Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 19.09.2006

OVG Berlin-Brandenburg: stimmrecht, hochschule, passives wahlrecht, altersgrenze, forschung, philosophie, universität, aktiven, vertreter, ermessen

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 5 B 2.07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 43 Abs 1 Nr 1 HSchulG BE, §
44 Abs 1 Nr 4 HSchulG BE, § 48
Abs 3 S 3 HSchulG BE, § 70
Abs 5 S 1 HSchulG BE, § 132
Abs 1 HSchulG BE
Stimmrecht emeritierter Professoren im erweiterten
Fachbereichsrat
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19.
September 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht
die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger ein Stimmrecht im erweiterten
Fachbereichsrat bei Entscheidungen über Berufungsvorschläge für Professoren, bei
Habilitationen und ähnlichem hat.
Der Kläger, Hochschullehrer bei der Beklagten im Institut für Englische Philologie des
Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften, wurde zum 1. April 2004
emeritiert. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2004 bat er um Auskunft über seine
Mitwirkungsrechte im erweiterten Fachbereichsrat. Die Beklagte erklärte in ihrer Antwort
vom 8. April 2005, dass er als Emeritus an den Entscheidungen des erweiterten
Fachbereichsrats nicht stimmberechtigt mitwirken könne, da er nicht Mitglied der
Hochschule sei. Emeritierte Hochschulprofessoren seien nur dann Hochschulmitglieder,
wenn sie bereits vor dem 24. Oktober 1990 entpflichtet worden seien. Der Kläger
widersprach dem mit Schreiben vom 21. Juni 2005; die Beklagte hielt an ihrer
Rechtsauffassung fest.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers, gerichtet auf die Feststellung, er habe
im erweiterten Fachbereichsrat Philosophie und Geisteswissenschaften an der Freien
Universität Berlin die Möglichkeit zur stimmberechtigten Mitwirkung, abgewiesen. Die
Voraussetzungen des § 70 Abs. 5 Satz 1 Berliner Hochschulgesetz - BerlHG - für eine
stimmberechtigte Mitwirkung lägen nicht vor. Der Kläger gehöre seit seiner Emeritierung
nicht mehr dem Fachbereich an. Nach der Systematik des BerlHG seien nur die
Hochschullehrer Angehörige des Fachbereichs, die eine - für den Kläger als Emeritus
nicht mehr bestehende - Pflicht zur Mitwirkung in Forschung und Lehre sowie deren (Mit-)
Organisation im Fachbereich hätten. Da der Kläger nach dem 24. Oktober 1990
emeritiert worden sei, gehöre er zudem nicht der Gruppe der Hochschullehrer an. Da die
im erweiterten Fachbereichsrat nach § 70 Abs. 5 Satz 1 BerlHG stimmberechtigten
Hochschullehrer als Mitglieder der Gruppe der Hochschullehrer gelten würden, könne er
nicht zu den Stimmberechtigten zählen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass er als
Emeritus weder passiv noch aktiv wahlberechtigt sei. Nach der Vorstellung des
Gesetzgebers sollten Emeriti in den Kollegialorganen der Hochschule und deren
Fachbereichen nicht mehr mitbestimmen können.Auch nach Sinn und Zweck des
Gesetzes sei davon auszugehen, dass emeritierte Professoren kein Stimmrecht im
erweiterten Fachbereichsrat hätten, da das Stimmrecht diejenigen absichern solle,
denen die Erfüllung der mit der Mitbestimmung verbundenen Pflichten zur Aufgabe
gemacht werde.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen
Berufung. Er meint, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Auslegung des Begriffs der
Angehörigkeit verkannt, dass es insoweit nicht auf die zur Hochschulwahl berechtigende
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Angehörigkeit verkannt, dass es insoweit nicht auf die zur Hochschulwahl berechtigende
Mitgliedschaft ankomme. Maßgebend sei, dass Emeriti in den Fakultätsbetrieb
eingebunden blieben, sofern sie es wünschten. Sie würden zwar entpflichtet, könnten
innerhalb ihres Fachbereichs aber nur deshalb weiter tätig sein, weil sie diesem weiter
angehören würden. Mit der Emeritierung verblieben sie in einem aktiven
Dienstverhältnis. Da sie mit Erreichen der Altersgrenze nicht vollständig entrechtet
werden würden, sei es auch unerheblich, ob Emeriti bei Hochschulwahlen einer
bestimmten Mitgliedergruppe zugeordnet werden könnten. Die Beklagte sei im Übrigen
in ihrem Ermessen daran gebunden, dass er im erweiterten Fachbereichsrat nach seiner
Emeritierung zunächst habe stimmberechtigt mitwirken können. Sofern er nicht die
Möglichkeit habe, im erweiterten Fachbereichsrat stimmberechtigt mitzuwirken, werde er
in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. September 2006 zu ändern und
festzustellen, dass er im erweiterten Fachbereichsrat des Fachbereichs Philosophie und
Geisteswissenschaften der Beklagten stimmberechtigt ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf die Streitakte und den den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgang Bezug
genommen, die vorgelegen haben und - soweit wesentlich - Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die gem. § 43 Abs. 1 1. Altn. VwGO zulässige
Feststellungsklage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist im erweiterten Fachbereichsrat
nicht stimmberechtigt.
Gem. § 70 Abs. 5 Satz 1 Hs. 1 BerlHG haben - unbeschadet des vorliegend nicht
weiterführenden § 47 Abs. 3 BerlHG - bei Entscheidungen des Fachbereichsrats über
Berufungsvorschläge für Professoren und Professorinnen, Juniorprofessoren und
Juniorprofessorinnen, bei Habilitationen und Habilitationsordnungen sowie bei
Entscheidungen über Promotionsordnungen alle dem Fachbereich angehörenden
Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen die Möglichkeit der stimmberechtigten
Mitwirkung. Der Kläger ist auf Grund seiner Emeritierung kein dem Fachbereich
angehörender Hochschullehrer i. S. v. § 70 Abs. 5 Satz 1 BerlHG.
Das Stimmrecht des § 70 Abs. 5 Satz 1 BerlHG ist ein Mitgliedschaftsrecht. Es folgt nicht
aus der beamtenrechtlichen Stellung des Hochschullehrers, sondern ergibt sich aus
seinem korporationsrechtlichen Status als Mitglied der Universität. Grundlage des
Willensbildungs- und Betriebssystems der deutschen Hochschulen ist die
Gruppenuniversität, wonach die Angelegenheiten der Universität grundsätzlich in die
Beratungs- und Entscheidungskompetenz aller ihrer Mitglieder fallen.
Es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger noch Mitglied der Hochschule ist. Gem. § 43 Abs.
1 Nr. 1 BerlHG - der vorliegend einzig in Betracht kommenden Alternative - sind
Mitglieder der Hochschule Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis zur
Hochschule stehen. Ein Beschäftigungsverhältnis ist nach allgemeinem Verständnis
durch die Verpflichtung des Beschäftigten zur Arbeit gegen Entgelt gekennzeichnet. Eine
solche Verpflichtung besteht für den emeritierten Hochschullehrer nicht mehr. Mit der
Emeritierung ist eine besondere Form der Zurruhesetzung von Hochschullehrern
bezeichnet, die sich von der Versetzung in den Ruhestand der übrigen Beamten dadurch
unterscheidet, dass sie nach Erreichen der Altersgrenze nicht in den Ruhestand treten,
das Beamtenverhältnis mit seinen damit verbundenen allgemeinen Beamtenpflichten
vielmehr aufrecht erhalten bleibt und gem. § 108 Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG -
a.F. eine Entpflichtung von den Dienstpflichten in Lehre und Forschung sowie hinsichtlich
der sonstigen Professorenaufgaben eintritt (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 8. März
2005 - 9 S 2290.03 -, juris Rn. 29, m.w.N.). Durch den Wegfall der Verpflichtung zur
weiteren Amtstätigkeit ist das wesentliche Merkmal eines aktiven Beamten beseitigt,
denn daraus leiten sich Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit ab, die die Ausübung
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denn daraus leiten sich Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit ab, die die Ausübung
im Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit sicherstellen sollen (vgl. BGH,
Beschluss vom 15. Januar 1973 - AnwZ (B) 12/72 -, NJW 1973, 657, 658). Sofern nach
dem Willen des Gesetzgebers die Hochschulmitgliedschaft der emeritierten Professoren
- anders als die der pensionierten Professoren, die eindeutig nicht mehr in einem
Beschäftigungsverhältnis stehen, da sie aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden
sind (vgl. §§ 21 Abs. 2, 105 BRRG, § 63 Abs. 2 Landesbeamtengesetz) - hätte
fortbestehen sollen, hätte es auf Grund der geschilderten Rechtsfolgen einer
Emeritierung nahe gelegen, die Beendigung der Mitgliedschaft an die Beendigung des
Beamtenverhältnisses zu knüpfen. Eine entsprechende Regelung gab es in der
Vergangenheit (vgl. §§ 57 Abs. 1 Nr. 2, 58 Abs. 2 Nr. 2 BerlHG i. d. F. vom 30. Juli 1982,
GVBl. S. 1549) bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Berliner Hochschulgesetzes
vom 13. November 1986 (GVBl. S. 1771). Da der Gesetzgeber an dieser Regelung nicht
festgehalten hat, spricht einiges dafür, dass er die Emeriti den pensionierten
Professoren hinsichtlich der Mitgliedschaft in der Hochschule gleichstellen wollte.
Im Ergebnis bedarf die Frage, ob der Kläger noch Mitglied der Beklagten ist, jedoch
keiner Entscheidung. Zu seinen Gunsten unterstellt, seine Mitgliedschaft bestehe noch,
wäre damit eine lediglich formal gegebene, aber inhaltlich leere korporationsrechtliche
Stellung verbunden, die nicht zur stimmberechtigten Mitwirkung im erweiterten
Fachbereichsrat berechtigte. Die Emeritierung bedeutet allgemein einen scharfen
Einschnitt in der Korporation, die in der Literatur vereinzelt entsprechend dem
Sprachgebrauch des Klägers auch als „Entrechtung“ bezeichnet wird (vgl. Thieme, F & L
1995, 131, 133). Nach dem BerlHG ist die Rechtsstellung des Klägers dadurch
gekennzeichnet, dass er gem. § 132 Abs. 1 BerlHG bereits nicht der - ausschließlich in
Betracht kommenden - Mitgliedergruppe der Professoren (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 1 BerlHG)
angehört, da er nach Inkrafttreten des Gesetzes emeritiert wurde. Wesentlich für die
Mitglieder einer Gruppenhochschule ist jedoch ihre Zugehörigkeit zu einer
Mitgliedergruppe, da das Willensbildungssystem der Gruppenuniversität die Beteiligung
der Mitgliedergruppen an den Gremienentscheidungen vorsieht (vgl. §§ 45 ff. BerlHG).
Die Rechtsstellung des Klägers ist insoweit der des Hochschullehrers, der nach Erreichen
der Altersgrenze in den Ruhestand getreten ist und nicht mehr Mitglied der Hochschule
ist (s. o), angenähert. Unabhängig von der Frage der Gruppenzugehörigkeit besteht für
emeritierte Professoren gem. § 48 Abs. 3 Satz 3 BerlHG weder ein aktives noch ein
passives Wahlrecht für die Wahl der Vertreter der Mitgliedergruppen in den
Kollegialorganen. Eine Beteiligung an der Willensbildung in hochschulinternen
Angelegenheiten ist damit für emeritierte Professoren nicht vorgesehen. Sie trifft auch
nicht die in § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BerlHG statuierte Verpflichtung, an der
Selbstverwaltung mitzuwirken und Funktionen zu übernehmen.
Anhaltspunkte dafür, dass ein nach Inkrafttreten des Gesetzes emeritierter
Hochschullehrer ungeachtet seiner fehlenden mitgliedschaftlichen Rechte die Möglichkeit
der stimmberechtigten Mitwirkung im erweiterten Fachbereichsrat haben sollte,
bestehen nicht. Auch der Fachbereichsrat ist ein Kollegialorgan, das aus Mitgliedern der
Hochschule mit einer bestimmten Gruppenzugehörigkeit zusammengesetzt ist (vgl. § 45
Abs. 1 Nr. 1 bis 4 und § 70 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 BerlHG), was bereits dagegen spricht, dass
für emeritierte Professoren, die keiner Mitgliedergruppe zugehören und kein Wahlrecht
haben, in diesem Gremium die Möglichkeit der stimmberechtigten Mitwirkung gegeben
sein könnte.
Soweit § 70 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 BerlHG das Stimmrecht aller dem Fachbereich
angehörenden Hochschullehrer vorsieht, kann der Kläger daraus nichts für sich herleiten.
Entsprechend seinem eigenen erstinstanzlichen Vorbringen ist davon auszugehen, dass
der Gesetzgeber mit dieser Formulierung lediglich fachfremde Hochschullehrer, mithin
solche, die einem anderen Fachbereich angehören, von einer stimmberechtigten
Mitwirkung ausschließen wollte. Gegen eine mit § 70 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 BerlHG
beabsichtigte Einbeziehung nach dem Stichtag des § 132 Abs. 1 BerlHG emeritierter
Professoren spricht deren korporationsrechtliche Stellung (s. o.), die insoweit eine
eindeutige, als Ausnahme erkennbare Regelung erfordert hätte. In diesem
Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass emeritierte Professoren -
insbesondere bei kleiner werdenden Fachbereichen – ungeachtet ihrer ansonsten nicht
mehr bestehenden Mitgliedschaftsrechte gegen den Willen der gewählten Vertreter der
Gruppe der Hochschullehrer Entscheidungen im erweiterten Fachbereichsrat
herbeiführen könnten (zur „nicht ganz geringen Zahl“ der entpflichteten Professoren
etwa bis zum Jahr 2020 vgl. Thieme, a.a.O., S. 132), sofern sie die Möglichkeit der
stimmberechtigten Mitwirkung hätten. Dieser Umstand macht ebenfalls deutlich, dass
die Annahme eines Stimmrechts von emeritierten Professoren nur auf der Grundlage
einer eindeutigen (Ausnahme-) Regelung denkbar ist.
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Die Fiktion des § 70 Abs. 5 S. 1 Hs. 2 BerlHG, nach der die nicht in den Fachbereich
gewählten, aber gem. § 70 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 BerlHG stimmberechtigten Hochschullehrer
im Fall ihrer Mitwirkung an einer Entscheidung als Mitglieder der Gruppe der
Hochschullehrer gelten, führt vorliegend nicht weiter. Die Regelung hat Relevanz in
Verfahren der sogenannten „doppelten Mehrheit“ (vgl. § 47 Abs. 3 BerlHG), das bei
Entscheidungen über Berufungslisten und Forschungsfragen neben der
Gremienmehrheit die separat zu ermittelnde Mehrheit der dem Gremium
„angehörenden“, also der gewählten und der nach § 70 Abs. 5 Satz 1 BerlHG zusätzlich
teilnehmenden Professoren voraussetzt (vgl. M. Ulrich, in: Hailbronner/Geis,
Hochschulrecht in Bund und Ländern, Stand: September 2008, Landesrecht Berlin Rn.
78 f.).
Auch die für den Kläger nach seiner Emeritierung fortbestehende Lehrbefugnis
rechtfertigt nicht die Annahme, er sei im erweiterten Fachbereichsrat stimmberechtigt.
Das Recht der Emeriti, Lehrveranstaltungen abzuhalten (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 10.
April 1984 - 2 BvL 19.82 -, juris Rn. 44; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss 4. März
1993 - BVerwG 6 B 48.92 -, juris Rn. 11; OVG Münster, Urteil vom 7. April 1992 - 15 A
1844.90 -, juris Rn. 20 ff.; vgl. ferner auch OVG Hamburg, Beschluss vom 20. Dezember
2000 - 3 Bs 330.00 -, juris Rn. 7; VG München, Beschluss vom 29. November 2002 - M 3
E 02.4881 -, juris Rn. 19, Reich, Hochschulrahmengesetz, 9. Aufl., § 76 Rn. 2), folgt aus §
36 Abs. 2 Hochschulrahmengesetz - HRG - analog i. V. m. Art. 5 Abs. 3 GG (vgl. dazu
Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.; OVG Münster, Urteil vom 7. April 1992 - 15 A 1844.90
-, juris Rn. 21) bzw. ist gewohnheitsrechtlich anerkannt (vgl. Reich, a.a.O., § 36 Rn. 3) und
dürfte weiterhin „als akademisch selbstverständlich“ (vgl. Gerber, DÖV 1962, 121, 124)
gelten. Aus ihm lassen sich keine Rückschlüsse auf Mitwirkungsrechte im erweiterten
Fachbereichsrat ziehen, da das Recht zur Lehre sich nicht aus der mitgliedschaftlichen
Stellung rechtfertigt, sondern aus der einem Hochschullehrer einmal zuerkannten
Lehrbefähigung bzw. Lehrbefugnis (vgl. dazu OVG Münster, a.a.O., Rn. 20 f.; siehe auch §
36 Abs. 1 BerlHG). Dementsprechend bleibt dieses Recht auch den Professoren
erhalten, die bei Erreichen der Altersgrenze pensioniert und nicht emeritiert werden (vgl.
§ 36 Abs. 2 HRG). Diese haben mit Blick auf ihre fehlende Mitgliedschaft bei der
Beklagten im Übrigen ebenfalls kein Stimmrecht im erweiterten Fachbereichsrat. Ferner
beinhaltet die Lehrbefugnis selbst nicht das Stimmrecht in diesem Gremium. Mit ihr ist
das Recht verbunden, ein wissenschaftliches Fach in Forschung und Lehre zu vertreten
(vgl. § 36 Abs. 1 BerlHG). Auch Privatdozenten, die diese Befähigung haben, sind im
erweiterten Fachbereichsrat nicht gem. § 70 Abs. 5 Satz 1 BerlHG stimmberechtigt.
Der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Umstand, dass
er sich noch an Forschung und Lehre beteilige, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Das Gesetz stellt in § 70 Abs. 5 S. 1 BerlHG für die Frage des Stimmrechts nicht darauf
ab, dass ein Hochschullehrer forscht und/oder Lehre abhält. Aus der Tätigkeit als solcher
ergibt sich das Stimmrecht für emeritierte Hochschullehrer danach ebenso wenig wie für
pensionierte Professoren, die von ihrem Recht zur Lehre Gebrauch machen.
Die Annahme, der Kläger sei im erweiterten Fachbereichsrat nicht stimmberechtigt, ist
auch mit seinen Grundrechten vereinbar. Eine denkbare Verletzung des Art. 5 Abs. 3 GG
scheidet aus. Der durch Art. 5 Abs. 3 GG verbürgte Freiraum umfasst vor allem die auf
wissenschaftlichen Eigengesetzlichkeiten beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und
Entscheidungen bei dem Auffinden von Erkenntnissen, ihre Deutung und Weitergabe
(vgl. z. B. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. August 2005 - BVerwG 6 BN
1.05 -, juris Rn. 4). Die Frage der Stimmberechtigung der Emeriti im erweiterten
Fachbereichsrat hat auf diese Tätigkeiten keinen unmittelbaren Einfluss. Die Gegen-
stände, die dem Stimmrecht gem. § 70 Abs. 5 Satz 1 BerlHG unterliegen
(Berufungsvorschläge, Habilitationen, Habilitationsordnungen und
Promotionsordnungen), sind vorrangig an den Grundrechten der Privatdozenten,
Habilitanden und Doktoranden zu messen (vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.).
Soweit aus der Gewährleistung wissenschaftlicher Tätigkeit auch organisatorische
Anforderungen folgen, bedeutet dies nicht, dass jeder Hochschullehrer in einem
Gremium Sitz und Stimme beanspruchen kann (BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973 - 1 BvR
424.71 und 325.72 -, BVerfGE 35, 79, 128 f.).
Die vom Kläger gerügte Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht erkennbar. Es
erscheint insbesondere die Ungleichbehandlung der nach dem Stichtag des § 132 Abs. 1
BerlHG emeritierten Hochschullehrer mit den Professoren, die die Altersgrenze noch
nicht erreicht haben, nicht sachfremd. Da die entpflichteten Hochschullehrer
Promotionen betreuen, an Habilitationsverfahren teilnehmen und Lehre abhalten
können, mögen sie zwar durch Entscheidungen des erweiterten Fachbereichsrats über
Berufungsvorschläge, Habilitationen, Habilitationsordnungen und Promotionsordnungen
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Berufungsvorschläge, Habilitationen, Habilitationsordnungen und Promotionsordnungen
berührt werden. Da sie keine Verpflichtung zur Wahrnehmung ihres Amtes mehr trifft,
sind sie durch solche Entscheidungen jedoch weit weniger betroffen als diejenigen, die
solch eine Verpflichtung haben und den Beschlüssen des erweiterten Fachbereichsrats
insofern nicht ausweichen können. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt auch nicht
deshalb vor, weil der Gesetzgeber nicht zwischen den Emeriti und den pensionierten
Professoren bei der Frage des Stimmrechts im erweiterten Fachbereichsrat
unterschieden hat, sondern beiden kein Stimmrecht verliehen hat. Da der Gesetzgeber
die korporationsrechtliche Stellung der Emeriti mit Blick auf die zumindest inhaltlichen
Einschnitte der der pensionierten Professoren weitgehend angenähert hat (s. o.), ist die
unterbliebene Differenzierung nicht zu beanstanden.
Für die geltend gemachte Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG, der unter dem
Gesetzesvorbehalt steht, bestehen mit Blick auf die obigen Ausführungen ebenfalls
keine Anhaltspunkte.
Soweit der Kläger schließlich meint, die Beklagte sei daran gebunden, dass er im
erweiterten Fachbereichsrat zunächst habe stimmberechtigt mitwirken können, hat das
Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen,
dass eine Selbstbindung nur bei - vorliegend nicht eröffnetem - Ermessen denkbar sei
und es zudem keine Selbstbindung bei einer gesetzeswidrigen Praxis gebe.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr.
10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten
Gründe vorliegt.
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