Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 14.03.2017

OVG Berlin-Brandenburg: einstweilige verfügung, anhörung, form, wand, hauptsache, belichtung, mitbestimmungsrecht, unterlassen, geschäftsführung, belüftung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 62.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 62 PV 10.07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 75 Abs 3 Nr 16 BPersVG
Bundespersonalvertretungsrecht: Mitbestimmungsrecht -
Gegenstandslosigkeit des Stufenverfahrens durch
zwischenzeitliche Zustimmung
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens die
Unterlassung von Baumaßnahmen bei dem Beteiligten, hilfsweise im Wesentlichen die
vorläufige Feststellung der Verletzung seines Mitbestimmungsrechts aus § 75 Abs. 3 Nr.
16 BPersVG.
Bei dem Beteiligten sollen in dem Geschäftsgebäude Königin-Elisabeth-Straße 49 in
14059 Berlin aus Anlass der Einführungsphase „Kundenzentrum der Zukunft“
Umbauarbeiten vorgenommen werden, die bereits im Gange sind. Das diesbezügliche
Konzept sieht die Abschaffung von Einzelbüros und die Schaffung von insgesamt drei
Bürolandschaften sowie zwei Wartebereichen vor, eine so genannte „Bürolandschaft mit
integrierter Wartezone“. Hierzu erbat der Beteiligte mit Schreiben vom 20. April 2006 die
Zustimmung des Antragstellers nach § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG. Diese verweigerte der
Antragsteller mit Schreiben vom 25. April 2006 und erhob umfangreiche Einwendungen
hinsichtlich der Belichtung, der Belüftung und des Schallschutzes. Mit Schreiben vom 1.
Juni 2006 teilte der Beteiligte mit, dass er trotz der Einwendungen an dem Vorhaben
festhalte und unter dem 31. Mai 2006 an die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg
herangetreten sei mit der Bitte, das Stufenverfahren durchzuführen. Die
Regionaldirektion Berlin-Brandenburg trat ihrerseits unter dem 2. Juni 2006 an den
Bezirkspersonalrat heran, teilte mit, dass das Vorhaben entsprechend der Auffassung
der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Berlin Nord wie beabsichtigt durchzuführen sei
und bat um Zustimmung im Wege des Stufenverfahrens. Unter dem 22. Juni 2006 teilte
der Bezirkspersonalrat der Regierungsdirektion Berlin-Brandenburg mit, dass er
aufgrund der Bedenken des Antragstellers die Zustimmung zu dem Vorhaben
verweigere. Hierauf wandte sich die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg mit Schreiben
aus Juni 2006 an die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit und bat um abschließende
Entscheidung im Rahmen des Stufenverfahrens. Die Zentrale der Bundesagentur für
Arbeit teilte der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg unter dem 18. Juli 2006 u.a. mit,
dass das Beteiligungsverfahren aus ihrer Sicht noch nicht abgeschlossen sei und den
Einwänden des Bezirkspersonalrats noch nicht hinreichend Rechnung getragen sei.
Anschließend kam es zwischen den Beteiligten zu erneuten Einigungsversuchen, in
deren Folge der Beteiligte den Antragsteller unter dem 5. Oktober 2006 erneut um
Zustimmung gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG bat, und zwar
„unter Bezugnahme auf die am 28.09.2006 einvernehmlich erzielten
Vereinbarungen
- die gesamte Wandbreite zwischen Eingangszone 3 und Wartebereich zur Erhöhung
der Transparenz mit Glas auszustatten
- das Belüftungssystem, wie vorgestellt zu installieren
die Deckenbeleuchtung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen einheitlich
(jeweils auf eine Raumseite bezogen) auf 500 Lux auszurichten
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- Fußboden und Decke mit höchstmöglicher Dämmung auszustatten
- Die Eingangstüren der Eingangszonen mit automatischer Öffnung in der
Standardausführung (wie in allen anderen Agenturen der BA) auszustatten.“
Dem stimmte der Antragsteller unter dem 10. Oktober bzw. 30. November 2006 zu.
Unbeschadet dessen trat die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg unter dem 23.
Februar 2007 erneut an den Bezirkspersonalrat heran. Unter Bezugnahme auf den
bisherigen Vorgang heißt es in dem vorbezeichneten Schreiben u.a. wie folgt:
„…zu den in Ihrem o.a. Schreiben aufgeführten Punkten hinsichtlich der KuZ-
Nachsteuerungsmaßnahme sind nunmehr Antworten möglich. Im einzelnen:
Zu Punkt 1: Die Prüfung, inwieweit als Abtrennung zwischen der Eingangszone 3 und
der dazugehörigen Wartezone eine Glaswand möglich ist, hat ergeben, dass es sich bei
der Wand weder um eine statisch relevante Wand noch um eine Brandschutzwand
handelt. Damit steht einer Verglasung nichts im Wege. Das ist am 28.09.2006 in einem
Planungsgespräch mit dem örtlichen Personalrat, der AA Berlin Nord und der GBI
erörtert worden. Zusätzlich gibt es zu diesem Punkt die Personalratsvorlage vom
05.10.2006, mit der um Zustimmung gebeten wurde
Der örtliche Personalrat stimmte am 10.10.2006 zu. Damit ist die Frage zur
Glaswand geklärt.
Nachdem nunmehr die vereinbarten Voraussetzungen geschaffen sind, bitte ich um
die Zustimmung zu der KuZ-Nachbesserungsmaßnahme in der AA Berlin Süd (gemeint:
Nord) in dem der Vorlage 365/17 zugrunde liegenden Umfang“.
Dem stimmte der Bezirkspersonalrat offensichtlich zu.
Der Antragsteller entnimmt dem vorgenannten Schreiben, dass nunmehr das
ursprüngliche Vorhaben umgesetzt werden soll; er teilte dem Beteiligten unter dem 11.
Mai 2007 mit, dass mit der unter dem 23. Februar 2007 erfolgten Beteiligung des
Bezirkspersonalrates „Bestandteile der im Rahmen unserer ausschließlichen
Zuständigkeit getroffenen einvernehmlichen Regelungen nach § 75 Abs. 3 Nr. 16
BPersVG zum Arbeitsschutz und der Gesundheitsfürsorge zur Disposition gestellt“
würden.
Am 25. Juni 2007 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung gestellt und beantragt, dem Beteiligten aufzugeben, „die
Umsetzung der Maßnahme auf der Grundlage der Beschlussvorlage vom 20.04.2006 zu
Az. 365/17 in Form der Beschlussvorlage zu Az. 478/17 vom 23.02.2007 zu
unterlassen“, hilfsweise „festzustellen, dass die Aufhebung und Abänderung des
Beschlusses des Antragstellers vom 10.10.2006 durch die Anhörung und Beteiligung der
Stufenvertretung, insbesondere des Bezirkspersonalrats der Regionaldirektion Berlin
Brandenburg, rechtswidrig und unwirksam ist“, ferner hilfsweise, „die Beteiligte zu
verpflichten, wegen des abgeänderten Bauvorhabens in Gestalt der Beschlussvorlage
vom 20.04.2006 zu Az. 365/7 i.V.m. der Beschlussvorlage zu Az. 478/17 vom 23.02.2007
das Mitbestimmungsverfahren gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG einzuleiten“ und
hilfsweise schließlich „den Erlass anderer geeigneter Maßnahmen“. Er hat im
Wesentlichen geltend gemacht, dass es dem Beteiligten nur nach Maßgabe des
Beschlusses vom 10. Oktober 2006, der wirksam und bindend geworden sei, gestattet
sei, die Baumaßnahme durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag am 26. Juni 2007 abgelehnt. Der
Unterlassungsantrag bleibe ohne Erfolg, weil es sich bei dem
personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren um ein objektives Verfahren
handele; der objektiven Verpflichtung von Dienststellenleitern,
personalvertretungsrechtliche Rechtsvorschriften einzuhalten, stehe kein
entsprechender subjektiver, prozessual durchsetzbarer Anspruch der Personalvertretung
gegenüber. Die mit dem Hilfsantrag begehrte vorläufige Feststellung der
Rechtswidrigkeit bzw. Unwirksamkeit der (vermeintlichen) Aufhebung und Abänderung
des Beschlusses des Antragstellers vom 10. Oktober 2006 durch das Stufenverfahren
stelle eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar. Auch eine Verpflichtung zur
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stelle eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar. Auch eine Verpflichtung zur
Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens komme nicht in Betracht, nachdem nicht
erkennbar sei, dass das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers bezüglich einer
dauerhaften Gestaltung der Arbeitsplätze unzumutbar oder endgültig beeinträchtigt
würde, zumal auch nicht substantiiert dargetan sei, dass tatsächlich eine Abweichung
des ausgeführten Vorhabens von dem gebilligten Vorhaben vorliege. Auch sei es
möglich, dass es sich vorliegend um eine Maßnahme handele, die in die (eigene)
Zuständigkeit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg falle. Im Übrigen sei
äußerstenfalls auch ein Rückbau möglich.
Hiergegen hat der Antragsteller nach am 27. Juni 2007 erfolgter Zustellung des
erstinstanzlichen Beschlusses am 6. Juli 2007 Beschwerde erhoben, die er am 24. Juli
2007 begründet hat. Er hält den erstinstanzlichen Beschluss für fehlerhaft und
beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. Juni 2007 abzuändern und
eine einstweilige Verfügung mit folgendem Inhalt zu erlassen:
1. Dem Beteiligten wird aufgegeben, die Umsetzung der Maßnahme auf der
Grundlage der Beschlussvorlage vom 20.04.2006, zu Az. 365/17 in Form der
Beschlussvorlage zu Az. 478/17 vom 23.02.2007 zu unterlassen,
hilfsweise
2. festzustellen, dass die Aufhebung und Abänderung des Beschlusses des
Antragstellers vom 10.10.2006 durch die Anhörung und Beteiligung der
Stufenvertretung, insbesondere des Bezirkspersonalrats der Regionaldirektion Berlin-
Brandenburg rechtswidrig und unwirksam ist,
hilfsweise
3. den Beteiligten zu verpflichten, wegen des abgeänderten Bauvorhabens in
Gestalt der Beschlussvorlage vom 20.04.2006, zu Az. 365/17 i.V.m. der
Beschlussvorlage zu Az. 478/17 vom 23.02.2007 das Mitbestimmungsverfahren gemäß
§ 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG einzuleiten,
hilfsweise
4. den Erlass anderer geeigneter Maßnahmen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Hauptsache ist anhängig. Der Senat hat nach Anhörung der Beteiligten entschieden.
II.
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag zu Recht zurückgewiesen.
Soweit es den Hauptantrag - Unterlassung von Baumaßnahmen - betrifft, wird auf die
zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen (§ 83
Abs. 2 BPersVG, §§ 87 Abs. 2 und 69 Abs. 2 ArbGG); nachdem auch im
Hauptsacheverfahren lediglich die Feststellung erreicht werden könnte, dass durch die
fragliche Baumaßnahme die Beteiligungsrechte des Antragstellers verletzt worden sind,
kann im Eilverfahren nichts darüber Hinausgehendes (hier: Unterlassung der
Baumaßnahme) erstrebt werden.
Soweit es den ersten Hilfsantrag angeht, der sinngemäß gerichtet ist auf die vorläufige
Feststellung einer Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers, erstrebt dieser
damit, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat, eine unzulässige
Vorwegnahme der Hauptsache. Zwar spricht einiges dafür, dass die derzeit
stattfindende Baumaßnahme bei dem Beteiligten unter Verletzung des
Mitbestimmungsrechts des Antragstellers aus § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG erfolgt. Wie
der Antragsteller im Anhörungstermin vor dem Senat geltend gemacht hat, wird das
Umbauvorhaben abweichend von den Maßgaben der Zustimmungsvorlage vom 5.
Oktober 2006, der der Antragsteller unter dem 10. Oktober 2006 zugestimmt hat,
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Oktober 2006, der der Antragsteller unter dem 10. Oktober 2006 zugestimmt hat,
ausgeführt; wie der Antragsteller im Anhörungstermin vor dem Senat - von dem
Beteiligten unbeanstandet gelassen - ausgeführt hat, wird weder das darin erwähnte
Belüftungssystem eingebaut noch ist eine Deckenbeleuchtung wie in der
Zustimmungsvorlage vom 5. Oktober 2006 aufgeführt und offenbar im Vorfeld
abgestimmt vorgesehen. Es spricht freilich vieles dafür, dass eine Zustimmung zu dem
Bauvorhaben nur in der Gestalt der Zustimmungsvorlage vom 5. Oktober 2006 erteilt
worden ist. Denn nachdem der Beteiligte den Antragsteller unter dem vorerwähnten
Datum erneut um Zustimmung zu dem - nunmehr abgeänderten - Vorhaben gebeten
und der Antragsteller dem unter dem 10. Oktober 2006 zugestimmt hat, dürfte das
Stufenverfahren damit gegenstandslos geworden sein (vgl. dazu
Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, BPersVG, 5. Aufl. 2004, § 69 BPersVG, Rdn. 47 a.E.).
Dem würde auch die Sicht des Bezirkspersonalrats entsprechen, der ausweislich seines -
von dem Beteiligten erst im Termin vorgelegten - Schreibens an die Regionaldirektion
Berlin Brandenburg vom 21. Juli 2006 mitgeteilt hatte, dass das anhängige Verfahren
„vorerst ruhend gestellt ist und vom BPR nur dann nicht mehr weiter betrieben wird,
wenn es zwischen der Geschäftsführung und dem ÖPR der AA Berlin Nord zu einer
Einigung kommt“. Damit würde es an der Zustimmung des Antragstellers zu dem jetzt
realisierten Vorhaben fehlen. Inwieweit in diesem Zusammenhang das per Oktober 2006
geänderte Vorhaben infolge des - insoweit vollkommen unklar gehaltenen - Schreibens
der Bezirksdirektion Berlin Brandenburg vom 23. Februar 2007 möglicherweise noch in
das Stufenverfahren eingeführt worden ist und welche rechtlichen Folgen dies in Bezug
auf die Beteiligungsrechte des Antragstellers haben könnte, muss allerdings der
Würdigung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Dieses kann abgewartet
werden, weil jedenfalls keine solche Beeinträchtigung der Rechte des Antragstellers
vorliegt, dass - wie es in der Beschwerde heißt - der Erlass einer einstweiligen Verfügung
dringend geboten wäre. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller mit
dem Umbauvorhaben jedenfalls im Kern einverstanden ist und eine Zustimmung
offensichtlich nur hinsichtlich der Belichtung und der Belüftung für die Bürolandschaft
fehlt. Die Belichtung und die Belüftungsanlage dürften sich - wiewohl mit möglicherweise
hohem Kostenaufwand verbunden - auch nachträglich noch nachbessern lassen. Auch
dürften das erstinstanzliche Hauptsacheverfahren und damit die Klärung der Frage einer
Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers demnächst anstehen.
Soweit es den weiteren Hilfsantrag betrifft, den Beteiligten zu verpflichten, wegen des
abgeänderten Bauvorhabens das Mitbestimmungsverfahren gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 16
BPersVG einzuleiten, vermag auch dieser nicht durchzugreifen.
Mitbestimmungsverfahren sind aus Sicht sowohl des Antragstellers als auch aus Sicht
des Beteiligten durchgeführt. Von daher vermochte auch der Antragsteller dem Senat in
der mündlichen Anhörung nicht näher darzulegen, in welcher Form nunmehr (ein
weiteres) Mitbestimmungsverfahren sollte angeordnet werden können. Zu dem letzten
Hilfsantrag, gerichtet auf „den Erlass anderer geeigneter Maßnahmen“, gilt das zuvor
Gesagte entsprechend.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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