Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 22.03.2004

OVG Berlin-Brandenburg: personalakte, beamter, beförderung, link, sammlung, quelle, rechtsgrundlage, unverzüglich, persönlichkeitsrecht, beamtenverhältnis

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 4.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 4 N 47.04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 90 BBG, § 90e Abs 1 S 1 BBG
Beamtenrecht: Anspruch auf Entfernung einer fehlerhaften
Beurteilung aus der Personalakte; Voraussetzungen an das
Bestehen eines diesbezüglichen Rechtsschutzbedürfnisses
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. März 2004 wird abgelehnt.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten
Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO liegen, soweit sie hinreichend
dargelegt sind (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), nicht vor.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund liegt nur vor, wenn in der Rechtssache eine klärungsfähige und
klärungsbedürftige Frage aufgeworfen wird, deren Beantwortung in einem künftigen
Berufungsverfahren zur Wahrung der Einheitlichkeit oder zur Fortentwicklung des Rechts
geboten ist. Das ist hier nicht der Fall. Die vom Kläger für grundsätzlich gehaltene Frage,
„ob nicht ein Anspruch jedenfalls auf Entfernung einer fehlerhaften dienstlichen
(Anlass-) Beurteilung aus der Personalakte besteht, wenn diese den Beamten in seinem
Persönlichkeitsrecht verletzt und keine Grundlage mehr für weitere personelle
Maßnahmen sein kann“,
würde sich in einem künftigen Berufungsverfahren nicht stellen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2002 – 2
C 31.01 – Juris Rn. 14 m.w.N.) besteht für die Klage auf Änderung einer dienstlichen
Beurteilung kein Rechtsschutzbedürfnis (mehr), wenn die Beurteilung ihre rechtliche
Zweckbestimmung verliert, Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen zu
sein, wie es das Bundesverwaltungsgericht angenommen hat, wenn der beurteilte
Beamte in den Ruhestand getreten, bestandskräftig aus dem Beamtenverhältnis
entlassen worden ist oder bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr befördert werden
darf (vgl. Urteil vom 19. Dezember 2002, a.a.O.). Diese Rechtsprechung ist auf Klagen,
mit denen – wie hier – die Entfernung einer dienstlichen Beurteilung aus der
Personalakte des Beamten begehrt wird, übertragbar. Muss ein Beamter eine dienstliche
Beurteilung hinnehmen, weil sie nicht mehr als Grundlage einer künftigen, die
Beamtenlaufbahn des Beurteilten betreffenden Personalentscheidung dienen kann, so
kann er in einem solchen Fall erst recht nicht deren Entfernung aus der Personalakte
beanspruchen. Hier kann die streitige dienstliche (Anlass-) Beurteilung vom 7. Juli 1998 –
unabhängig davon, dass sie durch die neue dienstliche Beurteilung vom 9. November
1999 ersetzt worden ist – ihren Zweck nicht mehr erfüllen, Grundlage für künftige
Personalentscheidungen zu sein, weil der am 27. August 1942 geborene Kläger in vier
Monaten (Ende August 2007, vgl. § 44 Abs. 1 BBG) in den Ruhestand treten wird und
weder ersichtlich noch vorgetragen ist, dass der der zuletzt im Jahre 2002 beförderte
Kläger in dieser Zeit eine erneute Beförderung anstrebt. Vielmehr hat Kläger bereits zur
Begründung seines Berufungszulassungsantrages mit Schriftsatz vom 3. Mai 2004
selbst vorgetragen, eine weitere Beförderung könne bis zu seiner Zurruhesetzung nicht
mehr erfolgen.
Im Übrigen bedarf es keiner Klärung in einem Berufungsverfahren, ob ein Beamter einen
Anspruch auf Entfernung einer fehlerhaften dienstlichen (Anlass-) Beurteilung aus seiner
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Anspruch auf Entfernung einer fehlerhaften dienstlichen (Anlass-) Beurteilung aus seiner
Personalakte haben kann. Nach dem – mit Gesetz vom 11. Juni 1992 [BGBl. I S. 1030]
eingefügten – § 90 e Abs. 1 Satz 1 BBG sind abweichend von der früheren, von der
Beklagten zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. hierzu Zängl in:
Weiß/Niedermaier/ Summer/Zängl, BayBG, Stand: Dezember 2006, Art. 100 f Rn. 1 ff.)
Unterlagen über Beschwerden, Behauptungen und Bewertungen, auf die die
Tilgungsvorschriften des Disziplinarrechts keine Anwendung finden, mit Zustimmung des
Beamten unverzüglich aus der Personalakte zu entfernen und zu vernichten, falls sie
sich als unbegründet oder falsch erwiesen haben. Diese Vorschrift findet auf dienstliche
Beurteilungen Anwendung (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 5. April 2001 – 6 A 3255/97
– Juris Rn. 10 ff.; OVG Schleswig, Urteil vom 28. April 1995 – 3 L 807/94 – Juris Rn. 22;
Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 6. Aufl. 2005, Rdnr. 508 m.w.N.; Zängl,
a.a.O., Rn. 4). Ob im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine
urkundliche Berichtigung der dienstlichen Beurteilung statt deren Entfernung ausreichen
kann (so OVG Koblenz, Beschluss vom 21. April 1999 – 2 A 12876/98 – Juris Rn. 6 ff.),
kann hier dahinstehen, da die Beklagte eine vollständige neue dienstliche Beurteilung
erstellt hat.
2. Mit den vom Kläger angeführten und hier allein zu prüfenden Gründen sind ernstliche
Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht
aufgezeigt. Solche liegen nicht vor, wenn zwar einzelne Rechtssätze, welche das Urteil
tragen, zu Zweifeln Anlass bieten, das Urteil aber im Ergebnis aus anderen, auf der
Hand liegenden Gründen offensichtlich richtig ist; § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verlangt nicht,
die Berufung wegen eines Fehlers zuzulassen, der für den Ausgang des
Berufungsverfahrens und damit für das Ergebnis des Prozesses mit Sicherheit
bedeutungslos bleiben wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 – 7 AV 4.03 –
Juris Rn. 7 ff.). So liegt der Fall hier. Es kann dahinstehen, ob das Vorbringen des Klägers,
ein Beamter habe einen Anspruch auf Entfernung einer fehlerhaften dienstlichen
Beurteilung aus seiner Personalakte – in Anlehnung an die Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts – aus §§ 242, 1004 BGB in entsprechender Anwendung sowie aus
dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch, die Auffassung des Verwaltungsgerichts
in Zweifel zieht, eine Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers sei nicht ersichtlich.
Denn das (insoweit) klageabweisende Urteil ist jedenfalls im Ergebnis richtig, weil dem
Kläger – wie ausgeführt – das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO)
liegen nicht vor. Der Rechtsbehelf zeigt insoweit keine Aspekte auf, die der Klärung im
Rahmen eines Berufungsverfahrens bedürften. Auf die vorstehenden Ausführungen wird
verwiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 14 Abs. 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes, das hier
noch in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung anzuwenden ist (vgl. § 72 Nr. 1
GKG i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai
2004, BGBl. I S. 718) – GKG a.F. –.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).
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