Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 28.07.2006

OVG Berlin-Brandenburg: verkehr, inhaber, fahrzeug, fahreignung, ausnahme, sammlung, quelle, link, gehweg, beendigung

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 5.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 5 S 15.07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 28. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die
Beschwerdebegründung u.a. die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung
abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung
auseinander setzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe (vgl.
Satz 6 der Vorschrift). Auf der danach allein maßgeblichen Grundlage der
Beschwerdebegründung besteht für eine Änderung des angefochtenen Beschlusses kein
Anlass.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die unter dem 2. März 2006 verfügte, auf §
3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis und
die zugleich getroffenen Nebenentscheidungen (Abgabe des Führerscheins und
Zwangsgeldandrohung) bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig seien, weil
der Antragsteller erheblich bzw. wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften
verstoßen habe. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners habe der
Antragsteller mit insgesamt vier Kraftfahrzeugen seit dem Jahr 2000 zahlreiche
Verkehrsverstöße - insbesondere Parkverstöße und Verstöße gegen die Gurtpflicht -
begangen. Zuletzt habe der Antragsteller im Jahr 2004 insgesamt 38 Verkehrsverstöße -
34 Parkverstöße, 4 Verstöße gegen die Gurtpflicht - begangen, von denen zwei - ein
Parkverstoß, ein Verstoß gegen die Gurtpflicht - in das Verkehrszentralregister
eingetragen worden seien, und im Jahr 2005 weitere 31 Parkverstöße; in das
Verkehrszentralregister seien noch weitere drei Verstöße gegen die Gurtpflicht aus dem
Jahre 2003 eingetragen worden. Die zum Teil in dichter zeitlicher Abfolge und beharrlich
begangene Missachtung von Park- und Halteverboten - 65 aktenkundige Parkverstöße in
zwei Kalenderjahren - rechtfertige bereits für sich genommen die Annahme, dass der
Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Die hiergegen sowie
gegen die weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwände des
Antragstellers greifen nicht durch.
Der Antragsteller macht zunächst geltend, es sei auf den vorliegenden Fall bezogen
nicht nachvollziehbar, inwieweit sich das besondere Interesse an der sofortigen
Vollziehung aus der erhöhten Gefahr im Straßenverkehr ergebe, die von nicht
geeigneten Kraftfahrern ausgehe. Es gehe vorliegend in erster Linie um Parkverstöße,
die sich in einem Parkverbotsbereich ereignet hätten, in dem das Parken zum Zwecke
des Be- und Entladens gestattet sei. Er sei Inhaber eines am Vorfallsort befindlichen
Fernsehgeschäfts; seine Berufstätigkeit sei zwangsläufig mit einer täglichen Be- und
Entladetätigkeit verbunden. Selbst wenn er sein Fahrzeug „nicht immer sogleich“ nach
Beendigung der Be- und Entladetätigkeit wieder weggefahren haben sollte, erschienen
die Parkverstöße doch in einem anderen Licht; ein Gefährdungspotential sei hierin nicht
zu erkennen. Dieser Sicht der Dinge kann nicht gefolgt werden. Denn die Hartnäckigkeit,
mit der der Antragsteller gegen Parkvorschriften verstößt, ist auch im Hinblick auf sein
Verhalten im fließenden Verkehr aussagekräftig (vgl. entspr. etwa OVG Nordrhein-
Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 16 B 2137/05 -, juris). Soweit er sein
Verhalten unter Hinweis darauf zu verharmlosen versucht, dass es sich hier „in erster
Linie“ um Parkverstöße gehandelt habe, die sich in einem Parkverbotsbereich ereignet
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Linie“ um Parkverstöße gehandelt habe, die sich in einem Parkverbotsbereich ereignet
hätten, in dem das Parken zum Zwecke des Be- und Entladens gestattet sei, setzt er
sich entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO schon nicht mit den weiteren Ausführungen
des Verwaltungsgerichts auseinander, denen zufolge das Fahrzeug in den fraglichen
Fällen jeweils mindestens 10 Minuten beobachtet worden sei, ohne dass eine
Ladetätigkeit erkennbar gewesen sei, und wonach der Antragsteller in den Jahren 2004
und 2005 insgesamt 18 Mal, also in einer erheblichen Zahl der Fälle, auf
Sonderfahrstreifen, Sperrflächen, dem Gehweg oder im Kreuzungsbereich geparkt habe.
Soweit der Antragsteller im Weiteren geltend macht, dass das Verwaltungsgericht mit
seiner Entscheidung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt habe, greift auch das
nicht durch. Zwar ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die durch die Nichterfassung
im Verkehrszentralregister dem Bagatellbereich zuzurechnenden
Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich bei der Prüfung der Fahreignung außer
Betracht zu bleiben haben (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 18. Mai 1973 - VII C 12.71 -,
BVerwGE 42, 206, 207); ebenso ist jedoch geklärt, dass es von diesem Grundsatz
Ausnahmen gibt. Eine solche Ausnahme hat das Bundesverwaltungsgericht
angenommen, wenn der Inhaber der Fahrerlaubnis die Rechtsordnung über den
ruhenden Verkehr nicht anerkennt, und ausgeführt, dass ein Kraftfahrer, der
offensichtlich nicht willens ist, auch bloße Ordnungsvorschriften, die im Interesse eines
geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffen sind, einzuhalten, und der
solche Vorschriften hartnäckig missachtet, wenn dies seinen persönlichen Interessen
entspricht, zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist (BVerwG, Beschluss vom
15. November 1976 - VII B 121.76 -, DÖV 1977, 602, 603; s. ferner OVG Lüneburg,
Beschluss vom 2. Dezember 1999 - 12 M 4307/99 u. 4601/99 -, NJW 2000, 685; OVG
Berlin, Beschluss vom 28. April 2005 - 1 S 8.04 -, S. 4 des Beschlussabdrucks; OVG
Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 25. Oktober 2005 - 1 S 96.05 -, S. 6 des
Beschlussabdrucks, und vom 21. September 2006 - 1 S 47.06 -, S. 4 des
Beschlussabdrucks; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O.).
So liegt es im Falle des Antragstellers. Die von dem Verwaltungsgericht aufgezeigten,
vorstehend genannten Verkehrsverstöße - u.a. 65 Parkverstöße in zwei Kalenderjahren -
machen deutlich, dass der Antragsteller die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr
nicht anerkennt und offensichtlich auch bloße Ordnungsvorschriften hartnäckig
missachtet; nach der Rechtsprechung kann bereits eine deutlich geringere als die bei
dem Antragsteller zu verzeichnende Anzahl von Verstößen gegen den ruhenden Verkehr
geeignet sein, eine Fahrerlaubnisentziehung zu tragen bzw. mitzutragen (s. etwa OVG
Berlin, Beschluss vom 28. April 2005, a.a.O.: 60 Verstöße innerhalb von zehn Monaten;
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. September 2006, a.a.O.: etwa 35 Verstöße
in gut vier Jahren; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Januar 2006, a.a.O.: 27
Verstöße innerhalb von zwei Jahren). Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang
auf ein angebliches Tolerieren anderer Verkehrsverstöße - Parken „in zweiter Spur“ -
hinweist, gibt dies für die Bewertung seines Falles nichts her, weil nicht aufgezeigt ist, in
welchen Fällen mit welcher Häufigkeit die genannten Verstöße anderer
Verkehrsteilnehmer im Einzelnen angeblich toleriert werden bzw. worden sind; im
Übrigen würde auch dies nicht dazu berechtigen, Verkehrsverstöße zu begehen. Soweit
der Antragsteller schließlich hervorhebt, er sei zur Ausübung seines Berufes auf die
Fahrerlaubnis zwingend angewiesen, hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht
ausgeführt, dass (auch) das berufliche Interesse des Antragstellers gegenüber dem
Schutz der Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrzeugführern zurücktreten müsse; im
Übrigen berechtigt auch die Ausübung der Berufstätigkeit nicht zum Verstoß gegen
straßenverkehrsrechtliche Vorschriften. Darauf, ob - wie der Antragsgegner mit
Schriftsatz vom 9. November 2006 ausgeführt hat - der Antragsteller zwischenzeitlich
zwei Mal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis aufgefallen ist, kommt es nach alledem
nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht
auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66
Abs. 3 Satz 3 GKG).
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