im
Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland die ordentlichen Gerichte dazu berufen,
über Folgekostenstreitigkeiten zwischen Baulastträgern und
Energieversorgungsunternehmen zu entscheiden. Auf die dagegen gerichtete
Beschwerde der Klägerin hat der Senat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts
geändert und den Verwaltungsrechtsweg mit Beschluss vom 9. Mai 2006 (OVG 1 L
16.05) für zulässig erklärt. Die Beklagte stütze ihren umstrittenen Anspruch auf
Übernahme der Folgekosten auf öffentlich-rechtliche, und zwar straßenrechtliche
Grundlagen, vornehmlich auf § 12 Abs. 6 BerlStrG.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage sodann mit Urteil vom 29. November 2006
abgewiesen. Sie sei im Hauptantrag - Feststellung, dass die Beklagte keinen
Erstattungsanspruch gegen die Klägerin habe - unzulässig (I.) und im Hilfsantrag -
Zahlung an die Klägerin - unbegründet (II.).
I. Das für den Hauptantrag nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse
ergebe sich hier daraus, dass die Beteiligten vereinbart hätten, die zwischen ihnen
streitige Frage durch eine Gerichtsentscheidung zu klären. Die begehrte (negative)
Feststellung sei jedoch nicht geeignet, das Ziel, das sie verfolge, auch tatsächlich zu
erreichen, und könne von daher auch nicht - wie freilich erforderlich (Hinweis auf BAG BB
1980, 265 m.w.N.) - zu einer abschließenden Klärung der zwischen den Parteien
bestehenden Zweifelsfragen führen. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, wer die
Folgekosten für die Rohrleitungsarbeiten im Bereich Stubenrauchstraße/Massantebrücke
tragen müsse, würde mit der begehrten gerichtlichen Verneinung eines diesbezüglichen
Rechtsanspruchs der Beklagten gegen die Klägerin nicht abschließend geklärt, weil eine
Kostentragungspflicht der Klägerin auch kraft Gesetzes (§ 12 Abs. 6 BerlStrG a.F.)
bestehen könne, ohne dass die Beklagte ein eigenes Recht bzw. einen Anspruch i.S.v. §
194 Abs. 1 BGB hätte, die Kostenübernahme von der Klägerin zu verlangen. Die
Verneinung eines solchen Anspruchs würde der Klägerin deshalb nicht helfen. Zu
Unrecht berufe sich die Klägerin für ihre Auffassung auf den Vorfinanzierungsvertrag.
Dieser mache zwar nach seinem Wortlaut in § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 2 Satz 1 die
Kostentragungspflicht davon abhängig, ob die Beklagte einen Anspruch gegen die
Klägerin auf Tragung der Kosten habe. Bei verständiger Würdigung nach Treu und
Glauben (§ 157 BGB) hätten die Beteiligten jedoch geklärt haben wollen, wer nach der
objektiven Rechtslage zur Kostentragung verpflichtet sei, wie sich aus § 1 Abs. 3, § 3
Abs. 1 Satz 1 des Vertrags ergebe. Dies sei mit einer negativen Feststellungsklage wie
hier von der Klägerin in erster Linie beantragt nicht möglich. Es bestehe auch kein Anhalt
dafür, dass die Beklagte die streitigen Folgekosten auch für den – von der Beklagten in §
3 Abs. 2 des Vorfinanzierungsvertrags der Sache nach angenommenen - Fall habe
übernehmen wollen, dass die Klägerin diese Kosten zwar objektiv-rechtlich tragen
müsse, die Beklagte aber kein Recht habe, dies von der Klägerin zu verlangen; die den
Beteiligten bekannte, im Vorfinanzierungsvertrag zitierte Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zur Folgekostenpflicht der Versorgungsunternehmen bei einer durch
einen Autobahnbau veranlassten Änderung einer Landesstraße lasse eine solche – allein
auf einen Rechtsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin abhebende - Auslegung
nicht zu.
II. Der hilfsweise gestellte, auf Erstattung der von der Klägerin bezahlten Folgekosten
gerichtete Zahlungsantrag sei zulässig, könne aber in der Sache keinen Erfolg haben,
weil die Klägerin nach § 12 Abs. 6 BerlStrG in der vor Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes
zur Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung vom 14. Dezember 2005, GVBl. S.
754, geltenden Fassung (a.F.), jetzt § 12 Abs. 5 BerlStrG, folgekostenpflichtig sei und
deshalb keinen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte habe.
1. Die Beklagte habe die Folgekosten nicht durch schriftliche Erklärung gegenüber der
Klägerin übernommen. Ein dahin gehender Wille der Beklagten könne den von der
Klägerin insoweit herangezogenen Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
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Klägerin insoweit herangezogenen Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
vom 2. Oktober 1998 und 5. November 1999 nicht entnommen werden. Die genannten
Schreiben bezögen sich nicht konkret auf die umstrittenen Arbeiten im Zusammenhang
mit der Stubenrauchstraße / Massantebrücke, sondern träfen eine allgemeine Aussage
zur Übernahme „autobahnbedingter Folgekosten“ durch die Beklagte. Damit seien bei
verständiger Würdigung nur solche Kosten zu verstehen, die unmittelbar durch den
Autobahnbau, d.h. in dessen räumlichen Bereich, entstünden. Dies werde durch die
Bezugnahme auf die einschlägigen Verwaltungsvorschriften im Schreiben vom 5.
November 1999 unterstrichen, die keine Aussage zu Folgekosten für
Versorgungsleitungen an Landesstraßen treffen, die ihrerseits autobahnbaubedingt
verändert werden müssten. Die Übernahme derartiger mittelbarer (drittveranlasster)
Folgekosten von Versorgungsunternehmen jeder Art werde von der Beklagten – wie die
Klägerin wisse – grundsätzlich abgelehnt, was Gegenstand mehrerer Prozesse beim
Bundesgerichtshof gewesen sei, auf die im Vorfinanzierungsvertrag (§ 3 Abs. 2)
hingewiesen werde. Vor diesem Hintergrund könne die schlichte Erklärung der
Beklagten, autobahnbedingte Folgekosten übernehmen zu wollen, nicht in dem von der
Klägerin gemeinten Sinne verstanden werden.
2. Mangels einer Übernahme der umstrittenen Folgekosten durch die Beklagte richte
sich die Folgekostenlast für die Leitungsarbeiten im Bereich
Stubenrauchstraße/Massantebrücke nach den hierfür maßgeblichen objektiv-rechtlichen
Regelungen. Einschlägig sei § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F., wonach Versorgungsunternehmen
ihre Versorgungsanlagen auf ihre Kosten der Straße anzupassen hätten, wenn im
öffentlichen Interesse durch die Veränderung oder Verlegung der öffentlichen Straße
Änderungen dieser Anlagen erforderlich würden.
a. Dass die streitigen Folgekosten mittelbar durch den Neubau einer Bundesautobahn
verursacht worden seien, stünde der Anwendung von Landesstraßenrecht nicht
entgegen. Bundesfernstraßenrechtliche (kreuzungsrechtliche) Regelungen, die Vorrang
vor landesstraßenrechtlichen Bestimmungen hätten, existierten nicht. § 12 Abs. 1 FStrG,
der sich auf Kreuzungen öffentlicher Straßen beziehe, erfasse nur Kosten des Umbaus
einer Landesstraße, welche die neu zu bauende Fernstraße kreuze. Die an oder in der
kreuzenden Straße liegenden Versorgungsleitungen dienten indes nicht dem Verkehr
und seien deshalb begrifflich nicht Teil der Straße (§ 1 Abs. 4 FStrG; § 2 Abs. 2 BerlStrG),
sondern nutzten sie nur, in Berlin auf der Grundlage von Sondernutzungserlaubnissen, §
12 BerlStrG, so dass die Folgekostenregelung in § 12 Abs. 1 FStrG für sie nicht gelte. Aus
dem ihr unstreitig zustehenden Sondernutzungsrecht gemäß § 27 Abs. 2 BerlStrG a.F.
könne die Klägerin ebenfalls keine auf Bundesrecht beruhende und mit § 12 Abs. 6
BerlStrG a.F. unvereinbare Folgekostenregelung herleiten. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs sei der Regelung in § 8 FStrG im Gegenteil zu entnehmen, dass
Versorgungsunternehmen in den neuen Bundesländern die Kosten zu tragen hätten, die
dadurch entstünden, dass durch einen nach der Wiedervereinigung erfolgenden
Autobahnausbau eine die Fahrbahn kreuzende Versorgungsleitung verlegt werden
müsse; dies gelte auch dann, wenn – wie hier – die Änderung des Verkehrswegs, der für
die Zwecke des Versorgungsunternehmens in Anspruch genommen werde, durch den
Ausbau eines anderen Verkehrswegs notwendig geworden sei. Enthalte aber das
Bundesfernstraßenrecht keine Regelung zu Folgekosten, die durch
Bundesfernstraßenbau an Versorgungsleitungen entstünden, die sich an oder in zu
ändernden Landesstraßen befänden, sei das Land Berlin aufgrund der hier (vor
Inkrafttreten der Föderalismusreform) gegebenen konkurrierenden
Gesetzgebungskompetenz (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG a.F.) zu einer eigenen – mit den
von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen
übereinstimmenden - Folgekostenregelung berechtigt gewesen (Art. 72 Abs. 1 GG).
Entgegenstehendes Fachplanungsrecht sei ebenfalls nicht ersichtlich. Der die
Bundesautobahn 113 (neu) betreffende Planfeststellungsbeschluss lasse die
Kostentragung für die im Bereich Stubenrauchstraße / Massantebrücke notwendigen
Leitungsarbeiten offen, indem er im Bauwerksverzeichnis zu den einzelnen
Baumaßnahmen an Leitungen der Klägerin allein auf die „bestehenden Vereinbarungen“
zwischen der Beklagten (Vorhabenträger), dem Land Berlin und der Klägerin
(Leitungsunternehmen) verweise, die es indes nicht gebe. Ob eine Regelung der
Folgekostenlast zum Nachteil der Beklagten im Planfeststellungsbeschluss rechtlich
möglich gewesen wäre, könne dahinstehen; jedenfalls hätte eine solche Regelung dem
einschlägigen Fachrecht - hier dem Berliner Straßengesetz - entnommen werden
müssen.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin enthalte das Berliner Straßengesetz auch
keine der Anwendbarkeit des § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. entgegenstehenden Vorschriften.
Die Regelung in 16 Abs. 1 BerlStrG a.F. zu Kreuzungen mit Gewässern verdränge den §
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Die Regelung in 16 Abs. 1 BerlStrG a.F. zu Kreuzungen mit Gewässern verdränge den §
12 Abs. 6 BerlStrG a.F. nicht, weil die von der Klägerin verauslagten Baukosten durch
den Neubau einer Bundesautobahn und nicht einer Bundeswasserstraße verursacht
worden seien und § 16 Abs. 1 BerlStrG a.F. im Übrigen nur das Zusammentreffen von
Straßenkreuzungen mit Landesgewässern und nicht mit Bundeswasserstraßen regele,
zu denen nach Nr. 57 der Anl. zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 WaStrG auch der Teltowkanal gehöre.
Auf den Umstand, dass nach dem Planfeststellungsbeschluss zwischenzeitlich
erforderlich werdende Brückenneubauten bereits auf die Perspektivplanung des
Teltowkanals auszurichten gewesen seien, was lage- und höhenmäßige Anpassungen an
der Stubenrauchstraße bis zum Knotenpunkt mit dem Eisenhutweg erforderlich gemacht
habe, komme es mithin nicht an. Auch aus § 27 Abs. 2 BerlStrG a.F., der die bei
Inkrafttreten des Gesetzes 1999 bestehenden Sondernutzungen unberührt gelassen
habe, könne die Klägerin nichts für ihren Rechtsstandpunkt herleiten. Diese Regelung
möge eine neue Sondernutzungserlaubnis für vorhandene Leitungen in öffentlichen
Straßen entbehrlich machen, schließe aber im Übrigen die für alle – auch aus der DDR-
Zeit stammenden und nach Landesrecht gemäß § 19 Abs. 3 BerlStrG 1985
übergeleiteten – Sondernutzungen geltenden Regelungen des Berliner Straßengesetzes
einschließlich des § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. nicht aus.
b). Die Voraussetzungen für eine Folgekostenlast der Klägerin nach § 12 Abs. 6 BerlStrG
a.F. seien im Übrigen gegeben. Die Veränderung der Stubenrauchstraße einschließlich
der Massantebrücke im Bereich der Überquerung der Bundesautobahn A 113 (neu) liege
i.S. von § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. im öffentlichen Interesse. Dies ergebe sich schon aus
dem unanfechtbaren Planfeststellungsbeschluss XIIB–2/99. Dieser setze den Bau der A
113 (neu) selbst und in rechtlich gebotener Weise auch die mit ihm verbundenen
Folgemaßnahmen (Anpassung der als Anschlussstelle ausgebauten Stubenrauchstraße
/ Massantebrücke) fest und verpflichte damit alle Planbetroffenen – auch die
Versorgungsunternehmen – gemäß § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG zur Duldung des
Vorhabens. Nach Wortlaut und erkennbarem Sinn dieser Bestimmung könne bei
Anwendung des § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. nicht zwischen Landes- oder Bundesinteresse
unterschieden werden. Auch eine ganz oder überwiegend im Bundesinteresse
erfolgende Änderung einer Landesstraße löse die Folgekostenlast des
Versorgungsunternehmens aus. Ungeachtet dessen und ohne dass es hierauf ankäme,
sei die Kammer davon überzeugt, dass das Interesse des Landes Berlin als
Straßenbaulastträger der Stubenrauchstraße am Bau der A 113 (neu) gleichrangig
neben dem gesamtstaatlichen Interesse an diesem Straßenbauprojekt stehe. Es
handele sich um eine innerstädtische Autobahn, durch die eine Verknüpfung der Berliner
Innenstadt und des sie umgebenden Straßenrings in südöstlicher Richtung an den
Berliner Ring hergestellt werde. Mit dem Bau des festgestellten Autobahnabschnitts solle
das umliegende Straßennetz von Treptow und Köpenick von Fern-, Regional- und
innerstädtischem Verkehr entlastet und ein sicherer und flüssiger Verkehrsablauf
gesichert werden. Anders als bei einer Überlandverbindung seien hier mithin Interessen
des innerstädtischen Verkehrs in besonderem Maße betroffen. Hinzu komme, dass der
Planfeststellungsbeschluss mit der Flächennutzungsplanung abgestimmt sei und im
Zuge der Stubenrauchstraße die durch ein gesondertes
(personenbeförderungsrechtliches) Planfeststellungsverfahren zu sichernde Errichtung
einer neuen Straßenbahntrasse bereits vorsehe, indem die hierfür nötigen Flächen
bereits in den Planfeststellungsbeschluss mit aufgenommen worden seien. Die
Änderung der Stubenrauchstraße habe damit unabhängig vom Autobahnbauvorhaben
auch eine rein innerstädtische Dimension. Der Umstand, dass die Änderung der
Stubenrauchstraße / Massantebrücke durch den Neubau einer Bundesfernstraße
veranlasst worden sei, hindere eine Anwendung von § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. nicht. Die
Regelung stelle weder ihrem Wortlaut noch ihrem Sinn nach darauf ab, auf wessen
Veranlassung die in der Straßenbaulast des Landes stehende Straße einschließlich
Brücke geändert worden sei; im Gegenteil sollte hier nach der Begründung zum Entwurf
des Straßengesetzes von 1999 eine umfassende und ausnahmslose Kostenregelung
getroffen werden (Hinweis auf AbghDrs. 13/3641, S. 12, wonach abweichende
Kostenregelungen durch das Land Berlin nicht mehr beabsichtigt seien). § 12 Abs. 6
BerlStrG a.F. mache die Folgekostenpflicht auch nicht davon abhängig, ob das
wegeunterhaltspflichtige Land die Änderung der in seiner Baulast stehenden Straße aus
eigenem Antrieb oder auf Initiative eines Dritten hin vornehme (Hinweis auf BVerwGE
109, 192, 198 zur Regelung in § 53 Abs. 1 TKG a.F.).
Die hiergegen auf den Antrag der Klägerin durch den Senat zugelassene Berufung hat
diese wie folgt begründet:
Das Urteil enthalte bereits eine Reihe von Verfahrensfehlern (unter I. in der
Berufungsbegründung). Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht ein Anerkenntnisurteil
nach § 307 ZPO nicht ausgesprochen (unter I.1. Berufungsbegründung), denn die
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nach § 307 ZPO nicht ausgesprochen (unter I.1. Berufungsbegründung), denn die
Beklagte habe erstinstanzlich anerkannt, dass der streitgegenständliche
Erstattungsanspruch der Beklagten nicht bestehe; der Verfahrensbevollmächtigte der
Beklagten habe nämlich in der Klageerwiderung vom 2. August 2002 erklärt, die
Beklagte berühme sich keiner Ansprüche gegen die Klägerin. Ferner liege ein Verstoß
gegen § 88 VwGO vor (I.2., a.a.O.), denn das Verwaltungsgericht habe nicht über den
Feststellungsantrag und den Hilfsantrag, sondern über die Frage entschieden, wer die
Folgekosten nach der objektiven Rechtslage tragen müsse. Das Verwaltungsgericht
habe ferner mehrfach das rechtliche Gehör verletzt (I.3. a.a.O.); es habe nämlich
„gänzlich überraschende Ansichten“ vertreten, insbesondere die, dass es tragend auf
die Rechtslage nach § 12 Abs. 6 BlnStrG a.F. ankomme. Das Verwaltungsgericht habe
schließlich den Vorfinanzierungsvertrag und die Kostenübernahmeerklärungen fehlerhaft
ausgelegt (I.4. a.a.O.). Insbesondere habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass zu den
„autobahnbedingten Folgekosten“ i.S.d. Schreiben der Beklagten vom 2. Oktober 1998
und 5. November 1999 auch die hier interessierenden Maßnahmen bzw. die daraus
resultierenden Kosten gehörten, denn diese seien eben durch den Autobahnbau bedingt
gewesen, zumal die genannten Schreiben gerade an die Versorgungsunternehmen
gerichtet gewesen seien. Aufgrund dieser Erklärungen, nach Treu und Glauben und
aufgrund des hoheitlichen Auftretens der Beklagten sei der Klägerin insoweit
Vertrauensschutz zuzubilligen und dürfe der Staat „den Bürger nicht in die Irre führen“.
Die negative Feststellungsklage sei zulässig (II. a.a.O.): Wie der Senat schon in seinem
Rechtswegbeschluss vom 9. Mai 2006 zutreffend hervorgehoben habe, sei vorliegend
Streitgegenstand der Anspruch der Beklagten auf Übernahme der Folgekosten durch die
Klägerin. Hierfür bestehe ein Feststellungsinteresse, insbesondere fehle dieses entgegen
dem Verwaltungsgericht nicht, weil - wie von diesem angenommen - die Feststellung
nicht geeignet sei, das Ziel, das sie verfolge, auch zu erreichen; hiermit habe das
Verwaltungsgericht unzulässig ein nicht existentes Tatbestandsmerkmal in § 43 Abs. 1
VwGO hineingelesen. Streitig sei nicht die „abstrakte Frage“, wer die Folgekosten für die
fraglichen Rohrleitungsarbeiten tragen müsse, sondern ausschließlich die Frage, ob die
Beklagte einen Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten gegen die Klägerin habe. Die
im Vorfinanzierungsvertrag ja ausdrücklich vorgesehene negative Feststellungsklage sei
zur Zielerreichung geeignet, denn nach dem Vertrag müsse bei dem so zu erwirkenden
Feststellungsurteil die Beklagte die von der Klägerin ausgelegte Summe samt Zinsen an
diese zurückzahlen (unter 4. a.a.O.). Demgegenüber auf objektiv-rechtliche Normen und
hier auf § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. abzustellen, woraus sich eine Kostentragungspflicht der
Klägerin unabhängig von einem etwaigen Anspruch der Beklagten ergeben solle, sei
auch deswegen verfehlt, weil damit das von der Rechtsordnung „errichtete System
zweiseitiger Ansprüche gewissermaßen gesprengt“ würde, zumal § 12 Abs. 6 BerlStrG
a.F. allenfalls einen Anspruch nicht der Beklagten, sondern des Landes Berlin gegen die
Klägerin begründen könne. § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. greife nicht zuletzt auch aus diesem
Grunde vorliegend gar nicht. Insgesamt lege das Verwaltungsgericht der Klägerin ein
anderes als das erstrebte Rechtsschutzziel und einen anderen Streitgegenstand unter.
Die negative Feststellungsklage sei auch begründet (unter III. a.a.O.). Die Beklagte habe
gegen die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf „Erstattung“. Vertragliche Ansprüche
bestünden unstreitig nicht. Auch gesetzliche Ansprüche aus eigenem sowie aus
„übergegangenem“ Recht – nämlich des Landes Berlin – bestünden nicht.
Begründet sei jedenfalls der Hilfsantrag auf Zahlung (unter IV. a.a.O.). Dieser sei
begründet aufgrund der Kostenübernahmeerklärungen der Beklagten aus Oktober 1998
und September 1999, „überdies nach den Regelungen im FStrG und Art. 104a GG über
die sog. finanzielle Straßenbaulast, die auch Folgekosten umfasst“, ferner aufgrund
Auftragsrechts. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ferner
ausgeführt hat, ergebe sich ein Zahlungsanspruch schließlich aus dem
Vorfinanzierungsvertrag selbst. § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. sei entgegen der Ansicht des
Verwaltungsgerichts nicht anwendbar. Die Regelung betreffe gerade nicht Fernstraßen
und nicht das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien (unter VI.1. a.a.O.), insbesondere
sei das Land Berlin nicht Straßenbaulastträger für Neubauvorhaben der Beklagten. Das
Neubauvorhaben stelle sich ferner als Eingriff in die Eigentumsrechte der Klägerin dar
(unter VI.2. a.a.O.). Schließlich liege ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen
Wesentlichkeitsgrundsatz vor; das Urteil beruhe letztlich „auf der mangelnden
bundesgesetzlichen Regelung einer Folge- oder Folgekostenpflicht für
Fernstraßenbauvorhaben im einschlägigen Fachplanungsgesetz, dem FStrG des
Bundes“. Ein Eingriff der staatlichen Vorhabens- und Baulastträger in Rechte Dritter
ohne gesetzliche Ermächtigungsgrundlage sei nach dem Rechtsstaatsprinzip schlicht
unzulässig; auch der von der Beklagten durchweg praktizierte „Umweg über die
Inanspruchnahme der Zivilgerichte“ sei angesichts einer mangelnden
bundesgesetzlichen Regelung im Fernstraßenbaubereich unzulässig. Es folgen zehn
weitere Seiten Berufungsbegründung zu einem „grundsätzlichen Charakter des
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weitere Seiten Berufungsbegründung zu einem „grundsätzlichen Charakter des
Rechtsstreits“.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. November 2009 abzuändern und
festzustellen, dass die Beklagte gegen sie keine Handhabe auf Durchführung der
Folgemaßnahmen im Sinne einer Folgepflicht und insbesondere keinen Rechtsanspruch
aus eigenem oder übergegangenem Recht auf Übernahme der Folgekosten aufgrund
der nachfolgend aufgeführten Maßnahmen an Leitungen der Klägerin im Zuge des
Ausbaus der A 113 im Bereich Stubenrauchstraße/Massantebrücke zum Zeitpunkt
unmittelbar vor dem Abschluss des Vorfinanzierungsvertrages vom 29. Oktober 2001
hatte und noch heute hat:
a) Ausbau von 5 m Schmutzwasserkanal/Abbruch Endschacht/Neubau Endschacht
(Projekt-Nr. 99/15-0895, Blatt-Nr. K 2),
b) Neulegung, Auswechslung und Ausbau von Trinkwasserleitungen (TWL)
(Zeichnung-Nr. 99/15-0895, Blatt-Nr. W1, W 1.1., W 1.2, W 1.3; Bauwerksverzeichnis Nrn.
8.506, 8.507 und 8.508 zum Planfeststellungsbeschluss vom 9. September 1999),
c) Neulegung, Auswechslung und Ausbau von Abwasserdruckrohrleitungen (ADL)
(Zeichnung-Nr.: 99/15-0895, Blatt Nr. A1, A 1.1, A 1.2, A 1.3; Bauwerksverzeichnis Nrn.
8.502, 8.503, 8.504 und 8.505 zum Planfeststellungsbeschluss vom 9. September
1999),
d) Neulegung, Auswechslung, Ausbau und Totlegung von Abwasserdruckleitungen
(ADL) (Zeichnung-Nr. 99/15-0899, Blatt Nr. A 2, A 1.1, A 1.2, A 1.3, A 1.4, A 1.5
Bauwerksverzeichnis Nrn. 8.502, 8.503, 8.504 und 8.505 zum Planfeststellungsbeschluss
vom 9. September 1999),
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin – 603.676,72 Euro zuzüglich der
Finanzierungskosten der Klägerin in Höhe von 3,67 Prozent seit dem 11. August 2006 zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend, wie sie im Einzelnen unter
Erwiderung auf das Berufungsvorbringen weiter geltend macht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die
gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug
genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage sowohl
mit dem Hauptantrag - dem Feststellungsantrag (s. nachfolgend unter I.) - als auch mit
dem Hilfsantrag - dem Zahlungsantrag (s. sodann unter II.) - zu Recht abgewiesen. Dazu
im einzelnen:
I. Der negative Feststellungsantrag (§ 43 VwGO) ist unzulässig.
1. Soweit die Klägerin zunächst beantragt (hat) festzustellen, dass die Beklagte gegen
sie „insbesondere keinen Rechtsanspruch aus eigenem oder übergegangenem Recht
auf Übernahme der Folgekosten“ aufgrund der fraglichen Maßnahmen an den
klägerischen Leitungen im Zuge des Ausbaus der A 113 hat, ist dies vor dem
Hintergrund zu sehen, dass die Beteiligten unter dem 29. Oktober 2001 vereinbart
haben, die zwischen ihnen streitige Frage über die Folgekostenpflicht durch eine
Gerichtsentscheidung zu klären. Freilich fehlt es, wie auch das Verwaltungsgericht im
Ergebnis zutreffend annimmt, für den von der Klägerin so formulierten
Feststellungsantrag an dem dafür erforderlichen berechtigten Interesse. Denn die von
ihr erstrebte Feststellung würde nicht zu einer Klärung der - vor dem Hintergrund des
Vorfinanzierungsvertrages allein noch interessierenden - Frage führen, wer von den
Beteiligten letztlich zur Tragung der Kosten für die fraglichen Maßnahmen verpflichtet
bzw. gehalten ist. Die Klägerin knüpft mit ihrem Antrag vielmehr bewusst an § 3 Abs. 4
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bzw. gehalten ist. Die Klägerin knüpft mit ihrem Antrag vielmehr bewusst an § 3 Abs. 4
des Vorfinanzierungsvertrages („Die vorstehende Streitfrage, ob die Vorhabenträgerin
einen Rechtsanspruch auf Übernahme der Folgekosten durch das VU hat, soll im
Verwaltungsrechtswege entschieden werden…“) und damit an eine offensichtlich
verfehlte Regelung an. Der zwischen den Beteiligten geschlossene
Vorfinanzierungsvertrag lehnt sich offensichtlich an den von dem Bundesministerium für
Verkehr 1993 zur Bewältigung von Folgekostenstreitigkeiten zwischen Vorhabenträger -
zumeist zugleich Straßenbaulastträger - und Versorgungsunternehmen veröffentlichten
Vorfinanzierungs-Mustervertrag (abgedruckt in: Allgemeines Rundschreiben Straßenbau
– ARS – Nr. 42/1993 vom 30. November 1993, VkBl. 1993, 851, 852) an, ohne freilich
dem vorliegenden Fall - dem Umstand nämlich, dass vorliegend die Klägerin die Kosten
für die inmitten stehenden Maßnahmen vorgelegt hat - hinreichend Rechnung zu tragen.
Dies ergibt sich aus Folgendem: Der dortige, in dem genannten Mustervertrag
vorgesehene § 1: „Die Vertragspartner streiten über die Folgekostenpflicht für die
vorgenannte Leitungsänderung“ entspricht hier § 1 Abs. 3. Der weitere dortige § 1: „Die
Straßenbauverwaltung vertritt dazu folgende Auffassung… Das
Versorgungsunternehmen vertritt demgegenüber die Auffassung… Die Streitfrage soll
im Rechtswege entschieden werden“ entspricht hier § 3, Absätze 2 bis 4. Weiter heißt es
dort in § 2 Abs. 1 Satz 1: „Um die Straßenbaumaßnahme nicht zu verzögern,
verpflichtet sich das VU (Versorgungsunternehmen), die Leitungsänderung einschließlich
Erdarbeiten unverzüglich durchzuführen“, was ebenfalls dem hier abgeschlossenen
Vertrag entspricht (§ 4 Abs. 1, 1. Halbsatz). Im Folgenden enthält der
Vorfinanzierungsvertrag vom 29. Oktober 2001 allerdings eine maßgebliche Abweichung,
die die Stimmigkeit des oben genannten, von der Klägerin hier in Anspruch
genommenen § 3 Abs. 4 hat entfallen lassen: Während der Mustervertrag vorsieht, dass
sich die Straßenbauverwaltung verpflichtet, „die streitigen Kosten einstweilen
vorzulegen“ (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Mustervertrag), hatte es hier das
Versorgungsunternehmen - also die Klägerin – übernommen, die Kosten vorzulegen (§ 4
Abs. 1, 2. Halbsatz: „…verpflichtet sich das VU, die Leitungsänderungen einschließlich
der Erdarbeiten unverzüglich in Auftrag zu geben und die hierfür anfallenden Kosten
einstweilen vorzulegen“), was diese auch getan hat. Danach kann es jetzt nur noch
darum gehen, ob die Klägerin (ihrerseits) Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung
der so „vorgelegten“ Kosten hat oder ob sie diese letztlich selbst tragen muss. Damit
machen allerdings die in § 3 Abs. 4 des Vorfinanzierungsvertrages getroffene Regelung
(„Die vorstehende Streitfrage, ob die Vorhabenträgerin [hier also: die Beklagte] einen
Rechtsanspruch auf Übernahme der Folgekosten durch das VU hat, soll im
Verwaltungsrechtswege entschieden werden“) und die in § 4 Abs. 2 des Vertrages
festgehaltene Bestimmung („Die Vorhabenträgerin verpflichtet sich, die vorgelegten
Kosten … zurückzuzahlen, wenn eine Gerichtsentscheidung ergibt, dass ein
Rechtsanspruch auf Übernahme der Folgekosten durch das VU nicht besteht…“) keinen
Sinn mehr. Insbesondere kann die Klägerin (objektiv-rechtlich) zur Kostentragung
gehalten sein, ohne dass dies mit einem Anspruch der Beklagten einhergehen würde,
wie es vorliegend im Hinblick auf § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. auch der Fall ist (vgl. dazu
nachfolgend unter II.). Gleichwohl würde die Klägerin aus der erstrebten negativen
Feststellung, der zufolge kein Anspruch der Beklagten auf Übernahme der fraglichen
Kosten bestehe - quasi automatisch anknüpfend an die Vertragsregelung in § 4 Abs. 2,
wonach in einem solchen Falle die vorgelegten Kosten (an das
Versorgungsunternehmen, hier also die Klägerin) „zurückzuzahlen“ wären - die Beklagte
im Ergebnis zur Kostenübernahme veranlassen können. Eben dies erstrebt die Klägerin
mit ihrer negativen Feststellungsklage auch. So heißt es nämlich in ihrem
Berufungsvorbringen, die im Vorfinanzierungsvertrag ja ausdrücklich vorgesehene
negative Feststellungsklage sei zur Zielerreichung geeignet, denn nach dem Vertrag
müsse bei dem so zu erwirkenden Feststellungsurteil die Beklagte die von der Klägerin
ausgelegte Summe samt Zinsen an diese zurückzahlen (S. 18 der
Berufungsbegründung vom 2. Januar 2009, dort unter 4.).
Ein derartig der materiellen Rechtslage, namentlich § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F.
zuwiderlaufendes Ergebnis (dazu i.E. nachfolgend unter II.) kann so von den Beteiligten -
zwei an Recht und Gesetz gebundenen juristischen Personen des öffentlichen Rechts -
bei Abschluss des Vorfinanzierungsvertrages schlechterdings nicht gewollt gewesen sein,
zumal die vorgenannte Bestimmung im Vorfinanzierungsvertrag selbst angeführt ist
(unter § 3 Abs. 2 des Vertrages: Auffassung der Vorhabenträgerin bzw. jetzigen
Beklagten); vielmehr - und insoweit ist dem Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 1
Abs. 3 des Vertrages („Die Vertragsparteien streiten über die Kostentragung für diese
Maßnahme“) beizupflichten - sollte eine gerichtliche Klärung dahin stattfinden, ob im
Ergebnis die Klägerin oder die Beklagte die Kosten für die Verlegungen der Leitungen
aufkommen sollte. Dieses Ziel freilich lässt sich – wie gezeigt – mit der erstrebten
negativen Feststellungsklage nicht erreichen, so dass dafür ein Feststellungsinteresse
nicht besteht. Ob dies - wie es das Verwaltungsgericht (unter Hinweis auf BAG, Urteil
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nicht besteht. Ob dies - wie es das Verwaltungsgericht (unter Hinweis auf BAG, Urteil
vom 12. Oktober 1979, 7 AZR 960/77, Juris, Rdn. 22) angeführt hat - damit zu begründen
ist, dass das Feststellungsurteil nicht zu einer abschließenden Klärung der zwischen den
Parteien bestehenden Zweifelsfragen führen würde, oder ob das Feststellungsinteresse
jedenfalls deswegen zu verneinen ist, weil die erstrebte Feststellung die Klägerin nicht
zum (bei objektiver Würdigung des Vorfinanzierungsvertrages beabsichtigten) Ziel
führen würde (vgl. zum Fehlen des Feststellungsinteresses in einem solchen Fall etwa
Baumbach/Lauterbach u.a., ZPO, 68. Aufl. 2010, § 256, Rdn. 34), kann dabei letztlich
offen bleiben.
Die von der Klägerin demgegenüber geltend gemachten Einwände greifen nicht durch.
Die auch unter Hinweis auf den Rechtswegbeschluss des Senats vom 9. Mai 2006
mehrfach wiederholte Bekräftigung, vorliegend sei Streitgegenstand der Anspruch der
Beklagten auf Übernahme der Folgekosten durch die Klägerin, und der Vorwurf, das
Verwaltungsgericht habe diesen Streitgegenstand sozusagen ausgetauscht, indem es
darauf abhebe, dass die Beteiligten (mit dem Vorfinanzierungsvertrag) eine
abschließende Klärung der Frage erstrebt hätten, wer („objektiv-rechtlich“) für die
Kosten der Leitungsverlegungen aufzukommen habe, greifen nicht durch.
In seinem Rechtswegbeschluss vom 9. Mai 2006 hat sich der Senat zu der Frage,
inwieweit sich ein „Anspruch“ der Beklagten auf Übernahme der Folgekosten zur
Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage verhält, nicht - schon gar nicht bindend -
festgelegt. Auch hat das Verwaltungsgericht den gerichtshängig gemachten
Streitgegenstand, der u.a. aus dem geltend gemachten Antrag zu erschließen ist, nicht
verkannt, sondern über eben diesen entschieden. Das mit dem Vorfinanzierungsvertrag
Gewollte ist entgegen der Darstellung der Klägerin keinesfalls stattdessen
Streitgegenstand geworden, sondern vom Verwaltungsgericht lediglich als Kontext zur
Vertragsauslegung (und nicht zur Auslegung des prozessualen Begehrens)
herangezogen worden. Das vermengt die Klägerin miteinander, wenn sie geltend macht,
streitig sei nicht die „abstrakte Frage“, wer die Folgekosten für die fraglichen
Rohrleitungsarbeiten tragen müsse, sondern ausschließlich die Frage, ob die Beklagte
einen Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten gegen die Klägerin habe. Auch der
Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe mit dem Erfordernis der Zielerreichung ein nicht
existentes Tatbestandsmerkmal in § 43 Abs. 1 VwGO „hineingelesen“, greift nicht durch,
weil die angeführten Kriterien das Erfordernis des Feststellungsinteresses sachgerecht
konkretisieren. Soweit die Berufung im Weiteren geltend macht, auf objektiv-rechtliche
Normen und hier auf § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. abzustellen, woraus sich eine
Kostentragungspflicht der Klägerin unabhängig von einem etwaigen Anspruch der
Beklagten ergeben solle, sei auch deswegen verfehlt, weil damit das von der
Rechtsordnung „errichtete System zweiseitiger Ansprüche gewissermaßen gesprengt“
würde, zumal § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. allenfalls einen Anspruch nicht der Beklagten,
sondern des Landes Berlin gegen die Klägerin begründen könne, taugt auch das nicht,
die Überlegungen des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Ein von der
Rechtsordnung (abschließend oder einzig) „errichtetes System zweiseitiger Ansprüche“,
das hier „gesprengt“ werden würde, gibt es nicht. Es kann auch im Übrigen
vernünftigerweise nicht gewollt gewesen sein, dass aufgrund der verfehlten Anknüpfung
an einen Anspruch der Beklagten in dem Vorfinanzierungsvertrag Umstände, die aus
sonstigem Recht heraus für die Frage der Kostentragung von Bedeutung sind,
unberücksichtigt bleiben sollten, wie sich - wie erwähnt - schon daraus ergibt, dass der
insoweit maßgebliche § 12 Abs. 6 BerlStrG a.F. in dem Vorfinanzierungsvertrag selbst
erwähnt ist.
2. Soweit die Klägerin ihren Hauptantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
dahin erweitert hat festzustellen, dass die Beklagte gegen sie „keine Handhabe auf
Durchführung der Folgemaßnahmen im Sinne einer Folgepflicht“ aufgrund der fraglichen
Maßnahmen an den Leitungen der Klägerin „zum Zeitpunkt unmittelbar vor dem
Abschluss des Vorfinanzierungsvertrages vom 29. Oktober 2001 hatte und noch heute
hat“, geht es ihr, wie in der Erörterung vor dem Senat deutlich geworden ist, um die
Klärung der Frage, ob die Beklagte seinerzeit - im Zeitraum 1998/1999 und vor
Verauslagung der für die Maßnahmen angefallenen Kosten durch die Klägerin - einen
Anspruch gegen die Klägerin auf Durchführung der Autobahnausbaufolgemaßnahmen
hatte.
Die Klage ist auch insoweit unzulässig, weil nicht erkennbar ist, welche Verbesserung der
Rechtsposition der Klägerin damit erreicht werden soll. Zwar können grundsätzlich auch
in der Vergangenheit liegende Rechtsverhältnisse zum Gegenstand einer
Feststellungsklage gemacht werden; allerdings bedarf es auch hierfür eines besonderen
Interesses an der Feststellung, das etwa in einer Wiederholungsgefahr, einer
fortwirkenden Diskriminierung oder der Absicht der Geltendmachung von
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fortwirkenden Diskriminierung oder der Absicht der Geltendmachung von
Schadenersatzansprüchen begründet sein kann (vgl. zum Ganzen etwa Sodan, in:
Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 43, Rdn. 16 ff. m.w.N.). Allerdings hat die Klägerin
derartiges weder geltend gemacht noch wäre dies sonst ersichtlich. Sie hält, wie sie in
der Erörterung vor dem Senat betont hat, zwar eine „grundsätzliche Klärung“ für
geboten und die Angelegenheit für einen „Präzedenzfall“, woraus aber nicht ersichtlich
ist, dass ein berechtigtes Feststellungsinteresse über das Nichtbestehen eines
seinerzeitigen Anspruchs der Beklagten gegen die Klägerin auf Vornahme der fraglichen
Maßnahmen gegeben wäre. Es ist nämlich schon nicht zu erkennen, dass sich die
Beklagte selbst eines solchen Anspruchs berühmen würde, so dass insbesondere die für
ein Feststellungsinteresse vorliegend allenfalls denkbare Wiederholungsgefahr
ausscheidet. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass sich jedenfalls aus § 3 Abs. 2 des
Vorfinanzierungsvertrages entnehmen lassen könnte, dass die Beklagte seinerzeit
davon ausgegangen ist, sie verfüge über einen solchen Anspruch („Die
Vorhabenträgerin vertritt zur Folgekostenpflicht folgende Auffassung: Sie habe einen
Rechtsanspruch auf Übernahme der Folgekosten durch das VU…“). Es ist aber bereits
zweifelhaft, ob sie damit tatsächlich den von der Klägerin hier angesprochenen Fall im
Blick gehabt hat oder vielmehr letztlich nur zum Ausdruck hat bringen wollen, im
Verhältnis zwischen Klägerin und Beklagter müsse im Ergebnis die Klägerin für die
Kosten aufkommen. Abgesehen hiervon ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte je von
dem Bestehen eines Anspruchs auf Vornahme der fraglichen Arbeiten gegen die
Klägerin ausgegangen wäre. Aus ihren Schreiben vom 2. Oktober 1998 und vom 5.
November 1999, in denen die Beklagte die Versorgungsunternehmen bzw. die Klägerin -
ggf. gegen Kostenübernahmeerklärung - gebeten hat, die notwendigen Arbeiten in
Auftrag zu geben, wird dies ebensowenig erkennbar wie aus dem bis zum Abschluss des
Vorfinanzierungsvertrages geführten Schriftwechsel, in dem die Beklagte wiederholt
darauf hingewiesen hatte, die Klägerin müsse die fraglichen Kosten selbst tragen, was
eher für eine diesbezügliche Auslegung auch von § 3 Abs. 2 des
Vorfinanzierungsvertrages spricht. Auch nach den ausführlichen Darlegungen des
Vertreters der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte von dem Bestehen eines
solchen Anspruchs ausgeht. Wie der vorgenannte Vertreter des Beklagten ausgeführt
hat, sei die Vornahme der Arbeiten an den Leitungen der Klägerin aus dortiger Sicht
(vielmehr) in der Weise durchsetzbar, dass bei einer Weigerung der Vornahme der
notwendigen Leitungsarbeiten die durch § 12 Abs. 1 Satz 1, § 11 BerlStrG privilegierte
Sondernutzungserlaubnis durch das Land Berlin widerrufen werden müsse mit der Folge,
dass das Versorgungsunternehmen die Leitungen dann zu entfernen habe. Soweit sich
der negative Feststellungsantrag der Klägerin auch hierauf beziehen dürfte (Feststellung,
dass die Beklagte keine „Handhabe“ auf Durchführung der Folgemaßnahmen habe), ist
er jedenfalls deswegen unzulässig, weil nur Rechtsverhältnisse, aber nicht solchermaßen
ins Tatsächliche gehende Fragen im Sinne von § 43 VwGO feststellungsfähig sind.
II. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch den hilfsweise geltend gemachten
Leistungsantrag der Klägerin auf Zahlung der Kosten gegen die Beklagte in Höhe von
603.676,72 € nebst Nebenkosten als unbegründet abgewiesen.
1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zunächst festgestellt, dass ein solcher
Anspruch sich nicht auf die Schreiben der Beklagten vom 2. Oktober 1998 und vom 5.
November 1999 stützen lasse, mit denen diese die Versorgungsunternehmen gebeten
hatte, die notwendigen Arbeiten in Auftrag zu geben, und wonach sie „generelle
Kostenübernahme für alle autobahnbedingten Folgekosten“ erklärt hat.
Diesen Schreiben ist nicht zu entnehmen, dass dies auch eine verbindliche Übernahme
der hier inmitten stehenden Kosten für die Veränderungen an den Leitungen der
Klägerin beinhalten sollte. Bereits in dem - an alle Versorgungsunternehmen gerichteten
- Schreiben vom 2. Oktober 1998 heißt es, benötigt würden „jedoch später die konkreten
Einzelprojekte zur Prüfung und Mittelbindung“; entsprechend heißt es in dem späteren,
wohl nur an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 5. November 1999, „die
projektbezogene Kostenübernahme erklären wir nach Vorlage und Prüfung Ihrer
Projekte, da hiermit auch die Mittelbindung veranlasst wird“. Unabhängig von der in den
genannten Schreiben enthaltenen Beschränkung auf „autobahnbedingte Folgekosten“
kommt hiermit deutlich zum Ausdruck, dass eine „projektbezogene“ Kostenübernahme,
also eine Kostenübernahme für ein konkretes Vorhaben, ggf. erst nach Prüfung,
keinesfalls aber sozusagen ohne Ansehung des konkreten Vorhabens erklärt werden
sollte.
Dafür spricht auch der folgende Hintergrund, der beiden Beteiligten bekannt gewesen
sein dürfte: Die Frage, wer die Folgekosten für straßenbaubedingte Veränderungen an
Versorgungsleitungen zu tragen hat, hat den Gesetzgeber und die Rechtsprechung
Versorgungsleitungen zu tragen hat, hat den Gesetzgeber und die Rechtsprechung
sowohl des Bundesgerichtshofs wie des Bundesverwaltungsgerichts seit Jahrzehnten
beschäftigt, die Rechtsprechung bis hinein in die jüngste Zeit (vgl. die vom
Verwaltungsgericht auch in diesem Zusammenhang erwähnten Entscheidungen des
Bundesgerichtshofs, insbesondere diejenige vom 21. Juni 2001 – III ZR 185/00 -, BGHZ
148, 129; zur historischen Entwicklung vgl. etwa die Darstellung bei Ronellenfitsch,
Folgekosten bei Versorgungsleitungen, in: Blümel -Hrsg.-, Planungsrechtliche
Optimierungsgebote, Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, Folgekosten, 1996, S. 67
ff.; aus jüngerer Zeit etwa Hirse, Zum Folgekostenstreit bei straßenbaubedingter
Verlegung von Versorgungsleitungen im Beitrittsgebiet, NJ 2001, 459 ff.).
Zusammenfassend gilt dazu in etwa Folgendes: In den alten Bundesländern wurde und
wird die Überlassung des Straßen- und Wegenetzes an die Versorgungsunternehmen
zur Verlegung von Versorgungsleitungen überkommenerweise durch sog.
Gestattungsverträge geregelt. Dem hat der Gesetzgeber des
Bundesfernstraßengesetzes in der auf Drängen der Versorgungswirtschaft zustande
gekommenen Regelung des § 8 Abs. 10 FStrG Rechnung getragen, wo es heißt: „Die
Einräumung von Rechten zur Benutzung des Eigentums der Bundesfernstraßen richtet
sich nach bürgerlichem Recht, wenn sie den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt, wobei
eine Beeinträchtigung von nur kurzer Dauer für Zwecke der öffentlichen Versorgung
außer Betracht bleibt“. Hiernach sollte das Straßenbenutzungsverhältnis nach
Möglichkeit umfassend dem bürgerlichen Recht überantwortet sein. Diese
Gestattungsverträge enthielten auch Folgekostenklauseln, wobei zunächst alle
Möglichkeiten der Kostenfolge vorkamen (von der Überwälzung aller denkbaren
Folgekosten auf die Versorgungsunternehmen bis hin zur Einräumung von
Leitungsdienstbarkeiten mit der Folge, dass Folgekosten aufgrund von Veränderungen
wegen § 1023 BGB [Kosten der Verlegung der Ausübung] von dem Straßenbaulastträger
zu tragen waren). Die hieraus resultierenden Streitigkeiten führten erstmals 1968 und
sodann 1987 zu einem Mustervertrag für die Mitbenutzung von Bundesfernstraßen
durch Versorgungsleitungen (abgedruckt im VkBl. 1987, S. 398, 400), der in seinem § 10
grundsätzlich den Versorgungsunternehmen die Folgekostenpflicht für Änderungen an
den Leitungsanlagen auferlegte; dazu hatte mit beigetragen, dass das
Bundesverwaltungsgericht am 29. März 1968 eine für die Versorgungsunternehmen
ungünstige Folgekostenregelung für angemessen und zumutbar erklärt hatte (s. Urteil
vom genannten Tage - IV C 100.65 - BVerwGE 29, 248, 255: Danach sei es den
Versorgungsunternehmen regelmäßig zuzumuten, das Kostenrisiko für eine etwaige
durch eine Straßenänderung notwendig werdende Verlegung der Leitung selbst zu
tragen, was schon aus der Erwägung folge, dass Bundesfernstraßen vorrangig dem
öffentlichen Verkehr dienten und demgegenüber die - zweifellos auch im öffentlichen
Interesse liegenden – Aufgaben der Versorgungsunternehmen zurückzutreten hätten).
An diese Regelung in § 10 des Mustervertrages knüpfen weiterhin die aktuellen
„Hinweise (des Bundesministers für Verkehr) zur Behandlung von Ver- und
Entsorgungsleitungen sowie Telekommunikationslinien bei Straßenbaumaßnahmen des
Bundes“ (Hinweise 2001) an, wobei diese weiter nach Fallgruppen differenzieren und
dabei auch die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berücksichtigen
(abgedr. etwa im Amtsblatt für Brandenburg, Nr. 13 vom 2. April 2003, nachrichtlich
aufgenommen vom dortigen Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr für
den Bereich des Brandenburgischen Straßengesetzes, soweit die Bestimmungen des
Landesstraßengesetzes dem Bundesfernstraßengesetz entsprechen). Den Schlusspunkt
der Entwicklung bildet die - mit ihren Wertungen auch hier interessierende - jüngste
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur diesbezüglichen Rechtslage in den neuen
Ländern, die im Ergebnis auf eine weitgehende Folgekostenpflicht der
Energieversorgungsunternehmen hinausläuft (insb. Urteil vom 21. Juni 2001 - III ZR
185/00 - BGHZ 148, 129, 135): Danach sei nach dem Recht der DDR zur Begründung
des Rechts, öffentlichen Straßenraum für Versorgungsleitungen in Anspruch zu nehmen,
die Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungsgenehmigung nach § 13 Abs. 1
StraßenVO 1974 erforderlich gewesen; nach der Rechtsprechung des 3. Senats des
Bundesgerichtshofs habe ein Versorgungsunternehmen, dessen Rechtsposition allein
auf einer solchen Sondernutzungsgenehmigung beruhe, nach dem Rechtsgedanken des
§ 8 Abs. 2a, 8 und 10 FStrG die Kosten zu tragen, die dadurch entstünden, dass durch
einen nach der Wiedervereinigung erfolgten Autobahnausbau eine die Fahrbahn
kreuzende Versorgungsleitung verlegt werden müsse. § 8 Abs. 8 FStrG regelt, dass der
Inhaber einer Sondernutzungserlaubnis gegen den Träger der Straßenbaulast keinen
Ersatzanspruch bei Widerruf oder bei Sperrung, Änderung oder Einziehung der Straße
hat. Daraus entnimmt der Bundesgerichtshof den Grundsatz, dass dem Träger der
Straßenbaulast durch die Einräumung von Sondernutzungen keine zusätzlichen Kosten
entstehen dürfen (BGH, Urteil vom 2. April 1998 – III ZR 91/95 -, BGHZ 138, 266, 274),
und dass von daher das Kostenrisiko für eine durch eine Straßenänderung notwendig
werdende Verlegung der Versorgungsleitungen regelmäßig nicht vom Träger der
Straßenbaulast, sondern von dem Versorgungsunternehmen selbst zu tragen ist (BGH,
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Straßenbaulast, sondern von dem Versorgungsunternehmen selbst zu tragen ist (BGH,
a.a.O., S. 275). Dies habe nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
nunmehr auch dann zu gelten, wenn die Änderung des Verkehrswegs der für die Zwecke
des Versorgungsunternehmens in Anspruch genommen wird, durch den Ausbau eines
anderen Verkehrswegs notwendig geworden ist (BGH, Urteil vom 21. Juni 2001, a.a.O.,
BGHZ 148, 129, 135), womit der Bundesgerichtshof den - auch vorliegend gegebenen -
Fall der sog. Drittveranlassung umrissen hat.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist es schlechterdings undenkbar, dass die
Beklagte sich in ihren Schreiben vom 2. Oktober 1998 und vom 5. November 1999
sozusagen pauschal hat verpflichten wollen, der Klägerin sämtliche Kosten zu erstatten,
die ihr durch die Veränderungen ihrer Versorgungsleitungen entstehen würden. Die
aufgezeigten Hintergründe müssen auch der Klägerin, die mit der Problematik der
Folgekostenpflicht nicht das erste Mal befasst gewesen sein kann, bekannt gewesen
sein, zumal sie sich auf sie in dem Folgekostenvertrag vom 29. Oktober 2001 (§ 3 Abs.
3) zum Teil auch bezogen hat; der von ihr bemühte Grundsatz, der Staat dürfe „den
Bürger nicht in die Irre führen“, kann deswegen so für sie nicht greifen.
Hinzu kommt, worauf die Beklagte bereits im vorprozessualen Schriftwechsel
hingewiesen hatte, die Beschränkung in den Schreiben auf „autobahnbedingte
Folgekosten“. Damit war - wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - der
hier interessierende Fall nicht gemeint. Die Beklagte hatte mit den „autobahnbedingten
Folgekosten“ etwa Fälle vor Augen, in denen die neue BAB-Trasse bisherige
Versorgungsleitungen queren und eine Änderung derselben deshalb erforderlich werden
würde (so in ihrem im Verwaltungsvorgang befindlichen Schreiben an die Klägerin vom 9.
November 2000). Dies hat auch der Vertreter der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in Bezug auf den von
dem Vertreter der Klägerin erwähnten, zwischen den Beteiligten 1993 abgeschlossenen
Rahmenvertrag ausdrücklich so bestätigt. Hier freilich liegen die Leitungen in einer
Gestattungsstraße (die in der Baulastträgerschaft des Landes Berlin liegende
Stubenrauchstraße), die ihrerseits wegen des BAB-Vorhabens geändert werden musste,
und damit eine Konstellation vor, die nicht zu den „autobahnbedingten“ Folgen im
vorstehenden Sinne zählt. In diesem Zusammenhang ist der Bezugnahme in dem
Schreiben vom 5. November 1999 auf die „geltenden Richtlinien, Rundschreiben und
Regelungen des Bundes“ nichts diesem Ergebnis Entgegenstehendes zu entnehmen.
Die dort genannten Rundschreiben betreffen - anders als insbesondere die oben
erwähnten „Hinweise (des Bundesministers für Verkehr) zur Behandlung von Ver- und
Entsorgungsleitungen sowie Telekommunikationslinien bei Straßenbaumaßnahmen des
Bundes“ (Hinweise 2001) - keine Maßgaben zur Folgekostenpflicht, sondern enthalten
lediglich nähere Abrechnungsmodalitäten, nämlich im Einzelnen die Gewährung eines
Vorteilsausgleichs (so Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 28/80), die Abgeltung
von Ingenieurleistungen und Verwaltungstätigkeiten (Rundschreiben Nr. 10/1983) und
die Abrechnung von Kosten (Rundschreiben Nr. 16/1998).
2. Soweit die Klägerin weiter geltend macht, ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte
folge aus „den Regelungen im FStrG und Art. 104a GG über die sog. finanzielle
Straßenbaulast, die auch Folgekosten umfasst“, verkennt sie, dass die
Gestattungsstraße - die Stubenrauchstraße - keine Bundesfernstraße ist, so dass das
Bundesfernstraßengesetz dafür nicht greift.
Auch aus Auftragsrecht (§§ 670, 662 BGB) ergibt sich der geltend gemachte
Zahlungsanspruch nicht. Dass sich die Klägerin gegenüber der Beklagten verpflichtet
hätte, für diese unentgeltlich ein Geschäft zu besorgen (vgl. § 662 BGB), scheidet
vorliegend schon deswegen aus, weil die Klägerin ihre (eigenen) Leitungen „auf ihre
Kosten“ (§ 12 Abs. 6 BerlStrG a.F., dazu nachfolgend unter 3.) anzupassen hatte.
Unabhängig davon entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs,
dass das sog. Veranlasserprinzip (nach dem derjenige, der eine Anlage aus Gründen in
seiner Sphäre ändert oder ändern lässt, die Kosten zu ersetzen hat, die anderen aus
Anlaß der Änderung entsteht, vgl. nur BGH, Urteil vom 17. März 1994 – III ZR 10/93 -,
BGHZ 125, 293, 296) als allgemeine Rechtsgrundlage für eine Folgekostenpflicht
ausscheidet (BGH, Urteil vom 17. März 1994, a.a.O.; ferner Hinweise 2001 des
Bundesministers für Verkehr zur Behandlung von Ver- und Entsorgungsleitungen bei
Straßenbaumaßnahmen des Bundes, a.a.O., unter Ziff. 2.1.1. m.w.N.). Auch dieser
Grundsatz würde einem Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus Auftrag
entgegenstehen.
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schließlich ausgeführt
hat, der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus dem Vorfinanzierungsvertrag vom
29. Oktober 2001 selbst, kann auch das nicht durchgreifen. Der Vorfinanzierungsvertrag
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29. Oktober 2001 selbst, kann auch das nicht durchgreifen. Der Vorfinanzierungsvertrag
ist nur deswegen zustande gekommen, weil die Beteiligten sich über die Frage, wer für
die fraglichen Kosten aufkommen sollte, nicht einigen konnten (s. § 1 - Präambel - Abs. 3
Satz 1 des Vertrages: „Die Vertragsparteien streiten über die Kostentragung für diese
Maßnahmen“). Von daher kann sich die Lösung dieser Frage - noch zumal in Gestalt
eines Zahlungsanspruchs - denknotwendig jedenfalls nicht aus eben diesem
Vorfinanzierungsvertrag ergeben.
3. Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht nach alledem darauf abgestellt, dass
sich die Würdigung der Rechtslage mangels einer Übernahme der fraglichen Kosten
durch die Beklagte vorliegend aus § 12 Abs. 6 BerlStrG in der Fassung des Gesetzes
vom 13. Juli 1999 (a.F.) ergibt (GVBl. S. 380; zur im Kern gleichlautenden Fassung bereits
§ 12 Abs. 7 des Berliner Straßengesetzes vom 28. Februar 1985, GVBl. S. 518). Werden
nach dieser Bestimmung (jetzt § 12 Abs. 5 BerlStrG) im öffentlichen Interesse durch die
Änderung oder Verlegung der öffentlichen Straße oder durch Unterhaltungsmaßnahmen
an ihr Änderungen von Versorgungsanlagen erforderlich, so haben die
Versorgungsunternehmen diese Anlagen auf ihre Kosten der Straße anzupassen.
Die gegen die Heranziehung dieser Bestimmung gerichteten Einwände der Klägerin sind
verfehlt. Soweit sie geltend macht, die Regelung sei nicht anwendbar, weil sie gerade
nicht Fernstraßen und nicht das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten betreffe, und
vor allem sei das Land Berlin nicht Straßenbaulastträger für Neubauvorhaben der
Beklagten, geht dies von dem grundlegenden Fehlverständnis aus, dass die Frage der
Folgekostenpflicht hier durch das Bundesfernstraßengesetz geregelt werden müsse.
Damit übersieht die Klägerin, dass die Gestattungsstraße, nämlich die
Stubenrauchstraße, wie ausgeführt eine Straße des Landes Berlin ist, so dass hierfür das
Berliner Straßengesetz gilt. Der Senat nimmt auf die weiteren Ausführungen des
Verwaltungsgerichts zur Anwendbarkeit und Einschlägigkeit dieser Bestimmung im
Einzelnen Bezug und macht sich diese zu eigen (§ 130 b Satz 2 VwGO).
Wie das Verwaltungsgericht insbesondere auch zutreffend festgestellt hat, liegt, wie dem
Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der BAB 113 zu entnehmen ist, die
Anbindung der Stubenrauchstraße auch im Interesse des Landes Berlin. Die BAB 113
hat auch innerstädtische Funktionen, nämlich Entlastung des Straßennetzes von
Treptow und Neukölln sowie eine Verknüpfung der Berliner Innenstadt und des sie
umgebenden bzw. geplanten mittleren Straßenrings in südöstlicher Richtung über die in
Brandenburg geplante Weiterführung an die A 10 bzw. den Berliner Ring (S. 45 des
Planfeststellungsbeschlusses). Dieser Umstand ist vorliegend durchaus erheblich, denn
der Bundesgerichtshof hat in seiner jüngsten Rechtsprechung zu Versorgungsleitungen
in den neuen Ländern die Folgekostenpflicht auch auf Fälle der echten Drittwirkung
erstreckt (vgl. freilich auch schon BGH, Urteil vom 11. Juli 1980 - V ZR 54/79 -, NJW 1981,
123, für Fälle der sog. unechten Drittwirkung); wie ausgeführt, habe ein
Versorgungsunternehmen, dessen Rechtsposition auf einer früheren
Sondernutzungsgenehmigung nach der DDR-StraßenVO beruhe, nach dem
Rechtsgedanken des § 8 Abs. 2a, 8 und 10 FStrG die Kosten zu tragen, die dadurch
entstünden, dass durch einen nach der Wiedervereinigung erfolgten Autobahnausbau
eine die Fahrbahn kreuzende Versorgungsleitung verlegt werden müsse. Dies habe - und
dies trifft den vorliegenden Fall - darüber hinaus auch dann zu gelten, wenn die
Änderung des Verkehrswegs, der für die Zwecke des Versorgungsunternehmens in
Anspruch genommen wird, durch den Ausbau eines anderen Verkehrswegs notwendig
geworden sei (BGH, Urteil vom 21. Juni 2001, a.a.O., BGHZ 148, 129, 135). Dem
entspricht es, dass im Jahre 1999 das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, dass
bei einer Verlegung von in einer Gemeindestraße verlegten
Telekommunikationsanlagen, die aufgrund eines Autobahnneubauvorhabens (dort die A
38) erforderlich wurde, der Betreiber für die Leitungsänderungen folgekostenpflichtig sei
(zu § 53 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996, BGBl. S. 1120, BVerwG,
Urteil vom 1. Juli 1999 - BVerwG 4 A 27.98 -, BVerwGE 109, 193).
Die Berufung der Klägerin greift schließlich auch nicht durch, soweit sie geltend macht,
das Neubauvorhaben und eine sie treffende Folgekostenpflicht für die
Leitungsänderungen im Bereich der Stubenrauchstraße stellten sich als Eingriff in ihre
Eigentumsrechte dar. Zum einen ergibt sich dieser „Eingriff“ bereits aus dem Gesetz,
nämlich aus § 12 Abs. 6 BerlStrG. Zum anderen ist in der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs anerkannt, dass eine vom Schutz des Art. 14 GG umfasste, nur
gegen Entschädigung entziehbare Rechtsposition nicht vorliegt, wenn die Leitung
aufgrund eines lediglich obligatorischen Nutzungsrechts betrieben wird, das als Leihe
oder der Leihe ähnlich anzusehen ist und von dem Vertragspartner durch Kündigung
oder in anderer Weise beendet werden kann (BGH, Urteil vom 17. März 1994 – III ZR
10/93 -, BGHZ 125, 293, 298 ff.). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass auch dann,
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10/93 -, BGHZ 125, 293, 298 ff.). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass auch dann,
wenn ein förmlicher Gestattungsvertrag zwischen Energieversorger und
Straßenbaulastträger nicht geschlossen worden ist, zivilrechtlich konkludent zumindest
eine Leihe oder ein leiheähnliches Verhältnis, nämlich über den für die Verlegung der
Leitungen benötigten Teil des Weges, anzunehmen ist. Danach greife bei
Veränderungsmaßnahmen die Regelung des § 605 Nr. 1 BGB, wonach dem Verleiher ein
Kündigungsrecht zusteht, wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstands der
verliehenen Sache bedarf; die Rechtstellung des Entleihers (hier des Energieversorgers)
sei hiernach dadurch gekennzeichnet, dass sie unter dem Vorbehalt eines
Kündigungsrechts des Verleihers (hier des Straßenbaulastträgers) stehe. Die Entziehung
oder Beeinträchtigung einer solchen Rechtsstellung begründe keinen Anspruch auf
Entschädigung nach Art. 14 GG (BGH, a.a.O., S. 300, 301). Dieser Gedanke kann
entsprechend auch für den vorliegenden Fall, in dem ein förmlicher Gestattungsvertrag
nicht vorliegt, fruchtbar gemacht werden (vgl. nunmehr auch BVerfG, Erster Senat, 1.
Kammer, Nichtannahmebeschluss vom 13. Juli 2005 - 1 BvR 1004/00 -, abgedr. bei Juris,
dort Orientierungssatz 3a).
Schließlich liegt entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch ein Verstoß gegen den
verfassungsrechtlichen Wesentlichkeitsgrundsatz nicht vor. Ob es einer gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage für eine Inanspruchnahme der Klägerin für die Folgekosten
überhaupt bedarf, hält der Senat bereits für zweifelhaft; nachdem es ein Eigeninteresse
des Energieversorgers darstellt, die öffentlichen Wege zum Zwecke der Versorgung zu
nutzen, dürfte sich die Anpassung der Leitungen bei Veränderungen der öffentlichen
Straßen und Wege mutmaßlich nur als (eigene) Obliegenheit darstellen. Einer
„bundesgesetzlichen Regelung einer Folge- oder Folgekostenpflicht für
Fernstraßenbauvorhaben im einschlägigen Fachplanungsgesetz, dem FStrG des
Bundes“ bedarf es entgegen der Ansicht der Klägerin im vorliegenden Fall jedenfalls
deswegen nicht, weil für die hier inmitten stehende Folgekostenfrage § 12 Abs. 6
BerlStrG a.F. eine hinreichende gesetzliche Grundlage darstellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr.
10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten
Gründe vorliegt.
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