Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 30.11.2004
OVG Berlin-Brandenburg: zahl, zusammenarbeit, verminderung, amtsperiode, schwellenwert, amtszeit, mehrbelastung, rückgabe, geschäftsführung, bezirk
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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg 60.
Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
OVG 60 PV 12.06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 43 Abs 1 PersVG BE, § 43 Abs
2 PersVG BE, § 46 Abs 3
PersVG BE, § 24 Abs 1 PersVG
BE
Reduzierung der Zahl freigestellter Personalratsmitglieder
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller erstrebt eine Reduzierung von Freistellungen bei dem Beteiligten im
Wege vertrauensvoller Zusammenarbeit.
Bei dem Bezirksamt Mitte von Berlin waren zum Zeitpunkt der letzten dortigen
Personalratswahl (30. November 2004) über 5.000 Dienstkräfte beschäftigt.
Dementsprechend waren sieben Personalratsmitglieder bei dem Beteiligten freigestellt.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 wies der Antragsteller den Beteiligten darauf hin,
dass es insbesondere wegen der bekannten Veränderungen im Kita-Bereich zum 1. Juli
2005 zu einer Reduzierung auf ca. 3.700 Beschäftigte und damit zu einer erheblichen
und dauerhaften Unterschreitung des Schwellenwertes (nach § 43 Abs. 1 PersVG)
kommen werde; er mache bereits jetzt darauf aufmerksam, dass er dann auf eine
entsprechende Reduzierung von Freistellungen - auf fünf - hinwirken werde, und bitte,
dies bei den Überlegungen des Beteiligten zu berücksichtigen. Unter dem 29.
September 2005 trat der Antragsteller erneut an den Beteiligten heran und teilte ihm
mit, dass die vorgesehenen Änderungen nunmehr zum 1. Januar 2006 wirksam würden.
Danach sei fortan mit ca. 3.250 Beschäftigten zu rechnen und die Anzahl der
Freistellungen von sieben auf fünf zu reduzieren; er bitte um zeitnahe Entscheidung, für
welche Mitglieder des Beteiligten die Freistellung am 31. Dezember 2005 enden solle,
um rechtzeitig mit den Betroffenen Überlegungen zum künftigen Einsatz anstellen zu
können. Unter dem 25. Januar 2006 teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, dass er
dessen Ansinnen nicht folge, weil die Dauer der Freistellungen ebenso wie die Amtszeit
des Personalrates vier Jahre betrage, ferner ein Mehrheitsbeschluss des Personalrates
über den Widerruf von Freistellungen nicht vorliege und schließlich die Reduzierung der
Beschäftigtenzahl zu keiner Reduzierung der Arbeit für den Personalrat geführt habe.
Hierauf teilte der Antragsteller dem Beteiligten im Februar 2006 mit, dass er dessen
Gründe nicht akzeptieren könne, stellte u.a. anheim, einen Ausnahmeantrag nach § 43
Abs. 2 PersVG zu stellen und bat im Übrigen darum, seine Haltung zu überdenken,
anderenfalls er das gerichtliche Beschlussverfahren einleiten müsse.
Nachdem dies ohne Reaktion des Beteiligten geblieben war, hat der Antragsteller am 13.
April 2006 das Verwaltungsgericht angerufen und beantragt festzustellen, dass der
Beteiligte verpflichtet sei, die Zahl der Freistellungen von sieben auf fünf Mitglieder zu
reduzieren. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag mit Beschluss vom 17. Mai 2006
entsprochen; zur Begründung hat es ausgeführt: Der Antragsteller habe unter dem
Gesichtspunkt der vertrauensvollen Zusammenarbeit gem. § 2 Abs. 1 PersVG einen
Anspruch darauf, dass der Beteiligte ihm zwei Mitglieder benenne, deren Freistellung der
Antragsteller rückgängig machen dürfe. Der Beteiligte habe gegenwärtig nur mehr einen
Anspruch auf fünf Freistellungen; § 43 Abs. 1 PersVG bestimme in pauschalierender
Weise, dass bei unter 4.000 Dienstkräften (nur) fünf Personalratsmitglieder freizustellen
seien. Unterschreite während einer Amtszeit die Anzahl der Dienstkräfte den
Schwellenwert, stehe dem Personalrat materiell nur mehr eine geringere Anzahl von
Freistellungen zu. Die Freistellung werde zwar formell für die gesamte Amtszeit gewährt;
fielen jedoch der materielle Anspruch und die gewährten Freistellungen auseinander,
seien diese in Übereinstimmung zu bringen. Dies ergebe sich aus dem Grundsatz der
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seien diese in Übereinstimmung zu bringen. Dies ergebe sich aus dem Grundsatz der
sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel, dem sowohl der Leiter der Dienststelle als
auch der Personalrat verpflichtet seien. Soweit der Antragsteller demgegenüber meine,
seine Arbeitsbelastung rechtfertige weiterhin sieben Freistellungen, könne er dies nur im
Antragswege nach § 43 Abs. 2 PersVG bei der obersten Dienstbehörde geltend machen.
Freilich erfordere das Interesse des Beteiligten an einer kontinuierlichen Arbeit
besondere verfahrensrechtliche Regelungen, die nach dem Grundsatz der
vertrauensvollen Zusammenarbeit zu beachten seien; der Personalrat müsse die
Möglichkeit haben, sich rechtzeitig auf die Veränderungen einzustellen. Dies sei mit Blick
auf die Schreiben des Antragstellers u.a. vom 10. Dezember 2004 und 29. September
2005 der Fall gewesen. Der Beteiligte habe auch die Verpflichtung, dem Antragsteller
entsprechende Mitglieder vorzuschlagen, weil die Dienststelle kein eigenes Auswahlrecht
habe.
Gegen den erstinstanzlichen Beschluss hat der Beteiligte rechtzeitig Beschwerde
eingelegt. Er macht im Wesentlichen geltend, der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts sei zu entnehmen, dass nur aufgrund eines äußeren
Anlasses die Zahl der Freistellungen während der laufenden Amtsperiode abgesenkt
werden dürfe. Weiter habe der Antragsteller die vom Bundesverwaltungsgericht
geforderten besonderen verfahrensmäßigen Vorkehrungen nicht eingehalten, die nach
dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu beachten seien. Ein
entsprechendes Verfahren zur Reduzierung von Freistellungen während der laufenden
Amtsperiode setze unter Beachtung des Grundsatzes der vertrauensvollen
Zusammenarbeit voraus, dass die Dienststelle dem Personalrat mitteile, welche
Beschäftigungsmöglichkeiten für die einzelnen freigestellten Personen bestünden bzw.
„dass jedes der sieben freigestellten Personalratsmitglieder zunächst wissen muss, wie
sein Einsatz bei Beendigung der Freistellung aussehen würde“. Auch habe der
Antragsteller vor Anrufung des Gerichts nicht alle Einigungsmöglichkeiten ausgeschöpft.
Schließlich sei für die Personalvertretung eine erhebliche Mehrbelastung entstanden,
und zwar durch die Fusion der Bezirke Wedding, Tiergarten und Mitte zum jetzigen Bezirk
Mitte und durch die Umsetzung des 3. Verwaltungsreformgesetzes sowie durch
Gründung des Kita-Eigenbetriebes und des daraus resultierenden Beratungsbedarfs des
Übergangspersonalrats.
Der Beteiligte beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Mai 2006 zu ändern und
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er tritt der Beschwerde entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Beteiligten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht
festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet ist, die Zahl der Freistellungen von derzeit
sieben auf fünf Mitglieder zu reduzieren. Insoweit folgt der Senat den Gründen der
angefochtenen Entscheidung (vgl. § 91 Abs. 2 PersVG Bln, § 87 Abs. 2 und 69 Abs. 2
ArbGG) und weist in Ansehung des Beschwerdevorbringens ergänzend auf Folgendes
hin:
Nach § 43 Abs. 1 PersVG sind auf Antrag des Personalrats in Dienststellen mit in der
Regel 5.001 bis 6.000 Dienstkräften sieben Personalratsmitglieder, in Dienststellen mit in
der Regel 3.001 bis 4.000 Dienstkräften fünf Personalratsmitglieder von ihrer
dienstlichen Tätigkeit freizustellen. Was die Verminderung von hier über 5.000 auf
nurmehr ca. 3.250 Dienstkräfte während der seit November 2004 laufenden
Amtsperiode angeht, hat sich das Verwaltungsgericht in Bezug auf die Frage einer
entsprechenden Verminderung der Anzahl von Freistellungen zutreffend von den
Grundsätzen leiten lassen, die das Bundesverwaltungsgericht insoweit in seinem
Beschluss vom 2. September 1996 - 6 P 3.95 - (PersR 1996, 498) zu der hier inmitten
stehenden Vorschrift des § 43 PersVG aufgestellt hat. Das Bundesverwaltungsgericht
hat darin umfassend - und zwar bejahend - zu der Frage Stellung genommen, „ob der
Beteiligte berechtigt ist, während der Dauer einer Amtsperiode die Zahl der
regelmäßigen Freistellungen zu vermindern, weil (…) die Zahl der Dienstkräfte in
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regelmäßigen Freistellungen zu vermindern, weil (…) die Zahl der Dienstkräfte in
erheblichem Maße und dauerhaft unter den für den bisherigen Umfang der
Freistellungen maßgeblichen Schwellenwert der gesetzlichen Staffel sinkt“ (BVerwG,
a.a.O.). Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht wie folgt ausgeführt:
„Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 BlnPersVG sind Personalratsmitglieder von ihrer
dienstlichen Tätigkeit auf Antrag des Personalrats in einem Umfange freizustellen, wie
dies der gesetzlichen Freistellungsstaffel entspricht. Die Festlegung in der Form einer
gesetzlichen Freistellungsstaffel dient der Verwaltungsvereinfachung. In ihrer konkreten
Ausgestaltung ist sie gleichzeitig pauschalierender Ausdruck des allgemeinen
Grundsatzes, daß Personalratsmitglieder freizustellen sind, wenn und soweit es nach
Umfang und Art der Dienststelle zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des
Personalrats erforderlich ist. Anders als in § 46 Abs. 3 Satz 1 BPersVG ist dieser
Erforderlichkeitsgrundsatz zwar der gesetzlichen Freistellungsregelung des § 43
BlnPersVG nicht als Leitgedanke vorangestellt. Er wird aber in § 43 Abs. 2 Satz 1
BlnPersVG als Maßstab für die Zulassung von Ausnahmen durch die oberste
Dienstbehörde benannt. Zumindest insoweit kennzeichnet dieser Grundsatz auch für
das Berliner Landesrecht eine Voraussetzung ("wenn") und eine Grenze ("soweit") für
Freistellungen. Beides gilt bei Einhaltung der in § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 BlnPersVG
geregelten Staffelwerte kraft gesetzlicher Vermutung als gewahrt, wobei diese
Vermutung auf Erfahrungswerten beruht (Beschluß vom 16. Mai 1980 - 6 P 82.78 -
Buchholz 238.37 § 42 PersVG NW Nr. 3). Ihre Anwendung steht nach Berliner
Landesrecht unter dem alleinigen Vorbehalt, daß nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1
BlnPersVG eine Ausnahmeregelung zuzulassen ist.
Aufgrund dieses Zusammenhangs ist davon auszugehen, daß Freistellungen - an
der gesetzlichen Staffel gemessen - materiell nur noch in geringerem Umfang
gerechtfertigt sind, wenn der ursprünglich der Freistellung zugrunde gelegte
Schwellenwert nachträglich unterschritten wird. Zwar erfolgt die Freistellung auf der
Grundlage der zum Zeitpunkt der Freistellung gegebenen Verhältnisse, also
grundsätzlich für die gesamte Amtszeit des Personalrats. Will aber ein freigestelltes
Mitglied des Personalrats nicht mehr freigestellt sein, so daß über eine Freistellung
förmlich neu zu entscheiden ist, und stellt sich bei dieser neuen Entscheidung auf
gesicherter Tatsachengrundlage heraus, daß die Zahl der Dienstkräfte in erheblichem
Maße und dauerhaft unter den Schwellenwert in der Staffel gesunken ist, der für den
bisherigen Umfang der Freistellungen maßgeblich gewesen ist, so darf dies angesichts
der im Grundsatz des § 43 Abs. 2 Satz 1 BlnPersVG zum Ausdruck gekommenen
Wertung des Gesetzgebers nicht unberücksichtigt bleiben. Der
Erforderlichkeitsgrundsatz und der regelmäßig auch berührte Grundsatz der sparsamen
Haushaltsführung müssen sich hier durchsetzen.
Interessen einer kontinuierlichen Arbeit des Personalrats, die einer Verminderung der
Freistellung entgegenstehen könnten, müssen gegenüber den mit diesen Grundsätzen
angesprochenen öffentlichen Interessen dann zurücktreten, wenn der Schwellenwert
erheblich und dauerhaft unterschritten wird. Steht dies eindeutig fest, so kann vom
Personalrat erwartet werden und ist es ihm wegen der Dauerhaftigkeit der Änderung
auch zuzumuten, die Arbeitsabläufe alsbald für den noch anstehenden Zeitraum
umzuorganisieren. Unter den drei genannten Voraussetzungen (Eindeutigkeit,
Erheblichkeit im Ausmaß und Dauerhaftigkeit) kann und muß dies in einer Weise
geschehen, die es ermöglicht, die nur noch vermindert anfallende Arbeit von einer
geringeren Anzahl freigestellter Personalratsmitglieder zu bewältigen.
Bei umgekehrten Vorzeichen, d.h. bei der Überschreitung eines höheren
Schwellenwertes, kann der Personalrat unter den nämlichen Voraussetzungen auch eine
Erhöhung der Freistellungen verlangen. Darauf hat er nach dem
Erforderlichkeitsgrundsatz Anspruch, weil er anders in zumutbarer Weise die ihm
gestellte Aufgabe nicht dem gesetzlichen Auftrag gemäß erfüllen könnte. Auf einen
förmlichen Anlaß für die Geltendmachung eines derartigen Verlangens muß er sich nicht
verweisen lassen. Denn bei Forderungen nach vermehrten Freistellungen kann es einen
anderen Anknüpfungspunkt als den der Veränderung der materiellen Verhältnisse nicht
geben. Dies spricht dafür, daß es grundsätzlich auch der Dienststelle möglich sein muß,
ohne anderweitige Veranlassung eine eindeutige, erhebliche und dauerhafte
Veränderung der Verhältnisse in bezug auf die regelmäßig beschäftigten Dienstkräfte
geltend zu machen. Mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ließen sich derartige
Bindungen an eher zufällige äußere Anlässe, wie etwa die einer "Rückgabe" der
Freistellung durch die freigestellte Dienstkraft, nicht vereinbaren.
Insbesondere dann, wenn es an einem äußeren Anlaß zur Überprüfung der
Verhältnisse fehlt, wird es jedoch besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen
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Verhältnisse fehlt, wird es jedoch besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen
bedürfen, die nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu beachten
sind. Über entsprechende Informationen und Fristen hat der Dienststellenleiter
sicherzustellen, daß der Personalrat die Berechtigung einer etwaigen Verminderung der
Freistellungen überprüfen und sich gegebenenfalls auf die veränderte Situation
rechtzeitig einstellen kann - etwa durch Umorganisation der Geschäftsführung oder
durch eine neue Auswahl der freizustellenden Personen. Mit Recht hat auch der
Oberbundesanwalt darauf verwiesen, daß sich mit dem Anlaß der Personalverminderung
vorübergehende Mehrbelastungen des Personalrats ergeben können - etwa bei einem
umfangreichen und fortlaufend durchgeführten Personalabbau. Für diesen Zeitraum
mag sich übergangsweise die Beibehaltung des bisherigen Freistellungsvolumens
rechtfertigen. Denn die Mehrbelastung kann sich als Grund für eine vorübergehende
Ausnahme im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 BlnPersVG darstellen. Das muß vom
Personalrat geprüft und gegebenenfalls geltend gemacht werden können. Es muß dann
auch Gelegenheit bestehen, die für eine Zulassung von Ausnahmen nach § 43 Abs. 2
Satz 1 BlnPersVG zuständige oberste Dienstbehörde einzuschalten. Würden hingegen
Freistellungen einseitig reduziert und ohne den Versuch einer Abstimmung mit dem
Personalrat den bestehenden Beschäftigtenzahlen angepaßt, müßte eine derartige
Verfahrensweise nach dem ebenfalls zutreffenden Hinweis des Oberbundesanwalts - der
freilich nicht auf den Ausgangsfall für das vorliegende Verfahren zu beziehen ist - als
eine gröbliche Verletzung des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit
angesehen werden.
Dem Ergebnis, daß es der Dienststelle grundsätzlich möglich sein muß, bei
eindeutigen, erheblichen und dauerhaften Veränderungen der Zahl der Dienstkräfte mit
oder ohne anderweitige Veranlassung auf eine Verminderung von Freistellungen
hinzuwirken, läßt sich auch die Regelung des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BlnPersVG nicht
entgegenhalten. Wenn nach dieser Regelung erst mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tage
der Wahl gerechnet, eine vorzeitige Neuwahl durchzuführen ist, wenn die Zahl der
regelmäßig Beschäftigten um die Hälfte, mindestens aber um 50 gestiegen oder
gesunken ist, so werden damit allein Fragen der Repräsentation der Wähler und der
fortdauernden Legitimation des Personalrats durch den letzten Wahlakt geregelt. Diese
Fragen sind vom Gesetzgeber nach anderen Maßstäben zu entscheiden als diejenigen
der Geschäftsführung, die in § 43 BlnPersVG geregelt sind. Insbesondere knüpft § 24
Abs. 1 Nr. 1 BlnPersVG nicht an ein Kriterium der Erforderlichkeit an, wie dies in § 43 Abs.
2 Satz 1 BlnPersVG für die Freistellung von Personalratsmitgliedern vorgesehen ist und
auch in den Staffelwerten des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 BlnPersVG zum Ausdruck
kommt. Bedeutung für die Auslegung und Anwendung des § 43 BlnPersVG hat die
andere, im Abschnitt über die Amtszeit des Personalrats geregelte Vorschrift nur
insofern, als sich ihr der Hinweis entnehmen läßt, daß der Gesetzgeber der Kontinuität
der Personalratstätigkeit ein erhebliches Gewicht beigemessen hat. Diesem nur losen
systematischen Zusammenhang wird aber dadurch hinreichend Rechnung getragen,
daß eine Verminderung der Freistellungen aufgrund gesunkener Zahl der Dienstkräfte
an die Voraussetzung geknüpft ist, daß es sich um eine eindeutige, erhebliche und
dauerhafte Veränderung der Verhältnisse handeln muß“ (BVerwG, a.a.O, S. 498 f.).
Diesen Ausführungen folgt auch der erkennende Senat. Die danach maßgeblichen
Anforderungen für eine Verminderung der Zahl der Freistellungen - nämlich eine
erhebliche und dauerhafte Unterschreitung des (seinerzeitigen) Schwellenwertes für
sieben Freistellungen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 PersVG - stehen mit der gebotenen
Eindeutigkeit fest. Soweit die Beschwerde demgegenüber meint, nach den vorstehenden
Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts dürfe nur aufgrund eines äußeren
Anlasses - im dort entschiedenen Fall, weil ein freigestelltes Mitglied nicht mehr habe
freigestellt sein wollen - die Zahl der Freistellungen während der laufenden Amtsperiode
abgesenkt werden, ist dies der Entscheidung nicht zu entnehmen. Unbeschadet der
Besonderheit des dortigen Falles hat das Bundesverwaltungsgericht ein Absenken der
Zahl der Freistellungen auch bei Fehlen eines äußeren Anlasses für zulässig erachtet. So
hat es, wie vorstehend zitiert, gerade ausgeführt, es müsse grundsätzlich der
Dienststelle möglich sein, ohne anderweitige Veranlassung eine eindeutige, erhebliche
und dauerhafte Veränderung der Verhältnisse in Bezug auf die regelmäßig beschäftigten
Dienstkräfte geltend zu machen, und mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung
ließen sich Bindungen an eher zufällige äußere Anlässe, wie etwa einer "Rückgabe" der
Freistellung durch die freigestellte Dienstkraft, nicht vereinbaren. Ferner hat es
ausgeführt, „insbesondere dann, wenn es an einem äußeren Anlaß zur Überprüfung der
Verhältnisse fehlt“, werde es besonderer verfahrensmäßiger Vorkehrungen bedürfen, die
nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu beachten seien, eine
Absenkung der Zahl der Freistellungen auch ohne äußeren Anlass also für grundsätzlich
zulässig erachtet. Soweit die Beschwerde weiter geltend macht, der Antragsteller habe
die vom Bundesverwaltungsgericht geforderten besonderen verfahrensmäßigen
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die vom Bundesverwaltungsgericht geforderten besonderen verfahrensmäßigen
Vorkehrungen nicht eingehalten, die nach dem Grundsatz der vertrauensvollen
Zusammenarbeit zu beachten seien, greift auch dies nicht durch. Der Antragsteller hat
alles Erforderliche getan, damit sich der Beteiligte rechtzeitig auf eine Reduzierung der
Freistellungen einrichten konnte: Zunächst hat der Antragsteller den Beteiligten bereits
zu dessen Amtsantritt - bei der Gratulation zu seiner Wahl - mit Schreiben vom 10.
Dezember 2004 darauf aufmerksam gemacht, dass es im Laufe der Amtsperiode zu
einer Reduzierung des Personals auf 3.700 Beschäftigte und damit zu einer dauerhaften
Unterschreitung des für die seinerzeitigen Freistellungen erforderlichen Schwellenwertes
kommen werde, und diesen gebeten, dies bei seinen Überlegungen zu berücksichtigen.
Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte der Beteiligte also klären können und müssen, welche
Freistellungen späterhin wegfallen sollen. Sodann hat der Antragsteller den Beteiligten
unter dem 29. September 2005 gebeten, nunmehr die Entscheidung darüber
herbeizuführen, wessen Freistellungen zum 31. Dezember 2005 enden sollten, um mit
den Betreffenden rechtzeitig Überlegungen zum künftigen Einsatz anstellen zu können;
diese Bitte war sachgerecht, für die Betreffenden von Fürsorgegesichtspunkten getragen
und insbesondere dem Beteiligten so rechtzeitig übermittelt worden, das diesem
genügend Zeit verblieben war, die erbetene Entscheidung herbeizuführen. Selbst nach -
ergebnislosem - Ablauf dieser Frist hat der Antragsteller - unter angemessener
Würdigung der erst mit Schreiben des Beteiligten vom 25. Januar 2006 geltend
gemachten Einwände - diesem nochmals unter angemessener Fristsetzung (bis zum 16.
März 2006) Gelegenheit gegeben, die erbetene Entscheidung zu den entfallenden
Freistellungen herbeizuführen. Soweit der Beteiligte in diesem Zusammenhang geltend
macht, ein entsprechendes Verfahren zur Reduzierung von Freistellungen während der
laufenden Amtsperiode setze unter Beachtung des Grundsatzes der vertrauensvollen
Zusammenarbeit voraus, dass die Dienststelle dem Personalrat mitteile, welche
Beschäftigungsmöglichkeiten für die einzelnen freigestellten Personen bestünden bzw.
„dass jedes der sieben freigestellten Personalratsmitglieder zunächst wissen muss, wie
sein Einsatz bei Beendigung der Freistellung aussehen würde“, überspannt der Beteiligte
die Anforderungen der besonderen verfahrensmäßigen Vorkehrungen an den
Dienststellenleiter. Einen derartigen Aufwand muss der Dienststellenleiter nicht führen,
zumal die Aufhebung einer Freistellung nicht in erster Linie davon abhängen kann,
welche Verwendung der Betreffende im Anschluss erfährt, sondern zunächst danach zu
entscheiden ist, welches Personalratsmitglied nach Maßgabe der von ihm
wahrgenommenen personalvertretungsrechtlichen Funktionen und Belastungen am
ehesten auf die Freistellung verzichten kann. Abgesehen davon hätte der Beteiligte auch
diese - erst jetzt von ihm aufgeworfene - Frage im Vorfeld mit dem Antragsteller klären
können und ggf. auch müssen, weil er seinerseits ebenfalls dem Grundsatz der
vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet ist. Soweit er nunmehr mit der
Beschwerde vorträgt, der Antragsteller hätte vor einer Anrufung des Verwaltungsgerichts
zunächst alle Einigungsmöglichkeiten ausschöpfen und deswegen zunächst das
Gespräch mit dem Beteiligten suchen und einen Sachverständigen heranziehen
müssen, ist auch dies in Anbetracht des Verhaltens des Beteiligten vor dem Maßstab
einer vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht geboten gewesen, nachdem sich dieser
erstmals mit Schreiben vom 25. Januar 2006 überhaupt zu der Bitte des Antragstellers
geäußert und diese darin kategorisch abgelehnt hat. Soweit der Beteiligte mit der
Beschwerde schließlich geltend macht, für die Personalvertretung sei durch die Fusion
der Bezirke Wedding, Tiergarten und Mitte zum jetzigen Bezirk Mitte und durch die
Umsetzung des 3. Verwaltungsreformgesetzes sowie durch Gründung des Kita-
Eigenbetriebes und des daraus resultierenden Beratungsbedarfs des
Übergangspersonalrats eine erhebliche Mehrbelastung entstanden, verhilft auch das der
Beschwerde nicht zum Erfolg. Dass es in Übergangszeiten vorübergehend
Mehrbelastungen geben kann und auch vorliegend gegeben haben mag, hat auch der
Antragsteller nicht in Abrede gestellt; dass hier durch die genannten Umstände jedoch
dauerhaft Mehrbelastungen des Beteiligten entstanden wären, die eine über die
gesetzliche Staffel des § 43 Abs. 1 PersVG hinausgehende Anzahl an Freistellungen
rechtfertigen würden, hat der Beteiligte weder im vorprozessualen Schriftwechsel mit
dem Antragsteller näher substantiiert noch in der Anhörung vor dem Senat darzulegen
vermocht. Insbesondere einen entsprechenden Ausnahmeantrag auf eine über die
gesetzliche Staffel hinausgehende Freistellung nach § 43 Abs. 2 PersVG hat der
Beteiligte nicht gestellt.
Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.
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